21. Jahrgang IGZ 2 VKZ 17248 DIE ALTERNATIVE 2016

Die Professionelle Zahnreinigung Von der Kuration zur Prävention in der Zahnmedizin Editorial: Die PZR ist ein zentraler Baustein Dr. Nadine Strafela-Bastendorf, zahnmedizinischer Prävention...... 3 Dr. Klaus-Dieter Bastendorf: Die Professionelle Zahnreinigung im Wandel der Zeit...... 20 Prof. Dr. Dietmar Oesterreich: Von der Kuration zur Prävention. Die Bedeutung der Prof. Dr. Georg Conrads: Professionellen Zahnreinigung...... 4 Die PZR der Zukunft - Chancen und Risiken, die Mundflora zu steuern ...... 22 Priv.-Doz. Dr. med. dent. A. Rainer Jordan, MSc: Früh einsetzende Prävention wirkt nachhaltig...... 8 Dirk Heidenblut: Die Professionelle Zahnreinigung: Ein Symbol für Prävention und Eigenverantwortung... 25 Prof. Dr. Carolina Ganß: Über den Weg von der kurativen zur präventiven Zahnheilkunde...... 10 Dr. Harald Terpe: Zahngesundheit stärken ...... 26 Dr. Wolfgang Eßer: Professionelle Zahnreinigung und Unterstützende Franz Knieps: Im Wandel der Zeit: Von der Kuration Parodontitistherapie aus vertragszahnärztlicher Sicht. . 13 zur Prävention ...... 28 Prof. Dr. Dr. h.c. Holger Jentsch: Die Rolle der PZR Uwe Laue: Prophylaxe hat für die Debeka einen bei der Parodontitisprävention und -therapie...... 18 hohen Stellenwert...... 30 Interessengemeinschaft Zahnärztlicher Verbände in Deutschland IGZ e.V. 160502-apo-AZ-T2-ZM-Altersvorsorge-210x297.indd 1 12.05.16 15:37 eD I tO rI a L |

Benn Roolf Die PZR ist ein zentraler Baustein zahnmedizinischer Prävention.

Liebe Leserinnen und Leser, das zwingend Kontrollgruppen fordert. Im Falle der Axelsson-Studie hätte das bedeutet, den Teilnehmern historisch gesehen ist es nicht lange her, da galten der Kontrollgruppe im Dienste der Evidenzbasierung die weitverbreitetsten Erkrankungen der Mundhöhle die Zähne weiter verfaulen zu lassen, um Evidenz für - Karies und Parodontitis - noch als mehr oder weni- den Nutzen der Prophylaxe zu generieren. Über die ger unaufhaltsame degenerative Leiden, die man mit ethischen Aspekte von Forschung wird leider kaum zunehmendem Alter eben in Kauf zu nehmen hatte. gesprochen, wenn heute von den Schreibtischen der Erst in den 1960er und frühen 1970er Jahren setzte Gesundheitsforschung aus immer mehr Evidenz für sich in der Zahnmedizin der Konsens durch, dass es (zahn)medizinische Behandlungen eingefordert wird. bakterielle Zahnbeläge sein mussten, die ursächlich Auch die Autoren der MDS*-Internetplattform www. für das Zustandekommen von Karies und Parodontitis igel-monitor.de hatten bei ihrer evidenzbasierten Be- verantwortlich waren. 1965 hatten Wissenschaftler im wertung der PZR (Nutzen „unklar“) diesen Umstand Benn Roolf Rahmen einer Studie1 gezeigt, dass Probanden, die auf ausgeblendet. Das ist insofern besonders ärgerlich, Chefredakteur jede Zahnreinigung verzichteten, innerhalb von drei da mit solcherart „Evidenzsynthesen“ ein zentraler Wochen Zahnbeläge und Zahnfl eischentzündungen Baustein zahnmedizinischer Prävention öffentlich- entwickelten. Als die Probanden wieder Zähne putz- keitswirksam diskreditiert wird. ten, ging die Zahnfl eischentzündung zurück. Die Axelsson-Studien haben einen Paradigmen- Da Karies und Parodontitis damals trotz häuslicher wechsel von der kurativen zur präventiv orientierten Mundhygiene in der Bevölkerung ein weitverbreite- Zahnmedizin eingeleitet. Die Strahlkraft der Arbei- tes Phänomen waren, lag der Gedanke nahe, zu prü- ten beruhte auch darauf, einen Weg aufzuzeigen, wie fen, ob nicht eine professionelle Hilfe, bestehend u.a. Prophylaxe nicht nur unter den „Laborbedingungen“ aus Instruktionen zur besseren häuslichen Mundhy- einer Studie, sondern konkret in der Zahnarztpra- giene und einer professionell ausgeführten gründli- xis umsetzbar ist. Axelsson und Lindhe hatten einen chen Zahnreinigung, in der Lage wäre, die Krank- strukturierten, in der Praxis gut umsetzbaren Pro- heitslast zu senken. Mit dieser Fragestellung starteten phylaxe-Ablaufplan entwickelt, der zum Vorbild für Anfang der 1970er Jahre die schwedischen Forscher die heutige PZR wurde. Die Botschaft an die Patien- Per Axelsson und Jan Lindhe ihre für die Zahnpro- ten hieß: Wer nicht erst dann in die Zahnarztpraxis phylaxe schließlich wegweisend gewordenen Studi- kommt, wenn der Zahn schmerzt, sondern regelmä- en. Bereits nach wenigen Jahren zeigte sich, dass ßig zur Prophylaxe/PZR geht, hat ein wesentlich ge- die Teilnehmer der Testgruppe von der professio- ringeres Karies- und Parodontitisrisiko. nellen Mundhygiene profi tierten und einen besseren Mundgesundheitszustand entwickelten als die Teil- Dass die PZR - trotz angeblich fehlender Evidenz - in nehmer der Kontrollgruppe, die keine professionel- der Praxis wirkt, zeigen die Daten der DMS V: Pati- le Hilfe erhielten. Nach sechs Jahren wurde schließ- enten mit regelmäßiger PZR sind mundgesünder als lich die Kontrollgruppe aus ethischen Erwägungen Patienten ohne PZR. Und auch der Paradigmenwech- heraus aufgelöst: Die Teilnehmer sollten nicht wei- sel von der kurativen zur präventiven Zahnmedizin ter auf die inzwischen erwiesenermaßen wirksamen funktioniert: Seit 1991 ist die Zahl der über die GKV Prophylaxemaßnahmen verzichten müssen. abgerechneten Extraktionen um 25% und die der Fül- lungen sogar um 41% zurückgegangen. Der kurative Die Aufl ösung der Kontrollgruppe führte übrigens u.a. Sektor ist geschrumpft. Dennoch bleibt noch viel zu dazu, dass die Axelsson-Studien aus der Perspektive tun, wie die inzwischen zwar reduzierte, aber immer der evidenzbasierten Medizin an Aussagekraft ver- noch hohe Krankheitslast bei der Parodontitis zeigt. * MDS: Medizinischer Dienst loren und in späteren Übersichtsarbeiten nicht be- Hierzu wird derzeit unter der Federführung der KZBV des Spitzenverbandes Bund rücksichtigt wurden. Goldstandard der evidenzbasier- ein umfassendes Versorgungskonzept erarbeitet. der Krankenkassen e.V. ten Medizin ist das sogenannte RCT-Studiendesign, Der MDS wird fi nanziert vom Spitzenverband der Gesetz- Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre 1 Harald Löe, Else Theilade and S. Börglum Jensen. Experimental in Man. Jour- lichen Krankenversicherung nal of May-June 1965, Vol. 36, No. 3: 177-187. Benn Roolf (GKV-SV).

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Dietmar Oesterreich Von der Kuration zur Prävention: Die Bedeutung der Professionel- len Zahnreinigung (PZR)

Der präventive Richtungswechsel im Rückblick litischen Entwicklungen untersucht und als sinnvoll Ende der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts stand bewertet2. Um die durch die Gesundheitspolitik ein- die bevölkerungsweit schlechte Mundgesundheitssi- geführten Maßnahmen zu Beginn der 1990er Jahre tuation in Deutschland im Zentrum des öffentlichen im Bereich der Gruppen- und Individualprophylaxe Interesses und der Gesundheitspolitik. Das 1987 (SGB V, §§ 21, 22) zu fördern und strukturiert umzu- veröffentlichte Sachverständigengutachten der kon- setzen, wurde zudem ein Handbuch für die prophy- zertierten Aktion im Gesundheitswesen erteilte der laktische Arbeit in Kindergärten und Schulen und der Mundgesundheit in Deutschland ein unerfreuliches Zahnarztpraxis entwickelt3. Gerade die Einführung der Zeugnis. Dabei wurden auch die hohen Ausgaben Individualprophylaxe für Kinder und Jugendliche in im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung das GKV-System beförderte den Paradigmenwechsel in ein kritisches Verhältnis zum Zustand der Mund- zur präventiven Zahnheilkunde in den zahnärztlichen Prof. Dr. Dietmar gesundheit gesetzt. Praxen. Zur Umsetzung wurde vom IDZ ein Curricu- Oesterreich lum entwickelt, welches gleichzeitig als Impulsgeber Vizepräsident der Diese Entwicklungen waren Ausgangspunkt für die für die zahnärztliche Fortbildung diente.4 Bundeszahnärztekammer Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und die Kassen- zahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV), die ent- Auch die im § 21 des SGB V verankerte Gruppenpro- sprechenden Fragestellungen detailliert wissen- phylaxe in Kindereinrichtungen und Schulen war ein schaftlich untersuchen zu lassen. Das Institut der Meilenstein für die Prävention und Gesundheitsförde- Deutschen Zahnärzte (IDZ) wurde beauftragt, eine rung zur mundgesundheitsbezogenen Bewusstseins- bevölkerungsrepräsentative, sozialepidemiologi- bildung in der Bevölkerung. Diese Aktivitäten mün- sche Studie durchzuführen. Bereits zu diesem Zeit- deten in das lebensbegleitende, oralprophylaktische punkt war beabsichtigt, diese Studien regelmäßig zu Betreuungskonzept „Prophylaxe ein Leben lang“, wel- wiederholen, um künftig Entwicklungstrends dar- ches die Zahnärzteschaft im Jahr 1995 vorlegte5. Hier stellen zu können. Die Ergebnisse der Ersten Deut- wurde sowohl zahnmedizinisches als auch pädago- schen Mundgesundheitsstudie für Westdeutschland gisch-psychologisches Fachwissen zusammengetragen, im Jahr 1989 und für Ostdeutschland im Jahr 1992 um eine moderne, zielgruppengerechte Oralpräventi- zeigten, dass sich die Mundgesundheit in Deutsch- on umzusetzen. Die Erziehung zur „oral health self- land im internationalen Vergleich nur im unteren care“ in Sinne einer Verhaltensprävention stand im Mittelfeld bewegte1. Länder, in denen Prävention in Mittelpunkt des Konzeptes. Gleichzeitig wurde auch der Zahnmedizin historisch gesehen schon längere die Vernetzung von Gruppen- und Individualprophy- Zeit installiert war, zeigten deutlich bessere Werte, laxe beleuchtet und damit der Verhältnisprävention insbesondere bei der Kohorte der 12-jährigen Kinder ein entsprechender Stellenwert zugeordnet. Schließ- und Jugendlichen. lich wurden auch die gesundheitspädagogischen und gesundheitspsychologischen Aspekte im Rahmen der Auf Grundlage dieser ernüchternden Ergebnisse wur- Mundgesundheitsberatung problematisiert. Dieses den nachfolgend aus dem Berufsstand - mit der wis- Konzept war die Grundlage für alle weiteren profes- senschaftlichen Begleitung durch das IDZ – aber auch sionspolitischen Initiativen der deutschen Zahnärz- aus der Politik heraus, zahlreiche Initiativen gestartet, teschaft. Unter Nutzung wissenschaftlicher Erkennt- die gesundheitsförderliche und präventive Ansätze in der Zahnheilkunde forcierten. So wurden beispiels- 2 IDZ (Hrsg.): Mundgesundheitsberatung in der Zahnarztpraxis. IDZ-Materialienreihe weise Bonussysteme parallel zu den gesundheitspo- Band 6, Institut der Deutschen Zahnärzte, Deutscher Ärzte-Verlag, Köln, 1990. 3 IDZ (Hrsg.): Gruppen- und Individualprophylaxe in der Zahnmedizin. IDZ-Materialien- reihe Band 13, Institut der Deutschen Zahnärzte, Deutscher Ärzte-Verlag, Köln, 1992. 4 IDZ (Hrsg.): Curriculum Individualprophylaxe in der Kassenzahnärztlichen Versorgung - 1 IDZ (Hrsg.): Mundgesundheitszustand und -verhalten in der BRD. IDZ-Survey 1989. eine Handreichung für Referenten zur Fortbildung von Zahnärzten, Zahnmedizinischen IDZ-Materialienreihe Bd. 11.1, Institut der Deutschen Zahnärzte, Deutscher Ärzte- Fachhelferinnen (ZMF) und Zahnarzthelferinnen, 1. Aufl age, IDZ-Sonderband, Köln Verlag, Köln, 1991. 1991 und 2. aktualisierte Aufl age 1993. IDZ (Hrsg.): Mundgesundheitszustand und -verhalten in Ostdeutschland. IDZ-Ergän- 5 IDZ (Hrsg.): Prophylaxe ein Leben lang. Ein lebensbegleitendes oralprophylaktisches zungssurvey 1992. Materialienreihe Bd. 11.3, Institut der Deutschen Zahnärzte, Betreuungskonzept. IDZ-Materialienreihe Band 16, Institut der Deutschen Zahnärzte, Deutscher Ärzte-Verlag, Köln, 1993. Deutscher Ärzte-Verlag, Köln, 1995.

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Die Professionelle Zahnreinigung gehört als präventive Basismaßnah- me zum A und O eines erfolgreichen Prophylaxe-Konzeptes für den er- wachsenen Patienten in der Praxis. Die PZR beinhaltet als Maßnahmen- bündel wesentliche individualprophylaktische Maßnahmen: neben der Entfernung von harten und weichen Ablagerungen aller klinisch erreich- baren Zahnoberfl ächen auch die Beratung, Unterweisung, Instruktion und Remotivation des Patienten zur häuslichen Mundhygiene. nisse über eine effektive Oralprophylaxe wurden so deutlich steigenden Bekanntheit der PZR in der Bevöl- die zahnärztlichen Praxen erfolgreich zu einem ech- kerung und zu einer zunehmenden Akzeptanz dieser ten Paradigmenwechsel von der kurativen zur prä- Maßnahmen in den Praxen. Der primäre Einsatzbe- ventiven Zahnmedizin motiviert. reich der PZR lag und liegt im Bereich der Sekundär- prävention, sowohl bei einem erhöhten Kariesrisiko Drei Buchstaben für eine erfolgreiche als auch bei parodontalen Erkrankungen. Gerade im Prävention: PZR Rahmen der Vor- und Nachbehandlung der Parodon- Da ein solches Präventionskonzept die enge fachliche titis ist sie ein fester Bestandteil des präventiven Ge- Zusammenarbeit des gesamten zahnärztlichen Be- samtkonzeptes der zahnärztlichen Praxis. handlungsteams erfordert, wurden durch die Zahn- ärztekammern parallel zu den präventionspolitischen Durch die breite Akzeptanz und Umsetzung des oral- Entwicklungen innovative, oralprophylaktische Auf- prophylaktischen Gesamtkonzeptes – einschließlich stiegsqualifi zierungen für die Mitarbeiterinnen und der PZR – in den Praxen, die gesetzgeberischen Schrit- Mitarbeiter entwickelt (Zahnmedizinische Fachas- te und die Umsetzung der Gruppen- und Individu- sistenten - ZMF, Zahnmedizinische Prophylaxeas- alprophylaxe, die hohe Verbreitung von fl uoridhalti- sistenten - ZMP). Die Professionelle Zahnreinigung, gen Zahnpasten und auch dem damit verbundenem die als Maßnahmenbündel neben der Entfernung wei- wachsenden Mundgesundheitsbewusstsein, zusam- cher und fester Zahnaufl agerungen auch die Politur men mit dem säkularen Trend zu einem gesellschaft- und Fluoridierung der Zahnoberfl ächen, eine Über- lichen Mehr an Körperhygiene in der deutschen Be- prüfung bzw. Objektivierung der häuslichen Mund- völkerung konnten über die nachfolgenden Jahre hygiene und des individuellen Erkrankungsrisikos, 1997 bis 2014 deutliche Mundgesundheitsgewinne entsprechende Mundhygieneinstruktionen und die dokumentiert werden, so mit der Fünften Deutschen Aufklärung über Erkrankungsursachen sowie mög- Mundgesundheitsstudie (DMS V).7 liche Folgen und Ernährungsberatung enthält, ge- hört als präventive Basismaßnahme zum A und O Im Ergebnis wurden auch die Vorteile der Vernetzung eines erfolgreichen Prophylaxe-Konzeptes für den von gruppen- und individualprophylaktischen Maß- erwachsenen Patienten in der Praxis. Die Bundes- nahmen deutlich. Gerade der deutliche Kariesrück- zahnärztekammer hat bereits im Jahr 2001 die in- Grafi k 1: 6 Sinkende Karieserfahrung haltliche Ausgestaltung der PZR beschrieben . We- 7 IDZ (Hrsg.): Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V). Institut der Deutschen bei jüngeren Senioren Zahnärzte, Deutscher Zahnärzte-Verlag, Köln, 2016. sentliche individualprophylaktische Maßnahmen, die (65-74-Jährige) eine PZR beinhaltet, sind neben der Entfernung von harten und weichen Ablagerungen aller klinisch er- reichbaren Zahnoberfl ächen auch die Beratung, Un- terweisung, Instruktion und Remotivation des Pati- enten zur häuslichen Mundhygiene und damit auch bedeutende Anteile von gesundheitspsychologischen Aspekten, die unter dem Begriff der „Sprechenden Zahnmedizin“ zur Verhaltensänderung des Patien- ten eingeführt sind.

Öffentlichkeitswirksame Maßnahmen der Bundes- zahnärztekammer führten über die Jahre zu einer

6 Ziller S., Oesterreich D.: Ein eff ektives Mundhygiene-Intensivprogramm, zm 91, 2001, 13: 1548-1550.

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blieb, dass Axelsson anfänglich mit Kontrollgruppen arbeitete, diese dann aber auflöste, als sich nach ei- Die PZR ist keine IGeL. Eines der wich- nigen Jahren die Überlegenheit des Prophylaxekon- tigsten Prophylaxeinstrumente der Zahn- zepts zeigte. Für ihn war es ethisch nicht mehr ver- tretbar, den Personen in der Kontrollgruppe eine medizin mit einem weit gespannten Wirk- zeitgemäße Prophylaxe vorzuenthalten! Axelssons potenzial kann nicht in einer Reihe mit wegweisende Studien, die bereits vor fast 40 Jahren die Grundlage für eine erfolgreiche präventive In- Reiseimpfungen, Sportchecks & Co auf- tervention im fachwissenschaftlichen Raum für die PZR gelegt haben, erfüllen nicht die starren Prinzi- gelistet werden. Dies werden wir auch zu- pien der evidenzbasierten Medizin, welche heute die künftig immer wieder richtig stellen. ausschließliche - und damit zweifelhafte - methodi- sche Grundlage darstellen, um die Nutzenbewertung von medizinischen Interventionen zu bestimmen. gang von über 80 Prozent innerhalb von 20 Jahren Gerade im Hinblick auf die überwältigenden Erfol- bei den 12-jährigen Kindern und Jugendlichen konnte ge, die die zahnärztliche Prävention, und als wich- die Effektivität dieser Maßnahmen belegen. tiger Bestandteil davon auch die PZR, vorzuweisen Mit der Novellierung der Gebührenordnung für Zahn- hat, müssen solche Methoden der Nutzenbewertung ärzte (GOZ) im Jahr 2012 wurde die PZR auch in den nachdenklich stimmen. Trotzdem sollte im Rahmen Leistungskatalog der privatzahnärztlichen Versor- von Forschungsaktivitäten der Stellenwert der PZR- gung überführt. Die in der Gebührendordnung ent- Intervention im Gesamtpaket der oralen Prävention haltene Leistungsbeschreibung entspricht jedoch noch stärker im Fokus stehen. nicht im vollen Umfang der dargestellten fachlichen Definition. Dieser Umstand hat u.a. zu der umstrit- Die PZR ist keine IGeL! tenen Nutzenbewertung der PZR des Medizinischen Als Individuelle Gesundheits-Leistungen werden ge- Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Kranken- meinhin Leistungen verstanden, die ergänzend zum kassen e.V. (MDS) auf der Internetplattform www. Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen igel-monitor.de im gleichen Jahr beigetragen. Das angeboten werden und vom Patienten selbst bezahlt namentlich nicht genannte Expertenteam des MDK werden müssen. Die Bandbreite reicht dabei von der hatte die nicht vollumfängliche Leistungsbeschrei- Ausstellung von Attesten, ergänzenden Ultraschall- bung der PZR aus der GOZ als Definitionsgrundla- untersuchungen in der Schwangerschaft bis hin zu ge verwendet und daraufhin den Nutzen der PZR für medizinisch durchaus ernstzunehmenden Früher- Erwachsene ohne Parodontitis als „unklar“ bewertet, kennungsuntersuchungen. In der medialen Öffent- Schäden durch die PZR seien allerdings nicht zu er- lichkeit sind IGeL oft negativ konnotiert und werden warten. Zur Begründung wurde angeführt, es sei kei- nicht selten als nutzlose Leistungen zur Umsatzstei- ne ausreichende Evidenz für den Nutzen der PZR in gerung in den Arztpraxen dargestellt. Mit der Inter- den vorliegenden wissenschaftlichen Arbeiten gefun- netplattform www.igel-monitor.de fördert der Spit- den worden. Studien, die hingegen die Wirksamkeit zenverband der GKVen eine solche Berichterstattung der PZR belegen, wie die von Axelsson und Lindhe8 - das mag unter dem Blickwinkel gesundheitspoliti- wurden dabei u.a. auf Grund eines fehlenden RCT- scher Interessenvertretung verständlich sein, würde Studien-Designs (fehlende Kontrollgruppe über die doch eine breite Palette sinnvoller IGeL bei den Pa- Grafik 2: Laufzeit von 30 Jahren) nicht einbezogen. Unerwähnt tienten die Frage aufwerfen, warum diese Leistun- Schwere Parodontalerkrankun- gen nicht im Leistungskatalog der gesetzlichen Kas- gen bei jüngeren Erwachsenen 8 Axelsson P., Lindhe J.: Effect of controlled procedures on caries and perio- sen enthalten sind. (35-44-Jährige) halbiert dontal disease in adults. Results after 6 years. J Clinical Periodontol 1981, 8: 239-248. In der Zahnmedizin ist die PZR ein zentraler - und erwiesenermaßen wirksamer –Prophylaxebaustein. Als Maßnahme zum Biofilmmanagement trägt sie zur Vermeidung und Therapie weitverbreiteter Krankhei- ten der Mundhöhle bei. Darüber hinaus zeigen wis- senschaftliche Arbeiten immer häufiger, dass orale Erkrankungen nicht nur lokal in der Mundhöhle wir- ken, sondern teils erheblichen Einfluss auf schwere Allgemeinerkrankungen haben. Die PZR ist damit keine IGeL. Eines der wichtigsten Prophylaxeinstrumente der Zahnmedizin mit einem weit gespannten Wirkpotenzial kann nicht in einer Reihe mit Reiseimpfungen, Sportchecks & Co aufge- listet werden. Dies werden wir auch zukünftig immer wieder richtig stellen.

