Wissen 69

Beiträge zur Europäischen Lärche

Berichte der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft Beiträge zur Europäischen Lärche Impressum

ISSN 0945-8131

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Herausgeber Bayerische Landesanstalt und Bezugsadresse für Wald und Forstwirtschaft (LWF) Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 1 85354 Freising Telefon: +49 (0) 81 61/71-4801 Fax: +49 (0) 81 61/71-4971 [email protected] www.lwf.bayern.de Verantwortlich Olaf Schmidt, Leiter der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft Redaktion und Schriftleitung Tobias Bosch, Anja Hentzschel-Zimmermann Gestaltung Christine Hopf Titelfoto Ottmar Holdenrieder Druck Bosch-Druck GmbH, Landshut Auflage 800 Stück Copyright © Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft Oktober 2012

Schutzgemeinschaft Deutscher Wald

2 LWF Wissen 69 Vorwort

2012 ist die Europäische Lärche zum Baum des Jahres gewählt worden. Zu die- sem Anlass veröffentlicht die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirt- schaft diese Ausgabe von LWF Wissen, um einen Überblick über die Europäi- sche Lärche zu geben. Wir geben diesen Lärchenbericht auch deswegen heraus, da in Deutschland nur Bayern über natürliche Lärchenvorkommen verfügt.

Jeder kennt die leuchtend goldgelbe Farbe im Herbst, wenn die Lärche ganze Bergkämme erstrahlen lässt. Als einzige heimische Nadelbaumart verliert sie ih- re Nadeln und beeindruckt uns bei herbstlichen Wanderungen in den Alpen mit ihrem farbigen Kleid. Im Frühjahr zeigt die Lärche eine weitere Besonderheit: ih- re Kurztriebe – kleine leuchtend grüne Nadelbüschel, so weich, dass sie eher an Blätter erinnern.

Sehr interessant ist das wertvolle Holz, das vor allem dort verwendet wird, wo es nass werden kann und wo es trotzdem lange haltbar sein soll. Eine typische Holzart für Wassereinbauten, Fenster oder Dachschindeln. Viele Gebäude im Ge- birge, vor allem die Almhütten, sind aus jahrhundertealten Lärchenstämmen und die Gebäude stehen heute noch! Aber auch das Lärchenharz war seit Jahrhun- derten ein wichtiger Rohstoff und wurde früher als Heilmittel verwendet.

Spezialisiert auf frostige Winter ist die Lärche vor allem in den Zentralalpen kon- kurrenzstark und bildet dort mit der Zirbe die Waldgrenze. In Deutschland kommt sie natürlicherweise nur in Berchtesgaden und im Werdenfelser Land vor. Heute wird sie weit über ihr natürliches Areal hinausgehend forstlich angebaut. Als Hochgebirgsbaumart wird sie im Hinblick auf den Klimawandel als Alternative im Waldbau keine gewichtige Rolle spielen. Beim forstlichen Anbau der Lärche spielen die Herkünfte eine große Rolle, da die Anfälligkeit gegenüber dem Lärchenkrebs variiert.

Den Autoren dieses Heftes darf ich an dieser Stelle für die interessanten und um- fassenden Beiträge zur Europäischen Lärche herzlich danken. Teilweise wurden die Artikel als Vorträge auf der gemeinsam von SDW und LWF veranstalteten Ta- gung am 20.10.2012 in Kelheim gehalten. Für die gute Zusammenarbeit danke ich auch der SDW LV Bayern, dem Forstbetrieb Kelheim der BaySF und der Wald- bauernschule Goldberg herzlich.

Olaf Schmidt Präsident der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft

LWF Wissen 69 3 Inhaltsverzeichnis

Impressum 2 Vorwort 3 Inhaltsverzeichnis 5 Die Europäische Lärche – Taxonomie, Verbreitung, Morphologie 7 Gregor Aas

Eine Lärche kommt selten allein – Lärchen-Zirbenwälder der Alpen 13 Kristine Koch und Helge Walentowski

Die Europäische Lärche im Klimawandel 19 Wolfgang Falk, Ute Bachmann-Gigl und Christian Kölling

Forstliches Vermehrungsgut und Genetik der Europäischen Lärche 28 Monika Konnert, Ralph Jenner und Alexander Nickl

Die Lärche im Bayerischen Staatswald 34 Walter Faltl und Stephan Breit

Wachstum der Lärche in Bayern 39 Hans-Joachim Klemmt, Michael Neubert und Wolfgang Falk

Fraßschäden durch Insekten an der Lärche 46 Martina Weber, Manuela Wolf, Julia Zeitler und Ralf Petercord

Der Lärchenkrebs – die schwerwiegendste Erkrankung der Lärche 56 Ralf Petercord und Ludwig Straßer

Pilze und Insekten an der Lärche 60 Markus Blaschke, Alexandra Nannig und Heinz Bußler

Das Holz der Lärche – Eigenschaften und Verwendung 65 Dietger Grosser und Gabriele Ehmcke

Die Sudetenlärche 72 Otto Bauer

Von zartgrün bis goldfarben 76 Walter Schulz

Vom Lärchenharz zum Terpentin bis Lärchenöl 79 Norbert Lagoni

Urlärchen – aus der Römerzeit? 82 Hubert Rößner Die Lärche 84 aus E.A.Rossmässler, Der Wald, 1863

Kästen, Lyrisches zur Europäischen Lärche 17, 45, 54, 59, 64 , 71, 75 Bäume des Jahres 85 Anschriften der Autoren 86

LWF Wissen 69 5 Die Europäische Lärche – Taxonomie, Verbreitung, Morphologie Gregor Aas

Schlüsselwörter: Larix decidua, Larix kaempferi, Taxono- ropa. Neben dieser hat in Mitteleuropa nur noch die Ja- mie, Ökologie, Sprossmorphologie, Kronenarchitektur panische Lärche (Larix kaempferi) forstliche Bedeu- tung, während von den anderen Arten nur selten Indi- Zusammenfassung: Die Europäische Lärche (Larix decidua) viduen in Parks oder botanischen Sammlungen zu ist disjunkt verbreitet. Das größte zusammenhängende finden sind. Lärchen sind sommergrün und morpholo- Areal sind die Alpen (insbesondere die Zentralalpen), da- gisch durch einen ausgeprägten Dimorphismus im neben gibt es isolierte Teilareale in Osteuropa. Die ausge- Sprosssystem gekennzeichnet (Abbildung 3 und Abbil- prägte Gliederung des Sprosssystems in Kurz- und Lang- dung 4). Die weichen Nadeln stehen an Langtrieben triebe ermöglicht Lärchen eine flexible Kronenarchitektur spiralig, an den mehrjährigen Kurztrieben in dichten und eine hohe Fähigkeit zur Regeneration. Neben Larix de- Büscheln. cidua hat die Japanische Lärche (Larix kaempferi) in Mittel- europa forstliche Bedeutung. Verbreitung und Ökologie von Larix decidua

Die Europäische Lärche kommt von Natur aus in meh- Die Gattung Larix reren geografisch getrennten Teilarealen vor. Das größ- te zusammenhängende Verbreitungsgebiet sind die Al- Zur Koniferen-Gattung Larix (Lärche) aus der Familie pen, wobei sie in den Westalpen nur in zentralalpinen der Kieferngewächse (, Unterfamilie Lärchen- Gebieten vorkommt (Abbildung 1), in den Ostalpen ähnliche, Laricoideae) gehören zehn Baumarten (Far- hingegen vermehrt auch in den niederschlagsreichen jon 2010, Tabelle 1), die in der kalt-gemäßigten Zone Randalpen bis in den Wienerwald. Isoliert vom Alpen- der nördlichen Halbkugel, vorwiegend in Gebirgen, ver- raum gibt es im östlichen Europa Lärchenvorkommen breitet sind. Drei Larix-Arten kommen in Nordamerika in den West-, Ost- und Südkarpaten, in den Sudeten vor, sechs in Sibirien, Ostasien und dem Himalaja und (Gesenke und Altvater) und in der Weichselniederung eine, die Europäische Lärche (Larix decidua), in Eu- Polens.

