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Herausgegeben von den Mitarbeitern der Dresdner Musikfestspiele, gesetzt und gedruckt mit freundlicher Unterstützung von Druckerei & Verlag Christoph HILLE, gebunden von Binderei HEROLD. Festschrift zum 60. Geburtstag

HARTMUT HAENCHEN 60 Zum 60. Geburtstag

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Lieber ,

So ist auch die Zeit eines künftigen viele Menschen gratulieren zum Ge- Miteinander beschworen, die Zeit vor burtstag. Wenn es sich um ein Jubi- uns – auf daß sie eine friedliche wird, läum handelt, sind es umso mehr, die voller Gesundheit, mit berechtigtem dies auf unterschiedlichen Wegen tun, Grund zu Freude und Optimismus, mit voneinander nichts ahnend, ohne Ab- den Mühen des Alltags und den Gip- sprache. Was die Gratulanten eint, ist feln der Kunst. die Verbundenheit zum Jubilar, ist der erklärte Wille, Gutes zu wünschen. »Es ist mir nicht gelungen, die Elbe auf- zuhalten« – der in diesem Satz liegende Auf den folgenden Seiten sind einige Anspruch tut gut. Glückwünsche und Erinnerungen ver- sammelt, die aus einem gemeinsamen Stück Leben, aus einer in die Zukunft Die Herausgeber reichenden Vergangenheit resultieren. , im März 2003 Diese Texte und ihre Urheber sind eine Auswahl; wenn auch willkürlich, so doch hoffentlich repräsentativ.

Zu den Gratulanten gesellen sich die Herausgeber. Wir haben vom bisheri- gen Leben des Jubilars nur Bruchstücke mitbekommen – hier eine Schallplatte, eine CD, da ein Konzert, eine Oper ... Inzwischen kamen diverse Begegnun- gen künstlerischer und beruflicher (wer will das trennen?) Natur hinzu. Das hat Erwartungen, Hoffnungen, gar Visionen geweckt.

Und es hat provoziert, daß wir die Ge- fährten vergangener Jahre bemühten, um einzustimmen in einen Chor, der den Zauber neuer Herausforderungen besingt.

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Dear Hartmut,

On the occasion of your 60th Birthday I wish to congratulate you warmly. I take this opportunity to tell you how much I value our collaboration on many pro- jects and I look forward to working with you in the next few years both in Dres- den and in Amsterdam.

For a conductor, becoming sixty is to begin enjoying the adolescence of the great years ahead during which your art gets to mature and deepen. I can see in your work this process taking shape in an exciting way and I am glad to be in a modest way part of it.

Many happy returns! With friendship and affection, As ever,

Pierre Audi artistic director, De Nederlandse Opera

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Lieber Hartmut,

»Nun will ich jubeln Man kann in der Kunst nur ernten! Ver- wie keiner gejubelt«! dienstlichkeit hat eine fast abstrakte, schnell vergeßliche Bedeutung. Wie oft Hier oben, 230 Meter über dem Mee- haben wir schon die kontra-punktischen resspiegel, hat das Schaffen in Richtung Eckpfeiler, nämlich Macht und Liebe Amsterdam immer angefangen. Da war- angesprochen! teten hingestreckte Hände, blitzende Augen und manchmal sogar kindische Was wäre eine Dramaturgie ohne diese Freude, die sich auf dem Wege zur hei- sich forcierenden Nebenbuhler?! ligen Kraft versuchten. Dazwischen hast Du es wie kaum ein Anderer verstanden, für mich einen fast Jetzt wirst Du also sechzig, warst schon »lehrgeilen« Kunstpalast zu bauen! immer sächsisch und vielleicht würde ich mir an oder vielleicht nach meinem Nun jubelt also unsere Limburgische »60sten« Geburtstag (21-02-05) aus die- Hochebene zu deinem 60sten Geburts- sem Syllabarium einen »Sachs« heraus- tag! wählen! Leny und ich strecken Euch alle unsere Mein »Wanderer« sollte also der An- Hände aus und gratulieren umarmend! fang einer Auswanderung sein. Der »Machtneurotiker-Weg« hielt noch an bei »Lear« und »Schön«. Der »Herr John und Leny Bröcheler-Akkermanns, Doktor« wurde zu guterletzt, nach zu- Limburgische Hochebene fälliger Selbsttötung, von der »Stope- ra-Bühne« weggeschleppt!

Da hat schon »Kangoerian-Airlines« auf mich gewartet, um die Flüge in Rich- tung »Adelaide-Ring« (2004) zu bestä- tigen!

Eine typisch holländische Verabschie- dung war also perfekt.

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Für Hartmut Haenchen zum 21. März 2003

1973, nach einem Konzert in Zwickau, Musizierform bis zur frühen Klassik. erzählte mir Hans Storck, damaliger Hartmut Haenchen arbeitete exakt und Musikdirektor der Städtischen Bühnen mit viel Liebe am Detail. In den Proben Zwickau, von seinem begabten ersten wurde geduldig an den Feinheiten Kapellmeister aus Dresden, der nach der Phrasierung und Artikulation ge- nur einem Jahr das Theater leider arbeitet, eine differenzierte Dynamik wieder verlassen würde. geformt. Interessant waren seine Emp- fehlungen für die in barocker Musik So begann die Karriere. üblichen Verzierungen sowohl der Solo- stimme, als auch der Orchesterstim- Hartmut Haenchens künstlerische Ent- men. Hier zeigte sich die Vielseitigkeit wicklung konnte ich aus der Perspek- des Dirigenten Hartmut Haenchen. tive eines Orchestermusikers ebenso Seine intensive Arbeit gilt einzig dem verfolgen wie aus der eines Solisten. Ich künstlerischen Anliegen, es gibt keine erinnere mich an Opernaufführungen, Routine oder Selbstzufriedenheit. an eine gemeinsame Schallplattenpro- duktion mit vorklassischen Hornkon- Herzliche Gratulation zum Ehrentag, zerten sowie an Konzerte in Amster- viele gute Wünsche für weiteres erfolg- dam. reiches, künstlerisches Schaffen.

Hartmut Haenchen ist kein Pultvirtuose im negativen Sinn geworden, sondern Peter Damm ein dem Werk dienender Künstler, frei von Allüren oder Extravaganzen. Sein Bestreben ist es, die Partituren durch- sichtig, klar und verständlich, zum Klingen zu bringen. Er ist, einfach ge- sagt, ein Musiker mit Herz und Seele.

Viele Eindrücke von unserer Zusam- menarbeit sind mir im Gedächtnis ge- blieben. Besonders erinnere ich mich an die Produktion der Schallplatte im Jahre 1981. Sie umfaßt Hornkonzerte u. a. von Georg Philipp Telemannn, Christoph Förster und Joseph Haydn. Der Bogen spannt sich von barocker

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Ich begegnete Hartmut Haenchen zum Partituren oder vergräbt sich in Noten- ersten Mal Beginn der 90er Jahre an- texten, sondern für ihn ist Musizieren läßlich der Neuproduktion von Alban und Musiktheater ein vor allem inhalt- Bergs »Wozzeck« an der Niederländi- lich definierter, offener Prozeß. Die Zu- schen Oper in Amsterdam, wo er da- sammenarbeit mit ihm war immer eine mals Chefdirigent war. Unser erstes große Freude, weil sie frei war von Atti- Treffen fand aber bezeichnender Weise tüden und überflüssigen Machtspielen. nicht in Amsterdam, sondern in Dres- Sie war immer partnerschaftlich und den in meinem Büro der Semperoper geprägt vom Interesse an dem, was wir statt, wo ich damals inszenierte. Wir inhaltlich gemeinsam erreichen wollten. saßen dort vor dem Bühnenbildmodell Ich gratuliere ihm gerne zum 60. Ge- zu »Wozzeck« und mein erster, ganz burtstag, weil ich auch diesen Glück- spontaner Eindruck war: Der Mann wunsch wieder mit der Feststellung ist jung! Und ich meine damit nicht verbinden kann: ›jugendlich‹ oder ›jünger aussehend‹, sondern: mit einem jungen Kopf, neu- Wie schön, daß man mit 60 noch so gierig, frei, offen. Ich hatte keinen alten jung sein kann! Hasen vor mir, niemanden, der mit Routine und Erfahrung beeindrucken wollte. Er hatte nichts von dem oft pein- Willy Decker lichen Imponiergehabe eines Pultdik- tators, sondern war ein ausschließlich inhaltlich interessierter, sehr wacher, intellektueller, offener Mensch. Von Anfang an war mir klar, daß Hartmut Haenchens Musikertum kein Selbst- zweck war, sondern daß er Musik macht, weil er etwas zu sagen hat. Dieser Ein- druck hat sich erhalten und noch ver- stärkt in den folgenden Jahren, in denen wir mehrfach zusammenarbei- teten. Häufig habe ich auch seine Konzerte in Amsterdam besucht und wieder die gleiche Erfahrung gemacht: selbst schwierigste und mir oft unzu- gängliche Werke wurden von ihm mit hoch interessantem inhaltlichen An- spruch und Standpunkt musiziert und auf diese Weise erläutert. Hartmut Haenchen verschanzt sich nicht hinter

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Der Gedanke, Hartmut Haenchen nun mitgerissen und bewegt, sondern er ist sechzigjährig zu wissen, will sich nicht vielen Cicerone und Lehrer geworden selbstverständlich in meine Vorstellung im unübersehbaren Reich der Musik, von ihm, dem viel jünger Geglaubten, so daß wir, seine Anhänger und Freun- einordnen: denn noch immer scheint de ihm den Ehrentitel Maestro längst er auf dem Wege zu neuen Ufern zu sein. verliehen haben.

