Mitteilungen 48 (November 2007) (PDF)
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Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg Ulm e. V. – KZ-Gedenkstätte – Mitteilungen Heft 48 / November 2007 „Büchse 13“ Ulmer Treff für kritische Geschichtskultur Inhalt Büchse 13 – 1 Kritische Geschichtskultur „Ulm ist für uns ein Geschenk“ 2 Neuer DZOK-Vorstand 3 Tante Annas Kinder 4 Der „Sinn“ der KZs 6 „Wir wollten das andere“: 8 eine Ferienwoche dzokkis – Praktikanten – 10 guides Ein Tat- und Lernort, 11 gleich neben der Schule „Wir wollen den Fluch 13 in Segen verwandeln“ 1. „ulmer festungs fest” (uff) 15 Rückblick aufs Jahr 2007 17 In der Büchsengasse 13, fünf Minuten Merav Barnea und Moshe Ushpiz am 9. Oktober vom Münster entfernt, eröffnete das in „Büchse 13” Neue Bücher 20 (Foto: Königsdorfer; A-DZOK, Büchse 13, 10/07) NS-Volksgemeinschaft – Fritz Bauers Wider- Dokumentationszentrum Oberer standsbegriff – Menschen und Bäume in Shavej Kuhberg am 10. März seine neuen Zion – KZ-Außenlager Hailfingen/Thailfingen – Katholische Kirche und NS – Antizionismus = Stadträume: ein Info-Angebot für die Bibliothek und den Arbeitsplätzen für Antisemitismus? – Stolpersteine: das Stuttgarter Bürger zu einem Stück Geschichte, die Mitarbeiter gibt es in der Büchsen- Modell – Der Wert von Gedenkstätten – Fritz Lamm – Die Fahne und der Tod – das immer auch ein Stück Gegenwart gasse auch die Möglichkeit für kleinere Armin Ziegler ist und bleibt: die Periode des Natio- Veranstaltungen. (Fortsetzung: nächste Seite) Neues in Kürze 25 nalsozialismus. Neben dem Archiv, der Eine „Laubhütte“ in Ulm – Zum Tod von Gertrud Müller – Alfred-Hausser-Preis – Das ehemalige KZ-Außenlager Gleiselstetten – Bürgermedaille für Lechner – Dauerausstellung Weiße-Rose-Prozesse – Polnische Auszeich- Gedenkstunde in der Ulmer KZ-Gedenkstätte nung – Landesstiftung Baden-Württemberg – für den Widerstand von 1933 bis 1945 Jüdische und arabische Jugendliche – Neuer Zivi 2008/09 – Theater-Projekt – Julius Schätzle – und die Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft Ulmer OB-Wahlen – Drei DZOK-Pojekte 2008 – Sonntag, 18. November 2007, 11 Uhr Hans-Lebrecht-Schule – Leserbriefe Veröffentlichungen des DZOK 29 Das geht uns was an! Formen des Gedenkens und Handelns von Jugendlichen heute – Veranstaltungen 30 am Beispiel der Kooperation der Winter/Frühjahr 2007/08 „Aktion Sühnezeichen Friedensdienste“ mit dem DZOK Förderer dieser Nummer 32 Ein Gespräch mit Volker Bräth, Lena Dorn, Markus Heckmann, Thomas Liebe/-r Leser/-in: 32 Heldt, Annette Lein, Sonja Thiel; Moderation: Silvester Lechner Impressum/ Besuchszeiten 32 Musikalischer Rahmen: Chor Kontrapunkt; Mauthausen-Kantate in Gedenkstätte 1230 und 1430 Uhr: Führungen durch die Gedenkstätte So hatte am 10. Juli ein neuer Ulmer leben jede Sekunde intensiv, weil man auch die Nachgeborenen noch ein Veranstaltungsort Premiere: nie weiß, was morgen sein wird.