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Band 4, Heft 1:1- 56 Zeitschrift Wiesbaden, Mai 1986 für Vogelkunde (ausgeliefert im Juni 1986) und Naturschu in Hessen
ISSN 0173-0266
Herausgeber: Der Hessische Minister für Umwelt und Energie - Oberste Naturschutzbehörde - Herausgeber:
Der Hessische Minister für Umwelt und Energie - Oberste Naturschutzbehörde - Redaktion: W. Bauer, Frankfurt am Main Dr. H.J. Böhr, Wiesbaden K. Fiedler, Offenbach am Main Dr. W. Keil, Frankfurt am Main K. Möbus, Frankfurt am Main
Druck: C. Adelmann, Frankfurt am Main
Wiesbaden (1986) Alle Rechte vorbehalten.
Für den Inhalt ihrer Beiträge sind die Autoren verantwortlich. 111. .1111116
Band 4 Zeitschrift (1986 -1987) fürVogelkunde und Naturschutz in Hessen
ISSN 0173-0266
Herausgeber: Die Hessische Ministerin für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz - Oberste Naturschutzbehörde - Inhaltsverzeichnis Seite
Berichte
W. BAUER: Anforderungen an eine integrierte Planung des Naturschutzes und der Abgrabungsindustrie - Erfahrungen in Hessen 211 BOTANISCHE VEREINIGUNG FÜR NATURSCHUTZ IN HESSEN et al.: Vorschläge und Forderungen zur Naturschutzpolitik in Hessen 191 J. W. BRAUNEIS: Artkapitel „Waldschnepfe" der neuen „Avifauna von Hessen" 153 J. W. BRAUNEIS & W. BRAUNEIS: Zur Bedeutung von Schutzgebieten für den Brut- bestand einiger ans Wasser gebundener Vogelarten im hessischen Werratal (Werra-Meißner-Kreis) 269 0. DIEHL: Schützt die Obstwiesen! Konsequenzen aus der Streuobstkartierung 3
F.EMDE: Nisthilfen für den Eisvogel (Alcedo atthis) 161 A. ENSGRABER: Hessens neue Naturschutzgebiete (14) 11 A. ENSGRABER: Hessens neue Naturschutzgebiete (15) 135
A. KÖSTER: Brutbestand 1986 und Nahrungsräume der Saatkrähe (Corvus frugilegus) in Hessen 99 G. KRAPF: Nachwachsende Rohstoffe - eine kritische Bewertung aus der Sicht des Natur- und Umweltschutzes 25 H.-J. KRIEG: Das Naturschutzgebiet „Röhrig von Rodenbach" (Main-Kinzig-Kreis) 59 I. MOHR: Zur Schutzwürdigkeit einer stillgelegten Bahntrasse im Hintertaunus 281 F. NÜRNBERGER: Die Populationsentwicklung und die derzeitige Situation der Saat- krähe (Corvus frugilegus) in Hessen 89 K. RADLER: Faunenverfälschung, Artenschutz und Genetik - Konzepte, Fakten und Probleme - 247
J. H. REICHHOLF: Vogelschutz: die Bringschuld der Wissenschaft 345 E. SCHNEIDER & R. SCHULTE: Die Haltung und Zucht von Vögeln und anderen Wild- tieren - Artenschutz der Zukunft? 215 K. SCHREINER: Ackerrandstreifenprogramm erfolgreich in Hessen angelaufen 121 K. SCHREINER: Ackerrandstreifen- und Wiesenprogramm in Hessen: Durchführung und erste Ergebnisse 303 STAATLICHE VOGELSCHUTZWARTE FÜR HESSEN, RHEINLAND-PFALZ UND SAARLAND & HESSISCHE GESELLSCHAFT FÜR ORNITHOLOGIE UND NATUR- SCHUTZ E.V.: Rote Liste der bestandsgefährdeten Vogelarten in Hessen.-7. Fassung, Stand 1. Januar 1988 335 K.-U. STÖRKEL: Einige Vorschläge für den naturnahen Ausbau von kleineren Fließ- gewässern 39
K.-U. STÖRKEL: Naturschutz und Entwässerungsgräben - Anregungen und Tips 117 Seite
U. WESTPHAL: Tümpel - Lebensraum für Überlebenskünstler 111
P. WÖLFING: Erfahrungen in einer Vogelauffangstation - eine erneute Bilanz nach weiteren drei Jahren 105
Kleine Mitteilungen
ARBEITSGEMEINSCHAFT DER DEUTSCHEN VOGELSCHUTZWARTEN: Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Vogelschutzwarten zum Problem des Aussetzens von Weißstörchen 175
H. BUB: Eissturmvogel (Fulmarus glacialis) bei Kassel 47
D.& 0. DIEHL: Schwalben mit flugunfähigmachendem Gespinst im Gefieder 328
K. FIEDLER: Bemerkenswerte Brutzeitbeobachtungen in Hessen 1986 165 K. FIEDLER & K. MÖBUS: Bemerkenswerte Brutzeitbeobachtungen in Hessen 1987 353
0. JOST: Brutökologische Besonderheiten bei Baumfalke (Falco subbuteo), Eichel- häher (Garrulus glandarius) und Kuckuck (Cuculus canorus) 1986 im Landkreis Fulda 361 W. KEIL: Richtigstellung zu: Festschrift „Der Wanderfalke in Baden-Württemberg - gerettet!" 180 K. KLIEBE: Steppenkiebitz (Chettusia gregaria) bei Kirchhain/Kreis Marburg- Biedenkopf 327 H.-J. KRIEG: Erstnachweis der Alpendohle (Pyrrhocorax graculus) in Hessen 48 H.-J. KRIEG: Berichtigung zu „Das Naturschutzgebiet Röhrig von Rodenbach" (Main-Kinzig-Kreis) 180
L.MALLACH: Beobachtungen zum Bruterfolg eines Haubentaucher-Bestandes 1985 auf künstlich angelegten Wasserbecken 123 L. MALLACH: Schlafplatzflüge überwinternder Krähen-Dohlenschwärme (Corvidae) im Raum Wiesbaden-Biebrich und Mombacher Ufer, Budenheim 126 K. MÖBUS: In Schweden beringte Streifengänse (Anser indicus) überwintern in Frankfurt am Main 174 G. RHEINWALD: Presseerklärung der Deutschen Sektion des Internationalen Rates für Vogelschutz e.V. (DS/IRV) 179 K. STAIBER: Berichtigung zu Schellenten-Brut 1985 47
Aus der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland
A. HARBODT: Schutz der Streuobstwiesen -ein Beitrag zum Hessischen Naturschutz- programm 41
G. LESSING: Anhang zu „Steuobstkartierung" 44 Seite
R. ROSSBACH: 50 Jahre Vogelschutzwarte Frankfurt-Bericht über die Jubiläumsfeier im Römer zu Frankfurt am Main 363 W. KEIL: Zur Bejagung von Krähenvogelarten -Stellungnahme der Staatl. Vogelschutz- warte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland anläßlich der Anhörung im Landtag von Rheinland-Pfalz am 26. November 1987 367
Aktuelle Mitteilung der Redaktion
Birkenzeisig- (Carduelis flammea)-Invasion in Hessen 181
Zeitschriftenschau
Bundeswildschutzverordnung (BWildSchV) 49
Pressemitteilung: Naturschutzverbände klagen gegen die Freigabe von Rabenvögeln zum Abschuß 370
Persönliches K.-H. BERCK: Erinnerungen an LUDWIG GEBHARDT 182 W. KEIL: In memoriam OTTO VÖLKER (1907-1986) 185
Neue Literatur: 10, 23, 24, 40, 46, 56, 98, 110, 116, 120, 122, 131, 132, 160, 186-188, 268, 280, 301-302, 326, 330-332, 362, 371-376
Vorankündigung: Atlas der Brutvögel Luxemburgs 181
Herausgeber:
Die Hessische Ministerin für Landwirtschaft, Forsten und Naturschutz - Oberste Natuschutzbehörde - D-6200 Wiesbaden, Hölderlinstraße 1-3 Redaktion: W. Bauer, Frankfurt am Main Dr. H.-J. Böhr, Wiesbaden K. Fiedler, Offenbach am Main Dr. W. Keil, Frankfurt am Main K. Möbus, Frankfurt am Main Druck: C. Adelmann, Frankfurt am Main
Alle Rechte vorbehalten. Für den Inhalt ihrer Beiträge sind die Autoren verantwortlich. IV Band 4, Heft 1:1- 56 Zeitschrift Wiesbaden, Mai 1986 für Vogelkunde (ausgeliefert im Juni 1986) und Naturschutz in Hessen
ISSN 0173-0266
Herausgeber: Der Hessische Minister für Umwelt und Energie - Oberste Naturschutzbehörde - Inhaltsverzeichnis
Seite
0. DIEHL: Schützt die Obstwiesen! Konsequenzen aus der Streuobstkartierung 3
A. ENSGRABER: Hessens neue Naturschutzgebiete (14) 11
G. KRAPF: Nachwachsende Rohstoffe - eine kritische Bewertung aus der Sicht des Natur- und Umweltschutzes 25
K.-U. STÖRKEL: Einige Vorschläge für den naturnahen Ausbau von kleineren Fließgewässern 39
Aus der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland
A. HARBODT: Schutz der Streuobstwiesen - ein Beitrag zum Hessischen Naturschutzprogramm 41
G.LESSING: Anhang zu „Streuobstkartierung" 44
Kleine Mitteilungen
H.BUB: Eissturmvogel (Fulmarus glacialis) bei Kassel 47
Berichtigung zu Schellenten-Brut 1985 47
H.-J. KRIEG: Erstnachweis der Alpendohle (Pyrrhocorax graculus) in Hessen .... 48
Bundeswildschutzverordnung (BWildSchV) 49
Neue Literatur 10, 23, 24, 40, 46, 56
2 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 4: 3 - 9 (1986)
Schützt die Obstwiesen! Konsequenzen aus der Streuobstkartierung * von OTTO DIEHL, Babenhausen-Langstadt
Die Obstbäume wurden in Hessen in den Jahren 1938,1951 und 1965 gezählt. Die dabei ermit- telten und vom Statistischen Landesamt (1953, 1967) zusammengefaßten Zahlen sind jedoch nur bedingt miteinander vergleichbar, weil die Zählungen jeweils unter etwas veränderten Gesichtspunkten erfolgten. Trotz dieser Einschränkung sind die Ergebnisse eindeutig.
Die Gesamtzahlen aller Obstbäume, vom Apfel bis Pfirsich, vom Hochstamm bis zum Spindel- busch, an allen Standorten von der Feldgemarkung bis zum Hausgarten, betrugen in Hessen:
1938 = 13.184.000 Stück 1951 = 12.660.000 Stück 1965 = 10.500.000 Stück, was bis dahin, über den Zeitraum von 1938 bis 1965 hinweg, eine Abnahme von etwa 20 0/0 bedeutet.
Bei unserer neuen, von der Vogelschutzwarte, in Verbindung mit dem Deutschen Bund für Vogelschutz (DBV) und der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON), veranlaßten Bestandsaufnahme werden wir eine hiermit direkt vergleichbare Zahl nicht erhalten, weil wir dabei nur den Baumbestand in der Feldgemarkung erfassen.
Für den Altkreis Dieburg in seiner früheren Größe, einschließlich der durch die kommunale Gebietsreform inzwischen abgetrennten Gemeinden, stehen mir folgende Zahlen zur Ver- fügung: 1951 = 321.433 Stück 1965 = 251.673 Stück.
Auch hierbei sind alle Obstsorten, alle Baumformen und alle Standorte enthalten. Für die Zeitspanne 1951 bis 1965 beträgt die Abnahme rund 22 %.
Bei der von uns 1983 bis 1985 durchgeführten Baumkartierung wurden nur noch 46.400 Bäume ermittelt, wobei im Gegensatz zu den vorausgegangenen Zählungen nur die Bäume in der freien Feldgemarkung erfaßt wurden. Haus- und Obstgärten im Siedlungsbereich blieben genauso unberücksichtigt, wie eingezäunte Erwerbsobstanlagen. Weiterhin ist zu bedenken, daß der frühere Landkreis Dieburg durch die Abtrennung von 11 Ortschaften inzwischen von ehemals 450 qkm auf ca. 370 qkm verkleinert wurde. Ein unmittelbarer Vergleich ist also auch hier nicht möglich.
* Diesem Manuskript liegt ein Vortrag zugrunde, den der Verfasser bei der Fachtagung des Landesverbandes Hessen im Deutschen Bund für Vogelschutz (DBV) am 20.10.1985 in Dieburg gehalten hat. 3 Außerdem möchte ich die Zahlen für die Gemarkung Langstadt, meinen Heimatort, nennen. Es waren: 1951 = 4.339 Stück 1965 = 2.007 Stück Obstbäume; alle Sorten, alle Baumformen, alle Standorte. Unsere Zählung 1983/84 ergab nur noch 771 Obstbäume in der freien Feldgemarkung.
Allein auf die Hochstamm -Apfelbäume bezogen, ergibt sich folgendes Bild: Hessen 1951 = 4.545.896 1965 = 3.485.200 - 1965 allerdings einschließlich der Halbstämme. Auf das Gesamtergebnis der jetzigen hessenweiten Zählung, speziell die Apfel-Hochstämme betreffend, darf man gespannt sein.
Im Altkreis Dieburg, wo die neuen Zahlen bereits vorliegen, sieht der Vergleich so aus: 1951 = 155.689 Apfel-Hochstämme, alle Standorte 1965 = 142.575 - wie vor - jedoch einschließlich Halbstämme 1985 = 20.083 Apfel-Hochstämme in der freien Feldgemarkung.
Um die Ergebnisse von 1951 und 1984 zueinander in Beziehung setzen zu können, müssen wir die Zahl von 1951 mit 155.689 Apfel-Hochstämmen um rund 27.000 Bäume kürzen, die in den damals miterfaßten, jedoch inzwischen abgetrennten Gemarkungen Asbach, Brensbach, Fränkisch-Crumbach, Gundernhausen, Klein-Bieberau, Messenhausen, Nieder-Roden, Ober-Roden, Urberach, Webern und Wersau standen. Die verbleibende Summe beträgt 128.689 Apfel-Hochstämme.
Diese Zahl muß weiter reduziert werden um die Apfel-Hochstämme, die 1951 im Bereich der Obst- und Hausgärten und in den reinen Erwerbsobstanlagen miterfaßt wurden. Wenn wir für diesen Komplex 28.689 Bäume abziehen, so bleiben für 1951 rund 100.000 Apfel-Hoch- stämme, die sowohl vom Standort in der freien Feldgemarkung her, als auch in der flächen- mäßigen Ausdehnung mit unserem heutigen Arbeitsgebiet übereinstimmen.
Dies bedeutet von 100.000 Apfel-Hochstämmen im Jahr 1951 auf 20.083 in 1984 einen Rück- gang um rund 80%!
Auch hier möchte ich den Vergleich in der Gemarkung Langstadt anschließen: 1951 = 2.300 Apfel-Hochstämme 1965 = 1.420 Apfel-Hochstämme (einschließlich Halbstämme) 1984 = 626 Apfel-Hochstämme Der Rückgang seit 1951 beträgt rund 73 %.
Alle Zahlen zeigen, trotz mancher Einschränkungen im Hinblick auf die Vergleichbarkeit, den enormen Rückgang der Baumbestände allgemein und ganz speziell der Apfel-Hochstämme in der freien Feldgemarkung. Die ständige Reduzierung war zwar unübersehbar, nunmehr liegen jedoch für weite Teile Hessens konkrete Zahlen vor, die dem letzten Zweifler die Notwendigkeit des Baumschutzes begreiflich machen.
Mein Aufruf geht jetzt, auch von dieser Stelle aus, an alle, die die Streuobstkartierung in ihrem Bereich noch nicht abgeschlossen oder die Ergebnisse noch nicht abgeliefert haben. Empfänger für die Kartierungsunterlagen ist die Staatliche Vogelschutzwarte für Hessen, 4 Abb. 1: Ein idealer Zustand: alte und junge Hochstammapfelbäume auf einer Mähwiese. Solche Streuobstwiesen bereichern die Landschaft ungemein; sie sind Lebens- räume einer vielfältigen Tierwelt und von hoher Schutzwürdigkeit.
Aufnahme: OTTO DIEHL, Gemarkung Langstadt 1950
5 Rheinland-Pfalz und Saarland in Frankfurt. Dort werden die Meldungen ausgewertet und zusammengefaßt. Anleitungen für die Kartierung wurden durch A. HARBODT: Biotopschutz- programm: „Streuobstwiesen" in „Vogel und Umwelt", Band 2, Heft 3, Dezember 1982 sowie in verschiedenen Verbandsrundschreiben gegeben. Da die neuen Ergebnisse für Hessen insgesamt noch nicht vorliegen, stütze ich mich auf die Resultate im Altkreis Dieburg, die für viele Bereiche Hessens Gültigkeit haben dürften: Der starke Rückgang der Streuobstbestände hat verschiedene und schon oft diskutierte Ursachen, die hier nicht wiederholt werden sollen. Die Auswirkungen sind gravierend für das Landschaftsbild, weil mit dem Wegfall der Hochstamm-Obstbäume gliedernde und bele- bende Strukturen verloren gehen; die Landschaft wird uniform und eintönig; sie wirkt ausge- räumt und verliert ihren Reiz. Noch schwerwiegender als dieser mehr optische Aspekt, ist der damit verbundene Verlust von wertvollen Lebensräumen für eine spezialisierte Tierwelt und unter bestimmten Voraus- setzungen auch von artenreichen Pflanzengesellschaften. Wegen dieser herausragenden Bedeutung muß der Lebensraum „Streuobstwiese" erhalten und noch stärker als bisher gefördert werden. Grundlage für dieses Biotopschutzprogramm ist die Kartierung der Streuobstbestände im ganzen Land. Im Altkreis Dieburg wurde die Kartierung von Mai 1983 bis Juni 1985 von rund 50 Mitarbeitern durchgeführt. Die Erfassung wurde zunächst als Einzelbaumkartierung auf Flurkarten 1:2000 begonnen; jedoch in der letzten Phase, dort wo sich Bearbeitungsengpässe ergaben, ist das Verfahren soweit vereinfacht worden, daß die auf einer bestimmten Fläche vorhandenen Bäume auf topographischen Karten 1:25000 mit dem Flächenumriß festgehalten und auf einem Beiblatt näher erläutert wurden. Bereiche mit mehr als 7 Bäumen sind sodann als Streuobstgebiete registriert und mit einer Kenn-Nummer versehen worden. Auf dem bereits erwähnten Beiblatt sind neben der zahlen- mäßigen Erfassung der Bäume auch Fragen zur Bodennutzung, Baumpflege, Störungen und Gefährdungen enthalten. Die ermittelten Baumbestände wurden in einer Übersichtskarte gemarkungsweise einge- tragen. Dabei zeigte sich nunmehr definitiv welch' geringe Restbestände in den Gemarkungen mit intensiver Landwirtschaft und stark ausgedehnter Bebauung übriggeblieben sind. Beim Vergleich der verschiedenen Einheiten der naturräumlichen Gliederung unseres Arbeitsgebietes, finden sich die größten Streuobstbestände im Bereich des östlichen Rein- heimer Buckels, des Otzberger Randhügellandes und der Kleinen Bergstraße. Die Hanglagen mit einer etwas bewegteren Topographie verhindern die landwirtschaftliche Totalnutzung, was den alten Bäumen in gewissem Umfang zugute gekommen ist. Von den insgesamt ermit- telten 32.850 Hochstamm-Obstbäumen sind 20.083 oder 61,1 %Apfelbäume. Dieser Anteil an Apfelbäumen entspricht weitgehend den Ergebnissen, die von anderen Gebieten bekannt sind. Steinobst steht mit 6.459 Bäumen bzw. 19,7 0/0 an zweiter Stelle, gefolgt von Birnen mit 2.667 Bäumen oder 8,10/0. Neben dem Bestand von 32.850 Hochstamm-Obstbäumen wurden 13.551 Niedrigstämme erfaßt. Die Gesamtzahl der Niedrigstämme ist allerdings wesentlich höher, weil die Bäume in Gärten und Obstplantagen nicht registriert wurden. Die Altersstruktur der Hochstammbäume ergab folgendes Bild: 50,3 0/oalten Bäumen, die teil- weise überaltert und abgängig sind, stehen 12,0% Jungbäume gegenüber. Zur kontinuier- lichen Erhaltung eines Streuobstbestandes ist jedoch ein Anteil von 30% jungen Bäumen erforderlich - das heißt die Nachpflanzung von jungen Bäumen ist besonders dringlich, und das bisher Geschehene reicht bei weitem noch nicht zur Stabilisierung aus. 6 Abb. 2: Der Steinkauz, als Bewohner der Feldgemarkung und als Höhlenbrüter, ist sehr aus- geprägt auf Obstwiesen mit Hochstammbäumen angewiesen. In den Höhlungen alter Bäume oder in dort angebrachten Brutröhren zieht er seine Jungen auf, und im Umfeld jagt er bevorzugt nach Mäusen, Insekten und Regenwürmern.
Aufnahme: OTTO DIEHL, Gemarkung Langstadt 1950
Bei der Bewertung der ökologischen Bedeutung von Streuobstgebieten spielt die Bestands- größe, das heißt die Anzahl an Bäumen je Streuobstgebiet, eine besondere Rolle. Da diese Gebiete in ihrer Habitatfunktion zwischen lichten Feldgehölzen und Einzelbäumen vermitteln, können sie diese Funktion mit abnehmender Bestandsgröße immer weniger erfüllen. Arten- vielfalt setzt den erforderlichen Lebensraum nach Größe und Beschaffenheit voraus.
Die Streuobstkartierung ergab, daß vorwiegend nur noch kleine Baumgruppen vorhanden sind. So weisen 250 Streuobstgebiete bis 25 Bäume auf, das sind 48,10/0 der ermittelten Gebiete - jedoch nur insgesamt 6,6% umfassen mehr als 200 Bäume. Wenn man davon ausgeht, daß bei einem Flächenbedarf von 100 qnn pro Hochstamm auf einen Hektar 100 Hochstämme gepflanzt werden können, so wird die geringe Flächenausdehnung der Streu- obstgebiete deutlich.
Bei dieser Überlegung darf jedoch nicht unberücksichtigt bleiben, daß die meisten Gebiete nur mit 50% und weniger der möglichen Dichte bestockt sind. 7 Die Ergebnisse im einzelnen: bis 25 Bäume = 250 Gebiete = 48,1% 26 - 50 = 114 Gebiete = 21,9 0/0 51 - 100 = 73 Gebiete = 14,0 0/0 101 - 150 = 38 Gebiete = 7,3% 151 - 200 = 11 Gebiete = 2,1 0/0 201 - 250 = 8 Gebiete = 1,5 0/0 251 - 300 = 5 Gebiete = 1,0 0/0 301 - 400 = 11 Gebiete = 2,1 0/0 401 - 500 = 5 Gebiete = 1,0% 501 - 600 = 3 Gebiete = 0,6% 601 - 700 = - Gebiete = 701 - 800 = 1 Gebiet = 0,2% 801 - 900 = 1 Gebiet = 0,2%
Als Konsequenz hieraus ergeben sich unter dem Generalziel „Erhaltung und Sicherung der Streuobstbestände" folgende Aufgaben: - Bestandssicherung durch Vereinbarungen mit den Grundstückseigentümern;
- Pacht oder Ankauf von Grundstücken durch Naturschutz oder öffentliche Hand; - Einbindung von Kirchen- und Gemeindegrundstücken in das optimale Schutzkonzept; - Durchsetzung von Ersatzpflanzungen, wenn im Zuge von Bebauungsplänen Eingriffe in Streuobstbestände unvermeidbar sind; - Ausweisung als Geschützte Landschaftsbestandteile oder Landschaftsschutzgebiete;
- Pflege der Altbäume unter Naturschutzgesichtspunkten - also Erhaltung eines Totholz- anteils;
- Nachpflanzung und Pflege von Jungbäumen, natürlich Hochstämme: Apfel, Birne, da und dort auch Walnuß, unter Verwendung alter, starkwüchsiger, unempfindlicher und standort- gemäßer Sorten sowie Erhaltung der alten Lokalsorten; - Anbringung von Schutzvorrichtungen gegen Wildverbiß und gegen Beschädigungen durch das Weidevieh; - Reduzierung der Weidenutzung;
- Erhaltung der Grünlandnutzung und Übergang zur extensiven Handhabung, möglichst ohne Düngung - vor allem ohne Stickstoff; - Obstbaumnutzung ohne Biozidanwendung; - Erhaltung der sonstigen Biotopstrukturen, wie Hecken, Raine, Trockenmauern; - Herrichtung zusätzlicher Biotopelemente, wie Reisighaufen, Starkholzhaufen (Holzstöße), Steinhaufen;
- Neuanpflanzung von Hecken, z. B. an Hangkanten und als Abgrenzung gegen eine anschlie- ßende Ackernutzung; - eventuell Einrichtung von Wasserstellen oder Kleintümpeln;
- Neuanpflanzung von Hochstämmen, wo immer sich die Gelegenheit dazu bietet und erst recht dort, wo die Voraussetzungen für den Aufbau eines dauerhaften Streuobstbestandes in einer gewissen Größe gegeben sind. 8 fig) 41) fit
Abb. 3: Rebhühner bei der Nahrungssuche im Winter. Unter den Hochstamm-Apfelbäumen graben sie im Schnee nach Fallobst. Aufnahme: OTTO DIEHL, Gemarkung Langstadt 1951
Das sind Aufgaben, die uns für den Rest unseres Lebens beschäftigen werden. Die Renais- sance der hochbaumbestandenen Obstwiesen wird uns jedoch nur dann wirklich gelingen, wenn wir es fertigbringen, unsere Mitmenschen für den Hochstamm, als die landschaftsge- mäße Baumform der Feldgemarkung zu motivieren; wenn wir erreichen, daß die Zuneigung zum schmackhaften, am Hochstamm gereiften Apfel weiter wächst und der besondere Natur- schutzwert des Lebensraumes „Streuobstwiese" bewußt wird.
Literatur:
BLAB, J. (1984): Grundlagen des Biotopschutzes für Tiere. — Schriftenreihe für Landschafts- pflege u. Naturschutz, Heft 24. Hessisches Statistisches Landesamt, Wiesbaden (1953): Die Obstbaumzählung 1951 in Hessen (1967): Obstbaumzählung 1965 SOMMER, U. (1985): Zusammenfassung der Streuobstkartierung im Altkreis Dieburg.
Anschrift des Verfassers: OTTO DIEHL, Dr. Diehl-Straße 9, 6113 Babenhausen-Langstadt 9 Neue Literatur
MÜLLER, F. (1985): Wildbiologische Informationen für den Jäger: Jagd + Hege Ausbildungs- buch VIII. Ferdinand Enke Verlag Stuttgart. 190 Seiten, 134 Abbildungen. Durch den vorliegenden Band findet die bewährte Reihe lebendiger Monographien wild- lebender Tiere aus der Schreib- und Zeichenfeder von Dr. Franz Müller ihre erwartete und will- kommene Fortsetzung (vgl. erste Besprechung in dieser Zeitschrift, Band 3, Heft 2, Seite 88, 1984). 4 Säugetier- und 11 Vogelarten werden in grundlegender Darstellung, mit neuen Erkenntnissen, selbsterlebten Beobachtungen und treffenden Zeichnungen anschaulich vorgestellt. Wieder spricht der Autor von einer bunten Vielfalt von Tieren an, die dem Jäger und sonstigen Naturfreund teils häufiger, teils seltener begegnen und die meist auch als exempla- risch für jeweils besondere Probleme der freilebenden Tierwelt betrachtet werden können: Das Alpensteinwild beispielsweise als ausgeprägte Hochgebirgs-Art, deren Bestände sich durch hegerische Maßnahmen erholt haben; leidtragend infolge verschmutzter Fließge- wässer und vom Aussterben bedroht, der Fischotter, dessen versuchte Wiederansiedlung anspruchsvoller Voraussetzungen bedarf; nach Meinung vieler Menschen am besten wieder ausgerottet gehörte der anpassungsfähige Bisam, ursprünglich aus Nordamerika stammend und hier seit 1905 aus Zuchtgehegen entwichen; das Sorgenkind weiter Bevölkerungskreise, der Weißstorch, dessen rapider Rückgang in der Bundesrepublik das Schwinden von Feucht- gebieten, extensiv genutzter Talauen und Beutetieren signalisiert, aber auch die Gefahren des zunehmenden Leitungsdrahtgewirrs in der Landschaft; die Turteltaube konnte vor kurzem aus der Roten Liste gestrichen werden, aber weniger wegen ansteigender Bestände als aufgrund genauerer Erkenntnisse, daß sie wohl doch noch nicht bestandsgefährdet ist; schließlich der „Vogel des Jahres" 1986 des Deutschen Bundes für Vogelschutz, die Saatkrähe, die im Winter zu zehntausenden zählt, aber nur in kleiner Anzahl bei uns brütet. Weiter sind behandelt: Mauswiesel - Zwergtaucher, Krick- und Tafelente, Fischadler, Wespenbussard, Moor- schneehuhn, Waldschnepfe, Waldohreule. Vom Geplanten sind damit jetzt 60 Arten (19 Säugetiere und 41 Vögel) behandelt. 90 stehen noch aus (23 Säugetier- und 67 Vogelarten), Stoff für 6 weitere Folgen mit je 15 Arten. Nach diesem „fachliterarischen Reviergang" möchte man zitieren: Mit Euch, Herr Doktor, zu spazieren, ist ehrenvoll und ist Gewinn. H.-J. BÖHR
PIECHOCKI, R. (1985): Der Uhu. - Die Neue Brehm-Bücherei Nr. 108, 128 S., 43 Abb., 5. Auf- lage, A. Ziemsen-Verlag Wittenberg-Lutherstadt. - Vertrieb in der Bundesrepublik, Öster- reich und der Schweiz durch Verlag Neumann-Neudamm, 3508 Melsungen. Bis vor wenigen Jahren gehörte in Mitteleuropa der Uhu zu den vom Aussterben bedrohten Brutvogelarten. Zwischenzeitlich gelang es nicht nur diesen Abwärtstrend zu stoppen, sondern es konnte zumindest in Bayern und Baden-Württemberg eine autochthone Popula- tion erreicht werden. Die Bemühungen im Breich des rheinischen Schiefergebirges durch das Aussetzen gezüchteter Junguhus eine sich selbsttragende Population aufzubauen, kann noch nicht abschließend beurteilt werden. Noch werden dort jährlich zahlreiche Uhus fliegen gelassen um Abgänge auszugleichen. Als gesichert kann eine Uhupopulation aber erst dann gelten, wenn sich die Brutpaare ohne menschliche Hilfe halten können. Dieser Beweis muß erst noch erbracht werden (Erfolgskontrolle). Die in der 5. (überarbeiteten) Auflage vorgelegte Uhu-Monographie ermöglicht einen umfassenden Überblick über diese Großeule. Sehr ausführlich wird über das Vorkommen in Europa und die Brutbiologie berichtet. Das Literatur- verzeichnis umfaßt 8 Seiten. Angemerkt sei, daß das Kapitel „Nutzen und Schaden" ersatzlos gestrichen werden sollte. Eine Schaden-Nutzen-Analyse widerspricht weitgehend heutigen ökologischen Erkenntnissen. Die vorliegende Neuauflage der Uhu-Monographie ist eine weitere Bereicherung der Brehm-Bücherei. W. KEIL 10 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 4: 11-23 (1986)
Hessens neue Naturschutzgebiete (14) von ALBRECHT ENSGRABER, Wiesbaden
Vorbemerkung Die vorliegende Reihe von Kurzbeschreibungen der hessischen Naturschutzgebiete wertet die in den amtlichen Akten der Hessischen Landesanstalt für Umwelt in Wiesbaden sich befin- denden Gutachten und sonstigen Ausweisungsunterlagen aus. Diese verdankt der amtliche Naturschutz zu einem großen Teil freiwillig tätigen Fachleuten und Ortskundigen, Privatper- sonen, Mitgliedern der Verbände, insbesondere Botanische Vereinigung für Naturschutz in Hessen, Deutscher Bund für Vogelschutz und Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz, sowie Mitarbeitern wissenschaftlicher Institutionen, wie Bundesforschungsanstalt für Naturschutz und Landschaftsökologie in Bonn, Forschungsinstitut Senckenberg in Frankfurt, Limnologische Flußstation des Max-Planck-Instituts für Limnologie in Schlitz sowie Hoch-und Fachschulen. Es wird um Verständnis gebeten, daß angesichts des Bemühens um knappe Texte diese wertvollen Quellen - im Gegensatz zu wissenschaftlichen Veröffentlichungen - hier nicht im einzelnen zitiert werden können. Dies muß ausführlichen Gebietsbeschreibungen vorbe- halten bleiben. Doch es sei der Anlaß genutzt für einen verbindlichen Dank an alle, die ihre Kenntnisse bei der fachlichen Begründung der Schutzwürdigkeit der dann ausgewiesenen und hier vorgestellten Naturschutzgebiete eingebracht haben. Die Naturschutzgebiete werden hier in der zeitlichen Reihenfolge der Veröffentlichung ihrer Schutzverordnungen im Staatsanzeiger abgehandelt. Diesmal sind drei Gebiete nachzu- tragen, die eigentlich in die Folge 11 nach „NSG 'Weidenau von Hirschhorn" (Kreis Berg- straße), Band 3, Heft 2 (1984), S. 91/92, gehört hätten:
NSG „Kleinseggensumpf bei Breungeshain" (Vogelsbergkreis) VO vom 6. September 1983 (StAnz. S. 1920); in Kraft getreten: 27. September 1983
Das 7,51 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Hoher Vogelsberg, Oberwald", am Nordwesthang des Hoherodskopf in einer Höhe von 600 bis 700 m über NN im oberen Einzugsgebiet des Eichelbaches, einem oberen Zufluß der Nidda. Geologisch-hydrologisch ist das Gebiet gekennzeichnet durch die Quellen des „Kirschwiesenborns" bei einem Vor- kommen von unverwitterten Basaltblöcken unterschiedlicher Größe, die Teile des Hang- schuftes bilden. Dieser ist aus einem größeren Einzugsbereich hier während der Eiszeit zusammengedriftet, was trotz der geringen Hangneigung von ca. 10% durch das Bodeneis des damals dauerhaft gefrorenen Untergrundes möglich war. Die geologischen Bedingungen haben zu einem kleinflächig sehr wechselhaften Biotop von Pflanzengesellschaften geführt, die von auf höher liegenden flachgründigsten Borstgrasrasen bis zur Grauseggen-Sumpf- wiese (Carici canescentis Agrostietum caninae) reichen. Letztere ist eine in der Hauptverbrei- tung nordische Flachmoorgesellschaft mit der Bindung an kalkarmes, aber nicht ausge- sprochen nährstoffarmes Wasser, welches im vorliegenden Falle durch die basaltischen Vorbedingungen geliefert wird. Die folgenden z. T. auf der Roten Liste Blütenpflanzen Hessen stehenden Pflanzenarten kommen hier vor: Zottige Fetthenne (Sedum villosum), Herzblatt (Parnassia palustris), Kleines Quellkraut (Montia fontana), Flügel-Johanniskraut (Hypericum tetrapterum), Dunkelgrünes Weidenröschen (Epilobium obscurum). 11 NSG „Bruch von Brensbach" (Odenwaldkreis) VO vom 8. September 1983 (StAnz. S. 1923); in Kraft getreten: 27. September 1983
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - Maßnahmen zur Trinkwasserversorgung und aller damit verbundenen Anlagen
Das 5,5 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Reinheimer Hügelland, Gersprenz- grund" unmittelbar westlich der hier neu ausgebauten B 38. Es handelt sich um eine Feucht- mulde, die vom Kilsbach in nördlicher Richtung durchflossen wird. Der Grundwasserstand wird einerseits durch die Gersprenz, den Kilsbach und von Osten her zuströmendes Grund- wasser bestimmt, andererseits breitet sich der Absenkungstrichter des nahe westlich gele- genen Brunnens der Gemeinde Brensbach im Gebiet aus. Vorgeschlagen ist die Entfernung der Beton-Halbschalen aus dem Bachbett des Kilsbaches und eine Rückhaltung des gebiets- bürtigen Wassers am nördlichen Auslauf des vorhandenen Grabensystems. Nach 1940 wurde die bis dahin geübte vollständige Grünlandnutzung mehr und mehr aufge- geben. Seitdem haben sich besonders im Nahbereich des Kilsbaches Schwarzerle, Zitter- pappel und verschiedene Weidenarten ausgebreitet. Offene Flächen mit Großseggenbe- ständen, Rohrkolben und Schilf befinden sich überwiegend im Osten und Südosten. Als Rote- Liste-Art kommt das Sumpf-Weidenröschen vor. Mindestens 33 Brutvogelarten, darunter die Turteltaube, wurden festgestellt; als Durchzügler und Gastvogel sind 17 Vogelarten der Roten Liste Hessen nachgewiesen.
NSG „In den Weiden bei Blankenheim" (Kreis Hersfeld-Rotenburg) VO vom 12. September 1983 (StAnz. S. 1924); in Kraft getreten: 27. September 1983
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - die Ausübung der Fischerei im Rahmen erforderlicher Pflegemaßnahmen
Das ca. 5 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Friedlos Mecklarer Fuldatal" in einer Dreiecksfläche zwischen dem linken Fulda-Ufer und der Bundesbahnstrecke. Der größte Teil der Fläche wird von einer ehemaligen Kiesgrube eingenommen, die jetzt von einem Grund- wassersee ausgefüllt wird. Dieser hat Brut-, Rast-, Nahrungs- und Trittsteinfunktion für Enten, Rallen und Taucher. In der Ufer- und Gebüschvegetation bestehen gute Brutmöglichkeiten für Singvogelarten. Wegen des im Norden geplanten großen Industrie- und Gewerbegebietes, das auch potentieller Kraftwerksstandort ist, bestanden gegen die Ausweisung des Natur- schutzgebietes von anderer Seite erhebliche Bedenken.
NSG „Wüster Forst bei Rüsselsheim" (Kreis Groß-Gerau) VO vom 2. Oktober 1984 (StAnz. S. 2072); in Kraft getreten: 23. Oktober 1984
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - forstliche Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen, die der Förderung des geschütz- ten Waldes dienen, im Einvernehmen mit der oberen Naturschutzbehörde; - der Betrieb der Brunnenanlage „Gut Schönau" des Wasserwerkes Mainz im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Erlaubnis; - die Einzeljagd auf Schalenwild und Wildkaninchen - einschließlich der Frettierjagd - in der Zeit vom 16. Juli bis zum 31. März. 12 Das ca. 37 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Rhein-Main-Niederung, Rüssels- heimer Sand", südlich von Rüsselsheim. Im Norden bildet eine Autobahn, im Südwesten eine Bundesbahnstrecke die Grenze; innerhalb der südöstlichen bogenförmigen Begrenzung liegt eine ehemalige Mainschlinge („Osterbach"). Bis auf Randbereiche handelt es sich um eine ehemalige Sand-Kiesgrube, die vom Abbau einer Binnendüne herrührt. Seither ist durch Sukzession unter Einfluß von Schwankungen des Grundwasserspiegels ein außerordentlich reich strukturierter Feuchtbiotop mit vielfältiger Planzen- und Tierwelt entstanden.
Dominierender Teil ist ein Flachgewässer im mittleren Gebietsteil, das je nach Wasserstand sich über Feuchtwiesen im Osten und Westen ausdehnt. An mehreren Stellen befinden sich waldartige Bestände, die teils durch Anpflanzung, teils durch Sukzession entstanden sind. Im Nordosten liegt eine trockene Kiesfläche, an zwei Stellen im Westen auch Trockenwiesen. Die ansteigenden Randbereiche enthalten noch einige Elemente der ehemaligen Dünenflora (z. B. Chondrilla juncea und Helichrysum arenaria). Infolge des schwankenden Wasserstandes treten Amphibienarten auf, die neu entstandene Biotope rasch besiedeln und zur Jugendent- wicklung nutzen.
NSG „Mittlere Horloffaue" (Wetteraukreis und Kreis Gießen) VO vom 15. Oktober 1984 (StAnz. S. 2153); in Kraft getreten: 6. November 1984
Über die Musterverordnung hinaus ist verboten: - das Naturschutzgebiet zu betreten; Wiesen in der Zeit vom 1. März bis zum 31. August zu eggen, zu walzen und zu schleifen; - die Fischerei im „Unteren Knappensee" auszuüben; - Pferde weiden zu lassen; - die Parzelle Flur 4, Flurstück 79, Gemarkung Unter-Widdersheim („Kuhweid"), landwirtschaftlich oder in anderer Weise zu nutzen;
gestattet: - die Einleitung von Horloffwasser in den „Unteren Knappensee" und die Entnahme von Wasser aus dem „Unteren Knappensee" zur Versorgung des Kraftwerkes Wölfersheim im Rahmen der öffenlich-rechtlichen Erlaubnis; - das Betreten des Naturschutzgebietes in der Zeit vom 1. Juli bis zum 28. Februar auf drei Wegschleifen; - die Ausübung der Jagd auf Schalenwild, jedoch nicht im Bereich des Knappen- sees; auf der „Kuhweid" nur vom 15. November bis 31. März. Auf Niederwild ist eine Gesellschaftsjagd nach dem 15. November, jedoch nicht am Knappensee und nicht an der „Kuhweid", erlaubt.
Das 184 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Wetterau, Horloffniederung", südöst- lich Utphe. Es stellt eines der bedeutendsten Kerngebiete in dem am 15. Januar 1985 einst- weilig sichergestellten künftigen Landschaftsschutzgebiet „Auenverbund Wetterau" dar. Horloff, Lehngraben und Weidgraben durchfließen das Gebiet von Norden nach Süden. Im nordwestlichen Teil befinden sich der „Untere Knappensee", Restloch des ehemaligen Tage- baues IV, eine ca. 35 ha große Wasserfläche mit ca. 14 ha Randstreifen.
Der größte Teil der Fläche wird als Grünland genutzt, das ein reich gegliedertes Bild liefert und infolge mäßig intensiver Nutzung ein hohes Arteninventar aufweist. Vorherrschende Pflanzen- 13 gesellschaft ist die zur Klasse der Feuchtwiesen (Calthion) gehörige Silau-Wiese mit Silau (Silaum silaus) und Wassergreiskraut (Senecio aquatius). Feuchtester Teil ist die Kuhweid im Südosten. Die Liste der Vogelarten weist insgesamt 155 Arten, davon 68 Arten der „Roten Liste" Hessen bzw. 16 Brutvogelarten dieser Liste, auf. Der große Brachvogel ist mit 7 Brut- paaren vertreten, die stabilste und reproduktiv erfolgreichste Brutpopulation in der Wetterau. Die Bekassine kommt mit 15 bis 30 Brutpaaren vor. Bis zu 4000 Anatiden, bis zu 2400 Ringel- tauben und bis zu 1000 Kiebitze wurden als Tageshöchstzahlen festgestellt.
NSG „Autal bei Bad Orb" (Main-Kinzig-Kreis) VO vom 18. Oktober 1984; in Kraft getreten: 13. November 1984
Über die Musterverordnung hinaus ist verboten: - auf Schilf- oder Brachflächen zu düngen oder dort Pflanzenbehandlungsmittel anzuwenden. gestattet: - Die Überwachung, Unterhaltung und Instandsetzung von Ent- und Versorgungs- anlagen der Deutschen Bundesbahn sowie Arbeiten, die zur sicheren Betriebs- führung der Leitung erforderlich sind, im Benehmen mit der oberen Naturschutz- behörde. Das 14,90 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Nördlicher Sandsteinspessart". Es wird im Norden durch die Kreisbahnstrecke, im Osten durch die Kläranlage, im Westen durch einen Wirtschaftsweg und im Süden durch die Orb, teilweise einschließlich eines linken Ufer- streifens, begrenzt. Der schmale Grünstreifen zwischen Orb-Bach und L 3199 konnte wegen der Einsprüche von seiten der Landwirte nicht mit ausgewiesen werden. Die Orb ist von einem lückenlosen Gehölzsaum begleitet. Im Kernbereich des Naturschutzge- bietes befinden sich Schilfröhricht und Großseggenbestände, an diese grenzen Wässer- wiesen und Brachwiesen. In zwei Randbereichen wurde der Aueboden vor kurzem umge- brochen; an einer Stelle wurden Nadelbäume angepflanzt. Bekassine, Gebirgsstelze, Wasseramsel, Neuntöter und Schwarzkehlchen kommen als Brutvögel vor. Langfristig sind Veränderungen an der Auevegetation nicht auszuschließen, da der an der nördlichen Tal- flanke liegende Brunnen der Stadt Bad Orb mit seinem Entnahmetrichter bis unter das Natur- schutzgebiet reicht.
NSG „Steinbruch bei Ahlbach" (Kreis Limburg-Weilburg) VO vom 25. Oktober 1984 (StAnz. S. 2208); in Kraft getreten: 13. November 1984
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - Unterhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen an der bestehenden, zur Krater- absicherung dienenden Einfriedung im jeweiligen Einvernehmen mit der oberen Naturschutzbehörde Das 4,5 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Nördliches Limburger Becken", nord- westlich von Ahlbach. Es handelt sich um eine ehemalige Kuppe, in der sich heute nach Abbau eines Basaltschlotes ein ovaler, nach unten sich verengender Krater öffnet, der einen Durch- messer von ca. 150 und 300 m und eine Tiefe von ca. 50 m hat. Am Grunde ist eine Wasser- fläche von etwa einem Hektar Flächengröße entstanden. Ungefähr vom Norden führt eine 14 schräge, befahrbare Rampe vom Rande des Kessels bis an das Gewässer hinab. Die Wände des Kessels sind steil, in kleinen Partien felsig, zum größten Teil jedoch aus mit Lehm ver- mischtem gelockertem Gestein gebildet. Hauptschutzgrund ist ein beträchtlicher Bestand der in Hessen hochgradig bestandsbedrohten Geburtshelferkröte („Glöckchenfrosch" wegen seines Rufes), welchem das höhlenreiche Basaltgeröll eine hervorragende Lebensstätte und das Gewässer den erforderlichen Laichplatz bietet.
NSG „Vollmarshäuser Teiche" (Kreis Kassel) VO vom 1. November 1984 (StAnz. S. 2282); in Kraft getreten: 20. November 1984 Das ca. 5,50 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Kasseler Becken". Es handelt sich um ein Feuchtbiotop mit Großseggenbeständen, in dem wahrscheinlich einmal Teiche vorhanden gewesen sind, die aber inzwischen vollständig verlandet sind. Östlich und nordöstlich befinden sich bereits rekultivierte bzw. noch betriebene Deponien. Eine Randbepflanzung des Naturschutzgebietes mit mehreren Lücken ist vorgesehen. In dessen unterem Teil soll ein Flachwasserteich angelegt werden. Ferner wird an der Einmün- dung des Deponiegrabens in den Hauptgraben ein Klärteich angelegt, in dem sich die in den Sickerwässern der Deponien enthaltenen Schwermetallverbindungen absetzen sollen.
NSG „Basaltsteinbruch von Heegheim" (Wetteraukreis) VO vom 1. November 1984 (StAnz. S. 2362); in Kraft getreten: 27. November 1984 Das ca. 6 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Heldenbergener Wetterau", unmit- telbar an der Ostseite der neuen Autobahnstrecke. Der Steinbruch wurde zur Entnahme von Basalt während des Autobahnbaues betrieben, für den das Material benötigt wurde. Der nord- westliche Teil des Steinbruches wurde bereits früher verfüllt und ist daher für das Natur- schutzgebiet nicht in Anspruch genommen worden; auch im südöstlichen Teil wurden durch Verzicht auf randständige Abraumhalden Abstrichevon der ursprünglichen Planung gemacht. Die Schutzgebietsausweisung war sehr umkämpft, da neben der Absicht des Betriebes einer Erd-und Bauschuttdeponie und der landwirtschaftlichen Rekultivierung des Geländes auch der Schutz für die Bohrbrunnen der Gemeinde Altenstadt konkurrierend auftraten. Doch wurde durch ein geologisches Gutachten festgestellt, daß die im Steinbruchgelände beste- hende offene Wasserfläche keine Gefährdung für die erwähnten Brunnen darstellt. Etwa 20 m hohe Abbruchwände umstellen den großen Grundwassersee. An dessen flachen Uferstreifen und um weitere kleine Teiche befinden sich Schilf- und Binsenflächen. Beson- ders Amphibien, Reptilien sowie Limikolen haben hier einen geeigneten Lebensraum. Die an der Bruchkante befindlichen buschbestandenen Begrenzungswälle des Steinbruchs bieten einer vielfältigen Kleinvogelwelt Brut- und Nahrungsmöglichkeiten.
NSG „Kist von Berstadt" (Wetteraukreis) VO vom 3. Dezember 1984 (StAnz. S. 2495); in Kraft getreten: 18. Dezember 1984
Über die Musterverordnung hinaus ist verboten: - Wiesen in der Zeit vom 1. März bis 30. Juli zu eggen, zu walzen oder zu schleifen; gestattet: - die extensive Nutzung der Grünlandflächen. 15 Das 7,52 ha große Naturschutzgebiet, ein weiteres Kerngebiet im Landschaftsschutzgebiet Wetterau, liegt im Naturraum „Wetterau, Horloffniederung". „Der Kist" stellt einen Teil einer seitlichen Ausbuchtung der Horloff-Niederung im Bereich des von Berstadt kommenden Waschbaches dar, eines kleinen Zuflusses der Horloff. Nur die höchste Lage einer Gelände- welle im Norden des Naturschutzgebietes wird seit einiger Zeit ackerbaulich genutzt, auf einer Teilfläche in der Südost-Ecke ist seit einigen Jahren die Grünlandwirtschaft zugunsten eines Röhrichtbestandes aufgegeben; der größte Teil des Gebietes ist traditionelles Grünland. Etwa 5 0/oder Wiesenfläche wird von Glatthaferwiesen, etwa 35 % von Silau-Feuchtwiesen und ca. 50% von Wassergreiskraut-Feuchtwiesen eingenommen.
Die Gesellschaft der Silau-Feuchtwiesen dürfte auch überregional im mittleren und südlichen Hessen einen Verbreitungsschwerpunkt haben, ihre Standorte sind stark im Rückgang. Die Gesellschaft der Wassergreiskraut-Feuchtwiese besiedelt hier die feuchtesten Standorte; sie gehört zu den stark gefährdeten Pflanzengesellschaften in Hessen. Bekassine, Braun- kehlchen, Wiesenralle, Brachvogel, Schafstelze und Graureiher sind Brutvögel im Natur- schutzgebiet; Tüpfelralle und Wasserralle sind als ehemalige Brutvögel bei entsprechender Renaturierung des Biotops wieder zu erwarten.
NSG „Bermershube bei Heisterberg" (Lahn-Dill-Kreis) VO vom 3. Dezember 1984 (StAnz. S. 2565); in Kraft getreten: 25. Dezember 1984
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - forstliche Erhaltungs- und Pflegemaßnahmen, die der Förderung der geschützten Waldgesellschaften dienen, im Einvernehmen mit der oberen Naturschutz- behörde.
Das 46,61 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Westerwälder Basaltfläche", nörd- lich der B 256 bzw. auf beiden Seiten der Straße nach Heisterberg. Der Amdorf-Bach verläuft im nördlichen Grenzbereich des Gebietes. Den geologischen Untergrund bildet tertiärer Basalt, dem pleistozäner Löß und Laacher Bimstuff aufgelagert sind. Dies führte zu den verschiedensten Bodentypen, die kleinräumig verzahnt und durch alle denkbaren Übergänge verbunden sind.
Es wurden 10 Arten der „Roten Liste Farn- und Blütenpflanzen Hessen" festgestellt; darunter Sturm-Eisenhut (Aconitum neomontanum), Scheidiger Goldstern (Gagea spathacea), Spar- rige Binse (Juncus squarrosus) und gedrungene Hainsimse (Luzula multiflora ssp. concesta). Nicht weniger als 12 Pflanzengesellschaften mit 56 Subassoziationen wurden kartiert, da- runter der Dornfarn-Ahornwald (Deschampsio-Aceretum), welcher hier erstmalig beschrie- ben worden ist. Zusammen mit dem ausgezeichneten Erhaltungszustand werden dem Gebiet wegen dieses breiten Ausschnittes der natürlichen Vegetation des Westerwaldes die Prädi- kate „einmalig" und „von internationaler Bedeutung" zuerkannt. Potentielle Gefährdungen gehen von der unmittelbaren Nachbarschaft des Naherholungsgebietes „Heistersberger Weiher" und von dem Tiefbrunnen für Heisterberg aus. 16 NSG „Aubachtal bei Rabenscheid" (Lahn-Dill-Kreis)
VO vom 5. Dezember 1984 (StAnz. S. 2567); in Kraft getreten: 25. Dezember 1984
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - forstliche Pflege- und Erhaltungsmaßnahmen, die der Förderung der geschützten Waldgesellschaften dienen im Einvernehmen mit der oberen Naturschutzbe- hörde; - die Ausübung der Fischerei in der Zeit vom 16. Juli bis 15. März. Das 63,05 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Hoher Westerwald". Im oberen naturnah erhaltenen Aubachtal zwischen Rabenscheid und Langenaubach besteht das Gebiet aus mehreren aneinandergereihten Teilflächen. Auf der südlichsten Fläche bei der Fischbachmühle befindet sich schwach gedüngtes Grünland mit Fadenbinse (Juncus fili- formis), Trollblume (Trollius europaeus), Wassergreiskraut (Senecio aquaticus) und Wald- Storchschnabel (Geranium sylvaticum). Zwischen der Fischbachmühle und den Fischteichen ist das Naturschutzgebiet teilweise auf einen schmalen Streifen längs des Aubaches verengt. Hier wachsen große Bestände von Blauem Eisenhut (Aconitum napellus), ferner Bach-Nelken- wurz (Geum rivale), Blaues Pfeifengras (Molinia caerulea) und auf Steinblöcken eine beson- dere Moos- und Flechtenvegetation. Im nördlichen, weitaus größten Teil des Naturschutzgebietes mit einer ehemaligen Tongrube befindet sich am Aubach ein breiter Streifen des Bergahorn-Eschenwaldes (Aceri-Fraxi- netum). Auf den westlich exponierten Hängen stocken ausgedehnte formenreiche Zahnwurz- Buchenwälder (Dentario-Fagetum). Hier kommen unter anderem vor: Scheiden-Goldstern (Gagea spathacea), Langährige Segge (Carex elongata) und Wolliger Hahnenfluß (Ranunculus lanuginosus). In der Spritzwasserzone des Baches wächst die Flechte Dermatocarpon rivu- lorum. Eisvogel, Wasseramsel, Braunkehlchen, Bekassine und Haselhuhn kommen im Gebiet vor.
NSG „Heißbachgrund bei Michelnau" (Wetteraukreis) VO vom 10. Dezember 1984 (StAnz. S. 2646); in Kraft getreten: 1. Januar 1985
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - die extensive Nutzung der Grünlandflächen ohne Umbruch, Düngung, Anwen- dung von Herbiziden und ohne Schafbeweidung; - die Grabenräumung ohne Sohlenvertiefung, maximal alle zwei Jahre von Mitte August bis Oktober, jeweils nur einseitig; - die forstliche Bodennutzung zur Erhaltung oder Wiederherstellung einer natur- nahen Baumartenzusammensetzung einschließlich der Waldränder; - die Ausübung der Einzeljagd auf Haarwild. Das 50,79 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Westlicher Unterer Vogelsberg" nordöstlich von Nidda-Michelnau. Das ausgedehnte, ziemlich abgelegene Wiesental des oberen Heißbaches wird allseitig von Wald umgeben; der Waldrand bildet fast überall die Grenzen des Naturschutzgebietes. Zum größten Teil befinden sich hier Mäh-Wiesen, daneben einiges Brachland, das teilweise mit Fichten aufgeforstet ist und in einem Waldwinkel ein Stau- weiher, der Heißbachteich. Während die Vegetation, bedingt durch die bisher angewandte 17 intensive Düngung, nur wenige schützenswerte Elemente aufweist, kommen viele Rote-Liste- Arten der Wirbeltiere vor: Baummarder, Zwergmaus, Haselmaus, Wasserspitzmaus, Feld- spitzmaus, Igel, Feuersalamander, Fadenmolch, Kammolch und als Brutvögel Drosselrohr- sänger, Zwergtaucher, Grauammer und Neuntöter.
NSG „Lorcher Werth" (Rheingau-Taunus-Kreis)
VO vom 10. Dezember 1984 (StAnz. S. 2648); in Kraft getreten: 1. Januar 1985
Über die Musterverordnung hinaus ist
gestattet: - das Anlanden am Großen Werth zwischen Rhein-km 539 und der Nordwestspitze der Insel in der Zeit vom 1. April bis 15. September; - die Ausübung der Fischerei in der Zeit vom 1. April bis 15. September am Großen Werth zwischen Rhein-km 539 und der Nordwestspitze der Insel.