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Die außerordentliche Dynamik bei den Prävalenzen der Parodontitis weist überdies darauf hin, dass auch bei dieser Erkrankung eine stär- kere als bisher vermutete Verhaltensabhängigkeit besteht. Verhaltens- beeinflussung durch Aufklärung, Motivation und gezielte Gesprächs- führung (Motivational Interviewing - MI) scheint nicht nur wirksam, sondern auch ein Mittel der Wahl zu sein, um zukünftig Mundgesund- heitsgewinne zu erreichen. Besonderer Schwerpunkt dabei ist auf Grund des unzureichenden parodontitisrelevanten Wissens in der Bevölkerung die Aufklärung über mögliche Krankheitsrisiken und das Krankheits- wissen. Auf Grund dieser Tatsache plant die BZÄK eine bevölkerungs- weite Kampagne, um diese Defizite zu beseitigen.

Professionelle und häusliche Prophylaxe vermutete Verhaltensabhängigkeit besteht. Verhal- gehören zusammen tensbeeinflussung durch Aufklärung, Motivation und Mit der jüngsten Publikation der Ergebnisse der gezielte Gesprächsführung (Motivational Interview- Fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie wurde ing - MI) scheint nicht nur wirksam, sondern auch die Verbesserung der Mundgesundheit im Hinblick ein Mittel der Wahl zu sein, um zukünftig Mundge- auf die Karies nicht nur für Kinder und Jugendli- sundheitsgewinne zu erreichen. Besonderer Schwer- che, sondern auch für Erwachsene, jüngere Senioren punkt dabei ist auf Grund des unzureichenden paro- und Senioren nochmals deutlich bestätigt. Erstmalig dontitisrelevanten Wissens in der Bevölkerung die konnte auch im Bereich der Parodontalerkrankungen Aufklärung über mögliche Krankheitsrisiken und ein deutlicher Rückgang der schweren Parodontitis das Krankheitswissen9. Auf Grund dieser Tatsache bei Erwachsenen und jüngeren Senioren beobachtet plant die BZÄK eine bevölkerungsweite Kampagne, werden. Gleichzeitig wuchs auch der Anteil der Pa- um diese Defizite zu beseitigen. Für eine erfolgreiche tienten ohne bzw. mit einer nur milden Parodonti- Umsetzung dieser Kampagne ist es allerdings genau- tis erheblich (s. Grafik 2). Ein statistischer Zusam- so wichtig, dass die zahnärztliche Praxis im Rahmen menhang zwischen der Durchführung einer PZR und der Früherkennung (Sekundärprävention) das Wis- dem Rückgang der Parodontalerkrankungen ist deut- sen rund um die Parodontalerkrankungen an ihre Grafik 3: lich erkennbar. Patienten offensiv kommuniziert. Dabei nimmt die Positive Entwicklungen bei der häuslichen Mundhygiene bei Professionelle Zahnreinigung auch auf Grund ihrer jüngeren Erwachsenen (35- bis Die sozialwissenschaftlichen Ergebnisse dieser Mund- gesundheitspsychologischen Dimension eine zen- 44-Jährige) und bei jüngeren gesundheitsstudie weisen darauf hin, dass die soge- trale Stellung ein. Senioren (65- bis 74-Jährige) nannte Selbstwirksamkeitsüberzeugung zur eigenen von 1997 bis 2014: mehr Be- Zahngesundheit über alle Altersgruppen hinweg hohe nutzung von Zahnseide, Zahn- 9 Deinzer R. et al.: Parodontitisrelevantes Wissen in der Bevölkerung der Bundesrepublik zwischenraumbürsten, Mund- Werte erreicht hat. Auch konnte ein deutlich positi- Deutschland. IDZ-Information Nr. 1/08, Institut der Deutschen Zahnärzte, Deutscher spüllösungen und elektrischen Zahnärzte-Verlag, Köln, 2008. ver Trend bei der häuslichen Mundhygiene im Ver- Zahnbürsten. gleich zu den Vorgängerstudien aus 1997 und 2005 beobachtet werden (s. Grafik 3).

Offensichtlich ist in der breiten Bevölkerung ver- ankert, dass man über Prävention und regelmäßige Inanspruchnahme der zahnärztlichen Kontrollun- tersuchung seine Mundgesundheit deutlich positiv beeinflussen kann. Jeder vierte jüngere Senior nutzt regelmäßig eine PZR und über 90 Prozent dieser Ko- horte gehen regelmäßig zur zahnärztlichen Kontroll- untersuchung.

Die außerordentliche Dynamik bei den Prävalen- zen der Parodontitis weist überdies darauf hin, dass auch bei dieser Erkrankung eine stärkere als bisher

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A. Rainer Jordan Früh einsetzende Prävention wirkt nachhaltig. Die Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V) zeigt die positiven Effekte der Präventionsorientierung.

Seitdem in den 1980er-Jahren in Deutschland die wird dieser Kariesrückgang durch weniger Zahnfül- Individual- und Gruppenprophylaxe eingeführt wor- lungen, mit denen in den vergangenen 17 Jahren den ist, hat sich der Mundgesundheitszustand in der durchschnittlich 3,1 weniger Zähne versorgt werden jungen Bevölkerung dramatisch verbessert. So be- mussten (4). Auch bei den Parodontalerkrankungen trug die Karieserfahrung bei den 13/14-Jährigen in ist eine erhebliche Morbiditätsdynamik feststellbar. Westdeutschland im Jahr 1989 noch 5,1 Zähne, ge- Der Anteil schwerer Parodontalerkrankungen hat sich messen am DMFT-Index (Anzahl der kariösen [De- seit 2005 von 17,4 % auf 8,2 % halbiert und der Anteil cayed], fehlenden [Missing] und gefüllten [Filled] jüngerer Erwachsener ohne Parodontitis oder mit le- Zähne [Teeth]); in der Hochrisikogruppe sogar 12,3 diglich milden Erkrankungsformen hat von 29,0 % auf Zähne. Der Anteil der kariesfreien Gebisse lag bei 48,4 % zugenommen (5). Auf der anderen Seite steigt 12,4 % (1). In der DMS IV von 2005 war die Karieser- der Behandlungsumfang bei Parodontalerkrankungen Priv.-Doz. Dr. med. dent. fahrung in dieser Altersgruppe auf unter einen Zahn kontinuierlich an. Auch anhand der zahnärztlichen A. Rainer Jordan, MSc. gesunken und der Anteil kariesfreier Gebisse bei den Versorgungsleistungen in der GKV (6) ist mittlerwei- Wissenschaftlicher Direktor des 12-Jährigen war auf rund 70 % gestiegen. Die Hoch- le erkennbar, dass der kariesbedingte Therapieauf- Instituts der Deutschen Zahn- ärzte (IDZ) risikogruppe hatte, gemessen am Signifi cant Caries wand in Form von Füllungen, Wurzelfüllungen und Index (SiC), durchschnittlich noch 2,1 Zähne mit ei- Zahnextraktionen rückläufi g ist (Abb. 1). ner Karieserfahrung (2). Die Fünfte Deutsche Mund- gesundheitsstudie (DMS V) zeigt jetzt noch einmal Die professionelle Präventionsausrichtung, bereits in weitere Verbesserungen bei der Mundgesundheit der der Kindheit gebahnt, hat offenbar eine nachhaltige Kinder: Durchschnittlich sind jetzt 81,3 % kariesfrei Wirkung, denn mehr als 70 % der jüngeren Erwachse- und die mittlere Karieserfahrung beträgt noch 0,5 nen gehen kontroll- und damit präventions orientiert Zähne. Auch in der Gruppe der Hochrisikokinder ist zum Zahnarzt. Gut jeder fünfte jüngere Erwachsene die Karieslast auf 1,4 Zähne gesunken (3). (21,8 %) nahm eine Professionelle Zahnreinigung innerhalb der vergangenen fünf Jahre regelmäßig Bei den jüngeren Erwachsenen (35- bis 44-Jährige) in Anspruch (7). Auch hinsichtlich der häuslichen konnte ein derartig nachhaltiger Trend des Karies- Mundhygiene sind gesundheitsfördernde Botschaf- rückgangs in Deutschland in den vergangenen Jahr- ten angekommen: 80 % in dieser Altersgruppe put- zehnten allerdings noch nicht festgestellt werden. zen sich zweimal täglich die Zähne. Dabei ist das per- Erst mit der DMS V wird erkennbar, dass die Prä- sönliche Vorsorgeverhalten statistisch signifi kant ventionsorientierung in der Zahnmedizin nun auch gekoppelt mit der eigenen Wirksamkeitserwartung bei den Erwachsenen wirksam wird. Das ist insofern dieser Maßnahmen. besonders interessant, als die jüngeren Erwachsenen die erste in einer Deutschen Mundgesundheitsstu- Gerade bei der regelmäßigen Inanspruchnahme der die untersuchte volljährige Altersgruppe ist, die in Professionellen Zahnreinigung als präventive Ge- ihrer Kindheit und während der Adoleszenz bereits sundheitsdienstleistung zeigen sich bei den zen- von der Individual- und Gruppenprophylaxe pro- tralen zahnmedizinischen Gesundheitskennzahlen fi tiert hat. Daher sollen die jüngeren Erwachsenen interessante Ergebnisse: Erwachsene, die regelmä- hier hinsichtlich Mundgesundheitsentwicklung und ßig innerhalb der vergangenen 5 Jahre eine Profes- persönlichem Mundgesundheitsverhalten näher be- sionelle Zahnreinigung erhalten haben, weisen eine trachtet werden. niedrigere Karieserfahrung von 10,7 Zähnen auf; in der Gruppe ohne regelmäßige PZR betrug die Karies- Die Karieserfahrung, also die Gesamtheit der durch erfahrung 11,4 Zähne (Tab. 1). Auch bei Parodontal- Karies oder Kariesfolgen (Füllungen oder andere Re- erkrankungen stellen sich diese Unterschiede dar: staurationen, Zahnverluste) betroffenen Zähne eines Der Anteil der Zahnfl ächen mit erhöhten parodonta- Gebisses, ist von 16,1 Zähnen im Jahr 1997 auf 11,2 len Sondierungstiefen ≥4 mm betrug bei regelmäßi- Zähne im Jahr 2014 gesunken. Maßgeblich bestimmt ger PZR 9,3 % und 14,0 %, wenn diese ausblieb. Ein

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ähnliches Bild ergibt sich beim Zahnfleischbluten Positive Effekte bei regelmäßiger Professioneller Zahnreinigung (BOP 20,2 % bei regelmäßiger PZR vs. BOP 29,3 % ohne regelmäßige PZR). regelmäßige PZR1 Ja Nein Insgesamt ist aus der aktuellen Fünften Deutschen Karieserfahrung (DMFT; MW) 10,7 11,4 Mundgesundheitsstudie erkennbar, dass eine im Lebensbogen früh einsetzende Präventionsorien- Zahnfleischblutung (BOP; %) 20,2 29,3 tierung günstige und nachhaltige Auswirkungen zu Parodontitis (Anteil Flächen mit ST ≥4 mm; %) 9,3 14,0 haben scheint – sowohl was das individuelle Mund- 1PZR mindestens 5-mal in den letzten 5 Jahren gesundheitsverhalten angeht als auch hinsichtlich Tab. 1: Karieserfahrung und Parodontalerkrankungen bei jüngeren Erwachsenen nach Inanspruchnahmeverhalten von des Mundgesundheitszustands selbst. Dies ist auch regelmäßiger Professioneller Zahnreinigung (PZR) in der DMS V

Erwachsene, die regelmäßig innerhalb der vergangenen 5 Jahre eine PZR erhalten haben, weisen eine niedrigere Karieserfahrung auf als diejeni- gen ohne regelmäßige PZR. Auch bei Parodontalerkrankungen stellen sich diese Unterschiede dar: Der Anteil der Zahnflächen mit erhöhten parodontalen Sondierungstiefen ≥4 mm betrug bei regelmäßiger PZR 9,3 % und 14,0 %, wenn diese ausblieb.

in anderen Untersuchungen bereits gezeigt worden: mentiert werden als in Deutschland. Bei den Erwach- Kinder mit frühkindlicher Karies im Milchgebiss ha- senen liegt Deutschland nunmehr im oberen Mittel- ben einen deutlich schlechteren Mundgesundheits- feld; im Jahr 2005 belegte Deutschland hier einen zustand des bleibenden Gebisses als Kinder, die ka- Platz im unteren Drittel. riesfrei aufwachsen (8). Der internationale Vergleich zeigt auch, dass es aktuell kein anderes Land gibt, aus Die in der DMS V dokumentierten oralen Gesund- dem für die 12-Jährigen bessere Karieswerte doku- heitsgewinne bedeuten auch, dass bereits jetzt die ehrgeizigen Mundgesundheitsziele, die die Bundes- zahnärztekammer für das Jahr 2020 definiert hat, Literatur für die besprochenen Altersgruppen erreicht sind. 1. Micheelis W, Bauch J. Mundgesundheitszustand und -verhalten in der Allerdings ist wissenschaftlich auch klar, dass sich Bundesrepublik Deutschland. Ergebnisse des nationalen IDZ-Survey 1989. Köln: Deutscher Ärzte-Verl.; 1991. Gesundheitsversorgung nicht auf Präventionserfol- 2. Micheelis W, Schiffner U. Vierte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS gen ausruhen darf: Wenn diese Maßnahmen zurück- IV). Neue Ergebnisse zu oralen Erkrankungsprävalenzen, Risikogruppen und gefahren werden, ist erneut eine Verschlechterung zum zahnärztlichen Versorgungsgrad in Deutschland 2005. Köln: Deutscher der Mundgesundheit zu erwarten, wie dies in einer Zahnärzte Verl.; 2005. Abb. 1: Füllungen, Extraktionen internationalen Studie bereits eindrucksvoll gezeigt 3. Schiffner U. Krankheits- und Versorgungsprävalenzen bei Kindern (12-Jäh- und Wurzelfüllungen je Mit- rige). Karies, Erosionen, Molaren-Inzisiven-Hypomineralisationen. In: Jordan worden ist (9). glied im Zeitverlauf in der GKV; AR, Micheelis W. Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V). Köln: Deut- Quelle: KZBV, Jahrbuch 2015 scher Zahnärzte Verl.; 2016. 4. Schiffner U. Krankheits- und Versorgungsprävalenzen bei Jüngeren Er- wachsenen (35- bis 44-Jährige). Karies und Erosionen. In: Jordan AR, Micheelis W. Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V). Köln: Deutscher Zahnärz- te Verl.; 2016. 5. Hoffmann T, Schützhold S. Krankheits- und Versorgungsprävalenzen bei Jüngeren Erwachsenen (35- bis 44-Jährige). Parodontalerkrankungen. In: Jor- dan AR, Micheelis W. Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V). Köln: Deutscher Zahnärzte Verl.; 2016. 6. Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung. Jahrbuch 2015. Statistische Ba- sisdaten zur vertragszahnärztlichen Versorgung. Köln: KZBV; 2015. 7. Jordan AR, Micheelis W,. Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie (DMS V). Köln: Deutscher Zahnärzte Verl.; 2016. 8. Jordan AR, Becker N, Jöhren H-P, Zimmer S. Early Childhood Caries and Ca- ries Experience in Permanent Dentition. Swiss Dental Journal. 2016;126:114-9. 9. Baca P, Junco P, Bravo M, Baca AP, Muñoz MJ. Caries incidence in perma- nent first molars after discontinuation of a school-based -thymol varnish program. Community Dent Oral Epidemiol. 2003 Jun;31:179-83.