Die Verbundenheit zwischen zwei Leu- Jetzt also heißt es, Dir, dem Freunde, ten, die im Kern nonkonformistisch von Herzen zu gratulieren, Gesundheit denken, leben und ihrer Kunst dienen, vor allem zu wünschen und Deinem lebt von der geistigen Nähe, von der Werke den verdienten Ruhm. Zwanzig Temperatur, in der alles gesehen und Jahre verbinden uns in gegenseitiger geschaffen wird und nicht von den ge- Liebe zur Arbeit des Anderen, die bei meinsam verbrachten Jahren: aber es mir damals mit Deinen »alten Meistern« ist schon so, daß die zwanzig Jahre an- in kammermusikalischen Dimensionen dauernde Freundschaft mit Hartmut begann und zu immer größerer Ver- Haenchen notwendig dem Alter entge- ehrung wuchs als Du Dir später in gentreibt. Amsterdam die großen, die fast heroi- schen Formen und Werke des 18. und Fünfzig Jahre der Musik hingebungs- 19. Jahrhunderts erschlossen hast: die voll gelebt, immer werkgetreu, was für Wiener Klassik bis Mahler, Berg, auch mich ohne herrische Einvernahme Bartók, Strauss und Wagner, sogar den heißt, dennoch blutvoll und von span- »Ring«: meine Mitgratulanten im Geiste nungsgeladenen Emotionen geprägt, kennen die reiche und breite Palette eben »Haenchen«, wie es in der von der von Dir dirigierten Namen. Nie- mir betriebenen Gattung, der Bild- mand käme auf den Gedanken, daß es hauerei, hieße. zu wenige seien für ein Musikerleben und dennoch bestimmt mein Denken Von seinen Kindertagen als Kreuzschü- das Gefühl, daß Du, Hartmut, noch auf ler an hat er der strengen Ordnung der dem Weg bist, dorthin, wo die stillste Musik, ihrem Rhythmus und Klang Einkehr der großen Meister herrscht gelebt, verbrachte viele Jahre – und das und am Raine der reifste Weizen gilt bis heute! – in der Versenkung über raschelt im Wind. Partituren, um deren Rätsel der Ein- maligkeit zu ergründen. Es ist diesem Im Frühjahr 1983 schriebst Du mir in so tief im Stoff und in der Materie Ste- Deinem ersten Brief »Sehr bewegt hat hen zu danken, daß er von seinen Zu- mich der ›Große Trauernde Mann‹. – hörern, die meist auch seine Bewunde- Als Dresdner lese ich aus der embryo- rer werden, in vielen Ländern getragen nalen Form auch diese Ur-Verbindung wird. Und Haenchen hat sie nicht nur zu dieser Stadt, die ich liebe, …«. Ich

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habe – das war mein frühester Plan – Du schufst mir die Gunst, den Proben diese Plastik den Opfern des 13. Feb- zu Straussens »Capriccio« an der Deut- ruar 1945 gewidmet, als alles verglühte schen Staatsoper Berlin beizuwohnen: um mich. In den achtziger Jahren ein unvergessenes Erlebnis, das in mir wurde sie widerwillig aufgestellt als zu die nächtlichen Wiederaufnahmepro- pessimistisch, und sie ist bis heute ben Felsensteins zu Verdis »La Travia- nicht als stilles Denk-Mal, als Nach- ta« aufleben ließ, die von einer Magie Denk-Mal für die Familien der Opfer und Selbstvergessenheit durchströmt zum Ort ihrer Trauer geweiht. Und so waren, die in keiner öffentlichen Auf- steht sie heute als eine Plastik unter an- führung zu erreichen sind. Und das deren, ohne daß ihrer erschütternden ohne Kostüme und Kulissen, allein Herkunft gedacht wird. Warum ich das durch die zitternmachende Erotik der schreibe? Weil Du Dir damals für Dei- Stimmen, der Instrumente, gleichsam ne Förster-Sammlung die kleine Fas- »ungerahmt« und naturhaft. Aus die- sung dieser Figur wünschtest, um mit ser Erfahrung wuchs Dein Porträt. diesem Gestalt gewordenen Schmerz Nachdem es in vielen Ausstellungen zu leben, welch seltene Gabe! Wo doch seine Überzeugungskraft bewiesen der Mensch das Vergessen liebt. hat, bestärkt es mich in meinem Be- kenntnis zu Deinem Werk. Es soll Dich Du weißt, und auch darüber will ich als guter Geist beim Gelingen Deiner sprechen, daß, wenn ich jemanden por- musikalischen und Deiner Dresdner trätiere, es immer eine Huldigung ist Festspielpläne stets vor Ungunst be- an das Leben, mehr noch an das Werk wahren. des Darzustellenden. Er muß in mein Leben eingegriffen haben, überzeugend und bereichernd, es verändert haben, Wieland Förster so wie es Eisler mit seinen Liedern, Ko- Berlin im Februar 2003 dály mit seiner Missa brevis, Felsen- stein mit seinen Operninszenierun- gen, Suitner mit seinen Mozart- und Strauss-Interpretationen gelang. Mein Interesse war es, die Künstler in ihrer Arbeit kennenzulernen und ihr Wesen zu ergründen. Ich versenkte mich in die Details ihres Lebens, studierte sie vor allem bei ihren Proben, um den Grad ihrer Hingabe und Kontrolle zu erfah- ren, denn ihr Fotografiergesicht war ohne Interesse für mich.

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Dem Namen Hartmut Haenchen be- Kammerorchester, dem heutigen welt- gegnete ich erstmals Ende der fünfziger berühmten »Kammerorchester Carl Jahre, als wir (zusammen mit Braun- Philipp Emanuel Bach«, zu erleben. schweiger Freunden) über kirchliche Institutionen Verbindungen zu »Kru- 1987 begegneten wir uns in Amsterdam. zianern« in Dresden aufnehmen konn- Haenchen war inzwischen General- ten. musikdirektor des Niederländischen Philharmonischen Orchesters und der Jahrzehnte später lernte ich Hartmut Amsterdamer Oper. Haenchen dann persönlich kennen und erlebte ihn gleich als Gast-Dirigen- Neben einer immer intensiver werden- ten der Berliner Philharmoniker. den Bekanntschaft mit ihm und seiner Familie, erlebte ich ihn nun in den Nie- Mag sein, daß die lange Zeit des Um- derlanden mit glänzenden Sinfonie- gangs mit Namen von DDR-Bürgern, Konzerten und faszinierenden Opern- ohne die Namensträger jemals gespro- Aufführungen; zudem erfuhr ich die chen oder gesehen zu haben, meine wachsende Begeisterung seines Orche- Neugier auf Hartmut Haenchen (von sters für »diesen Chef-Dirigenten« und dem mir inzwischen bekannt war, daß die nicht enden wollende Beifalls- er Dirigent ist) besonders gesteigert stürme des holländischen Publikums, hatte; meine Erwartungen wurden denn: hier hatte man längst begriffen, jedenfalls haushoch übertroffen: Ein daß Hartmut Haenchen ein außerge- großartiger junger deutscher Dirigent wöhnlicher Musiker und ein glänzen- mit Charisma, vorzüglichem hand- der Stern unter den jungen Dirigenten werklichen Können und: mit echten Europas ist. künstlerischen Visionen! Zudem ein liebenswürdiger Mensch, eine starke Selbstverständlich griffen damals viele Persönlichkeit mit nobler Haltung und Konzertdirektionen nach ihm in der hohem geistigen Niveau. Hoffnung, diesen neuen »Star« ver- markten zu können. Allein Haenchens Fortan suchte ich die Begegnung mit eigene Haltung, sich nicht in die Reihe Hartmut Haenchen immer wieder, ja der »hochgepeitschten Jungstars« pres- fast regelmäßig im Ostteil Berlins und sen zu lassen, hat uns diesen »einma- an anderen Orten. Als seinerzeitigem ligen Künstler« erhalten, der nicht rum- »West-Berliner« nahm deshalb die An- gereicht wird, sondern zu dem man zahl meiner Anträge auf »Einreise in pilgert. die DDR« auffallend zu, um diesen Di- rigenten mit Produktionen in der Nicht nur ich, sondern viele seiner »Komischen Oper«, der »Staats-Oper Anhänger hatten Hartmut Haenchen unter den Linden« und mit seinem damals auch in Deutschland einen ge-

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wichtigen Dirigentenposten gewünscht, nur – und das scheint weltweit das Gebot unserer sensationsgierigen Epo- che zu sein – zog und zieht man auch in unseren Landen exotische Namen vor. Leider ist das nicht immer die ideale Entscheidung, oft sogar eine große Enttäuschung. –

Dresden sei nun auch meinerseits be- glückwünscht, einen so bedeutenden Sohn der Stadt an die Spitze der re- nommierten Dresdner Musikfestspie- le berufen zu haben. Dem großen Musiker und verehrten lieben Freund Hartmut Haenchen gratuliere ich herz- lich zu seinem 60. Geburtstag, danke ihm für die beinahe zahllosen künstle- rischen Sternstunden und wünsche ihm weiterhin volle Schaffenskraft und niemals ermüdende Begeisterung für seinen künstlerischen Auftrag.