Abbildung 1: Lärchen - bestand im Herbst in Sils, Graubünden (Foto: O. Holdenrieder)

LWF Wissen 69 7 Die Europäische Lärche – Taxonomie, Verbreitung, Morphologie

Wissenschaftlicher Name Trivialname Verbreitung Larix occidentalis Westamerikanische Lärche, engl. Western nordwestliches Nordamerika Larix lyallii Lärche, engl. Subalpine Larch nordwestliches Nordamerika Larix laricina Amerikanische Lärche, engl. Tamarack boreales Nordamerika Larix kaempferi Japanische Lärche Japan Larix gmelinii Dahurische Lärche Ostasien Larix mastersiana China (Sichuan) Larix potaninii Chinesische Lärche China, Nepal Larix griffithii Sikkim-Lärche Ost-Himalaja, China Larix sibirica Sibirische Lärche Sibirien, China Larix decidua Europäische Lärche, engl. European Larch Europa

Tabelle 1: Die Arten der Gattung Larix (verändert nach Farjon 2010)

Das stark disjunkte Areal hat zur Ausbildung geogra- fischer Rassen geführt, die sich in morphologischen und ökophysiologischen Merkmalen unterscheiden (z. B. Wüchsigkeit, Wuchsform, Anfälligkeit gegenüber Krankheiten). Früher hat man diese Klimarassen als die Unterarten Alpenlärche (L. decidua ssp. decidua), Su- detenlärche (ssp. sudetica), Karpatenlärche (ssp. car- patica) und Polenlärche (ssp. polonica) unterschieden. Nach neuerer Auffassung (Farjon 2010) unterteilt man die Art nur noch in die drei Varietäten L. decidua var. decidua, var. carpatica und var. polonica.

Abbildung 2: Alte und mächtige, mehrstämmige Lärche in Larix decidua ist eine sehr lichtbedürftige, aber extrem Lavin, Graubünden (Foto: O. Holdenrieder) frostharte und in der Jugend raschwüchsige Pionier- baumart. In den Alpen ist sie Wald bildend nur im Bereich eines kontinental getönten Klimas. Hier bildet sie in der subalpinen Stufe bis an die Waldgrenze rei- ne Bestände oder wächst zusammen mit Pinus cembra und Picea abies. Optimal gedeiht sie auf tiefgründigen frischen, gut durchlüfteten, basenreichen Lehm- und Tonböden; häufig besiedelt sie als Pionier flachgründi- ge Standorte und Rohböden. Die Höhenverbreitung sinkt im Alpenraum von West nach Ost und von den In- ner- zu den Randalpen. Im schweizerischen Wallis, im Engadin und den Tiroler Alpen kommt sie bis auf etwa 2.300 m (als Strauch auch höher), am Ostalpenrand hingegen nur bis etwa 1.600 m vor. Abbildung 3: Ältere Kurztriebe von Larix decidua (Foto: G. Aas)

8 LWF Wissen 69 Die Europäische Lärche – Taxonomie, Verbreitung, Morphologie

Steckbrief Europäische Lärche (Larix decidua)

Gestalt: Bis 30 m (max. bis 54 m) hoher Baum, Brust- höhendurchmesser (BHD) bis 2,4 m; Krone zunächst kegelförmig mit durchgehendem Stamm, Äste in unre- gelmäßigen Etagen, im Alter Krone oft unregelmäßig und mehrwipfelig; bei Alpenlärchen häufig der untere Stammteil gebogen (Säbelwuchs)

Triebe: Lang- und Kurztriebe; Langtriebe kahl, gelb- braun, durch die leistenartig herablaufenden Nadel- kissen gerieft

Knospen: Halbkugelig, mit wenigen Schuppen, nur die Endknospe etwas harzig

Nadeln: Weich, hellgrün, im Herbst goldgelb, dann ab- fallend; 2–4 cm lang und 1–2 mm breit; an Langtrieben einzeln in spiraliger Anordnung, an Kurztrieben in Bü- scheln zu 20–40 (60)

Rinde: Bei jungen Bäumen glatt, frühe Bildung einer Abbildung 4: Kurz- und Langtriebe von Larix decidua; graubraunen, oft rötlich gefleckten, tief gefurchten, im Langtriebe werden bevorzugt an der Spitze von Zweigen Alter bis 10 cm dicken, schuppig abblätternden Borke gebildet. (Foto: G. Aas)

Blüten: April –Mai; einhäusig verteilt; windbestäubt; männliche und weibliche Blüten am gleichen Zweig aus Größere natürliche Lärchenbestände gibt es in vorjährigen oder älteren Kurztrieben; männliche Blüten Deutschland nur auf kleiner Fläche im hochsubalpinen gelblich, eiförmig-kugelig, 1–1,5 cm lang, nach unten Lärchen-Zirbenwald in den östlichen bayerischen gekrümmt; weibliche Blütenstände 1–1,5 cm lang, auf- Alpen (Berchtesgadener und Werdenfelser Land) recht, mit roten (selten grünlichen) Deckschuppen und (Ewald, WINALP). Außerhalb ihres Areals werden kleineren Samenschuppen Lärchen aber in ganz Mitteleuropa forstlich angebaut. In Deutschland beträgt ihr Anteil (inklusive der Japa- Zapfen und Samen: Zapfen ± aufrecht, eiförmig, 2–4 nischen Lärche) an der gesamten Waldfläche 2,8 % cm lang, meist zimtbraun; Deckschuppen zwischen Sa- (Bundeswaldinventur 2002). In Bayern ist die waldbau- menschuppen hervorragend; Zapfen nach Samenfall liche Bedeutung der Lärche mit einem Flächenanteil oft jahrelang am Baum; Samenreife im Herbst des Blüh- von 2,0 % geringer als in den meisten anderen Bundes- jahres, Zapfen öffnen sich oft erst im folgenden Früh- ländern (z. B. Schleswig-Holstein 7,6 %, Hessen 4,8%, jahr; Samen klein, 3–5 mm lang, dreieckig, dickschalig, Niedersachsen 4,7%). mit dem Flügel verwachsen; Windverbreitung

Höchstalter: Bis etwa 1.000 Jahre

Chromosomenzahl: 2n = 24

Bewurzelung: Anfänglich Pfahlwurzel, später kräftiges und meist tief reichendes Herzwurzelsystem