IGZ Die Al t e r n a t i v e Nr. 2/2016 | 9 | Schwerpunktthema

Carolina Ganß “...er hat überhaupt nicht ge- bohrt.“ Über den Weg von der kurativen zur präventiven Zahnheilkunde

Wenn das Älterwerden einen Vorteil hat, dann den, wenn es nicht mehr anders ging. Immerhin kam der dass man Veränderungen in eigener Anschauung Schulzahnarzt und stellte Behandlungsbedarf fest, erlebt - und die Zahnmedizin hat sich in den letzten die Unterschrift meiner Eltern genügte jedoch, um Jahrzehnten in der Tat verändert. das Problem vom Tisch zu haben. Übrigens, es gab damals neben Colgate Fluor S noch Duro Alkohol Ich gehöre fast noch zu den Achtundsechzigern, bin Luxuszahncreme mit 35% Alkohol - weil Alkohol so also Anfang 1960 geboren. Zu der Zeit war das be- schön desinfi ziert. So war es nicht verwunderlich, rühmte Werk von Willoughby Dayton Miller „The dass ich schon als junger Teenager ziemlich viele Fül- Mic roorganisms of the Human Mouth“ schon gute lungen hatte. „Er hat überhaupt nicht gebohrt“, das 70 Jahre alt. Miller hat damals eine umfassende The- gab´s bei mir nie. orie zur Kariesentstehung vorgelegt und postuliert, Prof. Dr. Carolina Ganß, dass es die Mikroorganismen der Mundhöhle seien, Warum ich dann Zahnmedizin studierte, kann ich Präsidentin der Deutschen die Kohlenhydrate zu Säure verstoffwechselten, wel- bis heute nicht wirklich erklären, aber über die In- Gesellschaft für Präventivzahn- medizin (DGPZM) che schließlich zur Demineralisation der Zahnhart- halte des Studiums kann ich berichten. Wir lernten substanz führe. Es sollte aber noch einige Jahrzehn- erst Zahntechnik, dann Füllungstechnik und wie man te dauern, bis sich diese Theorie gegen viele andere Zähne ersetzt. Und da waren wir damals ziemlich gut, durchgesetzt hatte. Dazu haben die Tier- und Hu- ich traute meinen Kommilitonen und ließ mir schön manexperimente der 50er und 60er Jahre beigetra- geschnitzte Amalgamfüllungen und einige Teilkro- gen. Kite und Mitarbeiter beispielsweise haben fest- nen machen, die heute allesamt noch in situ sind. gestellt, dass Laborratten Karies entwickeln, wenn Damit will ich sagen: die technischen Aspekte wa- sie kariogenes Futter verzehren, nicht jedoch, wenn ren Gegenstand des studentischen Tuns, Zähne soll- Literatur dieselbe Nahrung über eine Magensonde verabreicht ten möglichst randspaltfrei und anatomisch korrekt 1. Axelsson P, Buischi YA, Bar- wird [Kite et al., 1950]. Umgekehrt zeigte der be- wiederhergestellt werden. Technisch hochstehende bosa MF, Karlsson R, Prado MC: rühmte Versuch von Orland und Mitarbeitern, dass Zahnheilkunde gab es, trotzdem war die Kariesprä- The eff ect of a new oral hygie- ne training program on appro- keimfrei aufgezogene Ratten im Gegensatz zu ihren valenz sehr hoch. Denn worum es zu dieser Zeit noch ximal caries in 12-15-year-old normal aufgewachsenen Kollegen keinerlei kariöse nicht so richtig ging, war die Frage, wie man oralen Brazilian children: results af- Läsionen entwickeln, auch wenn sie Zuckerwasser Erkrankungen vorbeugen kann. ter three years. Adv Dent Res erhielten [Orland et al., 1954]. Damit war der Nach- 1994;8:278-284. weis erbracht, dass Mikroorganismen und Substrat Als ich mit dem Studium fertig war, trat das Sozial- 2. Axelsson P, Lindhe J: Eff ect of controlled oral hygiene procedu- Bedingungen für die Kariesentstehung sind. Das war gesetzbuch V in Kraft, das als bundesweit einheitli- res on caries and periodontal di- noch vor meiner Zeit. ches Regelwerk die Organisation und Zuständigkeit sease in adults. J Clin Periodon- Als die Gruppe um Theilade und Löe dann 1965 und der gesetzlichen Krankenkassen sowie den Umfang tol 1978;5:133-151. 1970 die bekannten Publikationen „Experimental des Leistungsanspruchs der Versicherten regelt. Da- 3. Axelsson P, Lindhe J, Wäse- caries in man“ und „Experimental gingivits in man“ rin waren die Krankenkassen verpfl ichtet worden, by J: The eff ect of various plaque control measures on gingivi- veröffentlichten [Loe et al., 1965; Von der Fehr et al., Prophylaxemaßnahmen in Form von Gruppen- und tis and caries in schoolchildren. 1970], war ich schon auf der Welt. Individualpropylaxe in den Leistungskatalog aufzu- Community Dent Oral Epidemiol nehmen, ebenso war die Aufforderung enthalten, 1976;4:232-239. Warum erzähle ich das? Zu meiner Kindheit war der die Effekte dieser Maßnahmen zu evaluieren. Neu- 4. Axelsson P, Nyström B, Lind- Hintergrund der Kariesentstehung bereits im Wesent- es braucht Zeit, um sich durchzusetzen und zu wir- he J: The long-term eff ect of a plaque control program on tooth lichen bekannt. Bis es aber zu einer präventiv orien- ken. So blieb die Karieslast erst einmal hoch und ich mortality, caries and periodon- tierten Zahnmedizin, wie wir sie heute als selbstver- erinnere mich, dass es eine Sensation war, wenn ein tal disease in adults. Results af- ständlich empfi nden, kam, hat es noch ziemlich lange junger Erwachsener mit einem kariesfreien Gebiss zu ter 30 years of maintenance. J gedauert. In meiner Familie war Zähneputzen nicht uns in die Klinik kam (ich zeige heute noch das einge- Clin Periodontol 2004;31:749- scannte Dia von damals in der Vorlesung). 757. wirklich etablierter Bestandteil der täglichen Kör- perhygiene und Zahnarztbesuche fanden nur statt, Seither hat sich unglaublich viel getan. Das Wesentli-

10 | IGZ DIe Al t e r n A t I v e nr. 2/2016 Schwerpunktthema |

Es wäre wünschenswert, wenn die politischen und standespolitischen Debatten dazu führten, die entstandene Verwirrung um den Begriff der PZR aufzulösen. Der Terminus „Professionelle Zahnreinigung“ klingt missverständlich - eben weil er suggeriert, hier ginge es nur um ein professionelles Zähneputzen und nicht um das Maßnahmenbündel aus Belagsentfernung, Fluoridierung, Mundhygieneinstruktionen und Mo- tivation des Patienten. Vielleicht wäre es daher sinnvoll, auch in der öf- fentlichen Kommunikation den Begriff der PZR durch eine geeignetere Benennung, beispielsweise durch „Prophylaxesitzung“, zu ersetzen. che ist für mich dabei nicht, dass wir heute eine „wei- Inzwischen zeigen die epidemiologischen Untersu- 5. Hugoson A, Lundgren D, As- ße“ Zunft geworden sind, Komposite und Kerami- chungen einen ganz eindeutigen Kariesrückgang bei klöw B, Borgklint G: Effect of ken haben ja inzwischen die metallischen Werkstoffe Kindern und Jugendlichen (DMS IV, DMS V), aber three different dental health preventive programmes on weitgehend verdrängt. Wenn wir auch deutlich subs- auch bei Erwachsenen (DMS V) [Micheelis and Schiff- young adult individuals: a ran- tanzschonender arbeiten können, technisch wirklich ner, 2006; Jordan and Micheelis, 2016]. Wenn wir domized, blinded, parallel besser sind wir dadurch sicher nicht. Aber was ent- heute mit den Studierenden gegenseitige Befund- group, controlled evaluation scheidend ist: Krankheits- und Therapiemodelle gehen übungen machen, gibt es nicht mehr viel zu sehen, of oral hygiene behaviour on heute nicht mehr von einem technischen Verständnis denn viele sind kariesfrei. Diese Veränderung wird plaque and gingivitis. J Clin Pe- riodontol 2007;34:407-415. aus, sondern sind ökologisch/biologisch ausgerichtet. auch in der Praxis sichtbar, denn die Zahl von Fül- 6. Hussein RJ, Walter U, Das bedeutet konkret beispielsweise: Es geht heute lungen, Extraktionen und auch Wurzelkanalbehand- Schneller Th: Einstellung der nicht mehr darum, dass Zähne perfekt sauber sind, lungen geht kontinuierlich zurück (Kassenzahnärzt- Zahnärzte hinsichtilich Prä- sondern darum, wie ein pathogenes Keimspektrum liche Bundesvereinigung, Jahrbuch 2015). vention. Ergebnisse einer hin zu einem nicht-pathogenen Keimspektrum ver- postalischen Befragung nie- dergelassener Zahnärzte in ändert werden kann. Dieser Wandel der Theoriekon- Wenn wir nach den Ursachen dieser Entwicklung Niedersachsen und Bremen strukte ist es, der zu den neuen praktischen Ansät- suchen, kommt ein ganzes Bündel präventiver Maß- in 2009. Dtsch Zahnärztl Z zen geführt hat. Und die präventivzahnmedizinische nahmen in Frage: Dass die häusliche Mundhygiene 2014;69:90-96. Ausrichtung wird jetzt auch im universitären Kurri- von grundlegender Bedeutung ist, ist unumstritten. 7. Jordan AR, Micheelis W: kulum festgeschrieben - dazu sei auf den Nationalen Wissenschaftlich vielfach und substanziell belegt ist, Fünfte Deutsche Mundgesund- heitsstudie. Köln, Deutscher Lernzielkatalog Zahnmedizin ebenso wie auf den ak- dass Fluoride erheblich zur Kariesprävention beitra- Zahnärzteverlag DÄV, 2016. tuell neuen Entwurf zur Approbationsordnung ver- gen (z.B. [Walsh et al., 2010; Marinho et al., 2016; 8. Kite OW, Shaw JH, Sognnaes wiesen. Für deren wirkungsvolle Umsetzung braucht Marinho et al., 2015]). RF: The prevention of experi- es jetzt aber auch entsprechende finanzielle und per- mental tooth decay by tube- sonelle Ressourcen. Welchen Beitrag die Professionelle Zahnreinigung feeding. J Nutr 1950;42:89-105. 9. Loe H, Theilade E, Jensen SB: (PZR) zur allgemein verbesserten Mundgesundheit Experimental gingivitis in man. Präventivzahnmedizin ist auch in der Praxis ange- liefert, darüber wird seit der MDK-Nutzenbewertung J Periodontol 1965;36:177-187. kommen. Niedergelassene Kollegen können sich eine aus dem Jahre 2012 heftig debattiert - der MDK hatte 10. Marinho VC, Chong LY, Praxis ohne Präventionsangebot heute nicht mehr den Nutzen der PZR bei Erwachsenen ohne Parodon- Worthington HV, Walsh T: Flu- vorstellen - das ergab eine 2009 durchgeführte Be- titis als „unklar“ bewertet. Dabei spielte zweifelsoh- oride mouthrinses for pre- venting dental caries in child- fragung bei Zahnärzten in Niedersachsen und Bre- ne eine Rolle, dass der Effekt von Mundhygienemaß- ren and adolescents. Cochrane men [Hussein et al., 2014]. Und die Patienten neh- nahmen und -instruktionen auf die Mundgesundheit Database Syst Rev 2016;doi: men die Möglichkeiten zur Vorsorge immer besser bislang wissenschaftlich weit weniger gut untersucht 10.1002/14651858.CD002284. an. So hat sich die Inanspruchnahme individualpro- ist. Die Arbeiten von Axelsson und Mitarbeiter [Axels- pub2.. phylaktischer Leistungen (IP) von etwa 7% aller Be- son et al., 1976; Axelsson and Lindhe, 1978; Axelsson 11. Marinho VC, Worthington HW, Walsh T, Chong LY: Fluoride rechtigten im Jahre 1991 auf fast 50% im Jahre 2014 et al., 1994; Axelsson et al., 2004], die unter ande- gels for preventing dental cari- versiebenfacht (Kassenzahnärztliche Bundesverei- rem die Ergebnisse aus 30 Jahren Prävention in der es in children and adolescents. nigung, Jahrbuch 2015). Der Betreuungsgrad in der zahnärztlichen Praxis präsentieren [Axelsson et al., Cochrane Database Syst Rev Gruppenprophylaxe liegt heute bei Kindergärten und 2004] zeigen aber, dass regelmäßige Mundhygiene- 2015;doi: 10.1002/14651858. Grundschulen deutlich über 70% (Deutsche Arbeits- instruktionen, wie sie in Prophylaxesitzungen in der CD002280.pub2. gemeinschaft Jugendzahnpflege, Dokumentation der Zahnarztpraxis gegeben werden, einen präventiven Maßnahmen in der Gruppenprophylaxe). Effekt haben können. Das Programm begann Anfang

IGZ Die Al t e r n a t i v e Nr. 2/2016 | 11 | Schwerpunktthema

Der Wandel hin zu präventionsorientierten Verfahren hat deutliche Erfolge gezeigt. Wir sind jedoch noch lange nicht am Ende des Weges angelangt. Noch gibt es Gruppen, die von den positiven Entwicklungen wenig profitieren - genannt seien beispielsweise Kleinkinder, behinder- te Personen, ältere, speziell pflegebedürftige Personen oder die große Gruppe der Personen mit Migrationshintergrund.

12. Micheelis W, Schiffner U: der 70er Jahre [Axelsson and Lindhe, 1978] und um- klingt missverständlich - eben weil er suggeriert, hier Vierte Deutsche Mundgesund- fasste 324 Patienten in der Test- und 156 Patienten in ginge es nur um ein professionelles Zähneputzen heitsstudie (DMS IV). Köln, der Kontrollgruppe. Nach Anfangsuntersuchung und und nicht um das Maßnahmenbündel aus Belags- Deutscher Zahnärzte Ver- lag, 2006. Sanierung von Karies und defekten Füllungen absol- entfernung, Fluoridierung, Mundhygieneinstrukti- 13. Needleman I, Nibali L, Di vierten die Patienten der Testgruppe über zwei Jahre onen und Motivation des Patienten. Vielleicht wäre Iorio A: Professional mechani- alle zwei Monate sowie im dritten Jahr alle drei Mo- es daher sinnvoll, auch in der öffentlichen Kommu- cal plaque removal for preven- nate eine Prophylaxesitzung, in der Plaque nach An- nikation den Begriff der PZR durch eine geeignete- tion of periodontal diseases färben demonstriert und Bass-Technik sowie Inter- re Benennung, beispielsweise durch „Prophylaxesit- in adults--systematic review update. J Clin Periodontol dentalraumhygiene mit Zahnseide oder Zahnhölzern zung“, zu ersetzen. 2015;42:S12-S35. vermittelt und geübt wurde. Abschließend wurde je- 14. Orland FJ, Blayney JR, Har- weils eine umfangreiche Belagsentfernung durchge- Wenn ich nun meine Erfahrungen der letzten drei rison RW, Reyniers JA, Trexeler führt. Nach drei Jahren zeigte sich, dass die Patien- Jahrzehnte zusammenfasse, ist klar, dass der rein PC, Wagner M, Gordon HA, Lu- ten der Testgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe restaurative, technikorientierte Ansatz der früheren ckey TD: Use of the germfree animal technic in the study of ohne Prophylaxesitzungen deutlich weniger Plaque Jahre ein ungeeignetes Instrument zur Behandlung experimental dental caries. I. und Gingivitis und nahezu keine Karies entwickelt hat- der plaqueassozierten Erkrankungen Karies und Pa- Basic observations on rats rea- ten. Nach weiteren drei Jahren wurden die Abstän- rodontitis ist. Der Wandel hin zu präventionsorien- red free of all microorganisms. J de der Sitzungen risikoorientiert modifiziert (1mal tierten Verfahren hat dagegen deutliche Erfolge ge- Dent Res 1954;33:147-174. pro Jahr, 2mal pro Jahr oder 4mal pro Jahr). Nach zeigt. Wir sind jedoch noch lange nicht am Ende des 15. Von der Fehr FR, Löe H, Theilade E: Experimental caries 30 Jahren hatten die Testpatienten (inzwischen 51- Weges angelangt. Noch gibt es Gruppen, die von den in man. Caries Res 1970;4:131- 65 Jahre alt) deutlich mehr eigene Zähne, mehr un- positiven Entwicklungen wenig profitieren - genannt 148. behandelte und gesunde Zahnflächen, einen deutlich seien beispielsweise Kleinkinder, behinderte Perso- 16. Walsh T, Worthington HV, niedrigeren CPITN und deutlich weniger Plaque als nen, ältere, speziell pflegebedürftige Personen oder Glenny AM, Applebe P, Ma- ihre Altersgenossen zu Beginn des Prophylaxepro- die große Gruppe der Personen mit Migrationshinter- rinho VC, Shi X: Fluoride too- thpastes of different con- gramms. Kritisch anmerken muss man dazu, dass grund, die nicht in Deutschland aufgewachsen sind. centrations for preventing die Studien aus heutiger Sicht einige methodische Aber auch die präventiven Verfahren sind noch nicht dental caries in children and Schwächen haben. Die Erfolge von Mundhygienein- optimal - wir wissen beispielsweise noch nicht genug adolescents. Cochrane Data- struktionen bei Erwachsenen konnten aber auch in darüber, wie wir individualisiert und nachhaltig zu base Syst Rev 2010;20:doi: einer gut durchgeführten Studie von Hugoson und gesundheitsförderndem Verhalten motivieren kön- 10.1002/14651858.CD007868. pub2. Mitarbeitern [Hugoson et al., 2007] gezeigt werden nen oder wie wir erreichen können, dass motivierte - ähnlich ist der Befund aus einer aktuellen systema- Patienten ihr Bemühen um gute Mundhygiene auch tischen Übersichtsarbeit von Needleman und Mitar- in effektives Tun umsetzen können. Dazu braucht es beitern [Needleman et al., 2015]. Insgesamt zeigt die neue Forschungsansätze, aber auch deutliche und Literatur ganz klar, dass das umfassende Maßnah- umfassende Aktivitäten der Gesundheitspolitik zur menbündel einer Prophylaxesitzung, das gemeinhin Stärkung der Präventivzahnmedizin bis hin zu Ver- heute auch in der Praxis unter der PZR verstanden änderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen wird, insbesondere inklusive einer Motivation und zugunsten der oben erwähnten Gruppen. Es gibt also Instruktion des Patienten zur Mundhygiene, erfolg- noch viel zu tun. Aber die Erfolge, die jetzt deutlich reich ist. Was sich aber aus den Studien nicht ablei- sichtbar werden, zeigen, dass wir auf dem richtigen ten lässt, ist der Nutzen einer auf die Belagsentfer- Weg sind und dass es sich unbedingt lohnt, daran zu nung konzentrierten „PZRlight“. arbeiten, Krankheiten künftig vermeiden zu können anstatt sie behandeln zu müssen. Es wäre wünschenswert, wenn die politischen und standespolitischen Debatten dazu führten, die ent- standene Verwirrung um den Begriff der PZR aufzu- lösen. Der Terminus „Professionelle Zahnreinigung“

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Wolfgang Eßer Professionelle Zahnreinigung und Unterstützende Parodon- titistherapie aus vertragszahn- ärztlicher Sicht

Einleitung tion der Patienten, die regelmäßige Verlaufskontrolle Parodontale Erkrankungen sind heutzutage nach wie im Sinne einer qualitätsgesicherten Evaluation, sowie vor der Hauptgrund für den Verlust von Zähnen bei ein strukturiertes Nachsorgeprogramm im Sinne der Erwachsenen. Nach den aktuellen Zahlen der Deut- unterstützenden Parodontitistherapie (UPT). schen Mundgesundheitsstudie (DMS V) ist jeder zweite jüngere Erwachsene (52 Prozent) von einer parodon- Die KZBV hat bereits im Jahr 2014 begonnen, zu- talen Erkrankung betroffen, davon weisen 43,4 Pro- sammen mit der Deutschen Gesellschaft für Paro- zent eine moderate Parodontitis auf und rund jeder dontologie (DG Paro) und unter Beteiligung der Zehnte leidet an einer schweren Parodontitis. In hö- Bundeszahnärztekammer (BZÄK) die bisher in der heren Altersgruppen verstärkt sich dieser Trend noch. Behandlungsrichtlinie des G-BA und im BEMA ab- Die Bedeutung parodontaler Erkrankungen, ihre Zu- gebildete PAR-Therapiestrecke zu hinterfragen und sammenhänge mit schweren allgemeinen Erkrankun- insbesondere die mögliche Einbindung dringend er- Dr. Wolfgang Eßer gen wie beispielsweise Diabetes, Pneumonien, Herz- forderlicher Präventionskonzepte einschließlich der Vorsitzender des Vorstandes Kreislauferkrankungen und mit Frühgeburten wird unterstützenden Parodontitistherapie in den GKV- der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung in der Bevölkerung völlig unterschätzt. Im Bewusst- Leistungskatalog zu prüfen. Die Expertenrunde hat sein der Menschen handelt es sich fälschlicher Weise die Problemfelder der derzeitigen Regelungen und noch immer um eine Bagatellerkrankung. Richtlinien der vertragszahnärztlichen Versorgung identifi ziert und erstellt momentan unter Federfüh- Hinzu kommt, dass der Leistungskatalog der Gesetz- rung der KZBV ein umfassendes Versorgungskonzept lichen Krankenversicherung (GKV) im Hinblick auf zur Parodontitistherapie in der GKV. Prävention und Nachsorge von parodontalen Erkran- kungen unvollständig und veraltet ist. Er entspricht Präventionserfolge nicht mehr dem Stand der wissenschaftlichen Erkennt- Die Mundgesundheit in Deutschland konnte durch nisse. Bei der aktuell in den Verträgen abgebildeten konsequente Prävention in den letzten 20 Jahren er- Parodontitistherapie fehlen wichtige Eckpfeiler für heblich verbessert werden. Insbesondere in der Ka- ein modernes und dauerhaft Erfolg versprechendes riologie haben wir beeindruckende Erfolge erzielt Behandlungskonzept. Ohne diese wird es auf Dauer und stehen international an der Spitze. Die aktuell aber keine Erfolge bei der Bekämpfung der „stillen“ vorgelegten Daten der Fünften Deutschen Mundge- Volkskrankheit Parodontitis geben. sundheitsstudie (DMS V) zeigen dies eindrucksvoll. Waren zum Beispiel im Jahr 1997 lediglich 41,8 Pro- Es stellt sich die Frage, wie zwischen dem aktuellen zent der 12-Jährigen kariesfrei, sind es heute ganze Wissen und den verbindlichen Richtlinien für die ver- 81 Prozent. Das ist ein großer Erfolg, der zweifelsoh- tragszahnärztliche Versorgung ein Gleichklang her- ne auch auf die fl ächendeckende Gruppen- und Indi- gestellt werden kann. Die derzeitige Situation ist da- vidualprophylaxe zurückzuführen ist. Bei den jungen bei alles andere als befriedigend, weder für Patienten, Erwachsenen hat sich die Wurzelkaries in den Jahren noch für die Zahnärzteschaft, noch für die Wissen- 1997 bis 2014 halbiert. Diese positive Entwicklung schaft. Benötigt wird folglich ein neues, ein moder- wurde auch durch die kontinuierliche Verbesserung nes Versorgungskonzept im Bereich der Parodonti- des Mundhygieneverhaltens erreicht. Im Bereich der tistherapie auf der Höhe der Zeit. Parodontitis liegt im Gegensatz zur Karies der Turn- around zur präventionsorientierten Zahnheilkunde Wesentliche Bausteine einer präventionsbasierten noch vor uns. Versorgungsstrecke fehlen derzeit noch. Hierzu zäh- len unter anderem die Möglichkeit des Zahnarztes zur individuellen Aufklärung, Motivation und Remotiva-