Das 13,68 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Oberes Mittelrheintal". Es handelt sich um zwei durch einen Damm verbundene Rheininseln sowie ein Leitwerk am oberen Ende der kleineren südlichen Insel. Der große Werth wird bis auf einen Gehölzsaum und die baum- bestandenen Spitzen intensiv zur Anzucht von Pfropfreben genutzt. Der kleine Werth ist teil- weise dicht mit Pappeln und Weiden bestanden und bis auf eine nicht betriebene Brunnen- anlage ungenutzt. Es besteht eine artenreiche Feuchtbiotopflora. Zweck der Unterschutzstellung ist die Siche- rung der Nahrungs- und Rastplätze für durchziehende und überwinternde Wasservögel und Limikolen sowie der Sandbänke und des Stillwassers als Lebensraum spezifischer Tier- und Planzenarten und die Erhaltung und Förderung eines der Dynamik des Stromes unterwor- fenen Auewaldes.
NSG „Am kalten Born bei Wallenrod" (Vogelsbergkreis) VO vom 11. Dezember 1984 (StAnz. S. 2654); in Kraft getreten: 1. Januar 1985
Über die Musterverordnung hinaus ist
gestattet: - der Betrieb der Trinkwassergewinnungsanlage der Stadt Lauterbach; - die Ausübung der Einzeljagd auf Haarwild in der Zeit vom 16. Juli bis 15. März.
Das 24,95 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Östlicher Unterer Vogelsberg". Es handelt sich um das Quellgebiet der Musel, eines Zuflusses der oberen Schwalm, mit Sumpf- und Feuchtwiesen sowie landwirtschaftlich genutztem Grünland. Vorherrschende Bodenart ist Lehm, darin steht inselartig Muschelkalk. Es besteht ein ausgedehntes anthropogenes Gedrängtährigen-Seggen (Carex appropinquata)-Ried, kleinflächig karpatischer Moorbirken (Betula pubescens ssp. carpatica)-Sumpfwald, Seggenried mit Rispensegge (Carex panicu- lata), Sumpf-Herzblatt (Parnassia palustris) und Fieberklee (Manyanthes trifoliata), im Ostteil besonders Sumpfstorchschnabelflur (Filipendulo-Gerannietum palustris) sowie Pfeifengras (Molinia)-Wiesen mit Vorkommen von Silge (Selinum carvifolia) und Schatten-Segge (Carex umbrosa). Sehr viele Vogelarten wurden schon innerhalb kurzer Beobachtungszeit festge- stellt, darunter als Brutvögel Wiesenpieper, Schafstelze, Gebirgsstelze und Baunkehlchen. 18 NSG „Antrifttalsperre bei Angenrod" (Vogelsbergkreis) VO vom 12. Dezember 1984 (StAnz. S. 2656); in Kraft getreten: 1. Januar 1985
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - das Betreten des asphaltierten Weges, der über den Damm der Vorsperre führt - Unterhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen der zuständigen Wasserbe- hörden vom 16. Juli bis 31. März Das 13,6 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Nördliches Vogelsberg-Vorland". Es umfaßt neben der Vorsperre, die der Verbesserung der Wasserqualität des Zulaufes in die Sperre dient, noch den angrenzenden Teil der Hauptsperre in einer Tiefe von etwa 250 m als Pufferzone. Das Naturschutzgebiet stellt einen ersten Beitrag zur Sicherung von Rast- und Brutplätzen für Wasservögel in diesem Teil des Vogelsberges dar. Bis zu tausend Tagesgäste an Schwimm- und Tauchenten sowie verschiedener Taucher, Säger und Bleßrallen wurden während des Vogelzuges bisher festgestellt. Darüber hinaus bietet das Naturschutzgebiet zahlreichen Amphibienarten wertvolle Lebensstätten.
NSG „Sickler Teich bei Londorf" (Kreis Gießen) VO vom 12. Dezember 1984 (StAnz. S. 2658); in Kraft getreten: 1. Januar 1985 Das 6,32 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Vorderer Vogelsberg, Lumda Plateau". Der Sickler Teich befindet sich in einer flachen Senke zwischen Wermertshausen und Londorf. Der künstliche Staudamm, wahrscheinlich bereits im 17. Jahrhundert errichtet, ist ca. 2 m hoch, der Teich ist bei vollem Einstau ca. 70 m breit und ca. 150 m lang. Das Gewässer weist bemerkenswerte Verlandungsgesellschaften und in nächster Nachbarschaft Pioniergesellschaften nährstoffarmer saurer Moorböden und Schlammufergesellschaften nährstoffreicher Böden auf. Die Naßwiese „Hainstruth" im Nordosten zeichnet sich durch eine hohe Vielfalt an Pflanzenarten aus. Der randständige Mischwald ist aus verschiedenen Alters- klassen zusammengesetzt. Durch die Tätigkeit mehrerer Spezialisten der Universität Marburg sind u. a. 18 Libellenarten, 68 Käferarten, 23 Zikadenarten, 44 Wanzenarten und 12 Schmetterlingsarten nachgewiesen. Durch ungesteuerte Erholungsaktivitäten ist das Gebiet beeinträchtigt.
NSG „Alte Fulda bei Bad Hersfeld" (Kreis Hersfeld-Rotenburg) VO vom 5. Dezember 1984 (StAnz. S. 2660); in Kraft getreten: 1. Januar 1985 Das 8,71 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Fulda-Haune-Tafelland, Hersfelder Senke". Es handelt sich um einen versumpften Altarm der Fulda, der auch „Würfel" genannt wird, weitgehend verlandet ist und nur noch kleine offene Wasserflächen aufweist. Das Natur- schutzgebiet wird von der Autobahn durchschnitten; es ist mit Schilf und Strauchwerk bewachsen und bildet einen Trittstein für durchziehende Vögel. Im Gebiet bisher befindliche Äcker der Lehr- und Forschungsanstalt Eichhof wurden aus der Bewirtschaftung genommen. 19 NSG „Fuldatal bei Eichenzell (Kreis Fulda) VO vom 5. Dezember 1984 (StAnz. S. 2662); in Kraft getreten: 1. Januar 1985
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - die Ausübung der Fischerei in der Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember; - die Errichtung einer 380-110 KV-Leitung Dipperz-Altenstadt. Das ca. 30,82 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Vorder- und Kuppenrhön, westliches Rhönvorland." Zwischen der Lütermündung und der Fliedemündung liegt das Hyporhithral bzw. die Äschenregion der Fulda, das ist der Bereich des Gewässers, der den Übergang von der Bach- zur Flußzone bildet. Beim Übergang zu geringerem Gefälle werden hier die transportierten Gesteinstrümmer abgelagert und dadurch die Bildung von Mäandern begünstigt. Der besterhaltene Teil dieser Region der Fulda ist die auch als „Bienengarten" bezeichnete Talaue bei Eichenzell mit 4 Schleifen, in denen sich die Fulda um 903 bis 1803 wendet. Es kommen etwa zehn mehr oder weniger hohe und ausgedehnte Prallhänge vor. Die Bildung einer Auewald-Krautzone läßt der ständig materialführende Fluß und sein wech- selnder Wasserstand nicht zu. Unmittelbar an den Erlensaum des Flusses grenzen Mähwiesen und Viehweiden, die auftretenden Pflanzengesellschaften drängen sich auf einen schmalen Uferstreifen zusammen und zeigen eine relativ hohe Artenzahl. Die hydrologischen Bedingungen führen durch sehr verschiedenartige Sedimente und sehr wechselnde Strö- mungsverhältnisse zu vielfältigen biozönotischen Strukturierungen auf dem Gewässerboden. Hierdurch und wegen der mäßigen Belastung des Wassers können Eintagsfliegen, Köcher- fliegen, Kleinkrebse und Muscheln im Gewässer gedeihen, welche ihrerseits die Nahrungs- grundlage für die hier vorkommenden bestandsbedrohten Arten Wasseramsel und Eisvogel ergeben.
NSG „Leistwiesen bei Rommershausen" (Schwalm-Eder-Kreis) VO vom 13. Dezember 1984 (StAnz. S. 2663); in Kraft getreten: 1. Januar 1985
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - in der Schutzzone II die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Bodennutzung einschließlich Düngung und Anwendung von Pflanzenbehandlungsmitteln; - die Ausübung der Jagd, in der Schutzzone I jedoch nur als Einzeljagd; - die Ausübung der Fischerei in der Schwalm vom linken Ufer aus; - das Befahren der Schwalm mit durch Muskelkraft bewegten Booten. Das 27,40 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Westhessische Senke, Lands- burger Grund". Das Gebiet wird im Norden und Westen von einer natürlichen Flußschlinge der Schwalm, im Osten und Süden von einem Feldweg begrenzt. Das Feuchtgebiet „Leist" war bis zur Durchführung der Regulierungsarbeiten ein Überschwemmungsbereich der Schwalm, nach diesen Maßnahmen gewähren ein hoher Grundwasserstand und durch tonigen Unter- grund bedingte Staunässe eine gute Bodendurchfeuchtung. Im südöstlich gelegenen Kern- gebiet (Schutzzone I) befindet sich ein Silberweidenwald (Salicetum albae), an den sich ein Großseggenried, eine Röhrichtzone und in der Peripherie Viehweide, Streuwiese, Futterwiese und ein Fischteich anschließen. An bedrohten Pflanzenarten kommen vor: Blasensegge (Carex vesicaria), Sumpfweiden- röschen (Epilobium palustris), Schmalblättriges Wollgras (Eriophorum angustifolium) und Wasserfeder (Hottonia palustris). Das Gebiet ist reich an Amphibien und Nahrungsareal der 20 Dittershäuser Weißstörche. An bestandsbedrohten Vogelarten sind hier als Brutvögel u. a. zu erwähnen: Bekassine, Rohrschwirl, Zwergtaucher, Wiesenpieper, Schafstelze und Gebirgs- stelze.
NSG „Wattertal bei Landau" (Kreis Waldeck-Frankenberg) VO vom 13. Dezember 1984 (StAnz. S. 2665); in Kraft getreten: 1. Januar 1985 Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - die Grünlandnutzung ohne Umbruch, Düngung und Pflanzenbehandlungsmittel auf dem Streifen zwischen der Watter und der Straße von Landau zum Ortsteil Vahlhausen; - Maßnahmen des Jagdschutzes in der Zeit vom 16. Juli bis 31. März sowie der Schutz vor Wildseuchen. Das 11,14 ha große Naturzschutzgebiet liegt im Naturraum „Waldecker Tafel, Arolser Platte", auf einer Länge von ca. 750 m links- und rechtsseitig der Watter, eines Mittelgebirgsbaches, der zur Twiste fließt: Der Watter-Bach, der Hangweg an der Südwest-Grenze und teilweise der Graben im Südwestteil sind mit Gehölzen bestanden. Auf ca. 0,6 ha sind Kulturpappeln ange- pflanzt. An mehreren Stellen befinden sich Quellenaustritte des „Krähenborn", einer Hang- quelle, die auch in trockenen Sommern nicht versiegt. Auf diese gründet sich ein besonderer Wert dieses Naturschutzgebietes. Floristisch bemerkenswert ist das Vorkommen des Wasser-Ampfers (Rumex aquaticus), der in großen Stauden über die Seggen ragt. Auch der Fieberklee (Menyanthes trifoliata) kommt auf ca. 10 bis 20 m2 vor. Von 84 im Gebiet bisher festgestellten Vogelarten sind 25 in der Roten Liste Hessen aufgeführt.
NSG „Bernertsgrund bei Löhlbach" (Kreis Waldeck-Frankenberg) VO vom 13. Dezember 1984 (StAnz. S. 2667); in Kraft getreten: 1. Januar 1985 Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - die extensive Nutzung des Grünlandes als Mähwiese; - die Erhaltung und Pflege des Bruchwaldes sowie Überführung von Nadel- in naturnahe Laubwaldbestockung. Das 13,44 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Mittelkellerwald". Das auch „Börner Tal" genannte weitgehend naturnah erhaltene Mittelgebirgs-Waldbachtal gehört zum Rest einer früher im Kellerwald weitverbreiteten Landschaftsform. Der Bach wird in seinem gesamten Verlauf von ungewöhnlich reichen Beständen des Echten Eisenhuts (Aconitum napellus) gesäumt. Der größere östliche Teil des Gebietes besteht aus lichten Erlen- Beständen mit Torfmoos-Flächen (Sphagnum spec.) und Rundblättrigem Sonnentau (Drosera rotundifolia). Im Südteil liegt eine ehemalige Hutefläche mit Arnika, die nur zum Teil aufge- forstet ist. Im Nordwestteil befindet sich eine Fichtenkultur in ehemaliger Sumpfwiese. Der Baumbestand ist noch licht genug, daß Fieberklee (Menyanthes trifoliata), Großes Zweiblatt (Listera ovata), Fleischrote Kuckucksblume (Dactylorhiza incarnata), Genecktes Knabenkraut (Dactylorhiza maculata), Breitblättriges Knabenkraut (Dactylorhiza latifolia) und Männliches Knabenkraut (Orchis mascula) größere Bestände bilden können. Märzenbecher (Leucojum vernum) wachsen im gesamten Gebiet. Zu den Brutvögeln gehören hier: Waldschnepfe, 21 Raubwürger, Neuntöter, Feldschwirl, Sumpfrohrsänger und Zeisig. Ein Rauhfußkauz brütet in einem benachbarten Fichtenbestand. Eisvogel und Wasseramsel können hier wahrscheinlich wiederangesiedelt werden.
NSG „Fuldaschleuse Wolfsanger" (Stadt Kassel) VO vom 13. Dezember 1984 (StAnz. S. 2668); in Kraft getreten: 1. Januar 1985 Über die Musterverordung hinaus ist gestattet: - die Ausübung der Fischerei, nicht jedoch im Bereich der „Lagune" Das ca. 21 ha große Naturschutzgebiet befindet sich im Naturraum „Kasseler Becken" im Bereich der ehemaligen Fuldaschleuse und des von Westen nach Norden verlaufenden Fuldaknies. Es ist eine östliche Erweiterung des flächenhaften Naturdenkmals „Die Fulda- plätze", das 1968 wegen der hier vorkommenden seltenen Wasserpflanzen-, Amphibien- und Reptilienarten (einziges in diesem Umkreis noch bekanntes Vorkommen der Ringelnatter) sowie von schilfbewohnenden Vogelarten als Brutvögel (u. a. Teichrohrsänger, Teichralle) ausgewiesen wurde. Weil durch Verlandung (leider auch Müllablagerungen) der Wert des Gebietes inzwischen sehr zurückgegangen war, wurden drei neue Amphibientümpel hier angelegt. Außerdem wurde im Zuge des Fuldaausbaus unmittelbar am Fulda-Knie ein halb- mondförmiges Stillgewässer („Lagune") angelegt, das am unteren Ende und in der Mitte mit der Fulda in Verbindung steht. Im mittleren Teil des Naturschutzgebietes bestehen darüber hinaus schon bisher drei teilweise zur Brutaufzucht verwendete Fischteiche. Seit der Durch- führung der Ausbaumaßnahmen besteht jetzt hier ein bedeutendes Brut-, Rast- und Überwin- terungsgebiet für zahlreiche Wasservogelarten.
NSG „Unterm Wolfsberg" (Kreis Marburg-Biedenkopf) VO vom 13. Dezember 1984 (StAnz. S. 2670); in Kraft getreten: 1. Januar 1985 Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - die extensive Nutzung der Grünlandflächen einschließlich notwendiger Weide- zäune, nicht jedoch im südlichen Kernbereich; - die Ausübung der Einzeljagd im nördlichen Bereich; - die Ausübung der Sportfischerei vom 16. Juli bis zum 31. März vom westlichen Ufer der Lahn; - das Befahren der Lahn mit durch Muskelkraft bewegten Booten. Das 10,08 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Marburger Lahntalsenke" zwischen der Straße Wolfshausen-Ronhausen und der Lahn; es schließt auch die Lahn in diesem Bereich ein. Der Kernbereich liegt im südlichen Dreieck, dieses ist fast immer mehrere Dezi- meter von Wasser überstaut. Hier dominiert auf großen Flächen der Wasserschwaden; wo die Überflutung etwas geringer ist, wachsen meist einartige Bestände von Großseggen und Rohr- Glanzgras (Phalaris arundinacea). Als Begleiter der Seggen kommt die bestandsbedrohte Gras-Sternmiere (Stellaria palustris) und an einer Stelle auch die stark bestandsbedrohte Fuchs-Segge (Carex vulpina) vor. 8 Amphibienarten, 4 Reptilienarten sowie 45 bis 50 Brutvo- gelarten, darunter Teichrohrsänger und mehrere Grasmückenarten sowie etwa 70 Gastvogel- arten, darunter die Bekassine, wurden nachgewiesen. 22 NSG „Kiesteich unter der Aue'schen Kugel" (Werra-Meißner-Kreis) VO vom 15. Dezember 1984 (StAnz. S. 2671); in Kraft getreten: 1. Januar 1985 Das 9,31 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Treffurt-Wanfrieder Werratal" am linken Ufer der Werra. In ihm sind zwei 4 bzw. 1 ha große Kiesbaggerteiche unter Schutz gestellt, ein kleiner Teil der über 300 ha Wasserfläche, die durch Kiesabbau im Werragebiet entstanden sind oder entstehen. Die Teiche haben steile Ufer, die Uferhöhe beträgt zwischen 0,5 und 1,5 m, die Wassertiefe liegt bei 7 m, sie werden durch einen 20 m breiten Ackerstreifen voneinander getrennt. Da die wirtschaftliche Nutzung des Geländes erst 1976 eingestellt wurde, kam bisher nur floristisch unbedeutsamer Aufwuchs von Weiden auf. An bemerkens- werten Vogelarten brüten hier regelmäßig Haubentaucher, Flußregenpfeifer, Rohrammer und Feldschwirl, in manchen Jahren auch Zwergtaucher, ferner an der Werra Teichrohrsänger. Graureiher, Lachmöwe, Krick- und Knäkente treten als Gäste auf.
Anschrift des Verfassers: Dr. ALBRECHT ENSGRABER, Hessische Landesanstalt für Umwelt, Unter den Eichen 7, 6200 Wiesbaden
Neue Literatur
SCHUMANN, G. (1984): Die Vogelwelt des Reinhardswaldes. - 90S., 37 Fotos, 1 Karte. Eigenverlag Waltraud Schumann, Kalter Hof 7, 3512 Reinhardshagen.
Der Reinhardswald, ein Teil des Oberweserberglandes, liegt westlich der Weser zwischen Hann. - Münden und Bad Karlshafen. Er umfaßt ein Waldgebiet von rund 20000 ha und 3 Feld- gemarkungen mit ca. 2150 ha. Die höchsten Berge liegen 472 m über NN. Erwähnenswert sind ferner die 5 Naturschutzgebiete mit zusammen 264 ha und 33 Altholzinseln mit 66,5 ha Fläche. Über 30 Jahre hat sich der Autor mit der vielfältigen Vogelwelt dieser Region befaßt. Insgesamt konnten 174 Vogelarten nachgewiesen werden. 108 Arten sind Brutvögel, davon 27 % als be- standsbedroht nach der „Roten Liste". 10 Vogelarten sind seit der Jahrhundertwende als Brut- vögel verschwunden. Insgesamt eine wenig erfreuliche Bilanz. Der Autor führt dies auf nega- tive Umweltbedingungen zurück. Wer den Reinhardswald ornithologisch erleben will, findet in der vorgelegten Ornis einen guten Begleiter. 37 Schwarz-Weiß-Fotos, eine Übersichtskarte, Literaturhinweise und ein Artenverzeichnis runden das sehr instruktive Büchlein ab. W. KEIL 23 Neue Literatur
HANDEL, A. (1986): Singvögel. - 63 S., 56 Farbfotos, BLV Reihe Dreipunkt-Buch Nr. 1011. ZIMMER, U. (1986): Greifögel und Eulen sowie Rabenvögel. - 63 S., 56 Farbfotos, BLV Reihe Dreipunkt-Buch Nr. 1012 BLV-Verlagsgesellschaft München. In der Dreipunkt-Buch-Reihe des BLV liegen zwei weitere Büchlein vor, die sich mit unserer Vogelwelt befassen. Das eine behandelt die häufigsten Singvogelarten, während das andere Greifvögel, Eulen und Rabenvögel beinhaltet. Der jeder Vogelart beigegebene Text informiert - wenn auch knapp - über Merkmale, Vorkommen, Lebensweise und Brutbiologie. Das zu jeder Art gehörende Farbfoto ist von ausgezeichneter Qualität. Im Greifvogelbändchen sind zudem einige Fotos, die betreffenden Vogel im Fluge zeigen. Die beiden Bändchen vervoll- ständigen die informative Buchreihe. W. KEIL
SCHEUFLER, H. & A. STIEFEL (1985): Der Kampfläufer. - 211 S., 83 Abb., 2 Farbtafeln, Die Neue Brehm-Bücherei Nr. 574, A. Zierasen-Verlag, Wittenberg-Lutherstadt. - Vertrieb in der Bundesrepublik, Österreich und der Schweiz durch Verlag Neumann-Neudamm, 3508 Melsungen. Der Kampfläufer, in unserem hessischen Beobachtungsgebiet nur als Durchzügler auftre- tend, ist eine in ihrem Brutvogelbestand stark bedrohte Watvogelart. Seine wesentlichen Brut- gebiete sind Tundren, Marschländereien an der Küste und feuchte Binnenlandwiesen. Während der Balzzeit kämpfen die Männchen - jeder Vogel in einem individuell gefärbten Brutkleid - wie in Arenen, um den Weibchen zu imponieren. Die beiden Autoren haben jahre- lang diesen interessanten Vogel im Bereich eines Küstenvogelschutzgebietes an der Ostsee studiert und alles Wissenswerte zusammengetragen. Die als Resultat dieser Bemühungen vorgelegte Monographie gibt einen umfassenden Überblick über den Stand unseres Wissens. Behandelt werden Systematik, Morphologie, Brut-, Rast- und Winterquartiere, Verhalten, Balz und Brutbiologie, Populationsdynamik, Zug, Feinde, Krankheiten, Parasiten und letztlich Schutzmaßnahmen. Ein über 10seitiges Literaturverzeichnis und ein Register beschließen den Band. Die wohlgelungene Monographie macht aber auch deutlich, wo Lücken im Wissen über diese Vogelart vorhanden sind. Die z. T. farbigen Fotos und die zahlreichen sonstigen Illu- strationen ergänzen den Text. Ein sehr empfehlenswertes Buch. W. KEIL
PINTER, H. (1985): Unser Graupapagei. - 72 S., 11. Farbfotos, 31 Schwarzweißzeichnungen, Franckh'sche Verlagshandlung W. Keller & Co., Stuttgart. Der Graupapagei - aus dem tropischen Afrika stammend - gehört zu den Großpapageien, der besonders gerne als Hausgenosse gehalten wird. Während die Tiere früher per Schiff - mit sehr hohen Verlusten - nach Europa kamen, erfolgt heute der Import per Flugzeug. Bevor sich der Interessent zum Kauf eines solchen Tieres entschließt, sollte er sich sehr genau über Haltung, Futter und andere Dinge informieren. Da Papageien sehr alt werden (ca. 50 bis 60 Jahre), ist es eine Anschaffung fürs Leben. Das im Kosmosverlag herausgebrachte Buch unterrichtet über Anschaffung, Pflege, Verhalten, Zucht, Krankheiten und die persönlichen Beziehungen zwischen Halter und Vogel. In sehr verständlicher Art und Weise werden die einzelnen Punkte abgehandelt. Es gibt in knapper Form ausreichend Auskunft und trägt dazu bei, Fehler bei Kauf und Haltung zu vermeiden. W. KEIL 24 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 4: 25-38 (1986)
Nachwachsende Rohstoffe - eine kritische Bewertung aus der Sicht des Natur- und Umweltschutzes von GÖTZ KRAPF, Meißendorf
1. Die Ausgangslage Die Notwendigkeit von grundlegenden Reformen sowohl bei der europäischen als auch der deutschen Agrarpolitik ist unbestritten. Den maßgeblichen Politikern bleibt angesichts unbe- zahlbarer Agrarüberschüsse und der Not vieler landwirtschaftlicher Betriebe keine andere Möglichkeit, als endlich die Fehler in der Agrarpolitik zu bekennen und auf Abhilfe zu sinnen (EG-Kommission 1985, GALLUS 1985c, KIECHLE 1985a). Hochsubventionierte Garantiepreise bei unbegrenzter Absatzmöglichkeit lösten eine beispiellose Produktionssteigerung der europäischen Landwirtschaft aus (PRI EBE 1985a). Intensivierung, Industrialisierung und Konzentration kennzeichnen die Entwicklung. Die Folgen: EG-Agrarausgaben 1986 ca. 48,8 Mia DM = 66 % des EG-Haushaltes (Agrarbe- richt 1986a), gelagerte Interventionsbestände Ende 1985 bei Getreide von ca.16,5 Mio Tonnen, Butter 1,12 Mio Tonnen, Rindfleisch 0,9 Mio Tonnen in der EG (Agrarbericht1986b).Trotz Milch- quotenregelung erhöhte sich der Interventionsbestand an Butter in der Bundesrepublik 1985 auf eine neue Rekordmenge von knapp 0,5 Mio Tonnen (Agrarbericht 1986c). Bei einem Inter- ventionsbestand von nur ca. 100.000 Tonnen 1982 betrugen die Kosten schon ca. 1 Mia DM (HAMPICKE 1984,1985). Erhalt und Existenssicherung bäuerlicher Familienbetriebe war mit dieser Entwicklung nicht gekoppelt. So reduzierte sich die Zahl der landwirtschaftlichen Fami- lienbetriebe von ca.1,4 Mio 1960 auf 0,72 Mio 1985 in der Bundesrepublik (Agrarbericht 1975, 1986d). Zur Zeit werden ca. 60% aller landwirtschaftlichen Betriebe als existenzgefährdet eingestuft (JOCH I MSEN & PETERSEN 1986). Die Intensivierung landwirtschaftlicher Produktionsweisen hat zu dramatischen Gefähr- dungen und Belastungen von Natur und Umwelt geführt (BAUER 1985, Umweltbrief 29, Sondergutachten „Umweltprobleme der Landwirtschaft" 1985). Zu Artensterben, chemischer und physikalischer Bodenbelastung kommt die Isolierung und Zerstückelung naturnaher nicht bzw. nur sehr extensiv genutzter Lebensräume mit stark nega- tiven Auswirkungen auf die zukünftigen Überlebenschancen vieler Arten (MADER 1981,1985). Die fatalen Folgen der Agrarpolitik wurden seit Jahren gerade von privaten Naturschutzver- bänden kritisiert und grundlegende Reformen gefordert. Allen Beteuerungen der politisch Verantwortlichen zum Trotz, Umweltfragen hochrangig zu werten, wurden erst unter dem Eindruck unbezahlbarer Agrarsubventionen neue Wege zur Behebung der Krise gesucht. Hektik, Ratlosigkeit und verwirrende Aussagen charakterisieren die meisten Aussagen der zuständigen Politiker, die Lektüre der BMELF*-Informationen seit 1985 gibt dafür beredte Beispiele. Vergleicht man die verschiedenen Lösungsansätze miteinander,so zeichnen sich zwei gegen- läufige Strategien ab.
* BM ELF = Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 25 Zum einen sollen Marktentlastungen durch extensivere Bewirtschaftungsformen und/oder Stillegungen landwirtschaftlicher Produktionsflächen erreicht werden, zum anderen soll die Intensivproduktion von „Nachwachsenden Rohstoffen" (N R) die Produktion von Nahrungsmit- teln verringern und den Landwirten neue Absatzmöglichkeiten eröffnen (GALLUS 1985a, b, HAMPICKE 1985, KIECHLE 1985b, MORITZ 1985a, b).
Bietet die zuerst genannte Strategie Chancen, Natur- und Umweltschutzprobleme zu redu- zieren, so läuft der Anbau von NR einer umweltverträglicheren Landwirtschaft in jedem Fall zuwider.
Da die öffentliche Diskussion der letzten Zeit zunehmend von der Diskussion um die NR und hier insbesondere durch die Produktion von Äthanol aus Biomasse (Bioäthanol) bestimmt wird und sich abzeichnet, daß zumindest ein bestimmter Flächenanteil durch den Anbau von NR gebunden wird, soll hier der Versuch einer kritischen Betrachtung des Komplexes aus der Sicht des Natur- und Umweltschutzes gemacht werden. Dieses erscheint umso notwendiger zu sein, als von Seiten der Befürworter des Anbaus von NR immer wieder positive Auswir- kungen auf Umweltbelange geltend gemacht werden, so z. B. durch Auflockerung der Frucht- folge mit neuen Kulturpflanzen (DAMBROTH 1985).
2. Formen Nachwachsender Rohstoffe
Die folgende Übersicht vermittelt den Eindruck von der Vielfalt möglicher Nutzung von N R. Die Zusammenstellung wurde in Anlehnung an GÖRLACH (1985) entwickelt.
A Energiesubstitute
- Holz und Stroh zur direkten Erzeugung von Energie mittels Verbrennung bzw.zurGewinnung von Methanol
- energiereiches pflanzliches Material wie Zucker, Stärke, Cellulose zur Energiegewinnung aus nachwachsenden Rohstoffen mittels Biogas- und Alkoholgewinnung - zur Bioalkohol-(Äthanol-) gewinnung lassen sich sehr viele grünmasse-, vor allem stärke- und zuckerbildende Agrarpflanzen nutzen, z. B.Zuckerrüben, Futterrüben, Steckrüben, Kohl- rabi, Möhren, Rettich, Kartoffeln, Kürbis, Getreide, Körnermais, Silomais,Zuckerhi rse, Körner- leguminosen, Topinambur, Zichorie, Pastinak.
B Chemiegrundstoffe
- pflanzliche Öle, Stärke, Zucker, Eiweiß, Fettsäuren, organische Säuren, Cellulose, Natur- fasern sowie Äthanol und Methanol
- Zur Ölgewinnung sind die Samen einer großen Zahl verschiedener Pflanzen nutzbar, wie z. B. Raps, Rübsen, Senf, Ölrettich, Ölrauke, Öllein, Ölmadie, Crambe, Mohn, viele Leguminosen, Sonnenblumen, Ölkürbis, Leindotter, Saflor sowie wahrscheinlich eine große Zahl bisher nicht kultivierter Wildpflanzen
- zur Fasererzeugung kommen Arten wie Faserlein, Öllein, und Hanf in Frage - zur Stärkeerzeugung können vor allem Kartoffeln, Getreide, Topinambur und Körnermais dienen. 26 C Spezialchemikalien und Werkstoffe
- ätherische Öle, Aromastoffe, Farbststoffe, Klebstoffe, Gerbstoffe, Enzyme, Pestizide, Wachse
- Wirkstoffe für Pharmazie und Pflanzenschutz - zur Erzeugung von ätherischen Ölen stehen Kulturpflanzen wie Kamille, Anis, Baldrian, Fenchel, Koriander, Kerbel, Ringelblumen und Salbei zur Verfügung.
Besonderes Interesse finden zur Zeit die Produktlinien Zucker, Stärke, pflanzliche Fette und Öle, Holz (Lignocellulose), Fasern, Biogas und vor allem Bioäthanol (BMELF 1985a, DAMBROTH 1985).
3. Zum Stand der Forschung über die Nachwachsenden Rohstoffe Ausgelöst durch die Ölkrise der 70er Jahre sowie die sich abzeichnende Überschußproble- matik in der Landwirtschaft erfuhren die NR entscheidende Impulse, die sich seit Beginn der 80er Jahre zunehmend in der Forschungsförderung vor allem der Bundesministerien für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (BMELF) und Forschung und Technologie (BMFT) ausdrücken. Bisher wurden mehr als 60 Forschungsprojekte durch diese beiden Ministerien meist über Bundesforschungsanstalten verwirklicht. Hinzu kommen weitere rund 40 Projekte, die einen Bezug zum Themenfeld der NR haben (BMFT 1985, BM ELF 1985b).
Einen Überblick zu den Forschungsvorhaben gestattet die Broschüre: Forschungsprogramm NR 1982-1985 des BMELF (BMELF1981). Besonders viele Projekte werden in der Bundesfor- schungsanstalt für Landwirtschaft (FAL) in Braunschweig durchgeführt. Das Förderungsvo- lumen beläuft sich auf mehrere hundert Mio DM (BMELF 1983a). Die BMFT-Problemskizze 23/85 verzeichnet bis 1985 für das BMFT 30 Projekte mit einem Förderungsvolumen von 46 Mio DM (BM FT1985). Bundesfördermittel werden auch verwendet von der Zuckerfabrik Franken, die mit der Südzucker AG in Ochsenfurt/Main eine Pilotanlage zur Gewinnung von Bioäthanol aus Zuckerrüben unter Verwendung von Rest-und Abfallstoffen erprobt. Weiterhin werden von Bundesländern vereinzelt Vorhaben über Hochschulen und Universi- täten unterstützt. Das Land Niedersachsen arbeitet mit der Firmengruppe der Deutschen Kornbranntwein-Verwertungsstelle GmbH zusammen.Ziel ist es, mit der Pilot-Anlage in Ahau- sen-Eversen im Landkreis Rotenburg-Wümme die Herstellung von Bioäthanol hier vorrangig aus Kartoffeln zu erproben.
Im Rahmen der EG sind eine Reihe von Forschungsprogrammen in Gang gesetzt worden, die sich vorrangig mit der Nutzung „Nachwachsender Rohstoffe" zur Energiegewinnung befassen.
4. Zur aktuellen Nutzung von Nachwachsenden Rohstoffen
Im starken Gegensatz zur Vielfalt derverschiedenen möglichen Formen von NR ist deraktuelle Anbau von NR in der Bundesrepublik sehr eingeschränkt und erfaßt weniger als 2 % der land- wirtschaftlichen Nutzfläche von ca. 12 Mio ha. Die Nutzung von Holz als Rohstoff ist hierbei allerdings nicht berücksichtigt (BMELF 1985b). Die Verwendung von Bioäthanol in Treibstoffen hat lediglich in den USAund vor allem in Brasi- lien bisher eine größere Bedeutung. So führten erhebliche Steuervergünstigungen beim 27 „Gasohol-Programm” in den USA dazu, daß 1983 ca.0,4 0/0 des Treibstoffanteils durch Äthanol gebildet wurde. Es ist in den USA allerdings nicht zu erwarten, daß das Gasohol-Programm weiterhin besonders wächst. Umweltprobleme, eine Gefährdung der Verwendungsmöglich- keit von Nebenprodukten sowie die Aufrechterhaltung von Steuervergünstigungen begrenzen das Programm ganz wesentlich (BMLF 1983b). Das Proalcool-Programm in Brasilien ist beispiellos und hat das Ziel, Benzin weitestgehend durch Bioäthanol zu ersetzen. Zur Verminderung der Abhängigkeit von Energieimporten setzt Brasilien in großem Umfang staatliche Förderungen zur Durchsetzung des Programms ein. Trotz relativ günstiger Produktionsbedingungen (Zuckerrohr als Ausgangsmaterial) sind erhe- bliche staatliche Anreize zur Durchsetzung notwendig (BMELF 1983b). Die entstandenen Umweltprobleme vor allem mit Abwässern aus der Bioäthanolproduktion sind ganz außeror- dentlich, abgesehen von den mit dem Programm verbundenen sozialen Problemen (Brasilien- dialog 1, 1981).
5. Welche Faktoren beschränken den Anbau von NR in der Bundesrepublik? Der verschwindend geringe Flächenanteil, den der Anbau von NR an landwirtschaftlicher Nutzfläche (LN) zur Zeit in der Bundesrepublik bindet, ist durch eine ganze Reihe von Faktoren begründet, von denen einige in der folgenden Auflistung aufgeführt werden: - Für die wichtigsten hier genannten Stoffe ist Mineralöl das mit Abstand wirtschaftlichste Ausgangsmaterial. Die hohen über die EG-Marktordnung bewirkten Preise für landwirt- schaftliche Produkte verhindern die Konkurrenzfähigkeit, die von Fall zu Fall bei landwirt- schaftlichen Produkten zum Weltmarktpreis gegeben wäre. Selbst wenn durch staatliche Subventionierung von Ausgangsstoffen für die chemische Industrie prinzipiell der Wettbe- werbsnachteil landwirtschaftlicher Produkte behoben würde, bestehen von Seiten der chemischen Industrie generelle Vorbehalte gegen die Verwendung von subventionierten Grundstoffen (Expertengespräch in Wiesbaden 1985, ZÖBELEIN 1986). - Die Lektüre der Forschungsprogramme (BM ELF1981,1985a) macht deutlich,daß noch viele Fragen offen sind. Beispiele: • Einsatzmöglichkeiten der Stoffe,wo bestehen Chancen zur Substitution von Mineralölpro- dukten? • Rohstoffquellen, welche Pflanzenarten kommen in Betracht, mangelnde züchterische Bearbeitung der Pflanzen im Hinblick auf die neuen Produkte, Zeitbedarf weit mehr als zehn Jahre • Anbaupraxis, welche Anbausysteme sind optimal? • Welche Regionen und Böden kommen für den Anbau von NR in Frage? • Frage nach der Akzeptanz des Anbaus von NR durch die Landwirte • Mangel an eingespielten Märkten • Ein Fülle ungelöster Umweltbelastungen durch Anbau und Verarbeitung von NR
Die Vielzahl dieser Probleme schließt es aus, daß in absehbarer Zeit, z. B. innerhalb von fünf Jahren, ein flächenmäßig nennenswerter Anteil der LN durch den Anbau mit NR gebunden werden kann (Expertengespräch in Wiesbaden 1985). Sieht man einmal vom hier noch gesondert zu behandelnden Komplex Bioäthanol als Treib- stoffkomponente ab, dann ergeben sich für die überschaubare Zukunft nur geringe Chancen zum Anbau von NR. 28 Ungeachtet derTatsache,daß z.Zt. bei den Produktlinien Stärke und Öle-Fette die Konkurrenz- fähigkeit zu Weltmarktpreisen nicht gegeben ist, sind Flächenbedarfsschätzungen von zu- sammen maximal 500 000 ha LN in der Bundesrepublik mit großer Zurückhaltung zu sehen (BMELF1985b).
6. Sonderfall „Bioäthanol als Treibstoffkomponente" Da in letzter Zeit die öffentliche Diskussion um die zukünftige Agrarpolitik in besonderem Umfang von der Frage nach dem Einsatz von Bioäthanol als Treibstoffkomponente geprägt wird und ernsthafte agrarpolitische Vorstöße gerade auf EG-Ebene in dieser Richtung bestehen (AGRA-EUROPE 1986a, HANKE 1986, KIECHLE 1986a) wird dem Bereich „Bio- äthanol" eine gesonderte Betrachtung gewidmet. Welche Hauptargumente werden von Seiten der Befürworter des Anbaus von NR zur Erzeu- gung von Bioäthanol als Treibstoffkomponente angeführt? a) Zunächst verspricht man sich eine Entlastung des Agrarmarktes in der Weise, daß die Getreide- und Zuckerüberschußproduktion, die durch die EG-Marktordnungsregelung enorme Kosten verursacht und nicht absetzbar ist, abgeschöpft werden kann. Der sich in einer Existenskrise befindlichen Landwirtschaft sollen neue Märkte erschlossesn werden (GALLUS 1985a, KIECHLE 1986a). Der Produktion von NR kommt gewissermaßen die Funktion eines Notventils zu. Es ist ausdrücklich an eine intensive Produktionsweise mit möglichst hohen Flächenerträgen gedacht (BMFT 1985). b) Der Anbau von Pflanzen zum Gewinn von Treibstoffen soll die Importabhängigkeit auf dem Energiesektor vermindern besonders im Hinblick auf die Erschöpfung fossiler Energien und ihrer zukünftig stark ansteigenden Preise (AGRA-EUROPE 1986b). c) Bioäthanol als Treibstoffkomponente soll die Qualität der Treibstoffe verbessern und zu geringeren Abgasbelastungen führen.
Bewertung der für den Anbau von Treibstoffpflanzen hervorgebrachten Argumente im ein- zelnen: 1. Zur Entlastung des Agrarmarktes von Überschüssen und zur Schaffung neuer Märkte für die Landwirtschaft a) Flächenangebot und Flächenbedarf
Die heutige intensive landwirtschaftliche Produktionsweise würde es zum Abbau der Über- schüsse in der Bundesrepublik nötig machen, daß z. B. 500 000 ha LN aus der Produktion von Milchleistungsfutter herausgenommen werden (HAMPICKE 1985). Insgesamt schätzt HAMPICKE, daß z.Zt.1 bis 1,2 Mio ha LN ohne Rückwirkung auf die Nahrungsversorgung aus der Produktion genommen werden könnten. Für die Zukunft schätzt DAMBROTH (zitiert in MORITZ1985a), daß in der Bundesrepublik bis zu 3 Mio ha LN aus der Produktion genommen werden könnten, die bisherige Intensität landwirtschaftlicher Nutzung vorausgesetzt und unter Miteinbeziehung der Produktionssteigerungen der letzten Jahre. EG-weit ließen sich zur Zeit 2,4 Mio ha LN und innerhalb von 10 Jahren bis zu 8 Mio ha LN freisetzen (BMELF1983c). Allein die jährliche Steigerung der Getreideerzeugung von 2% schafft EG-weit jährlich eine Überschußfläche von ca. 500 000 ha LN (BUND 1985). 29 Die Bindung von LN durch den Anbau von Zucker- und Stärke produzierende Pflanzen wie Zuckerrübe, Getreide und Kartoffeln hängt wesentlich davon ab, welcher Äthanolanteil dem Treibstoff beigemischt werden soll und in welchem Umfang Rüben und/oder Getreide das Ausgangsmaterial liefern. Die aus technischen Gründen am häufigsten genannten Vorschläge zum Beimischungsanteil sind 3, 5,10 aber auch 15% (BMELF 1983d). Bei einer Produktion von 4000 Liter Äthanol/ha, wie beim Anbau von Zuckerrüben und Kar- toffeln erreichbar, ergäbe sich ein Flächenbedarf von ca. 210 000, 360 000, 710 000 und 1070 000 ha für die Bundesrepublik. Für die EG würde eine 5%ige Äthanolbeimischung 1,4 -2 Mio ha LN binden (MORITZ 1985b, JOCHIMSEN & PETERSEN 1986). Die hier genannten Zahlen sind Richtwerte, die für den Fall, daß ein höherer Getreideanteil (2-3000 I pro ha LN) als Rohstoff genutzt wird, sich zu höheren Flächenbedarfswerten verschieben. Geht man davon aus, daß sich Bioäthanolanlagen zunächst an Zuckerfabriken angliedern, um Investitionskosten zu sparen - die Pilotanlage Ochsenfurt/Main ist ein Beispiel - dann ist zu erwarten, daß sich die Bioäthanolproduktion vorrangig im Bereich des traditionellen Zuckerrü- benanbaus ansiedeln wird. Der Zuckerrübenanbau beläuft sich in der Bundesrepublik auf ca. 400 000 ha (Agrarbericht 1986e). Es steht am ehesten eine 5%ige Äthanolzumischung („E 5" Kraftstoffgemisch - Eurosuper) zu erwarten, die gegebenenfalls in erster Linie den Landwirten zugute kommt, die bereits jetzt Rübenanbau betreiben und auf besten Ackerstandorten arbeiten. Eine unmittelbare Einkom- mensalternative für Betriebe benachteiligter Gebiete ist nicht zu erwarten. Eine 5%ige Beimischung von Äthanol wird auch in Zukunft die Überschußproblematik nur zu einem geringen Teil lösen können, ganz davon abgesehen, daß sie die jetzt drängenden Probleme innerhalb der nächsten 5-10 Jahre noch nicht einmal in Ansätzen mindern kann. b) Kostenentlastung oder Subventionierungsbedarf
Eine verläßliche und brauchbare mittelfristige Kostenabwägung erscheint zur Zeit nur sehr bedingt möglich. Einige wesentliche Gründe sind: - Die Wettbewerbsfähigkeit von Äthanol ist entscheidend vom Mineralölpreis abhängig. Wie die aktuelle dramatische Entwicklung auf dem Treibstoffmarkt zeigt, sind unabsehbare starke Schwankungen möglich, die jede mittelfristige Prognose erschweren.
- Es gibt in der Bundesrepublik zwei Pilotanlagen (Zuckerfabrik Ochsenfurt/Main und Ahau- sen/Eversen in Niedersachsen), die seit kurzer Zeit den Testbetrieb aufgenommen haben (WEHLAND 1985). Die Produktionskosten werden erst nach einer gewissen Betriebszeit exakt und sicher zu ermitteln sein. Studien zur Ermittlung der Wirtschaftlichkeit der Äthanol- erzeugung von MEI N HOLD,WOLFFRAM und HANTELMANN sowie MISSELHORN (zitiert in: BMELF 1983e) zeigen deutliche Abweichungen von einander.
- Da die Marktordnungskosten der EG in die Kosten/Nutzen-Analyse mit eingehen, spielen auch Schwankungen des Weltmarktpreises für Zucker und Getreide u. a. mithinein.
- Es ist sehr schwierig, technologische und züchterische Fortschritte zu quantifizieren und in die Prognosen mit einzuflechten.
In einer Aussage stimmen trotz dieser Probleme alle Berechnungen überein: mindestens für die nächsten Jahre erfordert ein Bioäthanolprogramm erhebliche zusätzliche Aufwendungen des Staates, um der Landwirtschaft das Einkommen zu sichern, das über den Anbau von 30 Lebensmitteln zu erzielen ist. Beispielhaft sind im Folgenden einige Kostenabwägungen für Zuckerrüben und Weizen aufgeführt:
Zuckerrübe Subventionsbedarf je ha DM 2 730,- (BUND 1985) Subventionsbedarf je ha DM 1 440,- (STÜRMER et al. 1985) Ein Anbau von Weizen hätte den Staat pro ha an Kosten für Ausfuhrerstattung und Lager ledig- lich ca. DM 965,- gekostet. Die Mehrkosten für den Steuerzahler betragen somit: DM 1765,-bzw. DM 475,- und bei einer Anbaufläche von ca. 360 000 ha pro Jahr 0,635 bzw. 0,17 Mia DM.
Weizen Subventionsbedarf je ha DM 1 500,- - 2 500,- (JOCHIMSEN & PETERSEN 1986)
Die Mehrkosten für die Bioäthanolerzeugung liegen damit bei DM 535 bis 1535 je ha. Die BM FT-Skizze 23/85 führt umgerechnet auf eine 50/oige Zumischung einen Subventions- bedarf von 0,5 -1,5 Mia auf. Ohne zu sehr in Details zu gehen, liegen den zitierten Kalkulationen folgende Richtwerte zugrunde: Herstellungskosten für Bioäthanol DM 1,20 -1,50 Raffinerieabgabepreis für Superbenzin ca. DM 0,65 Subventionsbedarf pro Liter Bioäthanol ca. DM 0,40 - 0,90 (bei Anrechnung eines Qualitäts- bonus für Bioäthanol) Bioäthanolflächenerträge, Zuckerrüben 4 - 5000 Liter/ha Bioäthanolflächenerträge, Weizen ca. 1700 - 2800 Liter/ha. Die Gesamtkonzeption NR des BMELF (1983) beinhaltet eine sehr detaillierte Kosten-Nutzen- Betrachtung und schließt nicht aus, daß im letzten Jahrzehnt des Jahrhunderts günstigere Konkurrenz-Verhältnisse die Produktion von Bioäthanol erleichtern (hohe Mineralölpreise, verbesserte Produktionsweise des Bioäthanols). Legt man allerdings die Mineralölpreise vom Frühjahr 1986 zugrunde, dann rückt eine kostengünstigere Bioäthanolproduktion in sehrweite Ferne. Auf alle Fälle ist die Belastung des Steuerzahlers durch die Bioäthanolerzeugung mit DM 1440 bis DM 2730 pro ha LN und Jahr wesentlich größer als im Falle einer Flächenstillegung, die nach GOCHT (zitiert in Agra-Europe 1986a) lediglich DM 1300,- pro ha und Jahr betrüge!
2. Bioäthanol als Energieträger
Auch in dieser Kernfrage gibt es ähnlich wie bei der Kosten-Nutzen-Analyse eine Reihe unter- schiedlicher Aussagen, die von Fall zu Fall genau geprüft werden müssen, um Fehlinterpre- tationen zu vermeiden. Grundsätzlich wandeln grüne Pflanzen Sonnenenergie durch die Synthese von organischen Stoffen wie Zucker oder Stärke in chemische Energie um. Diese Energie findet sich nach der Vergärung in Form von Äthanol gespeichert. Für eine Energie- bilanz ist von der im Äthanol gebundenen Energie der Betrag abzuziehen, der beim Anbau der Pflanzen (Bodenbearbeitung, Energie, die in die verwendeten Agrochemikalien investiert wurde u. a.), der Ernte,dem Transport sowie der Konversion in Äthanol aufgebraucht wurde. Für die Energiebilanz ist es entscheidend, ob und in welcher Form Nebenprodukte wie Blattmasse, 31 Schlempe, brennbare Masse wie Bagasse beim Zuckerrohr anfallen und genutzt werden können. Für Kartoffel und Zuckerrübe errechnete die FAL (zitiert in GÖRLACH 1985) folgendes:
Zuckerrübe a) nur Äthanol: Energieeinsatz zu Energiegewinn =1:1,35 b) Äthanol und Futterwert der Nebenprodukte: Energieeinsatz zu Energiegewinn =1:2,02 c) Äthanol und Futterwert und Biogas aus Schlempe: Energieeinsatz zu Energiegewinn =1 : 3,00
Kartoffel a) nur Äthanol: Energieeinsatz zu Energiegewinn =1 :1,33 b) Äthanol und Schlempeverfütterung : Energieeinsatz zu Energiegewinn .= 1 : 1,56 c) Äthanol und Biogas aus Schlempe: Energieeinsatz zu Energiegewinn =1: 2,06
Betrachtet man nur die Äthanolgewinnung, dann bleibt festzuhalten, daß beim Anbau von Zuckerrüben und Kartoffeln rund 3/4 der in Anspruch genommenen Fläche benötigt wird, um die Energie zu produzieren, die die Produktion von Bioäthanol verbraucht. Ein 5%iger Treib- stoffzusatz über Bioäthanol leistet einen Beitrag zur Substitution von weniger als 10/0 der Energie an fossilen Rohstoffen, da zusätzlich in Rechnung gestellt werden muß, daß der Heizwert von Äthanol deutlich geringer als der von Benzin ist.
Das Bioäthanolprogramm leistet also faktisch keinen nennenswerten Beitrag zur Einsparung fossiler Energie! Dies gilt umso mehr, als für Weizen sogar von negativen Energiebilanzen die Rede ist (BUND 1985). Die Verbesserung der Energiebilanz durch die Anrechnung derVerwer- tung von Nebenprodukten ist problematisch. Sie kann nur dann akzeptiert werden, wenn der Nachweis einer gekoppelten Nutzung erbracht wird. Dies gilt ganz besonders kritisch bei der Verfütterung von Rübenblättern.
3. Bioäthanol als Treibstoffkomponente
Eine 5%ige Äthanolbeimischung zu einfachem Benzin verbessert in der Tat die Oktanzahl. Ein vollständiger Ersatz von organischen Bleiverbindungen ist jedoch für Superbenzin keinesfalls möglich, da Äthanol im Gegensatz zu den herkömmlichen Bleiverbindungen nicht den gesamten Siedebereich des Vergaserkraftstoffes im Hinblick auf die Oktanzahlsteigerung abdeckt. Es muß offen bleiben, ob der Einsatz z. B. von Äthyl-tertiär-Butyl-Äther (ETBE), der auch unter Verwendung von Bioäthanol hergestellt werden kann, einen praktikablen Weg zum unverbleiten Benzin darstellt (BMELF 1983 f, 1985 a,b).
Am Rande sollen noch zwei weitere Argumente gestreift werden, mit denen die Produktion von Bio- äthanol motiviert wird: a) Schaffung neuer Arbeitsplätze und b) Auflockerung der Fruchtfolge durch den Anbau neuer Pflanzenarten. Zu a: Bei einer 5%igen Bioäthanolbeimischung ergibt sich möglicherweise ein Bedarf von 700 bis 900 Arbeitsplätzen (MEINHOLD zitiert in SIGLI NGER 1986). Es steht zu befürchten, daß aufgrund weiterer Intensivierung in der Landwirtschaft durch den Anbau von Bioäthanolpflanzen anderer- seits landwirtschaftliche Betriebe aufgeben müssen, mithin Arbeitsplätze vernichtet werden. Zu b: Eine umweltentlastende Auflockerung der Fruchtfolge ist keinesfalls zu erwarten, stehen doch Rüben und Kartoffeln im Zentrum des Interesses (MEINHOLD 1985) und wird von Höchster- trägen ausgegangen (BMFT 1985). 32 Während eine 5%ige Äthanolbeimischung den Kohlenmonoxid-und Kohlenwasserstoffgehalt der Abgase mindert, bleibt der besonders umweltbelastende Anteil von Stickoxiden unver- mindert (BUND 1985). Ein Äthanolzusatz kann die Funktion eines Katalysators zur Abgasreini- gung in keiner Weise ersetzen und leistet auch keinen entscheidenden Beitrag zur Einführung von bleifreiem Benzin. Im übrigen wären die geringen Umweltvorteile wahrscheinlich mit Syntheseäthanol der chemischen Industrie auf der Basis von Äthylen preiswerter zu erreichen (MORITZ 1985b). In Ergänzung zum Bereich Treibstoffe aus Biomasse sei hier noch ein Hinweis auf eine weitere Kraftstoffkomponente mit geringer aktueller Bedeutung gegeben: Methanol. Als Ausgangsmaterialien zur Synthese kommen Erdgas, Braunkohle, Steinkohle, aber auch Biomasse, vorrangig Holz, in Frage. Da Kohle und Erdgas jedoch auch in Zukunft preiswerter als Holz sein werden, ist nicht zu erwarten, daß hier ein erheblicher Markt für die Forst- bzw. Landwirtschaft entstehen kann (BMELF 1983g).
7. Auswirkungen des Anbaus von Nachwachsenden Rohstoffen auf Natur- und Umwelt- schutz Die folgende Erörterung konzentriert sich auf den Anbau und die Verwendung von Pflanzen zur Treibstoffgewinnung.
(1.) Entsorgungsprobleme, die unmittelbar mit der Produktion von Bioäthanol verknüpft sind: Erhebliche Probleme bereitet die Entsorgung von Abfallstoffen, die in Mengen von bis zu 15 Litern Schlempe pro Liter Bioäthanol anfallen. Eine befriedigende Entsorgung unter Einschluß von Biogasgewinnung zur Verbesserung der energetischen Bilanz erfordert noch erheblichen Forschungs- und Entwicklungsaufwand (BMELF 1983 f).
(2.) Generelle Belastung der Umwelt durch intensive Anbauformen von Zuckerrübe, Kartoffel, Weizen, Mais: Alle bisher zitierten Überlegungen und Kalkulationen gehen von hohen Flächenerträgen aus und setzen eine entsprechende Bewirtschaftungsform voraus (BM FT1985,SIG LI NGER1985). Damit einher gehen die bekannten Belastungen und Gefährdungen von Natur und Umwelt u. a. durch: • starke Düngung (Eutrophierung von Grundwasser und Gewässern) • Pestizideinsatz (Artenverarmung, Rückstandsproblematik) • Mechanisierung (Bodenverdichtung, Ausräumung von Kleinstrukturen in der Agrarland- schaft, Grundwasserabsenkung, Beregnung) • Bodenerosion
(3.) Agrarpolitische Folgen Es steht zu befürchten, daß die Einführung der Bioäthanolwirtschaft über hoch subventionierte und für die Landwirtschaft attraktive Garantiepreise auf längere Sicht die Industrialisierungs- tendenzen in der Landwirtschaft verstärkt. Große Betriebe in guten Lagen werden den größten Nutzen aus der Entwicklung ziehen und auf Kosten der Existenz kleinerer Betriebe wachsen. Da technisch einer höheren Bioäthanolbeimischung zum Treibstoff keine schwerwiegenden Gründe entgegenstehen, kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Bioäthanolwirtschaft eine Eigendynamik gewinnt, die eine Ausdehnung auf immer größere Flächen bewirkt und sich ein unbegrenztes Abnahmevolumen schafft. Erfolge bei der Optimierung der Bioäthanolge- winnung und weitere Ertragsmaximierung durch verbesserte Anbausysteme werden diese Entwicklung verstärken. 33 Ein vergleichbarer Mechanismus hat die bisherige europäische Agrarpolitik zum Scheitern gebracht (PRIEBE 1985a)! Es hat den Anschein, daß der Ruf nach Einführung der Bioäthanolwirtschaft, wie er z. B. vom Deutschen Bauernverband immer wieder zu hören ist (AG RA-EUROPE 1986 b), der Versuch ist, ein gesamtwirtschaftlich gescheitertes System zum Nutzen bestimmter Interessenten in neuer Form aufleben zu lassen.
