Untersuchungen Zu Einer Morphologie Der Stromabildenden Sphaeriales Auf Entwickelungsgeschichtlicher Grundlage
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
ZOBODAT - www.zobodat.at Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database Digitale Literatur/Digital Literature Zeitschrift/Journal: Hedwigia Jahr/Year: 1900 Band/Volume: 39_1900 Autor(en)/Author(s): Ruhland Wilhelm Otto Eugen Artikel/Article: Untersuchungen zu einer Morphologie der stromabildenden Sphaeriales auf entwickelungsgeschichtlicher Grundlage. 1-79 Untersuchungen zu einer Morphologie der stromabildenden Sphaeriales auf entwickelungsgeschichtlicher Grundlage. Mit Tafel I—III. Von W. Ruhland. Einleitung. In der Entwickelung unserer Kenntniss von den Ascomyceten iiberhaupt und den Pyrenomyceten im Speciellen lassen sich mehrere Perioden unterscheiden, von denen die erste hauptsachlich durch die Untersuchungen PERSOON'S, FRIES'S, FUCKEI/S und ihrer Schulen ausgefiillt wird und als deren Hauptresultate man die griindliche Be- schreibung des fertigen Perithecialstadiums, sowie den ersten wissen- schaftlichen Versuch einer systematischen Bearbeitung der betreffenden Pilze anzusehen hat. In derselben rein descriptiven Richtung wird auch heute noch zum Theil gearbeitet; als ihre verdienstvollsten neueren Vertreter sind SCHROTER, WINTER, REHJI U. a. m. zu nennen. Einen wesentlichen Fortschritt bezeichnen die Arbeiten der Bruder TULASNE, welche hauptsachlich in der „Selecta fungorum Carpo- logia" niedergelegt sind. Sie leiten zur zweiten Periode iiber, inso- fern als in ihnen, zunachst noch in Form einer systematischen Auf- zahlung, auf Grund anatomischer Untersuchung eine kurze entwicke- lungsgeschichtliche Charakteristik der einzelnen Art gegeben wurde. Als der eigentliche Schopfer der zweiten Periode ist jedoch DE BARY zu bezeichnen. Er wies der Entwickelungsgeschichte den ihr in ver- wandten Disciplinen bereits eingeraumten Platz auch in der Mycologie zu und hat durch seine und seiner Schuler Arbeiten auch der ascomy- cologischen Forschung die Bahnen vorgezeichnet, in denen sie noch heute wandelt; angeregt wurde vor Allem die Frage nach dem Pleomor- phismus der einzelnen Art bezuglich ihrer Nebenfruchtformen und die der Entwickelung der Apo- bezw. Perithecialfrucht. Die erstere der beiden Fragen wurde sodann durch die auf der exacten Basis der Reincultur unternommenen Untersuchungen BREEELD'S machtig gefordert, wahrend das zweite Problem zur Zeit noch allgemein die Hedwigia Bd. XXXIX. i9oo. 1 2 W. Ruhland. Gegenwart beschaftigt, indem es sich zugespitzt hat auf den Versuch des Nachweises einer Sexualitat der ersten Anlage durch Special- untersuchungen auf tinctionstechnischer Grundlage. In der vorliegenden Arbeit soil der Versuch unternommen werden, eine strengere morphologische Gliederung des Gesammtkorpers der stromabildenden Sphaeriales (vergl. unten) auf Grund einer eingehenden entwickelungsgeschichtlichen Untersuchung zu geben. Andere Fragen, namentlich die nach der Sexualitat (ich habe das so wichtige Ver- halten der Kerne nicht naher untersucht), sollen ganz ausser Acht gelassen oder nur kurz gestreift werden; nur den Nebenfruchtformen wird etwas eingehendere Behandlung zu Theil werden, jedoch nur da, wo die zu