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Hintergrundinformation November 2008
Internationale Schutzgebiets-Kategorien der IUCN
In der Entwicklung des weltweiten Naturschutzes Entwicklung der Kategorien kam es zu einer großen Fülle von verschiedenen Schutzgebietsformen, die einem ganz Die IUCN hatte 1978 zunächst ein System mit unterschiedlichen Management unterliegen zehn Schutzgebietskategorien vorgestellt. Diese können. Dieses kann beispielsweise von einem waren unterteilt in: Gebiete mit größter Bedeutung sehr strengen Schutz bis hin zu Schutzgebieten für den Naturschutz (Kategorie I – V), Gebiete mit reichen, die in Wirklichkeit kaum einen echten zweitrangiger Bedeutung (Kategorie VI – VIII) Schutz genießen. Dies führte auch zu einer großen sowie Gebiete mit international anerkannter Zahl an verschiedenen Bezeichnungen und Bedeutung (IX: Biosphärenreservat, X: Welt- Definitionen für Schutzgebiete. Alleine in Europa Naturerbe). existieren mehr als 90 verschiedene Kategorien. Aus diesem Grund lässt es sich kaum genau sagen, 1994 veröffentlichte sie eine überarbeitete Version wie groß die weltweit unter Schutz stehende mit jetzt nur noch sechs Schutzgebiets-Kategorien, Fläche wirklich ist. Z.B. überlappen Schutzgebiete die bis heute Gültigkeit hat. Dieses System ist verschiedener Kategorien sich oft, so dass man unter anderem Grundlage für die „UN List of ihre Flächen nicht einfach addieren kann. National Parks and Protected Areas“. Sie gibt Aus diesem Grund hat die IUCN (International einen vollständigen Überblick über alle Union for the Conservation of Nature and Natural Nationalparks und Naturreservate und wird Resources) ein System zur Einteilung von regelmäßig aktualisiert. Schutzgebieten mit weltweit vergleichbaren Kriterien entwickelt. Die Einstufung in sechs Ein Schutzgebiet ist laut Definition der IUCN „ein Kategorien erfolgt aufgrund der primären Land- oder Meeresgebiet, das vor allem dem Management-Ziele in den Schutzgebieten – also Schutz und Erhalt der biologischen Vielfalt danach, was durch die Errichtung dieses gewidmet ist, sowie natürlicher und damit Schutzgebietes erreicht werden soll. verbundener kultureller Ressourcen, und das durch gesetzliche oder andere effektive Maßnahmen Die IUCN ist eine internationale, halbstaatliche verwaltet wird“. Naturschutzorganisation, die sich die Koordination des weltweiten Naturschutzes zur Aufgabe Die unterschiedlichen Kategorien werden über die gemacht hat. Ihr Hauptsitz ist in Gland (Schweiz). Management-Ziele, die man mit den Die Organisation ist unter anderem Veranstalter Schutzgebieten erreichen will, definiert. Die des „World Parks Congress“, der alle zehn Jahre Erläuterungen der einzelnen Kategorien enthalten stattfindet, zuletzt 2003 in Durban (Südafrika). Angaben zu den Auswahlkriterien und zur organisatorischen Verantwortlichkeit. Eine
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bestimmte Mindestgröße wird nicht vorgegeben, offen für wissenschaftliche Forschung und dem da die Größe der Schutzgebiete den jeweiligen Umwelt-Monitoring. Zielen angepasst sein soll. Obwohl die verwendete Management-Kategorie Bei der Festlegung des Areals muss darauf natürlich schon eine sehr hohe Bedeutung für die geachtet werden, dass dieses groß genug ist und erreichte Qualität des Naturschutzes in einem zum Beispiel das zu schützende Ökosystem Gebiet haben kann, betont die IUCN, dass die vollständig umfasst. Es sind keine direkten unterschiedlichen Kategorien nicht schon per se menschlichen Eingriffe erlaubt, der Schutz der als Wertung der Effizienz verschiedener Biodiversität soll ohne aktives Management Management-Maßnahmen zu verstehen sind und auskommen. dass alle von ihnen definierten Kategorien für den Naturschutz wichtig sind. Beispiele für ein Schutzgebiet der Kategorie I a sind der Schweizer Nationalpark im Engadin oder Die Kriterien für die einzelnen Kategorien sind mit das Naturreservat Florarna in Schweden. Absicht allgemein gefasst worden, damit sie den regionalen Bedingungen angepasst werden Kategorie I b: Wildnisgebiet (Wilderness können. Area): Wenn ein Schutzgebiet mehrere Zwecke erfüllen soll, so müssen mindestens drei Viertel des Definition (Originaltext) : „ Category Ib protected areas are usually large unmodified or slightly Gebietes einem einzigen Management-Ziel dienen, modified areas, retaining their natural character und die unterschiedlichen Management-Ansätze and influence, without permanent or significant dürfen sich nicht widersprechen. human habitation, which are protected and managed so as to preserve their natural Die Schutzgebiets-Kategorien condition .“