(4.) Konkurrenz zu Extensivierungs- und Flächenstillegungsvorhaben aus Gründen des Natur- und Umweltschutzes Wenn auch innerhalb des nächsten Jahrzehntes der Anbau von NR aufgrund zu geringer Verarbeitungskapazitäten und Konkurrenzfähigkeit keinen übermäßigen Landhunger be- wirken wird, geben doch Verlautbarungen aus dem BMELF und BMFT zu gewissen Besorg- nissen Anlaß. So suggeriert die BMFT-Skizze 23/85, daß z.Zt knapp 1 Mio ha Brach-, Öd- und Unlandfläche potentiell zur Erzeugung von Biomasse verfügbar wären, ohne auf die hoch bedeutsame Funk- tion solcher Flächen als „Regenerationsgebiete" für Trinkwasser oder als Refugium für viele Arten (AID 1985) überhaupt ansatzweise einzugehen. Für den Fall, daß es gelingt, die Technologie der Konversion von komplexer Biomasse wie z. B. Holz zu Methanol bzw. Äthanol entscheidend zu verbessern und zu verbilligen, steht zu erwarten, daß Extensivierungsprogramme zur Erhaltung der herkömmlichen ökologischen Funktionen der Landschaft gerade auch in Grenzertragsgebieten durch direkte Konkurrenz vom Anbau von NR erheblich erschwert würden. Mit Vorbehalt zu beurteilen ist auch die Empfehlung zur Aufforstung (GALLUS 1985), es sei denn, sie führt zu standortgerechten und naturnahen Forsten in waldarmen Gebieten. Die kritische Lektüre einer Erklärung von Bundesernährungsminister KIECHLE (1986) läßt vermuten, daß Flächenstillegungs- und Extensivierungsmaßnahmen nur als vorübergehender Notbehelf zum aktuellen Abbau von Überschüsssen angesehen werden. Es steht zu befürchten, daß extensivierte bzw.stillgelegte Flächen dann zur Intensivproduktion zurückgeführt werden sollen, sobald sich z. B. nach fester Etablierung eines Bioäthanolpro- gramms der Landwirtschaft für neue Produkte neue Märkte bieten. Der unbestritten dringende Bedarf an Naturregenerationsflächen (z. B. Umweltbrief 29) wird nicht gewürdigt. Die Verwirklichung von vergleichsweise überzeugenden konzeptionellen Ansätzen zur Exten- sivierung und Flächenstillegung in der Landwirtschaft, die auch einen weitgehenden Erhalt bäuerlicher Familienbetriebe gewährleisten könnten (HAMPICKE 1985, PRIEBE 1985b), würde durch ein in jeder Hinsicht fragwürdiges Programm zur Stützung des Anbaus von NR zur Bioäthanolgewinnung allein durch den Abzug von Finanzmitteln entscheidend gehemmt. Es sei, wie oben ausgeführt, daran erinnert, daß ein Bioäthanolprogramm für absehbare Zeit je Flächeneinheit erheblich teurer wäre als eine Flächenstillegung.
8. Folgerungen und Forderungen aus der Sicht des Natur- und Umweltschutzes im Hinblick auf den Anbau von NR und Zusammenfassung
Zunächst zeigt sich, daß für den am meisten diskutierten Fall der Produktion von Bioäthanol als Treibstoffzusatz aus NR keine wirklich überzeugenden Argumente bestehen. Zusammengefaßt bleibt festzuhalten: - In der vorgesehenen Form (5%-Zusatz) wird die drängende Überschußproblematik weder in der Bundesrepublik noch der EG auch nur näherungsweise gelöst. 34 - Innerhalb der nächsten Jahre können damit überhaupt keine Einkommenssicherungen für die in Not geratene Landwirtschaft erreicht werden.
- Ab Mitte der neunziger Jahre würden allenfalls große Betriebe Nutzen haben, Betriebs- sterben und Industrialisierung in der Landwirtschaft würden eher noch beschleunigt. So sehen große landwirtschaftliche Betriebe, wie sie vor allem im Norden der Bundesrepublik vorkommen (Sondergutachten „Ud1.2' 1985, Abb. 1. 3.) wirtschaftliche Chancen durch die Einführung eines faktisch unbegrenzten Marktes zu Garantiepreisen. Bezeichnenderweise zeigt sich die niedersächsische Landesregierung auch als Protagonist des Anbaus Nach- wachsender Rohstoffe zur Treibstoffgewinnung (Nds. MELF1985).Weiterhin reflektieren die Forderungen nach der Einführung eines Bioäthanol-Marktes beim Treibstoff die wirtschaft- lichen Interessen von sehr eng zu umgrenzenden Gruppen. So ist die Zuckerindustrie (z. B. Südzucker AG, Bioäthanolversuchsanlage Zuckerfabrik Ochsenfurt) in hohem Maße an der Entwicklung des Zuckerrübenanbaus interessiert, um eine strukturelle Anpassung an veränderte Verhältnisse zu umgehen. In der Bundesrepublik sinkt der Zuckerverbrauch, weltweite Zuckerüberschüsse kennzeichnen die Lage.Zuckerfa- briken wurden geschlossen oder stehen zur Schließung an (AGRA-EUROPE1986b, ISER- MEYER 1986, MORITZ 1986).
- Einen Beitrag zur Minderung der Abhängigkeit von Energieimporten leistet das Programm nicht - es besteht kein Bedarf an Bioäthanol! Zuckerindustrie, Kornbrenner und Bauernver- band leiten die Öffentlichkeit fehl (AG RA-Europe 1986b).Viel eher scheint die Konzentration der Forschungsmittel auf die Entwicklung von Energiespartechniken geeignet. In welch gewaltigem Umfang hier ungenutzte Reserven liegen, hat der völlige Zusammenbruch aller Energieverbrauchsvorhersagen aus den siebziger Jahren gezeigt. Die Ölpreiskrise hat auf Anhieb zu enormen Energieeinsparungen geführt. Darüber hinaus liegen gerade bei der Nutzung von nicht erschöpfbaren Energien zur Heizung von Gebäuden (Wärmepumpen, Solarenergie) große Möglichkeiten zur Einsparung von Erdöl.
- Arbeitsplätze werden nicht in nennenswertem Umfang geschaffen.
- Das Programm belastet auf unabsehbare Zeit die öffentliche Hand deutlich mehr als die bisherige Überschußsubventionierung.
- Es kommt zur Erhöhung der Umweltbelastung durch die Produktion von Bioäthanol. - Die geradezu historische Chance zu grundlegenden Reformen im Sinne von Natur- und Umweltschutz und Erhaltung bäuerlicher Familienbetriebe wird gefährdet. Extensivierung und Umwidmung von Flächen für Natur- und Umweltschutzbelange gegen Entschädigung sind erschwert. Das Argument, Landwirte wollten nicht zu Almosenempfängern für weniger Arbeit werden, sondern durch ihre Leistung ihren Lebensunterhalt erwirtschaften, ist gera- dezu absurd, würde doch die Subventionierung des Anbaus Nachwachsender Rohstoffe zur Gewinnung von Treibstoffen die augenblicklich schon bestehende Almosenempfänger- situation erst recht verstärken!
Der Anbau Nachwachsender Rohstoffe im Nicht-Treibstoff-Bereich bedarf noch erheblicher Forschungsanstrengungen, ehe er angemessen zu beurteilen ist. Es ist z.Zt. nicht erkennbar, daß er der Landwirtschaft bis zum Jahr 2000 eine nennenswerte Einkommensperspektive bietet. Gleichwohl muß aus der Sicht des Natur- und Umweltschutzes auf folgende Probleme hingewiesen werden: jedes Verfahren, bei dem in größeren Mengen Produkte aus dem Anbau von nachwach- senden Rohstoffen verarbeitet werden müssen, wie z. B. Fasern aus Flachs zur Spanplatten- 35 herstellung oder als Asbestersatz, fördert schon aus Transportgründen die ohnehin aus Gründen der Bodenqualität und des Klimas vorhandene Konzentration. Die Produktions- anlagen müssen gewisse Dimensionen erreichen und ausgelastet werden. Hierdurch und durch die auf Grund des Zwangs zur rationellen Ausnutzung von Spezialmaschinen sich entwickelnde Betriebsspezialisierung dürfte in der Regel das Argument entkräftet werden, demzufolge durch die Palette neuer Pflanzenarten für den Anbau Nachwachsender Rohstoffe die Fruchtfolge erweitert würde. Die Praxis könnte eher zum Gegenteil führen. Die ökologischen Auswirkungen eines intensiven großflächigen Anbaus rohstoffproduzie- render Pflanzen müssen vorher kritisch abgeschätzt werden. Eine Ausrichtung allein nach der Stoffproduktion und der politischen Opportunität, wie sie z.Zt. beim Bioäthanolprojekt deutlich wird, ist aus der Sicht des Natur- und Umweltschutzes nicht akzeptabel. Die Umwelt- verträglichkeit sollte ein zentrales Kriterium bei der Bewertung des Anbaus Nachwach- sender Rohstoffe werden. Die kritische Belastung von Natur und Umwelt durch die prakti- zierte Landwirtschaft erlaubt es nicht,daß der Komplex Nachwachsende Rohstoffe durch die zuständigen Bundes- und Länderministerien so fahrlässig wie bisher weiter von Fragen des Natur- und Umweltschutzes abgekoppelt wird! - Zu guter letzt sei noch auf die Gefahr hingewiesen, die darin liegt, daß an Rohstoffe für den Nichtlebensmittelbereich in Hinblick auf gesundheitsgefährdende Inhaltsstoffe wie Schwer- metalle, Pflanzenschutzmittelrückstände keine Auflagen gestellt werden, mithin der Zwang zum Schutz des Bodens vor Giften und der Zwang zur zurückhaltenden Anwendung von Pflanzenschutzmitteln unterbunden werden kann.
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Anschrift des Verfassers: Dr. GÖTZ KRAPF, DBV-Naturschutzseminar Sunder, 3108 Winsen-Meißendorf 38 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 4: 39-40 (1986)
Einige Vorschläge für den naturnahen Ausbau von kleineren Fließ- gewässern von KARL-ULRICH STÖRKEL, Frankfurt am Main
Bei allen Maßnahmen zur Renaturierung eines Fließgewässers ist als Zielvorstellung eine möglichst große Vielfalt von Mikrohabitaten anzustreben, die als Lebensgrundlage für eine reiche Biozönose dienen kann. Ein solches Mosaik aus Kleinlebensräumen entsteht durch ein zeitlich und räumlich wechselndes Zusammenspiel der relevanten ökologischen Faktoren.
Im einzelnen kann daher folgendes vorgeschlagen werden:
- Im Längs- und Querschnitt des Gewässers sollte durch Einbau von Sohlschwellen bzw. mäandrierenden Verlauf die Fließgeschwindigkeit variiert werden. Dies führt gleichzeitig zu einer Zonierung der Sedimente, so daß eine wechselnde Abfolge der Korngröße im Sohlen- substrat entsteht. In dem Spektrum von einer rauhen Sohle durch Blöcke, Schotter und Grob- kies, über Kies- und Sandbänke, bis hin zu Feinsand- und Schlammablagerungen kann eine Maximalzahl von grabenden,festsitzenden und lückenbewohnenden Organismen auftreten.
- Die Turbulenzen an einer Schwelle tragen außerdem zu einer Sauerstoffanreicherung bei.
- Eine Verengung und stellenweise großzügige Ausweitung des Abflußprofils sorgt durch unterschiedliche Wassertiefen und ermöglicht in Abhhängigkeit von der jahreszeitlich- und witterungsbedingten Wasserführung für das Auftreten von trockenfallenden Bänken, die von heute seltenen planzlichen und tierischen Pioniergesellschaften besiedelt werden können.
- In tiefliegenden, bei Hochwasserbedingungen überfluteten Uferflächen sollte durch exten- sive Nutzung Raum geschaffen werden für die Entwicklung einer blütenreichen Hochstau- denflur.
- Der Ufersaum sollte einen möglichst mehrzeiligen Baumbestand aus vorwiegend Erlen (daneben auch Baum-und Strauchweiden und andere ufertypische Gehölze) aufweisen. Die Erlenwurzeln tragen zur Ufersicherung bei. Durch die Beschattung wird eine Verkrautung verhindert, die durch Auflandungsprozesse und Profileinengung den Abfluß zunehmend einschränken würde und zu kostspieligen Räumungsarbeiten führen müßte.
- Neben den durch einen Gehölzsaum beschatteten Strecken sollten aber auch kürzere Abschnitte baumfrei bleiben. Bei günstigen Beleuchtungsverhältnissen kann so auch eine kleinflächige Unterwasservegetation aus Makrophyten entstehen, die durch ihre begrenzte Ausdehnung kein Hindernis für die Abflußsituation darstellt. Bei entsprechend flachen und wechselnassen Stellen am Ufer tragen kleinere Röhrichtbestände ebenfalls zur Biotopviel- falt bei. An einem solchen Gewässer beschränken sich langfristig die Pflegemaßnahmen auf das „auf den Stock setzen" der Gehölze und auf die Beseitigung von kleineren Abflußhindernissen (abgebrochene Äste usw.). Ergänzend kann darauf hingewiesen werden, daß sich diese Maßnahmen auch günstig auf die Gewässergüte auswirken. Die Beschattung führt zu einer geringeren Aufwärmung und begrenzt dadurch ein mögliches Sauerstoffdefizit bei organischer Belastung. Die Erlen 39 entnehmen dem Wasser Nährstoffe. Aufwuchsorganismen und auch größere Besiedler der Gewässersohle sind durch ihr Remineralisierungspotential wesentlicher Bestandteil der Selbstreinigungskraft eines Fließgewässers. Da diese Maßnahmen zum großen Teil nur dann durchgeführt werden können,wenn ein ausrei- chend breiter Uferstreifen im Eigentum der öffentlichen Hand ist, sollte auf der Gemeinde- ebene der verfügbare finanzielle und politische Spielraum für den Ankauf bzw. Tausch entsprechender Flächen genutzt werden.
Anschrift des Verfassers: Dr. K.-U. STÖRKEL, Am Großen Berge 24, 6000 Frankfurt am Main 50.
Neue Literatur
RUGE, K. (1986): Die Saatkrähe.-56 S.,12 Farbfotos,3 Farbtafeln,zahlreiche Grafiken,Tabellen und Karten, Franckh'sche Verlagshandlung W. Keller & Co., Stuttgart. Die Saatkrähe, -Vogel des Jahres 1986 - früher eine unserer häufigsten Brutvogelarten, muß heute als bestandsbedrohte Art in der „Roten Liste" geführt werden. Hauptursachen sind Biotopverschlechterungen und eine bis in die letzte Zeit anhaltende Verfolgung durch den Menschen. Zwischenzeitlich wurde die Saatkrähe vom Gesetzgeber auf die Liste der beson- ders zu schützenden Vogelarten aufgenommen. Dies hat den Negativtrend der Bestandsent- wicklung zum Stillstand gebracht. Das im Kosmos-Verlag erschienene Buch vermittelt ein sehr reales Bild dieses „Problemvogels". So wird über Nahrung und Nahrungserwerb, über die Fort- pflanzungsbiologie, über Verhalten und Ausdruck sowie über Schutz- und Abwehrmaß- nahmen berichtet. Den Abschluß bildet eine Übersicht über alle in Europa vorkommenden Rabenvögel (mit farbigen Bildtafeln). Das Buch ist eine „runde" Sache und sollte in keinem ornithologisch ausgerichteten Bücherschrank fehlen. W. KEIL 40 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 4: 41-43 (1986)
Aus der Staatlichen Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland
Schutz der Streuobstwiesen - ein Beitrag zum hessischen Natur- schutzprogramm von ALBERT HARBODT, Frankfurt am Main
1. Einleitung Ein Teilziel des hessischen Naturschutzprogramms stellt die Erfassung und Sicherung extensiv genutzter Kultur-Ökosysteme im Rahmen eines „Naturraumbezogenen Schutzge- biets-Konzeptes" dar. Streuobstwiesen mit hochstämmigen Obstbäumen traditioneller Lokal- sorten sind aufgrund ihres landeskulturellen und ökologischen Wertes (ULLRICH 1975, MADER 1982,ZVVYGART1983, BLAB 1984) Beispiele für solche Agrarökosysteme,die darüber hinaus zur Vernetzung von Lebensräumen beitragen können.
2. Schutzprogramm Die andauernden Verluste an Streuobstbeständen (u. a. auch Refugien für zahlreiche bestandsgefährdete Vogelarten) veranlaßten im Jahre 1982 die Vogelschutzwarte, in Zusam- menarbeit mit den Naturschutzverbänden eine landesweite Kartierung als Grundlage für ein Biotopschutzprogramm durchzuführen (HARBODT 1982, HARBODT& KEIL 1984).
2.1 Kartierung In 17 von 26 Land- bzw. Stadtkreisen wurden bisher Kartierungen durchgeführt; damit dürften ca. 70 0/0 der für Streuobstbestände bedeutsamen Flächen erfaßt sein. Ergänzende Erhe- bungen sind u. a. im ehemaligen Landkreis Darmstadt und an der Bergstraße erforderlich. Im vorliegenden Heft stellt DIEHL beispielhaft die Ergebnisse der Streuobstwiesenerhebung im Altkreis Dieburg vor. Die Befunde in anderen Landkreisen zeigen die gleiche Tendenz - starken Rückgang. Der Umlandverband Frankfurt hat für seinen Zuständigkeitsbereich (43 Städte und Gemeinden) die Kartierungsergebnisse in Arbeitskarten übernommen, um sie bei Planungen zu berücksichtigen.
2.2 Forschung Ab Frühjahr 1983 führte das Institut für Obstbau der Forschungsanstalt Griesheim „Modell- untersuchungen über den Wert und die Bedeutung von Streuobstgebieten für Naturschhutz- belange" durch, die von der Stiftung Hessischer Naturschutz gefördert wurden. Das Ergebnis liegt inzwischen als Entwurf vor. Nach Abschluß beider Projekte plant die hessische Landes- regierung ein Gesamtprogramm zum Zwecke der Erhaltung und Neuanlage von Streuobst- beständen. 41 3. Schutzmaßnahmen
Aus der Vielzahl der Aktivitäten und Veröffentlichungen zum Schutz von Streuobstbeständen sollen hier einige ausgewählte Beispiele dargestellt werden.
3.1 Öffentlichkeitsarbeit:
- Seminar zur „ökologischen Bedeutung der Streuobstwiese" am 29./30.09.1984 in Frankfurt (Vogelschutzwarte).
- Apfelmarkt am 28.09.1985 in Wetzlar (Naturschutzzentrum) mit Informationsstand. - Aufkleber „Rettet die Obstwiesen" (Deutscher Bund für Vogelschutz Landesverband Hessen; Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz). - Mitteilungen 4/1984: Lebensraum: Streuobstwiesen (Naturlandstiftung Hessen). - Unser Wald 3/1985: Schwerpunktthema: Obstwiesen, Seite 88-95 (Schutzgemeinschaft Deutscher Wald).
- natur 10/1985: Die Streuobstwiese - Natur aus Menschenhand, Seite 65-68. - Der Spiegel 41/1985: Knackiges Kulturgut - der alte Apfelbaum der Obstwiesen und Dorf- gärten stirbt aus. Seite 119 und 122.
- Zahlreiche Artikel in den Regionalzeitungen über Informationsveranstaltungen und Pflanz- aktionen.
3.2 Flurbereinigung: Zwischen 1982 und 1984 wurden aufgrund der sog. „Öko-Erlasse" (BÖHR 1983) bei Flurbe- reinigungsverfahren insgesamt 969 Biotope gesichert bzw. neu angelegt, davon 148 Streu- obstbestände.
3.3 Unterschutzstellung: Am 09.11.1985 trat die Verordnung zum Schutz der Obstbaumbestände, Feldgehölze und Hecken auf dem Distelberg in der Gemarkung Maintal-Hochstadt (Main-Kinzig-Kreis) in Kraft. Dieser Geschützte Landschaftsbestandteil (§15 H ENatG) hat eine Größe von 73,1 ha. Das Areal wurde den Teilnehmern des o. g. Seminars 1984 bei einer Exkursion vorgestellt.
Weitere Anträge der Naturschutzverbände auf Unterschutzstellung von Streuobstbeständen liegen den Unteren Naturschutzbehörden zur Bearbeitung vor.
3.4 Pflegemaßnahmen, Ergänzungspflanzungen, Neuanlage von Streu- obstbeständen:
- Das Naturschutzzentrum Hessen führte im Februar und März 1985 Lehrgänge über Pflege und Schnitt von Obstbäumen unter besonderer Berücksichtigung der Erhaltung von Hoch- stämmen traditioneller Obstsorten durch.
- Im Main-Kinzig-Kreis entwickelte die Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Natur- schutz ein Förderungsprogramm für Streuobstwiesen. Danach werden privaten und kommunalen Besitzern von Streuobstbeständen kostenlose Pflanz- und Pflegemaßnahmen durch Fachkräfte angeboten. 42 - In einigen Landkreisen wurden „Hochstamm-Obstbaum-Anpflanzungen" finanziell, zum Teil mit zusätzlichen Mitteln der Gemeinden, gefördert (z. B. Offenbach und Darmstadt-Dieburg je DM 10 000,-, Rheingau-Taunus DM 2 000,-). Die Planzung der Hochstämme wurde in vielen Fällen durch die Mitglieder des Deutschen Bundes für Vogelschutz vorgenommen.
Zum Schluß ergeht die dringende Bitte an die Beauftragten der Vogelschutzwarte und an die kooperierenden Mitglieder der Naturschutzverbände, alle noch ausstehenden Kartierungs- unterlagen umgehend der Vogelschutzwarte zuzusenden.
Der Anblick blühender Obstbaumbestände wird alle ehrenamtlichen Mitarbeiter für die zeitaufwendige und oft mühseligen Kartierungs- und Aufklärungsarbeiten in den letzten drei Jahren entschädigen.
4. Literatur
BLAB, J. (1984): Grundlagen des Biotopschutzes für Tiere. Schriftenreihe für Landschafts- pflege und Naturschutz 24: 163-167.
BÖHR, H.-J. (1983): Die hessischen „Öko-Erlasse" zur Flurbereinigung. Vogel und Umwelt 2: 227-229.
HARBODT, A. (1982): Biotopschutzprogramm: „Streuobstwiesen". Vogel und Umwelt 2: 183-87.
HARBODT, A. & W. KEIL (1984): Ökosystem „Streuobstwiesen" - Bericht über ein Untersu- chungsprogramm in Hessen. Ber. Dtsch. Sekt. Int. Rat Vogelschutz 24: 149-154. MADER, H.-J. (1982): Die Tierwelt der Obstwiesen und intensiv bewirtschafteten Obstplan- tagen im quantitativen Vergleich. Natur und Landschaft 57: 371-377.
ULLRICH, B. (1975): Bestandsgefährdung von Vogelarten im Ökosystem „Streuostwiese" unter besonderer Berücksichtigung von Steinkauz (Athene noctua) und den einheimischen Würgerarten der Gattung Lanius. Beih. Veröff. Naturschutz und Landschaftspflege Baden-Württemberg 7: 90-110. ZWYGART, D. (1983): Die Vogelwelt von Nieder- und Hochstammobstkulturen des Kantons Thurgau. Ornith. Beob. 80: 89-104.
Es wird weiter auf folgende Druckschriften des Hessischen Ministers für Umwelt und Energie verwiesen:
Natur in Hessen: Naturschutzprogramm (Mai 1985): 48 S.
Natur in Hessen: Bericht zur Lage der Natur (November 1985): 184 S.
- Referat Presse und Öffentlichkeitsarbeit - Postfach 3127 - 6200 Wiesbaden
Anschrift des Verfassers: ALBERT HARBODT, Dipl.-Forstwirt, Staatliche Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland - Institut für angewandte Vogelkunde - Steinauer Straße 44, 6000 Frankfurt 61 43 Anhang
Die Staatliche Vogelschutzwarte in Frankfurt-Fechenheim hat seit dem 1. April 1986 Frau Diplom-Biologin Gabriele Lessing im Rahmen einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme einge- stellt. Ihre Aufgabe ist die Ergänzung und zusammenfassende Auswertung der Streuobstkar- tierungen.
Das Ergebnis einer ersten Durchsicht der Unterlagen und die daraus abgeleiteten Wünsche nach weiteren Informationen durch die örtlichen Bearbeiter werden in den folgenden drei Punkten dargestellt:
1. Fehlanteil Aus 6 Landkreisen liegen (fast) gar keine Unterlagen vor:
- Waldeck-Frankenberg - Schwalm-Eder - Hersfeld-Rotenburg - Marburg-Biedenkopf - Vogelsberg - Lahn-Dill
Bei 10 Landkreisen bzw. kreisfreien Städten wurde ein insgesamt sehr erheblicher Prozentsatz der Gemarkungen nicht erfaßt - ohne Hinweis auf die dafür verantwortlichen Gründe: Kreis fehlende Gemarkungen Stadt in % der Gesamtzahl
- Offenbach 46 0/0 - Odenwald 46 0/0 - Rheingau-Taunus 48% - Fulda 52% - Gießen 57 0/0 (ohne Stadtbezirke, Innenstadt, Nord, Ost, Süd u. West) - Werra-Meißner 57% - Hochtaunus 67 0/0 - Kassel 76 0/0 - Stadt Kassel 76% (ohne Mittel) - Umburg-Weilburg 80 0/0
Vom Landkreis Kassel sind noch einige Kartierungen angekündigt. Dieser Fehlanteil wird sich also weiter verringern. Bei den Stadtbezirken wurden bereits einige Gebiete nicht in obige Rechnung mit einbezogen, da es hier vermutlich keine Streuobstbestände gibt. Generell sind Angaben über Nichtvorkommen von Streuobstbeständen wünschenswert, da ein bloßes Übergehen bzw. Auslassen der betreffenden Gemarkung (ohne Anmerkungen) noch keine Aussage beinhaltet. 44 2. Ergänzungskartierungen Für alle zukünftig noch erfolgenden Kartierungen empfiehlt sich die Verwendung der von der Vogelschutzwarte herausgegebenen Erfassungsbögen, da hierauf alle für die Auswertung wichtigen Punkte aufgeführt sind. Eine Zählung oder Schätzung der Anzahl der Obstbäume und Obstbaumarten ist einer der wichtigsten Punkte der Erhebung.Wo dies nicht möglich ist,sollten Flächenschätzung (ha oder qm) und Angaben über die Bestandsdichte vorhanden sein. Bei letzterem sind zwei Beurtei- lungskriterien anzugeben: a) dicht, locker oder lückig und b) regelmäßig oder ungleichmäßig. Unentbehrlich für eine Kartierung ist natürlich eine genaue Ortsangabe, falls kein Eintrag in einer Karte erfolgt ist. Ein genauerer Karteneintrag plus Angaben über die Bestandsdichte kann auch u. U. für eine quantitative Schätzung genügen. Generell sind auch Angaben über Nichtvorkommen von Streuobstbeständen erwünscht, da ein bloßes Übergehen respektive Auslassen der betreffenden Gemarkung oder des betref- fenden Gemeindeteils keinen Informationswert besitzt. Es sollte unterscheidbar sein, ob in einem bestimmten Gebiet nicht kartiert wurde oder ob es dort keine Strueobstbestände gibt.
3. Schutz- und Pflegemaßnahmen Seit Beginn des Streuobstprogrammes sind bereits einige Aktivitäten zur Unterschutzstellung, Neuanpflanzung und Verjüngung von Streuobstbeständen erfolgt. Bitte informieren Sie die Vogelschutzwarte über die Existenz solcher Bestrebungen, ihren Entwicklungs- bzw. Bearbei- tungsstand, die dabei auftretenden Probleme etc. Dabei interessieren alle Einzelheiten: - welche Streuobstbestände wurden wann als geschützter Landschaftsbestandteil, Land- schaftschutzgebiet oder Naturschutzgebiet beantragt und ausgwiesen? - wo sind solche Bemühungen gescheitert und warum? - wie groß sind die betreffenden Flächen, welchen Baumbestand haben sie? - wo und in welchem Umfang fanden Ergänzungspflanzungen statt? (Anzahl der Pflanzen, Obstbaumarten, Flächengröße) - wurde dafürvom Landkreis odervon den Gemeinden oderanderen Einrichtungen finanzielle Unterstützung gewährt? - welche Schwierigkeiten bestanden hinsichtlich der Beschaffung von geeignetem Pflanzen- material? (z. B. unzureichendes Angebot bewährter Lokalsorten) - wo erfolgten seit Beginn des Streuobstprogramms Rodungen (keine Einzelbäume) - in welchen Fällen wurden für die Aufgabe bestehender Streuobstwiesenbestände als Aus- gleichsmaßnahmen Neuanlagen von Streuobstwiesen gefordert bzw. durchgeführt? - wo und in welchem Rahmen fand Öffentlichkeitsarbeit statt? (Informationsveranstaltungen, Broschüren, Faltblätter etc.) Die Vogelschutzwarte hofft auf zahlreiche Auskünfte zu allen oben aufgeführten Fragen und dankt allen Mitarbeitern für ihre Aufmerksamkeit und ihre Bemühungen.
Anschrift der Verfasserin: GABRIELE LESSING, Dipl.-Biologin, Staatliche Vogelschutzwarte für Hessen, Rheinland- Pfalz und Saarland - Institut für angewandte Vogelkunde -Steinauer Straße 44,6000 Frankfurt am Main 61 45 Neue Literatur
LACHNER, R. (1985): Vogelvolk am Fenster. -192 S., 46 Farbfotos, Reihe: LB-Naturbücherei Landbuch-Verlag Hannover. Im Winter bietet eine Futterstelle am Fenster, im Vor-, Haus- oder Kleingarten eine gute Gelegenheit, viele der bei uns verbleibenden Vogelarten und Wintergäste aus Nord- und Osteuropa zu beobachten. so hautnah wie zu dieser Zeit ist die Vogelbeobachtung während des übrigen Jahres nicht möglich. Der Autor stellt eine ganze Reihe von Vogelarten an der Futterstelle vor. Die jeweiligen Farbfotos sind von seltener Brillanz und von hervorragender drucktechnischer Wiedergabe. Die biologischen Daten jeder abgebildeten Art werden stichwortartig vorgestellt. Darüber hinaus werden noch einige Begebenheiten des Autors mit den einzelnen Arten geschildert. Mit einem Kapitel zur heftig diskutierten Winterfütterung, ein Literaturverzeichnis und ein Register beschließen das empfehlenswerte Buch. W. KEIL
PÄTZOLD, R. (1986): Heidelerche und Haubenlerche. - Die Neue Brehm-Bücherei Nr. 440.183 S., 107 Abb., 2. erweit. Auflage, A. Ziemsen-Verlag, Wittenberg-Lutherstadt. - Vertrieb in der Bundesrepublik, Österreich und der Schweiz durch Verlag Neumann-Neudamm, 3508 Melsungen. Im mitteleuropäischen Raum brüten drei Lerchenarten (in Europa 10 und weltweit 76 Arten) die Feld-, Heide- und Haubenlerche, ursprüngliche Steppenvögel, die den Menschen auf die von ihnen bearbeiteten Kultursteppen folgten. Die Haubenlerche zum Beispiel brütet heute bereits im Bereich von Einkaufszentren, in Stadtrandgebieten, singt dort von kiesbedeckten Flachdä- chern ihr Lied und sucht zwischen Einkaufswagen nach Nahrung. DerAutor dieses Bandes hat sich viele Jahre eingehend mit der Biologie der mitteleuropäischen Lerchen befaßt. Der Ziem- sen-Verlag konnte wohl kaum einen besseren Bearbeiter für diese Vogelarten finden. Nach einem allgemeinen Überblick über die Familie der Lerchen, werden Heide- und Haubenlerche vorgestellt. Schwerpunkte der Monographie sind: Morphologie, Ökologie, Fortpflanzungsbio- logie, Zug- und Überwinterung. Die Literaturübersicht umfaßt 5 Seiten. Für den Ornithologen, der sich mit den Lerchen befaßt, ist das vorliegende Heft der Neuen Brehm-Bücherei eine unverzichtbare Arbeitsgrundlage. W. KEIL
46 Kleine Mitteilungen
Eissturmvogel (Fulmarus glacialis) bei Kassel
Am 30. September 1985 erhielt das Institut für Vogelforschung „Vogelwarte Helgoland" durch Herrn Dr. KLAUS WAGNER vom Staatlichen Veterinäruntersuchungsamt in Kassel einen erschöpften bzw. kranken Eissturmvogel, der dem Amt am 27.09.1985 aus dem Stadtgebiet Kassel gebracht worden war. Der mit dem Ring BTO British Museum Nat. Hist. FR 71864 ver- sehene Vogel starb am 2.10.1985. Durch die Beringung läßt sich die Herkunft dieses so weit in das Binnenland geratenen Seevogels einwandfrei nachweisen, sogar der Geburtsort. Der Eissturmvogel wurde als noch nicht flügges Tier im gleichen Jahr, nämlich am 20.Juli 1985 auf der schottischen Insel Fair 'sie (59.32 N/1.37 E),den Ornithologen bekannt durch eine ornitho- logische Station, beringt. Die Entferung zwischen Beringungs- und Fundort beträgt etwa 1150 km. Von Interesse sind einige Maße dieses kaum drei Monate alten Weibchens: Flügellänge 315 mm, Schnabellänge 35 mm, Schnabelhöhe an der Wurzel 16 mm und Schna- belhöhe vorn 15 mm.
Anschrift des Verfassers: HANS BUB, Institut für Vogelforschung, Vogelwarte Helgoland, 2940 Wilhelmshaven
(Anmerkung der Redaktion: Bei dem Fund des Eissturmvogels in Kassel handelt es sich um den Erstnachweis dieser Art für Hessen.)
Berichtigung
In Heft 6 (1985), Band 3, Seite 371, wurde für die Schellente - Bucephala clangula - irrtümlich der Edersee als Brutplatz angegeben. Richtig muß es heißen: „Am Twistestausee im Kreis Waldeck-Frankenberg wurde ein Gelege aus 8 Eiern in einem Gänsesäger-Nistkasten gefunden." K. STAIBER 47 Erstnachweis der Alpendohle (Pyrrhocorax graculus) in Hessen
Am 07. 12.1970 beobachtete ich zusammen mit Herrn H.-J. HALIN, Hanau-Kesselstadt, eine Alpendohle. DerVogel hielt sich nur etwa eine halbe Minute in einem Gartengelände innerhalb der bebauten Ortslage von Hanau-Kesselstadt auf. Das Gebiet ist nur locker bebaut. Der Vogel war völlig schwarz und hate einen gelben Schnabel. Der Schnabel war nicht sehr lang und nicht gebogen, so daß eine Verwechslung mit einer juvenilen Alpenkrähe (Pyrrho- corax pyrrhocorax) ausschied. Eine Dohle (Corvus monedula) kam aufgrund der unterschied- lichen Schnabel- und Augenfarbe ebenfalls nicht in Betracht; desweiteren wären, zumindest bei einer adulten Dohle, der graue Hinterkopf und Nacken aufgefallen. Bei einer Annäherung auf weniger als ca. 40 m flog der Vogel auf und entschwand. Aufgrund der hohen Fluchtdistanz ist ein Gefangenschaftsflüchtling unwahrscheinlich; allerdings hat die Art in den Alpen oft keine Fluchtdistanz und ist äußerst zutraulich. Eine Nachsuche in der Nähe und am Folgetag war erfolglos. Beobachtet wurde mit einem Fernglas Vergrößerung 8 x 40. Beiden Beobachtern war die Art aus den Alpen schon vor dieser Beobachtung bestens bekannt. Am Beobachtungstag war es wolkig bei 6°C und Windstärke 1 aus NW. Nach Auskunft des Deutschen Wetterdienstes herrschte in den Vortagen eine nordwestliche Wetterlage, so daß eine Verdriftung durch Sturm aus den Alpen wenig wahrscheinlich ist und bei dieser Art wohl kaum vorkommt. Die Beobachtung wurde vom Hessischen Seltenheiten-Ausschuß anerkannt. Es handelt sich um die Erstbeobachtung dieser Art in Hessen.
Literatur:
BERG-SCHLOSSER, G.: Die Vögel Hessens. Ergänzungsband. Frankfurt am Main 1968. GEBHARDT, L. &W. SUNKEL: Die Vögel Hessens. Frankfurt am Main 1954. NIETHAMMER, G., H. KRAMER & H. E. WOLTERS: Die Vögel Deutschlands - Artenliste. Frankfurt am Main 1964, 5.111.
Anschrift des Verfassers: HANS-JOACHIM KRIEG, Roßdorfer Straße 5, 6454 Bruchköbel
48 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 4: 49-56 (1986)
Bundeswildschutzverordnung
Die aufgrund des Bundesjagdgesetzes erlassene Bundeswildschutzverordnung gilt für 4 zu den jagdbaren Tieren („Wild") zählende, tatsächlich jedoch ganzjährige Schonzeit genie- ßende Säugetierarten („Haarwild") sowie für 71 jagdbare Vogelarten („Federwild"), von denen auf 30 zumindest in einzelnen Bundesländern (in Hessen: auf 13) die Jagd ausgeübt werden darf. Nicht in den Geltungsbereich einbezogen sind jagdlich bedeutsame, aber nicht bestandsgefährdete Säugetierarten wie Rot-, Reh- und Schwarzwild. Geregelt werden ins- besondere Besitz, Erwerb, Be- und Verarbeitung sowie Handel in unterschiedlicher Art und Weise; dazu sind die Tierarten in 5 Listen („Anlage 1 bis 5") gruppiert. In den Vorschriften über die Vögel (insbesondere Rauhfußhühner, Tauben, Gänse und Enten sowie Möwen) werden Maßgaben der EWG-Vogelschutzrichtlinie vom 2.4.1979 in bundesdeutsches Recht umge- setzt und erlangen damit für den einzelnen Bürger Verbindlichkeit. Besonders bemerkenswert ist §3, der das Halten von Greifvögeln regelt. Falkner dürfen danach nur mehr bis zu 2 Beizvögel der Arten Habicht, Steinadler und Wanderfalke halten. Für alle anderen der 18 in der Verord- nung als heimisch aufgezählten Greifvogelarten werden äußerst einschränkende Haltungs- vorschriften getroffen. Für die Ausführung sind in Hessen die Bezirksdirektionen für Forsten und Naturschutz zuständig (Anordnung über die Zuständigkeit zur Ausführung der Bundes- wildschutzverordnung vom 27.1.1986 (Gesetz- und Verordnungsblatt/Hessen Teil I, Seite 35)). Abschließend sei darauf hingewiesen, daß für alle Säugetier- und Vogelarten, die nicht unter die Bundeswildschutzverordnung und das übrige Jagdrecht fallen, nationales oder inter- nationales Artenschutzrecht anzuwenden ist. Im folgenden wird der Verordnungstext mit geringen Kürzungen in §8, soweit dieser andere Bundesländer betrifft,wiedergegeben. Die Anlagen 1 bis 5 derVerordnung sind in Tabellenform umgestaltet und zusätzlich kurz erläutert in der Hoffnung, dem Benutzer damit die Übersicht zu erleichtern. Anlage 6 ist fortgelassen (Muster für Aufnahme- und Auslieferungsbuch nach § 4 Abs. 1 BWildSchV). H.-J. BÖHR
Verordnung über den Schutz von Wild (Bundeswildschutzverordnung - BWildSchV) vom 25. Oktober 1985 (Bundesgesetzblatt Teil 1, Seite 2040-2045)
Auf Grund des § 36 Abs. 1 Nr. 2, 4 und 5 in Verbindung mit § 36 Abs. 3 des Bundesjagd- gesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. September 1976 (BGBI. I S. 2849) wird mit Zustimmung des Bundesrates verordnet:
§1 Anwendungsbereich, Begriffsbestimmungen (1) Diese Verordnung findet Anwendung auf Tiere der in den Anlagen 1 und 4 genannten Arten. Für die Abgrenzung der Tierarten im Sinne dieser Verordnung ist ihre wissenschaftliche Bezeichnung maßgebend. Die Art schließt Unterarten ein, auch soweit diese im Geltungs- bereich des Bundeswaldgesetztes in der Natur nicht vorkommen. (2) Der Begriff Tiere im Sinne dieser Verordnung umfaßt lebende und tote Tiere, ihre ohne weiteres erkennbaren Teile, ohne weiteres erkennbar aus ihnen gewonnenen Erzeugnisse sowie ihre Eier, sonstigen Entwicklungsformen und Nester. 49 §2 Verbote
(1) Es ist verboten, Tiere der in Anlage 1 genannten Arten
1. in Besitz zu nehmen, zu erwerben, die tatsächliche Gewalt über sie auszuüben, sie zu be- oder verarbeiten oder sonst zu verwenden,
2. abzugeben, anzubieten, zu veräußern oder sonst in den Verkehr zu bringen sowie 3. für eine der in Nummer 2 genannten Tätigkeiten zu befördern. Das Aneignungsrecht des Jagdausübungsberechtigten sowie Vorschriften der Länder nach §36 Abs. 2 Nr.2 des Bundesjagdgesetzes über das Aufnehmen, die Pflege und die Aufzucht verletzten oder kranken Wildes und dessen Verbleib bleiben unberührt.
(2) Die Verbote des Absatzes 1 gelten nicht für Tiere, an denen nach Inkrafttreten dieser Verordnung im Rahmen der Ausübung des Jagdrechts Eigentum erworben wurde. Diese Tiere dürfen jedoch nicht an Dritte gegen Entgelt abgegeben oder zu diesem Zweck befördert, gehalten oder angeboten werden. Ausgenommen von diesen Beschränkungen sind
1.Tiere der in Anlage 2 genannten Arten, 2. Tiere der in Anlage 3 genannten Arten, soweit die in Satz 2 aufgeführten Tätigkeiten nicht zu gewerbsmäßigen Zwecken erfolgen, sowie 3. in der Natur aufgefundene tote Tiere, soweit sie für Zwecke der Forschung oder Lehre verwendet werden.
(3) Die Verbote des Absatzes 1 gelten ferner nicht für Tiere, die
1.vor Inkrafttreten dieser Verordnung in Übereinstimmung mit den Vorschriften zum Schutz der betreffenden Art im Geltungsbereich des Bundeswaldgesetzes erworben worden sind, 2. in Übereinstimmung mit den Vorschriften zum Schutz der betreffenden Art in den Geltungs- bereich des Bundeswaldgesetzes gelangt sind. Für Tiere der in Anlage 1 genannten Arten, die auf Grund einer lediglich zum persönlichen Gebrauch oder als Hausrat zulässigen Einfuhr in den Geltungsbereich des Bundeswaldgesetzes gelangt sind, gelten die Be- schränkungen des Absatzes 2 Satz 2 entsprechend.
(4) Die Verbote des Absatzes 1 gelten ferner nicht für Tiere der Arten Rebhuhn, Fasan, Wachtel und Stockente, die im Geltungsbereich des Bundeswaldgesetzes in der Gefangenschaft gezüchtet und nicht herrenlos geworden sind.
(5) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann im Einzelfall Ausnahmen von den Verboten des Absatzes 1 zulassen, soweit dies für die Verwertung beschlagnahmter oder eingezogener Tiere erforderlich ist. Sie kann ferner im Einzelfall Ausnahmen von den Verboten des Absatzes 1 sowie von den Verboten des Absatzes 2 Satz 2 und des Absatzes 3 Satz 2 zulassen, soweit dies 1. für Zwecke der Forschung oder Lehre, 2. zur Ansiedlung von Tieren in derfreien Natur oder der damit zusammenhängenden Aufzucht oder 50 3. aus einem sonstigen vernünftigen Grund für eine Nutzung von Tieren in geringen Mengen erforderlich ist und Belange des Arten- und Biotopschutzes sowie Rechtsakte des Rates oder der Kommission der Europäischen Gemeinschaften oder Verpflichtungen aus inter- nationalen Artenschutzübereinkommen nicht entgegenstehen.
§3 Halten von Greifen und Falken (1) Die Haltung von Greifen oder Falken der in Anlage 4 genannten Arten ist nur nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 zulässig.
(2) Wer Greife oder Falken hält, 1. muß Inhaber eines auf seinen Namen lautenden gültigen Falknerjagdscheines sein, 2. darf insgesamt nicht mehr als zwei Exemplare der Arten Habicht, Steinadler und Wander- falke halten, 3. hat unverzüglich die Greife und Falken dauerhaft und unverwechselbar nach Maßgabe des Absatzes 3 zu kennzeichnen und 4. hat der nach Landesrecht zuständigen Stelle a) spätestens bis zum 1. Juni 1986, bei späterem Beginn der Haltung binnen vier Wochen nach Begründung des Eigenbesitzes, den Bestand an Greifen und Falken und b) nach der Bestandsanzeige jeweils unverzüglich den Zu- und Abgang von Greifen und Falken schriftlich anzuzeigen; die Anzeige muß Angaben enthalten über Zahl, Art, Alter, Geschlecht, Herkunft, Verbleib, Standort, Verwendungszweck und Kennzeichen der Greife und Falken. Die Verlegung des regelmäßigen Standortes der Greife und Falken ist ebenfalls unverzüglich anzuzeigen. Das durch den Tod eines Tieres freigewordene Kennzeichen ist mit der Anzeige über den Abgang zurückzugeben.
(3) Für die nach Absatz 2 Nr.3 vorgeschriebene Kennzeichnung sind Fußringe zu verwenden, die von der nach Landesrecht zuständigen Stelle ausgegeben werden. Diese kann verlangen, daß die Kennzeichnung unter ihrer Aufsicht vorzunehmen ist. Die Fußringe müssen 1. so beschaffen sein, daß sie nur einmal verwendet werden können und 2. mit dem abgekürzten Namen des Bundeslandes, in dem die Beringung vorgenommen wird, der Bezeichnung der ausgebenden Stelle und einer fortlaufenden Nummer aus einem in jedem Bundesland einzurichtenden Nummernsystem beschriftet sein.
Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann im Einzelfall eine andere Kennzeichnung zulassen, wenn diese im übrigen den Anforderungen nach Satz 3 entspricht. Sind Greife und Falken in Vollzug des Washingtoner Artenschutzübereinkommens zu kennzeichnen, so ist dieses Kennzeichen maßgebend und eine Kennzeichnung nach dieser Verordnung nicht erforderlich.
(4) Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann im Einzelfall von den Voraussetzungen des Absatzes 2 Nr. 1 und 2 Ausnahmen zulassen, wenn 1. die Haltung wissenschaftlichen, Lehr- oder Forschungszwecken dient oder die Ausnahme zur Nachzucht für einen der vorstehenden Zwecke, zur Nachzucht für die Ausübung der Beizjagd oder zur Nachzucht für die Ansiedlung in der freien Natur erforderlich ist,
51 2. der Halter die erforderliche Zuverlässigkeit und ausreichende Kenntnisse über das Halten und die Pflege von Greifen und Falken besitzt und 3. eine fachgerechte Betreuung sowie eine den tierschutzrechtlichen Vorschriften entspre- chende Haltung gewährleistet sind.
(5) Absatz 2 Nr. 1 und 2 ist nicht anzuwenden auf Greife und Falken, die bei Inkrafttreten dieser Verordnung in Übereinstimmung mit den zu ihrem Schutz geltenden Vorschriften gehalten werden. Die Anwendung des Absatzes 2 Nr. 1 und 2 auf die Erweiterung solcher Bestände und auf den Ersatz des Abgangs bleibt unberührt.
(6) Die Absätze 2 bis 5 gelten nicht für zoologische Einrichtungen von juristischen Personen des öffentlichen Rechts sowie für behördlich genehmigte oder anerkannte Auffang- und Pflegestationen. §4 Aufzeichnungs- und Kennzeichnungspflichten (1) Wer gewerbsmäßig 1.tote Tiere der in Anlage 5 genannten Arten oder Teile dieser Tiere präpariert oder 2. lebende oder tote Tiere der in Anlage 5 genannten Arten oder Teile dieser Tiere in den Verkehr bringt oder erwirbt, hat über diese Tiere ein Aufnahme- und Auslieferungsbuch mit täglicher Eintragung nach dem Muster der Anlage 6 zu führen. Werden Tiere nach Nummer 2 im Einzelhandel abgegeben, brauchen Name und Anschrift des Empfängers sowie der Abgangstag nur bei den Tieren angegeben zu werden, deren Verkaufspreis über 250 Deutsche Mark beträgt.
(2) Alle Eintragungen in das Buch sind in dauerhafter Form vorzunehmen; §43 Abs.2 bis 4 Satz 1 und 2 des Handelsgesetzbuches gilt sinngemäß.
(3) Die Bücher mit den Belegen sind der nach Landesrecht zuständigen Stelle auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen.
(4) Die Bücher mit den Belegen sind fünf Jahre aufzubewahren. Die Aufbewahrungsfrist beginnt mit dem Schluß des Kalenderjahres, in dem die letzte Eintragung für ein abgeschlos- senes Geschäftsjahr gemacht worden ist.
(5) Die in Absatz 1 genannten Tiere und Teile von Tieren sind zu kennzeichnen, soweit dies mit angemessenem Aufwand möglich ist.
§5 Rechtmäßiger Besitz, Nachweispflicht WerTiere der in Anlage 5 genannten Arten besitzt oder die tatsächliche Gewalt darüber ausübt, kann sich gegenüber der zuständigen Behörde auf eine Berechtigung hierzu nur berufen, wenn er auf Verlangen nachweist, daß die Voraussetzungen für eine Ausnahme nach §2 Abs.2 bis 5 vorliegen oder glaubhaft macht, daß er oder ein Dritter die Tiere bei Inkrafttreten dieser Verordnung in Besitz hatte. Für Gegenstände zum persönlichen Gebrauch oder Hausrat gilt dies nur, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Berechtigung nach §2 Abs.2 bis 5 nicht besteht. 52 §6 Ordnungswidrigkeiten Ordnungswidrig im Sinne des §39 Abs. 2 Nr.5 des Bundesjagdgesetzes handelt,wervorsätz- lich oder fahrlässig 1. entgegen §2 Abs. 1 Satz 1 dort bezeichnete Tiere in Besitz nimmt, erwirbt, die tatsächliche Gewalt über sie ausübt, sie be- oder verarbeitet oder sonst verwendet, in den Verkehr bringt oder befördert, 2. entgegen §2 Abs. 2 Satz 2 oder Abs. 3 Nr. 2 Satz 2 dort bezeichnete Tiere an Dritte gegen Entgelt abgibt oder zu diesem Zweck befördert, hält oder anbietet, 3. entgegen § 3 Abs. 2 Nr. 1 Greife oder Falken hält, 4. einer Vorschrift des § 3 Abs. 2 Nr. 2, 3 oder 4 über die Haltung oder Kennzeichnung von Greifen oder Falken, über Anzeigepflichten oder über die Pflicht zur Rückgabe eines frei- gewordenen Kennzeichens zuwiderhandelt oder 5. einerVorschrift des §4 Abs.1 Satz 1,Abs.2 bis 5 Ober die Führung, Form,Aushändigung oder Aufbewahrung von Aufnahme- und Auslieferungsbüchern oder Belegen oder über die Kennzeichnung von Tieren oder Teilen von Tieren zuwiderhandelt.
§7 Berlin-Klausel Diese Verordnung gilt nach § 14 des Dritten Überleitungsgesetzes in Verbindung mit § 45 des Bundesjagdgesetzes auch im Land Berlin.
§8 Inkrafttreten § 3 Abs. 2 Nr.3 und 4 und Abs. 3, § 4 sowie § 6, soweit er sich auf die genannten Vorschriften bezieht, treten am 1. April 1986 in Kraft; im übrigen tritt diese Verordnung am Tage nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig treten außer Kraft: Hessen 5. die Wildbret-Verordnung vom 10. November 1969 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen -Teil I - S.267), geändert durch Verordnung vom 10. Oktober 1972 (Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen -Teil I - S. 346).
53 Tabelle Anlagen 1 bis 5 der Bundeswildschutzverordnung zusammengefaßt Jagd- BWildSchV zeiten Anlage BD HE 1 2 3 4 5 1. Haarwild Steinwild (Capra ibex L.), • • Schneehase (Lepus timidus L.), • • Murmeltier (Marmota marmota L), • • Seehund (Phoca vitulina L.), • •
2. Federwild Rebhuhn (Perdix perdix L.), • • • • Fasan (Phasianus colchicus L.), • • • • Wachtel (Coturnix coturnix L), • • Auerwild (Tetrao urogallus L.), • • • Birkwild (Lyrurus tetrix L), • • • Rackelwild (Lyrurus tetrix x Tetrao urogallus), • • • Haselwild (Tetrastes bonasia L.), • • Alpenschneehuhn (Lagopus mutus MONTIN), • • Wildtruthuhn (Meleagris gallopavo L.), • • Hohltaube (Columba oenas L), • • Ringeltaube (Columba palumbus L), • • • • Turteltaube (Streptopelia turtur L.), • • Türkentaube (Streptopelia decaocto FRIVALDSKY), • • • Höckerschwan (Cygnus olor GMELIN), • • • Graugans (Anser anser L.), • • • Bläßgans (Anser albifrons SCOPOLI), • • • Saatgans (Anser fabalis LATHAM), • • Kurzschnabelgans (Anser brachyrhynchos BAILLON), • • Ringelgans (Branta bemicia L.), • • Weißwangengans (Branta leucopsis BECHSTEIN), • • Kanadagans (Branta canadensis L.), • • Stockente (Anas platyrhynchos L.), • • • • Löffelente (Anas clypeata L.), • • Schnatterente (Anas strepera L.), • • Pfeifente (Anas penelope L.), • • • Krickente (Anas crecca L.), • • • Spießente (Anas acuta L), • • • Kolbenente (Netta rufina PALLAS), • • Bergente (Aythya marila L.), • • Reiherente (Aythya fuligula L), • • • Tafelente (Aythya ferina L), • • • Schellente (Bucephala ciangula L.), • • Brandente (Tadorna tadorna L.), • • Eisente (Clangula hyemalis L.), • • Samtente (Melanitta fusca L.), • • Trauerente (Melanitta nigra L.), • • Eiderente (Somateria mollissima L). • • 54 Jagd- BWildSchV zelen Anlage BD HE 1 2 3 4 5
Mittelsäger (Mergus serrator L.), • • Gänsesäger (Mergus merganser L.), • • Zwergsäger (Mergus albellus L.), • • Waldschnepfe (Scolopax rusticola L.), • • • • Bläßhuhn (Fulica atra L.), • • • • Mantelmöwe (Larus marinus L.), • • • Heringsmöwe (Larus fuscus L.), • • • Silbermöwe (Larus argentatus PONTOPPI DAN), • • • Sturmmöwe (Larus canus L.), • • • Lachmöwe (Larus ridibundus L), • • • Schwarzkopf möwe (Larus melanocephalus TEMMINCK), • • Zwergmöwe (Larus minutus PALLAS), • • Dreizehenmöwe (Rissa tridactyla L.), • • Haubentaucher (Podiceps cristatus L.), • • Graureiher (Ardea cinerea L.), • • Fischadler (Pandion haliaetus L.), • Wespenbussard (Pernis apivorus L), • Schwarzmilan (Milvus migrans BODDAERT), • Rotmilan (Milvus milvus L.), • Seeadler (Haliaeetus albicilla L.), • Rohrweihe (Circus aeruginosus L), • Kornweihe (Circus cyaneus L.), • Wiesenweihe (Circus pygargus L.), • Sperber (Accipiter nisus L.), • Habicht (Accipiter gentilis L.), • Mäusebussard (Buteo buteo L.), • Rauhfußbussard (Buteo lagopus BRUENNICH), • Steinadler (Aquila chtysaetos L.), • Turmfalke (Falco tinnunculus L.), • Rotfußfalke (Falco vespertinus L.), • Merlin (Falco columbarius L), • Baumfalke (Falco subbuteo L.), • Wanderfalke (Falco peregrinus TUNSTALL), • Kolkrabe (Corvus corax L.). • •
(Anmerkung: In den Anlagen der BWildSchVfehlen Knäkente - Anas queruedula - mit Jagd- zeit nach Bundesjagdrecht, und Moorente - Aythya nyroca - keine Jagdzeit.)
Erläuterungen zur Tabelle: BD = Arten mit Jagdzeit nach Bundes-Jagdrecht (zusätzliche Angaben, die nicht auf der BWildSchV beruhen) HE = Arten mit Jagdzeit nach hessischem Jagdrecht 55 Anlage 1 (zu § 2 Abs. 1 BWildSchV): Arten, die einem allgemeinen Besitz- und Verkehrsver- bot unterliegen, das jedoch das Aneignungsrecht des Jagdausübungsberech- tigten unberührt läßt
Anlage 2 (zu § 2 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 BWildSchV): Arten, an denen bei Ausübung des Jagdrechts Eigentum erworben worden ist, und die an Dritte verkauft werden dürfen
Anlage 3 (zu § 2 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 BWildSchV): Wie Anlage 2; jedoch darf der Verkauf nicht gewerbsmäßig erfolgen
Anlage 4 (zu § 3 Abs. 1 BWildSchV): Aufzählung der 18 Greifvogel-Arten (Falconiformes), die dem Jagdrecht unterliegen
Anlage 5 (zu § 4 Abs. 1, § 5 BWildSchV): Arten, deren gewerbsmäßiges Präparieren, Inver- kehrbringen oder Erwerben einer Buchführungspflicht unterliegt bzw. für deren rechtmäßigen Besitz Nachweispflicht besteht.
Neue Literatur
STEPHAN, B. (1985): Die Amsel. - 231 S., 83 Abb., Neue Brehm-Bücherei Band 75, A. Ziem- sen-Verlag Wittenberg-Lutherstadt. Auslieferung in der Bundesrepublik, Österreich und der Schweiz erfolgt durch den Verlag Neumann-Neudamm, 3508 Melsungen.
