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Faktor X oder: Die hohe Kunst des Fahrplans

Wie in nur 18 Monaten aus rund 65.000 Verkehrsanmeldungen von über 400 Eisenbahnverkehrsunternehmen Jahr für Jahr ein robuster Netzfahrplan entsteht

( am Main, Dezember 2016) Letztlich interessiert den Reisenden doch nur eines: der Zug soll pünktlich am Bahnsteig vorfahren und ebenso im angegebenen Zeitfenster sein Fahrtziel erreichen. Gleiches gilt für den Endkunden im Güterverkehr, dem daran liegt, dass sein Transport rechtzeitig abgeholt oder bereitgestellt wird. Eigentlich ganz einfach – so scheint es… Damit der Bahnverkehr bundesweit konfliktfrei, in hoher Qualität und möglichst nahtlos ineinander greifend funktioniert, arbeiten hinter den Kulissen etwa 140 Konstrukteure im Netzfahrplan der DB Netz AG daran, dass auf dem rund 33.300 Kilometer langen Schienennetz für jeden der täglich 40.000 Personen- und Güterzüge ein passender, freier Abschnitt gefunden werden kann. Diese Aufgabe erinnert mitunter an die Quadratur des Kreises. So sollen etwa lange Wartezeiten vermieden und Fahrtzeiten möglichst kurz gehalten werden. Die Umsteigedauer hingegen ist ausreichend lang zu bemessen. Zudem muss der Fahrplan neue oder weiterentwickelte Infrastruktur, Forderungen des Gesetzgebers, Baumaßnahmen und Kapazitätsengpässe abbilden. Bei alledem soll er Taktverkehre und Anforderungen des Güterverkehrs integrieren und so robust sein, dass bei Verspätungen einzelner Züge nicht die gesamte Pünktlichkeit leidet. Um all diese Faktoren bis zum Fahrplanwechsel am Tag „X“ unter einen Hut zu bekommen, brauchen die Fahrplaner einen vergleichsweise langen Vorlauf. X-18: Eineinhalb Jahre vor dem Fahrplanwechsel wird die verfügbare Infrastruktur festgeschrieben. X-17: Bahnunternehmen werden über Planungsprämissen im neuen Fahrplanjahr informiert. Dazu zählen beispielsweise Baumaßnahmen. X-10: Diese Planungsprämissen werden bei Bedarf noch einmal angepasst. X-9 bis X-8: Die rund 400 Eisenbahnverkehrsunternehmen geben ihre Trassenanmeldungen bei der DB Netz AG ab (ca. 65.000). Die Frist dafür endet am zweiten Montag im April.

In den folgenden rund 50 Arbeitstagen konstruieren die Fahrplaner die Trassen, lösen mögliche Konflikte und erstellen daraus einen Vorläufigen Netzfahrplan- entwurf (VNP). Unterstützt werden sie von einem speziell für die Bedürfnisse des Fahrplans entwickelten IT-System „Rechnerunterstütztes Michael Baufeld Trassenmanagement – Konstruktion (RUT-K)“. Sprecher Netz Tel. +49 (0) 69 265-32000 Fax +49 (0) 69 265-32007 [email protected] www.deutschebahn.com/presse Herausgeber: AG twitter.com/DB_Presse Potsdamer Platz 2, 10785 , Deutschland Verantwortlich für den Inhalt: Leiter Kommunikation und Marketing Oliver Schumacher 12/2016 CM/MB 1/3

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X-5: Übergabe des Vorläufigen Netzfahrplanentwurfs (VNP) an die Eisenbahnverkehrsunternehmen bis zum ersten Montag im Juli. Anschließend haben die Trassenanmelder einen Monat lang die Möglichkeit, Stellung zu nehmen. X-4: Ende August erhalten die Bahnen den endgültigen Netzfahrplanentwurf (Trassenangebot). X-3,5: Die Eisenbahnverkehrsunternehmen nehmen Angebote an oder lehnen unwiderruflich ab. Tag „X“: Gemeinsamer Fahrplanwechsel aller Europäischen Bahnen am zweiten Sonntag im Dezember.