diesem Zwecke angestellten Culturversuche ein neues Ergebniss hatten, oder, soweit dies nicht der Fall war, wo die ent- wickelungsgeschichtlich-anatomische Untersuchung moglichst vieler Individuen einen sicheren Ersatz zu gewahren schien. Was den Begriff des „Stroma" betrifft, so hat die Systematik von jeher mit ihm operirt, ohne sich jedoch auf eine eingehendere mikroskopische Untersuchung und strengere Definition einzulassen. Es werden ganz allgemein alle Spuren der Anwesenheit des Pilzes, welche sich im Substrat in der Nahe der Perithecien bemerkbar machen, ob sie nun in Membranschwarzungen, functionslos gewor- denen Conidientragern, Mycelansammlungen oder Grenzsaumen etc.1) bestehen, kurz die heterogensten Bildungen der verschiedensten Familien schlechtweg als „Stroma" bezeichnet.-) Diesem „Stroma" wird zwar mitunter das „Conidienlager" gegeniibergestellt, keineswegs jedoch im Sinne einer streng morphologischen Gliederung, indem einmal der entwickelungsgeschichtliche Ursprung und dann das Schicksal des Conidienlagers nach Vollendung seiner reproductiven Thatigkeit, sowie endlich sein Zusammenhang mit der Perithecien- schicht ausser Acht gelassen wurde. Erhielt so die Morphologie der Sphaeriales von Seite der Syste- matiker fast keine Forderung, so wurde sie in nahezu demselben Maasse von den Anatomen vernachlassigt. Schon an und fiir sich boten denselben die „Sphaeriaceae compositae" fiir das von ihnen in den Vordergrund geruckte Studium der Entwickelungsgeschichte der Ascenfruchte unerwiinschte Complicationen, so dass sie bei ihren Arbeiten entschieden die stromalosen bevorzugten.3) In der That >) Beispiele vergl. wcitcr unten. •) Vergl. z. B. E. FRIES, Symb. Myc; TULASNE, Selecta fungor. carpolog. II; WINTER, in Rabh., Kryptog.-FI. 1,2 etc. Auf die so gebrauchliche Unterschcidung von „Valseen"- und „Diatrypee?i" - Stroma wird weiter unten eingegangen werden. ») Vergl. z. B. die Literaturangabe in DE BARY. Vergl. Morph. u. Biol. etc. p. 283 f. Untcrsuch. z. einer Morpholog. d. stfomabildcnd. Sphaeriales etc. .3 ist FOISTING1) der Einzige geblieben, der in einer „Vorlaufigen Mit- theilung" neben den fructificativen auch die vegetativen Korpergliedcr der in Betracht kommenden Pilze einer Beriicksichtigung wiirdigte; nichtsdestoweniger bildet die Entwickelung der reproductiven Theile (Perithecium) den Hauptgegenstand seiner Angaben, und die unzu- langlichen Notizen iiber das Verhalten der vegetativen Theile basiren nur bei wenigen Formen auf einer eingehenderen Untersuchung, bei den meisten auf einer speculativen Verwerthung schon bekannter Thatsachen. Seine Gliederung des Pilzkorpers in ,,Epi"- und „Hypo"-Stroma ist im Wesentlichen nichts weiter als die Unter- scheidung von „Conidienlager" und „Perithecienstroma" und bringt keine Wiirdigung der local - entwickelungsgeschichtlichen Momente unter Ueberschatzung — wie nur eine eingehendere Unter- suchung lehrt — der fur die morphologische Beurtheilung unbrauch- baren Function derselben. Da die 1. c. p. 178 angekiindigten ein- gehenderen Angaben der „Vorlaufigen Mittheilung" nicht gefolgt sind, so brauche ich nicht weiter auf sie einzugehen.'2) Die nachfolgenden Untersuchungen erstrecken sich auf die ge- sammten „stromafuhrenden Sphaeriales", jedoch