Die Amsel ist heute die häufigste Vogelart Mitteleuropas. Aus dem ursprünglichen Waldvogel wurde ein Bewohner unserer Siedlungen. Park- und Friedhofsanlagen sind ebenso Lebens- raum wie kleinere Gartenparzellen von Reihenhäusern. Sowohl die Vielgestaltigkeit der Areale wie das optimale Nahrungs- und Nistplatzangebot ermöglichen dieser Vogelart mit einer entsprechenden Anpassung an diese neuen Habitate eine explosionsartige Steigerung ihrer Populationsdichte. Selbst im Verhalten - vom scheuen Waldbewohner zum vertrauten Hausgartenbewohner- paßte sich die Amsel ihrer Umgebung an. Sie wird ebenso heiß geliebt wie mit aller Konsequenz verfolgt. Das ursprünglich von Richard Heyder 1953 verfaßte Bändchen wurde vollkommen neu bearbeitet und macht beim Vergleich beider Ausgaben deutlich, welche Fülle an Material gerade bei diesem Allerweltsvogel in den letzten 30 Jahren zusammengetragen wurde. Allein 18 Seiten Literatur dokumentieren dies überdeutlich. W. KEIL 56 Band 4, Heft 2: 57-132 Zeitschrift Wiesbaden, August 1986 für Vogelkunde (ausgeliefert im Dezember 1986) und Naturschutz in Hessen
ISSN 0173-0266
Herausgeber: Der Hessische Minister für Umwelt und Energie - Oberste Naturschutzbehörde - Inhaltsverzeichnis
Berichte Seite
H.-J. KRIEG: Das Naturschutzgebiet „Röhrig von Rodenbach" (Main-Kinzig-Kreis) 59
F. NÜRNBERGER: Die Populationsentwicklung und die derzeitige Situation der Saatkrähe (Corvus frugilegus) in Hessen 89
A. KÖSTER: Brutbestand 1986 und Nahrungsräume der Saatkrähe (Corvus frugilegus) in Hessen 99
P. WÖLFING: Erfahrungen in einer Vogelauffangstation - eine erneute Bilanz nach weiteren drei Jahren 105
U. WESTPHAL: Tümpel - Lebensraum für Überlebenskünstler 111
K.-U. STÖRKEL: Naturschutz und Entwässerungsgräben - Anregungen und Tips 117
K.SCHREINER: Ackerrandstreifenprogramm erfolgreich in Hessen angelaufen 121
Kleine Mitteilungen
L.MALLACH: Beobachtungen zum Bruterfolg eines Haubentaucher-Bestandes 1985 auf künstlich angelegten Wasserbecken 123
L. MALLACH: Schlafplatzflüge überwinternder Krähen/Dohlenschwärme (Corvidae) im Raum Wiesbaden-Biebrich und Mombacher Ufer, Budenheim 126
Zeitschriftenschau 127
Neue Literatur 98, 110, 116, 120, 122, 131, 132
58 Zeitschrift fürVogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 4: 59-88 (1986)
Das Naturschutzgebiet „Röhrig von Rodenbach" (Main-Kinzig-Kreis) von HANS-JOACHIM KRIEG, Bruchköbel
Inhalt Seite
1. Einleitung 60
2. Rechtliche Grundlagen 62
3. Abiotische Faktoren 62
3.1 Klima 62
3.2 Geologie 63 3.3 Boden (unter Mitwirkung von A. OTTO) 63 3.4 Wasser 63
4. Biotische Faktoren 65
4.1 Flora (unter Mitwirkung von A. OTTO) 65
4.2 Fauna 68
5. Vergleich des Zustandes und der Wertigkeit vor und nach Überstaumaßnahmen 81
6. Nutzungen im NSG und deren Auswirkungen auf das Schutzgebiet 82
7. Weitere Zielsetzungen für das NSG 83
8. Zusammenfassung 86
9. Danksagung 87
10. Literatur 87
59 1. Einleitung
Das Naturschutzgebiet (NSG) „Röhrig von Rodenbach" (Größe 48,22 ha) liegt im unteren Kinzigtal beiderseits der Bahnlinie Frankfurt-Fulda; es schließt sich nördlich an den Ortsrand von Niederrodenbach an. Der Bahnkörper ist nicht Bestandteil des NSG. Das Gebiet liegt zwischen 112 m und 115 m über NN. Im Norden und Westen ist das NSG von Wiesen umgeben, an die Südgrenze stoßen ortsnahe Äcker und ein Supermarkt. Östlich des Schutzgebietes liegen drei ehemalige Kiesgruben, die durch Badebetrieb und Angeltätigkeit sowie als Dauer- campingplatz genutzt werden (Abb. 1).
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Abb 1: Lage des NSG „Röhrig von Rodenbach" Ausschnitt aus der Top. Karte 1:25 000 „Langenselbold"
Das NSG stellt einen Ausschnitt aus der Auenlandschaft des unteren Kinzigtales dar. Dieser Bereich ist seit Jahrhunderten vom Menschen genutzt worden und weist heute keine natür- lichen Landschaften mehr auf. Durch die menschlichen Nutzungsformen entstanden jedoch andere vielfältige Pflanzengesellschaften, die wiederum artenreichen Tiergesellschaften Lebensraum boten. Artenreichtum und Vielfältigkeit nahmen durch die menschliche Nutzung zu; jedoch blieben nur wenige Landschaftsteile übrig, die man als „naturnah" bezeichnen kann. Hierzu zählen im Bereich des unteren Kinzigtales Teile der restlichen Wälder sowie der Lauf der Kinzig. Das NSG „Röhrig von Rodenbach" zählt hierzu nicht, sondern ist ein vom Menschen geschaffener Landschaftsbestandteil, der jedoch aufgrund seiner Zusammenset- zung und Gliederung als wertvoller, schützenswerter Lebensraum erhalten werden muß. Die Fläche des NSG sowie seine Umgebung könnte noch bis zur letzten mittelalterlichen Rodungsperiode (um 1300) mit Erlenbruchwäldern bestanden gewesen sein. Diese Vegeta- tionsform dürfte für diesen Teil der Kinzigaue die potentielle natürliche Vegetation darstellen. 60 Nach der Rodung dieser Wälder setzte eine Nutzung durch den Menschen ein, die waldfreie abwechslungsreiche Pflanzengesellschaften schuf.Zu dieser Zeit könnten sich schon Wiesen verschiedenster Ausprägung, Großseggengesellschaften und Röhrichte gebildet haben. Daß sich wertvolle Lebensgemeinschaften gebildet haben, wird durch ein erstes Schutzgebiet belegt. Bereits am 8. Juli 1936 wurde der zentrale Teil des heutigen NSG als flächenhaftes Naturdenkmal (ND) ausgewiesen (Amtsblatt der Preußischen Regierung in Kassel).
Die ersten botanischen Aufzeichnungen über das heutige NSG stammen von SEIBIG aus dem Jahre 1954. Zu dieser Zeit waren die Vegetationszonen ungefähr wie heute noch nasse Wiesen, Großseggengesellschaften und Röhrichte. Er erwähnte bestandsbildend Schilfrohr (Phragmites communis) sowie vorherrschend Sumpfsegge (Carex acutiformis) und häufig die Blasensegge (Carex vesicaria).
In seiner Aufzählung sind auch folgende seltene und bedrohte Pflanzenarten vorhanden, die heute auf der „Roten Liste der Farn- und Blütenpflanzen Hessen" stehen:
Breitblättriges Wollgras (Eriophorum latifolium) Sumpfläusekraut (Pedicularis palustris) Sumpf-Haarstrang (Peucedanum palustre) Sumpffarn (Thelypteris palustris) Cypergrassegge (Carex pseudocyperus) Sumpfblutauge (Comarum palustre) Sumpf-Sternmiere (Stellaria palustris) Dreiblättriger Fieberklee (Menyanthes trifoliata) Breitblättriges Knabenkraut (Dactylorhiza majalis) Breitblättriger Sonnentau ( Drosera rotundifolia) Sumpfveilchen (Viola palustris)
Am 17.10.1959 wurde auf Antrag der damaligen Vogelschutzwarte für Hessen und Rheinland- Pfalz eine Nachtragsverordnung für das flächenhafte ND wirksam, die das Streuen von Kunst- düngern und Spurenelementen, die Anwendung von Unkrautbekämpfungsmitteln sowie Maßnahmen, die den Grundwasserstand verändern, verbietet. Mit gleichem Datum wurde, ebenfalls auf Antrag derVogelschutzwarte,eine Landschaftsschutzgebiets-Verordnung für die Umgebung des flächenhaften ND wirksam, die auch auf die ornithologische Bedeutung des Gebietes hinweist. Als Brutvögel wurden damals Zwergdommel (lxobrychus minutus), Großer Brachvogel (Numenius arquata), Bekassine (Gallinago gallinago) und Uferschwalbe (Riparia riparia) erwähnt. Die Grenzen dieses Landschaftsschutzgebietes (LSG) sind schon weit- gehend mit den Grenzen des heutigen NSG identisch.
Während der sechziger Jahre wurde der Bereich südlich der Bahn ausgekiest, der sich nach Aufgabe der Nutzung mit Grundwasser füllte und samt seinem Umland hervorragend renatu- rierte.
Im Laufe der sechziger Jahre verschwanden eine Reihe von seltenen Pflanzenarten, so zum Beispiel Fieberklee, Breitblättriges Wollgras und Rundblättriger Sonnentau. Auch eine Reihe von Brutvogelarten wie Zwergdommel, Großer Brachvogel und Flußregenpfeifer ver- schwanden. Trotzdem hat das Gebiet weiterhin seine Schutzwürdigkeit behalten können, so daß es mit Wirkung vom 28.12.1976 auf Antrag der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) als NSG ausgwiesen wurde. 61 Im Jahre 1983 wurden im Rahmen eines Flurbereinigungsverfahrens (erstes Verfahren zugunsten des Naturschutzes in Hessen) Verbesserungsmaßnahmen im zentralen Teil des NSG durchgeführt. Durch den Bau einerVerwallung und Einleitung von Wasser aus der östlich des NSG liegenden ehemaligen Kiesgrube wurde das Gelände innerhalb der Verwallung bis zu max. 30 cm überstaut.
2. Rechtliche Grundlagen Die gesetzliche Grundlage für die Unterschutzstellung ist die Verordnung (VO) über das NSG „Röhrig von Rodenbach" vom 10.12.1976, die am 28.12.1976 wirksam wurde. Das gesamte NSG liegt im großflächigen LSG „Vogelsberg - Hessischer Spessart". Leider konnte die VO Schädigungen im unmittelbaren Umfeld des NSG nicht verhindern. Hier sind vor allem illegale Ablagerungen von Erdmaterial in die nassen Bereiche der Wiesen (alte Kinzigarme) zu nennen. Selbst im NSG wurde widerrechtlich verfüllt. Der NSG-Bereich nörd- lich der Bahn liegt außerdem im einstweilig sichergestellten LSG „Auenverbund Kinzig" (mit Umbruchverbot von Grünland). Der Bereich südlich der Bahnlinie liegt im Naturpark Hessischer Spessart und ist ferner in der Flächenschutzkarte Hessen als freizuhaltende offene Fläche wegen der Bedeutung für das Klima eingetragen.
Abb. 2: NSG „Röhrig von Rodenbach" nördlich der Bahnlinie (Foto: H.-J. KRIEG)
3. Abiotische Faktoren
3.1 Klima
Klimatisch weist das untere Kinzigtal die Eigenschaften der Rhein-Main-Ebene auf, deren östlichsten Teil es darstellt. Die vorwiegend aus westlichen Richtungen herangeführten feuchten Meeresluftmassen geben im Bereich der weiter westlich liegenden Mittelgebirge 62 (Taunus, Westerwald, Hunsrück) bereits erhebliche Niederschlagsmengen als Steigungs- regen ab, so daß in den Ebenen östlich dieser Mittelgebirge relativ geringe Niederschläge fallen. Erst in Richtung Vogelsberg und Spessart steigen die Niederschlagswerte wieder an. Die höchsten Niederschlagsmengen fallen in den Sommermonaten, in denen allerdings auch eine starke Verdunstung eintritt, so daß der Effekt der Grundwasseranreicherung gering ist und diese in den anderen Jahreszeiten stattfindet.
Im Gebiet herrscht ein ozeanisch geprägtes humides Klima mit milden Wintern und warmen Sommern.
3.2 Geologie
Das Gebiet wird durch pleistozäne Sande und Kiese der Niederterrasse der Kinzig sowie holo- zäne Hochflutablagerungen gebildet. Die Dynamik der Kinzig verursachte im Gebiet des NSG ein für Auen typisches Landschaftsprofi lin der Nähe des Flusses wurden bei Hochwasser die grobkörnigeren Sedimente abgelagert, während das feinkörnigere Material weitertranspor- tiert bzw. weiter weg vom Flußlauf an den Talrändern abgelagert wurde. Dies führte zu einem zunächst unlogisch erscheinenden Profil, bei dem oft in unmittelbarer Flußnähe die am höchsten gelegenen Bereiche der Aue liegen, die gegen die Talränder hin -weiter vom Flußlauf entfernt - abfallen.Während die Böden in den höher gelegenen Teilen der Aue - in Flußnähe- oft beackert werden können, treten weitab vom Fluß am Talrand Vergleyungen auf, welche oft nur eine Grünlandnutzung zulassen oder gar zu Moorbildungen führen können. Die Entste- hung des „Röhrigs von Rodenbach" könnte zum Teil auf dieses Phänomen zurückzuführen sein.
3.3 Boden 1982 wurden von A. OTTO, Frankfurt am Main, Bodenuntersuchungen durchgeführt.lm Bereich der Wiesen zeigten sich recht ähnliche Bodenverhältnisse. Als Bodentyp fanden sich nur Grundwasserböden (Gleyen), die an manchen Profilen stärker oder schwächer ausgeprägte Staunässe (Pseudovergleyung) zeigten. Im Bereich der Röhricht- und Großseggengesellschaften sind verbreitet Anmoorgleye auf Seggen- und Bruchwaldtorf anzutreffen.
3.4 Wasser Südlich der Bahnlinie liegt eine etwa 3 ha große ehemalige Kiesgrube,die sich seit Aufgabe der Nutzung in den sechziger Jahren mit Wasser gefüllt und samt ihrem Umland hervorragend renaturiert hat. Der Bereich des Schilfröhrichtes und des nördlichen Teiles der Großseggen- und Sumpfreit- grasbestände war schon vor dem Bau der im Kapitel 1 (Einleitung) geschilderten Verwallung in Jahren mit durchschnittlichen Niederschlägen ausgesprochen naß, wobei der Grundwasser- stand oft flurgleich stand oder das Gebiet bis ca.10 cm hoch leicht überstaute. In Jahren mit geringen Niederschlägen (z. B.1976 bis 1979) führten allerdings nur noch die Gräben Wasser. Um möglichst das ganze Jahr über einen bestimmten Wasserstand im Gebiet zu erhalten, wurde 1983 eine Verwallung gebaut (siehe Abb. 3) und Wasser aus der östlich an das NSG angrenzenden ehemaligen Kiesgrube eingeleitet. 63 Abb. 3: Bau der Verwallung sowie des davor liegenden Grabens im August 1983 (Foto: H.-J. KRIEG)
Im westlichen Bereich wurde eine kleine Wasserfläche (0,2 ha) mit max.zwei MeterWassertiefe als Dauer- und Rückzugswassserfläche angelegt. Die Menge und der Abfluß durch den instal- lierten Mönch wurde so eingerichtet, daß das Gelände im westlichen Bereich max.30 cm hoch überstaut wird. Insgesamt ergibt sich so auf ca.15 ha Fläche eine 0 cm bis 30 cm hoch über- staute Fläche. Die Wiesen weisen nur bei stärkeren Niederschlägen stauende Nässe auf. In kleinen Senken sowie alten Kinzigläufen können sich mehrere Quadratmeter große offene Wasserflächen bilden, die bei entsprechendem Wetter und Jahreszeit wochenlang bestehen bleiben können. Anfang Februar 1984 überschwemmte die Kinzig fast das gesamte NSG; das Wasser war jedoch nach zwei Tagen über die bestehenden Gräben weitgehend wieder abgelaufen. Im südwestlichen Teil wird das NSG von einem Graben (Lache genannt) durchflossen. Erfließt außerhalb des NSG von Süden her verrohrt unter dem angrenzenden Supermarktgelände entlang und wird - weiterhin verrohrt - im NSG bis zur Bahnlinie weitergeführt. In die Lache wird das Oberflächenwasser vom Parkplatzgelände des Supermarktes über einen Öl- und Benzinabscheider eingeleitet. Dieses Wasser wird von der Hessischen Landes- anstalt für Umwelt zweimal jährlich untersucht. Im Untersuchungsbericht vorn 31. 7. 1981 wurde die Verschmutzung durch pertolätherextrahierbare Stoffe beanstandet und die Überprüfung der Benzin- und Ölabscheider gefordert. Im nördlichen Bereich wird das NSG von einem weiteren, allerdings nur periodisch wasser- führenden Graben, durchzogen. 64 4. Biotische Faktoren
4.1 Flora
Übersicht:
Südlich der Bahnlinie befindet sich die ehemalige Kiesgrube. Mit den sie umgebenden baum- und buschbestandenen Flächen ist das Gelände ca. 3,5 ha groß.
Nördlich der Bahnlinie befinden sich auf weniger nassen Standorten von Gräben durchzo- gene unterschiedliche Wiesengesellschaften mit einer kleinen Ackerfläche. Dieser Bereich des NSG nimmt ca. 29,7 ha ein. Die am tiefsten gelegenen Bereiche des NSG werden von Seggengesellschaften, Sumpfreit- grasbeständen und einem Schilfröhricht auf ca.15 ha bedeckt (Abb. 4).
Kurze Beschreibung der einzelnen Vegetationszonen:
Ehemalige Kiesgrube südlich der Bahnlinie:
Die Kiesgrube wird durch die verrohrte Lache in einen kleinen westlichen und einen größeren östlichen Teil getrennt. Als Wasserpflanzen fallen Bestände von Weißen Seerosen (Nymphea alba) auf, daneben kommt eine Tausendblattart (Myriophyllum spec.) vor.
Im östlichen Teil der Kiesgrube befindet sich eine Insel mit steilen Ufern, die hauptsächlich mit Schwarzerlen (Alnus glutinosa) bestanden ist. Desweiteren befinden sich hier noch ca. zehn jeweils nur wenige Quadratmeter große Inseln, die hauptsächlich mit Schilf (Phragmites communis) bestanden sind. Das Nordufer ist flach und weist einen nur wenige Meter breiten Schilfgürtel auf; zwischen diesem und dem Bahndamm wachsen Pappeln. Die übrigen Ufer dieses Teiles der Kiesgrube sind steil und mit dichter Baum- und Strauchvegetation bestanden. Nordöstlich an die Kiesgrube schließt sich eine Sukzessionsfläche an, die zum Großteil von einer Schwingelart (Festuca spec.) bestanden ist. Das Gelände zwischen den beiden Kies- grubenteilen ist von einem Weidengebüsch bestanden, in dem an lichteren Stellen Schilf wächst. Im westlichen Teil der Kiesgrube befinden sich fünf wenige Quadratmeter große Inseln.
Wiesengebiete nördlich der Bahnlinie: Die Wiesengesellschaften wurden unter anderem durch 30 vegetationskundliche Aufnahmen von A. OTTO im Mai und Juni 1981 begutachtet. Danach ließen sich vierverschiedene Einheiten voneinander abgrenzen: - die Fuchsschwanz-Glatthaferwiese - die frischere Variante der Wiesenknopf-Si lauwiese - die typische Wiesenknopf-Silauwiese - die nasse Variante der Wiesenknopf-Silauwiese (Variante mit Seggen). Es existieren alle Übergänge.
Bei den die Wiesen durchziehenden Gräben sind die eigentliche Grabenvegetation und die Vegetation der Grabenränder zu unterscheiden. Erstere besteht aus Pflanzengesellschaften der stehenden bzw. langsam fließenden Gewässer, letztere ist ein Mosaik unterschiedlicher Vegetation, das bedingt ist durch die Höhe des Grabenrandes, die Nutzung bzw.die Bepflan- zung mit Sträuchern etc. 65
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Legende: • • • Mähwiesen (hauptsächlich Fuchsschwanz-Glatthafer-Wiesen (Arrhe- natheretum alopecuretosum) im Übergang zur Wiesenknopf-Silau- Wiese (Sanguisorbo-silaetum typicum) ■ IM ■ Acker Ä • Ä Sumpfreitgras- und Großseggenbestände Schilf-Röhricht A A A Gehölze; westlich und nordöstlich der Wasserfläche Sukzessions- gebiete Wasserfläche 0 66 Sumpfreitgras- und Großseggenbestände:
Es wurden vier verschiedene Gesellschaften differenziert, wobei die ersten beiden noch stär- kere Beziehungen zum Grünland aufweisen, die letzteren durch zunehmende Feuchtigkeit gekennzeichnet sind.
1. Die Gesellschaft der Zweizeiligen Segge (Caricetum distichae) 2. Die Gesellschaft der Schlanken Segge (Caricetum gracilis) 3. Die Sumpfreitgras-Bestände 4. Die Sumpfseggen-Bestände
Schilfröhricht (Phragmition):
Diese Zone liegt etwas tiefer als die umliegenden Bereiche und wird aus einem geschlossenen Bestand von Schilf gebildet.
Das Schilf ist in seinem physiologischen Bereich außerordentlich konkurrenzfähig; Begleiter treten in den Kernzonen nahezu völlig zurück. Nur an kleinen trockeneren Erhebungen finden sich Lücken im dichten Verband. An den Rändern des Röhrigs werden an einigen Stellen Stickstoffzeiger wie der Stechende Hohlzahn (Galeopsis tetrahit) oder die Große Brennessel (Urtica dioica) angetroffen, an anderen Stellen finden sich Elemente der Mädesüß-Gesell- schaften (Filipendula u/maria-Stadien) wie das Mädesüß (Filipendula ulmaria) in Begleitung des Blutweiderichs (Lythrum salicaria) und des Wolftrapps (Lycopus europaeus).
Im äußersten Osten des Gebietes befinden sich an zwei Stellen noch Reste des Erlenbruch- waldes. Sie sind als Überbleibsel der ursprünglichen Vegetation anzusehen. Anhand der charakteristischen Begleiter der Schwarzerle läßt sich das Relikt noch als Walzenseggen- Erlenbruch (Carici elongatae-Alnetum glutinosae) ansprechen. Die Begleiter sind die Walzen- segge (Carex elongate), der seltene Sumpffarn,ferner die Sumpfdotterblume (Caltha palustris), die Sumpfsegge (Carex acutiformis) u. a. (OTTO briefl. 1982).
Erwähnt werden soll noch die Vegetation der Wege, die den nördlich der Bahnlinie gelegenen Teil des NSG im Süden und Osten begrenzen.
An den Stellen, die durch Tritt oder durch Befahren immer wiederfreigehalten (beeinträchtigt) werden, machen sich Pionierpflanzen der sauren Sandböden breit. Hierzu zählen die Elemente des Federschwingelrasens (Filagini-Vulpietum), in dem sich das Rote Straußgras (Agrostis tenius) breitmacht, das an den unberührten Stellen der trockenen Wegränder vorherrscht (Agrostietum tenius).
Insgesamt kommen im Schutzgebiet elf Pflanzenarten der Roten Liste vor:
1. Früher Schmielenhafer (Airs praecox) 2. Schmalblättrige Blasensegge (Carex vesicaria) 3. Breitblättriges Knabenkraut (Dactylorhiza majalis) 4. Sumpf-Weidenröschen (Epilobium palustre) 5. Weiße Seerose (Nymphaea alba) 6. Sumpf-Läusekraut (Pedicularis palustris) 7. Wasser-Greiskraut (Senecio aquaticus) 8. Bauernsenf (Teesdalia nudicaulis) 9. Sumpffarn (Thelypteris palustris) 10. Sumpf-Veilchen (Viola palustris) 11. Graben-Veilchen (Viola persicifolia) 67 4.2 Fauna
Über den größten Teil der Fauna liegen aus dem Bereich des NSG bisher keine Erkenntnisse vor. Dies gilt besonders für „niedere"Tiergruppen wie zum Beispiel Einzeller (Protozoa), Hohl- tiere (Coelenterata), Plattwürmer (Plathelminthes),VVeichtiere (Mollusca),Spinnen (Arachnida), Krebse (Crustacea) und Tausendfüßler (Myriapoda).
Innerhalb der Klasse der Insekten liegen leider nur über die Ordnung der Schmetterlinge (Lepidoptera) Untersuchungen von D. KLEIN E-RÜSCH KAM P, Rodenbach-Niederrodenbach, M. SCHROTH, Hainburg-Hainstadt sowie R.ZELL, Rodenbach-Niederrodenbach vor. Im NSG kommen eine Anzahl besonderer und bedrohter Arten vor (Rote Liste der Schmetterlinge der BRD). Unter den Tagfaltern sind dies Schwalbenschwanz (Papillo machaon), Dukatenfalter (Neodes virgaureae), Großer Moorbläuling (Maculinea teleius) und Schwarzblauer Bläuling (Maculinea nausithous). Die Bestände dieser Arten sind jedoch seit 1974 stark rückläufig; der Schwalbenschwanz wurde zuletzt 1978 nachgewiesen. Unter den Eulenfaltern (Noctuidae) sind als Arten der „Roten Liste" zu nennen: Reitgras-Halmeule (Photedes extrema), Reitgras- Stengeleule (Photedes fluxa), Rohrkolbeneule (Nonagria typhae), Igelkolben-Röhrichteule (Archanara sparganii) und Büttners Schrägflügeleule (Sedina buettneri). Alle Arten leben in den Sumpfreitgras-, Großseggen- und Schilfbeständen.
Da die ehemalige Kiesgrube bis zum Jahre 1983 an einen Angelverein verpachtet war,wurden von dem Verein eine Reihe von Fischarten eingesetzt. Es handelt sich um folgende Arten:
Aal (Anguilla anguilla) Aland (Leuciscus idus) In der vorläufigen „Roten Liste der gefährdeten Fische Hessens" ist die Art als ausgestorben oder verschollen aufgeführt. Blei (Abramis brama) Flußbarsch (Perca fluviatilis) Graskarpfen (Ctenopharyngodon idella) Hecht (Esox lucius) Karausche (Carassius carassius) Karpfen (Cyprinus carpio) Quappe (Lote Jota) Rotauge (Rutilus rutilus) Rotfeder (Scardinius erythrophthalmus) Schleie (Tinca tinca) Zander (Stizostedion lucioperca) (OHL 1979).
Im Gebiet um Rodenbach werden von einer Rodenbacher Arbeitsgruppe seit 1980 Unter- suchungen über die Amphibienbestände durchgeführt. Für den Bereich des NSG führte dies zu folgenden Ergebnissen:
Grasfrosch (Rana temporaria) - Alljährlich ca. 20 ablaichende Exemplare Wasserfrosch (Rana esculenta u. R. lessonae) - Seit dem Überstau der Kernzone balzen alljährlich bis zu 80 Männchen Seefrosch (Rana ridibunda) - Seit 1985 balzen bis zu 12 Männchen Laubfrosch (Hyla arborea) - 6 balzende Männchen 1986 Erdkröte (Bufo bufo) - Alljährlich ca. 30 ablaichende Exemplare Kreuzkröte (Bufo calamita) - 4 balzende Männchen 1986 Teichmolch (Triturus vulgaris) - 2 Ex.1986 Kammolch (Triturus cristatus) - 1 Ex. 1980 68 Reptilien:
1974 wurde im westlichen Teil der ehemaligen Kiesgrube eine 200 g schwere Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis) geangelt und nach einigen Tagen wieder ausgesetzt (OHL 1979)
Avifauna:
Das NSG wird seit Anfang der fünfziger Jahre von hessischen Ornithologen aufgesucht. Seit 1964 wird das NSG von Mitgliedern der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz intensiv erforscht.
Die ehemalige Kiesgrube südlich der Bahnlinie hat in erster Linie eine Funktion als Rastgebiet für wassergebundene Vogelarten. Die Rastkapazität betrug bis zu 1000 Individuen; haupt- sächlich während des Frühjahr- und Herbstzuges. In den achtziger Jahren beträgt die Rast- kapazität nur noch bis zu 500 Ex. Gründe für einen Rückgang der Zahlen sind nicht bekannt.
Die Masse der Wasservögel wird von Stockenten (Anas platyrhynchos) gebildet; daneben rasten alljährlich kleine Gruppen bis 10 Ex. von Haubentauchern (Podiceps cristatus), Zwerg- tauchern (Podiceps ruficollis), Höckerschwänen (Cygnus olor), Pfeifenten (Anas penelope), Krickenten (Anas crecca), Spießenten (Anas acuta), Knäkenten (Anas querquedula), Löffe- lenten (Anas clypeata),Tafelenten (Aythya ferina) und Reiherenten (Aythya fuligula). Die Bedeu- tung des Gebietes als Überwinterungsplatz ist geringer, da die Kiesgrube leicht zufriert. Der Eisvogel (Alcedo atthis) und die Uferschwalbe (Riparia riparia) nutzen die Kiesgrube als Nahrungs- und Rastareal; seit 1983 wurden beide Arten hier nicht mehr beobachtet. Anfang der achtziger Jahre wurde in der SO-Ecke der Kiesgrube eine künstliche Uferschwalben- steilwand gebaut (siehe Abb. 5).
Abb. 5: Künstliche Uferschwalbenbrutwand an der ehemaligen Kiesgrube südlich der Bahn (Foto: H.-J. KRIEG) 69 Die Uferschwalbe brütete von 1974 bis 1981 an der ehemaligen Kiesgrube; teilweise auch in künstlichen Tonröhren, die vor Errichtung der Brutwand als Nisthilfen vorhanden waren.
Seit 1980 brütet hier regelmäßig ein Haubentaucherpaar. In den Schilfröhrichten und den angrenzenden Seggenrieden nördlich der Bahn leben folgende bedrohte Brutvogelarten: Bekassine (Gallinago gallinago) (1 bis 4 Brutpaare (BP)),Wasserralle (Rallus aquaticus) (1 BP), Rohrweihe (Circus aeruginosus) (1 BP), Schafstelze (Motacilla flava) (1 BP). Dominante Brut- vogelarten in diesem Gebiet sind Teichrohrsänger (Acrocephalus scirpaceus) (6 bis 10 BP), Sumpfrohrsänger (Acrocephalus palustris) (3 bis 10 BP) und Rohrammer (Emberiza schoe- niclus) (5 bis 13 BP).Während derZugzeit befindet sich hier ein Schlafplatz von Staren (Sturnus vulgaris). Das Schilfröhricht und die Seggenrieder stellen nach dem Überstau das bedeu- tenste Nahrungs- und Rastgebiet im NSG. Die Bedeutung dieser Zone ist hessenweit sehr hoch einzuschätzen. Hier rasten, hauptsächlich während des Frühjahrszuges, bis zu ca. 60 Paare auch seltener Entenarten wie Schnatter-, Krick-, Spieß- und Knäkenten! Auch für Li mi- kolenarten wurde das Gebiet nach dem Überstau während des Frühjahrszuges attraktiv. Es rasten folgende Arten: Flußregenpfeifer, Bekassine, Großer Brachvogel, Uferschnepfe (Limosa limosa), Rotschenkel (Tringa totanus) und Waldwasserläufer (Tringa ochropus). Desweiteren rasten in diesem Teil des NSG Kornweihe (Circus cyaneus), Wiesenpieper (Anthus pratensis), Wasserpieper (Anthus spinoletta), Schilfrohrsänger (Acrocephalus schoenobaenus) und Blau- kehlchen (Luscinia svecica).
Das intensiv genutzte Grünland ist wichtiges Nahrungs- und Rastareal für Weißstorch (Ciconia ciconia), Graureiher (Ardea cinerea), Schwarzmilan (Milvus migrans), Rotmilan (Milvus milvus), Habicht (Accipiter gentilis), Schafstelze, Wiesenpieper und Saatkrähe (Corvus frugilegus). Bisher wurden 131 Arten im NSG nachgewiesen, die im folgenden vorgestellt werden sollen.
Abkürzungen: aBV = alljährlicher Brutvogel nDZ = nicht alljährlicher Durchzügler nBV = nicht alljährlicher Brutvogel WG = Wintergast eiBV = einmaliger Brutvogel NG = Nahrungsgast ehBV = ehemaliger Brutvogel ehNG = ehemaliger Nahrungsgast aDZ = alljährlicher Durchzügler d = weniger als drei Nachweise = Art der „Roten Liste der bestandsgefährdeten Vogelarten Hessens" +1- = Art der „Roten Liste" der Bundesrepublik Deutschland +++ = Art der „Roten Liste" Europas
Höchstzahlen bei Durchzüglern beziehen sich auf die höchste Anzahl an einem Tag beobach- teter Individuen.
1.Haubentaucher ++ nBV aDZ 1973 : 1 BP. Seit 1980 alljährlich 1 BP. Alljährlich Durchzügler bis 9 Ex. (29.3.1976).
2. Zwergtaucher ehBV?aDZ BV? in 1 Paar bis Anfang der siebziger Jahre. Alljährlicher Durchzügler bis 3 Ex. (20.4.73).
3. Graureiher ++ Jahresgast In allen Monaten bis 40 Ex. anwesend. Mitte der sechziger Jahre bis 9 Ex. anwesend (13.9.64, 14.2.65, 7.3.65), danach sinkende Anzahl, ab Mitte dersiebzigerJahre bis 1979 wieder bis 6 Ex.19 80 und 1981 bis 10 Ex.anwesend 70 (oft erreichtes Maximum). 1982 und 1983 stark ansteigende Zahlen bis 25 Ex. (12.11. 83). 1984 im Sommer bis 40 Ex.! BERG-SCHLOSSER (1968) gibt von 1956 bis 1968 einen Rückgang der hessischen Graureiherbrutpopulation um ca. 2/3 der Bestände an. Nach einer Stabilisierungsphase von 1969 bis 1974 stieg der Bestand seit 1975 jedoch auf Grund von Schutzmaßnahmen stark an (FI EDLER briefl., ROSSBACH (1974)); seit dieserZeit nimmt auch die Zahl der im Kinzigtal beobachteten Graureiher wieder zu.
4. Zwergdommel ehBV Brutvogel in den fünfziger Jahren; bis Anfang der sechziger Jahre noch DZ in einzelnen Ex.
5. Rohrdommel (Rohrdommel) ++ ehBV? Ältere Einwohner von Niederrodenbach können sich an den markanten Balzruf der Rohr- dommel in früheren Jahrzehnten erinnern; möglicherweise brütete die Dommel hier.
6. Weißstorch ++ NG Brutvogel in einem Paar auf einem Wehrturm in Niederrodenbach schon 1893 erwähnt. Brut- vogel bis 1963, letztmalig 1962 erfoglreich brütend (2 Junge).1963 schwere Kämpfe zwischen Störchen, Horst seitdem unbewohnt (BERG-SCHLOSSER 1968). Das „Röhrig von Rodenbach" war Hauptnahrungsgebiet des Niederrodenbacher Storchen- paares. Die in Langenselbold brütenden Störche (bis 1966; Einzelvögel bis 1969 anwesend) nutzten das „Röhrig" ebenfalls als Nahrungsgebiet. Das noch in Rückingen brütende Stor- chenpaar nutzt das „Röhrig" noch heute als Nahrungsgebiet!
7. Höckerschwan aDZ Alljährlicher Durchügler bis 3 Ex. (25.11.79).
8. Pfeifente ++ aDZ Alljährlicher Durchzügler bis 4 Ex. (26.3.73).
9. Schnatterente ++ d 1 Männchen 1.5.74 ; ca. 30 Paare März/April 1984
10. Krickente ++ aDZ Alljährlicher Durchzügler bis ca. 60 Paare (!) (Ende April 1984). Derartig hohe Zahlen wurden nur nach Schaffung der Flachwasserzone (1983) erreicht.
11.Stockente aBV aDZ Alljährlicher BV in 12 bis ca. 20 BP. Alljährlicher DZ bis 1.000 Ex. (Oft erreichtes Maximum). In den achtziger Jahren nur noch bis ca. 500 Ex.
12.Spießente ++ aDZ Alljährlicher Durchzügler bis 10 Ex. (8.4.73).
13. Knäkente ++ aDZ Alljährlicher Durchzügler bis ca. 30 Paare (!) (März/April 1984). Derartig hohe Zahlen wurden nur nach Schaffung der Flachwasserzone (1983) erreicht. 71 14.Löffelente ++ aDZ Alljährlicher Durchzügler bis 7 Ex. (3.4.1973).
15.Tafelente aDZ Alljährlicher Durchzügler bis 4 Ex. (31. 3.1973, 18.3. 1978).
16.Reiherente ÷-h aDZ Alljährlicher Durchzügler bis 6 Ex. (29. 3.1972, 20.4. 1973, 16.3. 1975).
17.Schellente d Je 1 Männchen am 1.5.1974 und 4. 3.1978.
18. Mäusebussard aDZ NG Überhinfliegende Bussarde bis 5 Ex. (17.2.1974, 12.3. 1975, 5.9.1977). Einzelne Nahrungs- gäste (Brutvögel der umliegenden Wälder).
19.Sperber ++ NG Seltener Nahrungsgast
20. Habicht ++ NG Einzelne Nahrungsgäste (Brutvögel der umliegenden Wälder).
21. Rotmilan ++ aDZ NG Einzelne Ex. erscheinen als Durchzügler sowie als Nahrungsgäste (Brutvögel der umlie- genden Wälder).
22. Schwarzmilan ++ NG Bis 4 Ex. erscheinen als Nahrungsgäste (Brutvögel der umliegenden Wälder).
23. Rohrweihe ++ aBV aDZ Bis 1978 alljährlicher Durchzügler in einzelnen Ex.1979 1 Paar anwesend, das möglicherweise auch brütete. Seit 1980 brütet alljährlich 1 Paar.
24. Kornweihe +++ d 2 Weibchen am 10.11.1983.
25. Fischadler ++ nDZ Nicht alljährlicher Durchzügler in einzelnen Ex.
26. Baumfalke ++ NG Bis 2 Ex. erschienen 1984 als Nahrungsgäste.
27. Wanderfalke +++ ehNG Auf Stare jagende Wanderfalken wurden mehrfach 1962 beobachtet.
28. Turmfalke nBV NG Nicht alljährlicher BV in 1 Paar sowie NG in einzelnen Ex. 72 29. Rebhuhn ++ ehnBV WG Ehemaliger nicht alljährlicher Brutvogel in einem Paar. Vor Besetzung der Reviere Völker anwesend. In den sechzigerJahren noch bis 12 Ex.In den siebziger und achtzigerJahren unter 10 Ex.
30. Wachtel +++ d 30. 5. 1978 1 balzendes Männchen gehört.
31. Fasan aBV Alljährlich 1 balzendes Männchen; gleichzeitig bis zu 16 Weibchen (19. 3. 1965)! Die Be- stände werden durch Aussetzungsaktionen des Jagdpächters aufgefüllt. 1983 3 balzende Männchen.
32. Kranich ++ d 54 Ex. am 8.3.1977 und 26 Ex. am 10.4.1985 überhinfliegend.
33. Wasserralle ++ aBV Alljährlicher BV in 1 Paar.
34. Tüpfelralle ++ eiBV? 3 rufende Ex. am 17. 4. 1961, wobei es sich um Zug gehandelt haben könnte. Da Rufe auch noch im Mai festgestellt wurden, scheint ein Brutvorkommen in diesem Jahr nicht ausgeschlossen.
35. Wachtelkönig +++ d Je 1 Ex. 18.7.1956 und 16. 5.1962.
36. Teichralle aBV Alljährlicher Brutvogel in 1 bis 2 Paaren.
37. Bleßralle aBV aDZ Alljährlicher Brutvogel in 2 Paaren. Alljährlicher Durchzügler bis 20 Ex. (oft erreichtes Maximum).
38. Kiebitz aBV aDZ Alljährlicher BV in 1 bis ca. 20 Paaren. Mitte der sechziger Jahre 8 BP. In den trockenen und durch zu häufige Grabenräumungen betroffenen siebziger Jahren sowie in deren Folge bis 1983 brüteten nur 1 bis 4 BP. Durch Schaffung der Flachwasserzone (1983) 1984 und 1985 je 14 BP! 1986 ca. 15 - 20 BP! Alljährlicher DZ bis 136 Ex. (6.11.1977).
39. Flußregenpfeifer ehBV Ehemaliger Brutvogel in mindestens einem Paar bis in die sechzigerJahre in der Auskiesungs- fläche der ehemaligen Kiesgrube.
40. Bekassine ++ aBV aDZ Alljährlicher Brutvogel in 1 bis 4 BP. Alljährlicher Durchzügler bis ca. 40 Ex. (30.3.1964). Ähnlich hohe Zahlen wurden in den letzten zehn Jahren nicht mehr erreicht. 73 41.Großer Brachvogel ++ ehBV nDZ Brutvogel mindestens von 1957 bis 1966. 1957 Brutvoge1,1958 1 BP,1959 2 BP,1960 3 BP,1961 2 BP,1962 1 BP,1963 1 BP,1964 1 BP, 1965 0 BP, 1966 1 BP. Nach 1966 nur noch nicht alljährliche Durchzügler bis 15 Ex. (März/April 1984).
42. Uferschnepfe ++ d 18 - 20 Ex. März/April 1984.
43. Rotschenkel ++ d Ende April 1975 2 Ex.
44. Waldwasserläufer ++ d Je 1 Ex. am 31.3.1977 und 13. 6.1985.
45. Flußuferläufer ++ d Je 1 Ex. am 12.9.1964 und 6.5.1973.
46. Lachmöwe aDZ Alljährlicher Durchzügler bis 46 Ex. (6.11.1977).
47. Trauerseeschwalbe ++ nDZ Nicht alljährlicher Durchzügler in einzelnen Exemplaren.
48. Flußseeschwalbe ++ d 7 Ex. 31. 3.1964.
49. Ringeltaube eiBV aDZ NG 1974: 1 BP. Alljährlich Durchzügler bis ca. 250 Ex. (12. 3.1978). Nahrungsgast bis 4 Ex. (31. 5.1986).
50. Türkentaube d Je 1 Ex. am 25. 5.1972 und 8.7.1972.
51.Turteltaube ++ d 1 balzendes Männchen am 8. 6.1985.
52. Kuckuck aBV Alljährlich 1 rufendes Männchen; 1973 3 balzende Männchen.
53. Schleiereule ++ d 1 Ex. wurde 1977 tot an der Bahnlinie gefunden (wohl Verkehrsopfer).
54. Sumpfohreule ++ nDZ Nicht alljährlicher Durchzügler in einzelnen Ex.
55. Mauersegler aDZ NG Alljährlicher Durchzügler und Nahrungsgast bis ca. 25 Ex. (13. 5.1972, 23. 5.1975). 74 56. Eisvogel ++ a? DZ a? NG Alljährlicher Druchzügler und Nahrungsgast in einzelnen Ex.
57. Wiedehopf ++ d 1 Ex. 16.4.1972 bis 19.4.1972.
58. Grünspecht NG Nahrungsgast in einzelnen Ex.
59. Grauspecht NG Nahrungsgast in einzelnen Ex.
60. Buntspecht NG Nahrungsgast in einzelnen Ex.
61. Wendehals ++ d 1 Ex. am 11. 7.1976.
62. Feldlerche aBV aDZ Alljährlicher Brutvogel in 3 bis 4 Paaren. Alljährlicher Durchzügler bis ca. 100 bis 150 Ex. (Mitte Februar 1979).
63. Uferschwalbe ++ nBV Seit 1957 befand sich eine Kolonie in wechselnder Stärke (63 bis 45 BP) in einer östlich des NSG liegenden Kiesgrube.1973 wurden infolge eines Campingplatzes fast alle Steilhänge der Kiesgrube beseitigt; es fanden hier keine Bruten mehr statt. 1974 siedelten 15 Paare in das damals geplante NSG um. 1975: 9 BP; 1976: ca. 40 BP; 1977: ca. 50 BP; 1978: 1 bis 2 BP; 1979: 0 BP; 1980: 0 BP; 1981: 12 BP (ohne Bruterfolg); seit 1982 keine Bruten mehr. Die Bruten fanden zum Teil in künstlichen Niströhren (Ton) statt.
64. Rauchschwalbe aDZ NG Alljährlicher Durchzügler und Nahrungsgast bis ca. 50 Ex. (8.4.1976).
65. Mehlschwalbe aDZ NG Alljährlicher Durchzügler bis ca. 10 Ex. (2.10.1974). Nahrungsgast in einzelnen Ex.
66. Schafstelze aBV aDZ Alljährlicher Brutvogel in einem Paar. Alljährlicher Durchzügler in einzelnen Ex.
67. Gebirgsstelze nDZ Nicht alljährlicher Durchzügler in einzelnen Ex.
68. Bachstelze aBV aDZ Alljährlicher Brutvogel in ein bis zwei Paaren. Alljährlicher Durchzügler bis ca. 10 Ex. (7.12.1983).
69. Brachpieper ++ d Ein fragliches Ex. im August 1964. 75 70. Baumpieper nBV aDV 1973 und 1975 je 1 BP. Alljährliche Durchzügler in einzelnen Ex.
71.Wiesenpieper + aDZ WG Alljährlicher Durchzügler bis ca. 30 Ex. (26. 9.1964) und Wintergast in einzelnen Ex.
72. Wasserpieper ++ d 1 Ex. am 7.12.1983.
73. Neuntöter ++ eiBV nDZ 1 Männchen 1.5.1974; 2 Männchen 22.5.1974 und 1 BP 1984.
74. Raubwürger ++ nDZ Nicht alljährlicher Durchzügler in einzelnen Ex. Aus den achtziger Jahren liegen kaum noch Beobachtungen vor.
75. Zaunkönig aBV aDZ Alljährlich ein bis zwei BP. Alljährlich Durchzügler in einzelnen Ex.
76. Heckenbraunelle aBV aDZ Alljährlicher Brutvogel in ein bis zwei BP. Alljährlicher Durchzügler bis 6 Ex. (oft erreichtes Maximum).
77. Feldschwirl aBV aDZ Alljährlicher Brutvogel in ein bis fünf BP. Alljährlicher Durchzügler bis 4 Ex. (oft erreichtes Maximum).
78. Schlagschwirl d Ein singendes Männchen am 6.6.1985.
79. Schilfrohrsänger ++ d 1 Ex.Juli 1964; 1 singendes Männchen 6. 5.1972
80. Sumpfrohrsänger aBV Alljährlicher Brutvogel in 3 bis 10 Paaren.
81.Teichrohrsänger aBV Alljährlicher Brutvogel in 6 bis 10 Paaren.
82. Drosselrohrsänger ++ nBV? nDZ Ein singendes Männchen am 30.4.1973. Während der gesamten Brutzeit sang in den Jahren 1974 und 1986 ein Männchen im NSG.
83. Gelbspötter d Ein singendes Männchen 31. 5.1986.
84. Gartengrasmücke eiBV nDZ 1 BP 1975. Nicht alljährlicher Durchzügler in einzelnen Ex. 76 85. Mönchsgrasmücke eiBV a? DZ 1 BP 1974. Alljährlicher? Durchzügler in einzelnen Ex.
86. Klappergrasmücke eiBV nDZ 1 BP 1975. Nicht alljährlicher Durchzügler in einzelnen Ex.
87. Dorngrasmücke nBV Nicht alljährlicher Brutvogel in 1-2 Paaren.
88. Zilpzalp aBV aDZ Alljährlicher Brutvogel in 1-5 Paaren. Alljährlicher Durchzügler in einzelnen Ex.
89. Fitis aBV aDZ Alljährlicher Brutvogel in 1-4 BP. Alljährlicher Durchzügler bis 6 Ex. (oft erreichtes Maximum).
90. Wintergoldhähnchen d Ein singendes Männchen am 15. 4. 1978.
91. Trauerschnäpper aBV Alljährliche Brutversuche einzelner Paare in den Holzbetonnistkästen südlich der Bahnlinie; starke Konkurrenz durch Feldsperlinge.
92. Schwarzkehlchen ++ eiBV Ein Brutpaar 1964.
93. Braunkehlchen ++ ehBV nDZ Ehemaliger Brutvogel in 2-3 Paaren. Nicht alljährlicher Durchzügler bis 5 Ex. (4.5.1980).
94. Gartenrotschwanz ehBV a?DZ Ehemaliger Brutvogel bis Mitte der siebziger Jahre. Alljährlicher? Durchzügler in einzelnen Ex.
95. Hausrotschwanz nBV Nicht alljährlicher Brutvogel mit 1-3 BP am Südrand des NSG.
96. Nachtigall aBV aDZ Alljährlicher Brutvogel in 2-3 Paaren. Alljährlicher Durchzügler bis 10 Ex. (oft erreichtes Maximum).
97. Blaukehlchen ++ nDZ Nicht alljährlicher Durchzügler in einzelnen Ex. Letzte Beobachtungen in den siebzigerJahren.
98. Rotkehlchen nBV aDZ Nicht alljährlicher Brutvogel in einzelnen Paaren. Alljährlicher Durchzügler in einzelnen Ex. 77 99. Misteldrossel a?DZ Alljährlicher (?) Durchzügler in einzelnen Ex.
100. Wacholderdrossel aBV aDZ Alljährlicher Brutvogel in 3-4 Paaren. Alljährlicher Durchzügler bis ca. 1900 - 2 000 Ex. (19.1.1975).
101.Singdrossel aBV? a?DZ Möglicherweise Brutvogel in wenigen Paaren. Alljährlicher (?) Durchzügler bis ca. 50 Ex. (15. 3.1979).
102.Rotdrossel nDZ Nicht alljährlicher Durchzügler bis ca. 50 Ex. (17.3.1979).
103. Amsel aBV Alljährlicher Brutvogel in schwankender Dichte (2 bis ca. 8 Paare).
104. Schwanzmeise nDZ Nicht alljährlicher Durchzügler bis 6 Ex. (30.11.1972).
105.Sumpfmeise d 3 Ex. am 15.3.1979.
106.Weidenmeise NG Nahrungsgast in einzelnen Ex.
107. Blaumeise aBV Alljährlicher Brutvogel in zwei Paaren (Holzbetonnistkästen südlich der Bahnlinie).
108. Kohlmeise aBV Alljährlicher Brutvogel in 3-4 Paaren (Holzbetonnistkästen südlich der Bahnlinie).
109. Kleiber NG Nahrungsgast in einzelnen Ex.
110. Gartenbaumläufer d 2 Ex. am 15. 3. 1979.
111. Grauammer ++ nBV nDZ Nicht alljährlicher Brutvogel in einem Paar. Nicht alljährlicher Durchzügler bis 3 Ex. (28.2.1972).
112. Goldammer aBV aDZ WG Alljährlicher Brutvogel in 2-3 Paaren. Alljährlicher Durchzügler und Wintergast bis 14 Ex. (29.1.1977).
113. Rohrammer aBV aDZ Alljährlicher Brutvogel in schwankender Dichte (5-13 BP). Alljährlicher Durchzügler in unbekannter Höhe. 78 114.Buchfink aBV aDZ Alljährlicher Brutvogel in 1-2 Paaren. Alljährlicher Durchzügler bis ca. 30 Ex. (oft erreichtes Maximum).
115.Bergfink aDZ Alljährlicher Durchzügler bis 8 Ex. (15. 3.1979).
116.Girlitz aBV Alljährlicher Brutvogel in 1-4 Paaren.
117. Grünling aBV aDZ Alljährlicher Brutvogel in 2-4 Paaren. Alljährlicher Durchzügler bis ca. 80 Ex. (30.10.1972).
118.Stieglitz aBV aDZ Alljährlich 1-2 BP. Alljährlicher Durchzügler bis ca. 50 Ex. (Anfang November 1983).
119.Zeisig aDZ WG Alljährlicher Durchzügler und Wintergast bis ca. 36 Ex. (Anfang November 1983).
120. Hänfling aBV aDZ Alljährlicher Brutvogel in 1-3 Paaren. Alljährlicher Durchzügler bis ca. 50 Ex. (30.10.1972)
121.Kernbeißer NG Nahrungsgast in einzelnen Ex.
122. Gimpel aDZ NG WG Alljährlicher Durchzügler, Nahrungs- und Wintergast in einzelnen Ex.
123. Haussperling NG Nahrungsgast in Schwärmen bis ca. 50 Ex.
124. Feldsperling aBV aDZ WG Alljährlicher Brutvogel in 5-6 Paaren (Holzbetonnistkästen südlich der Bahnlinie). Alljährlicher Durchzügler und Wintergast bis ca. 70 Ex. (30.10.1972).
125. Star aDZ Alljährlicher Durchzügler bis ca. 1500 Ex. (4.4.1965). Im Frühjahr bis Herbst befindet sich alljährlich im Röhrig ein Schlafplatz; Höchstzahl ca.18 000 Ex. (± ca. 3 000 Ex.) während des Frühjahres 1979.
126. Pirol nBV? aDZ Nicht alljährlicher Brutvogel? Alljährlicher Durchzügler in einzelnen Ex.
127. Eichelhäher aDZ Alljährlicher Durchzügler in einzelnen Ex. 79 128.Elster aBV Alljährlicher Brutvogel in 1-2 Paaren.
129. Dohle aDZ NG Alljährlicher Durchzügler bis ca. 500 Ex. (30.10.1972). Nahrungsgast in einzelnen Ex. Im Herbst 1979 ein Schlafplatz auf den angrenzenden Hochspannungsmasten; bis ca. 300 Ex.
130.Saatkrähe ++ aDZ WG Alljährlicher Durchzügler und Wintergast bis ca. 500 Ex. (30.10.1972).
131. Aaskrähe Rabenkrähe (Corvus corone corone) aBV NG Alljährlicher Brutvogel in 1-3 Paaren. Nahrungsgast bis ca. 40 Ex. (17. 9.1964). Im Herbst 1979 ein Schlafplatz auf den angrenzenden Hochspannungsmasten; bis ca. 300 Ex. Nebelkrähe (Corvus corone cornix) d Je 1 Ex. am 6. 9.1964,13. 9.1984 und 17.9.1964 (wohl dasselbe Ex.)
Insgesamt kommen im NSG 60 Arten der „Roten Listen" vor (46 0/0 der hier vorkommenden Arten), davon sind 54 Arten überregional in der BR Deutschland oder Europa bestands- gefährdet.