LWF Wissen 69 9 Die Europäische Lärche – Taxonomie, Verbreitung, Morphologie

Spross- und Blütenbildung

1. Jahr 2. Jahr 3. Jahr

3a

5a

5b

123b 4

Abbildung 5: Spross- und Blütenbildung 5c bei Larix (schematisch, verändert nach M. Sieber). Langtrieb mit Knospen im ersten Winter (1); Kurztrieb (2), dieser kann in der gleichen Vegetationszeit zum Lang- trieb auswachsen (3a) oder Kurztrieb blei- ben (3b); Kurztrieb im Winter des zweiten Jahres (4), der im kommenden Frühjahr Vegetationszeit im Kurztriebstadium verbleiben (Abbil- eine männliche Blüte (5a), einen weibli- dung 3). Nach der Winterruhe treiben am mittlerweile chen Blütenstand (5b) oder wieder einen benadelten Kurztrieb bilden kann (5c); zweijährigen Holz die meisten Kurztriebknospen wie- dieser kann sich dann wieder wie (2) der zu Nadel-Kurztrieben aus, auch hier wieder mit der verhalten. Option nach einer kurzen Pause Langtriebe zu bilden. Ein Teil der Kurztriebsknospen kann ab diesem Alter aber auch anstelle eines benadelten Kurzsprosses Flexible Kronenmorphologie männliche Blüten oder weibliche Blütenstände hervor- als Überlebensstrategie bringen (Abbildung 6). Männliche Blüten fallen nach dem Stäuben ab, die weiblichen Zapfen (Abbildung 7 Basierend auf der Differenzierung des Sprosssystems und Abbildung 8) nach der Samenreife. In beiden Fäl- in Lang- und Kurztriebe haben Lärchen eine charak - len ist aber der Kurztrieb durch die Blüte verbraucht teristische Verzweigungs- und Kronenmorphologie, die und fällt für die weitere Bildung von Sprossen aus. Eine es ihnen ermöglicht, rasch und flexibel auf Umweltbe- starke Blüte des Baumes geht somit zu Lasten photo- dingungen und Störungen zu reagieren. An den dies- synthetisch aktiver Nadelmasse. Dies kann die Lärche jährigen Langtrieben werden in der ersten Vegetations- aber bis ins hohe Alter rasch kompensieren, indem sie periode Knospen gebildet. Diese treiben im nächsten vermehrt aus Kurztrieben frische Langtriebe bildet mit Frühjahr zunächst immer zu benadelten Kurztrieben vielen Knospen als Voraussetzung für neue, dicht be- aus (Abbildung 5), von denen ein Teil noch im gleichen nadelte Kurztriebe. Frühjahr, drei bis sechs Wochen nach dem Austrieb, zu benadelten Langtrieben (Abbildung 4) auswachsen Kurztriebe können bis zu 30 (max. 45) Jahre alt wer- kann, während die restlichen Kurztriebe die gesamte den (Abbildung 3), schließen jedes Jahr mit einer End-

10 LWF Wissen 69 Die Europäische Lärche – Taxonomie, Verbreitung, MorphologieKolumnentitel rechts

Häufiger Fremdländer: Japanische Lärche

Neben der Europäischen Lärche wird in Mittel- und vor allem in Westeuropa häufig die Japanische Lärche (La- rix kaempeferi, syn. L. leptolepis, Abbildung 9 und Ab- bildung 10) angebaut, die 1861 nach Europa eingeführt wurde. Von Natur aus ist die Japan-Lärche ein wichtiger Waldbaum in höheren Gebirgslagen (1.100–2.700 m)

Abbildung 6: Weiblicher Blütenstand (links) und männliche Blüte von Larix decidua (Foto: G. Aas)

knospe ab und können daraus Jahr für Jahr einen Bü- schel Nadeln bilden. Die Langtriebbildung ist ausge- prägt akroton (spitzenwärts) gefördert, das heißt, je nä- her sich ein Kurztrieb zur jeweiligen Sprossspitze befindet, um so wahrscheinlicher wird er zum Lang- trieb und desto stärker ist sein Längenwachstum. So Abbildung 7: Zapfen von Larix decidua vor der Samenreife werden die Endknospen an der Spitze eines Zweiges (Foto: G. Aas) am häufigsten zu Langtrieben, während Triebe im mitt- leren und basalen Teil einer Sprossachse, insbesonde- re im Kroneninneren, am längsten im Kurztriebstadium verharren. Langtriebe bilden sich deshalb bevorzugt an der Peripherie der Krone und im Wipfelbereich, was zu einer raschen Vergrößerung der Krone und vor allem in der Jugend zu stärkerem Höhenwachstum führt.

Verliert eine Lärche Äste oder gar einen Teil der Krone, was insbesondere im Gebirge durch Sturm, Blitz und Steinschlag oft der Fall ist, so kann sie diesen Verlust viel schneller als eine Fichte oder Kiefer durch ver- mehrte Langtriebbildung kompensieren. Dabei kommt ihr zugute, dass Kurztriebe noch im hohen Alter zu Langtrieben auswachsen können, und dass aus schla- fenden (proventiven) Knospen Ersatztriebe (Wasserrei- ser) an Stamm und Ästen gebildet werden können. Die Lärche verfügt dadurch über eine ungewöhnlich flexi- ble Verzweigungsmorphologie und Kronenarchitektur, eine wesentliche Voraussetzung für das Überleben an Grenzstandorten des Baumwachstums im Hochgebir- ge. Nur so können Lärchen unter extremsten Wuchs - bedingungen ungewöhnlich alt werden (Abbildung 2). Nachgewiesen sind Höchstalter von 850 Jahren („Ult- ner Urlärchen“ in Südtirol, Lösch und Oberhuber 2005) und von 980 Jahren (The Gymnosperm Database), nicht Abbildung 8: Zapfen sind Sprosse, was man daran erken- aber Angaben, wonach Lärchen bis 2.000 Jahre alt nen kann, dass sie gelegentlich an ihre Spitze als benadelte werden können. Triebe weiter wachsen. In der Regel sterben diese bei der Samenreife ab. (Foto: G. Aas)

LWF Wissen 69 11 Die Europäische Lärche – Taxonomie, Verbreitung, Morphologie

Abbildung 9: Spross mit Kurztrieben der Japanischen Abbildung 10: Zapfen der Japanischen Lärche; die Samen- Lärche; die junge Rinde ist im Unterschied zur Europäischen schuppen sind im Unterschied zur Europäischen Lärche Lärche rotbraun. (Foto: G. Aas) nach außen umgebogen. (Foto: G. Aas)

Merkmal Larix decidua Larix kaempferi Habitus Seitenzweige ± schlaff von den Ästen hängend Seitenzweige von den Ästen ± abstehend Rinde junger Triebe gelbbraun rotbraun, oft mit bläulichem Wachsbelag Nadeln hellgrün bläulich grün Zapfenschuppen Rand nicht umgebogen Rand nach außen umgebogen Samen dickschalig dünnschalig (mit Daumennagel zerdrückbar)

Tabelle 2: Morphologische Unterschiede zwischen der Europäischen (Larix decidua) und der Japanischen Lärche (Larix kaempferi)

der Insel Hondo mit atlantisch geprägtem Klima und WINALP: http:/arcgisserver.hswt.de/winalp daher für den forstlichen Anbau in Europa nur in aus- reichend humiden, vor allem küstennahen Gebieten ge- Zoller, H. (1981): Larix. In Hegi, G.: Illustrierte Flora von Mittel- europa. Band I, Teil 2, 3. Auflage, S. 63–71 eignet. Hybride der Europäischen und Japanischen Lär- che (Unterscheidungsmerkmale in Tabelle 2) (Larix x eurolepis) werden bei uns gezielt angebaut oder treten, dort wo beide miteinander wachsen, spontan auf. Keywords: Larix decidua, Larix kaempferi, , eco- logy, shoot morphology, crown architecture