unter Bevorzugung der Familien der Valsaceae, Melanconidaceae, Melogrammataceae, Diatrypaceae und Xylariaceae. Das Material wurde theils von mir selbst auf Excursionen in der Berliner Umgegend gesammelt, theils entstammt es dem Herbarium des Kgl. botanischen Museums, fur dessen Benutzung ich dem Director desselben, Herrn Geheimrath Pro- fessor Dr. EXGLER, meinem hochverehrten Lehrer, den ehrerbietigsten Dank schulde. Die Arbeit wurde unternommen auf Anregung des Privatdocenten Herrn Dr. G. LINDAU, der auch den Resultaten der- selben das warmste Interesse entgegenbrachte, und begonnen im Universitats - Institute des Herrn Geh. Regierungs-Raths Professor Dr. SCHWEJJDKNEU , fortgesetzt und abgeschlossen im Berliner bota- nischen Museum. Die Einarbeitiing in die fur den Anfanger so schwierige, rein systematischc Seite des Formenkreises wurde mir durch die freundlichste Unterstiitzung des Herrn Kustos P. HKNNIXGS wesentlich erleichtert. Allen diesen Herren meinen herzlichsten Dank I ') ,,Zur Entwickelungsgeschichte der Pyrenomycetcn." Bot. Zcitg. 1867, 1868, p. 177 ff. a ) Die Arbeit FUISTING'S hat nur beziiglich der Perithecialcntvvickelung Beriicksichtigung gefunden. Die Nothwendigkeit von Untersuchungen iiber das Stroma betonen WINTER, 1. c. p. 19, der nachdnicklichst auf die Verschieden- heit des morphologischen Werthes der als „Stroma" zusammengefassten Bil- dungen hinvveist (1. c. p. 189), und LINDAU in Engler-Prantl, Nat. Pflanzenfam. 1,1. 4 W. Ruhland. I. Typus der diplostromatischen Entwickelung.') A. Entoplacodialer Formenkreis.1) 1. Diatrype disciformis (Hoffm.) Fries, ein annahernd vollstandigr untersuchtes Beispiel. (Material, lebend untersucht, im April 1898 im Nieder-Schonhausener Schlosspark bei Berlin gesammelt.) Wie bei vielen anderen stromafiihrenden Pyrenomyceten, deren Fruchtkorper uns auf feuchtem, faulem Holz so haufig in Waldungen oder Gebiischen auffallen, gehort auch bei Diatrype disciformis die Frage zu den schwierigsten, unter welchen Verhaltnissen des Sub- strates und in welcher Weise die allererste Entwickelung und Aus- breitung bis zur Anlage irgend welcher Fruchtkorper vor sich geht. Ueber die Art und den Ort des Eindringens des Keimschlauches konnen nur experimentelle Untersuchungen Gewissheit schaffen. Jedenfalls sprechen mancherlei Umstande dafiir, dass die erste Thatig- keit des Mycels eine rein parasitische ist.'2) Die uns hier interessirende Entwickelung beginnt jedenfalls stets in abgestorbenem Substrate. Die Art der Ausbreitung des Mycels in ihren Einzelheiten ist fiir uns ebenfalls von geringem Interesse. Wenn das Gewebe des Wirthes, wahrscheinlich in Folge der iibrigens keineswegs in die Augen fallenden Wucherung des Mycels ») Die Erklarung der von mir eingefuhrten morphologischen Bezeichnungen findet im Laufe der Mittheilungen an geeigneter Stelle statt, jedoch erfolgt die Anwendung derselben im Interesse einer ubersichtlicheren Gliederung der Arbeit schon hier. ») Ich konnte mehrfach die auch von Anderen constatirte Bemerkung machen, dass an ausserlich intacten, lebenden Baumen oder Strauchern abgeknickt herabhangende Aeste die Fruchtkorper des Pilzes in alien Stadien von ihrer ersten Entwickelung bis zur Fruchtreife zeigten, wahrend bei anderen, offenbar