Die Säugetierfauna des Gebietes ist wenig erforscht. Folgende Arten konnten im Schutz- gebiet nachgewiesen werden:
Reh (Capreolus capreolus): bis 26 Ex. (in den sechziger Jahren) in den siebziger und achtziger Jahren nur noch höchstens 8 Ex. Hase (Lepus capensis): ca.10 bis 20 Ex. (in den achtzigerJahren höchstens bis ca.10 Ex.) Kaninchen (Oryctolagus cuniculus): ca. 30 bis 35 Ex. Fuchs (Vulpes vulpes): 1982 1 Bau mit 5 Jungen Steinmarder (Marter foina): unter 5 Ex. Iltis (Mustela putorius) ++: unter 5 Ex. Hermelin (Mustela erminea) ±: einzelne Ex. Mauswiesel (Mustela nivalis) ±: einzelne Ex. Maulwurf (Talpa europaea) Feldmaus (Microtus arvalis) Erdmaus (Microtus agrestis) Rötelmaus (Clethrionomys glareolus) Waldmaus (Apodemus sylvaticus) Gelbhalsmaus (Apodemus flavicollis) Waldspitzmaus (Sorex araneus) Zwergspitzmaus (Sorex minutus) (DEEG briefl. SCHREIBER mündl. und eigene Beobachtungen) 80 5. Vergleich des Zustandes und der Wertigkeit vor und nach den Überstaumaßnahmen
Um die Lebensmöglichkeiten für wassergebundene Vogelarten zu verbessern, wurde im Sommer 1983 ein Flurbereinigungsverfahren durchgeführt und in diesem Zuge eine Flach- wasserzone gebaut.Überstaut werden sollten neben den vor 1983 bestehenden Schilf-, Groß- seggen- und Sumpfreitgrasbeständen weitere sechs Hektar in Privatbesitz befindliche Wiesen. Die Schilf-, Großseggen- und Sumpfreitgrasbestände befanden sich im Eigentum der Gemeinde Rodenbach. Vorausgegangen waren während der gesamten siebziger Jahre bis 1983 zum Teil harte Auseinandersetzungen mit der Landwirtschaft, die immer wieder eine Räumung der Gräben und Bäche in den Wiesen forderte und zum Teil durchsetzte, um einen starken und schnellen Wasserabfluß zu erreichen und um die Wiesen trockener zu gestalten. Die Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) in Gestalt ihres Arbeits- kreises Main-Kinzig versuchte ständig, dieses zu verhindern. Nach siebenjährigem Bemühen, hauptsächlich von Herrn RAAB, konnte 1983 das erste Flurbereinigungsverfahren zu Gunsten des Naturschutzes in Hessen durchgeführt werden. In diesen sieben Jahren konnten durch äußerst komplizierte Kauf- und Tauschverhandlungen die sechs Hektar in Privatbesitz befind- liche Fläche in Eigentum des Landes Hessen (Domänenverwaltung) überführt werden. Die Gesamtkosten des Verfahrens sowie der Baumaßnahmen betrugen DM 662.000. Im ein- zelnen: Für den Grunderwerb der insgesamt 6,74 ha wandte das Land Hessen DM 312.000 auf; die Baukosten betrugen DM 350.000, von denen die Bundesrepublik Deutschland und das Land Hessen DM 323.500 und die HGON DM 26.500 auf brachten.Die Kosten des Flurbereini- gungsverfahrens wurde im Rahmen der Arbeit des Amtes für Landwirtschaft und Landent- wicklung Hanau sowie des Hessischen Landesamtes für Ernährung, Landwirtschaft und Landentwicklung durchgeführt und nicht berechnet; sie sind also nicht in der Gesamtkosten- rechnung enthalten. Gebaut wurden eine Verwallung, ein Graben, eine 0,2 ha große Wasserfläche (max. Tiefe ca.2 m) mit Mönch sowie der Einlauf von der östlich an das NSG angrenzende ehemalige Kies- grube. Das Wasser aus dem Gelände südlich der Bahnlinie fließt nun nicht mehr in das Schilf- gebiet, sondern um die Schilffläche herum durch die Wiesen. Insgesamt sind ca. 15 ha zwischen 0 cm und 30 cm hoch überstaut mit allen Übergängen. Auf den 6 ha überstauten Wiesen haben sich Großseggengesellschaften eingestellt. Insgesamt kann festgestellt werden, daß die Maßnahmen über Erwarten gute und hervorra- gende Verbesserungen für das NSG brachten. Selbst die außerhalb der Verwallung auf Ver- langen der Landwirtschaft angelegten Gräben, deren Böschungen und die der Verwallungen haben sich gut entwickelt. Der nördlich der Verwallung liegende Graben wurde aufgrund von Forderungen der Landwirtschaft gebaut, die befürchtete, daß durchdrückendes Wasser von innerhalb der Verwallung eine weitere Vernässung der angrenzenden Wiesen bewirken könnte. Zwar wurde ein Streifen der Wiesen entlang des Grabens trockener, aber dieser Nach- teil wird durch die Existenz des Grabens mehr als aufgehoben. Die Vorteile ergeben sich durch flache Böschungswinkel, ständige Wasserführung (in den Wiesen steht nur bei starken Niederschlägen Wasser) und vor allem nicht genutzte Grabenböschungen. Hier hat sich, wie auch auf den nicht genutzten Verwallungen, eine außerordentliche Vielfalt von Blütenpflanzen entwickelt, die ein überaus abwechslungsreiches, buntes Artenspektrum darstellen. Im Graben wachsen u. a. eine Wassersternart (Callitriche spec.) und Froschlöffel (Alisma plan- tago-aquatica). Die Böschungen sind mit großen Beständen von Kuckucks-Lichtnelke (Lychnis flos-cuculi) und Sumpf-Vergißmeinnicht (Myosotis palustris) bedeckt, desweiteren wachsen eine Vielzahl weiterer Arten wie Gelbe Schwertlilie (Iris pseudacorus), Breitblättriger Rohrkolben (Typha latifolia), Wiesen-Platterbse (Lathyrus pratensis), Rot-Klee (Trifolium partense), Weiß-Klee (Trifolium repens), Inkarnat-Klee (Trifolium incarnatum), Breitblättriges 81 Knabenkraut u. a. Der bunte Aspekt hebt sich deutlich von den genutzten Wiesen ab; der größte Teil der genannten Pflanzen hat auf den genutzten Wiesen kaum noch Lebensmöglichkeiten. Die Pflanzenvielfalt bedingt ein reiches Schmetterlingsvorkommen, das sich, lediglich sub- jektiv beobachtet, beträchtig gesteigert hat. Untersuchungen sollen demnächst folgen. Durch den Überstau siedelten sich, teilweise sofort im Folgejahr, fünf Amphibienarten neu an (Wasserfrosch, Seefrosch, Laubfrosch, Kreuzkröte und Teichmolch).
Hervorragende Verbesserungen brachte der Überstau für die Lebensbedingungen von Vogel- arten. Bemerkenswert ist, daß die Flachwasserzone sofort nach Einstau angenommen und „genutzt" wurde; dies zeigt das enorme Defizit von Flachwasserzonen im Kinzigtal.
Nachdem der Kiebitzbestand während der siebziger Jahre bis 1983 bei 1- 4 Paaren lag, schnellte er im ersten Jahr nach dem Überstau auf 14 BP und 1986 auf max.20 BP. Es handelt sich um die höchste Siedlungsdichte dieser Limikole im Main-Kinzig-Kreis. Die Anzahl der Bekassinenbrutpaare stabilisierte sich bei 4 Paaren.
Arten-und Individuenzahl von Enten und Limikolen stiegen sofort nach dem Überstau sprung- haft an. Dies betrifft u. a. Bekassine, Großer Brachvogel, Uferschnepfe und Waldwasserläufer. Die Tagesmaxima bei der Schnatterente stiegen auf ca. 30 Paare, bei der Krickente auf ca. 60 Paare und bei der Knäkente auf ca. 30 Paare! Die Zahlen sind auch aus gesamthessischer Sicht von hoher Bedeutung. 1986 brütete wahrscheinlich der Drosselrohrsänger im Gebiet! Die Zahl rastender Graureiher stieg auf 40 Ex. Drei Arten konnten aufgrund des Überstaues neu im NSG nachgewiesen werden. Diese hervorragende gesteigerte Bedeutung des Ge- bietes ergibt sich aus der Tatsache, daß ca. 15 ha mit unterschiedlichen Wassertiefen von 0- 30 cm überstaut sind.Auf diese Weise ergeben sich unterschiedliche ökologische Nischen für eine Reihe fast ausschließlich bedrohter Amphibien- und Vogelarten.
Als Ergebnis des Vorgesagten muß deutlich festgehalten werden, daß ein max. Anstau der Kernzone während des ganzen Jahres gehalten werden muß (Stauhöhe 112,9 m ü. NN).
6. Nutzungen im NSG und deren Auswirkungen auf das Schutzgebiet
Außerhalb der Verwallung ist die Nutzung der Grünlandbereiche durch die Landwirtschaft leider zu intensiv. Sie werden als gedüngte Mähwiesen genutzt, die bis zu dreimal im Jahr gemäht werden.Die Auswirkungen auf derart genutzte Wiesen selbst, sowie auf die Schmetter- lings- und Amphibienarten sind hinlänglich bekannt.Der kleine Acker im Westen des NSG wird mit Pestiziden behandelt, die durch Windverdriftung auch auf die Wiesen gelangen. Die Anwendung von Pestiziden ist in jedem NSG äußerst unerwünscht und auch im NSG „Röhrig von Rodenbach" nach §3, Absatz 2, der Verordnung verboten. Das Bestehen des Ackers ist aus diesem Grund im NSG unerwünscht.
Das Gebiet wird auf den es umgebenden Wegen durch Spaziergänger zur stillen Erholung genutzt. Ein Teil der Spaziergänger führt Hunde mit, die zum Teil entgegen der NSG-Verord- nung nicht angeleint sind.
Die westlich des NSG gelegenen Wiesen werden hauptsächlich im Sommer von Personen benutzt, die hier ihre Modellflugzeuge fliegen lassen. Hierbei kommt es auch zu „Luftraumver- letzungen" über dem NSG.
Die Jagd ist nach der bestehenden Verordnung noch erlaubt; im neuen Jagdpachtvertrag wurde jedoch festgelegt, daß sich die Jagdausübung gemäß dem zu erstellenden Pflegeplan des NSG auszurichten habe. 82 7. Weitere Zielsetzungen für das NSG
Wichtigste Punkte hierzu sind Änderungen in der landwirtschaftlichen Bodennutzung, Maßnahmen zur Verbesserung des Wasserhaushaltes, die Befriedung des NSG (geringere Störungen durch Spaziergänger etc.) sowie eine Erweiterung des NSG um angrenzende wert- volle Flächen. Einer der wichtigsten Faktoren im NSG ist der Wa sse r h a u s h a lt. Um aus biologischer Sicht optimale Wasserstandsverhältnisse auch außerhalb der Kernzone zu erhalten, müssen folgende Maßnahmen durchgeführt werden: Die beiden das NSG nach Westen verlassenden Gräben sollen auf eine Höhe von 112,5 m über NN eingestaut werden. Beide Bauvorrichtungen sollten in Betonbauweise mit variablen Staumöglichkeiten (Bretter) erbaut sein. Gegen unbefugten Zugriff muß das Stauwehr abschließbar sein. Durch diesen Stau wird eine kleine Fläche einer Parzelle am Westrand des NSG 3 cm hoch überstaut, daher soll diese Parzelle in Eigentum der öffentlichen Hand übergeführt werden. Das umliegende Gelände steigt nahe der Gräben schon auf 112,75 über NN an, so daß eine Beeinträchtigung der landwirtschaftlichen Nutzung nicht eintreten wird. Erreicht wird aber, besonders im nörd- lichen der beiden Gräben, ein ständiger ausreichender Wasserstand, der besonders in trockenen Jahren wichtiges Rückzugsareal für Tierarten darstellen würde. Die Kernzone muß ganzjährig 112,9 m über NN eingestaut bleiben. Als problematisch ist auch die gegenwärtige landwirtschaftliche Nutzung zu beur- teilen. Im Westen des NSG befindet sich eine Ackerfläche; diese Bewirtschftungsform soll aus dem NSG herausgenommen und die Fläche in Wiese umgewandelt werden. Nach der derzeit gültigen Verordnung ist im Norden des NSG der Umbruch von Wiesenflächen gestattet; dies sollte mit einer Novellierung der Verordnung gestrichen werden, da es dem Schutzziel stark zuwider läuft. Außerdem muß die Nutzung der Wiesen auf eine zweimalige Mahd beschränkt werden. Da es sich bei dem NSG um ein kleinflächiges Schutzgebiet handelt, soll, ebenfalls bei einer Novellierung der Verordnung, das Betreten des NSG auch auf den Wegen verboten werden (ausgenommen westlicher und südlicher „Grenzweg" nördlich der Bahn). Ausgenommen bliebe natürlich die ordnungsgemäße landwirtschaftliche Nutzung. Weitergehend muß die Jagd im NSG verboten werden; die Störfaktoren in diesem relativ kleinflächigen Schutz- gebiet sind zu groß. Die entsprechende Rechtsgrundlage ist im Jagdpachtvertrag bereits enthalten. Eine Novellierung der Verordnung ist also dringend von Nöten. Das NSG stellt nur einen kleinen Teil der in der Gemarkung Niederrodenbach liegenden wert- vollen Kinzigaue dar. Angrenzende Teile der Landschaft sind ebenfalls wertvolle Lebens- räume.Als wertvolles und schützenswertes Gebiet ist die im Osten (nördlich der Bahn) an das NSG angrenzende ehemalige Kiesgrube anzusehen. Die Schutzgründe sind hauptsächlich ornithologisch begründet; jedoch ist die ehemalige Kiesgrube auch aus anderen zoolo- gischen und botanischen Gründen schutzwürdig. Erwähnt werden soll hier die Wertigkeit als Rastplatz für wassergebunde Vogelarten. Die Rastkapazität beträgt bis ca. 500 Wasservögel in verschiedenen Arten. Auch Gänse rasteten hier schon. Wichtig ist weiterhin das Brut- vorkommen des Haubentauchers und das Vorkommen von Moostierchen (Bryozoa). Außer- dem ist der Bereich durch das Vorkommen von Wasserpflanzen wie See- und Teichrosen, Tausendblatt, Zartem Hornblatt u. a. Arten interessant. Die angrenzenden Wiesengebiete nördlich und westlich des NSG sind von gleich hoher Wertigkeit wie die Wiesen im Schutzgebiet. Hier kommen die gleichen schutzwürdigen Pflan- zengesellschaften, Lurch- und Vogelarten vor. Erwähnt werden soll auch, daß das heute bestehende NSG größer geplant war und lediglich wegen landwirtschaftlicher Interessen kleiner ausgewiesen wurde.ln diesen Wiesen befinden 83 - Erweiterungsfläche 61
Abb. 6: Erweiterungsflächen für das NSG „Röhrig von Rodenbach". Ausschnitt aus der Top. Karte 1 : 25 000 „Langenselbold"
84 sich, wie im NSG selbst, zum Teil sehr nasse Areale und alte Kinzigarme; desweiteren ein Amphibienteich. Aus vorgenannten Gründen soll das NSG erweitert werden,auch um ein lang- fristiges Überleben des heute zu klein gehaltenen Schutzgebietes zu gewährleisten. Hierbei würde sich das Anschließen an das nördlich liegende NSG „Kinzigaue von Langenselbold" sehr anbieten. Auf diese Weise kann ein nicht unerheblicher Teil der stark beanspruchten Kinzigaue gesichert und erhalten werden. Die im NSG befindlichen Kinzigaltarme sind vor der Ausweisung teilweise verfüllt worden. Die Altarme (Abb. 7: Luftbild) sollten in Eigentum der öffentlichen Hand überführt werden und wieder ca. 30 cm tief ausgebaggert werden.
Abb. 7: Kinzigaltarme im NSG „Röhrig von Rodenbach". Umrandete und nachgezeichnete Bereiche in der NW-Ecke des NSG. Luftbild 5820 Langenselbold 4. Freigegeben durch den Regierungspräsidenten in Darmstadt unter HLVA-522/81. 85 Abb. 8: Durch Kinzighochwasser gefüllter Kinzigaltarm in den Wiesenbereichen des NSG „Röhricht von Rodenbach". Restwasser nach Ablaufen das die gesamten Wiesen ca. 40 cm hoch überschwemmenden Wassers.
8. Zusammenfassung
Ein ca. 48,2 ha großes NSG im unteren Kinzigtal (Main-Kinzig-Kreis) wird beschrieben. Geschildert werden rechtliche Grundlagen, die abiotischen Faktoren Klima, Geologie, Boden und Wasser sowie die biotischen Faktoren der Flora und Fauna. Schmetterlinge und Wirbel- tiere werden ausführlich behandelt. Im Schutzgebiet leben neun Schmetterlingsarten der Roten Liste, darunter vier Tagfalter- und fünf Nachtfalterarten. 13 Fischarten wurden in die ehemalige Kiesgrube eingesetzt, darunter zehn Arten der Roten Liste Hessens.
Im Gebiet leben acht Amphibienarten (alle auf der „Roten Liste" Hessens) sowie möglicher- weise die Europäische Sumpfschildkröte, eine der am stärksten bedrohten Reptilienarten Mitteleuropas. Die Avifauna besteht aus 131 Arten, darunter 60 Arten der Roten Liste Hessens. 16 Säugetierarten konnten bisher nachgewiesen werden.
Ein Vergleich des Zustandes und der Wertigkeit vor und nach einer Überstauungsmaßnahme wird vorgenommen. Eine positive Wirkung auf alle Glieder der Flora und Fauna kann nach- gewiesen werden. Die Nutzungen im NSG und deren Auswirkungen auf das Schutzgebiet werden beschrieben sowie weitere Zielsetzungen für das NSG erläutert und ein Erweiterungs- vorschlag unterbreitet. Wichtige Zielvorstellungen sind eine weiter Stabilisierung des Wasser- haushaltes auch außerhalb der Kernzone, ein ganzjähriger Einstau der Kernzone (bei 112,9 m über NN), eine schonendere landwirtschaftliche Bewirtschaftung, die Einstellung der Jagd sowie ein ganzjähriges Betretungsverbot auch auf den Wegen. 86 9. Danksagung
Für die Untersuchungen von Boden und Flora im Jahre 1981 danke ich Herrn OTTO, Frankfurt am Main. Für die Untersuchungen zur Schmetterlingsfauna danke ich den Herren KLEIN E- RÜSCH KAMP, Rodenbach, SCH ROTH, Hainburg und ZELL, Rodenbach; für die Überlassung von Daten zu den Amphibien den Herren BRATIN und HARMS, beide Rodenbach. Für die Überlassung von Daten zur Avifauna danke ich den Herren GUX(t), Rodenbach, HALT N, Hanau; KEIM, KÖN ITZER, NOLL, OTT, Herrn und Frau RAAB, alle Rodenbach, den Herren SCH ROTH, SIEBERT, Bruchköbel und SIMON, Rodenbach. Für Hinweise zum Vorkommen von Säuge- tieren bin ich Herren SCHREIBER, Rodenbach, zu Dank verpflichtet. Herrn RAAB danke ich darüberhinaus für viele Hinweise und Anregungen verschiedenster Art. Dem Amt für Landwirt- schaft und Landentwicklung Hanau danke ich für die Übermittlung der Kostenrechnung.
10. Literatur
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Hanauer Geschichtsverein (Herausgeber; 1954): Hanau - Stadt und Land. Hanau.
HARMS, J. (1981): Amphibien in und um Rodenbach. Unveröffentlicht.
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SCHMEIL-FITSCHEN (1973): Flora von Deutschland. Heidelberg.
SPEIDEL, B. (1976): Planzensoziologisches Gutachten. Unveröffentlicht. Bad Hersfeld.
Anschrift des Verfassers: HANS-JOACHIM KRIEG, Roßdorfer Straße 5, 6454 Bruchköbel
88 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 4: 89-97 (1986)
Die Populationsentwicklung und die derzeitige Situation der Saat- krähe (Corvus frugilegus) in Hessen von FRANK NÜRNBERGER, Gießen
1. Einleitung Die Saatkrähe wurde vom Deutschen Bund für Vogelschutz zum „Vogel des Jahres 1986" gewählt. Die Grundlage dieser Entscheidung dürfte unter anderem darin bestanden haben, daß diese Spezies unter den bedrohten Vogelarten der „Roten Liste" wohl den stärksten relativen Rückgang in der Populationsdichte hinzunehmen hatte. Während die meisten der gegenwärtig bedrohten Vogelspezies in Hessen nie besonders zahlreich auftraten, so wies gerade die Saatkrähe in fast allen Gebieten dieses Bundeslandes noch zum Ende des 19. Jahrhunderts sehr hohe Individuenzahlen auf. Der extreme Verfall der hessischen Saat- krähenbestände wurde von verschiedenen Autoren ausführlich dokumentiert (SU N KEL1926, GEBHARDT & SUNKEL 1954, PFEIFER & KEI L 1956), jedoch fehlt seit der Zusammenfassung durch BERG-SCHLOSSER (1968) eine summarische Darstellung neuerer Entwicklungs- tendenzen. Durch menschliche Einflüsse wurden die Saatkrähen aus ihren ursprünglich über das gesamte Land verteilten Verbreitungsarealen auf wenige Rückzugsgebiete in Süd- und West- hessen zurückgedrängt. Diese Gebiete dürften mit Sicherheit eine Vielzahl von Ansprüchen an einen optimalen Lebensraum erfüllen. Saatkrähen benötigen generell offenes Gelände mit Acker- und Grünlandflächen, auf denen sich günstige Nahrungsquellen bieten. Daneben werden angrenzende Baumbestände als Schlaf platz und Neststandort benötigt. Derartige Gebiete werden besonders bevorzugt, wenn sie sich in den weiten Ebenen der Flußtäler befinden; Hochlagen werden hingegen gemieden. Alle angesprochenen Standortbedingungen sind für die verbliebenen hessischen Saat- krähenkolonien erfüllt (siehe Tabelle 1). Selbst die Bäume, auf denen die Nester errichtet wurden, gehören Arten an, die von Saatkrähen überdurchschnittlich bevorzugt werden: zu 60 0/0 werden Platanen genutzt, während Pappeln einen Anteil von 20 0/0 und Birken, Erlen, Eschen und Kiefern einen Anteil von je ca.5 0/0 an der Artenzusammensetzung der Brutbäume besitzen. Als Kuriosum wurde für das Bundesland Hessen selbst eine Gebäudebrut beschrieben (MELCHIOR 1955). Wie am Beispiel der noch bestehenden Kolonien leicht gezeigt werden kann, meidet die Saatkrähe nicht die menschlichen Siedlungen. Von 24 Kolonien, die während der vergangenen 15 Jahre beobachtet wurden, befanden sich elf in unmittelbarer Ortslage, neun im Randbereich von Ortschaften und vier abseits von Bebauungsflächen.Weiterführende Angaben zur allgemeinen Biologie der Saatkrähe können der monographischen Abhandlung von RUGE (1986) entnommen werden.
2. Bestandsentwicklung bis 1985 Die Bestandsentwicklung der hessischen Saatkrähenpopulation während der letzten (ca.) 15 Jahre wird unter einem generellen, landesweiten Aspekt sowie unter dem Aspekt von Fluk- tuationen innerhalb einzelner Kolonien und zwischen verschiedenen Kolonien betrachtet: PFEIFER und KEIL (1956) gingen Mitte der fünfzigerJahre noch von 400 bis 470 Brutpaaren für das Land Hessen aus, die in 14 verschiedenen Kolonien brüteten. Ähnliche Angaben wurden 89 von BERG-SCHLOSSER (1968) bestätigt. Aufgrund von Unwissen und Ignoranz hielt die Verfolgung und Dezimierung der Saatkrähe bis in die Gegenwart an. Die erste Brutbestands- aufnahme, die 1976 im Rahmen des Schwerpunktprogramms der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) durchgeführt wurde, erbrachte noch ca.180 Brutpaare für das gesamte Land. Die zweite Erhebung im Jahre 1979 ergab nur noch ca.160 Brutpaare, und 1980 folgte mit nur ca.125 Brutpaaren ein absoluter Tiefstand in der Individuenzahl. Erst seit dem Beginn des laufenden Jahrzehnts scheint der stete Rückgang der Saatkrähenpopu- lation gestoppt und ihre Zahl wieder im Steigen begriffen zu sein. Bis zum Jahre 1984 erholte sich der Bestand auf etwa 310 Brutpaare, fiel jedoch im darauffolgenden Jahr 1985 wieder auf ca. 260 Paare ab. In der Tabelle 2 sind alle Daten zur Bestandsentwicklung über die Periode 1976 bis 1985 im Dreijahreszyklus zusammengefaßt.
Neben der Tendenz einer generellen Erholung des Brutbestandes weist auch die Entwicklung der Koloniegröße in positive Richtung. Im Jahre 1985 errechnete sich eine mittlere Kolonien- größe von 25 Brutpaaren, und die Vielzahl von Kleinkolonien,die noch 1976 bestanden, hat sich zugunsten von stärkeren Brutgemeinschaften aufgelöst.
Die von BEHRENS et al. (1985) vorgestellten Verbreitungsangaben der Saatkrähe für das Bundesland Hessen bedürfen bereits einer Revision. Eine aktualisierte Rasterkarte der Koloniestandorte ist in Abbildung 2 dargestellt.
Obwohl Saatkrähen im Hinblick auf ihre Nistplätze ausgesprochen ortstreu sind, lassen sich spontane und - leider wesentlich häufiger - durch menschliche Störungen hervorgerufene Fluktuationen bei der Wahl des Koloniestandortes beobachten. PETER und Mitarbeiter haben solche Fluktuationen über viele Jahre im Gebiet von Gelnhausen beobachtet, und im folgenden sollen diese Daten ausführlich dokumentiert werden: Im Stadtgebiet von Geln- hausen bestanden über eine Vielzahl von Jahren je eine Kolonie in der Barbarossa-Burg (siehe Abb. 1 a) und auf dem Judenfriedhof. Daneben existierte bis 1980 eine Brutgemeinschaft in einem Kiefernwäldchen in der Gemarkung des benachbarten Niedermittlau. Nach 1980 schlossen sich die Saatkrähen der Kiefernwald-Kolonie offenbar der Gelnhäuser Population an. Von den größeren Kolonien auf dem Judenfriedhof und dem Burggelände sonderten sich im Frühjahr 1980 acht Saatkrähen ab und belegten einen neuen Standort in Platanen am Kino. Diese Kolonie wuchs bis zum Jahre 1982 auf 14 Paare an, doch sogenannte „Baumpflegemaß- nahmen" zerstörten diesen Brutplatz noch im gleichen Frühjahr, nachdem die Vögel bereits mit dem Nestbau begonnen hatten. Die Saatkrähen übersiedelten zum Krankenhauspark, wo schließlich doch noch 13 erfolgreiche Bruten durchgeführt werden konnten. Aufgrund gezielter Ansiedlungsstörungen im Frühjahr1983 wanderten die Individuen der Krankenhaus- Kolonie offenbar in den Meerholzer Erlenbruch ab und formierten dort eine neue Brutgemein- schaft. Diese zeigte zunächst eine ausgesprochen positive Entwicklungstendenz (über 60 Brutpaare im Jahre 1984), jedoch begann eine gezielte Abwanderung zum gegenwärtig jüngsten Standort „Pappelallee am Panzergraben" in der gleichen Gemarkung. Hier konnten 1984 neun,1985 bereits 22 Brutpaare gezählt werden. In Gelnhausen selbst ist die Kolonie auf dem Judenfriedhof in Abnahme begriffen, wogegen die Bestände auf dem Gelände der Burg und an der Kreissparkasse weitgehend konstant sind.
Ähnliche Verschiebungen lassen sich über das Vorkommen in Limburg und in Wiesbaden- Eltville vermuten. Bei Wiesbaden siedelten z. B. sporadisch einige Saatkrähenpaare im Dyckerhoff-Steinbruch, wo sie jedoch auf vielfältige Weise - besonders durch Jagd - gestört wurden. Im Jahre 1981 formierte sich eine neue Kolonie in der Rettbergsaue und 1984 eine zweite im Schloßpark. Bereits 1985 waren beide Standorte wieder verwaist. Die Wiesbadener Saatkrähen sind offenbar später nach Eltville abgewandert, wo sie sich den seit 1983 90 Abb. 1 : Brutplätze der Saatkrähe in Hessen. 1 a: Saatkrähenkolonie auf einer Platane im Bereich' der Barbarossaburg, Geln- hausen. 1 b: Saatkrähen an ihren Nestern in der Kolonie zwischen Rheinufer und Bundes- straße 42 östlich von Eltville.
bestehenden Brutgemeinschaften anschlossen (Abb. 1 b). Diese Kolonien, die 1984 aus 35, ein Jahr später aus 57 und im laufenden Jahre (1986) bereits aus ca. 97Brutpaaren bestanden, dürften auch Zuzug aus Rheinhessen erhalten.
Aus diesen vorgestellten Befunden zur Bestandsentwicklung der Saatkrähe lassen sich die folgenden Erkenntnisse zusammenfassen: Saatkrähen sind relativ ortstreu und versuchen auch nach Beeinträchtigungen, die von Ansiedlungs- und Brutstörungen bis zu Vernichtungs- aktionen reichen, Neustandorte in der Nähe aufzusuchen oder sich anderen bestehenden Kolonien anzuschließen. Natürlicherweise werden Abwanderungen aus bestehenden Kolo- nien dann beobachtet, wenn die Individuenzahl der Brutgemeinschaft zu groß und damit die Anzahl der potentiellen Neststandorte zu gering wird. Landesweit läßt sich die Erholung des hessischen Brutbestandes auf verbesserte Schutzmaßnahmen, auf umfassendere Sensibili- sierung der Bevölkerung gegenüber der Naturschutzproblematik und nicht zuletzt auf das Verbot der Quecksilberbeize von Saatgut und geringere Anwendung von Pflanzenschutz- mitteln zurückführen. 91 Tabelle 1: Auflistung aller Saatkrähenkolonien, die während der Jahre von 1975 bis 1985 bestanden.
Land-/Stadt-Kreis Koloniestandort Koloniehabitat Art des Nestbaumes Nutzungszeitraum
Frankfurt Farbwerke Hoechst Ortslage Platane, Pappel durchgehend Höchst, Hostato-Schule Ortslage Platane bis 1975 Höchst, Evangelische Kirche Ortslage Pappel bis 1975
Main-Kinzig Gelnhausen, Judenfriedhof Ortsrand Esche durchgehend Gelnhausen, Barbarossaburg Ortsrand Platane, Kiefer durchgehend Gelnhausen, Kreissparkasse Ortsrand Erle seit 1979 Gelnhausen, Kreiswerke Ortsrand Platane bis 1980 Gelnhausen, Kino Ortslage Platane 1980 —1982 Gelnhausen, Krankenhaus Ortslage Birke 1982 Niedermittlau, Kiefernwald Wald, Feldflur Kiefer bis 1980 Meerholz, Schloßpark Ortsrand Platane bis 1975,1984 Meerholz, Pappelallee Feldflur Pappel seit 1984 Meerholz, Erlenbruch Feldflur Pappel seit 1983
Bergstraße Lampertheim- Rosengarten Feldflur Pappel bis 1983
Wiesbaden Wiesbaden, Schloßpark Ortslage Platane 1984 Wiesbaden, Rettbergsaue Ortsrand Platane 1981-1984 Dyckerhoff-Steinbruch Ortsrand/Ruderal Pappel bis 1981, sporadisch
Rheingau-Taunus Eltville, östl. Ortsrand, B 42 Ortsrand Platane, Ulme, Buche seit 1983 Eltville, Krankenhaus Ortsrand Platane seit 1983 Eltville, Parkplatz Ortslage Platane seit 1985 Eltville, Langwerth v. Simmern Ortslage Platane seit 1986
Limburg-Weilburg Limburg, Lahninsel Ortsrand Kastanie durchgehend Limburg, Bahnhof Ortslage Platane bis 1977 Limburg, Innenstadt Ortslage Platane durchgehend
92 Tabelle 2: Brutbestände der Saatkrähen in hessischen Kolonien. Synopse der im dreijäh- rigen Turnus beginnend im Jahr 1976 erhobenen Brutpaarzahlen,Angaben wurden besonders von EIDAM, MALLACH, PETER, STAHL, THIENHAUS und WAGNER zur Verfügung gestellt.
Land-/Stadt-Kreis Koloniestandort Anzahl der Brutpaare 1976 1979 1982 1985
25 (?) Frankfurt Farbwerke Hoechst 14 22 20 (?)
12 Main-Kinzig Gelnhausen, Judenfriedhof 2 35 28 Gelnhausen, Barbarossaburg 16 37 28 38 Gelnhausen, Kreissparkasse - 1 19 15 Gelnhausen, Kreiswerke 5 - - Gelnhausen, Krankenhaus - - 13 Niedermittlau, Kiefernwald 33 - Meerholz, Schloßpark 2 - Meerholz, Pappelallee - - 53 Meerholz, Erlenbruch - 22
Bergstraße Lampertheim-Rosengarten 28 30 10
Wiesbaden Wiesbaden, Rettbergsaue - - 15 Dyckerhoff-Steinbruch (?) (?)
40 Rheingau-Taunus Eltville, östl. Ortsrand, B 42 - - Eltville, Krankenhaus - - - 12 Eltville, Parkplatz - - 5
30 (?) Limburg-Weilburg Limburg, Lahninsel 35 38 36 Limburg, Bahnhof 35 - Limburg, Innenstadt 8 13 24 15 267 Gesamtzahl der Brutpaare 178 176 193 24+/-14 Mittlere Größe der Kolonien 18+/-13 23+/-15 24+/-8
93 SAATKRÄHE (Corvus frugilegus) 21 23 24 25 26 27 42 28 Brutverbreitung
4411
45 45
46 46
47 47 48
49 51' 50
51
52
53
54
55
50° 60
61
62
6322 23 1 24 25 j 26 27 6328
unter 100 m 65 über 100 m - 200 m 10 66 km über 200 m - 400 m 6711 12 13 14 15 über 400 m 9 Höhen über NN Abb. 2: Brutvorkommen der Saatkrähe in Hessen. Aktualisierte Fassung der Verbreitungs- karte auf der Basis von 1/4 Meßtischblatt. 94 3. Situation des Winterbestandes Die Saatkrähen der hessischen Kolonien verweilen auch außerhalb der Brutzeit vorwiegend im mitteldeutschen Raum. Die Brutplätze werden jedoch im allgemeinen unmittelbar nach der Brutzeit verlassen und nicht als Schlafplatz genutzt. Während der Wintermonate gesellen sich zu den heimischen Individuen Gäste aus den europäischen Teilen Rußlands, um hier den Winter zu verbringen. Auf dem Weg in die Überwinterungsgebiete, die sich von Nordfrankreich bis Großbritannien erstrecken, überfliegen weitere große Saatkrähenschwärme aus Westruß- land und Ostpolen Hessen; häufig verweilen sie hier für kürzere Zeiträume. Detaillierte Angaben zur Herkunft und zu den Zugstrecken der in Mitteldeutschland beobachteten Wintergäste wurden von VEH (1981) zusammengefaßt. Die Vielzahl der gemeldeten Daten zu Winterbeobachtungen der Saatkrähe lassen für das hessische Gebiet je einen Zuggipfel während der dritten Oktoberdekade und während der zweiten Märzdekade erkennen. Sowohl die Gesamtzahl der beobachteten Saatkrähen (summiert über alle Beobachtungsjahre) als auch die Individuenzahl je beobachtetem Trupp überragen während dieser beiden Perioden deutlich die entsprechenden Anzahlen, die während aller anderen Phasen der Zugzeit festgestellt wurden (siehe hierzu Abb. 3 a und 3 b). Obwohl die durchschnittliche Truppgröße normalerweise weit unter 1000 Exemplaren liegt, konnten hin und wieder Saatkrähenschwärme beobachtet werden, die diese Zahl weit übertrafen: 5000 Ex. am 26.03.1969 bei Schröck, Marburg (KLIEBE) 3000 Ex. am 20.10.1977 bei Schwebda, Eschwege (SAUER) 3000 Ex. am 01.03.1982 bei Trendelburg, Kassel (STEPHAN) 2500 Ex. am 25.03.1969 bei Schröck, Marburg (KLIEBE) 1500 Ex. am 16.12.1971 bei Dieburg (HEIMER und KORZER) Den Abbildungen 3 a und 3 b läßt sich weiterhin ein ausgesprochen abruptes Einsetzen des Herbstzuges und ein entsprechend plötzlicher Abbruch der Frühjahrszugaktivität entnehmen. Bei den kleinen Trupps, die in geringer Anzahl vor dem Einsetzen oder nach dem Ende des Zuggeschehens beobachtet wurden, handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um umherstreifende Saatkrähen der Brutpopulation aus Hessen oder der angrenzenden Gebiete. Hinsichtlich des Zuggeschehens bestehen zwischen den verschiedenen Landesteilen keine signifikanten Unterschiede. Der Saatkrähenzug setzt offenbar sehr breitflächig ein, sodaß keine Differenzierung zwischen - beispielsweise - nördlichen und südlichen Landesteilen besteht. Ohne signifikante Unterschiede sind auch diä Schlafgemeinschaften der Saatkrähe über das gesamte Land verteilt. Derartige Schlafplätze werden zumeist über vieleJahre aufgesucht und weisen eine starke räumliche Konstanz auf. Lokale Verschiebungen umfassen oft nur wenige 100 Meter (LUCAN 1978, MALLACH). Die Individuenzahlen dieser Gemeinschaften reichen von weniger als 100 Exemplaren bis weit über 5000 (PFEIFER 1979) oder gar 15000 Exemplaren (MALLACH). Der Zuzug zum Schlafplatz findet normalerweise nicht individuell, sondern in größeren Schwärmen statt, die sich auf sogenannten Vorsammelplätzen formieren. Die zum Teil starken Schwankungen der Individuenzahl von Schlafgemeinschaften lassen sich nicht oder nur mit erheblichen Einschränkungen mit dem Zugverhalten in Einklang bringen (LUCAN et al. 1974). Aus den zur Verfügung stehenden Daten ist es ausgesprochen schwierig, Entwicklungsten- denzen im Winterbestand der Saatkrähe sowie in der Anzahl der durchziehenden Individuen zu erkennen. Im Durchschnitt ist die Zahl der Saatkrähen in den Schlafgemeinschaften relativ konstant, und eine generelle Zu- bzw. Abnahme der Anzahl von durchziehenden Exemplaren konnte nicht verzeichnet werden. 95 Anzahl 1000
30-
20-
10—
n n Sept 1 Okt Nov Dez Jar. Feb März I Apr. I Na,
llruppgroße 100
5-
4-
3-
2-
n n Sept. l Okt Nov.1 Dez. 1 Ja 1 Feb.März Apr I Nkr I
Abb.3: Histographische Zusammenfassung der Winterbeobachtungen von Saatkrähen in Hessen. 3 a: Summe aller während des gesamten Beobachtungszeitraumes gemel- deten Saatkrähenexemplare dargestellt in Abhängigkeit von 10-Tage-Intervallen (Dekaden). 3 b: Mittlere Individuenzahl der je Dekade beobachteten Saatkrähenschwärme. Aufgrund von extremen Größenunterschieden der Schwärme während einzelner Dekaden ist die statistische Auswertung nur ungenügend, und Standardabweich- ungen sowie Signifikanzniveaus sind nicht eingetragen. Schlafgemeinschaften wurden ebenfalls nicht berücksichtigt.
96 4. Zusammenfassung
In der vorliegenden Arbeit wurden die Daten zur Bestandsentwicklung der Saatkrähe in Hessen über den Zeitraum von 1975 bis 1985 zusammengefaßt. Saatkrähenkolonien bestehen noch in vier Gebieten Hessens (Eltville, Frankfurt-Höchst, Gelnhausen, Limburg); ihre stets sinkende Individuenzahl erreichte 1980 ein Minimum von 125 Brutpaaren, konnte sich seit 1981 aber erfreulicherweise wieder auf etwas über 300 Brutpaare erholen. In der Anzahl derWinter- gäste und Durchzügler kam es zu keinen überdurchschnittlichen Einbrüchen während der letzten 15 bis 20 Jahre; im Mittel blieben diese Zahlen relativ konstant. Die Zuggipfel konnten für die dritte Oktoberdekade und die zweite Märzdekade ermittelt werden.
5. Literatur BEHRENS, H., K. FIEDLER, H. KLAMBERG & K. MÖBUS: Verzeichnis der Vögel Hessens. Frankfurt am Main 1985; S. 97,158.
BERG-SCHLOSSER, G.: Die Vögel Hessens. W. Kramer, Frankfurt am Main 1968; S.229 - 232. GEBHARDT, L. & W. SUNKEL: Die Vögel Hessens. W. Kramer, Frankfurt am Main 1954; S. 115 -118.
WCAN,V. (1978): Kurze vogelkundliche Mitteilungen aus dem KasselerRaum von 1976 bis 1977. Vogelkundliche Mitteilungen aus dem Kasseler Raum 2: 81.
LUCAN,V, L. NITSCHE & G. SCHUMANN: Vogelwelt des Land- und Stadtkreises Kassel. Selbstverlag, Grebenstein 1974; S. 232 - 233.
MELCHIOR, G. (1955): Saatkrähe (Corvus frugilegus) als Kirchturmbrüter. Ornithologische Mitteilungen 7: 173. PFEIFER, S.: Das Naturschutzgebiet Kühkopf-Knoblochsaue. Strohbach, Frankfurt am Main 1979.
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RUGE, K.: Die Saatkrähe. Franck, Stuttgart 1986. SUNKEL,W.: Die Vogelwelt Hessens. - Wohngebiete und Verbreitung der hessischen Vögel. Eschwege 1926; 5.130 -131.
VEH, M. (1981): Überwinternde Saatkrähen (Corvus frugilegus) in Norbaden. Konflikt zwischen Naturschutz und Landwirtschaft und Vorschläge zu einer Lösung. Dissertation, Heidel- berg.
Anschrift des Verfassers: Dr. FRANK NÜRNBERGER, Institut für Anatomie und Zytobiologie, Aulweg 123, 6300 Gießen
97 Neue Literatur
HENDEL, H. (1986): Wasser im Garten - Von der Vogeltränke zum Naturteich. Natürliche Lebensräume selbst gestalten. Band 4230, 244 Seiten, 247 Farbfotos, 79 Zeichnungen. Falken Verlag, Niedernhausen/Taunus. Wasser verzaubert den Garten! Immer mehr Gartenfreunde wollen einen Teich anlegen, weil darin eine ganze Welt wächst und gedeiht. Da gilt es, Standort, Größe und Bauweise zu bedenken, sich über Flora und Fauna Gedanken zu machen. Das Buch „Wasserirr Garten"gibt umfassend auf alle Fragen Antwort: Welche Arten von Gartenteichen es gibt, wie man einen Fertigteich fachgerecht eingräbt und was bei der Anlage eines Folien- oder Betonteiches zu beachten ist. Besonders ausführlich werden die Möglichkeiten der Bepflanzung des Teiches und der gärtnerischen Gestaltung der Uferzonen mit Vorschlägen für die verschiedensten Lebensgemeinschaften in einem Teich behandelt. Die vorgestellten Pflegemaßnahmen beruhen alle auf praktischer Erfahrung und haben das Ziel,das biologische Gleichgewicht des Gewässers zu erhalten. Alle Arbeiten werden in übersichtlichen Zeichnungen, Fotos und Plänen verdeutlicht. K. FIEDLER
SCHULZE, A. (1986): Vogeltips für jedermann -Alles wichtige zu unsererVogelwelt.124 Seiten, 41 Farbfotos, 47 Zeichnungen. Mit Vogelstimmen - Kassette. - Ein BR-Buch und eine BR-Kassette im Ehrenwirth Verlag, München. MitVOG ELTI PS FÜR JEDERMANN gibt es jetzt erstmals ein Buch,das alle wichtigen Fragen zu unserer Vogelwelt verständlich und zuverlässig beantwortet. Über vier Jahre lang hat der Verfasser mehr als 1000 Anfragen aus der Bevölkerung ausgewertet, die in einer deutschen Millionenstadt an die dortige Kreisgruppe des Bundes für Vogelschutz gerichtet wurden. Auf dieser Grundlage entstand ein bemerkenswert vielseitiges Buch,das so populäre Themen wie Winterfütterung, gefiederte Findelkinder, Nistkästen (Bastelanleitungen und umfassende Informationen zu über 30 Vogelarten !),Vogelbeobachtungen und Vogelkunde ebenso behan- delt wie die Bereiche Katzen im Garten, naturnahe Gartenbepflanzung,Anlegen und Betreuen eines Teichs u.v. a. m.
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98 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 4: 99-104 (1986)
Brutbestand 1986 und Nahrungsräume der Saatkrähe (Corvus frugilegus) in Hessen*) von ANTONIUS KOSTER, Wetzlar
1. Erfassung der Brutplätze und des Brutbestandes
Die vier hessischen Saatkrähenkolonien befinden sich in Gelnhausen/Meerholz (Main- Kinzig-Kreis), in Frankfurt am Main, in Eltville (Rheingau-Taunus-Kreis) und in Limburg (Kreis Limburg-Weilburg). Sie bestehen aus mehreren Teilkolonien, die im folgenden aufgeführt werden:
1.1 Kolonie in Gelnhausen/Meerholz Sie stellt mit insgesamt fünf Teilkolonien die größte Brutkolonie dar: Nr. 1 „Erlenbruch" mit sieben Brutpaaren auf Pappeln (Schlußerhebung am 21.5.1986; Erst- erhebung am 26.3.1986 ergab 8 Brutpaare). Nr. 2 „Panzergraben" mit 124 Brutpaaren auf Pappeln (Ersterhebung 79 Brutpaare). Nr. 3 „Judenfriedhof" mit 6 Brutpaaren auf Esche (Ersterhebung 11 Brutpaare). Nr. 4 „Kreissparkasse" mit 2 Brutpaaren auf Erle (Ersterhebung 11 Brutpaare). Nr. 5 „Barbarossaburg" mit 32 Brutpaaren auf Platane und Kiefer (Ersterhebung 24 Brutpaare).
1.2 Kolonie in Frankfurt am Main
In Frankfurt am Main existieren vier Teilkolonien: Nr. 1 „Südliches Mainufer" mit 18 Brutpaaren auf Pappeln (Schlußerhebung am 16.5.1986; Ersterhebung am 9.4.1986 ergab 7 Brutpaare). Nr. 2 „Tor Ost" der Firma Hoechst AG mit 2 Brutpaaren auf Platane (Ersterhebung ergab nichts). Nr. 3 „Hostato-Schule" mit 7 Brutpaaren auf Platane (Ersterhebung 3 Brutpaare). Nr. 4 „Liederbachstraße" mit 16 Brutpaaren auf Platane (Ersterhebung 10 Brutpaare).
1.3 Kolonie in Eltville
Der Eltviller Saatkrähenbestand setzt sich zusammen aus vier Teilkolonien: Nr. 1 „Park der Familie Hardt und Wagner" mit 72 Brutpaaren auf Buche, Ahorn, Eiche und Platane (Schlußerhebung am 29.4.1986; Ersterhebung am 9.4.1986 mit 66 Brutpaaren). Nr. 2 „Krankenhaus" mit 12 Brutpaaren auf Platane (Schlußerhebung am 28.5.1986; Erst- erhebung 15 Brutpaare). Nr. 3 „Lichtensteiner Hof" mit 8 Brutpaaren auf Platane (Ersterhebung 11 Brutpaare). Nr. 4 „Parkplatz Schlossergasse" mit 5 Brutpaaren auf Platane (Ersterhebung 6 Brutpaare).
*) Diese Arbeit wurde vom Hessischen Minister für Umwelt und Energie finanziell gefördert. 99 1.4 Kolonie in Limburg Auch die Kolonie in Limburg umfaßt vier Teilkolonien. Die größte horstet auf einer kleinen Lahninsel unterhalb des Limburger Dorns: Nr. 1 „Limburger Dom" mit 13 Brutpaaren auf Kastanie (Schlußerhebung am 30.4.1986; Erst- erhebung am 27.3.1986 ergab 11 Brutpaare). Nr.2 „Stadthalle" mit 7 Brutpaaren auf Platane (Ersterhebung 5 Brutpaare). Nr.3 „Dr.-Wolf-Straße" mit 4 Brutpaaren auf Platane (Ersterhebung 2 Brutpaare). Nr. 4 „Blechwarenfabrik" mit 5 Brutpaaren auf Platane (Ersterhebung 3 Brutpaare).
1.5 Ehemalige Kolonien Die Kolonie in Lampertheim (Kreis Bergstraße) brütete erstmalig 1984 nicht mehr. Der Grund dafür könnte darin liegen, daß einige Jahre zuvor eine Straße entlang des Brutstandortes im „Zigeunerwäldchen" gebaut wurde,worauf die Zahl der Brutpaare mehr und mehrabnahm und schließlich die Kolonie ganz verschwand. Die Wiesbadener Kolonie bestand aus drei Einzelkolonien. Bei der Teilkolonie auf einem „Kinderspielplatz" wurden 1981 von sechs Nestern zwei von der Feuerwehr entfernt, worauf sie 1982 erlosch. Die beiden anderen Teilkolonien im „Schloßpark Biebrich" und auf der „Rettbergsaue" wurden ohne ersichtlichen Grund 1985 aufgegeben. Auf der „Rettbergsaue" hatte Frau L. MALLACH Ende April dieses Jahres zwar wieder drei Saatkrähenpaare beobachtet, die zur Brut geschritten waren. Da sie von Rabenkrähen belästigt wurden, bauten sie 70 m weiter neue Nester. Aber auch dort wurden sie von ihren Artverwandten gestört, so daß am 16.5.1986 nur noch ein Paar brütete, welches kurze Zeit später ebenfalls aufgab.
1.6 Brutpaare in Hessen Für Hessen ergibt sich somit z.Z. ein Gesamtbestand von 340 Brutpaaren. Diese Zahl birgt allerdings einen gewissen, wenn auch nur geringen Schwankungsfaktor in sich. Es zeigte sich, daß fast während der gesamten Brut- und Aufzuchtphase immer noch Brutpaare mit dem Nestbau begannen, teils aber auch fertige wiederverschwanden. Diese Veränderungen waren nach dem Laubausbruch nicht mehr festzustellen.
2. Erfassug des Brutergebnisses Laut Literaturangaben') besteht hinsichtlich der Baumartenwahl für den Horstplatz keine generelle Bevorzugung. Besonders geeignet sind Bäume mit starken Astgabeln bis hinauf in die Krone. In Hessen werden neben Pappel und Platane noch Buche, Ahorn, Eiche, Esche, Kastanie, Erle und Kiefer angenommen. Da die hessischen Kolonien hauptsächlich auf Pappeln (Kolonie „Panzergraben",„Erlenbruch",„Mainufer") und Platanen (Kolonie „Barbaros- saburg", „Liederbachstraße" und andere kleine) brüten, die erst später austreiben und die „Brut-Baumarten" im oberen Kronenbereich häufig kaum belaubte Zweige (sogenannte Totfinger) aufweisen, bin ich der Meinung, daß der Zeitpunkt des Laubaustriebes bzw. der Belaubungszustand überhaupt für die Nistplatzwahl von Bedeutung ist. Sind diese Vorausset- zungen nicht gegeben, liegen die Nester in der Kronenperipherie,was einen Einstieg ebenfalls erleichtert.
') „Die Saatkrähe", Klaus Ruge, Kosmos-Verlag 100 Noch während der Brut- und Aufzuchtphase brechen die Saatkrähen in ihrem Nestbereich Zweige ab und verbauen diese; vermutlich um ihren Landeplatz so dicht wie möglich an das Nest heranzulegen und um sich mehr Licht und bessere Bewegungsmöglichkeiten, besonders für die flügge werdenden Jungen zu verschaffen. Von einer Erfassung des Brutergebnisses durch Auszählen am Nest mittels einer Feuerwehr- leiter wurde von verschiedener Seite abgeraten, da dies zuviel Unruhe verbreitet und die Brut gefährdet hätte. Laut schriftlicher Mitteilung von Herrn Dr. WITTENBERG, Ornithologische Arbeitsgemeinschaft für Populationsforschung in Braunschweig, ist eine Zählung nach Ersteigung der Brutbäume mit Steigeisen brauchbar. Diese Methode schien mir jedoch ebenfalls zu riskant. Mit Hilfe eines Spektives versuchte ich vom First des Limburger Domes die dortigen Nestlinge zu zählen. Die Nester der früh austreibenden Kastanie waren jedoch nicht einsehbar, da die Jungen noch in der Nestmulde gefüttert wurden und die Entfernung vom Dom zum Horstbaum so groß ist, daß aufgrund der Schrägeinsicht falsche Ergebnisse herausgekommen wären. Bei den beiden Teilkolonien in der „Barbarossaburg" und am „Panzergraben" konnten durch Beobachtung bei der Fütterung in einigen Fällen der Bruterfolg festgestellt werden, und zwar: Viermal zwei und dreimal drei Nestlinge in der „Barbarossaburg" sowie zweimal zwei und dreimal drei am „Panzergraben". Eine hundertprozentige Genauigkeit kann wegen der Steil- sicht und der, wenn auch nur geringen Verdeckung durch Blätter und Zweige bei diesen peripher liegenden Nestern nicht gewährleistet werden. Beim „Panzergraben" fand ich drei und in der „Barbarossaburg" bei 32 Brutpaaren sogar 17 tote Junge am Boden. Auf die Gründe komme ich im letzten Abschnitt noch zu sprechen. Aufgrund der schlechten Witterung im April wurden schätzungsweise nur zwei bis drei Junge pro Brutpaar großgezogen.
3. Untersuchung zur Nahrungsbiologie Maßgeblich für den Nahrungsraum ist der Anteil der Wiesen und Ackerflächen, die zur Futter- aufnahme geeignet sind und deren Bewuchs eine bestimmte Höhe nicht überschreitet, damit sich die Saatkrähen noch sicher fühlen können. Wesentlich sind auch die Größe der Kolonie und das Angebot an anderen Nahrungsquellen, wie beispielsweise Erdwege, Bahndämme, Mülldeponien, Reste von Erdsilos u. a. Zum Brutbeginn stellen Wiesen und Ackerflächen gemeinsam das Nahrungspotential dar, je nach anteiliger Größe, räumlicherVertei lung und je nachdem ob eine Bestellung bereits erfolgt ist oder nicht. Im zeitigen Frühjahr werden die Wiesen aber noch bevorzugt, zumal wenn sie teils unter Wasser stehen. Je höher aber das Gras wird, desto mehr verlagert sich die Futter- suche auf die anderen Nahrungsquellen. Konkrete Datenangaben sind hier nicht angebracht, da das Brutgeschäft und die Vegetationsentwicklung von der Witterung abhängen. Gestützt auf meine Diplomarbeit: „Vergleichende Untersuchungen zum Nahrungsverhalten der Saat- und Rabenkrähen" am Institut fürWildbiologie und Jagdkunde in Göttingen und den jetzigen Beobachtungen möchte ich folgende Punkte für die Futtersuche der omnivoren Saat- krähen aufstellen: 1. Bevorzugung leicht erreichbarer Nahrung. 2. Einflug zur Nahrungsaufnahme dort, wo bereits andere Vögel fressen (Signalwirkung) 3. Tierische Beute vor pflanzlicher Kost a) Rangfolge bei tierischer Nahrung: Mäuse, Insekten, Regenwürmer, (junge Küken und junge Kaninchen) 101 b) Rangfolge bei „lebloser" Nahrung: Fleisch, Brot, Fasaneneier, Getreide, Kirschen und Pflaumen, Kartoffeln. c) Rangfolge bei gleichzeitigem Angebot tierischer und pflanzlicher Nahrung: Mäuse, Küchenreste, Insekten, Eier, Getreide. 4. Heterogen zusammengesetztes Futter wird homogenem Futter vorgezogen. Das Aufsuchen der Flächen, d ie noch nicht bestellt sind oder brach liegen, richtet sich in erster Linie nach dem offenliegenden Angebot. Sind erste Vögel fündig geworden, lassen sich dort weitere nieder. Diese Signalwirkung gilt nicht nur für eine einzelne Vogelart, sondern ihr bedienten sich während meiner Feldbeobachtungen neben den Saatkrähen die Dohlen, Tauben, Stare, Rabenkrähen, Amseln und Kiebitze. Hierdurch werden große Nahrungs- vorkommen rasch gefunden und gut ausgenutzt. Von den eingesäten Getreidefeldern oder der frisch auflaufenden Saat haben diejenigen die größte Anziehungskraft, auf denen viele Körner obenerdig liegengeblieben sind. Diese lesen die Saatkrähen dann gerne auf. Häufig wird dabei das Korn mit der Innenzehe an den Boden gedrückt und mit der Schnabelspitze die Spelzen abgezupft und weggeschleudert. Deshalb wohl sind in dieser Zeit nur wenig Gewölle gefunden worden, die aber fast ausschließlich aus Spelzen und Hautresten von Kultursamen bestehen.Nur max.5°/0 (Massenanteil) waren Steine, Eischalenstücke und Chitinteile von Insekten. Ich habe mehrfach Getreideschläge kontrolliert und nicht ein einziges Mal festgestellt, daß Keimlinge herausgezogen oder -gegraben worden sind. Was nicht bedeuten soll, daß dies nicht auch mal vorkommt. Während meiner Diplomarbeit hat sich folgende Rangfolge beim Getreide herausgestellt: Mais, Weizen, Roggen und Hafer und Gerste gemeinsam auf dem letzten Platz. Weiche Mais- körner und die Körner der anderen Getreidearten werden unzerkleinert hinuntergeschluckt. Harte Maiskörner dagegen werden vorher zerhackt. Körner, die beim Ergreifen mit der Schnabelspitze wegspringen, werden wieder gesucht und gefressen. Lebende Beuteobjekte, die den Saatkrähen bei der Getreidesuche unterkommen, verspeisen sie mit Vorliebe. Sind die ersten Wiesen gemäht oder die Weiden vom Vieh ein Stück abgefressen,so ziehen die Saatkrähen sofort dorthin. Sie lassen sich weder vom Traktor noch vom weidenden Vieh abhalten. Sobald der Bauer die ersten Schwaden abgemäht hat, suchen sie dort ihr Futter. Kommt d er Traktor in ihre Nähe, starten sie zu einem kurzen Rundflug und lassen sich alsbald wieder auf der Wiese nieder. Sie gehen kreuz und quer und ergreifen ihre Beute sowohl in den Grasschwaden als auch, jedoch häufiger, vom „nackten" Boden. Hin und wieder schnappen sie auch in die Luft und laufen oder flattern kurz, um fliegende Insekten zu fangen. Selten versucht eine Krähe, einer anderen den Futterbrocken abzujagen. Am 21.5.1986 konnte ich in Gelnhausen ganz klar feststellen: Je frischer eine Wiese gemäht ist, umso attraktiver ist sie für die Vögel. Zunächst hielten sich alle Saatkrähen einschließlich Dohlen, Tauben und Stare auf einer noch in Schwaden liegenden Wiese auf, die aber schon abgetrocknet war. Als direkt daneben gemäht wurde, flogen nach kurzer Zeit mehr und mehr Vögel dorthin. Auf einer ebenfalls noch in Schwaden liegenden, aber schon weiter abgetrockneten Wiese, die nur ca.20 m entfernt lag, waren nur eine Saatkrähe und ein Kiebitz zu beobachten. Die Vögel der Kolonie vom „Panzergraben" in Meerholz halten sich auch gern auf dem kurz geschnittenen Streifen des Segelflugplatzes auf. Am 21.5.1986 konnte ich beobachten, wie 24 Saatkrähen zunächst auf der ca.30 m breiten Start-und Landebahn nach Nahrung suchten. Nach einigen Minuten flogen die ersten in das angrenzende etwa 40 cm hohe Gras, weitere 102 folgten. Nur drei Krähen blieben zurück, wahrscheinlich um die Artgenossen bei Gefahr früh- zeitig warnen zu können. Andere Krähen flatterten alle paar Sekunden kurz hoch, um zu sichern. Nach 10 Minuten befanden sich alle Vögel im hohen Gras, wobei aber jetzt öfters ein Teil oder alle zusammen den Standort wechselten und sich 10 bis 20 m weiter wieder niederließen, oder auch einzelne ein kurzes „Kontroll-Flattern" machten. Häufig sieht man die Saatkrähen auf den Feldwegen, um im Gras oder in den Wagenspuren,wo sich nach einem Regenschauer Pfützen bilden, das reichhaltige Nahrungsangebot zu nutzen. Auch hier wagen sie sich für kurze Zeit in das hohe Gras am Wegrand,von wo aus sie alle zwei bis drei Sekunden in „Pfahlstellung" das Umfeld beobachten. Dies zeigt, daß die Saatkrähen durchaus auch versteckt Futter suchen, sofern sich in der weiteren Umgebung keine Stör- quelle befindet. Zu dieser Zeit bestehen die Gewölle in der Hauptsache aus Chitinteilen und Mäuseresten sowie Steinen.