Literatur Summary: The genus Larix comprises ten deciduous tree species in the northern hemisphere. The autochthonous Ewald, J.: mündliche Mitteilung Larix decidua (European Larch) is found throughout the Farjon, A. (2010): A Handbook of the World’s . Vol. I. Alps (mainly in central parts) and in disjunct areas in seve- Brill, Leiden, Bosten. 526 S. ral regions of Eastern Europe. Shoots of larch are clearly se- parated into short and long shoots, allowing a flexible Lösch, B.; Oberhuber, W. (2005): Das Alter der „Ultner Urlärchen“ crown architecture and a high ability for regeneration. Ja- und der Lärchen oberhalb der Pichl-Alm am Klapfberg. Der Schlern 79, S. 26–37 panese Larch (Larix kaempferi) is an introduced forestry species in Central Europe. Sieber, M.: (unveröffentlicht)

The Gymnosperm Database: www.conifers.org/pi/Larix_deci dua.php

12 LWF Wissen 69 Eine Lärche kommt selten allein – Lärchen-Zirbenwälder der Alpen Kristine Koch und Helge Walentowski

Schlüsselwörter: Lärche, Zirbe, Waldgrenze, Waldgesell- Mit zunehmender Strahlungsintensität und Nähe zur schaft, Alpen, NATURA2000 Waldgrenze nimmt die natürliche Konkurrenzkraft der Lärche gegenüber anderen Baumarten zu. Ihr Haupt - Zusammenfassung: Die Lärche (Larix decidua subsp. deci- areal befindet sich in den Zentralalpen, wo sie haupt- dua) ist ein Charakterbaum der Alpen. Am häufigsten be- sächlich mit der Zirbe Silikat-Lärchen-Zirbenwälder bil- gegnet sie uns in der subalpinen Stufe der kontinentalen det. In ihrem Arealrand wächst sie an schroffen, Zentralalpen. Dort bildet sie mit der Zirbe (Pinus cembra) unwirtlichen Steilhängen der montanen und subalpinen den Silikat-Lärchen-Zirbenwald. Gemeinsam trotzen sie Stufe sowie auf skelettreichen Humuskarbonatböden dem extremen Klima an der Waldgrenze. Bei ähnlichen der subalpinen Stufe. Sie kommt daher auch in den klima tischen Bedingungen kommt dieses Duo auch in den Bayerischen Kalkalpen vor (Ozenda 1988). nördlichen Kalkalpen vor (Karbonat-Lärchen-Zirbenwald). Heutige Lärchen-Zirbenwälder sind meist stark durch Weide- und Holznutzung geprägt, teilweise sogar degra- Silikat-Lärchen-Zirbenwälder diert. Die Lärche ist selten in reinen Beständen zu finden, der Zentral alpen umso häufiger aber auf Flächen mit größeren Störungen. In fast allen Waldgesellschaften der Alpen dient sie als Das kontinentale Extremklima der Zentralalpen mit Pionierbaumart. sehr frostigen, schneearmen Wintern und warmen, strahlungsintensiven und trockenen Sommern behagt der Lärche mehr als anderen Baumarten, wodurch sie einen Konkurrenzvorsprung hat. Auf silikatischem Aus- Sieht man in den Alpen eine Lärche, so handelt es sich gangsgestein der hochsubalpinen Stufe vergesellschaf- um die Europäische Lärche (Larix decidua subsp. de- tet sie sich mit der Zirbe, in tieferen Lagen kommt die cidua). Sehr nahe verwandte Kleinarten wachsen zum Fichte hinzu (Klosterhuber et al. 2011) (Abbildung 1) . Beispiel in der Tatra und in den Sudeten (siehe S.72 „Die Sudetenlärche“). Nur die Europäische Lärche vermag es, reine Lärchenwälder zu bilden. Allerdings wächst sie am häufigsten in Gesellschaft der Zirbe (Pinus cembra). Gemeinsam trotzen sie den harschen klimatischen und edaphischen Bedingungen an der Waldgrenze. Beide Baumarten haben unterschiedliche Strategien gefunden, wie sie die frostigen Winter und die extreme Sonneneinstrahlung im Sommer überste- hen (Ellenberg 1996).

Als Pionierbaumart kommt die licht- und raumbedürf- tige Lärche überall dort vor, wo größere Störungen den Mineralboden freigelegt haben und genügend Licht vor- Abbildung 1: Pionierphase des tiefsubalpinen Fichten- handen ist. Junge Hochgebirge wie die Alpen zeichnen Lärchen-Zirbenwaldes mit dominierender Lärche im sich durch eine hohe Störungsfrequenz aus. Immer Martelltal, Südtirol (Foto: K. Koch) wieder kommt es zu größeren Bodenrutschungen, Sturmwürfen und Lawinenabgängen. Damit werden op- timale Bedingungen für die Verjüngung der Lärche ge- schaffen und sie kann sich in allen Höhenstufen und Waldgesellschaften in der Pionierphase von Beständen einfinden.

LWF Wissen 69 13 Eine Lärche kommt selten allein – Lärchen-Zirbenwälder der Alpen