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Rolle der PZR in Anspruch genommenen PZR weisen zudem weni- Die Professionelle Zahnreinigung (PZR) ist wesent- ger Zahnflächen mit Sondierungstiefen >= 4 mm bzw. licher Bestandteil eines präventionsorientierten Ge- Attachmentlevel >= 3 mm auf (9,3 % vs. 14,0 % bzw. samtkonzepts zur Vermeidung und Therapie von Er- 39,0 % vs. 44,8 %) (Jordan 2016). krankungen des Zahn-, Mund- und Kieferbereichs. Die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) beschreibt Bei den jüngeren Senioren stellen sich die Unterschie- die Leistung der GOZ-Nr. 1040 wie folgt: „Die Leis- de noch deutlicher dar: Die Karieserfahrung in die- tung umfasst das Entfernen der supragingivalen/gin- ser Altersgruppe mit regelmäßiger PZR liegt bei 15,5 givalen Beläge auf Zahn- und Wurzeloberflächen ein- Zähnen, während sie in der Gruppe ohne diese Maß-

Die PZR als primär-präventive Maßnahme in der zeitlichen Verlänge- rung der Individualprophylaxe für Kinder und Jugendliche zeigt nach der aktuellen DMS V ihre Effektivität: Jüngere Erwachsene, die regel- mäßig eine Professionelle Zahnreinigung in Anspruch nehmen, zeigen weniger Karieserfahrung und bessere parodontale Zustände.

schließlich Reinigung der Zahnzwischenräume, das nahme bei 18,4 Zähnen liegt. Der Unterschied fällt bei Entfernen des Biofilms, die Oberflächenpolitur und der Anzahl fehlender Zähne ganz besonders deutlich geeignete Fluoridierungsmaßnahmen, je Zahn oder aus: 6,9 fehlende Zähne vs. 12,4. Jüngere Senioren Implantat oder Brückenglied.“ mit einer regelmäßig in Anspruch genommenen PZR Wie man der Leistungsbeschreibung schon entneh- wiesen deutlich niedrigere Werte für Zahnfleischent- men kann, ist die Professionelle Zahnreinigung eine zündungen auf (25,1 % vs. 41,9 %) als jüngere Senio- Präventivmaßnahme, die sowohl eine kariespräven- ren ohne PZR-Inanspruchnahme. Auch der Anteil der tive als auch eine gingivitis- bzw. parodontitspräven- Zahnflächen mit Sondierungstiefen >= 4 mm bzw. At- tive Zielrichtung besitzt. Sie ist keine Maßnahme der tachmentlevel >= 3 mm fiel bei den Studienteilneh- Parodontitistherapie. Und weil die PZR im Sinne der mern mit regelmäßiger PZR geringer aus (20,4 % vs. GOZ-Leistungsbeschreibung keine Therapieleistung 28,2 bzw. 67,0 % vs. 71,2 %) (Jordan 2016). ist, haben Versicherte der GKV auch bei Vorliegen einer Parodontitis keinen Anspruch auf Durchfüh- Ambivalenz der Krankenkassen Literaturverzeichnis: rung einer Professionellen Zahnreinigung zu Lasten Die Professionelle Zahnreinigung ist eine wissen- Costa FO, Lages EJ, Cota LO, Lor- der GKV (LSG-BW 2015). Auch in dem Konsensus- schaftlich anerkannte, hochwirksame Präventions- entz TC et al.: 5-year prospecti- bericht des Präventionsworkshops der Europäischen leistung. Dem entgegen steht die Bewertung der PZR ve study. J Periodontal Res, 2014, 49:121-128. Föderation für Parodontologie steht ausdrücklich der durch die Krankenkassen. Diese ist ambivalent. Wäh- Satz: „Eine professionelle mechanische Plaqueentfer- rend der Medizinische Dienst des GKV-Spitzenver- Demetriou N, Tsami-Pandi A, Pa- rashis A: Compliance with sup- nung als alleinige Therapie für Parodontitis ist unan- bandes (MDS) den Nutzen der PZR anzweifelt, über- portive periodontal treatment in gemessen.“ (Tonetti 2015). nehmen viele Gesetzliche Krankenversicherungen private periodontal practice. A einen Teil der Kosten für die Professionelle Zahn- 14-year retrospective study. J Pe- Die PZR als primär-präventive Maßnahme in der reinigung (KZBV 2016). riodontol, 1995, 66:145-149 zeitlichen Verlängerung der Individualprophylaxe Demirel K, Efeodlu A: Retrospec- für Kinder und Jugendliche zeigt nach der aktuellen Die KZBV hat die Angebotsvielfalt bei der PZR zum tive evaluation of patient compli- DMS V ihre Effektivität: Jüngere Erwachsene, die re- Anlass genommen und eine Umfrage bei allen 124 ance with supportive periodontal treatment. The Journal of Nihon gelmäßig eine Professionelle Zahnreinigung in An- vom GKV-Spitzenverband im April 2015 gelisteten University School of Dentistry, spruch nehmen, zeigen weniger Karieserfahrung und gesetzlichen Krankenkassen durchgeführt. Immer- 1995, 37:131-137 bessere parodontale Zustände. Die Karieserfahrung, hin 61 Kassen beteiligten sich an der Umfrage. Ge- Eickholz P, Kaltschmitt J, Berbig J also die Gesamtheit der durch Karies oder Kariesfol- fragt wurde, wie sich die konkrete Leistung der je- et al.: Tooth loss alter active pe- gen (Füllungen oder andere Restaurationen, Zahn- weiligen Kasse im Zusammenhang mit einer PZR riodontal therapy. 1. Patient-re- verluste) betroffenen Zähne eines Gebisses, liegt in gestaltet, ob es Absprachen mit Kassenzahnärztli- lated factors for risk, prognosis, dieser Altersgruppe bei regelmäßiger PZR bei 10,7 chen Vereinigungen (KZV) gibt und ob der Zahnarzt and quality of outcome. J Clin Pe- riodontol, 2008, 35:165-174 Zähnen, während sie in der Gruppe von Personen, die frei nach der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) keine regelmäßige PZR in Anspruch nehmen, bei 11,4 abrechnen kann. Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen (Gesund- Zähnen liegt. Der Anteil der Zahnfleischentzündun- heits-Reformgesetz - GRG) vom gen liegt in dieser Gruppe um rund 9 Prozentpunkte Etliche der durch die KZBV befragten Kassen ge- 20.12.1988 niedriger. Jüngere Erwachsene mit einer regelmäßig währen ihren Versicherten einen Zuschuss zur PZR

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pro Jahr oder pro Termin. Einige Kostenträger bie- die eigene Zahngesundheit nehmen. Hierzu ist es er- ten Vergünstigungen jedoch nur in Zusammenarbeit forderlich, intensiv mit dem Patienten zu kommuni- mit ausgewählten Zahnärztinnen und Zahnärzten an. zieren und individuell Präventions- und Therapieziele Versicherte können diese Angebote also häufig nicht festzulegen. Diese Sprechende Zahnmedizin ist heute beim Zahnarzt ihrer Wahl in Anspruch nehmen. Da- im Leistungskatalog der GKV nicht adäquat abgebil- für sind in diesen Fällen oft aber ein bis zwei Zahn- det. Es fehlt das „Ärztliche Gespräch“ als gesonderte reinigungen kostenfrei. Manche Kassen bieten ihren Leistungsposition. Versicherten bei der PZR wahlweise beide Zuschuss- Das Ärztliche Gespräch besteht immer aus der Infor- varianten an. mation über den Befund und die Diagnose und die

Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen sind in Deutschland oralpro- phylaktische Maßnahmen nach dem 18. Lebensjahr zu Recht in die Eigenverantwortung der Patienten gestellt (§ 22 SGB V). [...] Und die Patienten wissen das: Eigenverantwortung ist für gesunde Zähne un- verzichtbar.

Eigenverantwortung ist Aufgabe der Patienten Bedeutung des Gesamten. Dann kommen selbstver- Aufgrund gesetzlicher Bestimmungen sind in Deutsch- ständlich die Information über die Therapie, die da- land oralprophylaktische Maßnahmen nach dem 18. mit gegebenenfalls im Zusammenhang stehenden Lebensjahr aber zu Recht in die Eigenverantwortung Kosten und letztendlich insbesondere die Einschät- der Patienten gestellt (§ 22 SGB V). Das Prinzip heißt: zung der Compliance des Patienten, seiner Mitar- Jeder erwachsene Versicherte, nachdem er bis zum beit, denn auch das wird zukünftig teilweise mit IQWiG. Institut für Qualität und 18. Lebensjahr alle Möglichkeiten gehabt hat, Indi- ausschlaggebend dafür sein, wie die einzelnen The- Wirtschaftlichkeit im Gesund- vidualprophylaxe zu lernen, für seine Mundgesund- rapieschritte festgelegt werden können und welche heitswesen: Auftrag N15-01, heit zu sorgen, zu verstehen, wie die Zusammenhän- Therapiemaßnahmen überhaupt mit dem Patienten Systematische Behandlung von Parodontopatihen, Berichtsplan ge sind, muss ab dann in Eigenverantwortung alles durchgeführt werden. 1.0, Stand: 08.03.2016. htt- Erdenkliche tun, um für die Gesundheit, auch für ps://www.iqwig.de/de/projek- seine Mundgesundheit, zu sorgen. Es gilt auch der Unterstützende Parodontitistherapie (UPT) te-ergebnisse/projekte/nicht- Grundsatz, dass nicht alles, was medizinisch sinn- Das Ärztliche Gespräch ist ein fehlender Bestandteil medikamentoese-verfahren/ voll ist, auch der Leistungspflicht der gesetzlichen einer modernen PAR-Versorgungsstrecke. Ein ande- n15-01-bewertung-der-syste- matischen-behandlung-von- Krankenversicherung unterfällt (§ 2 SGB V). Denn rer wesentlicher Baustein einer am Stand der Wis- parodontopathien.6629.html. die GKV stellt dem Versicherten Leistungen nur nach senschaft ausgerichteten Parodontitistherapie ist die Letzter Zugriff 30.11.2016 Maßgabe eines allgemeinen Leistungskatalogs unter Unterstützende Parodontitistherapie, die UPT. Um König.l, Plagmann H-C, Lan- Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots zur Verfü- den Behandlungserfolg nach der aktiven Phase der genfeld N, Kocher T: Retrospec- gung (§ 12 SGB V). Behandlung einer chronischen Erkrankung zu stabi- tive comparison of clinical va- lisieren, ist sowohl nach ausschließlicher antiinfek- riables between compliant and Und die Patienten wissen das: Eigenverantwortung tiöser Therapie (AIT) im geschlossenen Vorgehen, non-compliant patients. J Clin Periodontol, 2001, 28:227-232 ist für gesunde Zähne unverzichtbar. Nach den Anga- als auch bei Patienten mit zusätzlich durchgeführ- ben der für die DMS V befragten Menschen ist ihnen ter weiterführender chirurgischer Parodontitisthe- Jordan AR, Micheelis W (Hrsg): Fünfte Deutsche Mundgesund- in der Regel bewusst, dass gesunde Zähne auch das rapie (CPT), der Übergang in die strukturierte Nach- heitsstudie (DMS V). Deutscher Ergebnis von eigenverantwortlichem Handeln sind. sorge erforderlich. Ärzteverlag (DÄV), Köln 2016 Hierzu gehören neben dem eigenen Zahnputzverhal- Klingenberger D, Micheelis ten regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Zahn- Die UPT hat zum Ziel, sowohl nicht befallenes gingi- W: Finanzielle Anreize im Ge- arzt. Gerade die Gruppe der jüngeren Senioren (65- bis vales und parodontales Gewebe gesund zu erhalten sundheitswesen: Bonusrege- 74-Jährige) besitzen heutzutage mehr eigene Zähne als auch Neu- oder Reinfektionen in behandelten Be- lung auf dem Prüfstand. Zahn- als früher. Aus dieser Gruppe gibt beispielsweise jeder reichen zu erkennen und einzudämmen. ärztliche Mitteilungen. 2006, 96(24): 18-19 Vierte an, regelmäßig eine Professionelle Zahnreini- Zum Erreichen dieses Ziels sind regelmäßige UPT- gung in Anspruch zu nehmen (Jordan 2016). Sitzungen notwendig. Die UPT besteht aus: KZBV. Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung: Diese Kas- • Kontrolle der individuellen Mundhygiene sen zahlen die PZR (2). Zahn- In keinem anderen Versorgungsbereich sind die Zu- (Plaque- und Entzündungsindex) ärztliche Mitteilungen. 2016, sammenhänge zwischen Eigenvorsorge und Gesund- • Mundhygienemotivation und -instruktion 106 (7a): 82-102 heit so prägnant wie in der Zahnheilkunde und die • Mindestens einmal pro Jahr PAR-Status LSG Baden-Württemberg, Patienten möchten selbst wirkungsvoll Einfluss auf • erneute vollständige supra- und subgingivale 16.07.2015, L 11 KR 211/15

IGZ Die Al t e r n a t i v e Nr. 2/2016 | 15 | Schwerpunktthema

Reinigung aller Zähne von anhaftenden Biofil- Finanzierung men und Belägen Eine Ausweitung der Parodontitistherapie als voll- • subgingivale Instrumentierung an Zähnen mit ständig übernommene Sachleistung würde – auch Sondierungstiefe (ST) = 4 mm und Bluten auf nur über einen begrenzten Zeitraum – voraussicht- Sondieren (BOP) und an allen Arealen mit lich zu einer massiven Ausgabensteigerung in der ST ≥ 5 mm GKV führen. Ausgehend von der derzeitigen Zahl der jährlich über die GKV abgerechneten Behandlungs- Im Gegensatz zur PZR ist die UPT eine Therapiemaß- fälle und den dafür von der GKV geleisteten Zahlun- nahme und keine Prophylaxe. Nur mit der UPT las- gen (etwa 424 Millionen Euro im Jahr 2014) gehen sen sich Behandlungserfolge langfristig sichern (Costa sehr vorsichtige Schätzungen von einer schnellen Ver- 2014). Die regelmäßige Teilnahme an der UPT verrin- vielfachung der genannten Kosten aus. Zusätzliche gert den durchschnittlichen Zahnverlust bei Erwach- Bedeutung erhält das Thema durch die seit Jahren senen mit bzw. nach Parodontitis über 10 Jahre um immer dichter werdenden Hinweise aus der Wissen- ca. 2 Zähne im Vergleich zu Patienten, die unregel- schaft, dass parodontale Erkrankungen keineswegs mäßig mit einer UPT nachversorgt wurden (Eickholz nur ein Problem der Mundhöhle sind, sondern weit 2008, König 2001, Müller 2013, Pretzl 2008). darüber hinausreichend schwere Allgemeinerkran- kungen wie beispielsweise Diabetes und Herz-Kreis- Dorniger Weg zur Richtlinie lauf-Erkrankungen befördern, wenn nicht sogar aus- Die in der UPT enthaltenen Therapiemaßnahmen sind lösen können. aktuell nicht im Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) enthalten. Es ist weder Hier kommt der Standespolitik die verpflichtende Auf- einfach noch schnell möglich, neue, aktuelle PAR- gabe zu, der Politik praktikable Lösungsvorschläge zu Leistungen durchzusetzen. Im deutschen Gesund- unterbreiten, zugleich aber auch mögliche Alternati- heitswesen legt der Gemeinsame Bundesausschuss ven aufzuzeigen. Die KZBV bezieht deshalb nicht nur MDS. Medizinischer Dienst (G-BA) als oberstes Entscheidungsgremium der ge- die fachlichen Gesichtspunkte in ihre Überlegungen des Spitzenverbandes Bund meinsamen Selbstverwaltung anhand von Richtli- für die Neugestaltung der Richtlinien mit ein, son- der Krankenkassen e.V.: IGeL- nien fest, welche Behandlung von den Gesetzlichen dern befasst sich auch mit der Frage, ob künftig etwa Monitor. Professionelle Zahn- Krankenkassen bezahlt wird und welche nicht. Aus durch spezielle Anreizsysteme sowohl die Mitarbeit reinigung. http://www. Gründen der Stimmverteilung ist es im G-BA nicht der Patienten als auch die Finanzierbarkeit gefördert igel-monitor.de/IGeL_A_Z. php?action=view&id=74. Letz- immer einfach, eine Beratung aus Sicht der Vetrags- werden können. ter Zugriff 27.11.2016 zahnärzteschaft erfolgreich abzuschließen. Müller S, Eickholz P, Reitmeir P, Problem Compliance-Abriss Eger T: Long-term tooth loss in Die starke Formalisierung bei der Einführung neu- Wir wissen heute, dass, statistisch betrachtet, über periodontally compromised but er Behandlungsmethoden auf Basis der Evidenzba- 50% der instrumentierten Patienten nicht zur ange- treated patients according to type of prosthodontic treatment. sierten Medizin sieht im G-BA zur Einführung neu- botenen Nachsorge erscheinen (Demetriou 1995, De- A retrospective study. Oral Reha- er präventiver und therapeutischer Maßnahmen das mirel 1995, Ojima 2001, Tan 1992). Dieser Compli- bil, 2013, 40:358-367 Verfahren der Methodenbewertung nach § 135 SGB ance-Abriss führt dazu, dass die Nachhaltigkeit eines Ojima M, Hanioka T, Shizukuishi V vor. Hierbei wird weltweit nach der bestmöglichen erreichten Behandlungserfolges vollständig verloren S: Survival analysis for degree of Evidenz für eine Behandlungsmethode in Form von geht. Therapien für diese Patienten werden dann als compliance with supportive pe- wissenschaftlichen Studien gesucht. Dies ist der Ein- PAR-Rezidivfälle nach zwei oder drei Jahren erneut riodontal therapy. J Clin Perio- stieg in die Beratungen und genau an diesem Punkt beantragt. Hier darf man zu Recht annehmen, dass dontol, 2001, 28:1091-1095 stehen wir heute im Bereich der Aktualisierung der die erneute PAR-Therapie bei einer strukturierten Pretzl B, Kaltschmitt J, Kim T-S, PAR-Leistungen in der Behandlungsrichtlinie. Nachsorge, die entsprechend in Anspruch genommen Reitmeir P, Eickholz P: Tooth loss after active periodontal therapy. worden wäre, nicht notwendig gewesen wäre. 2. Tooth-related factors. J Clin Anfang des vergangenen Jahres wurde das Institut für Periodontol, 2008, 35:175-182 Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen Anreizsysteme als Lösung Tan AES, Powell RN, Seymour GJ: (IQWiG) mit einer wissenschaftlichen Expertise be- Um dem Compliance-Abriss entgegen zu steuern, Patient attendance compliance auftragt, die bestehenden Regelungen in der Behand- ist die Mitarbeit und Mitverantwortung des Patien- in periodontal therapy. Aust lungsrichtlinie hinsichtlich der Parodontitistherapie ten für seine Mundgesundheit mit einem Anreizsys- Dent J, 1992, 37:467-471 systematisch zu überprüfen (IQWiG 2016). Mit den tem zur fördern. Hier können wir mit dem Bonusheft Tonetti MS, Eickholz P, Loos BG, Ergebnissen ist Ende 2016 zu rechnen ist. Erst wenn und seiner Steuerungswirkung auf den Zuschuss der et al.: Principles in preventi- diese Ergebnisse vorliegen, können die weiteren Be- Zahnersatzversorgung auf eine langjährige Erfah- on of periodontal diseases – Consensus report of group 1 of ratungen im G-BA zur Anpassung der PAR-Leistun- rung zurückblicken. the 11th European Workshop gen beginnen. Im Anschluss an ein positives Votum Durch das Gesundheits-Reformgesetz (GRG) vom on Periodontology on effecti- des G-BA muss dann in einem weiteren Schritt mit 20.12.1998 wurde das Bonussystem in die zahnme- ve prevention of periodontal den Gesetzlichen Krankenkassen im Bewertungsaus- dizinische Versorgung eingeführt. Das Institut der and periimplant diseases. J Clin schuss noch eine Einigung über neue BEMA-Leistun- Deutschen Zahnärzte (IDZ) konnte durch den Ver- Periodontol, 2015, 42 (Suppl. 16) 5-11 gen und deren Vergütung erzielt werden. gleich epidemiologischer Daten belegen, dass daraus

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ein deutlicher Anstieg der kontrollierten Inanspruch- bekommen, muss neben einer flächendeckenden Auf- nahme zahnärztlicher Konsultationen resultierte, klärung der Bevölkerung mit dem Ziel der Entwick- der mit einem deutlichen Rückgang der unversorg- lung eines spezifischen Krankheitsbewusstseins auch ten kariösen Zähne korrespondierte. Natürlich war der Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenver- diese positive Veränderung im Mundgesundheitsver- sicherung (GKV) zwingend den wissenschaftlichen halten auch der allgemein gestiegenen „dental awa- Erkenntnissen angepasst und entsprechend ergänzt reness“ in der Gesellschaft zuzuschreiben. Aber dies werden. Die Leistungskomponenten einer moder- reichte als Erklärungsmodell nicht aus. Die durch nen PAR-Versorgungsstrecke nach State of the Art die Anreizstrukturen des Bonussystems induzierten sind in der Wissenschaft anerkannt und akzeptiert.

