Gericht Entscheidungsdatum Geschäftszahl Spruch Text
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01.02.2018 Gericht BVwG Entscheidungsdatum 01.02.2018 Geschäftszahl I404 2177694-1 Spruch I404 2177694-1/5E IM NAMEN DER REPUBLIK! Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Alexandra JUNKER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX StA. NIGERIA, vertreten durch: RA Edward W. DAIGNEAULT gegen den Bescheid des BFA, Regionaldirektion Steiermark (BAG), vom 19.08.2017, Zl. 1085882908-151266702, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 23.01.2018 zu Recht erkannt: A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen. B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig. Text ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE: I. Verfahrensgang: 1. Der Beschwerdeführer stellte am 04.09.2015 einen Antrag auf Internationalen Schutz. Im Rahmen seiner Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 05.09.2015 gab er als Fluchtgrund an, dass er homosexuell sei und man in Nigeria deshalb verfolgt und umgebracht werde. 2. Am 09.08.2017 wurde der Beschwerdeführer vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich (in der Folge: belangte Behörde), niederschriftlich einvernommen. Im Rahmen seiner Befragung gab er an, dass er in Enugu aufgewachsen und zur Schule gegangen sei. Er habe die Schule 1997 oder 1998 beendet und dann noch für einige Zeit seinen Eltern auf der Farm geholfen. Dann sei er irgendwann zu seiner Schwester und deren Mann nach Lagos gegangen, das sei auch schon vor langer Zeit gewesen, er könne sich nicht mehr erinnern, wann er nach Lagos gegangen sei. Seine Ausreise habe er von Enugu aus angetreten, er sei zuerst nach Lagos und dann weiter in den Norden des Landes gegangen. Es sei vor langer Zeit gewesen. Nach Beendigung der Schule sei er vielleicht noch 1 bis zwei Jahre in Enugu geblieben, dann sei er auch ca. 1 bis zwei Jahre bei seiner Schwester gewesen, bevor er nach Libyen und weiter nach Europa gegangen sei. Auf Vorhalt, dass der Beschwerdeführer seinen Schilderungen zufolge dann bereits 2006/2007 nach Österreich hätte kommen müssen, gab er an, dass er nicht gut im Rechnen sei. In Enugu habe er Probleme mit der lokalen Regierung gehabt. Er habe Probleme gehabt, weil er Christ sei. Seine Probleme hätten in der Secondary School begonnen. Es habe dort gleichaltrige Burschen gegeben und sie hätten dort etwas Homosexuelles begonnen. Er habe männliche Freunde gehabt, dies sei aber in Nigeria verboten. Wegen dieser homosexueller Dinge hätte sie die lokale Regierung festnehmen wollen. Sie hätten nicht gewollt, dass sechs oder sieben junge Männer etwas Homosexuelles tun. Daher hätten sie sie festnehmen wollen. Sie seien eine Gruppe www.ris.bka.gv.at Seite 1 von 50 Bundesverwaltungsgericht 01.02.2018 von sieben oder acht Personen gewesen und einige seien verhaftet worden. Er habe aber großes Glück gehabt, weil er nicht anwesend gewesen sei, als die anderen Personen verhaftet worden seien. Wegen der Homosexualität hätten sie alle erwischen wollen. Er habe in der Nacht einen Bus zu seiner Schwester nach Lagos genommen. Er sei dann dort geblieben, bis er alle Vorbereitungen getroffen habe, um das Land zu verlassen. Wegen seiner Homosexualität sei er noch nie in Kontakt mit den Behörden oder der Polizei gekommen. Sie hätten ihn mit seiner Gruppe immer zusammen gesehen, deshalb hätten sie angenommen, dass sie Homosexuelle seien. Die lokale Gemeinschaft habe sie deshalb verhaften und zur Polizei bringen wollen. Der Vorfall sei gegen Ende der Secondary School gewesen und danach. Er könne das Jahr, in welchem seine Freunde verhaftet worden seien, nicht nennen, es sei aber an einem Abend um 5 oder 6 Uhr gewesen. Er können die Namen seiner verhafteten Freunde nicht nennen, weil er die Namen nicht kenne. In Österreich habe er einen Freund, es sei aber nicht gut, den Namen zu nennen. Er gehe manchmal mit seinem Freund in einen "Gay-Club" und in ein "Gay-Restaurant". Er wisse weder den Namen des Clubs noch des Restaurants. 3. Mit dem Bescheid vom 19.08.2017, Zl. 1085882908-151266702, wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) sowie hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Nigeria (Spruchpunkt II.) als unbegründet ab. Zugleich erteilte sie dem Beschwerdeführer keinen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung und stellte fest, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig ist (Spruchpunkt III.), sowie dass die Frist zur freiwilligen Ausreise 14 Tage beträgt (Spruchpunkt IV.). 4. Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer, vertreten durch den RA Edward Daigneault, rechtzeitig und zulässig Beschwerde erhoben und führte darin aus, dass dem Vorwurf der belangten Behörde, dass seine Angaben zu allgemein und vage seien, zu entgegnen sei, dass er sich wegen seiner Homosexualität sehr schäme. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde, sei seine Angst vor einer Verfolgung, Verhaftung oder Tötung durchaus real und berechtigt. Es sei ihm auch schwer gefallen, sich zu seiner Homosexualität zu äußern, weil er durch einen Mann und nicht durch eine Frau einvernommen worden sei. Es werde daher der Antrag gestellt, ihm den Status des Asylberechtigten, zumindest des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen und eine mündliche Beschwerdeverhandlung durch ein weiblich besetztes Gericht durchzuführen. 5. Am 24.11.2017 wurde die Beschwerde samt Akt dem BVwG zur Entscheidung übermittelt. 6. Am 23.01.2018 fand vor dem BVwG eine mündliche Verhandlung statt. II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: 1. Feststellungen: 1.1. Zur Person des Beschwerdeführers: Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, Staatsangehöriger von Nigeria und bekennt sich zum christlichen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Igbo an. Seine Identität steht nicht fest. Der Beschwerdeführer ist gesund und arbeitsfähig. Der Beschwerdeführerin reiste illegal aus Nigeria nach Österreich ein. Er hält sich seit (mindestens) 04.09.2015 in Österreich auf. Die Eltern des Beschwerdeführers sowie seine Schwester leben in Nigeria. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Österreich mit einem Mann eine Beziehung führt. Der Beschwerdeführer besuchte sechs Jahre lang die Grundschule und sechs Jahre die Mittelschule. Vor seiner Ausreise hat er auf der elterlichen Farm gearbeitet. In Österreich geht der Beschwerdeführer keiner regelmäßigen Beschäftigung. Er bezieht derzeit keine Leistungen aus der Grundversorgung. www.ris.bka.gv.at Seite 2 von 50 Bundesverwaltungsgericht 01.02.2018 Der Beschwerdeführer ist in Österreich nicht vorbestraft. Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf. So hat er keinen Deutschkurs besucht, ist in keinem Verein tätig und hat auch sonst keine besonderen sozialen Kontakte. 1.2. Zu den Fluchtmotiven des Beschwerdeführers: Dem Beschwerdeführer ist es nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass er homosexuell ist und deshalb aus Nigeria flüchten musste. Es kann daher nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Nigeria verlassen hat, weil er aufgrund ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wurde. Der Beschwerdeführer wird im Fall ihrer Rückkehr nach Nigeria nicht mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer asylrelevanten Verfolgung oder einer wie auch immer gearteten existentiellen Bedrohung ausgesetzt sein. 1.3. Zu den Feststellungen zur Lage in Nigeria: Hinsichtlich der aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers sind gegenüber den im angefochtenen Bescheid vom 19.08.2017 getroffenen Feststellungen keine entscheidungsmaßgeblichen Änderungen eingetreten. Im angefochtenen Bescheid wurde das aktuelle "Länderinformationsblatt der Staatendokumentation" zu Nigeria vollständig zitiert. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens ist auch keine Änderung bekannt geworden, sodass das Bundesverwaltungsgericht sich diesen Ausführungen vollinhaltlich anschließt und auch zu den seinen erhebt. 1. Neueste Ereignisse – Integrierte Kurzinformationen KI vom 8.5.2017: Boko Haram lässt 82 entführte Mädchen frei (betrifft: Abschnitt 3 / Sicherheitslage) Nach langen Verhandlungen mit der nigerianischen Regierung hat die Extremistengruppe Boko Haram 82 weitere der über 200 Mädchen freigelassen - im Austausch für einige von den Behörden festgehaltene Boko- Haram-Verdächtige (DS 6.5.2017; vgl. FAZ 6.5.2017). Die 82 freigelassenen Mädchen gehören zu den rund 270 meist christlichen Schülerinnen, die im April 2014 in der Stadt Chibok im Nordosten Nigerias in der Nacht entführt worden waren. Rund 50 der Mädchen konnten seinerzeit noch im Wirrwarr der Entführung fliehen. Nach bisherigen Erkenntnissen wurden die Mädchen gezwungen, zum Islam überzutreten und sie wurden mit Boko-Haram-Kämpfern verheiratet. Im Oktober 2016 wurden nach Verhandlungen 21 Mädchen freigelassen (DW 6.5.2017). Unterdessen fehlt von mehr als hundert der Chibok-Mädchen weiter jede Spur. Wie viele von ihnen noch am Leben sind, ist - nicht bekannt: Augenzeugenberichten zufolge kamen zumindest einige der Mädchen während ihrer Gefangenschaft ums Leben (DS 6.5.2017). Buharis Sprecher Femi Adesina machte keine Aussagen über die Zahl der freigelassenen Verdächtigen. Nach Informationen der Nachrichtenagentur