Als einzige Nadelbaumart, die ihre Nadeln im Winter Karbonat-Lärchen-Zirbenwälder verliert, toleriert die Lärche ohne schützende Schnee- der Randalpen decke Minusgrade bis unter –30°C. Auch die Zirbe ist gegen das extreme Klima der kontinentalen Zentral - In den Bayerischen Alpen ist die Lärche selten als na- alpen in der subalpinen Stufe gewappnet. Durch die türliche Schlusswaldbaumart vorzufinden. Nur an der Viskosität ihres Zellplasmas friert das Zellinnere der Na- Waldgrenze Alpen einwärts gelegener, kontinentaler ge- deln nicht, sondern erstarrt. Die Frosthärte der Zirbe tönter Bergketten dominiert sie gemeinsam mit der Zir- nimmt im Herbst mit abnehmender Temperatur zu und be. In Deutschland gibt es nennenswerte Vorkommen schützt die Zellen vor dem Erfrieren bei Temperaturen dieser als Karbonat-Lärchen-Zirbenwälder (Vaccinio-Pi- bis zu – 40 °C. Gegen Frosttrocknis hilft eine dicke Kuti- netum rhododendretosum hirsuti, nach Mayer 1974) be- kula, die allzu starke Transpiration verhindert. Trotzdem schriebenen Waldgesellschaft (Walentowski et al. 2006) verliert die Zirbe im Winter Wasser. Mit ihren langen nur in den Berchtesgadener Alpen (Abbildung 2). Sehr Wurzeln, die bis in den nicht gefrorenen Unterboden kleinflächige und isolierte Vorkommen sind im Mang- reichen, kann sie diesen Verlust aber kompensieren (El- fallgebirge, in den Chiemgauer Alpen, in den Allgäuer lenberg 1996). Hochalpen, im Karwendel und im Wettersteinmassiv zu finden. Allen Lärchen-Zirbenwäldern gemein ist eine Klein - strauchschicht. Heidel-, Preisel- und Rauschbeere (Vacci - nium myrtillus, Vaccinium vitis-idaea, Vaccinium uligino- sum) gedeihen auf sauren Böden und in den relativ lichten Bestandsstrukturen besonders gut (Willner und Grabherr 2007). Die Lärchen-Zirbenwälder der Zentral - alpen auf Silikatgestein beschreibt Oberdorfer (1994) als Vaccinio-Pinetum cembrae typicum (Silikat-Lärchen-Zir- benwälder). Er zieht damit in der Namensgebung die in der Schlusswaldgesellschaft herrschende, schattentole- rantere Heidelbeere (Vaccinium myrtillus) den lichtbe- dürftigeren Alpenrosen (Rhododendron spec.) vor. Die Veränderung in der Bodenvegetation ist durch die zu- nehmende Beschattung vom Lärchen dominierten Initi- Abbildung 2: Der Karbonat-Lärchen-Zirbenwald stockt auf alwald zum Zirben dominierten Schlusswald verursacht. einem flachen Karstplateau in den Berchtesgadener Alpen. Die Zirbe ist dominierend; im Unterwuchs Vaccinium-Arten. (Foto: B. Reger) Unterschiedliche Standortsbedingungen fördern ab - weichende Artenzusammensetzungen der Bodenvege- tation und veranlassten Oberdorfer (1994), die Silikat-Lär- chen-Zirbenwälder pflanzensoziologisch zu unterteilen. Wie die Lärchen-Zirbenwälder der Inneralpen treten In schneereichen Lagen beschreibt er den Vaccinio-Pi- Karbonat-Lärchen-Zirbenwälder nur in Gebieten strah- netum cembrae rhododendretosum ferruginei, in dem lungsreicher und warmer Sommer in Erscheinung. Die- vermehrt die Rostblättrige Alpenrose (Rhododendron se Bedingungen finden sie vereinzelt auf Hochplateaus ferrugineum) vorkommt. Hier liegt die Alpenrose im der Bayerischen Alpen zwischen 1.650 und 2.000 m ü. Winter unter einer Schneedecke, die sie vor der hohen NN. Während der Großteil der Nordalpen im Sommer Einstrahlung bei gefrorenem Boden schützt. An Steil- von Wolken bedeckt ist, sind die Gebiete der Lärchen- hängen dominiert vermehrt das Wollige Reitgras (Ca- Zirbenwälder meist wolkenfrei. lamagrostis villosa) die Bodenvegetation, da es hier von erhöhter Lichteinstrahlung profitiert. Diese Gesell- Ein weiterer Grund für die Seltenheit beider Arten in schaft wird als Vaccinio-Pinetum cembrae calama - den Randalpen ist ihre Anfälligkeit gegenüber Pilzen, grostietosum villosae bezeichnet. An der Baumgrenze die in ozeanisch geprägten Gebieten zu ihrem Ausfal- dominiert die Latsche die Strauchschicht (Vaccinio- len beiträgt. Die Lärche wird in Gebieten hoher Luft- Pinetum cembrae mugetosum). Zwergwacholder (Juni- feuchtigkeit verstärkt von Lärchenschütte (Mycosphae- perus communis var. saxatilis) wiederum treten an rella laricina) und Triebschädlingen (Meria laricis) nordseitigen Hängen hervor und bilden das Vaccinio- heimgesucht. Die Zirbe wird in schneereichen Lagen Pinetum cembrae juniperetosum. oder Mulden vom Schwarzen und Weißen Schnee-

14 LWF Wissen 69 Eine Lärche kommt selten allein – Lärchen-Zirbenwälder der Alpen

schimmel (Hepotrichia juniperi, Phacidium infestans) Strauch- und Bodenvegetation Säurezeiger neben Kalk- befallen. Der Weiße Schneeschimmel ist vermutlich die zeigern zu finden sind. Gemeinsam mit der säure- Hauptursache für den Ausfall der Zirbe außerhalb der zeigenden Rostblättrigen Alpenrose (Abbildung 3 ) kontinentalen Alpen. kommen auch Kalkzeiger wie die Bewimperte Alpen- rose (Rhododendron hirsutum), die Zwergalpenrose Im Gegensatz zu ihrem Hauptvorkommen in den inner- (Rhodothamnus chamaecistus) und das Blaugras (Ses- alpinen Silikatalpen stocken die Lärchen-Zirbenwälder leria albicans) vor. Außerdem ist eine stark entwickel- in Bayern auf Kalkgestein. Trotzdem ist der Oberboden te Moosschicht typisch für diese Waldgesellschaft. relativ sauer. Die kurze Vegetationsperiode der hoch- Walentowski et al. (2006) unterteilen für Bayern die Bo- subalpinen Stufe verhindert den Humusabbau, wo- denvegetation nochmals anhand ihres unterschied - durch sich mächtige Schichten aus saurem Tangel- lichen Standortes. Auf mächtigen Tangelhumusböden humus bilden. Typische Böden sind Tangel-Rendzinen kommen verstärkt die Säurezeiger der Rentierflechten-, und Lehm-Rendzinen. Beerstrauch- und Rippenfarngruppe vor. Auf lehmrei- cheren Standorten sind vermehrt Grünerle (Alnus viri- Eine Besonderheit des Karbonat-Lärchen-Zirbenwaldes dis), Schluchtweide (Salix appendiculata) und Arten ist, dass wegen der Tangelhumus-Akkumulation in der der Pestwurzgruppe (Petasites) zu finden.

Auf Blockstandorten und Steilhängen der Kalkalpen (Abbildung 4) wächst die Lärche kleinflächig in Lär- chen dominierten Beständen und bildet dort azonale Dauergesellschaften (Laricetum asplenietosum und La- ricetum rhodothamnetosum). Die Lärche setzt sich auf diesen extrem steinigen Böden gegenüber Tanne, Fich- te und Buche bis hinab in die montane Stufe durch. Sie kann die schneearmen Winter, die Flachgründigkeit, und das erhöhte Störungspotential besser tolerieren. Durch ihre dicke Borke ist sie nach Steinschlägen we- niger anfällig gegenüber Pilzbefall und ihre Pfahlwur- zel schützt sie in längeren Trockenperioden vor dem Abbildung 3: Rostblättrige Alpenrose in einem durch Austrocknen (Mayer 1974). Weide geprägten hochsubalpinen Silikat-Lärchen-Zirben- wald im Unterengadin (Foto: B. Reger)

Abbildung 4: Die Lärchen - steilhangbestockung an einem verkarsteten Steil- hang in den Berchtes - gadener Alpen hat den durch Schneegleiten typischen Säbelwuchs. (Foto: B. Reger)

LWF Wissen 69 15 Eine Lärche kommt selten allein – Lärchen-Zirbenwälder der Alpen