Eine Ausweitung der Parodontitistherapie als vollständig übernomme- ne Sachleistung würde - auch nur über einen begrenzten Zeitraum - vor- aussichtlich zu einer massiven Ausgabensteigerung in der GKV führen. Ausgehend von der derzeitigen Zahl der jährlich über die GKV abgerech- neten Behandlungsfälle und den dafür von der GKV geleisteten Zahlun- gen (etwa 424 Mio Euro im Jahr 2014) gehen sehr vorsichtige Schätzun- gen von einer schnellen Vervielfachung der genannten Kosten aus.

Effekte kamen hinzu. Schon damals wurde vom IDZ Die Vertragszahnärzteschaft macht sich dafür stark, angeraten: „Deshalb wäre zu prüfen, ob das Bonus- die „stille“ Volkskrankheit Parodontitis künftig noch heft als positives Anreizsystem nicht auch das paro- nachhaltiger und effektiver zu bekämpfen. Das derzeit dontale Gesundheitsbewusstsein fördern könnte.“ unter Federführung der KZBV und unter Beteiligung (Klingenberger 2006). namhafter Wissenschaftler in Arbeit befindliche neue und umfassende Versorgungskonzept soll als wissen- Das Bonussystem ist seit Jahren in der vertragszahn- schaftlich abgesicherte Grundlage für die Neuausrich- ärztlichen Versorgung mit Zahnersatz etabliert. Die tung der Parodontitisversorgung in der Gesetzlichen Patienten können ihren erworbenen Bonus für die Krankenversicherung (GKV) dienen. strukturierte Nachsorge (UPT) sofort einsetzen. Eine Latenz, die beim Neuaufbau anderer Anreizsysteme Es ist versorgungspolitisch richtig und wichtig, wirksa- immanent wäre, entfällt. me Anreize zur regelmäßigen Teilnahme an der Nach- sorge zu setzen. Hier könnte aus Sicht der Vertrags- Fazit zahnärzteschaft ein Bonusmodell greifen – ähnlich Wir benötigen eine neue, an den Stand der Wissen- wie schon bei der Versorgung mit Zahnersatz. Darüber schaft angepasste Behandlungsstrategie für den Kampf hinaus muss das parodontitisspezifische Krankheits- gegen die Parodontitis. Es muss eine umfangreiche bewusstsein in der Gesellschaft durch flächendecken- Präventionsorientierung auf allen Ebenen erfolgen. de Aufklärung geschärft werden. Wissenschaftlich er- Auf der Bevölkerungsebene muss durch Aufklärungs- wiesene Zusammenhänge zwischen Parodontitis und kampagnen die Gesundheitskompetenz zur Parodon- schwerwiegenden Allgemeinerkrankungen wie Dia- titis gestärkt werden. Diese stille Volkskrankheit und betes oder Herz-Kreislauf-Problemen sind noch zu ihre Auswirkungen auf die Allgemeingesundheit und wenig bekannt. Wir stehen im Bereich der Neuaus- die Lebensqualität müssen genauso vermittelt wer- richtung der Parodontitistherapie sicher erst am An- den, wie mögliche Präventionsmaßnahmen, wie bei- fang eines Prozesses, der sich über Jahre hinziehen spielsweise die PZR. Auf der Individualebene müssen wird. Als Selbstverwaltungskörperschaft sind wir auf die Patienten im individuellen Gespräch mit ihrem die Unterstützung der Politik bei der Ausgestaltung Zahnarzt auf ihre konkrete Situation hin beraten wer- der Versorgung und deren Finanzierung angewiesen. den. Dieses Element der Sprechenden Zahnmedizin Alle Entscheidungsträger in Politik, Wissenschaft und muss im GKV-System über die neue Leistung „Ärztli- Selbstverwaltung sind aufgefordert, gemeinsam mit ches Gespräch“ adäquat abgebildet werden. Und aus der Vertragszahnärzteschaft eine Behandlungsstra- wissenschaftlicher Sicht fehlt vor allem eine struktu- tegie gegen die Volkskrankheit Parodontitis zu eta- rierte Nachsorge, also die Unterstützende Parodonti- blieren, die dem Stand der Wissenschaft entspricht. tistherapie. Um die gesundheitlichen und wirtschaft- Und wir werden mit den Krankenkassen über eine lichen Folgen dieser Volkskrankheit in den Griff zu adäquate Honorierung verhandeln müssen.

IGZ Die Al t e r n a t i v e Nr. 2/2016 | 17 | Schwerpunktthema

Holger Jentsch Die Rolle der PZR bei der Parodontitisprävention und -therapie

Die Parodontitis ist eine chronische und systemische wesentlicher Bestandteil der unterstützenden Paro- Erkrankung aus dem entzündlichen Formenkreis. dontitistherapie (UPT). Die PZR ist Primärpräven- Die vorwiegend bakteriell über Zahnbeläge, die ei- tion der Parodontitis. Needleman et al. (2015) ver- nen Biofi lm darstellen, initiierte und unterhaltene wenden den Begriff der PMPR jedoch auch für die Entzündung auf relativ kleinem Raum, auf dem vier Prävention der Parodontitis. Die UPT ist integraler verschiedene Gewebe den Zahnhalteapparat bilden, Bestandteil der Parodontitistherapie. Es konnte ge- hat zur Folge, dass im Rahmen der Infektionsabwehr zeigt werden, dass eine regelmäßige UPT einer unre- durch das Immunsystem fortschreitend immer mehr gelmäßigen UPT überlegen ist und langfristig mehr Gewebe im Sinne der Limitation dieser bakteriellen Zähne nach aktiver Parodontitistherapie erhalten Attacke aus dem Zahnbelag geopfert wird. Diese Ge- kann (Pretzl et al. 2008, Lee et al. 2015). Zähne, die webszerstörung des Zahnhalteapparates ist quasi ir- zum Zeitpunkt des SRP bereits 80 % und mehr Hal- Prof. Dr. Dr. h.c. reversibel und hat - unbehandelt - erhebliche Konse- tegewebsverlust aufwiesen, konnten bei regelmäßiger Holger Jentsch, quenzen für den Zahnerhalt, insbesondere auch unter UPT im Verlauf von 10 Jahren zu 78 % in der Mund- Leiter des Funktionsbereiches Parodontologie der Poliklinik für dem Aspekt von eigentlich möglichem lebenslangen höhle gehalten werden, bei unregelmäßiger UPT wa- Zahnerhaltung und Parodonto- Zahnerhalt bei steigender Lebenserwartung. ren es immerhin noch 59 %. Am deutlichsten war der logie am Universitätsklinikum Unterschied im Vergleich zwischen regelmäßiger und Leipzig, Die Therapie der Parodontitis erfolgt nichtchirurgisch unregelmäßiger UPT bei Zähnen mit einem Haltege- Generalsekretär der Deutschen mittels (SRP, scaling = Ent- websverlust zwischen 60 und 80 % ausgefallen: hier Gesellschaft für Parodontologie (DG PARO) fernen des Biofi lms und Zahnsteins in den Zahnfl eisch- konnten im Falle schwerer Parodontitis bei regelmä- taschen, root planing = Glättung der Wurzeloberfl ä- ßiger UPT 93 % aller Zähne über den Zeitraum von che). Das SRP ist der Goldstandard für die meisten 10 Jahren erhalten werden. Bei unregelmäßiger UPT Patienten mit (chronischer) Parodontitis (Sanz et al. sank das Ergebnis auf 66 %. Auch für den Erhalt von 2012). SRP bedeutet Infektions- und Entzündungs- Implantaten hat die regelmäßige und dauerhafte UPT bekämpfung, denn der durch Dysbiose entstandene analoge Bedeutung (Gay et al. 2016). Hier war die subgingivale Biofi lm in den Zahnfl eischtaschen stellt Verlustrate von Implantaten bei regelmäßiger unter- eine Infektion dar, die auch Konsequenzen für den stützender Erhaltungstherapie um 90 % geringer als Gesamtorganismus und Wechselwirkungen mit an- bei Patienten, die keine unterstützende Erhaltungs- deren Erkrankungen des Organismus hat. Eigentlich therapie erfuhren. ist der Begriff nicht mehr zeitgemäß, denn die Beto- nung liegt auf Scaling, ein gezieltes planing fi ndet Welche Beeinfl ussung des subgingivalen Biofi lms nicht statt. Die Therapie mittels SRP führt zu redu- kann man durch supragingivales Instrumentieren zierter Sondierungstiefe, geringerem Bluten auf Son- erwarten? Auf die Bedeutung des subgingivalen Bio- dierung und klinischen Attachmentgewinnen (Cobb fi lms beim Fortschreiten der Parodontitis ist im ers- 2002). Auch durch Veränderungen in der bakteriel- ten Abschnitt hingewiesen worden. Es ist bekannt, len Zusammensetzung des Biofi lms nach dem SRP dass Gesunde und Parodontitispatienten eine un- (Jones et al. 1994, Jünemann et al. 2012, „microbi- terschiedliche mikrobielle Wiederbesiedelung der al shift“) kommt es dazu, dass die Entzündung und Wurzeloberfl äche nach Behandlung mittels SRP auf- damit auch die Zerstörung der parodontalen Gewe- weisen (Uzel et al. 2011). Bei Parodontitispatienten be gestoppt oder stark abgebremst wird kommt es in kürzerer Zeit auf der Wurzeloberfl äche wieder zu einer höheren und auch stärker pathogen Rolle der PZR in der Parodontitistherapie wirkenden bakteriellen Besiedelung. Inwieweit man Welche Rolle spielt hierbei, also bei der Therapie diese durch vorwiegend supragingivales Vorgehen im der Parodontitis, die professionelle Zahnreinigung Rahmen der PMPR beeinfl ussen kann, haben Unter- (PZR)? Der Begriff muss sprachlich sorgfältig ver- suchungen von Ximènez-Fyvie et al. (2000) zeigen wendet werden. Die professionelle mechanische Ent- können. Hier wurde modellhaft bei Patienten in der fernung bakterieller Beläge (professional mechanical unterstützenden Parodontitistherapie nach subgingi- plaque removal: PMPR) (Tonetti et al. 2015) ist ein valer Instrumentierung als aktiver Therapie eine (häu-

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fige) wöchentliche supragingivale Plaquebeseitigung in den folgenden 3 Monaten durchgeführt. Das sub- gingivale Instrumentieren wurde bei der unterstüt- Für die Beseitigung der Gingivitis hat zenden Parodontitistherapie nach 3, 6, 9 und 12 Mo- die PZR eine wesentliche Bedeutung. naten wiederholt. Im Zusammenspiel der supra- und subgingivalen Vorgehensweise konnten bei Verzicht Bei bereits vorhandener Parodontitis auf eine Vergleichsgruppe nach 3 Monaten die Keim- zahlen ausgewählter parodontopathogener Bakterien reicht die PZR zur Prävention und sehr stark reduziert werden und über den gesamten Therapie nicht aus. Beobachtungszeitraum von 12 Monaten auf diesem stark erniedrigten Niveau gehalten werden. bedarf der Information, Motivation und Instrukti- Heasman fasste 2002 in einer Übersichtsarbeit den on, wiederholt und sinnvoller Weise im Zusammen- Vergleich zwischen subgingivalem und supragingi- hang mit der professionellen Zahnreinigung. Needle- valem Vorgehen im Rahmen der UPT dahingehend man et al. (2015) fassten in ihrer Literaturübersicht zusammen, dass es auf der Grundlage der durchge- dahingehend zusammen, dass es nur wenig Evidenz führten Metaanalyse und der Durchsicht von 11 einge- darüber gibt, dass die professionelle Beseitigung der schlossenen Arbeiten nicht möglich sei, das eine oder supragingivalen und gingivalen Zahnbeläge einen di- andere Vorgehen zum Beibehalten von durch das SRP rekten primären Präventionseffekt für die Parodonti- verbesserten Sondierungstiefen und Attachmentlevel tis hat (Tonetti et al. 2015). Für parodontal gesunde über den Zeitraum von 12 Monaten zu bevorzugen junge Erwachsene (20 - 27 Jahre alt) konnte gezeigt (Heasman et al. 2002). Eine neuere Übersichtsarbeit werden, dass PZR zusätzlich zu Motivation und In- existiert nicht. Somit könnte eine Sondierungstiefe struktion im Sinne der Oralhygieneinstruktion kei- ≤ 4 mm bei negativem Bluten auf Sondierung als ein nen zusätzlichen Effekt auf die Gingivitisreduktion relativ stabiles Ergebnis gelten (Mombelli et al. 2000, hat (Hugoson et al. 2007). Professionelle Zahnreini- „closed pocket“, Wennström 2005). Bei darüber hin- gung mit Instruktion verringert im Vergleich zu The- ausgehenden Befunden wären individuell angepass- rapieverzicht nicht stets signifikant die Plaquemenge te Vorgehensweisen unter Einbeziehung der PMPR (Mojon et al. 1998). Es gibt dabei keine Ergebnisse im Rahmen der unterstützenden Parodontitisthera- zu Veränderungen bei der Sondierungstiefe. Ande- pie sowie auch andere Maßnahmen der Biofilment- rerseits kann wiederholte Motivation und Instrukti- fernung (z.B. Pulverstrahlmethodik) oder chirurgi- on gleiche Ergebnisse wie wiederholte professionel- sches Vorgehen sinnvoll. Erwähnenswert sind die le Zahnreinigungen erzielen. So konnte man zeigen, Ergebnisse von Axelsson und Lindhe (1991, 2004) 15 dass in einem 3-Jahreszeitraum wiederholte Sitzun- und 30 Jahre nach regelmäßiger UPT in einem Prä- gen der Motivation und Instruktion das gleiche Er- ventionsprogramm an 375 Probanden, die zunächst gebnis wie eine PZR mit wiederholter Motivation und im Abstand von 2-3 Monaten, nach 6 Jahren ein- bis Instruktion hatten. Hier wurden Plaque und gingi- zweimal pro Jahr erfolgte, und bei guter individueller vale Entzündung betrachtet, es gibt keine Aussagen Oralhygiene zu fast keinem weiteren Verlust an Hal- zur Sondierungstiefe (Hugoson et al. 2007). Zusam- tegewebe in diesem langen Zeitraum führte. mengefasst kann man sagen, dass das Gespräch bei der PZR wesentlich ist. Rolle der PZR in der Parodontitisprävention Die Parodontitis entsteht aus einer über einen län- In der wissenschaftlichen Literatur wird der PZR vor geren Zeitraum bestehenden Gingivitis (Zahnfleisch- dem SRP im Rahmen der Parodontitistherapie nur entzündung). PZR vor der subgingivalen Instrumen- wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Es wird in aller tierung mittels SRP bedeutet Einflussnahme auf die Kürze auf Sitzungen der professionellen Zahnreini- Gingivitis. Diese wird auch als primäre Prävention gung mit Instruktionen der Oralhygiene verwiesen, der Parodontitis angesehen, obwohl die Beseitigung um einen guten Oralhygieneindex zu erzielen und der gingivalen Entzündung in der Abfolge vom Ge- beizubehalten. Bei bereits vorhandener Parodonti- sunden über die Gingivitis hin zur Parodontitis im ei- tis reicht die professionelle Zahnreinigung zur Prä- gentlichen Sinne Sekundärprävention bedeutet und vention und Therapie nicht aus (Tonetti et al. 2015). die Primärprävention beim gesunden Organismus In aller Vorsicht kann aus der vorliegenden Evidenz ansetzen sollte. Für die Beseitigung der Gingivitis abgeleitet werden, dass für das Erreichen breiterer hat die PZR eine wesentliche Bedeutung. Sie umfasst Evidenz und höherer Evidenzgrade eine wesentlich die Beseitigung der supragingivalen und gingivalen umfangreichere Ressourcenbereitstellung für unab- Zahnbeläge (z.B. Biofilm und Zahnstein) mit unter- hängige Forschung erforderlich ist. Bis dahin sollte Das umfangreiche Literatur- verzeichnis zu diesem Beitrag schiedlichsten Instrumenten. Mit dieser Maßnahme beim Bemühen um hohe Evidenzgrade nicht vernach- kann bei der IGZ-Redaktion wird individuelle mechanische Plaquekontrolle durch lässigt werden, dass die Expertenmeinung ebenfalls ([email protected]) angefor- den Patienten selbst (wieder) ermöglicht. Letztere einen Evidenzgrad besitzt. dert werden.

IGZ Die Al t e r n a t i v e Nr. 2/2016 | 19 | Schwerpunktthema

Nadine Strafela-Bastendorf, Klaus-Dieter Bastendorf Die Professionelle Zahnreinigung im Wandel der Zeit

Einleitung gesundheit nach Axelsson/Lindhe, der häuslichen und Die wissenschaftlichen Arbeiten der Prophylaxepionie- professionellen Entfernung der Zahnbeläge, hat sich re Axelsson und Lindhe (1, 2), haben in der Zahnme- aber in den letzten 40 Jahren wenig geändert. dizin einen Paradigmenwechsel „weg von der Restau- ration hin zur Prävention“ eingeleitet. Die Ergebnisse Auch das Ablaufprotokoll einer „Recall-Stunde“, wie der im August 2016 veröffentlichten DMS-V-Studie es von Axelsson/Lindhe vor über 40 Jahren beschrie- zeigen (4), dass die Prophylaxe im Praxisalltag ange- ben wurde, ist heute immer noch das Grundgerüst für kommen ist: Sowohl bei den 12-Jährigen, wie auch das Arbeiten im Praxisprophylaxealltag. Im Mittel- bei jüngeren Erwachsenen (35- bis 44-Jährige) ist punkt steht nach wie vor die Entfernung harter und die Zahl der Zähne mit Karies seit 1997 um ca. 30% weicher Zahnbeläge. Dennoch ist die Zeit nicht ste- zurückgegangen. Nur noch jeder achte Senior (65- hen geblieben: Es hat erhebliche technische Fort- Dr. Nadine Strafela- bis 74-Jährige) ist zahnlos, 1997 war es noch jeder schritte gegeben, insbesondere im Bereich des Ins- Bastendorf vierte. Nur die Gruppe der älteren Senioren (75- bis trumentariums zur Belagsentfernung. So lässt sich Niedergelassene Zahnärztin, Eislingen 100-Jährige) mit Pfl egebedarf hat eine höhere Kari- mit modernen Pulverstrahlgeräten heute wesent- eserfahrung und weniger eigene Zähne. lich substanzschonender und zeiteffi zienter arbei- ten. Sowohl technische Fortschritte als auch neue Klassische Recallstunde nach Axelsson/Lindhe wissenschaftliche Erkenntnisse legen nahe, dass die Die Arbeiten von Axelsson/Lindhe und viele weite- Vorgehensweise der Erhaltungstherapie hinterfragt re wissenschaftliche Arbeiten – auch aus der Praxis und den zeitgemäßen Möglichkeiten angepasst wer- (5, 6) – haben gezeigt, dass die kausalen Ursachen den muss. Nur dann wird es gelingen, die Erfolgsge- der häufi gsten Munderkrankungen erfolgreich be- schichte der Prophylaxe fortzusetzen. handelt werden können, und dass eine lebenslange Mundgesundheit keine Illusion ist, sondern Wirk- Guided Biofi lm Therapy (GBT) lichkeit sein kann. Es steht heute außer Frage, dass Obwohl die PZR immer nur ein Teil der systemati- bakterielle Zahnbeläge (Plaque/Biofi lm) im kausalen schen präventiven Erhaltungstherapie war, hat sich Zusammenhang mit der Entstehung der häufi gsten dieser Begriff im Praxisalltag für die gesamte Erhal- Dr. Klaus-Dieter Erkrankungen der Mundhöhle – Karies und Paro- tungstherapie eingebürgert. Unter dem Begriff „PZR“ Bastendorf, Niedergelassener Zahnarzt, dontitis – stehen. Im letzten Jahrzehnt sind die im- werden sprachlich viele verschiedene prophylaktische Eislingen, Vorstand der Gesell- mer häufi ger vorkommenden Perimukositis und Peri- Vorgehensweisen wie „Recall-Stunde“, „Unterstützen- schaft für Präventive Zahnheil- implantitis dazu gekommen. An den entscheidenden de Parodontal Therapie“ (UPT), oder „Professional kunde (GPZ) e.V. Eckpfeilern einer erfolgreichen lebenslangen Mund- Mechanical Tooth Cleaning“ (PMTC) subsumiert. Mit der neuen GOZ von 2012, die die PZR, warum auch immer, weitgehend auf die supragingivale/gingiva- le Belagsentfernung begrenzt, nahm die Verunsiche- rung in der Praxis weiter zu: „Die Leistung umfasst das Entfernen der supragingivalen/gingivalen Belä- ge auf Zahn- und Wurzeloberfl ächen einschließlich Reinigung der Zahnzwischenräume, das Entfernen des Biofi lms, die Oberfl ächenpolitur und geeignete Fluoridierungsmaßnahmen, je Zahn oder Implantat oder Brückenglied.“

Um dieser babylonischen Sprachverwirrung zu ent- gehen, haben wir für unseren Praxisalltag gemein- sam mit der wissenschaftlichen Leitung der Firma EMS, Nyon, nach Auswertung der Literatur den Be- griff „Guided Biofi lm Therapy“ (GBT) geprägt. Bei Abb.1: Recallstunde nach Guided Biofi lm Therapy (GBT)

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der GBT handelt es sich nach wie vor um ein syste- die Einführung piezokeramischer Geräte mit linea- Literatur: matisches Ablaufprotokoll (Abb. 1), das sich vom Ab- rem Schwingungsmuster, so dass heute ein zeiteffi- 1. Axelsson, P., Lindhe, J. (1978): laufprotokoll nach Axelsson/Lindhe vor allem in drei zientes und substanzschonendes Arbeiten mit hoher Effects of controlled oral hygiene procedures on caries and periodon- Punkten unterscheidet: Reinigungswirkung möglich ist. tal disease in adults. J Clin Perio- Eine weitere wichtige Innovation sind moderne Pul- dont 5, 133. 1. CHX-Spülung vor der Behandlung: Durch eine verstrahlgeräte. Das Wirkprinzip des Verfahrens ist 2. Axelsson, P., Lindhe, J. (1981): Spülung vor der zahnärztlichen Behandlung mit die Freisetzung kinetischer Energie. Das durch Druck- Effect of controlled oral hygiene Meridol oder CHX (Chlorhexidin) kann die Bak- luft beschleunigte Pulver trifft auf die zu bearbeiten- procedures on caries and periodon- tal disease in adults. Results after 6 terienzahl im Aerosol um den Faktor 3 reduziert de Oberfläche. Mit wenigen Ausnahmen (sehr starke years. J Clin Periodont 8, 239.