Uwe Gonostay Berlin , Februar 2003

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Erinnerung an Hartmut Haenchens frühe Kapellmeisterjahre bei der Dresdner Philharmonie

Er war als Dirigent der Dresdner Phil- fohlen hatte, stürzte er sich förmlich in harmonie beim Publikum seiner Hei- die mannigfaltigen Pflichten und Auf- matstadt so beliebt wie nur noch knapp gaben seines neuen Amtes, dirigierte zwei Jahrzehnte zuvor einer seiner Vor- Abonnements-, Sonder-, Gastspiel-, gänger in der Position des »Zweiten«, Schul- und Kammerkonzerte der Dresd- , der hier, bevor er später ner Philharmonie in großer Zahl, Künstlerischer Leiter des Orchesters förderte, ja steigerte – als einstiger wurde, bereits in den Jahren 1955 bis Kruzianer und Leiter der Robert-Franz- 1958 tätig war und danach seine erste Singakademie Halle in diesem Bereich Chefposition in Schwerin antrat. Auch erfahren – die Arbeit des Philharmoni- Hartmut Haenchen ging diesen Weg. schen Erwachsenenchores, baute auch Nach seinen kapellmeisterlichen An- einen leistungsfähigen Kammerchor fängen in Halle und Zwickau nahm er auf und gastierte außerdem regelmäßig – zunächst mit dem Dirigat der som- an der Dresdner Staatsoper. merlichen Serenaden im Schloßpark Pillnitz betraut – im August 1973 seine In freundschaftlichem Kontakt zum Tätigkeit bei der Dresdner Philharmo- damaligen Chefdirigenten der Philhar- nie auf, ab 1974 zugleich als Chordirek- monie, Generalmusikdirektor Günther tor, um dann 1976, nach außerordent- Herbig, konnte der Dreißigjährige lich erfolgreichem dreijährigem Wirken seine Dirigier- und Repertoire-Erfah- beim Orchester, ebenfalls in seine erste rungen beträchtlich erweitern. Der Chefstelle an das Mecklenburgische Verfasser dieser Zeilen erinnert sich Staatstheater Schwerin zu wechseln. der leidenschaftlichen Dispute, die häufig nach den Konzerten von beiden Die Dresdner Musikfreunde haben es Künstlern im Chefzimmer ausgetragen immer besonders geschätzt, wenn ein wurden. Die Dirigenten nahmen er- Sohn ihrer Stadt sozusagen wieder barmungslos und überaus detailliert »heimkehrt«. Die Erwartungen waren ihre jeweiligen Interpretationen »aus- entsprechend hoch. Hartmut Haen- einander«, legten dabei sehr strenge chen hat sie nicht enttäuscht. Nach- Maßstäbe an ihre Arbeit an. Diese dem er 1971 den von der Philharmonie Praxis war Günther Herbig seit seiner initiierten Carl-Maria-von-Weber-Wett- vorausgegangenen Zeit als zweiter bewerb für junge Dirigenten gewon- Dirigent unter Kurt Sanderling beim nen, sich 1972 in einem Preisträger- Berliner Sinfonieorchester vertraut. konzert mit Liszts Dante-Sinfonie Zum Nutzen seines jüngeren Kollegen nachdrücklich der Öffentlichkeit emp- setzte er sie in Dresden fort.

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Hartmut Haenchen war von Anfang an romantischen Repertoire standen ins- bestrebt, nicht nur auf den vertrauten besondere Mozarts Prager Sinfonie, und allseits beliebten, aber oft genug Beethovens 4. und 8. Sinfonie, seine ausgetretenen Pfaden der Programm- Instrumentalkonzerte, Schuberts C- gestaltung zu wandeln (und das hat er Dur-Sinfonie, Mendelssohns »Schotti- sich bis heute bewahrt, da er nun als In- sche«, die »Vierte« von Schumann, die tendant der Dresdner Musikfestspiele »Ersten« von Brahms und Mahler im nach Dresden zurückgekehrt ist). So Zentrum seiner Programme im In- und blieb es nicht aus, daß er in schöner Ausland. Der Dirigent widmete sich Partnerschaft mit der Dramaturgie auch ferner dem amerikanischen Komponi- mit eigenen Ideen für abwechslungs- sten Charles Ives, dessen »Unanswered reiche, fesselnde Programme sorgte. Question« er 1975 zur DDR-Erstauf- Seine früh sich äußernden, schon im führung brachte, desgleichen Frank Kreuzchor geprägten Vorlieben für Martins Sinfonische Etüden »Die vier Bach, Händel und die alten Meister der Elemente«, führte Werke von Johann Musik überhaupt, die er vor allem in Nepomuk David, Britten, Bartók, Ko- Chorkonzerten und nicht zuletzt in dály, Schostakowitsch, Orff auf. späteren Jahren mit seinem Berliner Kammerorchester »Carl Philipp Ema- Für Ur- bzw. Erstaufführungen aus der nuel Bach« ausleben konnte, verban- Feder von DDR-Komponisten setzte er den sich mit einem selbstverständli- sich mit Stücken von Günter Kochan, chen Einsatz für zeitgenössische Musik. Rainer Kunad, Gerhard Rosenfeld, Fritz Geißler, Rudolf Wagner-Régeny (»Ein- Er bot wichtige Beiträge zu den Phil- leitung und Ode«), Anton Schoend- harmonie-Zyklen »Tschechoslowaki- linger (Orgelkonzert), Herbert Collum sche Musik« (1973/74) mit zum Teil (Orgelkonzert), Friedrich Schenker erstaufgeführten Werken von Jan Dis- (Fagottkonzert) und Wilfried Krätzsch- mas Zelenka, Franz Benda, Jan Krˇtitel mar ein. Von letzterem brachte er 1976 Jirˇi Neruda, Karl Stamitz, Smetana, zwei wesentliche Kompositionen zur Josef Suk, Viteˇzslav Novák und Jan Uraufführung: die eigenwilligen »Höl- Cikker, zum Bruckner-Zyklus (1974/75) derlin-Fragmente« für zwei Chöre, Flö- u. a. mit der Linzer Fassung der »Ersten«, te, Harfe, Pauken und Tamtam – im der 2. Sinfonie und mit der f-Moll- Schwierigkeitsgrad eine echte Heraus- Messe, deren Interpretation von der forderung für den Philharmonischen Presse als ein Höhepunkt im Dresdner Chor – und das Capriccio für Orchester. Musikleben gewürdigt wurde, sowie Gern musizierte er mit zwei prominen- zum Haydn-Weber-Zyklus (1975/76) ten Orchestermitgliedern als Solisten mit den »Jahreszeiten« neben selten zu zusammen, mit dem Soloflötisten hörenden Orchester- und Vokalwerken Eckart Haupt und dem Solotrompeter beider Komponisten. Aus dem klassisch- Ludwig Güttler.

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Auf sämtlichen Konzerttourneen der sich in die allgemeine Freude über die Philharmonie in jener Zeit hatte Hart- prägnanten, ausdrucksstarken Auffüh- mut Haenchen Gelegenheit, sein Kön- rungen Bedauern über seinen Fortgang nen vor internationalem Publikum zu aus Dresden. Wenn auch die folgende präsentieren. Den Auftakt machte 1974 Spielzeit noch etliche wichtige Aufga- eine Gastspielreise durch die Bundes- ben für den beliebten Künstler bereit republik. Es folgten erfolgreiche Auf- hielt, so Bachs Leipziger Ratswahlkan- tritte mit den Philharmonikern in Eng- tate von 1731, die Erstaufführung der land, Spanien, der CˇSSR, in der Schweiz, Holidays Symphony für Orchester und in Italien, Österreich, in der Sowjet- Chor von Charles Ives, die 1. und 8. union und in Japan. Dieser ersten Sinfonie von Schostakowitsch, wurden Japan-Tournee der Dresdner Philhar- doch die Gastdirigate in den nächsten monie im Januar 1976 war im Sommer Jahren und Jahrzehnten aus mancher- 1975 eine Konzertreise des von Haen- lei Gründen seltener. Andere Ver- chen geleiteten Philharmonischen Kam- pflichtungen, in Amsterdam, Berlin merorchesters zusammen mit dem und weiteren internationalen Musik- Leipziger Thomanerchor unter Tho- zentren, traten in den Vordergrund. maskantor Hans-Joachim Rotzsch vo- Gleichwohl riß die Verbindung des rausgegangen. Er kannte also bereits Dirigenten zur Dresdner Philharmo- die meisten Auftrittsorte sowie Be- nie, bei und mit der er für seine sonderheiten, manche Sitten und Ge- künstlerische Laufbahn entscheidende bräuche des japanischen Alltags- und Impulse empfing, niemals gänzlich ab. Kulturlebens, konnte als exzellenter Erfreulich, daß sich nun die Zusam- »Cicerone« den noch unerfahrenen Ja- menarbeit wieder zu verstärken scheint. pan-Neulingen auf dieser Vierwochen- Mit der konzertanten Dresdner Erst- Tournee nützliche Ratschläge und Tips aufführung der Hugo-Wolf-Oper »Der erteilen. Daran knüpfen sich für den, Corregidor« unter Leitung Hartmut der es miterleben durfte, nicht nur be- Haenchens bei den diesjährigen Dresd- merkenswerte, einzigartige künstleri- ner Musikfestspielen, den ersten, die er sche Eindrücke, sondern auch das eine zugleich als Intendant verantwortet, oder andere unvergeßliche persönliche wird gewiß wohl ein neuer Höhepunkt Erlebnis. in der wechselseitigen Partnerschaft er- reicht. Daß daran auch der Philharmo- Als Hartmut Haenchen sich am 11. und nische Chor teilhat, sei nicht vergessen. 12. Juni 1976 mit Carl Orffs »Carmina Burana« sowohl als Dirigent der Dresdner Philharmonie wie als Leiter Dieter Härtwig des Philharmonischen Chores verab- schiedete, um die nächste Stufe seiner Karriereleiter zu erklimmen, mischte

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Danke, Hartmut!