Kategorie I a: Strenges Naturreservat Mit Hilfe dieser Schutzgebietskategorie sollen die (Strict Nature Reserve): natürlichen Merkmale eines Areals auf lange Zeit erhalten bleiben. Deshalb ist der öffentliche Definition (Originaltext) : “ .Category Ia are Zugang so zu regulieren, dass die strictly protected areas set aside to protect charakteristischen Besonderheiten dieser Gebiete biodiversity and also possibly nicht gefährdet werden. Indigene Völker sollen die geological/geomorphological features, where Möglichkeit erhalten, hier in kleinen Gruppen zu human visitation, use and impacts are strictly controlled and limited to ensure protection of the siedeln und ihre traditionelle Lebensweise zu conservation values. Such protected areas can pflegen. serve as indispensable reference areas for scientific research and monitoring . “ Die Gebiete sollen wichtige ökologische, geologische, physiogeografische oder andere Mit Hilfe dieser Kategorie sollen ganze Habitate Besonderheiten mit wissenschaftlichem, bzw. Ökosysteme oder einzelne Arten in einem erzieherischem, ästhetischem oder historischem möglichst ungestörten Zustand erhalten werden. Wert besitzen. Diese sollen vorrangig durch die Aus diesem Grund sind diese Gebiete der natürlich ablaufenden Prozesse beeinflusst werden, Öffentlichkeit nur beschränkt zugänglich, jedoch die durch die Ausweisung des Schutzgebietes auch
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nicht gestört werden dürfen. Anthropogene as a cave or even a living feature such as an Einflüsse sollen weitestgehend fehlen. ancient grove. They are generally quite small protected areas and Das Bolshoi Arkticheskiy Naturreservat auf der often have high visitor value. “ nordsibirischen Halbinsel Taimyr ist ein Schutzgebiet der Kategorie I b. Diese Region ist Die Areale sollen ein oder mehrere von 4.000 Indigenen (Dolganen und Nganasanen) Besonderheiten von herausragender Bedeutung bevölkert, die dort jagen, fischen und Rentiere umfassen. Dazu zählen beispielsweise halten. eindrucksvolle Wasserfälle wie die Victoriafälle in Simbabwe, Höhlen, Krater, Sanddünen oder Fossilienfundstellen sowie kulturell und Kategorie II: Nationalpark (National Park) archäologisch wichtige Stellen (Höhlensiedlungen und ähnliches). Definition (Originaltext) : „ Category II protected Das Gebiet muss groß genug sein, um die areas are large natural or near natural areas set Unversehrtheit dieser Besonderheiten sowie ihrer aside to protect large-scale ecological processes, unmittelbaren Umgebung zu gewährleisten. Es along with the complement of species and sollen auch möglichst Gelegenheiten zur ecosystems characteristic of the area, which also Forschung, Ausbildung und für den Tourismus provide a foundation for environmentally and geboten werden. culturally compatible spiritual, scientific, educational, recreational and visitor opportunities. “ Kategorie IV: Biotop/Artenschutzgebiet mit Management (Habitat/Species Management Area) Das Hauptziel in den zur Kategorie II gehörenden Nationalparks ist es, die natürliche Biodiversität Definition (Originaltext) : „ Category IV protected zusammen mit den dazu gehörigen ökologischen areas aim to protect particular species or habitats Strukturen zu schützen, und in diesem and management reflects this priority. Many Zusammenhang auch eine die Umwelt schonende category IV protected areas will need regular, Naturbildung und Naturerlebnis zu fördern. active interventions to address the requirements of Nationalparks im Sinne der Management- particular species or to maintain habitats, but this Kategorie II sollen großräumig sein und schützen is not a requirement of the category.“ typischerweise ein funktionierendes und komplettes Ökosystem, um ihrem Ziel gerecht Durch diese Kategorie sollen die Bedingungen werden zu können. gesichert und erhalten werden, die für den Schutz bedeutsamer Arten, Artengruppen und biotischer Gemeinschaften nötig sind. Wenn nötig, sind dazu Kategorie III: Naturmonument (Natural auch menschliche Eingriffe erlaubt. Begrenzte Monument) Abschnitte dieser Schutzgebiete sollen der Öffentlichkeit zugänglich sein, damit diese ein Definition (Originaltext) : „ Category III Verständnis für die natürlichen Prozesse protected areas are set aside to protect a specific entwickeln kann. natural monument, which can be a landform, sea mount, submarine cavern, geological feature such