4. Ermittlung des Aktionsradius' im Brutgebiet Der Aktionsradius richtet sich nach der Struktur des Brutgebietes, in dem die Kolonie brütet. Je größer eine Kolonie ist, desto größer ist ihr Futterbedarf, speziell während der Aufzucht- phase. Sie nutzen zunächst die nähere Umgebung und streichen erst weiter ab, wenn hier nichts mehr zu holen ist. Somit kann man nicht von einer direkten Abhängigkeit zwischen der Größe des Nahrungsbiotops und der Koloniegröße sprechen, sondern vorrangig ist immer erst die Reichhaltigkeit des Nahrungsangebots in der näheren Umgebung einer Kolonie. Dieses wiederum ist abhängig von dem Verhältnis und derVerteilung von Acker- und Brachflächen zu Wiesenflächen. Die anderen Nahrungsquellen spielen dabei eine nicht unerhebliche Rolle. Der Radius bei den Nahrungsflügen beträgt zwischen zwei und drei Kilometer um den Kolonie- standort herum. Wenn die Jungen mitfliegen, kann er sich um bis zu einen Kilometer erweitern.
5. Die Bedeutung der Saatkrähe für die Landwirtschaft Die Bedeutung der Saatkrähe für die Landwirtschaft ergibt sich aus der Diskrepanz zwischen dem notwendigen und dem tatsächlich vorhandenen Nahrungsbiotop. Sind um die Kolonie herum gute Nahrungsgründe,werden sie auch erschlossen. Ein ausgewogenes Verhältnis von Acker- und Wiesenflächen ist deshalb so wichtig, damit die Saatkrähen auf die Ackerflächen ausweichen können, wenn das Gras zu hoch wird und umgekehrt. Sie ziehen sofort wieder auf die Wiesen, wenn diese gemäht werden. Für landwirtschaftliche Kulturen in Hessen sehe ich bei den momentanen Koloniegrößen keine Gefahr. Dies haben mir auch Naturschützer und Landwirte vor Ort bestätigt. Die jeweiligen Nahrungsräume sind so groß und abwechslungsreich, daß die Brutkrähen für ihre Jungen genügend Futter finden, ohne Schaden anzurichten.
6. Folgerungen hinsichtlich der Schutzmaßnahmen Schutzmaßnahmen für die Saatkrähe selbst sind für die Kolonien „Barbarossaburg" und „Panzergraben" zu treffen. Bei der erstgenannten sind insgesamt 17 tote Junge gefunden worden. Dies führe ich auf den regen Besucherverkehr zurück.So waren beispielsweise am 1. Mai knapp 500 Besucher in der Barbarossaburg. Am nächsten Tag wurden vier tote Junge aufgelesen. Meiner Meinung nach geschieht das dadurch, daß immer wieder Besucher trotz der Absperrlinie unter den Horst- 103 bäumen hergehen und somit die gesamte Kolonie beunruhigen, so daß die Altvögel plötzlich aufsteigen und kreisen und dabei wahrscheinlich die Jungen herausfallen. Um das zu vermeiden, sollten zwei Schilder mit der Aufschrift: „Während der Brutzeit Durchgang ver- boten" aufgestellt werden, oder, was vielleicht noch effektiver wäre, zwei Informationstafeln.
In der Nähe der Kolonie am „Panzerg raben"soll nach meiner Kenntnis eine neue Straße gebaut werden. Die Kolonie dort ist nicht durch die Trassenführung direkt gefährdet, sondern durch die zu erwartenden permanenten Aktivitäten und den Lärm der Bauarbeiten.
Zudem soll die alte Straße, die nur ca. 30 m entfernt verläuft, aufgerissen und renaturiert werden. Deshalb ist darauf zu drängen, daß diese Arbeiten außerhalb der Brut- und Aufzucht- phase durchgeführt werden. Für die übrigen Kolonien sehe ich derzeitig keine Gefahren, mit Ausnahme direkter menschlicher Verfolgung, die nie auszuschließen ist. Im Winter 1986/87 soll auch eine Erfassung der Saatkrähen, die als Wintergäste zu uns kommen, durchgeführt werden. Folgende Punkte stehen auf dem Programm:
— Erfassung der Wintervorkommen nach Örtlichkeit, Quantität und Vergesellschaftung mit anderen Arten — Erfassung der Schlafplätze, möglichst mit Erfassung der An- und Abflugzeiten — Benutzte Nahrungsbiotope
— Erhebungen über mögliche Schäden im landwirtschaftlichen Bereich (ausgesäte und auflaufende Saaten, Erdsilos)
— Vorschläge für Schadensabwendung — Erfassung der auf Kreismülldeponien vorkommenden Saatkrähen (Anzahl, Bestands- schwankungen) und Vergesellschaftung mit anderen Arten (z. B. Dohle, Rabenkrähe, Lach- möwe, Star)
— Verweildauer im Deponiebereich und auf angrenzenden landwirtschaftlichen Flächen — Verschleppung von Gegenständen aus der Deponie — Vorschläge für Öffentlichkeitsarbeit
Wer Kenntnisse zu den vorgenannten Punkten hat, bitte ich,— soweit noch nicht geschehen — diese mir mitzuteilen.
Anschrift des Verfassers: A. KÖSTER, Dipl.-Forstwirt, DBV-Landesgeschäftsstelle, Friedenstraße 25, 6330 Wetzlar
104 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 4: 105-110 (1986)
Erfahrungen in einer Vogelauffangstation - eine erneute Bilanz nach weiteren drei Jahren von PETER WOELFING, Bad Nauheim
Ausgangspunkt für die nachfolgende Arbeit war die unerwartet große Resonanz nicht nur in der Bundesrepublik auf die Veröffentlichung aus dem Jahre 1983 (WOELFING 1983). Beson- ders viele Zuschriften mit der Bitte um einen Sonderdruck kamen aus der DDR, der CSSR und Polen. Somit soll im Folgenden nach Ablauf von weiteren drei Jahren der erneute Versuch gemacht werden, Bilanz zu ziehen.
In den Jahren von 1983 bis 1985 wurden insgesamt 189 Vögel in die Vogelpflege-und Auffang- station in Bad Nauheim-Rödgen eingeliefert, zwölf davon tot. Davon waren 85 Greifvögel (45%) und 37 Eulen (19,6%). Tabelle 1 und 2 geben einen Überblick für die einzelnen Jahre; die prozentuale Auswertung erfolgte bewußt nur für die Greifvogel- und Eulenarten.
Hier fällt besonders die Tatsache ins Auge, daß 1983 bzw.1984 fünf respektive sieben Schleier- eulen,1985 dagegen nicht ein einziges Tier zu betreuen waren.Bemerkenswert erscheint noch die Konstanz der Sperberfunde mit jeweils vier Vögeln in jedem der drei Jahre.
Es wurden Individuen von 45 verschiedenen Arten eingeliefert.Von den Greifvögeln waren laut der „Roten Liste der bestandsbedrohten Vögel in Hessen" (6. Fassung) fünf von acht Arten (62,5%) bedroht, wobei die bisherige Nichterfassung des Merlins in der Roten Liste auffällt. Von den Eulenarten waren (laut Liste) drei von fünf Arten bedroht (60%). Von den übrigen Vogelarten waren fünf von 31 (16,1%) bedroht.
Tabelle 3 gibt einen Überblick über die im Berichtszeitraum festgestellten Erkrankungen. Verständlicherweise beschränkt sich dies in aller Regel auf klinische bzw. pathologisch- anatomische Diagnosen. Tabelle 4 beleuchtet die veterinärmedizinische Betreuung.
Die Gesamtverluste betrugen in drei Jahren 107 Tiere (60,5%). Wieder freigelassen werden konnten 70 (37%). Hierzu ist jedoch klar zu sagen, daß die auf den ersten Blick enorm hoch erscheinende Erfolgsquote von 46,8 0/0 bzw. 43,3 0/0 in 1983 bzw. 1984 nur durch die über- durchschnittlich große Zahl der Jungvögel in diesen beiden Jahren erreichbar war, die „einfach" nur aufgezogen werden mußten. Das Ergebnis für 1985 mit 32,0% dürfte somit im Hinblick auf die echten Erkrankungen als wesentlich real istischer zu werten sein.Auch dies ist noch ein sehr respektables Ergebnis, legt man die von WOELFING 1983 dargestellten Probleme zu Grunde.
Aus dem Gesagten kann gefolgert werden: Die beschriebenen Schwierigkeiten in und um eine solche Station (WOELFING 1983) finden nach Ablauf von weiteren drei Jahren uneingeschränkt ihre Bestätigung. Auch hat sich die Problematik weder zur einen noch zur anderen Seite hin verlagert, sie war und ist gleichblei- bend groß, zumindest soweit es die Veterinärmedizin betrifft.
Das Einzugsgebiet hat sich in den letzten drei Jahren z.T. erheblich erweitert. Kamen bis zu diesem Zeitpunkt die Vögel fast ausnahmslos aus der näheren Umgebung, so wurden jetzt des öfteren größere Entfernungen registriert. So erreichte uns z. B. der Schwarzstorch aus 105 dem Vogelsberg, und ein Steinkauz fand den Weg von nahe Limburg zu uns. Weiter konnte mittlerweile eine größere Bereitschaft der Finder zum Bringen des Vogels vermerkt werden, wogegen früher wesentlich häufiger das Abholen des Tieres zur Bedingung gemacht wurde. Dies mag damit zusammenhängen, daß die Station inzwischen wesentlich bekannter ge- worden ist. Hervorragend hat sich die von der Friedberg-Dorheimer Vogelschutzgruppe eigens für die Station angelegte Mäusezucht bewährt. Abgesehen von der Ernährung dient sie vor allem auch der Prüfung von Greifvögeln und Eulen auf ihre Freiheitstauglichkeit. Allen voran ist hier Herrn Wolfgang Köhler von der genannten Gruppe zu danken. Leider ist die Zahl der zur Ver- fügung stehenden freiwilligen Helfer nicht allzugroß, um so höher ist jedoch dadurch der Einsatz derer, die mithelfen, zu bewerten.
Tabelle 1
Eingelieferte Jahresstatistik (1983 bis 1985) 2/86 Vögel Gefährdungsgrad I. Greifvögel 1983 1984 1985 Su % (Rote Liste)
Mäusebussard 10 20,8 % • 14 23,3 %• 12 15,8 % 36 19,0 % 0 Wespenbussard 1 2,1% 1 0,5% b Turmfalke 12 25,0% 5 8,3% 9 11,8% 26 13,8% Baumfalke 2 2,6% 2 1,1% b Merlin* 1 1,3% 1 0,5% Habicht 1 2,1% 2 3,3 % 1 1,3% 4 2,1% b Rotmilan 1 2,1% 2 1,3% 1 1,3% 4 2,1% b Sperber 4 8,3% 4 6,7% 4 5,3% 12 6,3% b
Summe 28 58,3 % 26 43,3% 31 40,8% 85 45,0%
II. Eulen
Waldohreule 2 4,2% 2 3,3% 12 10,5% 12 6,3% Waldkauz 1 2,1 0/0 5 8,5% 3 3,9% 9 4,8% Schleiereule 5 10,4% 7 11,6% 12 6,3% b Steinkauz 1 1,7% 1 1,3% 2 1,1% b Sumpfohreule 2 2,6% 2 1,1% a
Summe 8 16,7% 15 25,0% 14 18,4% 37 19,6%
* = beringt eingeliefert a = ausgestorben (Hessen) • = berechnet auf die Gesamtzahl der eingelieferten Vögel pro Jahr b = bestandsbedroht = berechnet auf die Gesamtzahl Rote Liste für Hessen der eingelieferten Vögel in 3 Jahren =189 (6. Fassung, Stand 15.5.1980) 106 Tabelle 2 Gefährdungsgrad III. andere Vogelarten 1983 1984 1985 Su (Rote Liste)
Amsel 1 1 Star 1 1 Haustaube 1 1 Türkentaube 1 1 Ringeltaube 1 1 Stockente 2 2 Moschusente 4 4 Höckerschwan 2 2 4 Schwarzer Schwan 1 1 Nilgans 1 1 Teichralle 1 2 3 Bleßralle 1 1 Wacholderdrossel 2 6 8 Eichelhäher 1 1 2 Rabenkrähe 3 1 4 Saatkrähe 2 2 b Mauersegler 3 3 Buchfink 1 1 Kernbeißer 1 1 1 3 Feldlerche 1 1 Rotkehlchen 1 1 Zaunkönig 1 1 Fitis 1 1 Buntspecht 1 1 2 4 Grünspecht 1 1 2 Grauspecht 1 1 2 Graureiher 5 2 7 b
Weißstorch* 1 1 b Schwarzstorch 1 1 a Eisvogel 1 1 b Gänsesäger 1 1 b
Summe 16 20 31 67 *= beringt eingeliefert a = ausgestorben b = bestandsbedroht 107 Erfolgen, wie z. B. der Wiederfreilassung einer ganzen Reihe von Sperbern, Schleiereulen, Waldkäuzen, Waldohreulen, von je einem Steinkauz, einer Sumpfohreule, eines Rotmilans, Schwarzstorches, Grauspechtes und mehreren Graureihern, standen eine ganze Reihe von Mißerfolgen gegenüber. So schmerzte der Verlust der beiden Baumfalken, eines Wespen- bussards, Steinkauzes und einer der beiden Sumpfohreulen sowie eines Grünspechtes, Gänsesägers und Eisvogels besonders. Mittlerweile wurden von den rund 100 in der Station beringten Greifvögeln und Eulen im Berichtszeitraum vier Exemplare (ca. 4 ob) wiedergefunden. Hierbei handelt es sich um einen Mäusebussard, einen Turmfalken und zwei Schleiereulen. Es fiel auf,daß die größte Entfernung zwischen Auflaß- und Fundort maximal 3 km betrug. Mäusebussard und beide Schleiereulen wurden sogar in nur 2 km Entfernung gefunden. Von den beiden Eulen war das Tier mit der Ringnummer 4043367der von WOELFI NG 1985 beschriebene Fall.Während der Bussard sich über ein Jahr nach seiner Freilassung noch in der freien Natur bewegte, waren dies für den Falken und die beiden Eulen jeweils mehr als vier Monate. Nach eigener Einschätzung dürfte nach Ablauf von zwei Monaten ein direkter Zusammenhang mit dem Aufenthaltsort in der Find- lingsstation bezüglich der Todesursache nicht mehr gegeben sein.
Tabelle 3: Überblick über die Erkrankungsursachen der Vögel im Berichtszeitraum
Diagnose 1983 1984 1985 Su SU (0/0)*
Verletzungen (insgesamt) 36 69,2% 35 57,4% 44 57,9% 115 60,8% davon: stumpfe Traumen insbes. im Schädelbereich 6 11,8% 8 13,1 % 11 25,0 % 25 13,2% Flügel einschließlich Frakturen 20 39,2% 10 16,4% 22 50,0% 52 27,5% Bein einschließlich Frakturen 6 11,3% 9 14,8% 8 18,2% 23 12,2% sonstige Verletzungen 4 7,8% 8 13,1% 3 4,3% 15 7,9% innere Erkrankungen insgesamt, einschließlich Injektionen 19 37,3% 19 31,1% 27 39,1% 65 34,4% Vergiftungsverdacht bez. auf Spalte 6 4 21,1% 6 31,6 % 3 3,9 % 13 20,0%
* Die Summe ergibt nicht 100%, weil häufig mehrere Behandlungen bzw. Diagnosen einen Vogel betrafen. 108 Tabelle 4: Überblick über die veterinärmedizinische Betreuung derVögel im Berichtszeitraum
Art der Versorgung 1983 1984 1985 Su SU (%)*
Konservative Behandlung 26 44,6 % 28 46,7 % 40 58,0 % 94 49,7 % Chirurgische Behandlung 5 10,6% 7 11,7% 6 8,7% 18 9,5% gestorben, insgesamt vor- während oder nach Behandlung bzw. Operation 6 12,8 % 17 28,3 % 18 26,1 % 41 26,7 % eingeschläfert: mit oder ohne Behandlung bzw. Operation (insgesamt) 21 44,6 % 20 33,3 % 25 36,2 % 66 34,9 % Freilassung 22 46,8% 26 43,3 % 22 32,0% 70 37,0 % Sektion 22 43,1 0/0 22 36,1 % 28 40,6% 72 38,1% tot angelieferte Vögel 4 7,8 % 1 1,5 % 7 9,2 0/0 12 6,3 % Verluste insgesamt (Spalte 3 + 4) 27 56,3 % 37 61,7 % 43 62,3 % 107 60,5
* Die Summe ergibt nicht 100%, weil häufig mehrere Behandlungen bzw. Diagnosen einen Vogel betrafen.
Zusammenfassung Die unerwartet große Resonanz vor allem auch im Ausland der1983 veröffentlichten Arbeit gab den Anstoß für den Versuch einer erneuten Bilanz nach weiteren drei Jahren. Von den insge- samt 189 Vögeln waren 45 %Greifvögel und 19,6 0/0Eulen. Bei den Greifvögeln sind zwei Baum- falken, ein Wespenbussard und ein Merlin, von den Eulen zwei Sumpfohreulen besonders bemerkenswert. Insgesamt wurden 45 verschiedene Vogelarten betreut, „Starpatient" war zweifellos davon ein Schwarzstorch, gefunden im Vogelsberg. Erwurde nach langer Betreuung bei Obersuhl wieder freigelassen. An Erkrankungen standen im Berichtszeitraum die Ver- letzungen vor allem am Flügel im Vordergrund, oft jedoch waren dies sekundäre Folgen einer primären inneren Erkrankung wie Infektionen,Vergiftungen bzw. Parasitenbefall, d ie zur Beein- trächtigung der Flugleistung führten. Die Gesamtverluste mit oder ohne Behandlung bzw. Behandlungsversuch einschließlich der Anzahl Vögel, die auf Grund der Aussichtslosigkeit sofort eingeschläfert werden mußten, beläuft sich somit auf 107Tiere oder 60,5%. Dies ist ein immer noch respektables Ergebnis, legt man die von WOELFING 1983 dargelegten Probleme zugrunde. Von den in der Station mittlerweile ca.100 beringten Vögel wurden im Berichtszeit- raum vier Exemplare-ein Mäusebussard, zwei Turmfalken und zwei Schleiereulen -wiederge- funden. Bei der einen Schleiereule handelt es sich um den von WOELFING 1983 beschrie- benen Fall. Die größte Entfernung zwischen Auflaß- und Fundort betrug maximal 3 km für die Turmfalken, die anderen Tiere überschritten die 2 km-Marke nicht. Der Bussard bewegte sich über ein Jahr,die anderen Tiere über4 Monate nach ihrerWiederfreilassung in der freien Natur. Der Autor geht davon aus, daß nach Ablauf von zwei Monaten kein direkterZusammenhang mit dem Aufenthaltsort in der Findlingsstation mehr gegeben sein dürfte. 109 Literatur
WOELFING, P. (1983): Erfahrungen in einer Vogelauffangstation - eine kritische Bilanz aus der Sicht der Veterinärmedizin, des Natur- und des Tierschutzes. Vogel und Umwelt 3: 247- 252. WOELFING, P. (1985): Erfahrungen bei der medizinischen Versorgung verletzter Greifvögel und Eulen.Vogel und Umwelt 3: 235-238. STAATLICHE VOGELSCHUTZWARTE FÜR HESSEN, RHEI NLAND-PFALZ UND SAARLAND- Institut für angewandte Vogelkunde - ROTE LISTE der bestandsgefährdeten Vögel in Hessen (6. Fassung) Stand 15.05.1980.
Anschrift des Verfassers: Dr. med. vet. PETER WOELFING, Weingartenstraße 35, 6350 Bad Nauheim 3
Neue Literatur
ROBILLER, F. (1986): Lexikon der Vogelhaltung. - 679 S., 348 Farbfotos, 30 Schwarzweiß- Fotos. 223 Zeichn., Landbuch-Verlag GmbH Hannover. Die Vogelhaltung gehört seit eh und je zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen des Menschen. Darüber hinaus hat sie viel Wissenswertes über die Biologie der gekäfigten Vogel- arten zusammengetragen. Es wurden Erkenntnisse gewonnen, die auch dem Artenschutz zugute kamen (z.B.Zucht zur Wiederansiedlung bestandsbedrohter Arten).Verschwiegen sei aber auch nicht, daß die Vogelhaltung auch ihre negativen Seiten hat (z.B.illegales Ausnehmen von Nestlingen). Die heutige Gesetzgebung versucht weltweit, Fang, Handel und Haltung unserer Vögel in den „Griff" zu bekommen, was auch dringend geboten erscheint. Das vorlie- gende Werk, an dem 48 Fachleute Einzelbeiträge übernommen haben, versucht alles Wissenswerte über die Vogelhaltung (in witestem Sinne) zusammenzutragen. Es werden nicht nur all jene Vogelarten beschrieben, die in Europa von Liebhabern und Züchtern gehalten werden, sondern es werden auch Begriffe abgehandelt, die im Rahmen der Vogelhaltung wesentlich sind. Selbst kleine Monographien von bedeutenden Vogelliebhabern wurden aufgenommen. Vermißt wurde vom Rezensenten, daß amtliche Stellen nicht genannt wurden. Diese Institiutionen können insbesondere dem Anfänger Hinweise und Ratschläge geben, die selbst in einem Lexikon nicht ausführlich abgehandelt sind.Trotz dieses „Schönheitsfehlers" vermittelt das Werk den Stand des heutigen Wissens auf diesem Gebiet. Es ist nicht nur ein Nachschlagewerk für den Vogelhalter. W. KEIL 110 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 4: 111-116 (1986)
Tümpel - Lebensraum für Überlebenskünstler von UWE WESTPHAL, Wetzlar
Tümpel, Teiche und Weiher - einst ein vertrauter Anblick in unserer Landschaft - sind heutzu- tage allesamt stark in ihrer Existenz bedroht (BORCHERT 1977, RING LER 1976). In manchen Gegenden sind in den letzten Jahrzehnten bis zu 90 0/0 dieser Lebensräume durch Trockenle- gung, Verfüllung oder Überbauung vernichtet worden. Die noch vorhandenen Kleingewässer werden vielfach durch intensive landwirtschaftliche Nutzung ihrer unmittelbaren Umgebung (Biozid- und Düngereinsatz, Viehtritt), durch Freizeitnutzung oder Umwandlung in intensiv genutzte Fischteiche erheblich beeinträchtigt (HAARMANN 1977).
Ganz besonders betroffen von dieser negativen Entwicklung sind die sog. periodischen oder ephemeren Kleingewässer, die „Tümpel" im engeren Sinne. Gemeint sind damit mehr oder weniger kurzlebige, d.h. regelmäßig austrocknende Gewässer, die heutzutage zu den bedroh- testen Lebensräumen unserer Heimat gehören.
Je nach Art der Wasserzufuhr (Regen-, Schmelz-, Qualmwasser, Überschwemmungen) kann man verschiedene Haupttypen von Tümpeln unterscheiden (SPANDL 1925). In den meisten Fällen handelt es sich um Bodensenken oder-mulden mit mehr oder weniger wasserundurch- lässigem Untergrund, die - etwa im Auenbereich der Flüsse - durch Überschwemmungen und/oder periodisch steigendes Grundwasser, aber auch durch Schmelzwasser oder heftige Regenfälle mit Wasser gefüllt werden. In letztere Kategorie gehören z. B. tief ausgefahrene Wagenspuren auf Forstwegen, die von JOGER (1981) eingehend untersucht wurden. Je nach Lage und Umgebung können kurzlebige Gewässer sehr verschiedenartig ausgeprägt sein. Allen gemeinsam ist aber, daß sie in vielerlei Hinsicht (Wasserführung, Chemismus, Temperaturhaushalt) Extrembiotope darstellen (DROSTE 1982, G I EYSZTOR 1934, KRAMER 1964, KREUZER 1940). Sie können daher nur von solchen Tierarten dauerhaft besiedelt werden, die über bestimmte Überlebensstrategien und spezielle Anpassungen verfügen. Den artenmäßig überwiegenden Anteil an der Tümpelfauna (Übersichten z. B. bei KREUZER 1940, SPANDL 1925) stellen anpassungsfähige Arten, die auch in den verschiedensten aus- dauernden Kleingewässern weit verbreitet sind. Diese Arten zeigen aufgrund einer schnellen Entwicklungsdauer und/oder der Fähigkeit, zumindest kürzere Trockenperioden im feuchten Schlamm zu überstehen, sowie ggf. eines gut entwickelten Flugvermögens eine gewisse Prä- adaption (Voranpassung) an die Existenz in kurzlebigen Gewässern. So sind z. B. viele Wasserkäfer und Wasserwanzen nicht nur sehr flugtüchtig, sondern sie führen zumindest zu bestimmten Zeiten auch ausgedehnte Verbreitungsflüge durch, die es ihnen ermöglichen, neu entstandene Gewässer sehr rasch (oft binnen Stunden) zu besiedeln bzw. bei nicht zusagenden Bedingungen wieder zu verlassen (FERNAN DO 1958, 1959, WESTPHAL 1984).
Die Larven der meisten Insekten mit aquatischer Larvalentwicklung können sich aber nur bei einer längeren Wasserführung entwickeln; bei vorzeitiger Austrocknung des Gewässers gehen sie zugrunde. Nur wenige,wie z. B.die Larven der Plattbauchlibelle,einer Pionierart stark besonnter lehmiger Tümpel, sind in der Lage, mehrere Wochen Trockenheit im Schlamm vergraben zu überleben (PORTMANN 1921 in KRAMER 1964). Auch bei erwachsenen Wasserkäfern, die ja eigentlich fliegen können, ist dies mehrfach beobachtet worden (DROSTE 1982), ebenso bei manchen Muscheln (HINZ 1972) und Wasserschnecken. Weit verbreitet ist 111 dieses Phänomen bei Algen und mikroskopisch kleinen Tieren, den Einzellern, Rädertierchen, Strudel- und Fadenwürmern und Bärtierchen, von denen viele sich entweder selbst ency- stieren, d. h. eine austrocknungsresistente Hülle (Cyste) bilden, oder aber sonstige Dauer- formen hervorbringen können. So können sie oft jahrelang im trockenen Zustand überdauern, aber auch leicht verbreitet werden (KEN K 1949). Sehr eindrucksvoll läßt sich das an einem Schlammbodenaufguß nachweisen, in dem sich schon nach kurzer Zeit ein reiches Leben entwickelt (KRAMER 1964).
Eine weitere Anpassungsstrategie ist in der Verkürzung der Entwicklungsdauer von der Larve zum geschlechtsreifen Tier zu sehen. Stechmücken beispielsweise benötigen dafür oft nur 2 -3 Wochen. Manche Arten wie die berüchtigten „Rheinschnaken" (Aedes), legen ihre Eier im Frühjahr noch vor der Überflutung an den Rand des Tümpels, so daß die Eientwicklung ohne Verzögerung beginnen kann (MOHRIG 1969). Von einigen Mückenarten ist sogar bekannt geworden, daß sie ihre Entwicklung bei drohender Austrocknung noch beschleunigen können (CHODOROWSKI 1958). Andere wiederum können sich parthenogenetisch, d. h. durch unbe- fruchtete Eier, fortpflanzen (FRITZ 1981), auch dies ein - u. U. lebensentscheidender - Zeitge- winn.Auch aus anderen Tiergruppen gibt es spezialisierte Formen,die eine bedeutend kürzere Entwicklungsdauer haben als nahe verwandte Arten. Genannt seien hier nur die Gelbbauch- unke, deren Kaulquappen sich selbst in wassergefüllten Wagenspuren entwickeln können (KRAMER 1964), die Binsenjungfern (FISCHER 1961, HARTLAND - ROWE 1966) sowie einige Köcherfliegen. Deren Anpassung geht sogar so weit, daß sie nach dem Schlüpfen im Frühjahr den Sommer „verschlafen" (Sommer-Diapause) und erst im Herbst ihre Eier an den Rand bzw. auf den Schlamm ihrer trockengefallenen Heimatgewässer legen. Sie tun dies auch dann, wenn wider Erwarten der Tümpel im Sommer einmal nicht trockenfällt (WICHARD &REICHEL 1970). Die oben bei den Mücken als Ausnahme geschilderte Parthenogenese ist bei den zu den Krebstieren zählenden Wasserflöhen zur Regel geworden. Bei ihnen findet zudem die Embryo- nalentwicklung unter Umgehung von Larvenstadien bereits im Mutterleib statt, sie sind also lebendgebärend. Dabei können die Neugeborenen u. U. selbst bereits wieder Embryonen in sich tragen! Da in der Regel zunächst nurWeibchen geboren werden, können sich diese Tiere unter günstigen Bedingungen innerhalb kürzester Zeit geradezu explosionsartig vermehren. Erst bei Verschlechterung der Lebensbedingungen (z. B. Nahrungsknappheit, tiefe Tempera- turen, drohende Austrocknung) treten auch Männchen auf; die nunmehr befruchteten Eier entwickeln sich im Brutraum der Weibchen nicht weiter, sondern werden als sog. „Dauereier" im Rückenteil der Mutter eingekapselt. Bei ihrem Tod werden diese „Ephippien" genannten Dauereibehälter frei. In dieser Form können sie ungünstige Umweltbedingungen längere Zeit überstehen, aber auch leicht durch Vögel oder Wasserinsekten verschleppt werden.
Diesen Entwicklungsmodus zeigen zwar alle Wasserflöhe, selbst die aus großen Seen, doch gibt es auch hier bei spezialisierten Tümpelformen adaptive Abweichungen. So werden z. B. bei Arten der Gattung Moina von Anfang an Männchen und damit auch Dauereier gebildet, zunächst nur ein geringer Prozentsatz, von Generation zu Generation dann aber immer mehr. Dies ist wohl als Absicherung gegen ein zu schnelles Austrocknen der Wohngewässer zu verstehen (KESTNER 1967). Die vollkommenste Anpassung an und die höchste Spezialisierung auf das Leben in ephemeren Gewässern zeigen jedoch verschiedene andere Vertreter aus der Klasse der Krebstiere, die im heimischen Raum den überwiegenden Anteil der echten „Tümpelspezia- listen" stellen. Hier sind ganz besonders die Kiemenfüße (Anostraka), die Rückenschaler (Notostraka) und die Muschelschaler (Conchostraka) zu erwähnen. Ihre Eier können jahrelang trockenliegen; bei Überflutung schlüpfen binnen weniger Stunden die Larven, die sich mit 112 rapider Schnelligkeit zu geschlechtsreifen Tieren entwickeln, sich fortpflanzen und bei Austrocknung des Gewässers sozusagen „planmäßig" zugrundegehen. In den Tropen gibt es sogar bestimmte Fischarten mit entsprechender Lebensweise, die man selbst in wasser- gefüllten Elefantenspuren schon gefunden hat!
Viele Arten der genannten Krebsgruppen sind wegen ihrer teilweise recht beträchtlichen Größe und ihres vielfach sehr urtümlichen Aussehens sehr auffällige Erscheinungen. Unter ihnen gibt es typische Frühjahrs- und typische Sommerformen, die nicht selten jeweils verge- sellschaftet auftreten. Während einige Arten eine größere Vielzahl von periodischen Gewäs- sern bewohnen, sind andere offenbar auf ganz bestimmte Tümpeltypen - z. B. Qualmwasser- tümpel (G ILLAN DT et al.1983) - spezialisiert und angewiesen. Warum aber kommen sie nicht oder nur in ganz seltenen Ausnahmefällen unter natürlichen Bedingungen wie viele der bisher behandelten Organismen auch in ausdauernden Gewässern vor? Zur Beantwortung dieser Frage muß man sich vergegenwärtigen, daß die extremen Bedingungen kurzlebiger Gewässer ihren Bewohnern zwar ein Höchstmaß an Anpassung abverlangen, ihnen dafüraber auch weit- gehenden Schutz vor weniger gut angepaßten Feinden und Konkurrenten bieten. Echte Tünnpelbewohner sind daher auch nicht auf Konkurrenz und Feinddruck (Fische!) eingerichtet und reagieren -damit konfrontiert-vielfach sehr empfindlich darauf: sie sterben aus. Darüber- hinaus sind offenbar einige Formen physiologisch schon so an die astatischen Bedingungen angepaßt, daß sie diese speziellen Bedingungen tatsächlich zur Entwicklung benötigen. So scheinen die Eier einiger Krebse für ihre Weiterentwicklung tiefe Temperaturen (Durch- frieren) zu benötigen (CLAUSNITZER 1985), andere die durch dasTrockenfallen erzwungene Ruhepause.
Im Gegensatz zu den Arten, die auch - meist sogar besser- in ausdauernden Kleingewässern leben können, sind die echten Tümpelspezialisten durch die Vernichtung ihrer Lebensräume heutzutage ausnahmslos stark bedroht. Dies gilt ganz besonders für die Kiemenfüße, Rücken- und Muschelschaler, die nicht wie etwa die flugfähigen Mücken und Köcherfliegen aktiv neu entstandene geeignete Gewässer aufsuchen können und die daher z.T. nur noch an wenigen- oft weit voneinander entfernten - Fundorten in der Bundesrepublik vorkommen (HERBST 1982, RIEDER in BLAB et al. 1984).
Ein trockengefallener Tümpel ist ebenfalls alles andere als ein „toter" Lebensraum: mit der Austrocknung „erlischt" zwar zumindest optisch die aquatische Lebensgemeinschaft, aber nur, um einer anderen Biozönose Platz zu machen. Eine Reihe von teilweise ebenso speziali- sierten (und vielfach ebenso bedrohten) Organismen ist nämlich auf die Besiedlung des feuchten Schlammbodens frisch ausgetrockneter Tümpel bzw. auf extrem niedrige Wasser- stände von wenigen Millimetern angewiesen. Hier dominieren u. a. die Larven verschiedener Zweiflügler (Dipteren), besonders die diverser Mückenarten (keine Stechmücken!). Auch sie zeigen mannigfache Anpassungen (DROSTE 1982) an ihren extremen Lebensraum, auf die hier aus Platzgründen aber nicht näher eingegangen werden kann. Erwähnt sei nur die Fähig- keit mancher dieser Spezialisten, im Eistadium Überflutungen zu ertragen, eine Entsprechung zur geschilderten Austrocknungsresistenz der Eier aquatischer Formen! Dieses Phänomen wurde erst in jüngsterZeit für Springschwänze (flügellose Urinsekten) nachgewiesen und wird auch für gewisse Dipteren sowie Milben vermutet (TAMM 1981).
Außer Tieren kommen in diesem Lebensraum der feuchten Schlammflächen auch Samen- pflanzen zum Zuge. Während man in kurzlebigen Gewässern in der Regel lediglich Algen (BOCK 1952, KRAMER 1964), jedoch keine typischen Wasserpflanzen findet, bestenfalls amphibische Arten, die sowohl Überflutung als auch Austrocknung ertragen (z. B. Wasser- pfeffer), können sich hier spezielle floristisch meist erstaunlich homogene Pflanzengesell- schaften - die Zwergpflanzen-Fluren wechselnasser Standorte - einstellen. In Mitteleuropa 113 gehören sie pflanzensoziologisch gesehen sämtlich zum Verband der Zwergbinsengesell- schaften (Nanocyperion) (ELLENBERG 1982). Hierzu gehören z. B. Krötenbinse, Schlammling, oder Sumpfruhrkraut, allesamt sehr unscheinbare, weil kleinwüchsige und konkurrenz- schwache Pionierarten, die sich durch kurze Entwicklungsdauer und vielfach extrem hohe Samenproduktion auszeichnen. Die meist winzigen Samen können sowohl ungezielt durch Wind und Wasser verfrachtet als auch relativ gezielt durch Wat- und Wasservögel verschleppt werden. Die dadurch ermöglichte potentielle Allgegenwart ihrer Samen erklärt das oft fast schlagartige Auftreten dieser Pflanzen an jedem noch so kleinen und isolierten geeigneten Wuchsort. Die Samen vieler Arten ertragen auch eine Überflutung; diese haben dann beim Trockenfallen gegenüber anderen -konkurrenzstärkeren -Gesellschaften, etwa den ebenfalls an solchen Standorten wachsenden Zweizahnfluren, einen überlebenswichtigen Entwick- lungsvorsprung. Trotz dieser Anpassungen trifft man die meisten Arten der Zwergbinsen- Gesellschaften heutzutage mangels geeigneter Standorte nur noch selten an, ja, einige müssen sogar als ausgesprochene „Kleinodien" unserer Flora gelten. Wie fast stets, sind auch hier die am engsten angepaßten Arten zugleich am meisten gefährdet.
Dieser keineswegs erschöpfende Ausflug in die Welt der Tümpel und ihrer Bewohner, die zwei so völlig unterschiedlichen Lebensgemeinschaften angehören, mag verdeutlichen, welchen biologischen und ökologischen Wert diese häufig als nutzloses „Unland"verkannten wechsel- nassen Standorte haben. Leider werden diese Biotope auch heute noch absichtlich oder gedankenlos vernichtet. Feuchte Mulden werden verfüllt odertrockengelegt, nasse Waldwege asphaltiert, Tümpel in Fischteiche umgewandelt. Selbst von Seiten des Naturschutzes droht Gefahr!
Gerade diese hochgradig gefährdeten Lebensräume werden nämlich gemeinhin als optimal geeignete Standorte für die jetzt so in Mode gekommene und an sich begrüßenswerte Neu- anlage von Kleingewässern (PRETSCHER 1985) in der freien Landschaft angepriesen. Das ist zwar besser als etwa ein Standort in einem Trockenrasen, führt aber zu einer ungewollten weiteren Gefährdung.
Den wenigen noch verbliebenen Tümpeln gebührt daher uneingeschränkter Schutz; keines- falls dürfen sie etwa einem noch so „naturnahen Seerosenteich" geopfert werden, zumal vom Menschen künstlich geschaffene Kleingewässer kaum einen Ersatz für die Vielfalt natürlicher Feucht- und Naßbiotope bieten können (WILDERMUTH 1982)! Jeder verantwortungsbewußte Bürger sollte daher bemüht sein, durch Aufklärung und aktives Handeln einen Beitrag zur Erhaltung dieser ebenso bemerkenswerten wie bedrohten Lebens- räume zu leisten.
Literaturverzeichnis:
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KESTN ER, A. (1967): Lehrbuch der Speziellen Zoologie, Bd. 1/2: Crustacea - Stuttgart.
KRAMER, H. (1964): Ökologische Untersuchungen an temporären Tümpeln des Bonner Kottenforstes. Decheniana 117: 53 -132.
KREUZER, R. (1940): Limnologisch-ökologische Untersuchungen an holsteinischen Klein- gewässern. Arch. Hydrobiol. Suppl. Bd. 10: 359 - 572.
MOHRIG,W. (1969): Die Culiciden Deutschlands- Parasitologische Schriftenreihe 18, Jena.
PRETSCHER, P. (1985): Kleingewässer schützen und schaffen. Informationsbroschüre des AID (Bonn). 115 RINGLER, A. (1976): Verlustbilanz nasser Kleinstbiotope in Moränengebieten der Bundes- republik Deutschland. Natur und Landschaft 51 (7/8): 205 - 209. SPAN DL, H. (1925): Die Tierwelt vorübergehender Gewässer Mitteleuropas. Arch. Hydrobiol. 16: 74 -132. TAMM, J. C. (1981): Das jahresperiodisch trockenliegende Eulitoral der Edertalsperre als Lebens- und Ersatzlebensraum. Dissertation, Marburg. WESTPHAL, U. (1984): Die Besiedlung künstlicher Kleinstgewässer in Abhängigkeit von Fläche und Substrat -ökologische Untersuchungen an normierten Modellökosystemen. Dissertation, Marburg. WICHARD,W. & H. REICHEL (1970): Zur Trichopterenfauna periodischer Gewässer. Nachr. bl. der Bayer. Ent. 18: 4 - 6, 56 - 57. WI LDERMUTH, H. (1982): Die Bedeutung anthropogener Kleingewässer für die Erhaltung der aquatischen Fauna. Natur und Landschaft 57 (9): 297-306.
Anschrift des Verfassers: Dr. UWE WESTPHAL, Naturschutzzentrum Hessen, Friedensstraße 38, 6330 Wetzlar
Neue Literatur
BEZZEL, E. (1985): Kompendium der Vögel Mitteleuropas. - Nonpasseriformes, Nichtsing- vögel.-792 5.,198 Zeichnungen,127Verbreitungskarten,27Tab.,Aula-Verlag Wiesbaden. Nunmehr liegen 10 der insgesamt projektierten 14 Bände des „Handbuchs der Vögel Mittel- europas" vor. Dieses sehr umfangreiche (und dementsprechend auch teure) Werk ist für viele Ornithologen zu ausführlich und finanziell nicht erschwinglich. Es war daher eine ausgezeich- nete Idee, dieses Handbuch in Kurzfassung (in Form eines Kompendiums) in 2 Bänden herauszubringen. Hinzu kommt, daß es bisher auch keine Zusammenfassung über die mittel- europäische Vogelwelt gibt. Das Kompendium ist nicht nur ein generelles Nachschlagewerk, sondern informiert schnell und umfassend über die einzelnen Arten.Zu jeder Vogelart werden Angaben zu folgenden Stichpunkten gemacht: Status in Mitteleuropa, Kennzeichen, Verbrei- tung und Bestand, Wanderungen, Lebensraum, Nahrung, Stimme, Verhalten, Fortpflanzung, Alter, Mauser und Literatur. Zum Lesen der Literaturzitate bedarf es einiger Übung, da vieles (zwangsläufig) stark abgekürzt dargestellt werden mußte. Das Kompendium ist daher aber nicht nur für den Ornithologen ein ausgezeichnetes Nachschlagewerk, sondern auch für alle im Naturschutz amtlich und ehrenamtlich Tätigen. Der Erwerb dieses Werkes kann sehr empfohlen werden und sollte zur Grundausstattung jeder guten ornithologischen Bibliothek gehören. W. KEIL 116 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 4: 117-120 (1986)
Naturschutz und Entwässerungsgräben - Anregungen und Tips — von KARL-ULRICH STÖRKEL, Frankfurt am Main
Grundlagen
1. Das Anlegen von Entwässerungsgräben steht in einem starken Spannungsverhältnis zu Forderungen des Naturschutzes. Einerseits soll der Grabenbau die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung von vernäßten Geländeparzellen ermöglichen, andererseits ist seit geraumer Zeit überall ein Rückgang von Feuchtbiotopen,z.B.in Form von Naß- und Feuchtwiesen, zu beobachten. Diese Biotope sind in ihrer Gesamtheit, also in ihren großflächigen und kleinflächigen Ausprägungen, absolut schutzwürdig.
2. Bei der Neuanlage von Gräben ist daher in jedem Fall zuerst zu prüfen, ob und wieweit eine Entwässerung überhaupt notwendig und unter Berücksichtigung ökologischer Gesichts- punkte vertretbar ist. Insbesondere ist z.B. im Rahmen der Flurbereinigung zu überlegen, ob die intensive Bewirtschaftung von Feuchtwiesen durch Entschädigung oder Tausch der Grundstücke vermieden werden kann. Eine u. U. aus Gründen des Naturschutzes notwen- dige extensive Flächennutzung bleibt dabei selbstverständlich aufrecht erhalten.
Weiter ist zu bedenken, daß es wasserwirtschaftlich günstiger ist, Hochwasser nach Stark- regen zurückzuhalten, als es schnell abzuleiten.
3. An bestehenden Grabensystemen kann der o. g. Nutzungskonflikt zwar nicht aufgehoben, jedoch z.T. durch eine Reihe von Maßnahmen entschärft werden. Bei naturgemäßer Pflege können Gräben z. B. wertvolle Ersatzbiotope für verlorengegangene Kleingewässer (ausdauernde und vorübergehende Tümpel) darstellen.
Vorschläge zur Verbesserung der Situation an Gräben
1. In vielen Fällen sind Gräben im Rahmen der Flurbereinigung mit Betonhalbschalen und Rasengittersteinen ausgelegt worden. Diese naturwidrige Sohlbefestigung verhindert den Wasseraustausch mit dem Untergrund (Grundwasseranreicherung) und führt zu arten- armen, einseitigen Biozönosen. Eine natürliche Grabensohle ist Voraussetzung für die Ausbildung einer reichhaltigen Gewässerlebensgemeinschaft. Sie dient als Besiedlungs- substrat für Pflanzen und Tiere und als Refugialraum bei ungünstigen Verhältnissen (Hoch- wasser, Austrocknen, Frost). Betonhalbschalen und andere naturfremde Sohlbefesti- gungen sind daher zu entfernen.
2. Gräben liegen i. a. im Bereich intensiv genutzter landwirtschaftlicher Nutzflächen. Der Nähr- stoffeintrag durch mineralischen Dünger und Gülle ist daher oft erheblich. Dies führt nicht nur zu einem unerwünschten starken Verkrauten der Gräben, sondern trägt auch zu der bedenklichen Eutrophierung aller weiteren Vorfluter bei. Durch die Anlage von weniger 117 intensiv genutzten, geschlossenen Schutzstreifen am Grabenrand, die als Pufferzone bzw. Nährstoffbarriere dienen, können die negativen Folgen gemindert werden (dies gilt auch für Pestizideinsätze). Diese Geländestreifen sollen im Flurbereinigungsverfahren in die öffent- liche Hand überführt oder mit Auflagen versehen werden, so daß die Pflegemaßnahmen nicht der privaten Entscheidung der Grundstücksinhaber überlassen bleiben.
3. Um die Ersatzfunktion der Gräben für temporäre oder ausdauernde Kleingewässer zu verbessern, sollten die Uferlinien abwechslungsreich gestaltet werden. Flache Uferränder sind vor allem für Amphibien und manche Insektenlarven von Bedeutung (z. B. Verpup- pungswanderung von Dytiscus oder Hydrous). An verschiedenen Stellen sind Buchten und Grabentaschen anzulegen, die neben vorherr- schenden Flachwasserbedingungen vereinzelt auch tiefe Stellen (1-2 m) aufweisen können. Diese Maßnahmen sind auch aus landschaftsästhetischen Gesichtspunkten zu begrüßen, da sie den monotonen, geraden Verlauf der Gräben durchbrechen. Je nach Geländeneigung sollen in unregelmäßigen Abständen Sohlschwellen von geringer Höhe eingebaut werden. Sie garantieren einerseits einen Mindestwasserstand für be- stimmte Abschnitte, behindern andererseits aber nicht den Hochwasserabfluß. Teil- abschnitte sind jedoch auch dem Trockenfallen preiszugeben.
4. Bei Gräben mit starker Sedimentführung und Schwebstofffracht sollen Sandfänge evtl. in Kombination mit einer kleinen Röhrichtfläche als Schwebstoffilter eingerichtet werden. Hierdurch ließe sich Häufigkeit und Ausmaß von Räumungsarbeiten örtlich begrenzen.Als flankierende Maßnahme, die den Sedimenteintrag in die Gewässer verlangsamt und daher auch wasserwirtschaftlich erwünscht ist, soll ein Umbruchverbot in Überschwemmungs- gebieten angestrebt werden.
Die Sohlräumung ist generell als der massivste Eingriff in die Grabenlebensgemeinschaft anzusehen. Neben der direkten mechanischen Zerstörung der Organismen sind auch indi- rekte Schädigungen damit verbunden. Das aufgewirbelte Sediment erhöht die Trübung in den unterliegenden Grabenabschnitten und beeinflußt hydrochemische Parameter wie z.B.Sauerstoff-Zehrung. Örtlich können z.T. anaerobe Schichten freigelegt werden, was zu einem Anstieg von Schwefelwasserstoff-Gehalten führt. Um die Zerstörung zu begrenzen und eine rasche Wiederbesiedlung zu ermöglichen, soll daher entweder nur eine Uferseite entlandet werden, oder die Räumung nur abschnittsweise in mehrjährigem Turnus erfolgen. Bei jährlicher Wiederholung der Bearbeitung würde allen Organismen mit längeren Entwik- klungszeiten (z. B. Libellen- und Käferlarven) die Lebensmöglichkeit entzogen.
5. Die meist nährstoffreichen Bedingungen und fehlende Beschattung führt in den Gräben i. a. zu einer üppigen Entwicklung von Wasser- bzw. Sumpfpflanzen. Durch deren Bestands- abfall und die sedimentationsfördernde Wirkung beschleunigen sie die Verlandung.
Die submerse und emerse Vegetation ist jedoch für die meisten grabenbewohnenden Tierarten ein unerläßliches Biotop-Requisit. Sie erst bietet die notwendige Raumstruktur und die Nahrungsgrundlage für eine arten- und individuenreiche Besiedlung mit Insekten (Odonaten, Dipteren, Coleopteren, Heteropteren), Mollusken und anderen Wirbellosen (Hirudineen, Crustaceen usw.). Die Pflanzen dienen daneben aber auch Fischen und Amphibien als Unterschlupf und Laichplatz. Bei manchen Tierarten ist vielfach eine voll- ständige Spezialisierung auf nur eine Pflanzenart als Nahrungsquelle oder Eiablage- Substrat festzustellen. Hierzu gehören viele monophage Käfer (Donacia-Arten), Klein- schmetterlinge (Nymphula, Paraponyx) und manche Libelle. Diese stenöken Arten müssen 118 mit dem Verschwinden der entsprechenden Pflanzen lokal aussterben. Eine Wiederbe- siedlung ist nicht immer möglich, da der Ausbreitungsradius oft begrenzt ist (z.T. weniger als 100 m). 6. Die Ufervegetation der Gräben besteht meist aus Röhricht oder einer nitrophi len Hochstau- denflur. Sie beherbergt eine reichhaltige Wirbellosenfauna (Insekten, Spinnen, Mollusken). In Schleswig-Hostein sind z. B. in der Bachröhricht- und Mädesüßflur mehr als 3000 Tierarten registriert worden. Die Uferzone ist aber auch für eine Reihe von terrestrischen Tierarten Brut-, Schutz-, Nahrungs- und Überwinterungsraum. Vor allem in der ausge- räumten Feld- und Wiesenflur bietet die Vegetation der Grabenränder oft die letzte Zu- fluchtsstätte (Deckung für Niederwild, Winternahrung für Zug- und Strichvögel, nektar- reiche Blütenfluren für Insekten). Eine Mahd der Ufervegetation sollte daher, wo immer möglich, nur alle 3 - 5 Jahre erfolgen, um vor allem das Aufkommen von Gehölzen zu begrenzen und nur abschnittsweise bzw. einseitig vorgenommen werden. Einer ökologischen Unbedenklichkeitserklärung für eine regelmäßige Herbstmahd, wie sie die DVWK-Richtlinie 204 1) uneingeschränkt vorsieht, kann nicht zugestimmt werden. Zum einen berücksichtigt sie nicht das Winternahrungsan- gebot an Sämereien für die Vogelwelt, und zum anderen wird beispielsweise die Hibernal- fauna der Halme übersehen: Pflanzenstengel sind für eine Reihe von z.T. seltenen Klein- tieren (Insekten, Spinnen) artspezifische Überwinterungsplätze. Eine regelmäßige Herbst- mahd kann bei solchen Populationen das lokale Aussterben bewi rken. In jedem Fall soll das Mähgut aus dem Grabenbereich entfernt werden,um die Nährstoffanreicherung in Grenzen zu halten. 7. An geeigneten Abschnitten können Gehölzanpflanzungen ökologisch günstige Auswir- kungen an Gräben erzielen und zu einer Belebung des Landschaftsbildes beitragen. Neben der Ufersicherung ist dabei vor allem an die Beschattung zu denken. Sie führt zu einem ausgeglichenen Wärmehaushalt des Wassers und reduziert die Verkrautung. Ob und in welchem Ausmaß Anpflanzungen sinnvoll sind, muß jedoch von den gegebenen örtlichen Bedingungen abhängig gemacht werden. Schützenswerte Bestände krautiger Pflanzen sind zu berücksichtigen. Der weiträumigste Charakter von Feuchtgrünländereien ist zu erhalten, da viele Wiesenvögel empfindlich auf Horizontüberhöhungen durch Baumzeilen reagieren. Ein weites Sichtfeld ist für Bodenbrüter (z. B. Brachvogel) unerläßlich. Einzel- gehölze werden jedoch i. a. toleriert und sind als zusätzliche vertikale Strukturelemente für eine Reihe weiterer Arten förderlich (Ansitz- bzw. Singwarte z. B. für Braunkehlchen, Grauammer). 8. Ziel aller Maßnahmen zur Verbesserung der ökologischen Situation an Gräben ist die Beseitigung der einseitigen Lebensbedingungen und die Schaffung einer Vielfalt von Standortfaktoren und Kleinhabitaten. Da dabei die naturräumliche und morphologische Individualität jedes Grabensystems zu berücksischtigen ist, müssen die hier dargestellten Leitgedanken den örtlichen Gegebenheiten angepaßt werden. Hierzu scheinen Unterhaltungspläne, die zwischen allen Interessengruppen abgestimmt werden müssen, ein geeignetes Mittel zu sein. Die vorgeschlagenen Maßnahmen für ein ökologisch ausgerichtetes Grabensystem und dessen Unterhaltung stehen sicherlich in einem gewissen Gegensatz zur Schematisierung und Mechanisierung der Grabenunter- haltung in den rationell zu bearbeitenden landwirtschaftlichen Nutzflächen.Dafür erlauben sie aber auch die Erhaltung und Wiederansiedlung einer naturnahen Gewässerbiozönose und verbessern den Erlebnis- und Erholungswert der Landschaft.
1) DVWK= Deutscher Verband für Wasserwirtschaft und Kulturbau. 119 Literatur
BLAB, J. (1984): Grundlagen des Biotopschutzes für Tiere; Kilda-Verlag, Greven.
Deutscher Verband für Wasserwirtschaft und Kulturbau (1984): Ökologische Aspekte bei Ausbau und Unterhaltung von Fließgewässern.Verlag Paul Parey, Hamburg. GARMS, R. (1961): Biozönotische Untersuchungen an Entwässerungsgräben in Fluß- marschen des Elbe-Aestuars. Arch. Hydrobiol./Suppl. 26: 344 - 462.
KLUGE, H.-H. (1984): Lebensbedingungen für limnische Wirbellose (Invertebrata) in unter- schiedlich ausgebauten Entwässerungsgräben. Natur und Landschaft 59: 400 - 406.
Anschrift des Verfassers: Dr. KARL-ULRICH STÖRKEL, Am Großen Berge 24, 6000 Frankfurt am Main 50
Neue Literatur
JEDICKE, E. (1986): Blumenwiese oder Rasen? - Anlage und Pflege -. 80S., 25 Farbfotos, 36 Zeichnungen, Kosmos-Florarium in Farbe, Franckh-Kosmos Verlasgsgruppe Stuttgart.