Mit Hartmut Haenchen verbindet mich Kulturpolitik so lebbar zu gestalten, viel: Gemeinsames, zeitlich leicht ver- daß Projekte, die uns wirklich interes- setztes Studium in Dresden, identische sierten, realisiert werden konnten. Das Interessenlage bei der würdigen Auf- wäre ohne Verbündete auf allen Ebe- führung von Musik der Bach-Händel- nen und Gebieten sicher nicht möglich Zeit, seine Frau ist wie ich demselben gewesen. Die Situation war folgen- Instrument, der Flöte, verbunden, dermaßen: gemeinsamer weltanschaulicher Wer- An die Stelle der Durchsetzung sowje- tekanon und nicht zuletzt das gewisse tischer Kulturpolitikprämissen war »Etwas« beim gemeinsamen Musizie- (siebziger/achtziger Jahre) die Idee der ren, über das schwer zu reden ist und Mächtigen getreten, die staatliche und wofür man einfach nur dankbar sein »staatsvölkische« Identität auch aus der kann. kulturellen Geschichte herzuleiten. In der Folge dieses Umschwunges gab Nach den Studientagen ging jeder erst es eine Reihe großangelegter und teu- einmal eigene Wege, um sich beruflich rer Jubiläumsfeiern (z.B. Luther, Vater zu etablieren; Voraussetzung dafür, um Bach, Philipp Emanuel Bach), welche später einmal jene künstlerische Auf- die DDR als das wahre Vaterland und gaben zu bewältigen, nach denen man Heimstatt der deutschen Kultur dar- sich sehnte. Diese Bemühungen waren stellen sollten. Eines dieser Projekte beiderseits alles andere als glücklos. waren die Bachprojekte. Es war klar, daß die leistungsfähigsten Mitte der Achtziger begegnete man Künstler, die auch schon auf interna- sich erneut, um an der Realisierung des tionalem Parkett erfolgreich waren, Riesenprojektes Carl Philipp Emanuel mit diesen Aufgaben betraut werden Bach mitzuwirken. Die wichtigsten mußten. Man war sich durchaus im Kompositionen des Meisters sollten in klaren darüber, daß die internationale einer Kollektion erstmals auf Ton- Öffentlichkeit alle Projekte kritisch träger gebracht werden. beurteilen würde. Im Kreise der von der Künstleragentur Berlin vertrete- Unser Leben als Musiker war damals nen Künstler fand soeben ein Genera- natürlich eingebettet in die Gesamtsi- tionenwechsel statt, der dazu führte, tuation des Landes, und mancher Fakt daß die relativ kleine Zahl staatlich läßt sich im Nachhinein nur aus der geförderter älterer Künstler, die ihre Kenntnis der Verhältnisse verstehen. Aufgaben auf Jahre hinaus quasi ge- Viel Zeit und Kraft kostete es jeden- pachtet hatten und nur selten auch falls, die politbürokratisch intendierte Jüngeren neben sich wenigstens Platz

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machten, durch eine größere Zahl von genen Ensemble, das seine Intentionen jüngeren Aufstrebenden quasi per De- ideal umsetzte und wovon ich natür- kret aufgestockt werden mußte, also lich profitierte. durch jüngere Künstler, deren Markt- wert dem ohnehin schon vorhanden Es war ein Glücksumstand, daß alle auf- künstlerischen Wert in zunehmendem zunehmenden Werke im Vorfeld der Maß zu entsprechen begann. Zu diesen CD-Produktion auch ausreichend öf- Neuen gehörten neben anderen wir fentlich in verschiedenen Räumen, un- beide. ter verschiedenen akustischen Verhält- nissen und vor Publikum aufgeführt Die Ostberliner Schallplatte bot mir werden konnten. Das waren Vorausset- also die Aufnahme aller fünf Flöten- zungen, die im modernen Musikbetrieb konzerte von Carl Philipp Emanuel heute eher zu den Seltenheiten gehö- Bach an. Es war für mich klar, diese Auf- ren. nahme mit Haenchen und seinem frisch gegründeten Kammerorchester Das Resultat war durchaus eine Sen- »Carl Philipp Emanuel Bach« zu reali- sation. Konnte doch das künstlerische sieren, einem Kammerorchester, das Endprodukt in einem länger währen- sich aus Mitgliedern der Staatskapelle den Prozeß reifen. Presse- und Publi- Berlin rekrutierte und jenen preußisch- kumsreaktionen im In- und Ausland friderizianischen Musizierstil pflegte, sowie die Begeisterung auch der der für Carl Philipp Emanuel Bach nötig Musikwissenschaftler und Musiker- ist: Klarheit in der Klangrede, enormes kollegen sprechen für sich. musikalisches Feuer und der gehörige »Biß« im Rhythmischen, der für die Rückblickend kann ich sagen, daß die Werke des Meisters zu fordern ist. Aufnahmen mit Haenchen und die künstlerische Zusammenarbeit mit Mit Haenchen und diesem Kammer- seinem Ensemble zum Schönsten mei- orchester stand mir ein Organismus ner Tätigkeit als ausübender Musiker zur Verfügung, der diese Anforderun- gehören. So resümiere ich dankbar und gen nicht nur erfüllte, sondern der mit Respekt gegenüber unserem Jubi- neue Maßstäbe in der Interpretation lar, daß die gemeinsame Arbeit eine von Werken in der Epoche zwischen wesentliche Erfahrung in meinem Vater Bach und Mozart auch im inter- Leben als Musiker gewesen ist, die ich nationalen Maßstab setzte. nicht missen möchte.

Haenchen formte das Ensemble in Danke, Hartmut! kurzer Zeit – zunächst ohne nennens- werte Aussicht auf Anerkennung und materiellen Gewinn – zu einem homo- Eckart Haupt

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Meine erste Begegnung mit Hartmut Ich wünsche Hartmut, daß er seine er- Haenchen ist nahezu 20 Jahre her. Er frischende Jungenhaftigkeit auch im wird es nicht wissen, denn ich war da- (es ist kaum zu glauben) siebenten mals Student und saß im Zuschauer- Lebensjahrzehnt behalten möge und raum der Komischen Oper in einer ganz egoistisch wünsche ich mir per- Aufführung von Aribert Reimanns sönlich noch viele ähnlich schöne »Lear«. Die Intensität dieser Auffüh- Zusammenarbeiten mit ihm. rung, ihre szenisch musikalische Dichte hatte eine unvergeßliche Wirkung auf mich, da ich zum ersten Mal begriff, Andreas Homoki was Musiktheater sein kann. Mit Harry Kupfer, dem Regisseur dieser Auffüh- rung, kam ich bald in Kontakt, was zu einer jahrelangen engen Zusammen- arbeit als Assistent von ihm führte. Hartmut Haenchen traf ich persönlich erst viel, viel später, als ich schon ein richtiger »erwachsener« Regisseur ge- worden war und wir uns anläßlich der Vorbereitung zu unserer ersten Zu- sammenarbeit – einer Neuinszenierung von »Capriccio« in Amsterdam ken- nen lernten. Gemeinsam mit »Lulu«, einer weiteren Zusammenarbeit, die darauf folgte, gehört diese Aufführung sicher zu den Arbeiten, die mir am meisten Freude bereitet hat. Dies ist zum großen Teil der wunderbaren Zusammenarbeit mit Hartmut zu verdanken.

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Begegnung in Meißen (mit Wiederholung)

VOR 35 JAHREN sen und diese erst bei der Auffüh- rung im Meißner Dom zusammen zu Das ist nun inzwischen fast 35 Jahre her, bringen. Dabei sollte der Grass-Text daß ich ihn kennen lernte, den damals von einem kleineren west-deutschen 25-jährigen Bariton Hartmut Haenchen. Ensemble und der Luther-Text von den Und das kam so: Meißenern aufgeführt werden.

Ich hatte aus Anlaß des 1.000-jährigen Dazu ist es nicht gekommen: Nach Be- Bestehens des Meißner Doms ein Te- kanntwerden der Textkonzeption gab deum komponiert. Das war in jener es erhebliche Schwierigkeiten und Be- Zeit, nämlich 1968, in jeder Beziehung hinderungen, welche die Aufführung ungewöhnlich: Einem westdeutschen gefährdeten. Diese kamen (konsequen- Komponisten (damals 34 Jahre alt), war terweise) gleich von zwei Seiten: Die der Auftrag erteilt worden, zu einem auf kirchlicher Seite Verantwortlichen kirchlichen Jubiläum in der DDR ein sprachen vom »Teufel im Dom« (wo- repräsentatives Werk zu schreiben. mit der Grass’sche Text gemeint war), und die Verantwortlichen in Partei und Es war meine Idee, angeregt durch die Staat bekamen Wind davon, daß dieses antiphonale liturgische Vorlage, eine Werk nicht als eine lediglich ›inner- in jeder, also auch inhaltlicher Hinsicht kirchliche Angelegenheit‹ zu betrach- antiphonale Komposition zu schrei- ten war, sondern als die Komposition ben. Dies bezog sich zum einen auf das eines westdeutschen ›Avantgardisten‹, Konzept einer theologischen Dialog- welche einen öffentlichen Diskurs Komposition: Der Schriftsteller Gün- über das Verhältnis von Atheismus ter Grass, den ich kurz zuvor anläßlich und Christentum intendierte und in des Projektes »Ricercar« (nach einem diesem Zusammenhang neben der Kapitel aus seiner Blechtrommel) ken- kirchlichen Autorität auch die des nengelernt hatte, schrieb einen Gegen- Staates in Frage zu stellen drohte. text zum altkirchlichen Hymnus in Luthers Fassung. Dokumente, die erst nach der Wende entdeckt wurden, zeigen, von welcher Zum anderen aber ging es Grass und Brisanz die Uraufführung des Meißner mir um einen politischen, gesamt- Tedeums für die damaligen Macht- deutschen Dialog: Es war nämlich ur- haber in der DDR gewesen sein muß: sprünglich beabsichtigt, die beiden Es wurde korrespondiert zwischen dem Text-Schichten von zwei verschiedenen ZK der SED (Büro Prof. Kurt Hager), Gruppen getrennt einstudieren zu las- dem Ministerium des Inneren, dem

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Ministerium für Kultur (damals unter Das ganze Unternehmen wurde durch Klaus Gysi), dem Staatssekretariat für eine Nervosität der Staatsorgane be- Kirchenfragen und dem Volkskam- stimmt, die aus Furcht vor politischen merpräsidenten Prof. Johannes Dieck- Unruhen entstanden sein muß: Es war mann. Letzterem ist es nach heutigem die Zeit der Studentendemonstratio- Wissensstand zu verdanken, daß die nen in Paris, die Truppen des War- Aufführungen in Meißen und Dresden schauer Paktes bereiteten die Invasion überhaupt noch zustande kamen, in die CSSR vor, und in war wenn auch mit erheblichen Schwie- kurz zuvor die Universitätskirche ge- rigkeiten. sprengt worden.