Die Professionelle Zahnreinigung hat in den letzten Jahrzehnten einen Prozess kontinuierlicher Innovation durchlaufen. Insbesondere die neu- en Technologien erlauben eine gründlichere, die Zahnsubstanz schonen- dere und für den Patienten komfortablere Reinigung von Zahnbelägen. Eine Entwicklung, von der die Patienten über ihren gesamten Lebensbo- gen hinweg durch eine bessere Mundgesundheit profitieren.

werden (7). Diese Maßnahme dient vor allem dem Verfärbungen) kommen heute überwiegend niedrig- 3. IDZ 8/2016: Die Mundgesund- heit ist so gut wie nie. Fünfte Deut- Schutz der Behandler. abrasive Pulver auf Glycin- oder Erythritol-Basis zum sche Mundgesundheitsstudie 2. Anfärben zum Sichtbarmachen des Biofilms: Das Einsatz, diese Pulver haben die Erhaltungstherapie (DMSV). ZBW 10/2016 Anfärben von Zahnbelägen wurde lange Zeit nur revolutionär verändert. Während mit der klassischen 4. Bastendorf,K-D., Bartsch,A.: zur Instruktion und Motivation der Patienten zur Politur beispielsweise keine gründlich gereinigte Fis- Langzeiterfolge der Prophyla- häuslichen Mundhygiene angewendet. Wir färben surenoberfläche zu erreichen war, ist dies nun mit xe nach 30 Jahren Recall, pro- phylaxeimpuls 16. Jahrgang, 62- heute vor allem an, um Beläge gezielt mit hoher dem auf dem Pulverstrahlprinzip beruhenden soge- 69, 2012 Präzision zu entfernen. Werden Beläge vor der Ent- nannten Air-Polishing heute möglich. Im Vergleich 5. Bastendorf,K-D. und Laurisch,L.: fernung angefärbt, so verbleiben im Durchschnitt mit der traditionellen Handinstrumentierung mittels Langzeiterfolge der systema- 6% an Restbelägen, bei Nichtanfärben liegt dieser Kürette zeigte Air-Polishing eine größere Bakterien- tischen Kariesprophylaxe, DZZ Wert bei 20% (8). Um eine komplette Fissuren- reduktion, einen geringeren Verlust an Zahnsubstanz 2009;64 (9) 6. Baehni P.: Anwendung von reinigung zu gewährleisten, ist Anfärben vor der und eine geringere Oberflächenrauhigkeit. Auch die Mundspülungen im Dentalbe- Reinigung unbedingt notwendig (9). Wiederbesiedlung mit Keimen fiel geringer aus als reich; Prophylaxedialog, 2/2008- 3. Zeiteffizienz: Wenn zuerst die weichen Ablage- nach der Handinstrumentierung (11). 1/2009, 17 ff rungen und danach die mineralisierten Beläge 7. Strafela-Bastendorf N, Basten- dorf K-D: Pilotstudie: Verbessert professionell entfernt werden, kann die Behand- Fazit das Anfärben der Plaque die Er- lungszeit reduziert und der Patientenkomfort er- Die klassische Recallstunde (PZR) nach Axelsson und gebnisse der PZR? PLAQUE N CARE höht werden. Die Zeitersparnis lag im Mittel bei Lindhe mit Handinstrumenten und klassischer Poli- 10,2,91-93 (2016) 8 Minuten (10). tur muss nach über 40 Jahren entsprechend der neu- 8. Botti RH, Bossu M, Zallocco A, esten Literatur und dem technologischen Fortschritt Polimeni A: Effectiveness of plaque indicators and air polishing for the Technische Innovationen modifiziert und angepasst werden. Wir sind heute im sealing of pits and fissures. Euro- Ein großer Schritt nach vorn gelang in den letzten 40 Rahmen der systematischen GBT in der Lage, harte pean Journal of Paediatric Den- Jahren im Bereich des technischen Instrumentari- Zahnbeläge und Biofilm effektiv, die Zahnsubstanz tistry Vol. 11/1-2010 ums zur Belagsentfernung. In den 70er Jahren stan- schonend, ohne Schmerzen für den Patienten, sicher, 9. Kim MJ, Noh H, Oh HY: Effici- den noch Handinstrumente und die klassische Politur schnell und komfortabel zu entfernen. Die Anwen- ency of professional tooth brus- mit rotierenden Instrumenten und Polierpasten im dung der neuen Technologien lässt bei höherer Bak- hing before ultrasonic scaling; DOI: 10.111/idh.12127 Vordergrund. Bereits Axelsson/Lindhe führten Ultra- terienreduktion und geringerer Wiederbesiedlungs- 10. Hägi T, Klemensberger S, Be- schallinstrumente in die Erhaltungstherapie ein. Das neigung auch mehr Nachhaltigkeit erwarten. Hinzu reiter R, Nietzsche S, Cosgarea R, Wirkprinzip dieser Geräte besteht darin, dass eine Ar- kommen Vorteile wie eine Reduktion der Arbeitsbe- Flury S, Lussi A, Sculean A and beitsspitze in Schwingungen versetzt wird. Beim Kon- lastung der Praxismitarbeiter und demgemäß eine Eick S: A Biofilm Pocket Model to takt der Spitze mit Zahnbelägen werden diese durch verkürzte Behandlungsdauer. Evaluate Different Non-Surgical Periodontal Treatment Modali- frequenz- und amplitudenabhängige Schwingbewe- Die Professionelle Zahnreinigung hat in den letzten ties in Terms of Biofilm Removal gungen abgetragen. Der Durchbruch dieser Techno- Jahrzehnten einen Prozess kontinuierlicher Innovati- and Reformation, Surface Alte- logie gelang in den 80er Jahren, als sperrige Ultra- on durchlaufen. Eine Entwicklung, von der die Patien- rations and Attachement of Pe- schallspitzen durch filigrane Spitzen ersetzt wurden. ten über ihren gesamten Lebensbogen hinweg durch riodontal Ligaments Fibroblasts, Seither gab es ständige Weiterentwicklungen, v.a. eine bessere Mundgesundheit profitieren. PLOS,ONE/DOI:10.1371/journal. pone.0131056,June29,2015

IGZ Die Al t e r n a t i v e Nr. 2/2016 | 21 | Schwerpunktthema

Georg Conrads Die PZR der Zukunft – Chancen und Risiken, die Mundfl ora zu steuern

Als ich meinen Ruf als „Professor für Orale Mikro- es werden keine 50 Jahre mehr vergehen, bis Ärzte biologie und Immunologie“ in Aachen antrat, wur- solche Apparate in der Hand halten. Mit Nanopore- de ich schon bald von unserer lokalen Tageszeitung, Sequenzierung kann man bereits jetzt und sogar un- den Aachener Nachrichten, zu einem Interview ge- ter Zeltlagerbedingungen das Genom einer interes- beten. Ich sollte über die Ziele meines Lehr- und santen Wildpfl anze oder das Mikrobiom arktischer Forschungsgebietes berichten. Nach vielen Fragen Gletscher über Nacht erfassen, und das selbst ohne und Antworten entstand dann ein ziemlich ausführ- Steckdose. licher Beitrag, den die Redakteure mit „Der Gärtner der Mundfl ora“ betitelt hatten. Nun könnte man mei- Die menschliche Flora lässt sich tatsächlich und prinzi- nen, dass ich als ordentlicher Professor nicht mit dem piell beackern und hier sind ein paar Ansätze dazu. Handwerk des Gärtners verglichen werden möchte, Professor Dr. aber es ist genau umgekehrt: Ich wäre gerne ein Gärt- Erstmal ist die quantitative Reduktion des wild wu- Georg Conrads, nermeister der Mundfl ora, aber ich bin eben – nach chernden Biofi lms wichtig. Ein Rückschnitt im Gar- Leiter des Lehr- und For- 25 Jahren im Fach und 15 Jahren im Amt – immer ten ist stets gesund. Das tägliche Zähneputzen und die schungsgebietes Orale Mikrobiologie und Immuno- noch ein Lehrling. regelmäßige Verwendung von Zahnseide ist Grund- logie am Universitätsklinikum bedingung, aber entfernt zusammen bestenfalls 60- der RWTH Aachen Die Mundfl ora des Menschen ist ein eingespieltes 70% der Beläge. Da bleibt noch Platz für Rückzugs- Biotop aus einer Vielzahl von Bakterien (ca. 700 Ar- gebiete. Neben den subgingivalen und gingivalen ten), die über symbiotische, wechselseitige Abhängig- Bereichen hat jeder von uns weitere „blinde Flecken“ keiten untereinander einen weitgehend stabilen „So- beim Putzen. Diesen Refugien der Keime widmet sich zialverband“ bilden (Biofi lm). Wie in der Natur die die PZR bereits heute. Zusammensetzung eines Biotops von Umgebungsbe- dingungen wie Klima, Boden, Wasser abhängig ist, so Warum kann aber eine einfache Entfernung der Keime ist auch die Zusammensetzung der Mundfl ora auf die aus diesen Nischen bereits die Mund- und Gesamt- individuelle Körperumgebung und die Lebensgewohn- gesundheit verbessern? Die einfachste Erklärung ist heiten wie beispielsweise die Ernährung abgestimmt. der Sauerstoffeintrag und die Reduktion der Biofi lm- In jeder menschlichen Mundfl ora fi nden sich neben dicke. Beides führt zu sauerstoffreicheren „aeroben“ vielen „guten“ Bakterien auch eine variable Menge Bedingungen, die parodontalpathogene Bakterien mehr oder weniger schädlicher Keime. (Stichwort roter Komplex, darunter ) abtöten, da diese an obligat anaerobe Be- Werden wir nun die Mundhöhle des Menschen, ein dingungen angepasst sind und keine Strategien ent- Standort mit hoher Keimdichte (100 Mio. pro ml Spei- wickelt haben, radikalen Sauerstoffverbindungen zu chel oder mg Plaque - Biofi lm) und Keimvielfalt, ei- entkommen. Das Anfrischen bei der PZR reduziert nes Tages so beackern können, dass wir die schäd- also bereits heute vornehmlich pathogene Bakterien lichen Keime entfernen und die guten düngen bzw. und das ist wichtig. anpfl anzen werden? Dies würde ich als professionel- les Biofi lmmanagement oder „PZR der Zukunft“ be- P. gingivalis gilt hierbei als Schlüsselorganismus zeichnen, ein wahres Meisterstück. (keypathogen), und das nicht nur für die marginale Parodontitis. Er ist auch bei apikalen Parodontitiden Zunächst möchte ich hiermit prophezeien, dass dies und Abszessen beteiligt und selbst für die Prognose passieren wird, weil es nämlich prinzipiell möglich der Karies hat er - wie Prevotellen und Porphyromo- ist. Das ist so ein bisschen wie bei dem Raumschiff naden insgesamt - möglicherweise mehr Einfl uss als Enterprise, wo Beamen prinzipiell unmöglich ist und Streptococcus mutans, der heute als prominenter Ka- es auch in 500 Jahren nicht realisiert wird, aber wenn rieserreger gesehen wird (1). die DNA eines Menschen von „Pille“ auf der Kran- kenstation (quasi chairside oder POC, Point-of-Care) Die Reduktion solcher Keime in der Mundhöhle - gescannt wurde, dann ist das prinzipiell möglich und dafür verdichten sich die Hinweise immer mehr - ist

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nicht nur für die unmittelbare Mundgesundheit von – ohne Risiken für andere Zellen, wie beispielswei- Bedeutung, sondern kann schweren, lebensbedrohli- se gute Bakterien oder menschliche Zellen (5, 6). Es chen Allgemeinerkrankungen vorbeugen. Tatsächlich gibt Patente zu diesem Verfahren (genannt STAMP: wurde gezeigt, dass eine zu hohe P. gingivalis Besied- specifically targeted antimicrobial peptides (7)) und lung zu rheumatoider Arthritis, Pankreaskrebs und klinische Studien sind in Vorbereitung. Unter dem selbst zum Tode führen kann (2-4). Studien an der bezeichnenden Titel „STAMPS: A goodbye message Universität Würzburg konnten eindrucksvoll zeigen, to oral pathogens“ ist ein sehr aktueller Übersichts- wie sich die Gefäßgesundheit parallel zur Reduktion artikel von der Homepage des Indian Journal of Oral der parodontalen Entzündung besserte (11). Da der Sciences downloadbar (12).

Werden wir nun die Mundhöhle des Menschen, ein Standort mit hoher Keimdichte und Keimvielfalt, eines Tages so beackern können, dass wir die schädlichen Keime entfernen und die guten düngen bzw. anpflanzen werden? Dies würde ich als professionelles Biofilmmanagement oder „PZR der Zukunft“ bezeichnen, ein wahres Meisterstück. Ich prophezeie, dass dies passieren wird, weil es nämlich prinzipiell möglich ist.

für die Bestimmung der Gefäßgesundheit verwen- Beschäftigen wir uns nun mit dem Ersetzen, der Sub- Literatur: dete Parameter PWV (Pulswellengeschwindigkeit) stitution einzelner Bakterienarten oder Gruppen. Ein 1. Teng F, Yang F, Huang S, Bo C, nach Angaben der Studienautoren mit guter Genau- Prozess, den man übrigens besser als outcompeting Xu ZZ, Amir A, et al. Prediction of Early Childhood Caries via Spati- igkeit die Bestimmung der durchschnittlich verblei- („Aus dem Felde schlagen“) bezeichnen sollte. Auch al-Temporal Variations of Oral Mi- benden Restlebenserwartung untersuchter Patienten dabei dünne ich die wuchernde pathologische Flora crobiota. Cell Host Microbe. 2015; erlaubt, korreliert danach eine positive Veränderung zunächst aus, meist noch mit einer chemischen Keule 18: 296-306. der PWV mit steigender Lebenserwartung. Insofern wie Chlorbleiche (Natriumhypochlorit) oder Chlordi- 2. Bender P, Burgin WB, Sculean hätte die PZR bereits in der heutigen Form das Po- oxid oder gar mit Antibiotika. Dies könnte zukünftig A, Eick S. Serum antibody levels against Porphyromonas gingiva- tenzial einer lebensverlängernden Maßnahme - eine sicherlich über eine PZR schonender geschehen, wo- lis in patients with and without Wirkungsmächtigkeit, die ihr wohl noch vor kurzem bei ich neben den Zähnen auch die Zunge (als weite- rheumatoid arthritis - a systema- niemand ernsthaft zugetraut hätte. res Rückzugsgebiet für Pathogene) einschließen wür- tic review and metaanalysis. Clin de. Danach spüle ich die Mundhöhle gründlich aus Oral Investig. 2016. In der PZR der Zukunft wird man aber noch mehr tun und gebe probiotische Bakterien wie Streptococcus 3. Chiu CJ, Chang ML, Taylor A. As- sociations between Periodontal können, wie etwa selektiv unerwünschte Keime (Pa- salivarius K12 in sehr hoher Zellzahl und mehrfach Microbiota and Death Rates. Sci thogene) entfernen und gegen gefällige Mitbewohner hintereinander dazu. K12 (BLIS K12, weil er bacte- Rep. 2016; 6: 35428. (Symbionten, Kommensale) ersetzen. riocin-like inhibitory substances produziert) ist zu 4. Fan X, Alekseyenko AV, Wu J, Recht als freundliches Bakterium eingestuft (z.B. Peters BA, Jacobs EJ, Gapstur SM, Beschäftigen wir uns erstmal mit dem Entfernen, bei vom Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe) und et al. Human oral microbiome and prospective risk for pancreatic Giersch im Garten schon schwierig, aber wie soll das man könnte selbst Joghurt damit produzieren. Wir cancer: a population-based nes- im Gewusel der Mundflora möglich sein? Zunächst haben uns in Aachen vor 10 Jahren mit diesem BLIS ted case-control study. Gut. 2016. muss ich den Erreger selektiv packen. Bei S. mutans, K12 intensiv wissenschaftlich beschäftigt (8) und dar- 5. Eckert R, He J, Yarbrough DK, Qi unserem Karieserreger (zumindest in ca. 50-60% der aus wäre auch fast ein Mundprobiotikum geworden, F, Anderson MH, Shi W. Targeted Fälle beteiligt), gibt es da einen Rezeptor für das so wenn nicht ein paar wenige medizinische Nebenwir- killing of Streptococcus mutans by a pheromone-guided „smart“ genannte „Kompetenz-stimulierende Protein“, eng- kungen (sehr vereinzelt Stomatitis, wahrscheinlich antimicrobial peptide. Antimi- lisch „CSP“. Das CSP regelt das sogenannte Quorum wegen der intensiven Vorbehandlung), aber noch crob Agents Chemother. 2006; Sensing und die Kompetenz zur DNA-Aufnahme, mehr kaufmännische Nebenwirkungen die Markt- 50: 3651-7. was zur beschleunigten Evolution dieses Bakteri- zulassung vereitelt hätten. 6. Mai J, Tian XL, Gallant JW, Mer- ums beiträgt. Für Details bitte ich den Leser, bei In- kley N, Biswas Z, Syvitski R, et al. A novel target-specific, salt-resis- teresse andere Informationsquellen aufzusuchen, In jedem Fall ist das Umprogrammieren der Mund- tant antimicrobial peptide against wichtig für unsere Betrachtung ist: Nur S. mutans flora möglich. Aber geschieht dies auf Dauer, also the cariogenic pathogen Strepto- hat diesen CSP-Rezeptor. Wenn ich nun CSP mit ei- nachhaltig? Unsere eigenen Studien hatten gezeigt, coccus mutans. Antimicrob Agents nem antimikrobiellen Peptid (Pleurocidin, Novispi- dass die „Kulturpflanze“, wie etwa unser K12, eben Chemother. 2011; 55: 5205-13. rin) unter Beibehaltung der Funktionen koppele , so nicht unbedingt lange im persönlichen Mundmili- 7. Chen F, Wang D. Novel tech- nologies for the prevention and wird mir das resultierende Fusionsprotein - wie ein eu überdauern kann (8), denn es ist ein grundsätz- treatment of dental caries: a pa- Trojaner - eine kleine Menge Wirksubstanz genau liches Problem zu überwinden. Pathogene sind mit tent survey. Expert Opin Ther Pat. an die richtige Zielzelle bringen und diese abtöten Adhäsinen (Haftkräften) ausgestattet. Gute Bakteri- 2010; 20: 681-94.

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Fortschritt stellt sich selten mit Leichtigkeit ein, sondern muss meist gegen alle möglichen Widerstände erkämpft werden. Die Zukunft der PZR ist bereits in Sichtweite. Es braucht longitudinale, Placebo-kon- trollierte, prospektive Studien, um die Vorteile einer (STAMP- oder Probiotika-unterstützenden) PZR zu bestätigen oder zu widerlegen. Und es braucht politische wie finanzielle Unterstützung, damit Pro- phylaxe weitergedacht und weitergebracht wird.