“ „In weites Stück entfernt. Dennoch lassen „Büchse 13. Ulmer Treff für kritische Israel gibt es keine andere Option als Merav Barnea und Moshe Ushpiz Geschichtskultur“. stärker zu sein als andere. Das ist über ihr neues Ulmer Zuhause nichts Ziel des Treffs ist es einerseits hinter eine Frage des Überlebens“, ergänzt kommen. „Die Herzen der Menschen die Fassaden des marktgängigen ihr Mann. waren so warm und offen, schon als Geschichtsbildes zu schauen, und „Die Geschichte der Shoah ist Teil wir hier ankamen. Ulm ist gemütlich, dabei Vergessenes und Verdrängtes von uns, sie bleibt im Körper. Dass wir haben hier viel mehr Zeit für unsere anzusprechen und einem kritischen wir Juden sind und Israelis, das ist Familie.“ Gespräch zu unterziehen; anderer- Teil von uns.“ „Aber das heißt nicht, (sl) seits aber geht‘s auch um Gegenwart dass ich nicht etwas anderes suchen und Zukunft, um neue, hoffnungsvolle kann, weiter und offener. Ich wünsche Entwicklungen – ein weites Spektrum, mir ganz tief im Herzen, dass ich in wie auf den Fotos dieser und der Bayreuth Wagner singen kann. Das ersten Seite dokumentiert. kann ich, das bin ich. Musik ist Musik, Alt und Jung: der erste Helfen Sie mit, dass aus der Idee Theater ist Theater, und auch davon Abend von Büchse 13 etwas wird, das Bestand hat! bin ich ein Teil. Ich vergesse nicht, aber Deutschland ist ein Teil von Europa, am 10. Juli Das neue Programm von „Büchse und wir leben jetzt hier“, erklärt Merav 13” finden Sie auf Seite 31! Barnea. Das Foto (A. Lein, A-DZOK, Büchse13, Dass sich das Paar entschloss, mit 7/07) zeigt Reinhold Settele (80)und den drei Töchtern – die älteste, Ruth, Jakob Hohnerlein (20) am ersten wurde während des Studiums beider Abend. Der in Ulm geborene Settele Merav Barnea und Moshe in Berlin geboren, die fünfjährigen hatte sich als Schüler in den letzten Kriegsjahren zusammen mit seinen Ushpiz in „Büchse 13“: Zwillinge in Tel Aviv – nach Deutsch- land zu ziehen, war nicht für alle Freunden Fritz Bauknecht und Heinz „Ulm ist für uns ein Familienmitglieder des Paares leicht Feuchter dem nationalsozialistischen Geschenk” zu begreifen. Das hat für die beiden Wahnsinn widersetzt. Und er hat sich durchaus Gewicht, denn „in Israel ist seine kritische Beobachtungsgabe Von Dagmar Königsdorfer der Familienbegriff ein anderer als in gegenüber den politischen Verhält- Deutschland“, erklärt Moshe Ushpiz. nissen bis heute bewahrt. Er las aus „Familie Barnea-Ushpiz aus Tel Aviv Dass man sich wochenlang nicht zwei Broschüren eigener Texte: „Politi- lebt jetzt in Ulm“, war der Titel von sieht, wie das bei deutschen Familien sche Zeitgedichte und Bekenntnisse“, „Büchse 13“ am 9. Oktober. Inhalt durchaus gängig sei, das sei in Israel sowie „Politische Zeitzeugnisse und des Abends war ein Gespräch mit der nicht vorstellbar. Dennoch reagierten Zeitdokumente“. Sopranistin am Ulmer Theater, Merav Familienmitglieder auf den Umzug Barnea und ihrem Mann Moshe Ushpiz mit der Bitte, dass Moshe und Merav über Tel Aviv und Ulm, über Israel und verstehen möchten, dass sie sie nicht Deutschland, über die Shoah und die in Deutschland besuchen würden - Gegenwart, und natürlich übers The- während andere ihre Pläne fantastisch ater und die Musik. fanden. Dazu der folgende Bericht: „Wenn man in Israel sagt, dass man in die USA geht, fragen die Menschen, „Ulm ist für uns ein Geschenk“, sagen was man dort beruflich plant. Wenn Merav Barnea und ihr Mann Moshe man sagt, dass man nach Deutsch- Ushpiz übereinstimmend. Dass sie auf land geht, fragen sie: „Gibt es Opti- so herzliche Menschen treffen würden, onen in anderen Ländern?