Bis vor wenigen Jahren war es üblich, im eigenen Garten einen gepflegten Rasen, möglichst nach „englischem Vorbild" anzulegen. Von seiten des Gesetzgebers war ein Gartenbesitzer sogar angehalten, seine Rasenfläche so zu halten, daß der Flug von „Unkrautsämereien" auf Nachbargrundstücke verhindert werden mußte. Zwischenzeitlich wurde nicht nur dieser unsinnige und unökologoische Zopf angeschnitten, sondern viele Gartenbesitzer bemühen sich darum, eine Blumenwiese anzulegen. Hierzu Anleitung und Hinweise zur Pflege solcher Flächen zu geben, ist der hauptsächliche Sinn dieses Buches. Sehr anschaulich wird darge- legt,wie Blumenwiesen und entsprechende Rasenflächen angelegt, behandelt und langfristig zu pflegen sind. Auch wird ein Kapitel dem „öffentlichen" Grün in Städten und Dörfern gewidmet. Am Schluß des Buches werden Boden-Untersuchungsanstalten und die weiterfüh- rende Literatur genannt. Der Text wird durch eine umfangreiche Illustration vertieft. Das preis- werte Buch kann jedem Gartenbesitzer empfohlen werden. W. KEIL 120 Zeitschrift fürVogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 4: 121-122 (1986)
Ackerrandstreifenprogramm erfolgreich in Hessen angelaufen von KARIN SCHREINER, Wetzlar
Mehr als 400 km Ackerrandstreifen mit einer Fläche von etwa 180 ha konnten hessenweit, nach Angaben des Deutschen Bundes für Vogelschutz - Landesverband Hessen -, bereits in diesem Jahr durch das Schutzprogramm, auch Aktion Kornblume genannt, erfaßt werden. Mit über 500 Landwirten wurden Verträge abgeschlossen. In vielen Gemarkungen Hessens konnten sich die standorttypischen Ackerbegleitpflanzen auf den 3 bis 5 m breiten Schonstreifen entwickeln. Die bunten Farbtupfer von Klatschmohn, Kornblumen und Kamillen tragen zur Belebung und Bereicherung unserer Kulturlandschaft bei. Die Ackerrandstreifen werden wie die restliche Feldfläche in der üblichen Weise bewirt- schaftet, bleiben aber frei von Pflanzenbehandlungsmitteln. Nicht nur häufigere Wildkräuter, sondern auch seltenere und bestandsbedrohte Arten wie Acker-Löwenmaul, Acker-Rittersporn und Lämmersalat konnten blühen und fruchten. Von den ca. 280 Ackerbegleitpflanzen sind bereits 14 Arten verschollen und mehr als 70 Arten sind vom Aussterben bedroht oder gefährdet. Bereits im ersten Jahr der Durchführung stellten sich auf den meisten Flächen artenreiche Lebensgemeinschaften ein. Eine Vielzahl von Tieren, insbesondere Insekten und das Rebhuhn profitieren von dem deutlich größeren Angebot an wildwachsenden Feldpflanzen. Landwirte helfen damit bedrohten Pflanzen und Tieren. Ein schöner,vielversprechenderErfolg, der durch die Zusammenarbeit von Landwirtschaft und Naturschutz entsteht. Der Samenvorrat, der in den Böden unserer Äcker noch vorhanden ist, bildet den Ausgangs- punkt für das Artenspektrum, das auf den ungespritzten Randstreifen zur Entwicklung kommt. Die unbehandelten mit Wildkräutern bestandenen Schonstreifen setzen sich fast geradlinig von der restlichen Ackerfläche ab. Mehrjähgrige Erfahrungen von SCHUMACHER (1984) aus Nordrhein-Westfalen zeigen, daß Ackerwildkräuter im Rahmen der heute üblichen Bewirtschaftung auf ungespritzen Feld- rändern erhalten werden können. Es zeigt sich, daß eine stärkere Verunkrautung der angren- zenden Flächen nicht auftritt, da die Unkräuter im Feldbestand ohnehin bekämpft werden. Ein höherer Einsatz von Herbiziden sei dabei nicht nötig. Das Ackerrandstreifenprogramm kann auf allen Kulturen, nicht nur im Getreide, auch auf Hackfrucht oder Raps, durchgeführt werden. Fruchtwahl und Fruchtfolge bleiben dem Land- wirt überlassen. Evtl. kann der Landwirt auch in dem Jahr, in dem Hackfrucht angebaut wird, seinen Acker aus dem Programm nehmen. Die Ackerränder können dann wie der gesamte Schlag bewirtschaftet und behandelt werden. Die charakteristischen Getreidewildkräuter z.B. Kornblume, Klatschmohn, Acker-Rittersporn werden dadurch nicht in ihrem Bestand gefährdet, da sich diese Pflanzen im Hackfruchtjahr im allgemeinen nicht entwickeln. In Hackfruchtkulturen treten andere Ackerbegleitpflanzen auf. Dies ist jedem Landwirt, der den Besatz an wildwachsenden Pflanzen in seinen Feldern beobachtet, bekannt. Wird im Rahmen der Fruchtfolge der Acker wieder als Getreideschlag genutzt, kann das Ackerrandstreifen- programm erneut greifen. Die typischen Getreidewildkräuter werden auflaufen und gedeihen. Der Landwirt erhält vom Land für entstehenden Minderertrag und Ernteerschwernisse einen Ausgleich von 9 Pfennig pro m2. 121 Die meisten Landwirte werden sich im kommenden Jahr wieder beim Ackerrandstreifen- programm beteiligen. Zahlreiche Landwirte werden zusätzlich neu in das Programm ein- steigen.
Die Zielsetzung: Erhaltung und Förderung der Ackerlebensgemeinschaften kann nur erreicht werden,wenn das Programm,wie in anderen Bundesländern auch, langf ristig auf den gleichen Flächen durchgeführt wird. Möglichst bald sollten in allen Gemarkungen Hessens ungespritzte Ackerränder für unsere Flora und Fauna entstehen. Landwirte, die sich für das Programm interessieren, können sich an den Deutschen Bund für Vogelschutz, Friedenstraße 25, 6330 Wetzlar, wenden.
Literatur
SCHREINER, K. (1986): Ackerlebensgemeinschaften - Ackerrandstreifenprogramm des DBV- Landesverband Hessen. Natursch. heute, H.1: 16.
SCHUMACHER,W. (1984): Gefährdete Ackerwildkräuter können auf ungespritzten Feld- rändern erhalten werden. LÖLF-Mitt. 9: 14 - 20.
Anschrift der Verfasserin: Dipl.-Biologin KARIN SCHREINER Deutscher Bund für Vogelschutz Landesverband Hessen e.V., Friedenstraße 25, 6330 Wetzlar
Neue Literatur
BURTON, R. (1985): Das Leben der Vögel.- 244 S., 572 Farbfotos,17Zeichn.,Franckh-Kosmos Verlagsgruppe Stuttgart. Wer Vögel beobachtet wird schnell feststellen, daß es sehr interessant und lehrreich ist, das Verhalten zu ergründen. Gerade die Verhaltensweisen lassen Rückschlüsse auf die Biologie der betreffenden Vogelart zu. So gibt es während der Balz ebenso bestimmte Abläufe, wie während des Brutgeschäftes. Die Fütterung derJungen zeigt ebenfalls entsprechende Verhal- tensweisen. Selbst ins Winterquartier ziehende Vogelschwärme haben ihre Gesetzmäßig- keiten. Das vorliegende Buch veranschaulicht in sehr ansprechender Weise eine Reihe von Verhaltensarten im Jahresablauf unserer Vögel. So wird zunächst erklärt, wie man das Vogel- verhalten verstehen lernen kann. Dem Vogelflug, dem Sehen, Hören, Tasten, Fühlen, der Nahrungssuche, der Lebensweise,derVogelsprache,dem Miteinander,Werbung und Paarung, Brutbiologie und dem Vogelzug werden entsprechende Kapitel gewidmet. Eine exzellente Auswahl von Farbfotos und Zeichnungen ergänzen den Text. Das Buch ist nicht nur für den Ornithologen eine lesenswerte Lektüre. W. KEIL 122 Kleine Mitteilungen
Beobachtungen zum Bruterfolg eines Haubentaucher-Bestandes 1985 auf künstlich angelegten Wasserbecken.
Einleitung In dem Beobachtungsgebiet zwischen Wiesbaden-Schierstein und Walluf, Ortsteil Nieder- walluf, welches der Wasserversorgung der Stadt Wiesbaden dient, liegen sechs Wasser- becken mit einer Gesamtgröße von 11,15 ha Wasserfläche. Die Beckenränder aus gesetzten Steinen haben einen Böschungswinkel von 35 - 40°, auf denen sich im Laufe der Jahre ein Vegetationsgürtel von unterschiedlicher Dichte und Ausdehnung gebildet hat. Die Wassertiefe beträgt 1,50 - 3,00 m, Flachwasserzonen sind nicht vorhanden.
Der Fischbesatz besteht aus Karpfen, Rotauge, Schleie, Aal, Barsch, Hecht und Zander. Die diesjährige Abfischung der beiden „3 er Becken" ergab an Raubfischen fünf Hechte mit durch- schnittlichem Gewicht von 3,5 kg und elf Zander mit durchschnittlichem Gewicht von 2,5 kg.
Im Gebiet werden seit 1947 brütende Haubentaucher beobachtet und zwar: 1947 -1957: 2 - 4 Brutpaare 1958 -1961: 4 - 8 Brutpaare (Neuanlage von zwei zusätzlichen Becken mit 3,05 ha Wasserfläche, NEUBAUR 1962) In den Jahren 1962 -1967 wurde die Anzahl der Brutpaare genauer notiert, über die Anzahl der Jungen wird nichts berichtet (NEUBAUR, DÄSEM &ZINGEL 1968). 1962: 9 Brutpaare 1963: 7 Brutpaare 1964: 5 Brutpaare 1965: 6 Brutpaare + 1 Zweitbrut 1966: 7 Brutpaare 1967: 7 Brutpaare + 1 Zweitbrut Ab dem Jahr 1977 sind von verschiedenen Beobachtern folgende Brutpaar-Zahlen mündlich angegeben worden: 1977: 8 Brutpaare 1978: 10 Brutpaare 1979: 9 Brutpaare 1980: 6 Brutpaare + 1 Zweitbrut 1981: 7 Brutpaare 1983: 9 Brutpaare 1984: 7 Brutpaare 1985: 8 Brutpaare, Nichtbrüter waren nicht anwesend.
Untersuchungsziel Das abgeschlossene und gut überschaubare Gebiet erscheint recht geeignet für planmäßige Beobachtungen zum Bruterfolg. 1985 wurde erstmals die Anzahl der Jungtiere vom frühest- möglichen Zeitpunkt an ermittelt und weiter verfolgt bis zum „Verschwinden" der Jungen. Bislang waren nur Gelegenheitsbeobachtungen von ad. Haubentauchern mit pulli mündlich erwähnt worden. Die genaue Reproduktionsrate - abzüglich der Mortalitätsrate der „nicht 123 flüggen" Jungvögel - war nie festgestellt worden. Da die Flugfähigkeit erst in der 10. bis 12. Lebenswoche erreicht wird, können nur Bruten mit Jungvögeln, die dieses Alter erreicht haben, als erfolgreich gewertet werden.
Ergebnis
Bei den acht Brutpaaren im Jahr 1985 sind insgesamt 14 Jungvögel ermittelt worden. Fünf pulli verschwanden, bevor sie das Alter von drei Wochen erreicht hatten, fünf Jungvögel verschwanden im Alter von 7 - 8 Wochen. Vier Junge sind bis zur 10., 11., 12. und sogar 15. Lebenswoche auf den Becken geblieben. Bei den in der 10. und 11. Lebenswoche verschwun- denen wurde ein „Wegbeißen" durch die Eltern beobachtet, die beiden länger verweilenden Jungtiere fielen durch besondere „Harmonie" mit den Elterntieren auf. Es ergibt sich ein Brut- erfolg von 0,5 Junge pro Brutpaar. Dabei hat ein Brutpaar zwei Junge großgezogen, ein Brut- paar ist ohne Bruterfolg geblieben. Die Reproduktionsrate von 0,5 Junge/Brutpaar muß als sehr gering angesehen werden. In der Zusammenstellung von VLUG (1983) über den durch- schnittlichen Bruterfolg in verschiedenen europoäischen Gebieten gibt es allerdings noch geringere Jungenzahlen; so bei einer dreijährigen Beobachtung (1975-1977) am Genfer See mit 0,2 Junge/Brutpaar, am Pfäffikersee (1974-1977) nur 0,05 Junge/Brutpaar. Eine Unter- suchung in Schottland (SMITH 1974) erbrachte 0,5 Junge/Brutpaar.
Dem gegenüber stehen höhere Durchschnittszahlen vom Prespasee/Jugoslawien (1970) von 2,06 Junge/Brutpaar und aus Belgien (SUETENS 1960) mit 2,33 Junge/Brutpaar. Allerdings wird nie mitgeteilt welches Alter die Jungen bei der Erfassung hatten.
Mögliche Todesursachen Raubfische : Beobachtet wurde das Verschlingen kleiner Stockentenküken durch Hechte. Dem dürften auch junge Haubentaucher zum Opfer fallen. HARRISON und HOLLOM (1932) erwähnen auch Aale. Rabenkrähe, Elster : Beide brüten im und am Gelände und werden als Eierräuber vermutet. Grau re iher: Während des Frühjahrs und Sommers sind 10 -15 Ex. im Gelände anwesend. Beobachtet wurde, daß ein im Strauch über dem Haubentauchernest sitzender Graureiher dieses mit lang ausgestrecktem Hals zu erreichen versuchte. Die Nestbesitzer drohten, aus dem Wasser schnellend, mit gestreckten Hälsen. Bleßralle: In zwei Fällen wurde eine Bleßralle auf einem Haubentauchernest beobachtet, die in den zerstörten Eiern stocherte. Ob sie als „Täter" in Frage kommt, muß offen bleiben. Die Zerstörung von Haubentaucher-Gelegen durch Bleßrallen wird von GÖTTSCHI (1955), BORRMANN (1969) und HARRISON und HOLLOM (1932; p. 177- 178) beschrieben. Ratten : Sie werden als Eiräuber vermutet (NEUBAUR 1962). Unterkühlung: Unterkühlung als Todesursache der Pulli wird von mehreren Autoren angenommen (MELDE 1973, WOBUS 1964 a, ONNO 1966). Nahrungsmangel: Dies trifft wohl vor allem auf die älteren, 7 -8 Wochen alten, Jungtiere zu (VLUG briefl.).
Zu danken habe ich den Stadtwerken Wiesbaden, insbesondere Herrn F. DEUTER, der mir die Genehmigung zum Betreten des Geländes erteilte, und Herrn R. LEBOLD, der die Beobach- tungen in meiner Abwesenheit fortsetzte. 124 Literatur
BAUER, K. & U. N. GLUTZ VON BLOTZHEIM: Handbuch der Vögel Mitteleuropas; Band 1. Wiesbaden 1966; S. 94 -117.
BERNDT, R. K. & D. DRENCKHAHN: Die Vogelwelt Schleswig-Holsteins; Band 1. Kiel 1974; S. 68 - 88.
BORRMANN, K. (1969): Rothalstauchergelege vom Bleßhuhn geplündert. Der Falke 16: 211.
CRAMP, S. & K. E. L. SIMMONS: Handbook of the Birds of Europe, the Middle East and North Africa. Vol. 1; Oxford 1977 p.78 - 89.
GÖTTSCHI, F. (1955): Vögel der Heimat, 25: 116 -118.
HARRISSON, T. H. & P. A. D. HOLLOM (1932): The Great Crested Grebe Enquiry. Brit. Birds 26: 62 -92,102 -131,142 -155,174-195, 286-291.
MELDE, M.: Der Haubentaucher. Die Neue Brehm-Bücherei. Wittenberg-Lutherstadt 1973.
NEUBAUR, F., W. DÄSEM & D. ZINGEL (1968): Nachträge zur Vogelfauna des Gebietes zwischen Wiesbaden-Schierstein und Niederwalluf. Jahrbuch Nass. Ver. Naturkunde 99: 133 -152. NEUBAUR, F., R. PETERSEN & 0.v. HELVERSEN (1962): Vogelfauna eines kleinen Gebietes bei Schierstein und Niederwalluf im Rheingau. Jahrbuch Nass. Ver. Naturkunde 99: 60 - 95. ONNO, S. (1966): Zur vergleichenden Ökologie der paläarktischen Taucherarten. Der Falke 13: 220 - 226. SMITH 1974 in J. J.VLUG 1983
SUETENS 1960 in J. J.VLUG 1983.
VLUG, J. J. (1983): De Fuut (Podiceps cristatus). Wetenschappelijke mededelingen k. N. N. V. nr. 160, Hoogwoud. WOBUS, U.: Der Rothalstaucher. Die Neue Brehm-Bücherei. Wittenberg-Lutherstadt 1964 a.
WOBUS, U. (1964 b): Zur Biologie von Haubentaucher und Rothalstaucher und ihrerVerbrei- tung im Kreis Niesky/Oberlausitz. Abh. und Ber. Naturk. Museum Görlitz 39: 1-16.
Anschrift der Verfasserin: LILO MALLACH, Rheingaustraße 111 A, 6200 Wiesbaden
125 Schlafplatzflüge überwinternder Krähen/Dohlenschwärme (Corvidae) im Raum Wiesbaden-Biebrich und Mombacher Ufer, Budenheim
1. Beschreibung der Örtlichkeit und Tradition Der winterliche Schlafplatz, der in den Monaten Oktober bis Februar seit Jahrzehnten benutzt wurde, lag bis 1976 auf der Ostspitze der „Rettbergsaue" (NSG). Durch häufige abendliche Jagden auf Ringeltauben, die ihren Schlafplatz ebenfalls auf der Rettbergsaue haben,wurden die Corviden von der Ostspitze der Insel vertrieben und schlafen seit 1977 auf der Westspitze der Rettbergsaue bzw. am direkt gegenüber liegenden ca. 75 m entfernten Mombacher Ufer (Rheinland-Pfalz). Mitunter werden beide Uferseiten benutzt; das Mombacher Ufer beherbergt aber die größere Anzahl. Der Schlafplatz liegt direkt zwischen den Deponien Mainz- Budenheim und der Wiesbadener Deponie im Dyckerhoff-Bruch.
2. Fluggeschehen Die Mehrzahl der Tiere kommt zum abendlichen Schlafplatzflug aus der Richtung Dyckerhoff- Bruch. Beliebte Hauptsammelplätze von aus dieser Richtung anfliegenden Tieren sind: Biebricher Schloßpark und das Industriegebiet Parkfeld/Biebrich. In kleinen Gruppen erfolgt hierher auch ein Anflug aus Rheinland-Pfalz. Für die meisten auf der Mainzer Deponie fressenden Saatkrähen ist der nachmittägliche Sammelplatz: die Hochspannungsleitung über dem Rhein, ufernahe Bäume am Ostrand des Budenheimer Industriegebietes und das Wasserwerksgelände Wiesbaden-Schierstein. Bei bestimmten Wetterlagen kann auch ein Überflug vom Dyckerhoff-Bruch in größerer Höhe direkt bis zu Bäumen im südlichen Schiersteiner Hafenbereich erfolgen. Hierbei wird z.T. über dem Rhein geflogen, die Flughöhe dürfte 80 -150 m betragen. Hohes Kreisen über dem Rhein bzw. über ufernahen Bereichen ist meist bei sehr klarem, nicht kaltem Wetter ab Februar zu beobachten. Die Hauptsammelplätze werden häufig gewechselt, was auf mutwillige (Biebricher Schloßpark) und unbeabsichtigte (Industriegebiet Parkfeld) Störung zurückzuführen sein dürfte. Mitunter sammelt sich auch ein Teil der Tiere im Schloßpark, ein anderer Teil im Industriegebiet. Der Zuflug zum Schlafplatz erfolgt dann nacheinander. Die Bäume des Schlafplatzes werden nie sofort aufgesucht, sondern es gibt ein fünfzehn bis zwanzigminütiges Kreisen, Sichsetzen (auch auf anderen Bäumen, den Lahnungen im Rhein, auf Gebäuden) Wiederauffliegen ehe der eigentliche Schlafplatz mit seinen Bäumen aufgesucht wird. Dies geschieht bei völliger Dunkelheit. Das Kreisen vor dem Aufsuchen der Schlafbäume geschieht über dem Rhein, recht niedrig, zwischen der Schiersteiner Brücke und der Wallufer Bucht.
3. Uhrzeit des abendlichen Fluggeschehens Der Überflug von den Hauptsammelplätzen in die Region des Schlafplatzkreisens er- folgt z. B. 7. Dezember 16.00 - 16.30 Uhr, 22. Dezember 17.00 Uhr, 21. Januar 17.30 Uhr, 2. Februar 17.15 Uhr.
Abhängigkeiten von der jeweiligen Tageswetterlage (klarer sonniger Tag, sehr bedeckt und dunkel) sind vorhanden. Der Zuflug zu den Hauptsammelplätzen erfolgt ab 2 Stunden vor dem Abflug zum Schlafplatz, also ab 15.00 Uhr, 15.30 Uhr. Gegen 16.00 Uhr ist der Zuflug ganz massiv. Die hauptsächlichen Flugbewegungen der Krähenschwärme am Nachmittag/ Abend über dem Rhein und angrenzenden Uferbereichen liegen maximal zwischen 16.00 - 18.00 Uhr. Dabei ist die Flughöhe abhängig vom Wetter. 126
Am Schlafplatz „Eilenriede" bei Hannover ermittelte SCHRAMM (1971) als Einfallswert von November bis März 0,05 Lux, mit leichter Erhöhung des Wertes im Januar auf 0,1 Lux, der aber im Verlauf des Februar wieder geringer wurde. Es ist anzunehmen, daß diese Werte auch für Wiesbaden gelten.Zu beachten ist allerdings, daß im dicht besiedelten Rheintal mit z.T.nachts arbeitenden Industrien direkt am Flußuferdie Lichtwerte durch künstliche Lichtquellen anders sind. (1 Lux = 10,76 4 Footcandle fc).
Überwinterungszahlen (eine Auswahl):
1978: 12.Januar ca. 9 500 Exemplare 1983: 23.Januar ca. 13 000 Exemplare 1979: 15.Januar ca. 15 000 Exemplare 26. November ca. 11 000 Exemplare 25. November ca. 8000 Exemplare 1984: 5.Februar ca. 11 000 Exemplare 1980: 25.Februar ca. 8000 Exemplare 24. November ca. 5 000 Exemplare 16. Dezember ca. 9 000 Exemplare 17. Dezember ca. 9-10000 Exemplare 1981: 11.Januar ca. 15000 Exemplare 1985: 23.Januar ca. 12 000 Exemplare 9.Februar ca. 12000 Exemplare 8. März ca. 5 700 Exemplare 31. Dezember ca. 8-10000 Exemplare 7. Dezember ca. 9 000 Exemplare 1982: 17.Januar ca. 10000 Exemplare 1986: 21.Januar ca. 6 000 Exemplare 8. Februar ca.10 -12 000 Exemplare 13. Februar ca. 10 900 Exemplare 11.Dezember ca. 6- 8000 Exemplare (seit ca. 10 Tagen sehr kalt!) Ein Schlafplatz an der Weisenauer Brücke bei Gustavsburg umfaßte am 21. Januar 1985 3000 - 5000 Exemplare und am 2 2.Januar 1986 4500 - 5 000 Exemplare.
Literatur
SCHRAMM, A. (1971): Krähen und Dohlen als Wintergäste im Raum Hannover und ihr Schlaf- platz in der Eilenriede. Beih. Ber. Naturh. Ges. Hannover 7: 213 - 227.
Anschrift der Verfasserin: LILO MALLACH, Rheingaustraße 111 a, 6200 Wiesbaden
127 Zeitschriftenschau von KURT MÖBUS, Frankfurt am Main
1. Berichte aus den Arbeitskreisen der „GNOR" Arbeitskreis Rheinhessen Heft 2 (1979):
BITZ, A.: Verbreitung der Brutvogelarten Rheinhessens 1979; S. 2 -90
Erster Zwischenbericht einer auf der Basis des 5 x 5 km-UTM-Gitternetzes durchgeführten Rasterkartierung und Bestandserfassung. Auswahl von 68 der 75 erfaßten Arten, teilweise mit Verbreitungskarten. (Anschrift: Hebbelstr. 127, 6500 Mainz-Lerchesberg)
Arbeitskreis Rheinhessen, Heft 3 (1981):
BITZ, A.: Avifaunistischer Jahresbericht Rheinhessen 1980. S.1 -117.
141 Arten werden besprochen; 40 Verbreitungskarten. U. a. wurden ein Trupp von sieben Schwarzstörchen, sieben Moorenten, 24 Paare Rohrweihen, 2 Paare Lachmöwen, mind.18 Paare Wiedehopfe,die erste Beobachtung des Nordischen Laubsängers in Rheinland-Pfalz und 57 -77 singende Blaukehlchen festgestellt. (Anschrift: Hebbelstr. 127, 6500 Mainz-Lerchesberg.)
2. Jahresberichte der Wetterauischen Gesellschaft für Naturkunde 133.-135. Jahrgang, 1983:
KLEIN, W.: Der Vogelbestand in der Brut- und Winterperiode zweier Stadtlandschafts- biotope in Hanau - 1980/81; S. 31- 58 Siedlungsdichteuntersuchungen aus der bebauten Innenstadt. Es wurden ermittelt: Gesamtbestand (Individuen und Arten), die Aufgliederung der Vögel nach ihrer Nist- und Nahrungsökologie, Bestandsveränderungen zwischen Brut- und Winterperiode, Struktur der Habitate und ihr Einfluß auf die Vogelbestände. (Anschrift: Max-Planck-Straße 9, 6450 Hanau)
3. Ornithologie und Naturschutz (1981) Westerwald, Mittelrhein, Mosel, Eifel, Ahr, Hunsrück Heft 3,1982: BRAUN, M., V. SCHÖNFELD &J. SCHWAMMBECK: Ergebnisse von Zugvogelzählungen bei Singhofen (Rhein-Lahn-Kreis) im Herbst 1980 und 1981; S.95-104 An 12 (1980) bzw. 19 Tagen (1981) wurde jeweils drei Stunden lang, beginnend kurz nach Sonnenaufgang, der sichtbare Vogelzug erfaßt. Die Ergebnisse werden nach Häufigkeit und Stetigkeit der einzelnen Arten sowie Artenzahl an den einzelnen Zähltagen aufgeschlüsselt. Der quantitative Zugablauf und die Abhängigkeit des Zuggeschehens vom Sonnenaufgang werden dargestellt. Anmerkung: Diese Zählung wurde auch in den Folgejahren durchgeführt; die Ergebnisse sind in den jeweiligen weiteren Jahresheften veröffentlicht. (Anschrift: Im Mühlbachtal 2, 5408 Nassau) 128 Heft 4,1983:
KUNZ, A.: Die Vogelwelt der Krombachtalsperre in den Jahren 1981 und 1982; S. 29-39
Ornithologischer Sammelbericht aus einem auch von hessischen Beobachtern häufig aufgesuchten Gebiet. Auf den ständigen Rückgang der Brut- und Rastbestände und die Ursachen dafür-fortlau- fende Störungen durch Surf-, Segel- und Badebetrieb - wird hingewiesen. (Anschrift: Schulstraße 1, 5238 Gehlert)
Heft 5,1984:
KUNZ, A.: Das Brutvorkommen des Braunkehlchens (Saxicola rubetra) im Westerwald; S. 45 - 52
Verbreitung und Lebenraum, Bestand und Bestandsentwicklung des Braunkehlchens in ca. 900 1-Minuten-Rastern (2,17 km') werden nach Ergebnissen einer Rasterkartierung und einer teilweisen Bestandserfassung 1981/82 beschrieben. Überlegungen zum Arten- schutz werden angeführt. (Anschrift: s. o.)
3. Naturschutz und Ornithologie in Rheinland-Pfalz
Band 2, Nr. 1 (1981):
BRAUN, M.& L. SIMON: Rote Liste der bestandsgefährdeten Vogelarten in Rheinland-Pfalz Stand 1. Januar 1981; S. 61 -70. (Anschrift: Im Mühlbachtal 2, 5408 Nassau)
HOFFMAN N, D.: Die Zwergammer (Emberiza pusilla) als Wintergast in der Pfalz; S.199 - 200. (Anschrift: Hanhoferstraße 35, 6720 Harthausen) SIMON, L.: Beiträge zur Fauna von Rheinland-Pfalz: Zum Vorkommen der Uferschwalbe (Riparia riparia) in Rheinland-Pfalz; S.130 -167. (Anschrift: Frühmeßstraße 190 g, 6741 Ilbesheim)
Band 2, Nr. 2 (1981):
GRUSCHWITZ, M.: Verbreitung und Bestandssituation der Amphibien und Reptilien in Rheinland-Pfalz; S. 298 -390. Ergebnisse einer vierjährigen Bestandsaufnahme der Herpetofauna. Jede Art wird unter den Gesichtspunkten „Rote Liste",,,Verbreitung",,,Verbreitung in Rheinland-Pfalz", „Habitat", „ Bestandssituation", „Gefährdungsfaktoren" und „Schutzmaßnahmen" abge- handelt. Die Verbreitung aller Arten wird auf Rasterkarten mit dem Grundraster TK 1 :25000 dargestellt. (Anschrift: Institut für Zoologie der Universität Bonn,An der Immenburg 1,5300 Bonn 1)
Band 2, Nr. 3 (1982)
Folgende Arbeiten erschienen alle in der Reihe „Beiträge zur Fauna von Rheinland Pfalz":
FOLZ, H.-G.: Die Heidelerche (Lullula arborea) in Rheinland-Pfalz; S. 415- 441 . (Anschrift: Waldthausenstraße 10, 6500 Mainz 21) 129 KUNZ, A.: Die Brutverbreitung des Wiesenpiepers (Anthus pratensis) in Rheinland-Pfalz; S. 442- 448.
KUNZ,A.&L. SIMON: Zum Brutvorkommen derWasseramsel (Cinclus cinclus) in Rheinland- Pfalz; S. 449 - 463. (Anschrift: Schulstraße 1, 5239 Gehlert) MEINHARDT, R., L. SIMON, & J. WALTER: Die Verbreitung der Haubenlerche (Galerida cristata) in Rheinland-Pfalz; S. 469 - 483. (Anschrift: Bahnhofstraße 26, 6740 Landau 14)
NI EHUIS, M.: Zum Vorkommen des Brachpiepers (Anthus campestris) in Rheinland-Pfalz; S. 484 - 525 (Anschrift: Im Vorderen Großthal 5, 6743 Albersweiler)
SIMON, L.: Arbeitsmaterialien zur Verbreitung der Schafstelze (Motacilla flava) in Rhein- land-Pfalz; S. 526- 535. (Anschrift: Frühmeßstraße 190 g, 6741 Ilbesheim)
Band 2, Nr. 4 (1983) BRAUN, M.& L.SIMON: Rote Liste der bestandsgefährdeten Vogelarten in Rheinland-Pfalz Stand 31. August 1983. S. 583 - 592. (Anschrift: Im Mühltal 2, 5408 Nassau) NI EHUIS, M., W. SCHNEIDER & L. SIMON: Beiträge zur Fauna von Rheinland-Pfalz: Die Ver- breitung des Schwarzkehlchens (Saxicola torquate) in Rheinland-Pfalz; S. 602 - 638. (Anschrift: Im Vorderen Großthal 5, 6734 Albersweiler)
Anschrift des Verfassers: KURT MÖBUS, Wasserweg 27, 6000 Frankfurt am Main 70
130 Neue Literatur
RADTKE, G. A. (1986): Unser Wellensittich. - 72 S., 13 Farbfotos, 34 Zeichn., Franckh-Kosmos Verlagsgruppe Stuttgart. Der Wellensittich ist derVogel Nr.1 auf der Liste der in VoliAre und Käfig gehaltenen Vogelarten. Er wird heute bei uns gezüchtet, so daß Importe aus seiner australischen Heimat nicht mehr notwendig sind. Die Züchtung dieser Vogelart geht soweit, daß bereits eine Reihe von Farb- varianten auf dem Markt sind, die mit der Farbgebung des ursprünglich freilebenden Vogels nicht mehr identisch ist. Im Untertitel wird auf den Zweck des Buches hingewiesen. So werden behandelt: Anschaffung, Eingewöhnung, Pflege, Fütterung, Vorbeugen gegen Krankheiten, Verhalten, Züchtung und „Sprechenlernen". Der Leser wird sehr anschaulich mit allen Problemen vertraut gemacht. Das Buch ist ein guter Ratgeber für jeden Wellensittichhalter. W. KEIL
KOMITEE GEGEN DEN VOGELMORD E.V. (Herausgeber): Biologie und Jagd. Heft 5/35,35.Jg. (1986) der Schriftenreihe „Praxis der Naturwissenschaften - Biologie - ". 120 Seiten, 1 Vierfarbfolie, zahlreiche Abb. und Tabellen. Aulis Verlag Deubner & Co. KG., Köln.
Die Zusammenhänge zwischen Jagd und Hege auf der einen Seite, Natur- und Umweltschutz, Tier- und Landschaftsschutz auf der anderen Seite werden in dieser, im deutschen Sprachraum bisher einzigartigen, Zusammenstellung aufgezeigt. Fachwissenschaftlich fundiert, didaktisch aufbereitet und mit Engagement vorgetragen, werden die Widersprüche zwischen Jagd und Naturschutz deutlich, die entgegengesetzten Interessen aufgedeckt. Das umfangreiche Heft (120 Seiten, 11 Unterrichtseinheiten, zahlreiche Folienvorlagen und Arbeitsblätter, I nformationstexte, Tabellen, Abbildungen und Übungsaufgaben, 1 Vierfarbfolie) ist in jahrelanger, sorgfältiger und mühsamer Kleinarbeit von namhaften Natur- und Tierschüt- zern erstellt worden. Es wendet sich an Naturschützer und Mitarbeiter von Fachbehörden, die auf fundierte Sachinformationen angewiesen sind, besonders aber an Lehrer und in der Öffentlichkeitsarbeit Tätige, die Schülern und Öffentlichkeit die Widersprüche zwischen Jagd und Naturschutz aufzeigen wollen.
Dabei werden gerade dem Biologielehrer, aber auch Lehrern anderer Disziplinen, detaillierte Unterlagen zur Beurteilung und für die unterrichtliche Darstellung der Jagd zur Verfügung gestellt, die nirgends sonst in solcher Ausführlichkeit verfügbar sind! Denn noch machen Schulbücher einen großen Bogen um das Thema Jagd! Das Heft „Biologie und Jagd" kann nicht nur allen Biologielehrern, sondern auch Natur- schützern und Ornithologen sehr empfohlen werden. K. FIEDLER
Vogel-KOSMOS-Kalender 1987: 13 farbige Bildblätter, Franckh - Kosmos-Verlagsgruppe, Stuttgart.
Der jährlich erscheinende Vogelkalender des KOSMOS ist immer wieder eine Augenweide. Die 13 Farbfotos (einschließlich Titelbild) einheimischer Vogelarten sind Meisterleistungen erstklassiger Fotografen. Ebenso positiv ist die drucktechnische Umsetzung zu bewerten. Der Kalender wird das ganze Jahr viel Freude bereiten. W. KEIL 131 SCHERZI NG ER, W. (1986): „Die Vogelwelt der Urwaldreservate im Inneren Bayerischen Wald". Wiss. Schriftenreihe National park Bayer. Wald, Heft 12. Herausgeber: Bayer. Staatsmini- sterium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten.188 S., 29 SW-Fotos, 91 Abb.; 1 Farb- foto am Titel. Bezug NPV D - 8352 Grafenau.
„Urwälder" gibt es auf Restflächen auch noch mitten in Europa. Sie unterscheiden sich in wesentlichen Merkmalen von bewirtschafteten Wäldern. Vögel reagieren empfindlich auf Veränderungen ihres Lebensraumes. Im Wald trifft dies vor allem für Höhlenbrüter und Arten zu, die an Alt- oder Totholz gebunden sind.
An Hand einer qualitativen und quantitativen Erhebung der Vogelarten von 5 repräsentativen Naturwald-Schutzgebieten in der Montan-bis Subalpinstufe des Inneren Bayerischen Waldes stellt die Schrift die phänologische Bestandsentwicklung von Jan./Feb. bisJuni/Juli sowie den Einfluß von Höhenlage, Exposition und Waldgesellschaft in den Kontrollflächen (insgesamt 293 ha) dar. Als Maximalbestand wurden 50 Vogelarten mit 9,6 Individuen/ha für die Fläche „Mittelsteighütte" (46 ha) erhoben.
Mit Hilfe einer Feinrasterkartierung (50 x 50 m Raster) konnte ein möglichst genauer Bezug zwischen Artenvielfalt, Siedlungsdichte (bzw. Biomassengewicht) und den ökologischen Parametern des Standortes hergestellt werden. Deutlich wird hier die hervorragende Bedeu- tung des alten, I ückigen Bergmischwaldes herausgestel lt. Als indikatorisch für die Naturwald- situation ist ein hoher Artenanteil bei Höhlenbrütern und ein geringer bei Busch-und Boden- brütern zu bemessen.
Der Nationalpark Bayerischer Wald umschließt großteils ehemalige Wirtschaftswälder. Wieweit sich seine Avifauna auf dem Weg zurück zum „Urwald" verändern und an Naturnähe gewinnen wird, kann auf Grund derVergleichsdaten aus den Urwaldprobeflächen -spekulativ - abgeleitet werden. In einer Gesamtartenliste sind 63 aktuelle Brutvogelarten des Waldes 80 potentiellen gegenübergestellt. Im Kapitel „Besprechung einzelner Vogelarten" werden historische Angaben überVerbreitung und Status mit den aktuellen Trends verglichen und die Biotoppräferenzen anhand der Urwalddaten skizziert. Miteinbezogen sind örtlich ausgestor- bene Arten und Überlegungen zu deren Wiederansiedlung im Gebiet.
Unsere heutigen Wälder sind seit Jahrhunderten vom Menschen beeinflußt und in ihrer Entwicklung gelenkt. Da unsere Kenntnisse von Tier- und Pflanzengemeinschaften aus den Verhältnissen im Kulturwald abgeleitet wurden,fehlt bei Diskussionen über natürliche Besied- lung und Artenschutz im Wald meist der Vergleich mit dem Naturwald. Diese Lücke will diese Schrift für den Bergmischwald im Mittelgebirgsbereich schließen helfen. Sie richtet sich somit an Faunisten, Ökologen, Forstleute und alle an der Vogelwelt des Bayerischen Waldes interes- sierten Besucher. K. FIEDLER
132
Band 4, Heft 3: 133-188 Zeitschrift Wiesbaden, Dezember 1986 für Vogelkunde (ausgeliefert im März 1987) und Naturschu in Hessen
ISSN 0173-0266
Herausgeber: Der Hessische Minister für Umwelt und Energie - Oberste Naturschutzbehörde - Inhaltsverzeichnis
Berichte Seite
A. ENSGRABER: Hessens neue Naturschutzgebiete (15) 135
J.W. BRAUNEIS: Artkapitel „Waldschnepfe" der neuen „Avifauna von Hessen 153
F. EMDE: Nisthilfen für den Eisvogel (Alcedo atthis) 161
Kleine Mitteilungen
K. FIEDLER: Bemerkenswerte Brutzeitbeobachtungen in Hessen 1986 165
K. MÖBUS: In Schweden beringte Streifengänse (Anser indicus) überwintern in Frankfurt/Main 174
ARBEITSGEMEINSCHAFT DER DEUTSCHEN VOGELSCHUTZWARTEN: Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Vogelschutz- warten zum Problem des Aussetzens von Weißstörchen 175
G. RHEINWALD: Presseerklärung der Deutschen Sektion des Internationalen Rates für Vogelschutz e.V. (DS/IRV) 179
W. KEIL: Richtigstellung zu: Festschrift „Der Wanderfalke in Baden-Württemberg - gerettet!" 180
H.-J. KRIEG: Berichtigung zu „Das Naturschutzgebiet Röhrig von Rodenbach" (Main-Kinzig-Kreis) 180
Aktuelle Mitteilung der Redaktion
Birkenzeisig- (Carduelis flammea)- Invasion in Hessen 181
Persönliches
K.-H. BERCK: Erinnerungen an LUDWIG GEBHARDT 182
W. KEIL: In memoriam OTTO VÖLKER (1907-1986) 185
Neue Literatur 160, 186 -188
Vorankündigung: Atlas der Brutvögel Luxemburgs 181 134 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 4: 135-152 (1986)
Hessens neue Naturschutzgebiete (15) von ALBRECHT ENSGRABER, Wiesbaden
NSG „Brömster bei Darmstadt-Eberstadt" (Stadt Darmstadt)
VO vom 19. Dezember 1984 (StAnz. S.63); in Kraft getreten: 8.Januar 1985
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - die zur Unterhaltung und Instandsetzung der Böschung zur Bundesstraße 426 notwendigen Arbeiten.
Das etwa 9,6 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Bergstraße,Eberstädter Becken" am Westhang des Langenberges, an dem die Bergstraße ausläuft, es liegt zwischen 160 und 200 m über NN. Es handelt sich um einen östlichen Ausläufer des Darmstädter Flugsand- gebietes. Auf etwa einem Viertel der Fläche ist der Sand noch bis zur Oberfläche kalkhaltig bis kalkreich und zwar in einem nordwestlichen Bereich angrenzend an die B 426 und in einem zentralen Bereich. Hier findet sich als seltene und für das Gebiet bezeichnende Vegetations- einheit der Graslilien- (Antherium ramosum-) Kiefernwald mit (den Rote-Liste-Arten) Sand- Thymian (Thymus serpyllum), Berg-Heilwurz (Seseli libanotis),Berg-Haarstrang (Peucedanum oreoselinum), Sand-Veilchen (Viola rupestris), Sand-Strohblume (Helichrysum arenarium), Einblütiges Wintergrün (Moneses uniflora), Echte Mondraute (Bottychium lunaria), Kleiner Schneckenklee (Medicago minima), Vogelfußsegge (Carex ornithopoda), Steppen-Fenchel (Seseli annuum), Schopfkreuzblümchen (Polygala comosa) u. a. Der größte Teil der Fläche ist durch oberflächlich völlig entkalkte Sande ausgezeichnet. Hier befinden sich mehr oder weniger laubholzfreie Moos-Kiefernwälder, die u. a. wegen ihrer Arthropoden-Fauna von Bedeutung sind.
Der Sandstandort zusammen mit dem leicht „kontinental" getönten Klima führten dazu, daß hier Kiefern-Reinbestände das Schutzziel darstellen. Der Buchen- und Ahorn-Unterbau soll zumindest im Bereich der Kalksand-Flächen, soweit vorhanden, entfernt werden.
Wegen des Baues der Eberstädter Südostunngehung (B426),welche die Nordwestgrenze des Naturschutzgebietes darstellt, sind in diesem Bereich Abböschungen und Abholzungen vorgenommen worden, wodurch besonders südlich des großen Steinbruches auch große Bereiche des Graslilien - Kiefernwaldes betroffen wurden und die Areale einiger der wert- vollsten Pflanzenarten teilweise derart eingeengt wurden, daß das Überleben ihrer dortigen Populationen fraglich ist. Ausgleichsmaßnahmen sind vorgesehen.
NSG „Die kleine Qualle von Hergershausen" (Kreis Darmstadt-Dieburg) VO vom 13. Dezember 1984 (StAnz. S.114); in Kraft getreten: 15.Januar 1985
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - die extensive Nutzung der Grünlandflächen, die Beweidung nur auf Flurstück 116, 117,119 bis 122 (im Westen) und eine Herbstbeweidung auf den übrigen Flächen, soweit dabei nur Elektrozäune verwendet werden, - das Betreten der Wege auf Flurstück 93,138,139 und 160 einschließlich Fahrrad- fahren, 135 - der Betrieb der Brunnenanlage des Wasserwerkes Hergershausen im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Erlaubnis, - die Ausübung der Fischerei auf Flurstück 65 verboten: - die ackerbauliche Nutzung namentlich auch auf Flurstück 126
Das etwa 27 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Untermainebene Gersprenz- niederung". Nach der im Jahre 1940 durchgeführten Kanalisierung der Gersprenz, durch Drai- nage und Grabenvertiefungen in den 50er Jahren sowie weitgreifenden Grundwasser- absenkungen wegen Wasserentnahme zur Trinkwassergewinnung ist die ehemals reizvolle Flußniederungslandschaft mehr und mehr zu einer Ackersteppe geworden. Nachdem ein Schutzgebietskonzept im Jahre 1971 noch ca. 170 ha umfaßte, stellt die jetzt ausgewiesene Fläche das letzte zusammenhängende Wiesenareal zwischen Hergershausen und Münster dar,wo auch zuletzt noch Flurstück 126 umgebrochen wurde (s.o.). Hier befindet sich der letzte Brutplatz des Großen Brachvogels im Landkreis Darmstadt-Dieburg; als Brutvögel der Roten Liste kommen ferner Wachtelkönig, Kiebitz, Bekassine, Wiesenpieper, Schafstelze, Braun- kehldien und Grauammer vor, dazu zahlreiche Futtergäste und Durchzügler. Ungenehmigte Freizeitaktivitäten auf Flurstück 65 sollen unterbunden werden.Auf mehreren der HGON gehö- rigen Grundstücken soll das Naturschutzpotential durch geeignete Maßnahmen vermehrt werden.
NSG „Viehweide am Barstein" (Lahn-Dill-Kreis)
VO vom 19. Dezember 1984 (StAnz. S.118); in Kraft getreten: 15.Januar 1985
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - die Nutzung der Viehweide ohne Anwendung von Düngung und Pflanzen- behandlungsmitteln
Das 20,61 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Hoher Westerwald" im oberen Bereich des Aubaches. Es handelt sich um brachliegendes, mit Gehölzen durchsetztes Grün- land, das früher ebenso als Viehweide genutzt wurde. Wesentliche Teile sind quellig bzw. naß und oft kleinräumig mit trockenen Standorten vergesellschaftet, was zu einer besonderen Reichhaltigkeit der Vegetation mit mehreren Rote-Liste-Arten führt. In den Jahren 1979 bis 1981 wurden auf dieser Fläche 107Großschnnetterlingsarten, Echte Tagfalter, Dickkopftalter,Spinner und Schwärmer, Eulenartige und Spannerartige Nachtfalter beobachtet. Darunter befand sich als bemerkenswerteste Art der Violettschi Iler-Feuerfalter (Lycaena helle), eine eurasiatische Art, die in Mitteleuropa nur in vereinzelten Kolonien vorkommt.
NSG „Feuerheck bei Waldaubach" (Lahn-Dill-Kreis) VO vom 19. Dezember 1984 (StAnz. S.120); in Kraft getreten: 15.Januar 1985
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - forstliche Erhaltungs- und Hilfsmaßnahmen, die der Förderung der naturnah ausgebildeten Waldgesellschaften (Bergahorn-Eschenwald,Zahnwurz-Buchen- wald und Traubenkirschen-Erlen-Eschenwald) dienen; - der Betrieb der Wassergewinnungsanlage Waldaubach im Rahmen der wasser- rechtlichen Zulassung. 136 Auf tertiärem Basalt mit Lößauflagen weist der leichte Südosthang Staunässe und Pseudo- vergleyung auf. Die Laubholz-Bestände kommen in einem in Hessen kaum anderorts bekannten intakten Zustand vor. Die forstlichen Pflegemaßnahmen sollen lt. Verordnung ganz auf deren Erhalt gerichtet sein.
Als größte Westerwald-Rarität kommt hier der Wolfs-Eisenhut (Aconitum napellus) in einem reichlichen Bestand vor; er ist seit 1863 an diesem Standort schriftlich belegt.Auch die Karpa- ten-Birke (Betula carpatica) ist für das Westerwaldgebiet hier einmalig. DerWollige Hahnenfuß (Ranunculus lanuginosus) hat mit einigen weiteren nahegelegenen Standorten hier ein kleines disjunktes Areal. Rote Liste Arten sind hier außerdem: Entferntblütiges Rispengras (Poa remota), Scheiden-Goldstern (Gagea spatacea) und Blauer Eisenhut (Aconitum napellus var. neomontanum). Wegen des nahe südöstlich gelegenen Tiefbrunnens Waldaubach I, für den ein Wasserschutzgebiet seit 05.02.1980 bereits ausgewiesen ist, gelang eine Abstimmung wasserwirtschaftlicher und der Naturschutzbelange, ohne daß ein eigenes Raumordnungs- verfahren nötig wurde.
NSG „Bingenheimer Ried" (Wetteraukreis) VO vom 2.Januar 1985 (StAnz. S. 204); in Kraft getreten: 22.Januar 1985
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - die Grabenräumung ohne Sohlenvertiefung der im Kataster ausgewiesenen Gräben; - die Ausübung der Einzeljagd auf Haarwild in der Zeit vom 1. November bis 31. Januar
Das ca. 85 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum Wetterau, Horloffniederung, west- lich der Horloff und wird von den Gemeinden Bingenheim, Heuchelheim und Gettenau umschlossen. Im Landschaftsschutzgebiet „Auenverbund Wetterau" stellt das neue Natur- schutzgebiet nunmehr eine weitere wichtige Kernzone und das Bindeglied zwischen den Naturschutzgebieten „Am Mähried bei Staden" im Süden und „Mittlere Horloffaue" im Norden dar. Es handelt sich um eine große, sehr oft überschwemmte Wiesenfläche mit moorigem Charakter. Aus Echzell/Gettenau führt der Riedgraben durch das Gebiet zur Horloff. Er ist durch Rückstau Ursache dieser Überschwemmungen; mit einer deutlichen Verminderung seiner Abwasserbelastung ist zu rechnen. Im ganzen westlichen Bereich des Naturschutz- gebietes sind große Wiesenflächen in den letzten Jahren in Ackerland (Zuckerrüben, Mais) umgewandelt worden. Düngung und Anwendung von Pflanzenbehandlungsmitteln ist auch für diese Flächen untersagt. Auch die Beschränkung der Jagdausübung auf Haarwild in den Wintermonaten ist in Anbetracht der Gebietsgröße beachtenswert. Das Bingenheimer Ried stellt einen überragenden Rast- und Brutplatz für 20 Entenarten,11Arten der Schnepfenvögel und 4 Rallen-Arten dar. Es rasten hier 60% aller Limikolenarten des nördlichen und mittleren Eurasiens. Im Gebiet wurden 6 Libellenarten gefunden, 6 weitere kommen wahrscheinlich vor. Von 6 vorhandenen Amphibienarten schreiten 4 im Gebiet zur Fortpflanzung. Als Vorrang- gebiet für den Abbau oberflächennaher Lagerstätten ist mit der Ausbeutung dieser Lagerstätte (Braunkohle) zu rechnen, doch der Zeitpunkt eines Abbaues noch ungewiß. 137 NSG „Das große Hörmes bei Dieburg" (Kreis Darmstadt-Dieburg) VO vom 4. Februar 1985 (StAnz. S.386); in Kraft getreten: 19. Februar 1985
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - die Ausübung der Einzeljagd auf Haarwild in derZeit vom 16.Juli bis Ende Februar auf den bewirtschafteten Grünlandflächen ohne den Bau jagdlicher Einrichtungen.
Das 13,63 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum Untermainebene - Gersprenz- niederung. Es gliedert sich in ausgedehnte Röhricht- und Seggenbestände, Naß- und Streu- wiesen sowie Teile, die als Mähwiesen genutzt werden. Der Hörmesgraben, welcher westlich zur Gersprenz fließt, bildet die Nordgrenze. Als Brutvögel kommen u. a. Bekassine, Grauammer, BraunkehIchen,Wiesenpieper und Schaf- stelze vor; von Pflanzenarten der Roten Liste wachsen hier Wollgras, Breitblättriges Knaben- kraut, Prachtnelke und Bachnelkenwurz. Das Gebiet war, besonders auch wegen der Stadtnähe, durch andersgeartete Nutzungen und Planungen arg bedrängt: Die Anlage eines ca. 1,8 ha großen Angelteiches war geplant; das Gebiet hätte infolge Flächenabnahme und unvermeidlicher Nebenwirkungen hierbei restlos zerstört werden können. Das Gebiet lag laut Regionalem Raumordnungsplan im Siedlungsgebiet-Zuwachs von Dieburg, wurde aber bei Fortschreibung des RRP aus der Siedlungsfläche herausgenommen. Durch das Gebiet verlief eine Reitstrecke des Reitclubs, welche den vorhandenen Tümpel als Wasserpassage bei Vielseitigkeitsprüfungen einschloß.Auch die Ausübung derJagd ist durch die Verordnung erheblich eingeschränkt worden.
NSG „Mosbachwiesen bei Rönshausen" (Kreis Fulda) VO vom 13. Mai 1985 (StAnz. S.972); in Kraft getreten: 28.05.1985
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - die Düngung in der Schutzzone II - die Ausübung der Fischerei in der Zeit vom 16. Juli bis Ende Februar
Das o.g. 22,15 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Westliches Rhönvorland" im oberen Fuldatal bei der Lüttermündung. Nahe unterhalb an der Fulda wurde erst wenige Monate vorher das Naturschutzgebiet „Fuldatal bei Eichenzell" ausgewiesen. Die Fulda in naturnahem Zustand und zwei Mühlbäche durchfließen das Gebiet. In der Schutzzone I befindet sich ein ausgedehntes Schilfgebiet; hier wurde kürzlich ein Flachgewässer angelegt. Das Schutzgebiet stellt eine gut erhaltene Flußauenlandschaft mit sehr gut bewachsenen Ufern dar, die u.a. Eisvogel, Wasseramsel und Gebirgsstelze beherbergt.
NSG „Hengstwiese bei Naumburg" (Kreis Kassel) VO vom 28.Juni 1985 (StAnz. S.1361); in Kraft getreten: 23. Juli 1985
Das 11,96 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Ostwaldecker Randsenken". Zwischen dem Naumburger Stadtwald und der Trasse der Kleinbahnlinie Naumburg-Kassel ist eine häufig überflutete Senke der Spolaue (der Spolebach fließt über die Elbe zur Eder) seit 138 mehreren Jahrzehnten ungenutzt geblieben und mit Naßstaudengesellschaften sowie Groß- seggenbeständen bewachsen. Im Jahre 1981wurde hier ein bis zu 3,5 m tiefer Stauteich ange- legt, der etwa in der Mitte des Naturschutzgebietes eine Fläche von etwa 2 ha einnimmt. Hierzu wurde der in das Gelände hineinragende Bergrücken durchstochen und durch Aufschüttung des dabei erhaltenen Bodenmaterials unter Abschnürung der Bachschleife eine künstliche Altwasserbildung erzielt. Um den Teich fällt der Grünlandring hufeisenförmig bis zu 25% zum Stauteich ab; im Südosten und Nordwesten schließen sich oberhalb im Naturschutzgebiet noch Äcker an. Der so größtenteils künstlich gestaltete Biotop nimmt eine wichtige Trittstein- funktion im Wasservogelzug zwischen den Schutzgebieten der Eder, Twiste und Fulda ein.
NSG „Winshäuser Teich" (Kreis Marburg-Biedenkopf)
VO vom 28.Juni 1985 (StAnz. S.1362); in Kraft getreten: 23. Juli 1985
Das 11,32 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Oberhessische Schwelle, Neu- städter Sattel", bei der ebenso benannten Wüstung, südlich angrenzend an die Bundesstraße 454. In der Südostecke des Naturschutzgebietes befindet sich der früher zum Brandschutz für einen nahegelegenen Industriebetrieb angelegte Teich mit jetzt voll ausgebildeter natürlicher Entwicklung, einem breiten Verlandungsgürtel, ausgedehnten Schwimmblattpflanzen und einer artenreichen Plankton- und Insekten-Fauna. An den Ufer- und Dammbefestigungen befinden sich Rasen von Moostierchen (Plumatella fungosa) und Süßwasserschwamm (Ephy- datia fluviatilis). Die Uferzone besteht größtenteils aus Großseggenried und mächtigen Bulten der Rispensegge (Carex paniculata). Daran schließt sich nach Nordwesten in einer Mulde ein weiter Schilf röhrichtbestand an; dieser wird an den höher gelegenen Randzonen von einem kurzen Trockenrasen auf Buntsandstein flankiert. An Brut- und Rastvögeln der Roten Liste kommen vor: Bekassine, Wiesenpieper, Schafstelze, Braunkehlchen, Zwergtaucher, Raub- würger, Neuntöter und Steinschmätzer. Die Schutzgebietsausweisung war u. a. umstritten wegen des Vorkommens von Tertiärsanden; dessen Hauptgebiet liegt allerdings in einer Mächtigkeit bis zu 18 m außerhalb, südöstlich der Stadt Neustadt.
NSG „Mairied von Rodheim und Gänsweid von Steinheim" (Kreis Gießen) VO vom 10. Juli 1985 (StAnz. S.1408); in Kraft getreten: 30. Juli 1985)
Das 21,46 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Wetterau-Horloffniederung". Infolge einer Grundwasserabsenkung, vermutlich in den 70er Jahren, wurden die einst den größten Teil des Gebietes einnehmenden sauren Wiesen umgebrochen und vorübergehend als Ackerland genutzt. Der in geringer Tiefe lagernde Torf sackte hiernach zusammen, so daß sich ab 1981 zwei große abflußlose Senken bildeten. Diese werden in der nassen Jahreszeit durch ausgedehnte Flachwasserzonen eingenommen. Die nördliche der beiden Teilflächen, Mairied, zeichnet sich durch ihre Vegetationsarmut und die extrem seichte Wasserfläche mit weiten Schlamm- und Schlickflächen aus. Sie wird im Westen durch den Mühlgraben, im Norden durch einen deutlichen Geländeanstieg begrenzt, eine östliche Randpartie wurde als Hausmülldeponie früher verfüllt. Der Mühlgraben dient der Wasserversorgung des Gebietes. Die lange Überflutungsdauer im Frühjahr und die starke Austrocknung der Torfe im Sommer sind ausdauernden Pflanzengesellschaften abträglich, so daß bei hohem Nährstoffangebot einjährige Zweizahngesellschaften (Bidention) hier zeitweise dominieren. Neun Zehntel des Mairied gehören der Stadt Hungen, eine zentrale Fläche ist im Privatbesitz. Die Gänsweid zwischen der Bahnlinie Gießen -Gelnhausen und dem Lehngraben ist im zentralen Bereich mit 139 Baumweiden und Erlen bestanden. Der Lehngraben wirkt auch hier als Wasserzufluß. Die nördlichen und südlichen Randbereiche liegen deutlich höher; auch ein Sportplatz ist der Absenkung zum Opfer gefallen. Die Gänsweid gehört fast ausschließlich der Stadt Hungen. Unter 145 beobachteten Vogelarten gehören 48 der Roten-Liste-Hessen an. Fast sämtliche das europäische Binnenland passierende Limikolenarten konnten bisher festgestellt werden. Krick-, Knäck- und Löffelente suchen das Gebiet als Rast- und Nahrungsplatz auf. Auch Weiß- störche wurden wieder beobachtet. Es bestehen große Populationen von Grünfrosch, Wech- selkröte und verschiedenen Libellenarten.