8. Horz HP, Meinelt A, Houben en wie K12, im Reagenzglas aufgewachsen und vom Ungefährlichkeit für alle möglichen Besiedlungsor- B, Conrads G. Distribution and Menschen entfremdet, haben diese nur wenig ausge- te sicherzustellen ist. Das schützt nicht nur die Pati- persistence of probiotic Strep- prägt, warum sie schnell durch den Speichelfluß ihren enten, sondern auch zahnärztliches Personal vor Re- tococcus salivarius K12 in the Halt verlieren und verschluckt werden. Wir müssen gressansprüchen verunsicherter Patienten. human oral cavity as deter- also weiter nach solchen probiotischen Bakterien su- mined by realtime quantitati- ve polymerase chain reaction. chen, die genügend Haftkraft und Vermehrungseifer Kürzlich habe ich von einem Fall gehört, bei dem eine Oral Microbiol Immunol. 2007; haben, um schnell die Position entfernter Pathogene Patientin ihre Knieinfektion in ursächlichen Zusam- 22: 126-30. in der Mundflora einnehmen zu können. menhang mit einer zeitlich vorgelagerten Wurzelbe- 9. Henne K, Fuchs F, Kruth S, handlung gebracht hat. Im Knie wurde der Keim „Sta- Horz HP, Conrads G. Shifts in Schließlich drängt sich noch eine weitere - ethische phylococcus hominis“ nachgewiesen, der nicht zur Campylobacter species abun- dance may reflect general mi- - Frage auf: Sollen wir das Machbare auch wirklich Mund-, sondern zur Hautflora gehört. Die Unschuld crobial community shifts in pe- tun? Wenn ein klassisches Pathogen, wie z.B. Staphy- des Zahnarztes war dadurch schnell bewiesen, aber riodontitis progression. J Oral lococcus aureus, eine Unfallwunde infiziert, MUSS es solche Szenarien könnten sich häufen, wenn wir nicht Microbiol. 2014; 6: 25874. entfernt werden und (kalkulierbare) Nebenwirkun- nur grob quantitativ reduzieren, sondern tiefer in die 10. Kaakoush NO, Deshpande gen sind in Kauf zu nehmen. Sollen wir aber in die Flora des Menschen eingreifen. Man sucht halt im- NP, Wilkins MR, Tan CG, Burgos- Portugal JA, Raftery MJ, et al. Standortflora überhaupt eingreifen? Sie mag zwar mer gerne nach Schuldigen. The pathogenic potential of – bei Karies und Parodontitis - keine bestmögliche Campylobacter concisus strains Normalflora mehr sein, aber sie hat sich immerhin Fortschritt stellt sich selten mit Leichtigkeit ein, son- associated with chronic intes- im Wechselspiel mit dem Wirt (dem menschlichen dern muss meist gegen alle möglichen Widerstände tinal diseases. PLoS One. 2011; Träger also) genauso herausgebildet. erkämpft werden. Die Zukunft der PZR ist bereits in 6: e29045. 11. Schlagenhauf U, Jockel- Sichtweite. Es braucht longitudinale, Placebo-kon- Schneider Y Parodontitis und Zwei Szenarien sind denkbar: trollierte, prospektive Studien, um die Vorteile einer Herz-Kreislauf-Erkrankungen. (STAMP- oder Probiotika-unterstützenden) PZR zu IGZ Die Alternative 2015;1 1) Mit der z.B. STAMP unterstützenden PZR verbes- bestätigen oder zu widerlegen. Und es braucht poli- 12. http://www.indjos.com/ sere ich die Flora kurzfristig. Aber eine bestimmte, tische wie finanzielle Unterstützung, damit Prophy- article.asp?issn=0976-6944;ye ar=2015;volume=6;issue=1;s an mein Immunsystem, meinen Gewebetyp (HLA) laxe weitergedacht und weitergebracht wird. page=2;epage=6;aulast=Aso und meine Verhaltensweise (Nahrung, Noxen) an- kan;type=0 (letzter Zugriff am gepasste Flora ist quasi vorprogrammiert und stellt Es mag noch etwas dauern, aber es wird passieren. 01.12.2016) sich im Anschluss an die Behandlung schnell wieder ein. Dieses Szenario ist nicht unwahrscheinlich. Man kann aber hoffen, dass, speziell bei Verbesserung der Ernährungsgewohnheiten und Vermeidung von No- xen, die nachwachsende Flora eine zumindest etwas gesündere ist.

2) Durch ein regelmäßiges, aktives Eingreifen in mei- ne Flora könnte eine Schädigung erfolgen. Der Ein- trag eines guten Bakteriums in den Mund könnte gleichzeitig Schlechtes im Darm (oder auf jeglicher anderer Schleimhaut, z.B. der weiblichen Genitale) direkt oder indirekt anrichten. Es gibt dafür Beispie- le: Campylobacter concisus ist im Mund gut (9) aber im Darm ein Pathogen (10), wobei das bei näherer Betrachtung vom genauen Genotyp abhängt, dessen

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Dirk Heidenblut Die Professionelle Zahnreinigung: Ein Symbol für Prävention und Eigenverantwortung

Die Professionelle Zahnreinigung ist in zweierlei Angebot wurde auch sehr gut angenommen. Das ist Hinsicht ein Zeichen für einen Paradigmenwechsel. zwar ein erster wichtiger Schritt, doch reicht er lei- Aus zahnmedizinischer Sicht steht sie für den Wan- der nicht aus, um die älteren Menschen adäquat zu del von der kurativen zur präventionsorientierten versorgen. Deswegen sind weitere Maßnahmen, wie Zahnheilkunde. Aus gesellschaftlicher Perspektive die Sensibilisierung des Pfl egepersonals für die Zahn- markiert sie einen Bewusstseinswandel. Denn immer und Mundgesundheit, nötig. mehr Menschen übernehmen selbst die Verantwor- In der Gruppe der Menschen über 65 Jahre tritt ein tung für die eigene Zahngesundheit. Der Trend von weiteres Problem auf den Plan, das als Sinnbild für der heilenden zur präventiven Zahnmedizin ist auch den Wandel in der Zahnmedizin steht. Denn mittle- für andere Gesundheitsbereiche vorbildlich. Das Cre- re und schwere Formen der Parodontitis kommen in do der modernen Zahnheilkunde ist eine lückenlose dieser Altersgruppe verstärkt vor. Zwar behalten die Faltmeier Bild: Uwe Vorsorge von den kleinsten Kindern bis hin zu Men- Menschen länger ihre Zähne, ein großer Erfolg der Dirk Heidenblut, MdB schen im hohen Alter. Zahnärzteschaft, doch sind sie deswegen nicht vor Mitglied im Gesundheitsaus- schuss des Deutschen Bundes- Zahnfl eischerkrankungen gefeit. Auch hier kann die tages für die SPD-Fraktion und In dieser Legislaturperiode hat der Gesetzgeber im Professionelle Zahnreinigung schon bei Menschen in Berichterstatter für die zahn- Präventionsgesetz bei der frühkindlichen Vorsor- mittlerem Alter einen wichtigen Beitrag in der Vor- medizinische Versorgung ge nachgebessert. Denn die Early Childhood Caries sorge leisten. Denn neben der reinen medizinischen (ECC) bei Kindern unter drei Jahren ist immer noch Vorsorge, können Zahnärztinnen und Zahnärzte schon ein großes Problem, obwohl allgemein die Zahlen der dann über das Thema Parodontitis aufklären und ge- Karies rückläufi g sind. In Zukunft sind deswegen im gebenenfalls in einem frühen Stadium der Erkran- sogenannten gelben Untersuchungsheft Verweise vom kung intervenieren. Kinderarzt zum Zahnarzt vorhanden. Danach geht es Dass diese Aufklärung und Sensibilisierung für die für Kinder im Kindergarten und Jugendliche in den Zahn- und Mundgesundheit vor allem bei der Volks- Schulen weiter mit der Gruppenprophylaxe. Dafür ist krankheit Karies funktioniert, führt uns zu dem zwei- es besonders wichtig, dass der Öffentliche Gesund- ten Punkt: der Eigenverantwortung der Patientinnen heitsdienst weiter erhalten und ausgebaut wird. und Patienten. Denn die sogenannte dentale Aware- ness der Menschen ist sehr groß. Die Selbstwirksam- Mit dem Eintritt ins Erwachsenenalter gibt es, zu- keitsüberzeugung führt dazu, dass die Menschen viel sätzlich motiviert durch das Bonusheft, eine engma- für ihre eigene Zahngesundheit tun. Dazu gehört ne- schige Individualprophylaxe. In dieses Stadium der ben dem täglichen Zähneputzen, der Verwendung Prophylaxe ist auch die Professionelle Zahnreinigung von Mundspülung, Zahnseide und Kaugummis eben zu verorten. Sie ist ein unterstützendes Instrument auch die Professionelle Zahnreinigung. in der Zahnpfl ege. Zu betonen ist aber auch, dass es damit nicht getan ist. Denn im Rahmen dieser Vor- Ausbaufähig ist die Aufklärungsarbeit in puncto Paro- sorgemaßnahmen werden wichtige Hinweise zur täg- dontitis. Im Hinblick auf die Konsequenzen der Erkran- lichen Zahnpfl ege gegeben, damit die Mundhygiene kung für die Allgemeingesundheit ist die Parodontitis nicht bei der halbjährlichen Professionellen Zahnrei- ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig der interdiszip- nigung endet. Schließlich entbinden gute Vorsorgeleis- linäre Austausch zwischen Zahn- und Humanmedi- tungen den einzelnen nicht von eigener Zahnpfl ege. zin ist. Um diese Kooperation zu fördern, treiben wir auch die elektronische Patientenakte voran. In der bis dahin sehr guten Vorsorgekette gibt es einen Bruch, wenn die Menschen pfl egebedürftig Die Professionelle Zahnreinigung ist also ein wichtiges werden. Eine politische Maßnahme, um gegen die Element in der Vorsorge von Zahn- und Munderkran- Verschlechterung der Mundgesundheit von Pfl egebe- kungen. Doch sie zeigt auch, dass zusätzlich zu der dürftigen vorzugehen, ist die Möglichkeit für Zahn- Eigenverantwortung der Patientinnen und Patienten ärztinnen und Zahnärzte, Verträge mit Pfl egeheimen und der zahnärztlichen Behandlung eine gezielte Auf- zur aufsuchenden Versorgung abzuschließen. Dieses klärungs- und Beratungsleistung treten muss.

IGZ DIe Al t e r n A t I v e nr. 2/2016 | 25 | Schwerpunktthema

Harald Terpe Zahngesundheit stärken

Lange lag der Fokus in der Prävention von Zahner- steigend, eine gravierende Herausforderung in Be- krankungen auf der Reduktion der Karies. Mit Erfolg, zug auf den demographischen Wandel. Parodontitis denn durch Maßnahmen wie Individual- und Grup- ist eine Volkskrankheit. penprophylaxe hat sich die allgemeine Zahn- und Mundgesundheit der Bevölkerung über alle sozialen Auch wenn Deutschland in der Versorgung im in- Schichten hinweg verbessert. Mittlerweile sind über ternationalen Vergleich eine Spitzenposition be- 80 Prozent der zwölfjährigen Kinder kariesfrei. Auch legt, weisen die Zahlen weiterhin auf Handlungs- unter den Erwachsenen zeigt sich, dass die Anzahl der bedarf hin, insbesondere, da deutlich geworden ist, Karieserkrankungen rückläufi g ist. Daraus resultiert dass die Parodontitis kein lokal begrenztes und rein ein längerer Erhalt des natürlichen Gebisses. zahnmedizinisches Problem darstellt. Parodontale Erkrankungen dürften aufgrund der Wechselbezie- Dr. Harald Terpe, MdB Aktuell lässt sich in der Zahnheilkunde allerdings hung mit anderen Erkrankungen gleichermaßen im Facharzt für Pathologie. ein erhöhter Bedarf zur Prävention von Erkrankun- Interesse der Allgemeinmedizin liegen. Es wird also Obmann der Bundestagsfrak- gen des Zahnhalteapparates erkennen. Insbesondere Zeit, die Krankheit Parodontitis und die Prävention tion Bündnis 90/Die Grünen im Ausschuss für Gesundheit. die Prävention der Parodontitis spielt dabei eine her- von Erkrankungen des Zahnhalteapparates mehr in ausragende Rolle, denn Parodontitis ist die sechst- den Fokus zu rücken. häufi gste Erkrankung beim Menschen. Der Zugang zu einer guten zahnmedizinischen Prä- Neben Menschen, die aufgrund einer genetischen vention und Versorgung muss für alle Versicherten Disposition an der Entzündung und Zerstörung des unabhängig vom Einkommen gewährleistet werden. Zahnhalteapparates erkranken, wird die Parodonti- In Deutschland spiegeln sich soziale Ungleichheiten tis häufi g bei Menschen in sozial benachteiligten Le- zwar weniger als früher, aber immer noch am Zahn- benslagen, Menschen mit Behinderungen oder Se- status wider. Kosten für Prophylaxen und Zahnersatz, nioren diagnostiziert. Eine mangelnde Mund- und die alleine oder anteilig von Versicherten mitgetragen Zahnhygiene oder Unwissen über die richtige Tech- werden müssen, sind gerade für Menschen mit nied- nik zur Zahnpfl ege, eine unausgewogene Ernährung rigem Einkommen schwer zu fi nanzieren. Dies gilt es, sowie Immun- und Stoffwechselerkrankungen können beim notwendigen Ausbau der Prävention von paro- das Risiko, an einer Parodontitis zu erkranken, erhö- dontalen Erkrankungen zu berücksichtigen. hen. Nicht nur die weitestgehend irreversible Schädi- gung des Zahnhalteapparates und der einhergehende In der zahnmedizinischen Prävention und Therapie Verlust der Zähne sind dramatisch. Die Parodontitis der Parodontitis bedarf es eines abgestimmten und geht oftmals mit schweren Systemerkrankungen wie evidenzbasierten Behandlungskonzeptes. Dazu ge- Herz-Kreislauf-, Atemwegserkrankungen oder Dia- hören sicherlich zielgruppenspezifi sche Informati- betes einher. Bei Schwangeren wird ein erhöhtes Ri- onen und Aufklärung über Präventionsmaßnahmen siko zu Frühgeburten beobachtet. sowie Ursachen und Auswirkungen der Erkrankung, damit Versicherte in ihren Gesundheitskompetenzen Im Zuge der zunehmenden Präventionsbemühungen gestärkt werden. hat sich zwar der Anteil der schweren Parodontaler- krankungen in den letzten zehn Jahren halbiert. In In der Debatte über den Ausbau der präventiven Deutschland ist jedoch immer noch jeder zweite Ver- Maßnahmen, steht aber vor allem die Professionel- sicherte von einer Parodontalerkrankung betroffen. le Zahnreinigung im Fokus. Aktuell ist sie keine Re- Insgesamt leiden in Deutschland circa acht Millionen gelleistung der gesetzlichen Krankenkassen. Pati- Menschen an schwerer Parodontitis. Bei jüngeren Se- entinnen und Patienten müssen diese Individuelle nioren sind über 65 Prozent erkrankt, davon zwan- Gesundheitsleistung (IGeL) daher aus dem eigenen zig Prozent mit einer behandlungsbedürftigen Aus- Portemonnaie zahlen, es sei denn, ihre Krankenkas- prägung. Die Zahlen bei älteren Senioren sind sogar se übernimmt einen Teil der Kosten im Rahmen ei-

26 | IGZ DIe Al t e r n A t I v e nr. 2/2016 Schwerpunktthema |

Gesetzgeber und Bundesregierung fördern zwar jedes Jahr die medizini- sche Forschung, die Versorgungsforschung wird aber nach wie vor nur stiefmütterlich behandelt. Das muss sich dringend ändern. Denn gera- de im zahnmedizinischen Bereich ist die Versorgungsforschung wich- tig, um zu evidenzbasierten zahnmedizinischen Behandlungsleitlinien beizutragen und um Leistungen mit nachgewiesenem Nutzen in die Re- gelversorgung aufnehmen zu können.

ner sogenannten freiwilligen Satzungsleistung. Die sellschaft mit einer steigenden Anzahl pfl egebedürf- Evidenz der Professionellen Zahnreinigung ist je- tiger Menschen gilt es, auch den älteren Menschen, doch in Hinblick auf fachliche Unterschiede bei der die in Alten- oder Pfl egeeinrichtungen leben, einen Leistungserbringung nicht abschließend geklärt. Dies leichten Zugang zu guter zahnmedizinischer Versor- ist bei der Beurteilung für die Aufnahme in den Leis- gung zu ermöglichen. tungskatalog der Gesetzlichen Krankenkassen durch den Gemeinsamen Bundesausschuss von erheblicher Gemeinsames Ziel von Zahn- und Allgemeinmedizi- Bedeutung. Der Leistungskatalog bildet derzeit nicht nern und -medizinerinnen, nichtärztlichen Gesund- mehr alle Leistungen ab, die für eine gute zahnmedi- heitsberufen, der Gesundheitsforschung, den Kran- zinische Versorgung notwendig sind. Wer dies allein kenkassen und der Politik muss es daher sein, die der Selbstverwaltung zuschiebt, macht es sich zu ein- Förderung der Mund- und Zahngesundheit in der fach. Gefragt sind auch der Gesetzgeber und die Bun- Gesamtgesellschaft zu gewährleisten, doch auch Er- desregierung. Sie fördern zwar jedes Jahr die medi- krankungen frühzeitig zu erkennen und evidenzba- zinische Forschung, die Versorgungsforschung wird siert zu behandeln. Die wechselseitige Bedingung von aber nach wie vor nur stiefmütterlich behandelt. Das Parodontitis und anderen Erkrankungen erfordert muss sich dringend ändern. Denn gerade im zahn- eine Gesamtstrategie, die über die Entstehung und medizinischen Bereich ist die Versorgungsforschung Risiken der Erkrankung aufklärt, sowie allen Bür- wichtig, um zu evidenzbasierten zahnmedizinischen gerinnen und Bürgern den Zugang zu gesundheits- Behandlungsleitlinien beizutragen und um Leistun- fördernden Maßnahmen und nachweislich wirksa- gen mit nachgewiesenem Nutzen in die Regelversor- men Behandlungsangeboten erleichtert. Prävention gung aufnehmen zu können. und Versorgung sollten zum Wohl der Patientinnen und Patienten in einem multiprofessionellen Ansatz Eine Professionelle Zahnreinigung ohne eine Anlei- stattfi nden. tung zur Zahnhygiene, so dass die Patientin oder der Patient das Zahnpfl egeverhalten optimieren kann, verwirkt jedoch ihren gesundheitsfördernden Effekt. Hier leisten die zahnmedizinischen, nichtärztlichen Gesundheitsberufe einen wichtigen Beitrag, damit die Mund- und Zahngesundheit steigt. Im Ausland ist der Gang zur Dentalhygienikerin oder dem Den- talhygieniker mitunter schon selbstverständlich. In Deutschland kennt kaum jemand diese Berufsgruppe. Dabei kann qualifi ziertes und spezialisiertes Personal Aufgaben wie die Professionelle Zahnreinigung über- nehmen und eine umfassende Anleitung zur Zahn- pfl ege sicherstellen.

