Hieronymus Megisers Leben Und Werke. Von
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Hieronymus Megisers Leben und Werke. Von Max Doblinger. Einleitun g. Auf die Glanzperiode des Humauismus in Osterreich unter K. Max I. folgten wieder schlechtere Zeiten für denselben. Die gewaltige Bewegung der Reformation, welche auch hier vielfach die alten Ver- hältnisse umgestaltete, und die häufigen Kriegsläufte jener Jahrzehnte konnten vorerst wenig fördernd auf diese Tätigkeit einwirken und hatten zunächst ein Nachlassen derselben auf dem Boden Österreichs zur Folge. Dieser Rückgang war indes nur von kurzer Dauer. Die Söhne K. Ferdinand 1. besassen wieder stärkere wissenschaftliche, literarische, sowie künstlerische Neigungen. Dazu wird nun ein neues Moment mächtiger und mächtiger: auch hier drang die neue Lehre in raschem Siegeslaufe ein. Als sich der Protestantismus um die Mitte des sech- zehnten Jahrhunderts daselbst einigermassen gefestigt hatte, brach damit eine neue Epoche kulturellen Lebens für unsere Heimat an, deren Bewohner sich zum überwiegenden Teile dem neuen Bekennt- nisse anschlossen. Auch die ständischen Vertretungen waren in ihrer Mehrheit dafür gewonnen und bildeten bei ihrer grossen politischen Bedeutung und Machtstellung alsbald das natürliche Bollwerk des Protestantismus Sie schufen vor allem mit rühmenswertem Eifer ein wohlgeord- netes Schulwesen und scheuten keine Kosten dafür. Die landschaft- *) Vgl. Loserth, d. Reformat, und Gegenreformat. i. d. innerösterreichischen Ländern. Stuttgart, 1898. Brought to you by | Nanyang Technological University Authenticated Download Date | 6/22/15 8:42 AM 432 Max D o b I i η g e r. lichen Schulen und Stifte in Linz1), Graz2), Klagenfurt3) und Laibach4) genossen ein grosses Ansehen. Von allen protestantischen Universitäten Deutschlands zogen die Stände eine ganz beträchtliche Anzahl be- deutender Gelehrter dafür heran; Theologen und Schulmänner, Histo- riographen, Juristen, Mathematiker und Astronomen wie der grosse Kepler, Sprachgelehrte u. a. standen in ihren Diensten, so wie sie auch das Medizin al wesen durch Anstellung von Doktoren und Apo- thekern regelteu. Unter ihrem Kegime wurde die Herausgabe wissen- schaftlicher Werke gefördert, das Bachdruckergewerbe, so in Linz und Graz unterstützt. Ein nicht geringes Mass literarischer und wissen- schaftlicher Bildung verbreitete sich damals in weiten Kreisen des Adels wie der wohlhabenden Bürgerschaft. Nie waren die geistigen Fäden, welche die österreichischen Länder mit dem Keiche verbanden, stärker als in jenen Tagen. Diese schaffensfrohe, noch vom Geiste des Humanismus erfüllte Tätigkeit erstreckte sich auf fast alle Gebiete des damaligen Wissens. Es wäre verfehlt, der immerhin regen, aber unfruchtbaren religiösen Polemik jener Zeit einen allzu grossen Anteil daran beizumessen. Die führenden Männer dieser Kreise, deren Los oft schliesslich ein Exulantendasein wurde, erfreuten sich trotz alledem auch der Achtung und Wertschätzung ihrer katholischen Mitbürger. Die Stürme der Gegenreformation haben auch ihrer Wirksamkeit ein Ende gemacht und damit in so mancher Hinsicht eine vielverheissende Weiterentwicklung abgeschnitten. Einer der bedeutendsten Männer dieser Epoche