“ dass die Stadt für sie „wie ein Medi- Merav Barnea und Moshe Ushpiz Beide sind von Heiner Jestrabek kament“ wirken würde, damit hatten haben sich über diese Zweifel hinweg (Deutscher Freidenker-Verband Ost- die israelische Sopranistin am Theater gesetzt, obwohl zahlreiche Fami- württemberg, 2007) herausgegeben Ulm und ihr Mann, Art-Director und lienmitglieder beider im Holocaust und übers DZOK beziehbar. Marcom-Manager (und nebenher umkamen. Beide, nicht religiös, sehen Jakob Hohnerlein, links im Bild, hat Hausmann), nicht gerechnet, als in Europa für sich eine Zukunft. Einen als Abiturient des Neu-Ulmer Lessing- sie vor gut einem Jahr mit den drei Moment zögert Merav Barnea, bevor Gymnasiums für seine herausragende, Töchtern an die Donau zogen. Von sie von einem Erlebnis dieses Tages mit 15 Punkten bewertete Facharbeit ihrem Leben als israelische Familie in erzählt. In einem Supermarkt sei sie im Schuljahr 2006/07 das Thema Ulm erzählten beide in den Räumen gewesen und sei wohl irgendwie gewählt: „Reinhold Settele. Ein Zeit- des Dokumentationszentrums in der falsch gegangen. Ein Mann habe sie zeuge berichtet über die NS-Zeit in Büchsengasse 13. zurecht gewiesen: „So geht man in Ulm“. Tel Aviv, ihre Heimat, sei eine 24- Deutschland!“. „Ich hätte auch Fran- Settele schrieb dem DZOK als Wid- Stunden-Stadt. „In Tel Aviv hat nie- zösin sein können, dann hätte er das mung für „Büchse 13“: mand Zeit“, sagt Moshe Ushpiz. „Die auch gesagt, er wusste nicht, woher Menschen in Israel haben ganz andere ich komme“, weiß sie. „Aber es tut „Wer die Vergangenheit abtut, Elektroden, sie sind immer im Stress.“ einfach weh, die Verletzlichkeit ist vor- will sich die Zukunft freihalten „Das Lebensgefühl ist Unruhe“, handen.“ Von deutsch-jüdischer Nor- für die Fehler und Verbrechen ergänzt Merav Barnea. „Die Menschen malität halten die historischen Fakten der Vergangenheit .“ 2 DZOK-Mitteilungen Heft 48, 2007 3 Neuer DZOK-Vorstand Wolfgang Keck bleibt Erster Vorsitzender, Manfred Eger und Fritz Bauer aus Vorstand verabschiedet Nach der Vorstandswahl am 6. Juli: hinten, von links, Wolfgang Keck, Hansjörg Greimel, Ingo Bergmann, Manfred Eger, Martin König, Wolfgang Traub; es fehlen Dr. Uli Klemm und Fritz Bauer. Vorne, von links die Mitarbeiter Silvester Lechner, Annette Lein, Volker Bräth, Ilona Walosczyk. (Foto: Blickle; A-DZOK, Vorstand 07) In der Jahreshauptversammlung am Bestätigt in ihren Ämtern wurden als Jahres 2008 durch ihren Zuschuss die Freitag, 6. Juli, wählten die 36 anwe- Kassiererin Ingrid Siegl und der andere pädagogische Arbeit an der Gedenk- senden Mitglieder (das waren fast 10 Stellvertreter des Vorsitzenden, Martin stätte ermögliche. Bezüglich einer Prozent aller Mitglieder) des Vereins König, und als Beisitzer Dr. Ulrich unbefristeten Fortsetzung dieser Arbeit „Dokumentationszentrum Oberer Klemm. sei der Verein mit Unterstützung von Kuhberg“, einen neuen Vorstand. Der Ministerpräsident Günther Oettinger bisherige Erste Vorsitzende, Professor Die Berichte des Vorsitzenden Wolf- und Oberbürgermeister Ivo Gönner in Dr. Wolfgang Keck, wurde wieder gang Keck, der Kassiererin Ingrid Siegl Verhandlungen mit dem Land. gewählt.