Die zunächst erteilte Einreiseerlaubnis Daß die Aufführung in dieser aufs für Günter Grass, den Textautor, für äußerste gespannten Atmosphäre und Karl Vötterle, den Verleger und für bei diesen massiven staatlichen Wider- mich, den Komponisten, wurde zu- ständen überhaupt gelingen konnte, ist rückgezogen. Das Leipziger Gewand- ausschließlich dem Engagement des hausorchester erhielt ein Auftrittsver- damaligen Domkantors und Leiters der bot, spielte dann aber doch, wenn auch Meißner Kantorei, Erich Schmidt, zu gleichsam anonym, also nicht unter verdanken, der nicht nur die ganz un- seinem Namen. Die Presse durfte nicht gewöhnlichen kompositorischen An- berichten. Das Aufführungsmaterial forderungen des Werkes mit seinen wurde illegal eingeschmuggelt, so zum musikalischen, aufführungstechnischen Teil z. B. unter dem Namen Telemann; und organisatorischen Schwierigkei- das Zuspielband (produziert im Köl- ten souverän bewältigte, sondern durch ner Studio des WDR) von mir ver- sein großes diplomatisches Geschick steckt über die Grenze gebracht, nach- die Aufführung an den offiziellen Ver- dem ich einen Tag vor der Aufführung boten vorbei durchsetzte. nun doch noch einreisen durfte – und dies nun ganz offensichtlich auf Veran- Ich erinnere mich an die Situation vor lassung von ›hoher Ostberliner Stelle‹ der Aufführung: Durch das Hin und hin, denn einen Tag zuvor war ich noch Her bei der Einreise war ich zu spät in an der Grenze zurückgewiesen wor- Meißen, hatte die Proben verpaßt und den. konnte nur noch die Generalprobe vormittags am Aufführungstag hören. Proben und Aufführung standen unter Beobachtung der Staatssicherheit, deren Danach gab es für alle Beteiligten ein Präsenz ebenso unübersehbar war wie gemeinsames Mittagessen. Das war für die der Volkspolizei, die vor und nach mich die einzige Gelegenheit, wenig- der Aufführung den Domplatz kontrol- stens die wichtigsten Mitwirkenden lierte. kennen zu lernen, zwischen Suppe und

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Kartoffeln die letzte Chance, den Soli- Und ich höre ihn noch im Schluß-Tutti sten noch ein paar korrigierende mit dem Grass’schen »NEMA« gegen Hinweise für die Aufführung zu geben. Luthers Amen ansingen, mit letzter Die beiden Solo-Protagonisten in die- Kraft, als ginge es um sein eigenes Le- sem musikalischen Luther/Grass-Duell ben in einer untergehenden Welt. sind ein Sopran, der zusammen mit Chor und Orchester den Luther-Text singt, und ein Bariton, der den Grass- 30 JAHRE SPÄTER Text, Ärgernis und Stein des Anstoßes dieser Uraufführung, zu interpretie- Nach fast 30 Jahren gab es eine Wie- ren hat, die Rolle des Zweiflers (›Dich deraufführung des Werkes in Meißen. Zweifel will ich kettenrauchend rüh- Diesmal, 1997, sollte am 3. Oktober, men‹) und des Provokateurs (›die Ecken- dem Tag der deutschen Einheit, an die steherin Vernunft‹) übernimmt. denkwürdige Uraufführung dieses deutsch-deutschen Tedeums erinnert Als singenden Protagonisten des Zwei- werden. Und das unter völlig verän- fels und der Vernunft habe ich also derten Bedingungen, nämlich nun mit Hartmut Haenchen kennen gelernt. der hochoffiziellen staatlichen Unter- (Später gab es ein Buch über ihn, das, stützung durch den Freistaat Sachsen 1996 in niederländischer Sprache er- und das Land Nordrhein-Westfalen, schienen, sein Denken in und über aufgeführt von Solisten, Chor und Musik unter dem Titel »Zweifel als Orchester der Folkwang Hochschule Waffe« thematisiert: Bas van Putten Essen und produziert durch den MDR. ›Twijfel als wapon – Hartmut Haen- Das Gesamtensemble bestand also aus- chen over muziek‹.) schließlich aus jungen Studenten. Mit einer Ausnahme: Als der Hochschul- Dieser Bariton-Part wird unterstützt Dirigent (aus welchen Gründen auch durch ein Vokalquartett und ein En- immer) kurzfristig absagte, faßte ich semble von acht Instrumentalisten. mir ein Herz und rief Hartmut Haen- chen in Amsterdam an. Der sagte In meiner Erinnerung sehe ich Hart- spontan zu, obwohl er mir bis heute mut Haenchen als einen jungen Mann, noch nicht verraten hat, wie er das bei der gleichzeitig als Sänger agiert und seinem bekannterweise ausgebuchten seine Mitstreiter dirigiert (wobei seine Terminkalender überhaupt konnte. Frau Inge, die im Chor – auf der gegen- Für ihn war das wohl ein Muß, diese überliegenden Seite des Doms – den Rückkehr an den »Ort der Handlung« Luthertext mitsang, ihm über Kopfhö- seiner Anfänge und unserer ersten rer das Tempo soufflierte). Begegnung – und für mich ein Glücks- fall in meiner kompositorischen Bio- graphie.

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Ein Glücksfall war das aber auch für die Ich wünschte mir, er fände in den wohl hundert Studenten, die erleben, kommenden Jahren noch mehr Zeit für gleichsam am eigenen Leibe erfahren diese Arbeit mit jungen Musikern. konnten, zu welchen Leistungen sie fähig sind, wenn ein Dirigent wie er sie motiviert und anleitet: musikalisch Wolfgang Hufschmidt souverän nur dem Werk, um das es ihm geht, verpflichtet – und zugleich mit einer pädagogischen Umsicht, die, weit ab von jedem autoritären Impo- nier- und Dirigiergehabe, jungen Men- PS.: In Kürze wird es eine DVD geben, schen den Weg in die Musik weist. auf der diese beiden Aufführungs- Versionen des »Meißner Tedeum«, die von 1968 (in einer technisch ›recycelten‹ Fassung) und die von 1997 (in einem ›Multichannel Surround Sound‹) do- kumentiert werden.

Das dürfte unter den nicht zu zählend vielen Schallplatten- und CD-Einspie- lungen mit Hartmut Haenchen wohl das einzige Tondokument sein, auf dem man ihn als 25-jährigen Sänger und als 54-jährigen Dirigenten mit dem selben Werk hören und erleben kann.

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»Jesu meine Freude« oder »Mein größter Chor«

Ich kam mit dem Abitur 1970 zum Phil- chor erstmals zwei Motetten von Johann harmonischen Chor und hatte diesem Sebastian Bach, »Lobet den Herrn alle in den vier Jahren meines Physik- Heiden« und »Jesu meine Freude«, Studiums und danach in meinem zunächst im Juli 1975 auf der Meißner ersten Berufsjahr schon unzählige Er- Albrechtsburg und dann, im Novem- lebnisse zu verdanken gehabt. Es war ber, im Steinsaal des Dresdner Hygie- die Zeit, wo bei staatlichen Orchestern ne-Museums (leider die einzige Auffüh- Chorsymphonik wie »Carmina« oder rung von »Jesu meine Freude« durch »Jahreszeiten« recht häufig erklang, den Kammerchor seitdem). Wünsche nach anderen Werken wie Haydns »Schöpfung« aber unerfüllt Meine persönliche Freude über die blieben. Bleiben mußten? neuen Möglichkeiten hielt sich im Herbst 1975 allerdings in Grenzen – Immerhin: Das Philharmonische Kam- ich hatte eine Einladung zum 18-mona- merorchester bespielte Bachs »Weih- tigen »Ehrendienst« ins Pionierbatail- nachtsoratorium« in Kreuz- wie Mar- lon Pirna in der Tasche. »Ponton – kant tin-Luther-Kirche oft am selben Tag, um«, gemessen an meinen netto 52 kg ohne daß dieser räumliche Wechsel in waren das eher trübe Aussichten. Mein Dresden einen Namenswechsel der Antritt fiel in die erste November- Musiker erfordert hätte (wie das rück- woche, also zwei Wochen vor dem auf blickend aus Leipzig berichtet wird, wo den 17.11. festgesetzten Chorkonzert, die Gewandhausmusiker in St. Nikolai was nun offenbar nicht »meines« wer- schon mal als anonymes Orchester Leip- den sollte. Denn Ausgang gab’s bei der ziger Künstler aufgetreten sein sollen). NVA so gut wie nicht, und in der Zeit In Dresden zeigte derweil die neue der »Grundausbildung« noch viel we- Doppelspitze aus Günther Herbig und niger, und von Pirna ins unendlich Hartmut Haenchen, daß persönliches ferne Dresden schon gar nicht, und in Wollen gepaart mit geschicktem Nut- Zivil ... – am besten, nicht daran zen von Anlässen und Gelegenheiten denken. nun auch anderes – schrittweise und mit bekannten Grenzen – möglich ma- Allerdings, das Leben in Uniform chen konnten: es gab Mahlers Zweite erwies sich als voller Überraschungen, (die »Auferstehungssymphonie«), im und die erste kam am ersten Tag: alle Juni 1974 Dvorˇáks Requiem (mit 150 Neuankömmlinge durchliefen nicht Rundfunk-Aufzeichnung!), und schließ- nur Kleiderkammer und Impfstelle lich sang der von Hartmut Haenchen (bis heute keine Ahnung, was mir da geleitete Philharmonische Kammer- mitten in die Brust gedrückt wurde),