Reine Lärchenwälder kommen ansonsten nur in den Keimwurzel auf einer dickeren Humusschicht keimen südlichen Kalkalpen der subalpinen Stufe vor (Larice- und sich auch in späteren Bestandsaltern, bei angerei- tum rhododendretosum hirsuti). In den durch das medi- cherter Humusauflage, verjüngen. Sämlinge der Lärche terrane Winterregengebiet beeinflussten Südketten fin- vertrocknen unter solchen Bedingungen, bevor sie den det die Lärche optimale Bedingungen, da die Zirbe Mineralboden erreichen und haben es daher schwer, wegen ihrer Schneepilzanfälligkeit im feuchten Winter- sich im späteren Bestandsalter zu verjüngen. halbjahr und die Fichte wegen der zu langen Sommer- trockenheit aus dem Bestand verschwinden (Mayer Trotz der widrigen Standortverhältnisse wird die Lär- 1974). che im Schnitt zwischen 300 und 400 Jahre alt und wächst der Zirbe zunächst davon. Mit ihrem Höhen- wachstum von 1–2 m in 50 Jahren holt die Zirbe die Entwicklung von Lärchen-Zirbenwäldern Lärche erst im späten Bestandsalter ein, um dann die Führung zu übernehmen. In der Schlusswaldphase er- Die natürlichen Lärchen-Zirbenwälder der Nordalpen reicht sie ein Alter von bis zu 1.000 Jahren. Die Phasen- sind sehr locker aufgebaut, ihr Kronendach schließt folge von einer Lärchen dominierten Initialphase zu ei- sich nie ganz. Sie lassen viel Platz und Licht für Strauch- ner von Zirbe beherrschten Schlussphase ist langsam, wuchs. Mit zunehmendem Zirbenanteil schließt sich sie dauert zwischen 200 und 400 Jahre (Ellenberg 1996). der Kronenraum immer mehr und die Anzahl an Sträu- chern nimmt ab. Nutzungsgeschichte Der lockere Aufbau der Bestände setzt sich aus Einzel- der Lärchen-Zirbenwälder bäumen und Rotten zusammen. In der hochsubalpinen Form reichen deren Kronen bis zum Boden. Mit zuneh- Vor mindestens 2.350 Jahren begann der Mensch mit mendem Bestandsschluss der Lärchen-Zirbenwälder der Holz- und Weidenutzung in Lärchenwäldern der der tiefsubalpinen Stufe wandert der untere Kronen - Zentralalpen. Ähnliches geschah in den Lärchen- ansatz nach oben, jedoch selten höher als auf die Hälf- Zirbenwäldern der Bayerischen Alpen. Die Lärche wur- te der Baumlänge (Autonome Provinz Bozen-Südtirol 2010). de als Bauholz geschätzt. Damit wurde sie weniger ge- nutzt als die Zirbe, die als Brennholz diente (Mayer Auch wenn Lärche und Zirbe in der hochsubalpinen 1954). Besonders in Reichweite der Almen führte dies Höhenstufe als Hauptbaumarten vorkommen, sind sie zu veränderten Vegetationsgesellschaften: Die Lärche dort nicht im Bereich ihres ökologischen Optimums. wurde gefördert, Zirbe und Fichte wurden verdrängt. Lärche und Zirbe vermögen es, den widrigen Klima - bedingungen besser zu trotzen als andere Baumarten. Die Viehwirtschaft verstärkte diesen Trend. Man hob Der lichte Kronenschluss und das langsame Wachstum, die Fichte in tiefsubalpinen Wäldern aus, weil diese auf das an den kaum sichtbaren Jahrringen erkennbar ist, Grund ihrer schattenspendenden Krone einer üppigen sind Beweis für ihr Darben. Mit einer Höhe von 10 m an Grasschicht im Wege standen. Dadurch sorgte man der Waldgrenze der Nordalpen im Vergleich zu 40 m in nicht nur für reichlich Viehfutter, sondern auch für die den Buchenwäldern der submontanen Stufe ist auch ungehemmte Ausbreitung der Alpenrosenarten. Eigent- das Höhenwachstum der Lärche ein Zeichen der lich vor allem an der Waldgrenze zu Hause, vermehr- schlechten Wuchsbedingungen (Mayer und Plochmann ten sich diese durch die Auflichtung in der tiefsubalpi- 1954). Ebenso stößt die Qualität des Holzes in diesen nen Fichtenstufe. Als Zwischenwirt des Goldschleimes Höhen an ihre Grenzen: Blitzeinschläge, Schneebruch (Chrysomyxa rhododendri), der als Goldrost die Fich- und geringes Wachstum sorgen für knorrige Gestalten te schwächt, verursachten die Alpenrosen den Ausfall mit viel faulem und totem Holz. der Fichte auf den Weideflächen. Es entstanden die so genannten Lärchenwiesen, die sich gut für die Weide- Als Pionier ist die Lärche in frühen Phasen des Bestan- wirtschaft eigneten. Erst nach und nach wandert die des dominierend. Die Lärche verjüngt sich optimal, Fichte wieder in ihr eigentliches Areal zurück. wenn der Boden nur leicht bedeckt ist und sie viel Licht und Platz zum Wachsen hat. Auch eine ausgeglichene Bodenfeuchte trägt zum Gelingen der Verjüngung bei (Mayer und Ott 1991). Im Gegensatz zur Lärche kann die Zirbe mit ihren schweren Samen und ihrer längeren

16 LWF Wissen 69 Eine Lärche kommt selten allein – Lärchen-Zirbenwälder der Alpen

Auch durch die Beweidung selbst wurde die Lärche ge- fördert. Das Weidevieh legte durch Trittschäden den Mineralboden frei und schuf somit optimale Keimungs- bedingungen für die Pionierbaumart. Die früher für na- türlich gehaltenen Lärchenwälder sind somit häufig ein Konstrukt jahrhundertelanger Nutzung der Hochalpen.

Die Menschen degradierten diese Wälder nicht nur, sie zerstörten sie auch. Der hohe Holzbedarf der Salinen- wirtschaft wurde durch Kahlhiebe bis hinauf an die Waldgrenze gedeckt. Auf Kahlschlägen kam es zu Hu- musabbau und Bodenerosion und viele Flächen ehe- maliger Lärchen-Zirbenwälder verkarsteten (Mayer 1954). Ein Beispiel hierfür ist das bekannte Karstplateau Foto: U. Conrad „Steinernes Meer“ in den Berchtesgadener Alpen, wo noch im Jahr 1930 Lärchen-Zirbenwälder stockten (Wa- lentowski et al. 2006). Ebenso vermutet Rikli (1909), dass Das Lied der Lärche entlang der nördlichen Hochalpen ein Gürtel aus Lär- chen-Zirbenwald bestand. Er gründet seine Vermutung Im Traum sah einst ich eine Fichte, auf Funde von Zirbenrelikten auf den kahlen Hoch - plateaus. die, mit Schwung die Flügel schlagend, die Lebenslast geduldig tragend, Dennoch verursachte der Mensch nicht alleine den mit vergnüglichem Gesichte Rückgang des Lärchen-Zirben-Gürtels der Nordalpen. dem Wald zum Abschied winkte, flog, Klimaschwankungen veränderten und verändern die in Kreisen neue Bahnen zog. Höhe der Waldgrenze und damit die Vorkommen von Lärchen-Zirbenwäldern. Im Traum lauscht' ich dem Lied der Lärche. Es wurzelte in Sehnsucht tief. Heutige Nutzung von Lärchen-Zirbenwäldern Wie es wohl wäre, wenn sie lief, Heute dienen Lärchen-Zirbenwälder fast in ihrem ge- heraus aus engem Baumgepferche samten Vorkommen der Alpen als Schutzwald. Auf den ins Weit der saftig grünen Wiesen, Plateaus sind sie ein natürlicher Schutz gegen Humus- weitab vom Schatten alter Riesen. abbau, Bodenerosion und Verkarstung. An Steilhängen schützen sie vor Steinschlag, Erosion und Lawinenan- rissen (Autonome Provinz Bozen-Südtirol 2010). Deshalb Im Traum, da können Silberpappeln springen werden die Lärchenwälder vielerorts schon längere Zeit und Weiden lauschig sanfte Weisen singen. geschont. Die Eichen schunkeln vertraut im Dunkeln. In Teilen der Zentralalpen haben sich die Zirben so Doch atmen muß ein jeder Baum stark regeneriert, dass man versucht, sie wieder zurück- zudrängen. Aus Sicht der Forstwirtschaft wird nämlich und leben auch, nicht nur im Traum. die Lärche gegenüber der Zirbe bevorzugt. Man ver- sucht die Lärche zu fördern, indem man die betreffen- Arne Bister den Bestände mit größeren Hieben verjüngt.