war Hieronymus Megiser, der als hervorragender Schulmann, Linguist und Polyhistor auf österreichischem Boden in Graz, Klagenfurt und Linz tätig war und in letzterer Stadt als einer der Epigonen des Humanismus auch sein reichbewegtes Leben beschloss. Kaum die wichtigsten Daten aus dem Leben dieses Gelehrten waren bisher sichergestellt, seine viel- seitigen und bedeutenden Werke haben noch nicht die verdiente Wür- digung gefunden. I. Jugend und Universitätsjahre. Hieronymus Megiser ist gleich seinem grossen Landsmanne, dem Astronomen Kepler, mit dessen Schicksalen sein Lebenslauf so manche Ähnlichkeit hat, ein biederes Schwabenkind. ') Vgl. Schiffmann, Das Schulwesen im Lande ob der Enns, 59. Bericht d. Museums Francisco Carolinum in Linz. 2) Peinlich, Geschichte d. Gymnasiums zu Graz, Gymnas. Progr. 1864—1872¡ 3) Labinger, Zur Geschichte d. Gymnas. in Klagenfurt, Gymnas. Progr. 1892. 4) Vgl. Dimitz, Geschichte Krains Bd. II und III. Brought to you by | Nanyang Technological University Authenticated Download Date | 6/22/15 8:42 AM Hieronymus Megisérs Leben und Werke. 433 Er stammt aus einem Schulmannshause, dessen Familienname von dem badischen Orte Meckesheim, südöstlich von Heidelberg, im Volks- munde Mekessen geheissen, herzuleiten sein dürfte1). Sein Vater gleichen Namens war wohl ein Bauernsohn2), um 1525 zu Thann im damaligen Amte (Mark-) Groningen (j. Oberamt Ludwigsburg) geboren. Er wurde am 15. November 1545 in das ,Stipendium" zu Tübingen aufgenommen, befand sich zwei Jahre darauf unter den Bakkalaurei der Artistenfakultät dieser Hochschule und magistrirte am 4. Februar 1551 an derselben. Wo er in den nächsten Jahren weilte, ist nicht festzustellen. Im Jahre 1554 wurde er Collega Paedagogii, der zweite Lehrer des Gymnasiums zu Stuttgart, dessen Leiter der bekannte Alex. Maekliu war, und heiratete dessen Tochter Judith. Als erstes Kind dieser Ehe kam Ende 1554 oder 1555 ein Söhnlein zur Welt, das den Namen seines Vaters erhielt — unser nachmaliger Gelehrter, der somit ein geborener Stuttgarter ist, als welchen ihn später auch die Uni- versitätsmatrikel ausweisen. Klagen über die Tätigkeit Hieronymus' Vater hatten im Februar 1559 die Versetzung nach Kannstadt zur Folge, wo Hirouymus' Vater als Präzeptor, Leiter des Progymnasiums wirkte, 1568 kam er in gleicher Eigenschaft nach Calw; daselbst wurde den Eltern ein zweiter Sohn Georg geboren3). Unter diesen Verhältnissen wuchs unser Hieronymus heran. Ob er, was am wahrscheinlichsten, von seinem Vater, den Crusius einen ausgezeichneten Griechen nennt, herangebildet wurde, oder etwa im Hause seines Grossvaters weilte und dabei das Stuttgarter Gymnasium besuchte, bleibt unsicher. Schon begannen sich die Geistesgaben des talentvollen Jüuglings zu entfalten: die Schätze klassischer Bildung erschlossen sich ihm; er eignete sich die beiden alten Sprachen voll- kommen an und brachte es zu vieler Fertigkeit darin4). Daneben er- weckten Schilderungen fremder Länder und Berichte über wichtige Zeitereignisse mächtig sein Interesse. Wie er selbst erzählt5), machte er sich im Alter von 12 Jahren an eine Beschreibung der Belagerung von Malta (1557), an der seine jugendliche Fantasie Gefallen fand. So prägten sich schon frühzeitig seine Neigungen aus, denen er nach- ') Mitteilung des Herrn Dr. G. Bossert — Nabern b. Kirchheim, Württemberg. 