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nein – in gemessen an der sonstigen unterrichts mit Margots revolutionä- Kollektivbehandlung auffallend klei- rem Gut. Aber man kannte das ja von nen Grüppchen ging es zum »Funker- den Neueinstellungen der letzten 25 test«. Keiner wußte wozu, aber man Jahre, man war vorbereitet: »Wer kann konnte ahnen, daß absolut alles in sol- singen«? Wieder eine formidable cher Richtung nur unendlich besser Chance auf etwas, was nur besser sein sein konnte als schwere, unhandliche konnte als alles, was die historische Pontons. Die gönnten sich also den Kaserne sonst zu bieten hatte. »Ich!« – Luxus, uns Neuen gruppenweise ein »Schau’n Sie sich die Blätter mal an – halbes Dutzend Dididaaadid vorzu- die Ausbildung der zweiten Nach- ticken, um uns dann einen sinnigen mittagshälfte machen die nächsten Text der Art xra59 7u9fa axarf 795ua Tage Sie – aber daß das klappt!« Un- mitschreiben zu lassen (Insider werden nötig zu bemerken, daß Klavier oder wissen, behelfs welcher nicht jugend- auch nur Stimmgabel für diese Kunst- freien Eselsbrücke ich ausgerechnet vorbereitung ebenso abwesend wie dieses F noch weiß). Musikalische Gei- total überflüssig waren. ster waren mit den Dididaaadid natür- lich in klarem Vorteil, aber es bedurfte Es wurde einer meiner angenehmsten wohl höherer Hilfe, um unter den drei Vormittage bei der Nationalen Armee von 150 zu sein, denen anschließend des Volkes, auch wenn der musikali- eröffnet wurde, sie sollten einmal die sche Gehalt der »Blätter« eher dürftig Funkstelle des Bataillons verstärken war und auch nicht durch die Vielzahl und würden zu diesem Behufe schon der »Werke« aufgewogen wurde. Am am nächsten Morgen nach Dresden (!) Nachmittag: ein unendlicher Gang von geschickt, um am romantischen Bries- ca. 80 m mit beidseitigen Stubentüren, nitzgrund das Funken zu erlernen. »Kompanie raustreten mit Hockern«, ich war dran, und es hallte ohrenbe- Dort die nächste Überraschung: über- täubend. Aber es »klappte«, der Kom- all im Gelände tönte es. Das wichtigste paniechef war’s zufrieden – und am Soldatsein war offenbar – das Sin- brachte mich auf eine spontane Idee: gen. Denn es war in dieser sehr deut- ich sänge ja i. a. ein etwas anderes schen Armee schlechterdings unmög- Repertoire, an anderem Ort, und lich, ohne Gesang zum Schießen oder gerade am kommenden Montag, dem auch nur zum Essen zu marschieren. 17. November im Hygiene-Museum … Essen aber mußte sein, dreimal täglich. Was denn da gegeben würde. Mozart Zur Betrübnis unserer Ausbilder hatte (5 Nocturnes), und Haydn (die ent- die sozialistische Schule uns leider die- zückenden kleinen Chöre mit Klavier), sen Teil lebenswichtiger Wehrertüch- und Bach (zu dumm, gerade diese Titel tigung komplett vorenthalten, trotz fielen mir gerade nicht ein). »Wenn Sie aller Durchdringung auch des Musik- Ihren Chef dort anrufen und der uns

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soundsoviel Karten an die Kasse legt, kriegen Sie frei.« Ich müßte ja aber, na ja, schwarzer Anzug und so. »Sie be- kommen Zivil-Erlaubnis – können Sie anrufen?« Und wie ich konnte. Es war Sonnabend oder Sonntag vormittag, Hartmut Haenchen war zu Hause erreichbar, sagte die Kartenvermitt- lung für die Genossen Offiziere zu, und ich war Rekrut im schwarzen Anzug. Und wir sangen »Jesu meine Freude« und »Lobet den Herrn alle Heiden«.

Und ich weiß bis heute nicht, ob meine lauschenden Offiziere sich da ange- sprochen gefühlt haben. Schließlich hat man nach der Wende die erstaun- lichsten Metamorphosen erlebt. Mein Funk-Zugführer in Pirna soll wenige Jahre später wegen illegaler »Westkon- takte« zur Beschaffung von Medika- menten für eine kranke Tochter aus der Armee gefeuert worden sein. Wie gesagt, das Leben war voller Über- raschungen. Auch freudiger.

Andreas Krell, Philharmonischer Chor Dresden

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Vieles fällt mir ein, wenn ich an Hart- Sonnenbrille mit. Mit dieser Sonnen- mut Haenchen denke, dem ich zum brille hat er 1983 alle »Lear«-Vorstel- Jubiläum von Herzen alles Gute wün- lungen dirigiert und meine Gewitter sche! Symptomatisch für ihn: Er ist ein geduldig ertragen. Operndirigent par excellence, denn er musiziert aus dem Geist der Bühne heraus, sieht das Werk als Gesamtheit Harry Kupfer von Musik und Szene. Wenige Dirigen- ten interessieren sich so sehr für das, was auf der Bühne geschieht. Viele den- ken nur an die Partitur, an den Orche- sterklang und an die Stimmen der Sänger. Haenchen aber will die Kon- zeption begreifen, will dahinterstei- gen, was die Regie beabsichtigt, um dies auch musikalisch mit umzusetzen.

Unvergeßliche Erlebnisse, die das schon vor zwanzig Jahren bestätigten, gab es beispielsweise bei der DDR- Erstaufführung von Aribert Reimanns »Lear« an der Komischen Oper, ohne- hin eine spannungsgeladene Produk- tion in der damaligen Zeit. Eine zentrale Szene in dieser Oper ist die sogenannte Gewitterszene.

Jeder Theatraliker will da natürlich so richtig was loslassen, ich habe also ein ungeheures Gewitter auf die Bühne bringen wollen und bangte schon vor der ersten Orchesterprobe. Es geschah, was geschehen mußte: Das Gewitter brach los, der Dirigent am Pult war völlig geblendet. Für gewöhnlich folgt an so einer Stelle dann ein gewaltiger Krach zwischen Regisseur und Diri- gent, der typische Theaterstreit eben. Aber nicht so mit Haenchen! Der ging – und brachte zur nächsten Probe eine

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60 jaar Hartmut Haenchen

1943 – 21 maart – 2003 enkele gedachten over en herinneringen aan ruim 15 jaar samenwerken bij De Nederlandse Opera in Amsterdam

Hartmut, je was in mijn eerste moei- Hartmut, je ijverde voor een »Ring des lijke jaar bij de opera een grote steun en Nibelungen«. Zonder jouw éénpunti- toeverlaat. Daar ben ik je grote dank ge gerichtheid op dat doel, was er nooit voor verschuldigd! een Ring gekomen. Hulde!

Hartmut, je hielp me te groeien in een Hartmut, je erkende in Pierre Audi als mij onbekende wereld. Dat heb ik naar artistiek directeur niet van harte je waarde geschat! meerdere, maar je ging zijn waarde als artiest meer en meer inzien en ge- Hartmut, je accepteerde veranderingen bruiken. Dat siert je. om De Nederlandse Opera succesvol te maken. Mede dankzij jou zijn we Hartmut, je hebt altijd geduld met me daarin geslaagd! gehad als ik je wilde doorgronden of overtuigen. De wetenschap dat de Hartmut, je stond pal voor jouw Ne- grenzen die je niet bereid was te over- derlands Philharmonisch Orkest in de schrijden heilig voor je waren, troostte opbouwtijd, keihard werkend aan kwa- me. liteit. Daarmee droeg je bij aan de posi- tieve kwaliteitsontwikkeling van De Hartmut, je herkent kwaliteit en op- Nederlandse Opera! rechtheid in mensen dus als het daa- raan ontbrak was je onverbiddelijk. Hartmut, je gaf nooit op gelijk te willen Dat botste wel eens met mijn streven krijgen. Als ik inzag dat je het had, heb om welwillend en oplossingsgericht ik het je gegeven … met imperfectie om te gaan, terwijl onoprechtheid bij mij evenmin op Hartmut, je was veeleisend, en – soms – mildheid mocht rekenen. Ik denk te lastig. Als dat om goede redenen was, weten dat je dat respecteerde. juichte ik het toe, als je er je doel mee voorbij leek te schieten betreurde ik het, Hartmut, je was en bent in onze werk- maar vergaf het je … gemeenschap één van de weinige echte,

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aantrekkelijke mannen. Voor mij een grote vreugde!

Hartmut, je speelt voor het publiek en je bespeelt het publiek. Beide met groot succes! Hartmut, je bent geboren voor de mu- ziek en je leeft voor de muziek. Dat de muziek voor jou boven alles en allen gaat, is geen geheim!

Hartmut, je bent zestig jaar jong, een fantastische man, vader, grootvader, collega, dirigent en festival-intendant. Moge het jou en al je dierbaren héél lang héél goed gaan!

Truze M. Lodder, zakelijk directeur, De Nederlandse Opera

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Met Hartmut Haenchen heb ik het voor- recht gehad om vele jaren intensief samen te werken. Het betreft de jaren 1986 tot en met 1998 en intensief betekent dagelijks.