LWF Wissen 69 17 Eine Lärche kommt selten allein – Lärchen-Zirbenwälder der Alpen

In Deutschland zählen subalpine Lärchen-Zirbenwäl- Mayer, H.; Plochmann, R. (1954): Natürliche Vorkommen und der zu jenen Biotopen, die nach § 30 BNatSchG ge- künstlicher Anbau der Lärche in zwei bemerkenswerten Wald- schützt sind. Es ist verboten, sie zu beseitigen oder in gebieten Südbayerns. Berchtesgadener Land und Frankenjura. Verlag Paul Parey, Hamburg und Berlin, 68 S. irgendeiner Weise zu beeinträchtigen. Außerdem lie- gen einige Vorkommen im Naturschutzgebiet Allgäuer Mayer, H. (1974): Wälder des Ostalpenraums. Gustav Fischer Hochalpen und im Nationalpark Berchtesgaden, sie ge- Verlag, Stuttgart, 691 S. nießen daher einen Sonderschutz (Kölling et al. 2002). Oberdorfer, E. (1994): Pflanzensoziologische Exkursionsflora, 7. Aufl., Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 1050 S. Alle in Europa vorkommenden Lärchen-Zirbenwälder fallen unter den im Anhang I der Fauna-Flora-Habitat- Odzenda, P. (1988): Die Vegetation der Alpen. Gustav Fischer Richtlinie (FFH-Richtlinie) gelisteten Lebensraumtyp Verlag, Stuttgart, 353 S.

9420 „Alpine Lärchen-Arvenwälder“. Ihre wichtigsten Rikli M. (1909): Die Arve in der Schweiz. Neue Denkschrift der Kernvorkommen sind im europäischen NATURA2000- schweizerischer Naturfreunde Gesellschaft 44, 455 S. Schutzgebietsnetz enthalten. Insbesondere in jenen FFH-Gebieten, in denen sie als Schutzgut im Standard- Tschermak, L. (1935): Die natürliche Verbreitung der Lärche in den Ostalpen. Verlag Julius Springer, Wien, 361 S. Datenbogen angeführt und in die gebietsweise konkre- tisierten Erhaltungsziele einbezogen sind, unterliegen Walentowski, H.; Ewald, J.; Fischer, A.; Kölling, C.; Türk, W. (2006): sie dem Verschlechterungsverbot. Das heißt, sie dür- Handbuch der natürlichen Waldgesellschaften Bayerns. 2. Aufl., fen bewirtschaftet werden, ihr Erhaltungszustand in Geobotanica Verlag, Freising, 441 S. dem jeweiligen FFH-Gebiet darf sich jedoch nicht ver- Willner, W.; Grabherr, G. (Hrsg., 2007): Die Wälder und Gebü- schlechtern. sche Österreichs. Ein Bestimmungswerk mit Tabellen. 1.Text- band. Elservier GmbH, München. Trotz dieser umfassenden Schutzmaßnahmen werden aber einzelne Lärchen-Zirbenwälder immer wieder be- einträchtigt. Der zunehmende Skitourismus besonders Keywords: European larch, Swiss stone pine, climatic tim- im Bereich der Waldgrenze verringert z. B. den Verjün- ber line, the Alps, NATURA2000 gungserfolg (Bundesamt für Naturschutz 2012). Summary: European larch appears most often within the subalpine zone of the continental Central Alps. There it Literatur forms forest communities with Swiss stone pine. Together they brave the harsh conditions of the timber line zone. Autonome Provinz Bozen-Südtirol (2010): Waldtypisierung Süd- When similar climate conditions occur in the cacareous tirol. Band 2: Waldgruppen, Naturräume, Glossar. Abteilung Forstwirtschaft, Amt für Forstplanung. Alps, the two tree species mingle together in the so-called Calcareous-Larch-Stone-pine community. Forest communi- Bundesamt für Naturschutz (2012): Floraweb. Im Internet unter ties with larch only are seldom. They mainly grow in the http://www.floraweb.de/vegetation/pnv/c_index.html. southeastern Alps. As a pioneer, larch regenerates after

Ellenberg, H. (1996): Die Vegetation Mitteleuropas mit den Al- disturbances in nearly every forest community in the Alps. pen. 5. Aufl., Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 1096 S. Today, most Larch-Stone-pine communities are somehow influenced by former human activities. Klosterhuber, R.; Hinterer, Ch.; Ellecosta, I. (2011): Exkursion A „Von der Flaumeiche zur Zirbe ins Martelltal“. In: Ewald, J. (Hrsg. 2011): Waldtypen, Vegetation und Klimawandel im Vinschgau, einem inneralpinen Trockental. Exkursionsführer des AFSV.

Kölling, C.; Müller-Kroehling, S.; Walentowski, H. (2002): Gesetz- lich geschützte Waldbiotope. Sonderheft des DLV, 40 S.

Mayer, H.; Ott, E. (1991): Gebirgswaldbau. Schutzwaldpflege. 2. Aufl., Elservier GmbH, München.

18 LWF Wissen 69 Die Europäische Lärche im Klimawandel Wolfgang Falk, Ute Bachmann-Gigl und Christian Kölling

Schlüsselwörter: Artverbreitungsmodelle, Ökologische Ni- im Grenzgebiet zwischen Tschechien und Polen („Su- sche, Anbauschwellenwerte detenlärche“). Das sehr kleine und fragmentierte, aber angeblich natürliche Vorkommen im polnischen Tief- Zusammenfassung: Als typische Gebirgsbaumart mit ei- land zwischen Weichsel und Oder ist in der Arealkarte nem weit in die mitteleuropäischen Mittelgebirge ausgrei- in Abbildung 1 nicht abgebildet. fenden Anbau gerät die Europäische Lärche durch Klima- wandel in erhebliche Bedrängnis. Die erhöhte Anfälligkeit ergibt sich für die gesamte Art, auch Herkünfte aus wär- Der Anbau der Lärche geht weit meren Regionen werden vom Klimawandel betroffen sein. über das natürliche Areal hinaus Unsicherheiten der Prognose ergeben sich vor allem aus dem unbekannten Ausmaß des Klimawandels. Nur bei ei- Aus einer wirtschaftlichen Motivation heraus wird die ner sehr gering ausfallenden Temperaturerhöhung wird Europäische Lärche seit Jahrhunderten weit außerhalb der Anbau der Europäischen Lärche außerhalb der Hoch- des Areals und damit, im Vergleich zu ihren natürlichen gebirge zukünftig erfolgreich sein. Herkünften, in wesentlich wärmeren Regionen ange- baut. Die geografische Ausdehnung dieser Anbauten kann aus Abbildung 2 abgelesen werden. Vor allem im Das natürliche Verbreitungsgebiet der Europäischen mitteleuropäischen Mittelgebirgsraum wurde der An- Lärche (Larix decidua Mill.) ist relativ klein (Geburek bau der Baumart ähnlich wie der von Fichte und Kie- 2003, Mayer 1992). Es ist hauptsächlich auf die Alpen fer vorangetrieben, wenn auch in geringerem Umfang. und einige isolierte Vorkommen in den Gebirgsstöcken Hier wurde die Lärche als wertsteigerndes Mischungs- der Karpaten beschränkt (Abbildung 1). Ein weiteres element in Buchenbeständen (Schober 1985) und als Vorkommen liegt im mährisch-schlesischen Gesenke Bestandteil von Nadelbaummischbeständen, z. B. in

Abbildung 1: Das natür - Verbreitung der Europäischen Lärche liche Verbreitungsgebiet Areal Einzelvorkommen der Europäischen Lärche (Quelle: AG Chorologie 2010)