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In die Definition dieser Kategorie fallen Kategorie VI: Ressourcenschutzgebiet mit beispielsweise Brutgebiete, Feuchtgebiete, Management (Managed Resource Laichplätze sowie andere Gebiete, die eine Protected Area) wichtige Rolle im Natur- und Artenschutz spielen. Definition (Originaltext) : „ Category VI protected Der Erhalt dieser Ökosysteme oder bestimmter areas conserve ecosystems and habitats, together Arten hängt von aktiven Eingriffen durch with associated cultural values and traditional Management-Behörden ab. Bei der Festlegung der natural resource management systems. They are Größe sind die Lebensraum-Ansprüche der Arten generally large, with most of the area in a natural zu berücksichtigen, die geschützt werden sollen. condition, where a proportion is under sustainable natural resource management and where low-level Die Naturschutzgebiete Allgäuer Hochalpen und non-industrial use of natural resources compatible Amrumer Dünen sind von der IUCN in die with nature conservation is seen as one of the Kategorie IV eingestuft worden. main aims of the area .“
Kategorie V: Geschützte Management-Ziel dieser Kategorie ist der Landschaft/Geschütztes marines Gebiet langfristige Schutz und Erhalt der biologischen (Protected Landscape/Seascape) Diversität und anderer natürlicher Werte. Dies geschieht unter anderem durch die Förderung Definition (Originaltext) : „ A protected area nachhaltiger Nutzungspraktiken sowie den where the interaction of people and nature over Ausschluss von regional nicht etablierten time has produced an area of distinct character Bewirtschaftungsmethoden, die für die with significant ecological, biological, cultural Biodiversität schädlich wären. and scenic value: and where safeguarding the integrity of this interaction is vital to protecting and sustaining the area and its associated nature Diese Gebiete sollen mindestens zu zwei Dritteln conservation and other values.“ in einem natürlichen Zustand sein, können aber in begrenztem Rahmen auch bereits veränderte Hierdurch sollen harmonische Interaktionen Ökosysteme umfassen. Großflächige kommerziell zwischen Natur und Kultur mit Hilfe des genutzte Plantagen sind jedoch ausdrücklich davon Landschaftsschutzes erhalten werden und ausgenommen. Die Gebiete müssen groß genug gleichzeitig auch die landschaftliche Diversität, sein, dass eine nachhaltige Bewirtschaftung keine die durch solche Lebensräume geboten wird. negativen Auswirkungen auf das Ökosystem hat. Lebensarten, die die nachhaltige Nutzung der Diese Kategorie wurde dem IUCN-System erst Natur gewährleisten, werden genau so gefördert nachträglich hinzugefügt und liegt von seinen wie der Tourismus und die Forschung. Management- Ansätzen zwischen den Kategorien Ausgewählt werden sollen Landschaften und/oder III und IV. Küsten- sowie Inselpanoramen mit hohem landschaftlichem Reiz und einzigartigen Ein Beispiel für diese Kategorie ist die Tonda landschaftlichen Mustern, die durch die Wildlife Mangament Area auf Papua Neu-Guinea. vorherrschende Nutzung entstanden sind. Wie Dort darf die lokale Bevölkerung in bestimmten beispielsweise die Naturparke Lüneburger Heide, Regionen der Jagd nachgehen. Touristen müssen Harz oder Uckermärkische Seen. eine Jagdlizenz erwerben und dürfen auch dann nur bestimmte Arten jagen. Für die Jagd dürfen