2) Sehmoller, Anfänge des theolog. Stipendiums in Tübingen,· S. 20 und Faber, Württemb. Familienstiftungen, Heft II. S. 23. 3) Vgl. die Stammtafel. 4) Jöchers Gelehrten Lexikon III. col. 356 ; vgl. auch die Verse des jungen M. im (Brenzischen) Κατηχιοιος, ed. Hier Megiser (senior), Tübingen 1588 (Köhler, W., Bibliographia Brentiana, 270). 5) Vgl. die Vorrede zu s. Keyser Chroniken Auszug, Frankfurt a. M. 1603. Mittheilungen XXVI. 29 Brought to you by | Nanyang Technological University Authenticated Download Date | 6/22/15 8:42 AM 434 Max Doblinger. mais in seiner Tätigkeit als Humanist und Linguist, Geograph und Polyhistor nachging. Im Jahre 1571 bezog Hieronymus (Sohn) die Landesuniversität, die sich dazumal der Pest wegen in Esslingen befand, und konnte daher erst am 25. September 1572 in die allgemeine Universitäts- matrikel eingetragen werden. In Tübingen wurde er Lieblingsschüler und Amanuensis Frischlins2), der daselbst seit 1568 als Extraordina- rius wirkte, und machte sich dessen formgewandtes Latein zu eigen. Im Griechischen war Professor Martin Crusius3) sein Lehrer, ein aus- gezeichneter Sprachkenner—Frischlins heftiger Gegner. Mit beiden blieb er späterhin in enger Verbindung. An der Tübinger Hochschule pulsirte damals reges Leben. Ins- besondere standen die Protestanten Österreichs zu dieser Universität in engen Beziehungen4), die vom Herzoge Christof von Württemberg und selbst dem nachmaligen Kaiser Max II. manche Förderung er- fuhren. Von hier wurde eine ganze Anzahl tüchtiger Männer an das evangelische Kirchen- und Schulwesen zumal Inner-Österreichs be- rufen; auch als Erzieher der adeligen Jugend waren dort junge Kräfte gerne gesehen, und viele protestantische Österreicher aus den Ge- schlechtern des Adels und den Familien der evangelischen Geistlichkeit fanden sich damals zum Studium in Tübingen ein. In diesen Kreisen bewegte sich auch Megiser daselbst; der spätere Linzer Schulrektor Johann Memhart, die beiden Söhne des bekannten Krainer Reformators TruberÄ) und dessen jüngerer Genösse Dalmatin6), sowie der nach- malige Grazer Superintendent Wilhelm Zimmermann gehörten zu seinen Studiengenossen. — Beziehungen, die denn für Megisers Zukunft be- deutungsvoll geworden sind. Am 13. Februar 15777) magistrirte er auf der Artistenfakultät und blieb zunächst noch in Tübingen, wo er ein Stipendium des auf einer Privatstiftung beruhenden Studienhauses Martinianum genoss. Im Jahre 1579 bewarb er sich dann um eine Präzeptorstelle an einer der württembergischen Klosterschulen, wozu die tüchtigsten Kräfte ') Universitätsmatriken. Strauss, Leben und Schriften d. Dichters und Philologen N. Ftischlin, Frankfurt a. M. 1856. 8) Aligero, deutsche Biographie, IV. (¡33. 4) Vgl. Loserth, Die steierm. Landschaft etc., Festschrift, Graz, 1898 ; Elze, d. Univ. Tübingen und die Studenten aus Krain, Festschrift, Tübingen, 1877. 5) Vgl. Allgem. deutsche Biographie XXXVIII. 669. ») Ebenda, IY. 712. ') Tübinger Universitätsmatriken. Brought to you by | Nanyang Technological University Authenticated Download Date | 6/22/15 8:42 AM Hieronymus Megisers Leben und Werke. 435 herangezogen