Entscheidend ist die Stärkung der zahnmedizini- schen, nichtärztlichen Gesundheitsberufe auch für die Versorgung einer immer älter werdenden Gesell- schaft, für die sich neue Anforderungen in der Ver- sorgung ergeben. Präventions- und Versorgungsan- gebote müssen den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten entsprechen. In einer alternden Ge-

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Franz Knieps Im Wandel der Zeit: Von der Kuration zur Prävention Innovative Präventionsmaßnahmen zur Förderung der Mundgesundheit bei Pfl egebedürftigen entwickeln

Seit längerem schon vollzieht sich in der Zahnmedi- verstehen. Für dieses Konzept gibt es auch Rücken- zin eine Entwicklung, bei der das Kurieren von Er- wind vom BMG. Nicht zuletzt, weil die Versorgung krankungen zunehmend abgelöst wird durch profes- der Pfl egebedürftigen aufgrund der demografi schen sionelle Vorsorge und Prävention. Wo Erkrankungen Entwicklung über die Sektorengrenzen hinweg wei- effektiv vermieden werden, müssen sie nicht mehr terhin in Deutschland an Bedeutung gewinnt. Das behandelt werden. Ein sehr erfreulicher Trend, der Projekt beinhaltet folgende Leitfragen: Sollen vor- sich auch in den Ergebnissen der jüngsten Deutschen beugende Maßnahmen der Mundhygiene in den Vor- Mundgesundheitsstudie zeigt. Die Krankenkassen dergrund gestellt werden, um zahnärztlichen Ver- sind durch diese Entwicklung herausgefordert, bietet sorgungsbedarf frühzeitig zu erkennen oder erst gar sie doch die Chance, die Gesundheit der Versicher- nicht entstehen zu lassen? Kann die Mundgesundheit ten zu verbessern. Andererseits gibt es naturgemä- bei Menschen mit Pfl egebedarf durch Screeningmaß- Franz Knieps, ßig wenig Erfahrung mit innovativen Präventions- nahmen, mundhygienische Leistungen in ihrem Le- Vorstand des BKK-Dachver- maßnahmen, so das der Weg der Implementierung bensumfeld durch Schulungsangebote sowohl für die bandes in den Versorgungsalltag über Pilotprojekte und de- Betroffenen als auch die Pfl egepersonen verbessert ren Evaluierung führt. werden? Welche Chancen bestehen in diesem Zu- sammenhang durch eine verbesserte Zusammenar- Die Betriebskrankenkassen wollen einen Beitrag für beit von Zahnärzten und zahnmedizinisch aus- und die nachhaltige Verbesserung der Mundgesundheit fortgebildetem Fachpersonal, den Pfl egepersonen pfl egebedürftiger Menschen leisten. Deshalb hat der und den Angehörigen? BKK Dachverband gemeinsam mit der Universität Bremen das Projekt “Mundgesundheit bei Pfl egebe- Die Grenzen verschieben sich: dürftigen“ ins Leben gerufen, das sich mit der aktu- Die neue Bedeutung von Prävention ellen und zukünftigen mundhygienischen Versorgung Seit den 1980er Jahren entwickelt sich eine wechsel- von Pfl egebedürftigen befasst. Insgesamt ist es das volle Geschichte der Gesundheitsförderung und Krank- Anliegen des Projekts, eine neue Versorgungsform heitsverhütung für spezifi sche Versorgungsbereiche. in diesem Bereich zu etablieren und gleichzeitig zu Mit dem Gesundheits-Reformgesetz (GRG) vom 20. evaluieren, um letztlich gezielt fachlich und wissen- Dezember 1988 legitimierte § 20 des neu gefassten schaftlich gut begründet Empfehlungen für eine po- Fünften Sozialgesetzbuchs (SGB V) diese Tätigkeits- litische Weichenstellung herauszuarbeiten. felder. Seither sind sie fester Bestandteil der Aufga- ben der gesamten GKV. Gleiches gilt konkret für die Bereits während meiner Tätigkeit als Abteilungslei- Zahnprophylaxe. Mit dem GRG sind Maßnahmen zur ter im Bundesgesundheitsministerium (BMG) for- Verhütung von Zahnerkrankungen geschaffen wor- derte ich frühzeitig innovative Vorschläge zur Verbes- den, die sich auf zwei verschiedenen Ebenen, näm- serung der Mundgesundheit von Pfl egebedürftigen lich der Gruppenprophylaxe und der Individualpro- und Menschen mit Behinderungen ein. Hierfür leg- phylaxe nach §§ 21, 22 SGB V, bewegen. Wobei sich ten die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung und dieser Leistungsanspruch auf Kinder und Jugendli- die Bundeszahnärztekammer ein Konzept unter dem che beschränkt, die noch nicht das 18. Lebensjahr Titel „Mundgesund trotz Handicap und hohem Alter. vollendet haben. Konzept zur vertragszahnärztlichen Versorgung von Pfl egebedürftigen und Menschen mit Behinderun- Zwei Jahrzehnte nach dem GRG erkannte der Ge- gen“ im Jahr 2010 vor. Diese Ausarbeitung lieferte setzgeber abermals im zahnmedizinischen Versor- Impulse für die Gesetzgebung der letzten Jahre. In- gungsbereich einen Personenkreis als besonders sofern ist das Projekt “Mundgesundheit bei Pfl egebe- schutzbedürftig an. Beginnend mit dem Pfl ege-Wei- dürftigen“ auf Grundlage der zuletzt umfassendsten terentwicklungsgesetz vom 28. Mai 2008 hin zum gesetzgeberischen Maßnahme als logische konzeptio- Hospiz- und Palliativgesetz vom 05. November 2015 nelle Weiterführung der damaligen Überlegungen zu wurden Rechtsgrundlagen für zahnmedizinische Leis-

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tungen und Präventionsmaßnahmen geschaffen, die der betroffene Personenkreis nicht als marginal an- sowohl kuratives als auch präventives Handeln nach zusehen. Insofern ist die Bewältigung der kurativen sich ziehen und die zumindest in diesem Versorgungs- und präventiven § 22a-Leistungen mit den heutigen bereich und für diesen besonderen Personenkreis Strukturen zumindest kritisch zu hinterfragen. An nicht voneinander trennbar zu sein scheinen. Den diesem Punkt setzen der BKK Dachverband und die Höhepunkt und damit eine weitreichende Heraus- Universität Bremen mit ihrem gemeinsamen Projekt forderung brachte das GKV-Versorgungsstärkungs- “Mundgesundheit bei Pflegebedürftigen“ an, welches gesetz vom 23. Juli 2015 mit sich. Für Pflegebedürf- in Kooperation mit Pflegeleistungserbringern und tige, Menschen mit Behinderung und Menschen mit Zahnärzten durchgeführt werden soll. Angedacht zur eingeschränkter Alltagskompetenz wurde mit dem Klärung der eingangs beschriebenen Fragestellungen neu eingeführten § 22a SGB V ein eigener Anspruch ist, für das Projekt eine Förderung aus dem Innovati- auf Leistungen zur Verhütung von Zahnerkrankun- onsfonds nach § 92a SGB V zu erhalten. Außer Frage gen geschaffen. Die gemeinsame Selbstverwaltung steht, dass der Zahnärzteschaft die kurative zahnärzt- erhielt den Auftrag, diesen Leistungsanspruch in ei- liche Intervention vorbehalten bleibt. Entscheidend ner Richtlinie zu konkretisieren. ist letztlich, wie die koordinierte Vernetzung (zahn‑) ärztlicher und nicht(zahn-)ärztlicher Leistungserbrin- Problem erkannt. Gefahr gebannt? ger organisatorisch und personell in einem Gesamt- Die aufgezeigte Maßnahmenkette verdeutlicht die ste- konzept gestaltet werden kann. tigen Bemühungen der Gesundheits- und Sozialpoli- tik der vergangenen zehn Jahre, die Mundgesundheit Aus der BKK Familie beteiligen sich an dem Projekt der Menschen mit Pflegebedarfen mittels zahnmedi- “Mundgesundheit bei Pflegebedürftigen“ die atlas BKK zinischer Versorgungsleistungen zu verbessern. Der ahlmann, die BAHN-BKK, die BKK Deutsche Bank Gesetzgeberische Maßnahmen Gesetzgeber ist überzeugt, dass das Risiko für Karies-, AG, die energie-BKK, Novitas BKK, die pronova BKK im Überblick Parodontal- und Mundschleimhauterkrankungen für und die SBK Siemens-Betriebskrankenkasse. Quelle: Eigene Darstellung diese Personengruppe überdurchschnittlich hoch ist. Damit einher geht das übergeordnete Ziel, den all- Pflege-Weiterentwicklungsgesetz (2008) | Einführung § 119b SGB V: gemeinen Gesundheitszustand für die Betroffenen Konkretisierung der Möglichkeit Kooperationsverträge zwischen Pflegeheimen und insgesamt zu verbessern. Doch der Ruf nach einer niedergelassenen (Zahn-) Ärzten zur Sicherstellung und Verbesserung der (zahn-) spürbaren Verbesserung der Versorgungssituation ärztlichen Versorgung zu schließen. für Menschen mit Pflegebedarfen verhallt nicht. Es GKV-Versorgungsstrukturgesetz – GKV-VStG (2011) | gilt, den bestehenden substanziellen Defiziten wirk- Einführung § 87 Abs. 2i SGB V: sam entgegenzuwirken, um auch die allgemeinge- Zusätzliche zahnärztliche Vergütung für das Aufsuchen von Versicherten, die pflege- sundheitliche Situation der Betroffenen positiv un- bedürftig sind oder eine Behinderung aufweisen. (Zuschläge und Wegegeld/Reiseent- terstützen zu können. De facto sind also gesetzliche schädigung) Maßnahmen ergriffen worden, aber ob das längst be- Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz – PNG (2012) | Einführung § 87 Abs. 2j SGB V: kannte Umsetzungsproblem damit behoben ist, gilt noch nicht als ausgemacht. Zusätzliche zahnärztliche Vergütung für die kooperative und koordinierte zahnärzt- liche und pflegerische Versorgung von pflegebedürftigen Versicherten in stationären Pflegeeinrichtungen im Rahmen eines Kooperationsvertrags nach § 119b Abs. 1 SGB Deshalb ist es beinahe zehn Jahren nach dem Pfle- V. (Zuschläge und Wegegeld/Reiseentschädigung) ge-Weiterentwicklungsgesetz an der Zeit die Frage zu stellen, wie die Mundgesundheit bei Pflegebedürfti- Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz – PNG (2012) | Weiterentwicklung § 119b SGB V: gen effektiv verbessert werden kann. Die Herausfor- derung, die der Leistungsanspruch nach § 22a SGB Verpflichtung der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen auf Antrag eines Pflegeheims V auf Verhütung von Zahnerkrankungen für Pflege- einen entsprechenden Vertrag zu vermitteln und Informationspflicht der Pflegeheime. bedürftige, Menschen mit Behinderungen und Men- Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz – PNG (2012) | schen mit eingeschränkter Alltagskompetenz auslöst, Weiterentwicklung § 87 Abs. 2i SGB V: ist für diese Fragestellung der ideale Ansatzpunkt. Erweiterung der zusätzlichen zahnärztlichen Vergütung für das Aufsuchen von Versi- Denn letztlich kommt es darauf an, dass die geschaf- cherten, die eine dauerhaft eingeschränkte Alltagskompetenz aufweisen. (Zuschläge fenen neuen Leistungen, die eine Brücke zwischen und Wegegeld/Reiseentschädigung) Kuration und Prävention bauen, mit Blick auf die GKV-Versorgungsstärkungsgesetz – GKV-VSG (2015) | Anspruchsberechtigten tatsächlich bedarfsgerecht Einführung § 22a SGB V: Anwendung finden. Insbesondere ist die vielfach Für Pflegebedürftige, Menschen mit Behinderung und Menschen mit eingeschränk- eingeschränkte Mobilität des angesprochenen Per- ter Alltagskompetenz wurde ein eigener Anspruch auf Leistungen zur Verhütung von sonenkreises als eine Hürde zu sehen. Daher sollen Zahnerkrankungen geschaffen. nach gesetzgeberischen Willen regelmäßige Untersu- Hospiz- und Palliativgesetz – HPG (2015) | Weiterentwicklung § 119b SGB V: chungs- und Behandlungsleistungen, wenn möglich, in der Häuslichkeit oder Einrichtung erbracht wer- Aus der fakultativen Möglichkeit Kooperationsverträge zu schließen wurde eine den. Mit rund 3 Millionen Anspruchsberechtigten ist “Soll“-Vorschrift.

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Uwe Laue Prophylaxe hat für die Debeka einen hohen Stellenwert

Um leistungsstarke (Zahn-)Tarife anbieten zu kön- Der in der Studie nachgewiesene Trend, die Patien- nen, ist es für uns wichtig, Kundenbedürfnisse, ge- ten mit festsitzendem Zahnersatz zu versorgen, grün- sellschaftliche sowie (zahn-)medizinische Entwick- det auf der Tatsache, dass durch eine wirkungsvolle lungen und gesetzliche Rahmenbedingungen genau Prophylaxe immer mehr Menschen bis ins höhere Al- anzuschauen. Das Produkt soll für die Vielzahl unse- ter ihre eigenen Zähne behalten und die Zahnlosig- rer Mitglieder wesentliche Leistungen erstatten, die keit der Bevölkerung quasi halbiert werden konnte. das Ziel unterstützen, gesund zu werden bzw. noch Das schafft die Voraussetzung dafür, Zahnersatz in wichtiger: am besten gleich gesund zu bleiben. Hier- Form von Kronen, Brücken oder mit Hilfe von Im- bei spielen vorbeugende Maßnahmen und Gesund- plantaten, festsitzend verankern zu können. Selbst- heitsservices eine entscheidende Rolle. verständlich fi nden sich solche Trends und die ent- sprechende Nachfrage unserer Mitglieder in den Uwe Laue, Professionelle Zahnreinigung als fester Bestandteil passenden Produkten wieder. So erhalten unsere Vorstandsvorsitzender der unserer Tarife Mitglieder Leistungen für festsitzenden Zahnersatz Debeka Versicherungen Auch wenn die für unsere Branche bindenden (Mus- in Form von Implantaten, Knochenaufbau, Einlage- ter-)Versicherungsbedingungen für die Private Kran- füllungen (auch keramisch) etc. in der vereinbarten kenversicherung in erster Linie Leistungen für die Höhe und in Anlehnung an die Empfehlungen der medizinisch notwendige Heilbehandlung wegen Krank- zahnärztlichen Dachverbände. heit und den Folgen eines Unfalls sicherstellen, wis- sen wir bei der Debeka den hohen Wert prophylak- Stichwort: Gesundheitsversorgung tischer Leistungen schon lange zu schätzen. Das ist Der Wandel von der kurativen zur präventiven (Zahn-) auch der Grund dafür, warum wir uns ganz bewusst Medizin ist bei der Debeka deutlich spürbar. Als größ- entschieden haben, insbesondere die Professionelle ter Privater Krankenversicherer sehen wir uns als Zahnreinigung (PZR) als festen Baustein in viele un- leistungsstarker Partner bei vielen Themen der Ge- serer Tarife zu integrieren. So erstatten wir unseren sundheitsversorgung an der Seite unserer Mitglieder. Mitgliedern beispielsweise aus unserem Ergänzungs- Diesem Anspruch widmet sich ein eigener Bereich – tarif für gesetzlich Versicherte (Tarif EZ70plus) u. a. Debeka proGesundheit. Die Mitarbeiter setzen sich Aufwendungen für die PZR nach der Nummer 1040 im Rahmen des Gesundheitsmanagements für die der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) bis zu Gesunderhaltung oder eine schnelle Genesung unse- zweimal im Kalenderjahr. Zahnärztliche prophylak- rer Versicherten im Krankheitsfall ein. In einem Ge- tische Leistungen nach Abschnitt B der GOZ sowie sundheitsportal fi nden unsere Mitglieder eine Vielzahl die zweimalige PZR pro Jahr sind ebenso Bestand- von Informationen rund um das Thema Gesundheit teil unserer neuen Vollversicherungstarife. In allen (z. B. Fitness, Entspannung, Rauchstopp, etc.) sowie anderen Tarifen erstatten wir die PZR im Vorfeld zu Gesundheitsbroschüren zu verschiedenen Themen einer Gingivitis- oder Parodontitistherapie (ggf. auch (z. B. Ernährung). mehr als zweimal im Kalenderjahr). Gezielte Aufklärung Dass wir hiermit richtig liegen, zeigt uns aktuell sehr Im zahnärztlichen Bereich setzen wir auf präzise In- beeindruckend die Mundgesundheitsstudie 2016, die formationen und eine verständliche Aufklärung. Das das Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ) im Auf- Beispiel PZR zeigt sehr gut, wie wichtig eine gute trag der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung Mundhygiene für den gesamten Körper ist. Erst wenn (KZBV) und der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) unsere Mitglieder wissen, dass durch eine professio- regelmäßig durchführt. Danach hat die Zahngesund- nelle Zahnreinigung und eine gute häusliche Mund- heit der Deutschen durch präventive Maßnahmen, pfl ege das Risiko für Herzerkrankungen, Frühge- eine gute zahnärztliche Versorgung und ein steigen- burten, Diabetes und Schlaganfall deutlich gesenkt des Bewusstsein der Patienten für die eigene Mund- und die Immunabwehr erhöht werden kann, erken- gesundheit einen beachtlichen Status erreicht. nen sie den vielfältigen Gewinn einer guten Mund-

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Auch wenn derzeit noch keine belastbaren Zahlen zur langfristigen öko- nomischen Effizienz von zahnärztlicher Prophylaxe vorliegen, darf man erwarten, dass gesundheitsbewusstes Verhalten und (zahn-)medizini- sche Vorsorge auch über den gesamten Lebensbogen eines Versicherten hinweg zur Senkung der Krankheitskosten führen werden. Insofern hat die Verschiebung von kurativen zu präventiven (zahn-)medizinischen Leistungen auch positive wirtschaftliche Effekte. Mit ihrem Mund- hygieneverhalten und der Inanspruchnahme von Prophylaxeleistungen beeinflussen unsere Mitglieder letztlich auch die Höhe der Beiträge. hygiene. In der Folge steigen Eigenverantwortung Gesundheit beeinflusst die Höhe der Beiträge und Motivation für die eigene Gesundheit. Gleich- Wenn Krankheiten effektiv vorgebeugt werden kann, zeitig sinkt das Risiko einer oralen bzw. oral beding- entfallen natürlich auch Kosten, die im Krankheits- ten Erkrankung. fall für die Behandlung hätten aufgewendet werden müssen. Auch wenn derzeit noch keine belastbaren Bewusstsein für die eigene Mundhygiene fördern Zahlen zur langfristigen ökonomischen Effizienz von Auch künftig werden wir die positive Entwicklung im zahnärztlicher Prophylaxe vorliegen, darf man er- zahnärztlichen Bereich mit einer gezielten Aufklärung warten, dass gesundheitsbewusstes Verhalten und unserer Mitglieder unterstützen. Hierbei geht es uns (zahn-)medizinische Vorsorge auch über den gesam- in erster Linie und in Ergänzung der zahnärztlichen ten Lebensbogen eines Versicherten hinweg zur Sen- Aufklärung darum, zielgerichtete Empfehlungen zur kung der Krankheitskosten führen werden. Insofern Mundpflege zu geben sowie den Wert regelmäßiger hat die Verschiebung von kurativen zu präventiven zahnärztlicher Kontrollen und den eines gesundheits- (zahn-)medizinischen Leistungen auch positive wirt- bewussten Lebensstils aufzuzeigen. Hiermit tragen schaftliche Effekte. Mit ihrem Mundhygieneverhal- Zur Debeka Krankenversiche- rung: wir dazu bei, die (Zahn-)Gesundheit unserer Mit- ten und der Inanspruchnahme von Prophylaxeleis- Die im Jahr 1905 gegründete glieder und den Wunsch eines jeden Menschen zu tungen beeinflussen unsere Mitglieder letztlich auch Debeka ist mit jährlichen Bei- fördern, eigene bzw. feste dritte Zähne bis ins hohe die Höhe der Beiträge, weil weniger (zahn-)medizi- tragseinnahmen von über fünf Alter zu besitzen. Liegt es dabei nicht auf der Hand, nische Leistungen beansprucht werden und weniger Milliarden Euro die größte Pri- diese Aufgabe mit den entsprechenden Experten aus Krankheitskosten entstehen. vate Krankenversicherung in Deutschland. Als genossen- Zahnmedizin und Versicherungswesen gemeinsam schaftlich geprägter Versiche- zu meistern? Unsere Erfahrung zeigt, dass der Dia- Ein doppelter Gewinn für uns und unsere Mitglie- rungsverein auf Gegenseitigkeit log und die Zusammenarbeit im Gesundheitswesen der, die durch ihr gesundheitsbewusstes Verhalten (VVaG) ist sie ausschließlich den den maximalen Nutzen für unsere Mitglieder und indirekt und längerfristig dazu beitragen, Beiträge Interessen ihrer Kunden ver- Ihre Patienten bringen. konstant zu halten. pflichtet, die durch Vertragsab- schluss Mitglieder des Vereins werden. Insgesamt betreut die Debeka 4,7 Millionen Mitglie- der, darunter mehr als 2,3 Mil- lionen privat Vollversicherte. Damit ist jeder vierte Privatpa- tient in Deutschland Debeka- Mitglied. Die Debeka Kranken- versicherung wird von Analysten regelmäßig mit Bestnoten be- wertet: Seit 16 Jahren erhält sie von den Versicherungsanalysten des map-reports die Höchstno- te „mmm“ für „langjährig her- vorragende Leistungen“ und ist damit Serien-Testsieger. Auch die Ratingagentur Assekura- ta verleiht der Debeka Kran- kenversicherung seit 2008 das höchstmögliche Rating „exzel- lent (A++)“.

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Impressum Die Verbände der IGZ

Herausgeber: Brandenburg: Interessengemeinschaft Zahnärztlicher Verbände in Verband Niedergelassener Zahnärzte Deutschland IGZ e.V. Land Brandenburg e.V. Dr./RO Eric Banthien Helene-Lange-Str. 4-5, 14469 Potsdam Papyrusweg 8, 22117 Hamburg Tel. (0331) 297 71 04 Telefon: (040) 712 73 11 Fax (0331) 297 71 65 Telefax: (040) 712 96 24 www.vnzlb.de

Redaktion: Hamburg: Benn Roolf Zahnärzteverband Z-2000 Radenzer Str. 21, 12437 Berlin Mühlendamm 92, 22087 Hamburg Telefon: (030) 536 99 894 Tel. (040) 22 76 180 Telefax: (030) 536 99 895 Fax (040) 22 76 120 eMail: [email protected] www.z-2000.de

Verlag und Anzeigenverkauf: Saarland: DentalisVerlag Benn Roolf Verband der Zahnärzte im Saarland e.V. Radenzer Str. 21, 12437 Berlin Puccinistr. 2, 66119 Saarbrücken Telefon: (030) 536 99 894 Tel. (0681) 58 49 359 Telefax: (030) 536 99 895 Fax (0681) 58 49 363 www.dentalisverlag.de www.vdzis.de

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