Trassenkonflikte schnell lösen Kommt es bei der Fahrplanung dazu, dass sich Trassenwünsche verschiedener Anmelder überlagern, entsteht ein Trassenkonflikt, für dessen Lösung ein mehrstufiges Verfahren zum Einsatz kommt: Lösung im Rahmen von Spielräumen unter Berücksichtigung der Trassenanfragen und bestmöglichen Ausnutzung der Infrastruktur Die Fahrplaner erhalten in diesen Fällen eine automatische Warnanzeige vom System RUT-K und können im Rahmen der weiteren Konstruktion Spielräume von +/- 3 Minuten bei Personenverkehrstrassen und +/-30 Minuten bei allen anderen Trassen anwenden. Koordinierungsverfahren mit den Konfliktpartnern Im Rahmen des Koordinierungsverfahrens wird gemeinsam mit den beteiligten Eisenbahnverkehrsunternehmen bzw. Bestellern nach einvernehmlichen Lösungen gesucht. Die Nennung erweiterter Konstruktionsspielräume stellt in diesem Zusammenhang einen Ansatz zur Konfliktlösung dar. Dies führt in mehr als 99 Prozent der Fälle zu einer Lösung. Streitbeilegungsverfahren nach den rechtlichen Vorgaben des Eisenbahnregulierungsgesetzes (ERegG) Kann keine einvernehmliche Lösung gefunden werden, sieht der Gesetzgeber ein sogenanntes Streitbeilegungsverfahren vor, in dem die Zuweisung der Zugtrasse nach bestimmten Regeln erfolgt. Im Falle einer beabsichtigten Ablehnung einer Trassenanmeldung zum Netzfahrplan ist die DB Netz AG gemäß ERegG verpflichtet, die Bundes-Netzagentur (BNetzA) über diesen

Sachverhalt vorab zu informieren.

Bei Gleichstand im Streitbeilegungsverfahren wird das Höchstpreisverfahren (Bieterverfahren) eingeleitet. Hierbei müssen die Konfliktbeteiligten ein Angebot Michael Baufeld Sprecher Netz unterbreiten, das über den tatsächlichen Trassenkosten liegt. Derjenige mit Tel. +49 (0) 69 265-32000 dem höchsten Angebot erhält dann den Zuschlag. Fax +49 (0) 69 265-32007 [email protected] www.deutschebahn.com/presse Herausgeber: Deutsche Bahn AG twitter.com/DB_Presse Potsdamer Platz 2, 10785 Berlin, Deutschland Verantwortlich für den Inhalt: Leiter Kommunikation und Marketing Oliver Schumacher 12/2016 CM/MB 2/3

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Nach Fertigstellung des „Vorläufigen Netzfahrplanentwurfs“ haben die Trassenanmelder innerhalb eines Monats die Möglichkeit, Stellung zu nehmen und sogenannte berechtigte Beanstandungen zu übergeben. Dies können formelle Fehler bei der Annahme, Prüfung und Konstruktion der Trassenanmeldungen durch die DB Netz AG sein. Fahrpläne bis wenige Augenblicke vor Abfahrt des Zuges Nach Fertigstellung des Netzfahrplans können Eisenbahnverkehrsunternehmen rund um die Uhr und an sieben Tagen die Woche kurzfristig weitere Fahrpläne bestellen. Grundlage dafür sind verbliebene Restkapazitäten, die von rund 260 Fahrplanern nach dem Prinzip „first come first serve“ zugeordnet werden. Insgesamt entstehen auf diese Weise etwa 950.000 Einzelfahrpläne pro Jahr. Fahrplan der Zukunft: Automatische Belegung vorkonstruierter Trassen In naher Zukunft steht der Fahrplan vor der Herausforderung, den weiter zunehmenden Verkehr auf einer Infrastruktur unterzubringen, die schon heute vor allem auf hochbelasteten Korridoren und Knoten an ihre Grenzen stößt. Hier sind zwingend Maßnahmen zur Steigerung der Infrastrukturkapazität erforderlich – sei es durch Ausbau im bestehenden Schienennetz oder durch gezielte Neubaumaßnahmen. Parallel setzt die DB Netz AG auf vorkonstruierte Trassen, deren Vorteile auf der Hand liegen: Durch den "Fahrplan von der Stange" werden harmonische und standardisierte Fahrplankonzepte zur Kapazitätssteigerung entwickelt. Die Transparenz über verfügbare Restkapazitäten steigt. Gleichzeitig sinkt der Planungsaufwand für die vor allem im Güterverkehr kurzfristig zu realisierenden Verkehre. Unterstützend setzt die DB Netz AG auf moderne Informationstechnologie.

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