NSG „Bernshäuser Sumpf" (Vogelsbergkreis) VO vom 2. August 1985 (StAnz. 5.1585); in Kraft getreten: 20. August 1985
Das 3,91 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Fulda-Haune-Tafelland, Schlitzer Land" im Schlitz-Tal. Von dem ursprünglich um Bernshausen vorhandenen gut 20 ha großen Quellsumpf ist dies der noch am besten erhalteneTeil,dertrotz aller Kultivierungsbemühungen nicht als Grünland genutzt werden konnte.Ein Rispenseggen- (Carex paniculata) Ried und ein in Wuchs und Ausdehnung einmaliger Grauweidenbestand sind die wertvollsten Pflanzen- gesellschaften. Von Vögeln wurden Bekassine, Rohrammer, Zwergschnepfe, Wasserralle, Schilfrohrsänger und Weißstorch, von Insekten Pappelschwärmer, Weinschwärmer, Abend- pfauenauge, Käfer wie Stenus longitarsis und Sospita vigentiguttata und Fliegen wie Flabellifera spec. im Gebiet beobachtet. Fast 3 ha der Fläche befinden sich im Besitz des BUND. Die allmähliche Entnahme der naturfremden Gehölze (Pappeln und Sitka-Fichte) werden im Rahmen der Pflegeplanung erfolgen.
NSG „Ratzerod bei Neuengronau" (Main-Kinzig-Kreis) VO vom 19. August 1985 (StAnz. S.1746); in Kraft getreten: 24. September 1985
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - Maßnahmen zur Erhaltung und Förderung von natürlichen arten- und struktur- reichen Waldgesellschaften mit reichgegliedertem Waldaufbau und funktions- gerechten Waldrändern ohne Düngung und Anwendung von Pflanzenbehand- lungsmitteln.
Das 78,27 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Nördlicher Sandsteinspessart". Nachdem im Jahre 1983 das Naturschutzgebiet „Westerngrund von Neuengronau und Breu- nings" eingerichtet worden ist, wird der diesem Gebiet oberhalb anschließende Quellbereich des Westernbaches jetzt ausgewiesen. Von dem hier einst 160 ha umfassenden Bergwiesen- komplex sind große Teile mit Fichten aufgeforstet worden, das Schutzgebiet umfaßt noch vorhandene Bergwiesen (ca. 30 ha) und angrenzende Waldbereiche. Die Bergwiesen auf meist schwach geneigten Hängen sind von kleinen Gehölzen, Einzel- bäumen und Lesesteinriegeln durchsetzt. Sie haben in den vergangenen Jahren durch Dünge- maßnahmen und Pestizidanwendungen ihren Bestand an Pflanzenarten teilweise eingebüßt, die Schutzgebietsverordnung hat jetzt beides (und den Umbruch der Wiesen) auf der ganzen Fläche untersagt; diese konsequente Verordnung, für die insbesondere auch auf die bedeu- tende Fläche des Gebietes zu verweisen ist, war durch den Umstand begünstigt, daß sich der überwiegende Teil der Fläche im Besitz des Landes Hessen befindet. Durch diese 140 Einschränkung soll die einschürige Wildwiese erhalten bzw. regeneriert werden. Durch Entwässerungsmaßnahmen haben auch die Wuchsorte hygrophiler Arten abgenommen, so beschränken sich die Wollgrasarten gegenwärtig auf die zahlreichen Quellaustritte und Rasenbinse (Juncus bulbosus) und Brennender Hahnenfuß (Ranunculus flammula) auf die Entwässerungsgräben.
Zu den floristischen Besonderheiten des Ratzerod gehören der im Bereich des Spessart hier alleine vorkommende Moorklee (Trifolium spadiceum),Üchtritz's Augentrost (Euphrasia Uech- tritziana), eine seltene düngerempflindliche Pflanze, Drahtsegge (Carex diandra), Salep- Knabenkraut (Orchis morio), Brand-Knabenkraut (0.ustulata), Hohlzüngel (Coleoglossum viride) u. a.
NSG „Tongruben von Hintermeilingen" (Kreis Limburg-Weilburg) VO vom 9. September 1985 (StAnZ. 5.1748); in Kraft getreten: 24. September 1985
Das 10,60 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Oberwesterwald, Gandernbacher Platte". Hier besteht die „Tongrube Maria" seit 1906, der Tonabbau dauert westlich außerhalb des Gebietes z.Zt. an; östlich angrenzend sind abbauwürdige Schichten für spätere Jahre vorgesehen. Die abbauende Firma hat durch eine vorbildliche Rekultivierung das Gebiet zu einem Biotop von hoher ökologischer Diversität entwickelt, sie wurde dafür beim Bundeswett- bewerb „Industrie und Handwerk im Städtebau 1982" mit einer Goldmedaille ausgezeichnet. Das nach Süden allmählich ansteigende Gelände ist mit mehreren Teichen und Kleintümpeln, mit Hoch- und Buschwald sowie mit Grünflächen unterschiedlicher Wasserversorgung ausgestattet. Das Arteninventar nennt im Gebiet: Zahlreiche Amphibienarten, darunter Gelb- bauchunke, Geburtshelferkröte und Springfrosch, mehrere Reptilienarten, darunter Mauereidechse, Wasserfledermaus, an Brutvögeln u.a. Steinschmätzer, Braunkehlchen, Schafstelze und Wiesenpieper, an Durchzüglern Graureiher, Eisvogel und Roter Milan, mehrere Arten von Libellen und Tagschmetterlingen, 5 Orchideenarten, darunter Dactylorhiza maculata mit über 500 Exemplaren, Sumpfhaarstrang (Peucedanum palustre), Moose und Flechten.
NSG „Litterbachtal bei Breitenborn" (Main-Kinzig-Kreis) VO vom 24. September 1985 (StAnz. S.1870); in Kraft getreten: 15. Oktober 1985
Das 15,40 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Büdinger Wald". Es stellt ein weiteres Kerngebiet des kürzlich einstweilig sichergestellten Landschaftsschutzgebietes „Auenverbund Kinzig" dar. Das Gebiet besteht aus den drei Bereichen Hain-Gründauer Grund (Gründau heißt der Bach von dem Zufluß des Gettenbaches ab, wenige Kilometer unterhalb des Naturschutzgebietes), Küppelfeld und Sauerwiese. Während der rechte Teil des Talgrundes bis zum Forellenweg von Wirtschaftswiesen eingenommen wird, befindet sich das feuchte Grünland am linken Litterbachufer wegen nicht mehr regelmäßig erfolgender Bewirt- schaftung und zahlreichen Quellaustritten in unterschiedlichen Sukzessionsstadien zu nähr- stoffreichen Staudenfluren mit Gehölzanflug, Waldsimsensümpfen und Großseggen- beständen. Das Küppelfeld stellt im Bereich des Naturschutzgebietes den nördlichen Unter- hang des Tales dar, ein Trockenhang mit lockerer Bepflanzung aus unterschiedlichen Baumarten, der in den 20er Jahren durch Waldrodungen entstanden ist. In der Sauerwiese, dem nördlichen Anhang des Schutzgebietes, sind vor wenigen Jahren vier Vogelschutz- und Amphibienteiche angelegt worden. An Amphibien und Reptilien kommen unter anderem vor: 141 Gelbbauchunke, Laubfrosch, Feuersalamander, Ringelnatter, Schlingnatter und Zaun- eidechse. Brutvögel der Roten Liste sind im Gebiet: Grauammer, Gebirgsstelze, Schafstelze, Neuntöter,Wasseramsel,Ziegenmelker und Turteltaube.Die Liste dervorkommenden Pflanzen- arten ist sehr umfangreich, sie enthält auch 4 Rote Liste-Arten der Feuchtbiotope.
NSG „Faulbruch von Münster" (Kreis Darmstadt-Dieburg)
VO vom 17. Oktober 1985 (StAnz. S. 1955); in Kraft getreten: 5. November 1985
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - Maßnahmen zum Aufbau und zur Erhaltung von natürlichen arten- und struktur- reichen Waldgesellschaften. - Die Ausübung der Einzeljagd auf Haarwild, außerhalb des Waldes jedoch erst vom 1. August bis 31. Januar. - Der Betrieb der Brunnenanlage Hegershausen im Rahmen der wasserrechtlichen Erlaubnis
Das 77,0 ha große Naturschutzgebiet liegt in den Naturräumen „Untermainebene-Gersprenz- niederung" und „Messeler Hügelland"; der Übergang zwischen diesen beiden zeigt sich hier nur durch einen leichten Anstieg von etwa 134 m NN im Südosten auf knapp 143 mm NN im Nordwesten. Das Naturschutzgebiet wird im Osten durch die autobahnartige B 45 neu, im Süden durch die „Munastraße", im Westen durch das Munitionslager und im Norden durch die „Russenschneise" begrenzt. Pliozäne Tonschichten führen in tieferen Lagen zu sehr nassen Böden. Zahl reiche Entwässe- rungsgräben münden meist in einen von Nordwest nach Südost fließenden Bach. Der vor 150 Jahren hier fast überall bestehende Wald war am Ende des vorigen Jahrhunderts weitgehend je etwa zur Hälfte in Acker und Grünland umgewandelt. Später wurde der Grünlandanteil auf Kosten der Äcker vermehrt und nach dem 2. Weltkrieg erhebliche Aufforstungen vorge- nommen, so daß die Fläche des Naturschutzgebietes jetzt etwa zu 65 0/ovon Wald, zu etwa 21 von Grünland und nur zu etwa 7% von Äckern eingenommen wird.Als die naturnächsten Pflan- zengesellschaffen kommen an den feuchtesten bis nassesten Standorten Großseggenge- sellschaften, auf dem feuchtesten derzeit noch genutzten Grünland die Wiesenknopf- Schwingel (Sanguisorba-Festuca)-Gesellschaft und auf frischen bis wechselfeuchten Stand- orten Glatthaferwiesen vor. Innerhalb des brachgefallenen Grünlands herrscht das gemeine Pfeifengras vor. Das Sand-Reitgras hat sich in letzterZeit stark ausgebreitet.Auf Ackerbrachen dominieren Flatterbinse, Ackerkratzdistel und Weißes Straußgras. Die Wälder werden auf den nassesten Standorten von Erlenbeständen mit Großseggen, auf den höhergelegenen von solchen mit Arten europäischer Buchenwälder (Fagetalia)- aufgebaut. Im westlichen Waldteil befindet sich der Gänsweiher mit mehreren bestandsbedrohten Pflanzenarten. Unter 277fest- gestellten Gefäßpflanzen befinden sich 15 Arten der Roten Liste, darunter Pillenfarn (Pilularia globilufera) und Röhrige Pferdesaat (Oenanthe fistulosa). An einem besonders ausgewählten Standort im Naturschutzgebiet, wo durch Abschieben des Oberbodens sandig-aulehmiges, nährstoffarmes Substrat freigelegt wurde, ist eine Einpflanzung des Pillenfarns mit Erfolg vorgenommen worden, der an seinem seitherigen Standort in der Nähe bedroht war. An Säugetieren kommen Dachs, Wasserspitzmaus, Abendsegler und Mausohr vor; 14 Amphi- bienarten und Reptilien-Arten der Roten Liste, 75 Brutvogelarten, darunter 14 Arten der Roten Liste, und zahlreiche Insektenarten, darunter Schwalbenschwanz, Kolbenwasserkäfer und Nashornkäfer wurden im Gebiet nachgewiesen. 142 NSG „Kalkberg bei Weißenborn" (Schwalm-Eder-Kreis)
VO vom 24. Oktober 1985 (StAnz. S. 2002); in Kraft getreten: 12. November 1985
Über die Musterverordnung hinaus ist
gestattet: - die Ausübung der Einzeljagd auf Schalenwild und Fuchs in der Zeit vom 1.Juli bis 31. Januar; - die Benutzung der Erholungseinrichtungen und die erforderlichen Maßnahmen zu ihrer Unterhaltung
Das ca.18,57 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Fulda-Haune-Tafelland,Ottrauer Bergland", unmittelbar nördlich von Weißenborn. Es handelt sich um einen südexponierten Kalkhang zwischen 420 m und 465 m über NN mit zahlreichen ehemaligen Kalkentnahme- stellen,der durch einen grenzlinienreichen Sukzessionsgürtel ausgezeichnet ist.Kalkbuchen- wald und wärmeliebender Kiefernwald bedecken einen großen Teil der Fläche; Gebüsche, Magerrasen und kleine Gründlandparzellen,die z.T. brachfallen,sind in die Waldteile verzahnt. An Rote Liste-Arten kommen Stattliches Knabenkraut (Orchis mascula), Geflecktes Knaben- kraut (Dactylorhiza maculata), Fliegen- und Bienen-Ragwurz (Ophtys insectifera und 0. api- fera), Echte Katzenminze (Nepeta cataria), Berg-Aster (Aster amellus) Fransenenzian (Gentia- nella ciliata) und Mond-Rautenfarn (Botrychium lunaria) vor. Das Gebiet ist mit 73 nachgewie- senen Spezies reich an Vogelarten; unter der bedeutenden Repti I ienfauna befindet sich die Schlingnatter. Der Kalkabbau-Betrieb im Südwesten wurde einbezogen, um eine Folgenut- zung auszuschließen und auf eine geeignete Rekultivierung besser Einfluß nehmen zu können. Der Sportplatz und die auf dem Plateau des Kalkberges liegenden Äcker wurden dagegen aus dem Naturschutzgebiet ausgeklammert. Die Unterschutzstellung war aufgrund der Ortsnähe und der damit verbundenen Inanspruchnahme als Naherholungsgebiet, auch wegen des Kalkabbaues und wegen des einbezogenen Privatwaldes besonders schwierig. Die kommu- nalen Gremien haben die Ausweisung aus den genannten Gründen lange Zeit entschieden abgelehnt.
NSG „Langenstüttig bei Betten" (Kreis Fulda)
VO vom 24. Oktober 1985 (StAnz. S. 2004); in Kraft getreten: 12. November 1985
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - die Maßnahmen zur Erhaltung und Förderung naturnaher, vielstufiger, ungleich- alter Mischbestände und Waldränder
Das 47,45 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Hohe Rhön", Untereinheit „Lange Rhön" nordöstlich des Ortsteils Betten der Gemeinde Hilders am Osthang des Ulstertals. Die Nordostgrenze bildet die Straße Hilders-Frankenheim. Das Gebiet besteht aus basaltüberrollten Hängen mit Quellaustritten in der Kontaktzone Muschelkalk-Röt. Es weist hauptsächlich hygrophile Laub-Mischwälder jüngeren Alters im Übergangsbereich zwischen Hoch- und Tieflagenvegetation auf. An Quellstellen, z.T.schwach gewölbten Quellmooren, befinden sich Eschen- Erlenwälder, im Kontakt mit diesen, z.T. groß- flächig, feuchter Bergahorn-Eschenwald. Daran anschließend wächst krautreicher Zahnwurz- Buchenwald sowie auf insel- und zungenförmig ausgebildeten Blockansammlungen Frag- mente des Linden-Ulmen-Blockschuttwaldes. An der Südgrenze sind typische Rhön-Hute- flächen mit ca. 2,3 ha und der naturnahe Bachlauf des „Dorfwassers" einbezogen. Die einge- sprengten Nadelholz-Horste aus Fichte und Douglasie sollen in Laubholz umgewandelt 143 NSG „Bühlchen bei Weißenbach" (Werra-Meißner-Kreis)
VO vom 30. Oktober 1985 (StAnz. S. 2052); in Kraft getreten: 19. November 1985
Das 7,92 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Fulda-Werra-Bergland, Nördliche Meißnervorberge". Es handelt sich um eine Muschelkalkkuppe mit einem nach Westen expo- nierten Hangbereich. Auf dem flachgründigen, grobschottrigen und humusarmen Kalkboden, wo früher wahrscheinlich überall Weidegang stattfand, besteht ein artenreicher Halbtrocken- rasen mit Wacholderheide. An Rote-Liste-Arten wurden nachgewiesen: Katzenpfötchen (Antennaria dioica), Großes Windröschen (Anemone sylvestris), Deutscher und Fransen- Enzian (Gentianella germanica und G. ciliata), Dreizähniges, Männliches und Purpur-Knaben- kraut (Orchis tridentata, mascula und purpurea) sowie Sand-Thymian (Thymus serpyllum). Ansätze zurVerbuschung sind vorhanden. Der ebenfalls potentiell schützenswerte Hang nach Norden konnte nicht einbezogen werden, da die intensive Grünlandwirtschaft nicht aufge- geben wird.
NSG „Frauenberg bei Beltershausen" (Kreis Marburg-Biedenkopf) VO vom 30. Oktober 1985 (StAnz. S. 2053); in Kraft getreten: 19. November 1985
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - die Maßnahmen zur Erhaltung und Förderung von naturnahen, vielstufigen ungleichalten Mischbeständen und Waldrändern Das 9,79 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Marburg-Gießener Lahntal, Lahn- berge". 370 m über NN erhebt sich der Basaltkegel über die Buntsandsteinhochfläche; auf dem Gipfel befinden sich die Reste der um 1250 erbauten Burg, die bereits um 1480 zerstört wurde. Der Sektor des Berges mit dem Hotel wurde vom Naturschutzgebiet freigehalten; vom Süden her ist der Kegel durch den ehemaligen Steinbruch bis fast zu seinem Zentrum erschlossen. Durch neolithische Wohngruben und ein prähistorisches Urnengrabfeld ist eine Jahrhunderte andauernde prähistorische Besiedlung des Frauenberges belegt.Zwei konzen- trische Rundwanderwege führen um den Gipfel. Laubmischwald befindet sich im Fußbereich, Buchen-Hainbuchen-Eichen-Nieder- und Mittelwald mit buschartigen Stockausschlägen schließen sich im oberen Bereich an. Nahezu undurchdringliche Heckensäume sind insbe- sondere nach Süden hin, Schwarzdorn-, Weißdorn- und Wildrosengebüsch in lockerer Aus- prägung sind an der Südhangsenke des Gipfels entwickelt. Magerrasen und Felsgrasfluren liegen zwischen diesen Waldteilen. Eurasiatische, subatlantische und submediterrane Floren- elemente sind im Naturschutzgebiet anzutreffen. An Pflanzen-Arten der Roten-Liste kommen vor: Sand-Wicke (Vicia lathyroides), Acker-Goldstern (Gagea vil lose) ,Eselsd istel (Onopordum acanthium), Katzenminze (Nepeta cataria) und Märzenbecher (Leucojum vernum). 28 Brom- beerarten bzw. deren Kleinarten wurden nachgewiesen. Bestandsbedrohte Vogelarten sind hier vertreten: Neuntöter, Raubwürger und Wendehals. Das Gebiet wird durch Besucher stark belaufen.
NSG „Grebensteine bei VVillingen" (Kreis Waldeck-Frankenberg) VO vom 30. Oktober 1985 (StAnz. S. 2055); in Kraft getreten: 29. November 1985
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - Maßnahmen, die der naturnahen Dauerbestockung dienen
Das 15,70 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Hochsauerland, Langenberg" auf dem sehr steilen und schattigen Osthang des Mühlenkopfes in einer Höhenlage von 650 bis 144 700 m über NN. Forstwege bilden die West- und Ostgrenze; im Westen schließt sich der schmale Talgrund des Itterbaches an; im Norden grenzt die Sprungschanze.
Im mittleren und oberen Teil des Hanges stehen einzelne, steil aufragende Felsen an, die Grebensteine. Im zentralen Bereich des Naturschutzgebietes wächst über Silikatgestein der Ahorn-Ulmen-Eschenwald. Der lehmige Boden des Hanges ist mit grobem plattigem Gesteinsschutt durchsetzt und von Quell- und Hangdruckwasser durchnäßt, wodurch es bei der Steilheit des Hanges zu ständigen Rutschungen kommt. Durch den dichten Kronenschluß der Laubbäume führt die Verdunstung aus dem durchnäßten Boden und den kleinen Quell- wasserläufen zu einem ausgeglichenen, durch hohe Luftfeuchtigkeit und -kühle ausgezeich- neten Lokalklima. Die Breitblättrige Glockenblume (Campanula latifolia) und der Al pen-Mi Ich- lattich (Cicerbita alpina) sind hier (durch Wildverbiß?) verschwunden. In einer üppigen Kraut- flora feuchtigkeits-und schattenliebender Arten mit zahlreichen Farnen kommen als Rote- Liste-Arten Schuppenwurz (Lathraea squamaria) und Weiße Pestwurz (Petasites albus) vor. In den Randzonen geht der Schluchtwald in einen geophytenreichen Berg-Buchenwald und Fichtenaufforstungen über. Ein im Kernbereich vor wenigen Jahren angelegter Klippenpfad wurde wegen der negativen Auswirkungen auf die Flora gesperrt.
NSG „Kalkrain bei Giflitz" (Kreis Waldeck-Frankenberg) VO vom 30. Oktober 1985 (StAnz. S. 2056); in Kraft getreten: 19. November 1985 Das 6,40 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Ostwaldecker Randsenken, Wilde- Hügelland" zwischen dem Ortskern von Giflitz und dem Baugebiet bei der Grundmühle. Es handelt sich um einen nach Süden zum Wesebach zwischen 210 und 230 m über NN steil abfallenden, weitgehend unberührt gebliebenen Hang. Dieser besteht aus durch Solifluktion aus dem darüber liegenden, anstehenden Zechstein abgelagertem Kalksteinschutt. Auf dem locker-mergeligen, leicht erwärmbaren, sehr trockenen Boden wächst ein lückiger Trocken- rasen licht- und wärmeliebender Pflanzen, die zum Teil zum kontinentalen Florenelement mit Hauptverbreitung im osteuropäischen Steppengebiet gehören. Die Sandstrohblume (Hell- chtysum arenarium) wächst hier über größere Flächen hinweg in mehr oder weniger dichten bis reinen Beständen, Rote Liste Art ist hier ferner der Frühe Ehrenpreis (Veronica praecox).An der Oberkante des Hanges besteht auf kleiner Fläche ein Halbtrockenrasen mit Fiederzwenke und einem größeren Bestand von Fliegen-Ragwurz (Ophrys insectifera). Der untere Teil des Hanges und Vertiefung des Geländes sind zerstreut bis locker mit Sträuchern, darunter Feldrose und Kleinblütige Rose (Rosa agrestis und R. micrantha) besetzt. Die Gemeinde Edertal hat von sich aus auf den ursprünglichen Plan, die Baulücke in Giflitz zu schließen, aus Gründen des Landschaftsschutzes und der Ausweisung dieses Naturschutzgebietes verzichtet.
NSG „Schanzenberg bei Korbach" (Kreis Waldeck-Frankenberg) VO vom 30. Oktober 1985 (StAnz. S. 2057); in Kraft getreten: 19. November 1985
Das 7,06 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Waldecker Tafel, Korbacher Ebene", nahe südlich von Korbach. Der Schanzenberg ist ein langgestreckter, bis 375 m hoher, nach Süden und Osten steil abfallender, nach Norden und Westen allmählich verflachender Zech- steinhügel.Auf der Kuppe des Hügels und im oberen Teil der Abhänge liegt eine flachgründige Dolomit-Rendzina, auf den unteren Hanglagen wird der Boden etwas tiefgründiger. Unter- schiedlich verbuschter Halbtrockenrasen, in denen Gräser und Sauergräser dominieren, bedeckt den größten Teil des Naturschutzgebietes. Der lückige Rasen läßt genügend offenen 145 Raum für eine außergewöhnlich artenreiche Krautflora sowohl kontinentaler als auch mediter- raner Arten, darunter als bestandsgefährdete Arten Rötliches Fingerkraut (Potentilla hepta- phylla), Katzenpfötchen (Antennaria dioica), Mondraute (Botrychium lunaria), Gefranster Enzian (Gentianella cilata), Deutscher Enzian (G.germanica) und Wiesen-Leinblatt (Thesium pyrenaicum). Namentlich auch das Dreizähnige Knabenkraut (Orchis tridentata), in Hessen nur in dessen nördlichen Kalkgebieten, blüht hier in günstigen Jahren mit über tausend Exemplaren. Der Wacholder, wegen der Trockenheit einzige gut entwickelte Strauchart, ist bevorzugt auf den tiefer gelegenen Hangflächen stellenweise verbreitet. An der östlichen Grenze steht ein Streifen ca. 30 jähriger Kiefern, ein Relikt eines fehlgeschlagenen Aufforstungsversuches. Andere Teile der Aufforstungen wurden inzwischen wieder beseitigt.
NSG „Mayengewann von Lämmerspiel" (Kreis Offenbach) VO vom 12. November 1985 (StAnz. S. 2118); in Kraft getreten: 26. November 1985
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - die Obstbaumnutzung ohne Anwendung von Düngung und Pflanzenbehand- lungsmitteln - Maßnahmen zur Erhaltung und Förderung des Eichenwaldes - Unterhaltungsarbeiten am Entwässerungsgraben ohne Sohlenvertiefung Das 6,69 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Untermainebene, Steinheimer Terrasse". Es besteht aus Mähwiesen verschiedenen intensiver Bewirtschaftung und einer Eichenwaldparzelle. In letzterer, im Westteil, wurde Mitte der siebziger Jahre der Kiefern- bestand herausgeschlagen; im lichten Unterholz läuft seitdem eine Laubwaldsukzession ab, die eine große Artenvielfalt an Pflanzen und Tieren verspricht. Kernteil des Wiesenbereichs ist die Orchideenwiese in der nach Südwesten geöffneten Waldecke.Von temporär überfluteten Binsenbeständen bis hin zu trockenen, sandigen Abschnitten am südlichen Rand sind alle Übergänge vertreten. An bestandsgefährdeten Pflanzenarten wachsen hier Breitblättriges Knabenkraut (Dactylorhiza majalis), Kleines Knabenkraut (Orchis morio), Natternzunge (Ophioglossum valgatum) und Tausendgüldenkraut (Centaurium erythraea). Nach Westen und Norden schließen sich verschieden intensiv bewirtschaftete Wiesen an. Diese Wiesen haben als Reliktflächen früherer mäßig intensiver Mähwiesenwirtschaft zu gelten. Durch die relativ frühe Orientierung der dortigen Bevölkerung zu Industrie und Handel im Ballungsraum wurde die mäßig intensive Bewirtschaftung der Grünlandflächen beibehalten, und es konnte sich so eine gewisse Kontinuität der Flora und Fauna aus der vorindustriellen bis in die heutige Zeit erhalten. In einer kurzen Beobachtungsreihe wurden bereits 99 Arten von Großschmetterlingen nach- gewiesen, dies nicht zuletzt wegen der Verzahnung von Grünland und Wald. Es befinden sich darunter der Schwalbenschwanz (Papilio machaon), der große Areale und als Futterpflanze Roßfenchel (Silaum silaus) benötigt, viele Arten derZahnspinner (Notodontidae),die an Eichen angepaßt sind und der Große und Schwarzblaue Moorbläuling (Maculinea teleius und M. nausithous), deren frühe Raupenstadien in Blütenköpfchen des Großen Wiesenknopfes und spätere Stadien in Ameisennestern leben.
NSG „Endlache von Wallerstädten" (Kreis Groß-Gerau)
VO vom 12. November 1985 (St.Anz. S. 2119); in Kraft getreten: 26. November 1985 Das 5,76 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Hessische Rheinebene, Riedhäuser Feld". Ein ehemaliges Altneckarbett wurde mit Rübenerdeschlamm über Rohrleitungen aus 146 der nahegelegenen Zuckerfabrik ausgefüllt. Der nördliche Teil dieser Fläche wurde landwirt- schaftlich regeneriert; im südlichen Drittel blieb ein Flachwasserteich zurück, der sich auf natürliche Weise entwickelte und von vielen Wasser- und Watvogelarten als Biotop,besonders als Rastplatz während der Wanderung nordischer Durchzügler angenommen wurde. Etwa 40% aller eurasischen Limikolenarten wurden bereits im Gebiet festgestellt. Darüber hinaus bietet die Randzone der Wasserfläche einer Reihe heimischer Vogelarten gute Brutmöglich- keiten; als bestandsgefährdete Brutvögel sind zu nennen: Flußregenpfeifer, Schafstelze und Grauammer. Da ein natürlicher Wasserzulauf nicht besteht, werden die Verdunstungs- und Sickerverluste des Gewässers durch zugepumptes Brunnenwasser ausgeglichen.
NSG „Burgberg und Weiherwiesen von Adolfseck" (Rheingau-Taunus-Kreis) VO vom 5. November 1985 (StAnz. S. 2121); in Kraft getreten: 26. November 1985
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - forstliche Pflege- und Erholungsmaßnahmen, die der Förderung der geschützten Waldgesellschaften dienen.
Das 3,56 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Westlicher Hintertaunus, Bad Schwalbach-Hohensteiner Aartal", südlich unmittelbar bei der kleinen Gemeinde seines Namens. Die romanische Burg wurde durch Graf Adolf I von Nassau-Idstein im 14.Jahrhundert erneuert, sie war zuletzt 1654 bewohnt. Die Flächen innerhalb der Mauerreste nehmen brach- gefallene Wiesen mit Buschwerk ein. In einem Halbkreis nach Süden fällt ein niederwaldartig genutzter Steilhang ab. Bevor durch einen Bergdurchschnitt westlich des Ortes und der Burg die Aar ein neues Bachbett bekam, floß diese in einer Dreiviertelschleife um die Burg. Später wurde zur Burgsicherung in dieser Schleife ein großer Stauweiher angelegt. Heute sind hier fast ausschließlich Naßwiesen zu finden, einige kleine Tümpel bieten einigen Amphibienarten Lebensraum. Das Naturschutzgebiet stellt nicht nur eine ökologische Einheit dar; es bildet in dieser Form auch ein Ensemble von historischer Bedeutung.
NSG „Walzenberg bei Hohenzell" (Main-Kinzig-Kreis)
VO vom 6. November 1985 (StAnz. S. 2186); in Kraft getreten: 3. Dezember 1985
Das ca. 28,62 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Sandsteinspessart, Schlüch- terner Becken" etwa auf halber Strecke südlich der Straße von Bellings nach Hohenzell. Von einer mehr oder weniger zentral gelegenen weitgehend waldfreien Hochfläche mit einer höchsten Erhebung von 327,8 m über NN fällt das Gelände nach Norden und Osten nur allmählich ab und wird hier von Wald verschiedenster Baumartenzusammensetzung einge- nommen. Nach Westen und noch mehr nach Süden (wo z. T. auch Fels ansteht) bestehen in Richtung zum „Katzental" des Ahlersbaches relativ steile Hänge, auf deren flachgründigem Boden über Muschelkalk xerotherme Magerrasen mit breiten Heckenzügen ausgebildet sind.
Die zahlreichen Übergänge von Wald zum Offenland und die unterschiedlichen Vegetations- typen werden von einerartenreichen Tierwelt, insbesondere auch von interessanten Insekten- arten besiedelt. Die stark bestandsgefährdete Gewöhnliche Sichelschrecke (Phaneroptera falcata) tritt ungemein häufig auf. 147 An Schmetterlingsarten kommen im Wald der Queckenfalter (Aegeria egerides), der Kaiser- mantel (Argynuis paphia) und der Birkenzipfelfalter (Thecla betulae), als typische Arten der Kalkmagerrasen Dukatenfalter (Neodes virgaureae) und Schachbrettfalter (Agapetes galathea) vor. Als Nachtfalter wurden Brombeerspinner (Macrothylacia rubi), Mondvogel (Phalera bucephala) und Weinschwärmer (Pergesa elpenor) nachgewiesen. Feld- Sandlauf- käfer (Cicindela campestris) und Bombardierkäfer (Brachynus explodens) kommen im Bereich der thermisch extremen Standorte vor. Neuntöter und Rotmilan sind als bestandsbedrohte Vogelarten hier zu nennen. Für die vom Aussterben bedrohte Hundswurz (Anacamptispyrami- dalis) ist der Waizenberg einziger hessischer Standort. Weitere bestandsbedrohte Pflanzen- arten sind: Fransen-Enzian (Gentianelle ciliata), Bienen- und Fliegen-Ragwurz (Ophrys apifera und insectifera), Männliches Helm- und Purpur-Knabenkraut (Orchis mascula, militaris und purpurea).
NSG „Am Kleewoog von Gräfenhausen" (Stadt Darmstadt und Kreis Darmstadt-Dieburg) VO vom 14. November 1985 (StAnz. S. 2188); in Kraft getreten: 5. Dezember 1985
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - Maßnahmen zum Ausbau, der Erhaltung und Förderung eines artenreichen Kiefern- und Eichenmischwaldes sowie reichgegliederter Waldränder.
Das 20,89 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Untermainebene, Hegbach-Apfel- bach-Grund" am nördlichsten Zipfel des Forstteiles Teufelshölle. Etwa die Hälfte der Fläche wird von einem 60-80 jährigen Kiefern/Eichen Mischwald bzw. einem Schafschwingel- und Heidekraut/Moos-Kiefernwald eingenommen. Diese Waldgesellschaften stocken auf ober- flächig entkalkten sauren Sanden des Darmstädter Flugsandgebietes. Eine rund 20 m breite ehemalige Flutrinne verläuft von Nordwesten nach Südwesten durch den Waldbestand.Nitro- phile Kräuter und Stauden wachsen hier, der Grenzlinieneffekt der schön gewachsenen Waldränder bedingen den besonderen Wert dieses Landschaftsteils. Das ehemalige Kies- grubengelände in der westlichen Hälfte des Naturschutzgebietes gliedert sich in eine wegen der Steilufer weitgehend vegetationsfreie grundwasserbespannte Großgrube mit reichstruk- turierten Ufern und mehrere kleine mit Röhricht und Weiden dicht zugewachsene kleine Gruben. Das Gebiet ist schutzwürdig wegen seiner Sand- und Ruderalflora, es hat Brut-, Rast- und Trittsteinfunktion für bestandsbedrohte Vogelarten, es ist Lebensraum für Amphibien und Reptilien, wozu auch eine Amphibienschutzanlage an der nahegelegenen Weiterstädter Straße beiträgt,durch eine eingehende Untersuchung ist hier eine reiche Insektenfauna belegt.
NSG „In der Bellersdorfer Tränk" (Lahn-Dill-Kreis)
VO vom 21. November 1985 (StAnz. S. 2224); in Kraft getreten: 10. Dezember 1985
Das 24.42 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Gladenbacher Bergland, Hörre". Die Fläche fällt in östlicher Richtung von 340 auf 310 m über NN allmählich ab, in dieser Rich- tung verlaufen, teilweise randlich, zwei kleine Bäche. Im Norden schließen sich große Wälder an.
Der weitaus größte Flächenanteil wird als Mähwiesen genutzt; im feuchten, östlichen Teil sind die nassesten Senken seit einigen Jahren schon ungenutzt. Auf trockeneren Flächen finden sich sehr magere und artenreiche Glatthaferwiesen in einer Ausbildung, die zu den Berg- Goldhaferwiesen vermittelt. Häufigste Grünlandgesellschaft ist im Gebiet die Si lauwiese auf wechselfeuchten Standorten, hier in einer außerordentlich artenreichen Ausbildung nährstoff- 148 armer Standorte. Auf nährstoffarmen, feuchten Brachflächen treten Pfeifengraswiesen und Waldsimsen-Feuchtwiesen in einer Ausbildung mit Faden-Binse auf.
Kleinflächig finden sich Kleinseggen-Niedermoore. Die reiche Florenliste enthält an bestandsbedrohten Arten: Flohsegge (Carex pulicaris), Breitblättriges Knabenkraut (Dactylor- hiza majalis), Faden-Binse (Juncus filiformis), Färber-Scharte (Serratula tinctoria), Schnabel- und Blasensegge (Carex rostrata und C. vesicaria), Sumpf-Weidenröschen (Epilobium palustre) und Schmalblättr.Wollg ras (Eriophorum angustifolium). Für Wiesenvogelarten ist das Gebiet wichtigstes Brutgebiet, so für Bekassine, Braunkehlchen, Raubwürger und Neuntöter. Eine reiche Pilzflora des Magergrünlandes, vor allem in den Glatthaferwiesen umfaßt viele Vertreter der Saftlinge (Hygrocybe) und mehrere Arten der Korallenpilze (Clavariaceae). Im Süden ist dicht angrenzend der Bau einer Teichkläranlage für Bellersdorf vorgesehen. In der Zeit kurz vor der Naturschutzgebietsausweisung noch schnell erfolgte Umbrüche an mehreren Stellen müssen wieder rückgängig gemacht werden.
NSG „Pfingstgemeinde bei Zennern" (Schwalm-Eder-Kreis) VO vom 26. November 1985 (StAnz. S. 2226); in Kraft getreten: 10. Dezember 1985
Das 7,76 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Westhessische Senke, Fritzlarer Ederflur" nahe der Eder. Es handelt sich um eine ungestörte Sukzessionsfläche, die aus einer ehemaligen Kiesgrube entstanden ist. Der größte Teil ist mit Pioniergesellschaften und Rude- ralvegetation bestanden, die im Kernbereich eine ausgeprägte Hochstaudenflur aufweisen. Der Wasserstand mehrerer unterschiedlich großer Gewässer schwankt mit der Eder. Eine große, dichte Gehölzzone befindet sich im Nordwestteil, im östlichen Teil bestehen mehrere kleinere Gehölzflächen. Zu den hervorzuhebenden Vertretern der Avifauna gehören hier Feld- schwirl, Teichrohrsänger, Braunkehlchen und Beutelmeise. Wegen des geringen Fisch- besatzes und wegen der ausgeprägten Flachwasserzonen der Gewässer besteht ein großer Amphibienreichtum, darunter als bestandsbedrohte Arten Kreuzkröte und Laubfrosch. Die ehemalige Kiesgrube warvon Seiten des Straßenbauamtes zur Ersatzlandbeschaffung für die Inanspruchnahme landwirtschaftlicher Nutzfläche u.a. für den Weiterbau der Südumgehung von Wabern vorgesehen. Die Rekultivierung sollte durch Auflandung mit Zuckerrübenwasch- erde vorgenommen werden. Im Abweichungsverfahren zum Regionalen Raumordnungsplan wurde dieser Antrag jedoch zugunsten der Ausweisung des Naturschutzgebietes abgewiesen.
NSG „Forbachsee bei Bebra" (Kreis Hersfeld-Rotenburg) VO vom 26. November 1985 (StAnz. S. 2227); in Kraft getreten: 10. Dezember 1985
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - das Befahren der Fulda, ohne anzulegen; - die Ausübung der Fischerei in der Fulda vom rechten Uferaus in derZeit vom 16.Juli bis 31.Januar
Das 21,93 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Fulda-Werra-Bergland, Bebraer Becken". Es umfaßt den relativ naturnahen Fuldalauf mit dichtem Weidenbestand in einer Länge von ca. 800 Metern und die beiden Kiesteiche. Als Ausgleichsmaßnahme der Deutschen Bundesbahn ist das Gelände aus Privathand in das Eigentum des Landes Hessen übergegangen. Es besteht volles Betretungsverbot, keinerlei Nutzungen (Ausnahme Angeln s.o.) sind zugelassen. Der ökologische Wert des Gebietes beruht z.T. auch auf angrenzenden 149 Biotopen, nämlich den nahe rechts der Fulda gelegenen drei Kiesteichen und dem steilen Hangwald mit Altholzbeständen, der sich im Westen des Gebietes anschließt. Flachwasser- zonen an den Ufern der Flußseite und Steiluferzonen an der Hangseite kennzeichnen die Teiche. Im nördlichen Teil am Hang befindet sich ein Quellhorizont. Das Gebiet ist Lebensraum und Rastplatz für zahlreiche bestandbedrohte Vogelarten. Verschiedene Amphibienarten, Tagfalter- und Libellenarten wurden bisher beobachtet.
NSG „Auf dem Ried bei Iba" (Kreis Hersfeld-Rotenburg) VO vom 26. November 1985 (StAnz. S. 2229); in Kraft getreten: 10. Dezember 1985
Das 4,74 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Fulda-Werra-Bergland, lbaer Hügel- land", südlich der L3250 angrenzend. In dem weitgehend durch Grünland geprägten Tal des Iba-Baches ist an dieser Stelle infolge der hydrologischen Verhältnisse ein hoher Flächen- anteil nicht mehr landwirtschaftlich genutzt. In Grünland, Streuwiesen, Seggen- und Röhrichtzonen wurden 57 Pflanzenarten nachge- wiesen. Das in NO-SW-Richtung verlaufende Tal hat als Zugroute fürVögel eine wichtige Funk- tion. Braunkehlchen und Wachtelkönig sind hier Brutvögel, Neuntöter, Gebirgsstelze, Rotmilan, Wendehals und Wasseramsel sind Nahrungsgäste der Roten Liste.
NSG „Schittkamm im Wispertal" (Rheingau-Taunus-Kreis) VO vom 25. November 1985 (StAnz.S. 2283); in Kraft getreten: 17. Dezember 1985 Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - Maßnahmen zur Erhaltung und Förderung von natürlichen arten- und struktur- reichen Waldgesellschaften Das 16,11 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Westlicher Hintertaunus, Wisper- taunus". Es umfaßt größtenteils den namengebenden bewaldeten Bergrücken rechts der Wisper. Auf dessen Rücken und an der südexponierten Hangseite stockt ein Waldlabkraut- Eichen-Hainbuchenwald (Galio-Carpinetum) und anschließend zum Hangfuß ein Winter- linden-Eichen-Hainbuchenwald (Tilio-Carpinetum). Erhöhte Lichtzufuhr, Wärme und ausrei- chender Niederschlag bedingen eine vielfältige Pflanzenwelt mit Wald-Ackelei (Aquilegia vulgaris), Hallers Schaumkresse (Cardaminopsis hallen), Diptam (Dictamnus albus),Wildapfel (Malus sylvestris), Echtem Lungenkraut (Pulmonaria officinalis), Sand-Thymian (Thymus serpyllum), Rotem Waldvögelein (Cephalanthera rubra), Purpur-Knabenkraut (Orchis purpurea) und Weißer Waldhyazinthe (Platanthera bifolia) als bestandsbedrohte Arten. Auf der nordexponierten Hangseite bis zum Bachufer breitet sich bei frischem, mit vielen Steinen durchsetztem Boden und bei hoher Luftfeuchtigkeit ein Schluchtwald (Aceri-Fraxinetum) aus. Auf der Südostseite schließt sich dem Waldrand ein Hirschwurz-Saum (Geranio-Peuceda- netum cervariae) mit Helm-Knabenkraut (Orchis militaris) an. Zum Naturschutzgebiet gehört die Glatthaferwiese, südlich der zum Bundeswehrstollen führenden Straße, an deren südlichem Ende ein Feuchtbiotop mit Rispensegge (Carex paniculata) besteht.
NSG „Erbacher Wäldchen" (Rheingau-Taunus-Kreis) VO vom 27. November 1985 (StAnz. S. 2285); in Kraft getreten: 17. Dezember 1985
Das 5,18 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum Rheingau. Mit dem 1979 aus Natur- schutzgründen vom Lande Hessen angekauften, etwa 90 Jahre alten Eichenwäldchen ist auch 150 das vorgelagerte Stillwasser bis zum Leitwerk unter Schutz gestellt. Entlang des Ufers besteht ein standorttypisches Korbweidengebüsch; der Spülsaum ist mit Fragmenten des Flußröh- richts (Phalaridetum arundinaceae) bestanden, Relikte aus der Zeit vor der Kanalisierung und Schiffbarmachung des Rheinstroms. Das kleine Gebiet ist von ornithologischer Bedeutung insbesondere im Zusammenhang mit dem gegenüberliegenden Naturschutzgebiet „Mariannenaue".
NSG „Ederseeufer bei Herzhausen" (Kreis Waldeck-Frankenberg) VO vom 28. November 1985 (StAnz. S. 2288); in Kraft getreten: 17. Dezember 1985
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - in der Schutzzone II a) die Ausübung der Fischerei vom Boot aus b) das Baden und Einsetzen von Wasserfahrzeugen vom Ederseeufer aus, nicht jedoch das Betreten trockengefallener Flächen
Das 28,74 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Kellerwald, Herzhausen- Hemfurther Edertal", am obersten Ende des Edersees. Das Gebiet ist der südlichen Uferstraße des Edersees vorgelagert. Von ihr aus fällt das Gelände im westlichen Teil zunächst einige Meter steil zum See hin ab; im östlichen Teil liegt zwischen Straße und See zunächst ein bewaldeter höherer Stei lhang. Die geschützte Fläche reicht etwa bis zum alten Ederseelauf, sie gliedert sich in zwei etwa gleichbreite dem Ufer parallel laufende Streifen,die landseitige Zone I genießt den stärkeren Schutz
Alle Schwankungen des Wasserstandes der Stauung (bis zu 80% der Gesamtstauseefläche fallen jährlich trocken) wirken sich hier an der „Stauwurzel" des Sees zuerst aus. Schon relativ geringe Wasserstandsänderungen lassen bei dem flach streichenden Gelände große Flächen trockenfallen bzw. wieder im Wasser verschwinden.
Mit der Überflutungsdauer geht eine deutliche Tiefenzonierung der Pflanzenwelt einher. Dabei nehmen mit der Tiefe die anstehenden Pflanzenmassen nach der Bestandshöhe und dem Bodenbedeckungsgrad gleichmäßig ab. Fünf Pflanzenzonierungen folgen vom Ufer aus: 1) Das Weidicht in 0 bis 1,8 m unter Vollstaupegel, durchschnittlich über 75 0/0 der Zeit trocken- liegend; 2) das hochstaudenreiche Ried,1,5 bis 2,5 m unterVollstaupegel, durchschnittlich 70 bis 75% trockenliegend; 3) das reine Schlankseggenried, 2,5 bis 6 m, 50 bis 70 %wie oben; 4) die obere Zwergpflanzenflur mit Seggeninseln 6 bis 9 m, 30-50% wie oben; 5) die Untere Zwergpflanzenflur 9 m und mehr, 12 bis 30% wie oben.
Mit 67 Gefäßpflanzenarten, einem Moos und mehreren Bodenalgen ist das Gebiet nicht sonderlich artenreich, doch befinden sich darunter viele Spezialisten der Ufer-, Auen und Sumpfstandorte und bestandsbedrohte Arten der Roten Liste: Sumpfampfer (Rumex palustris), Dreimänniges Tännel (Elatine triandra).
Etwa 800 Tierarten kommen zeitweise in außerordentlich hohen Besiedlungsdichten vor. Obgleich fast alle Tiergruppen vertreten sind, können nur Insekten und Spinnentiere als wirklich erfolgreiche Besiedler des Überschwemmungsgebietes gelten. Die erfolgreichsten Tiere während der Trockenphase sind die Springschwänze, weil sie sich bereits wenige Tage nach dem Trockenfallen aus Eiern entwickeln, die auf dem Seeboden die Flut überlebt haben. Unter den echten Insekten sind die kleinen Sumpffliegen (Ephydridae, Spaeroceridae) sehr 151 zahl- und artenreich. Für den nordischen Singschwan mit meist nicht mehr als zehn Tieren ist das Gebiet ein wichtiger hessischer Überwinterungsplatz; der Bruterfolg von maximal zehn Brutpaaren des Haubentauchers ist abhängig vom Vollstau über das Frühjahr.
NSG „Stadtbruch von Volkmarsen" (Kreis Waldeck-Frankenberg) VO vom 28. November 1985 (StAnz. S. 2291); in Kraft getreten: 17. Dezember 1985
Über die Musterverordnung hinaus ist gestattet: - Maßnahmen zur Erhaltung und Pflege eines natürlichen Bruchwaldes; - der Betrieb und die Unterhaltung der Wassergewinnungsanlage
Das 27,80 ha große Naturschutzgebiet liegt im Naturraum „Ostwaldecker Randsenken, Volk- marser Becken", südwestlich in unmittelbarer Nähe der Stadt Volkmarsen, in dem Dreieck, das durch die Twiste und den Mühlgraben gebildet wird. Im Westen bildet die Twiste die Grenze, im Nordwesten schiebt sich zwischen Twiste und Naturschutzgebiet das dem Bruch abgenom- mene Gelände des Sportzentrums, im Südosten hat sich das Volkmarser Industriegebiet in einem breiten Gürtel entlang des Mühlgrabens auf Kosten des Bruches etabliert. Die Feucht- und Naßwiesen zeigen in einzelnen Bereichen Anklänge an einen naturnahen Erlenbruchwald mit Schwarzerlen und Grauerlen; der größte Teil wird jedoch von ca. 30 jährigen Pappel- anpflanzungen unterschiedlicher Sorten eingenommen. Auch die Twiste ist mit einem breiten Gürtel von Pappeln versehen worden. Die Wiesen und Weiden im Nordwesten und im Süden befinden sich auf höherem, trockenerem Gelände. Unter der reichen Amphibienfauna domi- niert eine sehr große Population des Grasfrosches. In den Gräben befindet sich ein relativ großer Bestand des Dreistacheligen Stichlings. Bestandsbedrohte Brutvögel sind hier Klein- specht, Wasseramsel und Gebirgsstelze, möglicherweise der Eisvogel. Eine planmäßige Entwicklung des Gebietes ist hier besonders wichtig.
Anschrift des Verfassers: DR. ALBRECHT ENSGRABER, Hessische Landesanstalt für Umwelt, Unter den Eichen 7, 6200 Wiesbaden.
152 Zeitschrift für Vogelkunde und Naturschutz in Hessen • Vogel und Umwelt 4: 153-160 (1986)
Artkapitel „Waldschnepfe" der neuen „Avifauna von Hessen" von JÖRG W. BRAUNEIS, Göttingen
Anmerkung der Redaktion: Die folgende Arbeit über die Waldschnepfe ergänzt die Reihe von Artbearbeitungen für die neue „Avifauna von Hessen", die wir beispielhaft in „Vogel und Umwelt" vorab veröffentlichen. Auch von diesem Artikel erhoffen wir uns einerseits, daß er Anregungen für andere Artbearbeiter enthält, andererseits aber auch, daß Sie als Leser uns weitere Informationen, Anregungen oder Kritik zukommen lassen. Insbesondere die Forstbediensteten und Jäger bitten wir um Mitarbeit, wenn sie durch ihre Beobachtungen die Aussagen dieser Artbearbeitung bestätigen, ergänzen oder auch widerlegen können.
Waldschnepfe - Scolopax rusticola (Linne 1758)
Rassen: keine Rassengliederung Status und Häufigkeit: Brutvogel (Sommervogel): wahrscheinlich Kategorie IV (über 200 bis 1000 brütende Weibchen). Durchzügler: Kategorie B-C (über 100 bis 10.000 Ex.) unregelmäßiger Wintergast: Kategorie A-B (1-1000 Ex.).
Verbreitung: Die Waldschnepfe ist in allen Teilen Hessens als Brutvogel anzutreffen, sofern geeignete Wald- gebiete vorhanden sind.
Lebensraum: Bevorzugte Bruthabitate der Waldschnepfe sind ausgedehnte, bodenfeuchte, artenreiche Mischwälder, die eine für die Schnepfe leicht erreichbare vielfältige Bodenfauna (Haupt- nahrung: Regenwürmer) garantieren. Diese Bedingungen sind bei Femel- oder Plenterwald- betrieb jedenfalls erfüllt. Bei Kahlschlagbetrieb werden Gelege meist in den jüngeren Alters- klassen gefunden, wobei in Laubholz eingebrachte Nadelholzhorste die Attraktivität zu erhöhen scheinen. Regional können anthropogen stark beeinflußte Waldformen (Wester- wälder Hauberge, Eichenschälwälder derWerraberge) als traditionell gute Schnepfenbiotope gelten. Nadelholzmonokulturen werden nach dem Dickungsschluß wohl nur noch in Ausnah- mefällen besiedelt. Da die Brutpopulation zumindest teilweise gemeinsam mit den durchzie- henden Angehörigen der skandinavischen und baltischen Populationen in Hessen erscheint und sich letztere während des Zuges an der Balz beteiligen, dürfen Balzflüge (Schnepfen- strich) nur dann als Hinweis auf ein Brutvorkommen gewertet werden,wenn sie über Mitte April hinaus anhalten (GLUTZ v. BLOTZHEIM et al. 1977). 153 KEIL (1980) legte Ergebnisse einer ökologischen Untersuchung der Waldschnepfe in Mittel- gebirgsregionen vor, an der sich - neben rheinland-pfälzischen Revieren - die hessischen Forstämter Homberg/Ohm, Romrod, Morschen, Wanfried, Wolfgang und Isenburg beteiligten: Von 70 im Frühjahr1976 erlegten Schnepfen waren 81,4% Männchen und 18,6 %Weibchen.Bei den nach dem 20. März zur Strecke gekommenen Vögeln waren die Geschlechtsorgane bereits so weit entwickelt,daß ein wesentlicherTeil dieser Individuen der örtlichen Brutpopula- tion zugerechnet werden muß. KEIL (1980) gibt weiter an, daß nach diesen Untersuchungen ein typischer Waldschnepfen (-durchzugs-)biotop z. B. folgende Merkmale aufweisen muß: - Alter des Baumbestandes unter etwa 25 Jahren, kleiner Bachlauf oder Feuchtstellen; - ein oder mehrere Überhälter (aus der vorangegangenen forstlichen Waldgeneration über- nommene Altbäume). KALDEN (1978) führte in den Jahren 1975-1978 eine Erhebung der Waldschnepfen-Beobach- tungen zur Balzzeit im Kreisteil Frankenberg durch und betont, daß man dort streichenden Schnepfen am häufigsten im Bereich von Buchennaturverjüngungen (Buchenrauschen) begegnet. Da Gelege in der Regel nur als Zufallsfunde nachgewiesen werden und sich eine syste- matische Suche aus Gründen des Artenschutzes verbietet, müssen über Mitte April hinaus andauernde Balzflüge als ein entscheidendes Kriterium zum Auffinden einer Waldschnepfen- Brutpopulation gewertet werden. Danach besiedelt die Schnepfe die hessischen Wälder von den Auwaldrelikten des hessischen Rheinabschnitts bis in die Kammlagen aller Mittelgebirge. Gelege der Waldschnepfe werden in Hessen ausnahmsweise schon von Ende März an (28.03.1973 Runkeler Wald/STAHL), in der Regel ab Anfang April gefunden (10.04.1972 bei Waldkappel-Bischhausen/STANEK). Die Gelegenachweise erstrecken sich dann bis Mitte August (12.08.1979 bei Waldkkappel-Bischhausen/STANEK). Bei einer durchschnittlichen Brutdauer von 22 bis 23 Tagen und ca.drei Wochen bis zum Flüggewerden (BETTMANN 1975) werden unselbständige Jungvögel von Ende April noch bis Mitte September angetroffen (10.09.1974 drei Jungvögel bei Waldkappel-Bischhausen/STAN EK). Die aus den Jahren 1953 bis 1981 vorliegenden genau bezeichneten hessischen Gelegefunde sind über die Brut- periode von März bis August annähernd gleichmäßig verteilt (s. Abb. 1). Eine zweigipfelige Verteilung der Gelege- und Jungenfunde mit einem absoluten Maximum in der zweiten Aprildekade und einem geringeren Maximum in der ersten Junidekade, wie es NEMETSCHECK und FESTETICS (1977) für ihr niedersächsisches Untersuchungsgebiet fanden, konnte für Hessen - bei aller angesichts des geringen Materialumfangs gebotenen Vorsicht - nicht bestätigt werden. Möglicherweise wird dieses Phänomen durch den je nach Höhenlage unterschiedlichen Balz- und Brutbeginn in Hessen überlagert. Obwohl auch für Hessen zwei Jahresbruten nicht sicher nachgewiesen sind, erscheinen diese insbesondere angesichts der langen Brutperiode als sehr wahrscheinlich.KALCHREUTER (1975) nimmt bei 30 0/0 der Waldschnepfenweibchen aus populationsdynamischen Gründen ein zweimaliges Brüten im Jahr an. Die in der Literatur (LAN DAU 1849 ; GEBHARDT&SUNKEL19 54; BRAUNEIS 1985; LUCAN et al. 1974), aber auch von erfahrenen Feldornithologen und Jägern (STANEK mündl.) insbesondere für das nördliche Hessen immer wieder berichteten zwei Balzhöhe- punkte dürfen wohl als gegeben angesehen werden. Nach einem Höhepunkt des Anfang März beginnenden „Schnepfenstrichs" in der ersten und zweiten Aprildekade werden balzende Schnepfen erst Ende Mai/Anfang Juni wieder häufiger beobachtet. Dieser Eindruck sollte durch eine planmäßige Untersuchung überprüft werden, insbesondere da NEMETSCHECK und FESTETICS (1977) ebenso wie KALCH REUTER (1979) eine derartige Zweigipfligkeit der Balzsaison bei umfangreichen Studien in ihren niedersächsischen bzw.süddeutschen Unter- suchungsgebieten nicht finden konnten. 154 Anzahl Gelege
n=25