Onze kennismaking was op een bij- zondere plek, namelijk ’s avonds laat in een Keller bij de Hoher Markt in Wenen, in 1985. Vandaar ging het snel en volgden de benoemingen bij het Nederlands Philharmonisch Orkest en later bij De Nederlandse Opera in Amsterdam in 1986. Hierdoor ver- vulde Hartmut Haenchen gedurende de periode tot 1998 de meest promi- nente muzikale positie in Nederland, en op voortreffelijke wijze.

Onze samenwerking was gebaseerd op groot wederzijds vertrouwen. Het klinkt zo simpel, maar het is iets bijzonders. Wij waren echte partners op alle gebied. Het NedPhO werd na een fusie gevormd door Hartmut Haenchen en beleefde een grote bloei. Er kwamen prachtige tournees en CD- opnamen tot stand.

Er blijft tussen ons een band, gebaseerd op respect en kameraadschap – ook als daar de afstand tussen Dresden en Amsterdam voor overbrugd moet wor- den.

Jan Willem Loot Algemeen directeur Koninklijk Concertgebouworkest

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Lieber Hartmut Haenchen, wenn ich an unsere erste Begegnungen Ich wünsche Ihnen an dieser besinn- zurückdenke, Ende der sechziger, An- lichen Station Ihres Lebens weiterhin fang der siebziger Jahre, hätte ich mir Gesundheit, schöpferische Energie und nie vorstellen können, Ihnen einmal vor allem auch persönliches Glück. zum 60. Geburtstag gratulieren zu kön- nen. Was ich schon damals deutlich er- In aufrichtiger Verbundenheit, kannt habe, war Ihre Treue zu sich Ihr selbst, Ihre klare Vorstellung, welchen Weg Sie im Leben nehmen wollen und damit verbunden auch persön- Kurt Masur liche Schwierigkeiten, die naturgemäß bei einem so zielstrebigen jungen Dirigenten wie Ihnen mit den dama- ligen Verhältnissen entstehen mußten.

Was mich immer tief beeindruckt hat, war nicht nur der Ernst Ihrer Arbeit, sondern auch die Kompromißlosigkeit und Beharrlichkeit Ihres Wirkens. Damit war Ihr ständiger, künstlerischer und menschlicher Reifeprozeß vorpro- grammiert.

Sie können zurückblicken auf große künstlerische Erfolge, für mich über- raschend sogar auf Ihre musikwissen- schaftlichen Auseinandersetzungen mit den Werken verschiedener Komponi- sten. Damit verbunden weiß ich, daß Ihr 60. Geburtstag nur eine Zwischen- station bedeutet auf einem Weg, der sie weiter aufwärts führen wird, ganz gleich in welcher Richtung.

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Anekdote

Es war zu einer Zeit, da Herr Haenchen neben seiner Tätigkeit als Dirigent der Dresdner Philharmonie noch Leiter des Philharmonischen Chores war. Gern denken die damaligen Mitglieder des Philharmonischen Kammerchores zu- rück an die intensiven ganztägigen Sonntagsproben, die jeweils in der näheren Umgebung Dresdens statt- fanden, beispielsweise in der Albrechts- burg Meißen. Zu einer dieser Proben versammelten wir uns einmal im Gast- hof Reichenberg (bei Moritzburg). Dort bewirkte die Frage, was es mittags zu Essen geben werde, große Heiter- keit. Die knappe Antwort lautete näm- lich: »Hähnchen, gebraten.«

Wolfgang Niederle

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Lieber Hartmut Haenchen,

Sie dirigieren (vorrangig) von Anderen komponierte Musik, ich singe von An- deren gedichtete Worte und möchte auch dem treu Ihr neues Lebensjahr mit einigen solchen bereichern.

»›Wird’s besser, wird’s schlimmer?‹, fragt man alljährlich. Seien wir ehrlich. Leben ist immer lebensgefährlich.« (Erich Kästner) – Ihnen also Mut, all diesem mit Freude, Mut und Lebens- lust ins Auge zu blicken – immer wie- der aufs Neue.

Mit allen guten Wünschen und HAPPY BIRTHDAY!

Deborah Polaski

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Beste Hartmut, kaum steht die niederländische Anrede auf dem Papier, schon denke ich, daß sie gewissermaßen unübersetzt auch für den deutschen Sprachgebrauch höchst sinnvoll angewendet werden kann. Denn zu den Besten gehörst Du ja alle- mal in jedem, was Du tust: Musik ent- deckend oder organisierend, sie durch Wort oder Geste vermittelnd. Dies immer mit voller Konzentration und Hingabe und ohne sich durch irgend- welche Widrigkeiten – gleich welcher Art – beirren zu lassen. Ich erinnere mich noch sehr gut an eine denkwürdige zyklische Aufführung des »Ringes« in Amsterdam. Unerbittlich nahm das Drama seinen Gang, obwohl (oh Tücken der Bühnentechnik) im »Rheingold« fast Dein Frack brannte und Siegfried mitten in seinen Vorbereitungen das Schwert zum Schmieden abhanden kam. Sein hilfloses Vorzeigen einer Feile und eines Nagels tat der musikalischen Faszination keinerlei Abbruch.

Für Dein neues weiteres Vorhaben, un- sere Musikfestspiele wieder zum großen Fest der kunstbegeisterten Dresdner und ihrer Gäste zu machen, wünsche ich Dir noch eine gute Portion an Tat- kraft und Beharrlichkeit hinzu. Beste Gesundheit obendrein und en geluk- kig nieuw jaar!

Peter Rösel

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Einst zog ich aus nach Amsterdam, den Hagen dort zu singen. Ich dachte, nach Paris und Wien es müßt auch dort gelingen. So war’s dann auch ein großer Hit, doch einem war’s zu danken, daß in dem Götterdämm’rungswerk kein bißchen kam ins Wanken. Mit richt’gem G’spür und tollem Schlag der Haenchen hat’s bewiesen, daß einer, der mit Bach groß ward, auch Wagner kann erkiesen. Wohl über hundert Mal hab ich den Tor’n erschlagen, bei Dir fühlt ich mich in Abrah’ms Schoß, kein Baß könnt’ sich beklagen.

So sag ich Dank aus voller Brust, und möchte es auch besingen, daß in den nächsten sechzig Jahr’n Dir alles soll gelingen.

Alles Gute – Dein Kurt Rydl

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Es war in Genf im Jahr 1986. Ich ar- nander, spricht oberflächlich ein paar beitete zum ersten Mal mit Hartmut Dinge ab. Man weiß sehr genau, daß es Haenchen, »Eugen Onegin«. Zu meiner wenig Sinn hat, sich als Regisseur über grenzenlosen Verblüffung war dieser gewisse Gepflogenheiten von Dirigen- Dirigent die gesamte Probenzeit dabei ten aufzuregen. Und umgekehrt ist es und auf jeder Probe gegenwärtig. Hin wohl ähnlich. Und doch ist diese prag- und wieder flog er am Nachmittag weg, matische Haltung der Tod der Oper, dirigierte irgendwo ein Konzert und einer Theaterform, die wie keine ande- war am nächsten Morgen wieder da. re Kunstform im Stande ist, Sehnsucht Zu meiner Verwunderung diskutierte und Qual des Menschen, seine Ver- er mit mir szenische Probleme ebenso zweiflung im Alleinsein und sein Hoch- wie musikalische, und ich hatte nach gefühl im Glück auszudrücken. wenigen Tagen das Gefühl, mit ihm seit ewigen Zeiten zusammenzuarbeiten. Ich hatte das Vergnügen und den Vor- zug, in meinem Leben mit ein paar Was vielen von außen her selbstver- großen Dirigenten zusammenzuarbei- ständlich erscheinen mag, nämlich die ten, denen der Zusammenklang von fruchtbare Kooperation von Dirigent Szene und Musik so wesentlich war wie und Regisseur, ist eher die Ausnahme. mir. Hartmut Haenchen gehört zu ih- Der Alltag lehrt: man geht sich aus dem nen. Mit bewunderungswürdiger Kraft Weg, vertraut auf den Mechanismus, es und Ausdauer vermag er eine Vielzahl werde in den Endproben so oder so ir- von verschiedenartigen Aufgaben zu gendwie zusammenwachsen, was nach bewältigen, ohne dabei an Konzentra- dem Willen der Autoren zusammen- tion für die einzelne Sache zu verlieren. gehört. Mir sagte einmal ein Dirigent Darüber hinaus gibt er einem stets das mitten ins Gesicht: »Sie können mit Gefühl, allein der gemeinsamen Auf- dem Stück machen, was Sie wollen. Ich gabe interessiert zu sein. Er ist ein Part- mache mit der Musik, was ich will. ner, von Anfang an. Es mag an seiner Aber auf meiner Seite steht die Musik.« Herkunft liegen, an der Tradition, der Der Mann hat für die Praxis des Opern- er angehört. Er kommt als Kruzianer betriebes recht, aber unrecht dem Werk, von Singen, er weiß um die existentiel- dem Komponisten und dem Libretti- le Ausdruckskraft des Vokalen. Es mag sten gegenüber. auch mit seiner politischen Biografie zu tun haben, die ihn schmerzhaft lehrte, Es gehört in unserem Geschäft zum eine Opernbühne für mehr als nur Alltag, nüchtern und professionell mit- einen Standort zu nehmen. Ihn zeich- einander umzugehen. Man trifft als net ein tiefes Bewußtsein dafür aus, daß Dirigent und Regisseur meist erst bei und wie musikalische und szenische den szenischen Schlußproben aufeinan- Gesten zusammengehören und wie eng der, zu spät. Man arrangiert sich mitei- deshalb, und auch kompetenzübergrei-