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weder Boote noch andere Fahrzeuge benutzt die deutschen Nationalparks entwickelt, welches werden. nun hoffentlich mit dem Ziel ständiger Verbesserungen in die Umsetzung kommt. Umsetzung in Deutschland Tatsächlich erreicht die Mehrzahl der deutschen Nationalparks derzeit noch nicht die Qualität, die Es ist nicht leicht, die deutschen Schutzgebiets- sich hinter der IUCN-Management-Kategorie II Kategorien, wie sie im Bundesnaturschutzgesetz verbirgt, insbesondere noch nicht das Ziel einer bzw. den Naturschutzgesetzen der Länder natürlichen und ungestörten Entwicklung der festgeschrieben sind, direkt den Kategorien der Natur auf großer Fläche. Dass dieses, wenn auch IUCN zuzuordnen. In den aktuellen oft erst nach einer Übergangsperiode das Ziel sein Schutzgebietsrichtlinien der IUCN (Stand 2008) muss, daran lässt auch das wird darauf hingewiesen, dass es primär bei der Bundesnaturschutzgesetz (§ 24 (2)) keinen Einteilung in die sechs Kategorien darauf Zweifel: „ Nationalparke haben zum Ziel, im ankommt, welches die Managementziele der überwiegenden Teil ihres Gebiets den möglichst Schutzgebiete sind. Diese Ziele werden in ungestörten Ablauf der Naturvorgänge in ihrer Deutschland durch die jeweils zuständigen Gesetz- natürlichen Dynamik zu gewährleisten. “ Und §24 oder Verordnungsgeber festgelegt (für viele (1) Nr 3 besagt, dass sie „ sich in einem Nationalparks gibt es z.B. eigenständige überwiegenden Teil ihres Gebiets in einem vom Ländergesetze, für Naturschutzgebiete in der Menschen nicht oder wenig beeinflussten Zustand Regel Landesverordnungen). Harmonisieren sie befinden oder geeignet sind, sich in einen Zustand mit den Kriterien der IUCN, können sie an die zu entwickeln oder in einen Zustand entwickelt zu IUCN gemeldet und dort unter der jeweils werden, der einen möglichst ungestörten Ablauf zutreffenden Schutzgebietskategorie gelistet der Naturvorgänge in ihrer natürlichen Dynamik werden. gewährleistet. “ Tendenziell lässt sich feststellen, dass die Mit Blick auf immer noch zu großflächigen deutschen Landschaftsschutzgebiete am ehesten Nutzungen in vielen der Nationalparks, etwa die der IUCN-Kategorie V zuzuordnen sind, genau Holznutzung in den Wald-Nationalparks, oder die wie die Naturparks (obwohl viele – nicht alle – Fischerei und die Ölförderung in den Wattenmeer- dieser Gebiete nur einem sehr geringen Nationalparks, sind die meisten deutschen tatsächlichen Schutz unterliegen, und selbst die Nationalparks also noch Kategorie V da nicht immer gerechtfertigt ist). „Entwicklungsnationalparks“. Am häufigsten wird die IUCN-Kategorisierung in Zusammenhang mit Nationalparks verwendet. Von Was fordert der WWF? diesen gibt es in Deutschland derzeit 14, die alle in Die Naturschützer haben sich mit vielfältigsten der IUCN-Kategorie II gelistet wurden. Diese und teils widersprechenden Definitionen für Einstufung bei der IUCN erfolgte jedoch nach Schutzgebiete nicht immer einen Gefallen getan. einer Selbstauskunft der Behörden. Sie darf nicht Naturschutz wird so für die Menschen oft mit einer Zertifizierung verwechselt werden und es schwerer verständlich, als es sein müsste. gab bezüglich dieser Einstufung auch keine Die IUCN leistet seit vielen Jahren einen unabhängige Evaluation. Hier ist aber Besserung wichtigen Beitrag dazu, dass wir heute in Sicht, denn in den letzten Jahren wurden in international gegenseitig besser verstehen, welche einem bundesweiten Projekt gemeinsame Ziele in wichtigen Schutzgebieten verfolgt Qualitätskriterien und ein Evaluationsverfahren für werden. Am bekanntesten, und so gesehen auch
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erfolgreichsten, wurde dabei die Kategorie II (Nationalparks), die dazu geführt hat, dass man in den meisten (nicht allen) Ländern unter einem Nationalpark weitgehend das Gleiche versteht. So konnte diese weltweit wohl bedeutendste Schutzgebietsform jenes Ansehen und die Qualität erreichen, die sie heute besitzt. In Deutschland müssen sich die meisten Nationalparks noch weiter entwickeln, um dem Anspruch ihres Namens wirklich gerecht zu werden, vor allem aber, um die einzigartigen Naturräume, die sie schützen sollen, auch tatsächlich zu schützen. Dafür setzt sich der WWF ein.
Weitere Informationen:
Aurel Heidelberg, Fachbereich Wald WWF Deutschland, Tel.: 0 69/7 91 44-166, [email protected]
Dr. Hans-Ulrich Rösner, WWF- Wattenmeerbüro, 04841/668530, [email protected]
Diese und weitere Hintergrundinformationen finden Sie im Internet unter: www.wwf.de. Hier können Sie sich auch in unseren kostenlosen WWF-News-Verteiler eintragen.
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