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fend, die Arbeit zwischen Szene und aufdämmernden Aufklärung, von We- Musik sein muß. Und so war es bei allen ber zwar als unterhaltsames Spektakel unseren gemeinsamen Arbeiten, einer für Covent Garden in England geschrie- Reise von der Klassik über die Roman- ben, doch zutiefst bestimmt von der tik in das zwanzigste Jahrhundert. Wie Poesie, der Melancholie und der Kraft wir uns auf dieser Reise kennen lern- des Geistigen, die Weber in seiner säch- ten, einander schätzen lernten, ist ein sischen Heimat erfuhr. Ein vergleich- wichtiger Teil in der Geschichte meines bar wechselhaftes Leben mit den viel- Lebens. fältigsten Verwurzelungen wie Carl Maria von Weber hat auch Hartmut Seit drei Jahren verfolge ich, wie Hart- Haenchen hinter sich. mut Haenchen seine Amsterdamer Aufgaben auf ein Feld verlegte, das ihm Zu seinem Geburtstag wünsche ich ihm, als einem, der zu seinen Quellen und er möge als Festivalleiter ebenso hart- Wurzeln heimkehrt, besonders am näckig und zielstrebig seine Visionen Herzen zu liegen scheint. In diesem Jahr durchsetzen, wie er das als ausübender stellt er erstmals sein Programm für die Künstler tut. Sicher ist, daß wenn je- Dresdner Musikfestspiele vor. Ein Kos- mand wie er in Oberons Zauberhorn mopolit kehrt heim, im Bewußtsein, bläst, sein Ruf nicht ohne Echo bleiben daß gerade die in der Fremde erwor- wird. Ihm, seiner Phantasie, seiner Stil- bene Vielfalt von Bezügen eine Garan- sicherheit und seiner Kompetenz folgt tie sein muß, das Unverwechselbare, man gerne! das Besondere aus zwei so verschiede- nen politischen Lebensmodellen, die er erfahren hat, in das festliche Bewußt- Johannes Schaaf sein seiner Stadt und seines Landes zu stellen.

Vor nicht allzu langer Zeit haben wir darüber gesprochen, für dieses Festival möglicherweise noch einmal einen gro- ßen Traum von mir wiederzubeleben, die Aufführung einer kaum gespielten Oper, die mir wie keine andere ans Herz gewachsen ist. Es handelt sich um Carl Maria von Webers »Oberon«, ein angeblich wegen stimmlicher Heraus- forderungen und szenischer Überfülle kaum auf der Bühne zu realisierendes Zaubermärchen im Gewand der her-

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Zum 60. Geburtstag von Hartmut Haenchen

Was mir als erstes einfällt, wenn ich an schaffene Werke wiederum vor Men- Hartmut Haenchen denke, ist sein of- schen zum Leben zu erwecken, einen fenes, natürliches, den Menschen zuge- zutiefst humanen Vorgang darstellt. Ich wandtes Wesen, seine Freude und Be- habe all das immer genossen, wenn wir geisterung an und für Musik, und die gemeinsam musiziert haben, sei es in daraus resultierende Energie und Frei- Berlin mit »seinem« C.-P.-E.-Orchester, heit zu ihrer Darstellung. oder in Amsterdam mit verschiedenen Orchestern, sei es in Oper oder Konzert. Ich bin der festen Überzeugung, daß man sich als Musiker immer durch sein Ich bin dankbar für diese Begegnungen persönliches Musikmachen im besten und freue mich auf noch viele mehr in Sinne entblößt, sich in Wahrheit offen- der Zukunft, in diesem Sinne einen ganz bart, da die Musik zur Wahrhaftigkeit herzlichen Glückwunsch und alle guten zwingt und keine Verstellung zuläßt. Wünsche dem Geburtstagskind! Alle, die mit Hartmut Haenchen gear- beitet haben, werden mir sicher bei- pflichten in der Einschätzung, daß sich Andreas Schmidt sein Musizieren eben durch die obigen Attribute beschreiben läßt. Natürlich- keit, Freude und Begeisterung, gepaart mit Wissen und Können um die Sache, des Musikers eigener unstillbare Durst nach Neuem, sei es im Bekannten oder im Unbekannten zu suchen und zu finden, und letztendlich die Fähigkeit, im Moment der Aufführung all das zu bündeln und darauf zu vertrauen, daß diese Summe schon die »Interpreta- tion« bedeutet, die keines künstlichen Anders-Seins oder -Tuns bedarf. Beson- ders gefallen hat mir auch der Umgang, den Hartmut Haenchen mit den Musi- kern pflegt, geboren aus dem Wissen und der Erfahrung, daß das gemein- same Musizieren den Respekt vor dem anderen voraussetzt, und daß der Vor- gang, mit Menschen von Menschen ge-

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Hartmut Haenchen zum 60. Geburtstag, Erinnerungen an unsere Zusammenarbeit beim Amsterdamer »Ring« (»Götterdämmerung«):

Oft hatte ich diese Oper schon gesun- gen. Mit vielen Dirigenten und Orche- stern von klangvollen und weniger klangvollen Namen.

Und dann bekomme ich ein begleiten- des Programmheft überreicht, in dem Du in unglaublicher Gewissenhaftigkeit Hunderten (!) von Fehlern in den Or- chesterstimmen, der Partitur und den Texten der angeblich neu überarbei- teten Wagnerausgabe nachweist. Dabei war das Dein erster »Ring«!

Ich habe mal den Versuch gemacht, diese Revisionsliste zwecks Berücksich- tigung bei einem anderen Dirigenten loszuwerden: Völlige Ignoranz! Das ge- nau unterscheidet Dich, lieber Hart- mut, von so vielen »Großen«.

Dazu und zu Deinem 60. Geburtstag herzliche Glückwünsche von Deinem

Wolfgang Schöne

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Lieber Hartmut, auch Dir widerfährt das Menschliche, aber auch manchmal Unglaubliche: Du wirst 60 Jahre alt.

Unglaublich, weil ich Dich natürlich immer noch als Kruzianer sehe und damit verbindet sich in erster Linie un- sere Jugendzeit.

Wie oft bin ich in meinem Leben an Teschendorfs Gärtnerei in Cossebaude vorbeigefahren mit einem gewissen Stolz – daran denkend – hier kommt der inzwischen zur Berühmtheit gelangte Hartmut Haenchen her.

Daß Deine Entwicklung zum namhaf- ten Dirigenten vom Dresdner Kreuz- chor ausging, macht mich als ehemali- gen Kruzianer besonders stolz. Mehr noch möchte ich Dir zu Deinem 60. Ge- burtstag danken für die Gründung des einmaligen Kammerorchesters »Carl Philipp Emanuel Bach«, das Du mir zu musikalisch beglückenden Erlebnissen zur Verfügung gestellt hast.

Ich hoffe nur, daß Du als Intendant der Dresdner Musikfestspiele eine ähnlich große, nicht nur künstlerische, Bestäti- gung findest. Es wäre großartig für Dres- den.

Mit herzlichen Grüßen

Dein Peter Schreier

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Lieber Hartmut,

auf diesem Wege wünsche ich Dir zu Ich bemühe mich mit meinem Dresd- Deinem Jubiläum alles menschliche ner Institut, den geistigen Ort von Hel- und künstlerische Glück und dies für lerau zu revitalisieren, und gewiß wer- viele weitere Jahre. Erfolg muß man den sich viele Gemeinsamkeiten unserer Dir nicht wünschen – den hast Du ge- Arbeit wiederfinden. In diesem Sinne stern, heute – und da bin ich sicher – freue ich mich auf unsere Zusammen- auch in Zukunft. arbeit und auch auf unsere Wiederbe- gegnung im Dienste einer Kulturland- Eigentlich verbindet uns eine jahr- schaft, die mit ihrer tausendjährigen zehntelange Freundschaft seit den ge- Geschichte einmalig in Europa ist. meinsamen Jahren im Dresdner Kreuz- chor. Oft trennten sich unsere Wege – Mögen viele Deiner Wünsche in Erfül- aber merkwürdig – sie kamen auch im- lung gehen. Von Herzen alles Gute, in mer wieder zusammen. freundschaftlicher Verbundenheit, Dein dankbarer Noten und Weltbilder haben viele Deiner Entscheidungen beeinflußt. Mit Bewunderung denke ich an Deine Udo Zimmermann künstlerischen Professionen außerhalb Deutschlands, vor allem Dein segens- reiches Wirken in Amsterdam bleibt für mich vorbildhaft.

Vor wenigen Jahren wollten wir in Leipzig künstlerisch gemeinsam Ver- antwortung übernehmen. Aber durch meinen Weggang nach Berlin sollte dies wohl nicht sein.

Nun treffen wir uns in Dresden wieder – und so schließt sich ganz wundersam ein Kreis. Du übernimmst die Leitung der Dresdner Musikfestspiele und gleich Dein erster Jahrgang ist von hohem Anspruch und faszinierender Profes- sionalität.

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Vorwort 5

Glückwünsche und Erinnerungen

Pierre Audi 7 John und Leny Bröcheler-Akkermanns 9 Peter Damm 10 Willy Decker 12 Wieland Förster 14 Uwe Gonostay 16 Dieter Härtwig 18 Eckart Haupt 22 Andreas Homoki 24 Wolfgang Hufschmidt 26 Andreas Krell 30 Harry Kupfer 35 Truze M. Lodder 37 Jan Willem Loot 40 Kurt Masur 41 Wolfgang Niederle 42 Deborah Polaski 43 Peter Rösel 45 Kurt Rydl 47 Johannes Schaaf 48 Andreas Schmidt 51 Wolfgang Schöne 53 Peter Schreier 55 Udo Zimmermann 56

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