Mittlere Temperatur Juni bis August

< 10 °C 10 –12 °C 12 –14 °C 14–16 °C 16 –18 °C 18–20 °C 20–22 °C 22–24 °C 24–26 °C 26–28 °C 28–37 °C

LWF Wissen 69 19 Die Europäische Lärche im Klimawandel

der „Odenwälder Mischsaat“ aus Fichte, Kiefer und Lär- In den Alpen wächst die Europäische Lärche am bes- che, angebaut. Reinbestände aus Europäischer Lärche ten zwischen 1.400 und 1.500 m, die stärksten Kon - wurden extrem selten begründet. Nach der Bundeswal- kurrenten sind dort Fichte und Tanne (Matras und Pâ- dinventur (BMELV 2007) besitzt die Lärche in Deutsch- ques 2008). Die Europäische Lärche hat eine weite land einen Anteil von nur 2,8% und in Bayern von 2%. ökologische Amplitude, sie wächst auf unterschied- Bis auf einige wenige natürliche Vorkommen in den Al- lichsten Böden und hat geringe Ansprüche an Nähr- pen sind die meisten Europäischen Lärchen in stoff- und Basenversorgung (Englisch et al. 2011). Die Deutschland künstliche Anbauten. Bei keiner anderen besten Wuchsleistungen sind auf tiefgründigen und gut angebauten Wirtschaftsbaumart klaffen das Tempera- belüfteten Böden zu erwarten, die Lärche wächst aber turspektrum der natürlichen Vorkommen und das der auch auf flachgründigen, steinigen Böden inklusive Anbauten so stark auseinander wie bei der Europäi- kalkreicher Substrate mit einem mittleren Grundwas- schen Lärche. So ist der Anteil der natürlichen Vorkom- serniveau (Matras und Pâques 2008). Sie meidet staunas- men zwischen 3 und 4 °C Jahresdurchschnittstempera- se Böden und nährstoffarme Sande, flachgründige tur am größten, bei den Anbauten wird das Maximum Hanglagen gehören nicht zu ihren bevorzugten Stand- zwischen 7 und 8 °C erreicht. Wie nur wenige andere orten (Karopka und Töpfner 2012). Oberdorfer (1994) nennt Baumarten ist die Europäische Lärche eine typische noch die Bevorzugung von lufttrockenen Klimalagen. (Hoch-)gebirgsbaum art, die an eine kurze Vegetations- Englisch (2011) bestätigt dies und spricht von einer ho- periode sowie an lange und schneereiche Winter an- hen Anzahl von Strahlungstagen (>100) bei gleichzei - gepasst ist. Als nadelabwerfende Art erträgt die Euro- tigem Fehlen von längeren Perioden mit hoher Luft- päische Lärche Schnee und ist nicht, wie die nadel- feuchtigkeit. Diese Vorliebe spricht für eine gewisse erhaltenden Nadelbaumarten, durch Frosttrocknis ge- Kontinentalität und damit für eine klimatisch bedingte fährdet. Die Lärche ist eine typische Pionierbaumart, Verbreitungsgrenze. Die Grenzen des Lärchenanbaus die aufgelichtete Stellen mit frisch gestörtem Boden sind also insgesamt eher klimatisch verursacht und besiedelt. Auf Grund der Lichtbedürftigkeit ist die durch Konkurrenzschwäche als edaphisch bedingt. Europäische Lärche relativ konkurrenzschwach und bildet dauerhafte und geschlossene Bestände nur dort, Trotz der großen Diskrepanz zwischen der natürlichen wo die klimatischen Bedingungen Konkurrenten elimi- Temperaturnische der Baumart und dem Temperatur- nieren. spektrum der realisierten Anbauten sind Vorkommen

Abbildung 2: Für die Modellierung verwendete Lärchenvorkommen in Europa mit Angabe der Jahresdurch - schnitts temperatur. Nur wenige angebau te Vorkommen (5 % ) über- schreiten die Temperaturmarke von 9 °C, oberhalb von 10 °C finden sich kaum noch Vorkommen.

Lärchenvorkommen mit Jahresdurchschnittstemperatur

< 9 °C

=> 9 °C und < 10 °C => 10 °C und < 11 °C => 11 °C und < 12 °C => 12 °C

20 LWF Wissen 69 Die Europäische Lärche im Klimawandel

über 9 °C sehr selten. Von den in unseren Untersuchun- Das Klima bestimmt Verbreitung und Anbau- gen einbezogenen 390 aktuellen und potentiellen Vor- möglichkeiten der Europäischen Lärche kommen des Level I-Datensatzes und der Europäischen Vegetationskarte liegen nur 21 (5%) in Klimaregionen Man braucht nur wenig Fantasie, um vom Schicksal der mit 9 °C Jahresdurchschnittstemperatur und höher ausgeprägten Gebirgsbaumart Europäischer Lärche im (Abbildung 2). Ab 10°C finden sich dann nur noch Klimawandel eine Vorstellung zu erhalten. Unter den extrem wenige Vorkommen. Die warmen Regionen gegenwärtigen Verhältnissen weisen nur 1 % der Wald- Europas werden demnach sowohl von den natürlichen fläche Bayerns Temperaturen über 9°C auf. Nach dem Vorkommen als auch von den Lärchenanbauten sys- „milden“ Emissionsszenario B1 (Regionales Klima - tematisch gemieden. Tatsächlich treten in den warm- modell WETTREG, Spekat et. al 2007) und einer Erwär- trockenen Teilen des Anbaugebiets vermehrt Schäden mung um durchschnittlich 1,8°C steigt dieser Anteil auf z. B. durch Lärchen-Borkenkäfer und Lärchen-Bock - 72 % an. Aus der Untersuchung der natürlichen und an- käfer auf. In den wärmeren Regionen ist daneben mit gebauten Lärchenvorkommen Europas (Abbildung 2) Dürreschäden und bei gleichzeitiger Spätfrostneigung wissen wir, dass der Temperaturbereich über 9°C von auch mit Pilzerkrankungen wie dem Lärchenkrebs zu der Lärche nur sehr wenig besiedelt wird. Diese allge- rechnen. Obwohl bei der Europäischen Lärche eine meine Erkenntnis erscheint auf den ersten Blick plau - sehr starke genetische Differenzierung nach Herkunfts- sibel und intuitiv richtig. Sie muss jedoch durch eine gebieten berichtet wird (Schober 1985, Geburek 2003) präzisere Bestimmung der für Lärche zuträglichen ändert dies wenig an der Tatsache, dass die Nische der Klimabedingungen ergänzt werden. Die Jahresdurch- Art als Ganzes durch hohe Temperaturen begrenzt schnittstemperatur ist eine relativ grobe und einengen- wird. Selbst die Provenienzen mit dem wärmsten Kli- de Zusammenfassung des Klimas. Eine bessere Be- ma (Polenlärche, Sudetenlärche, Wienerwaldlärche, schreibung gelingt mit den für sich genommenen Tieflagenherkünfte der Alpen) befinden sich unterhalb Sommer- und Wintertemperaturen und dem Sommer- der genannten Temperaturschwelle. Einige der Her- niederschlag. Diese Größen weisen eine enge Verbin- künfte aus wärmeren Regionen zeichnen sich darüber dung zum Vorkommen der Lärche auf. In Artverbrei- hinaus durch ausgesprochene Krummwüchsigkeit aus tungsmodellen wird diese Korrelation modellhaft (Schober 1985). beschrieben (Franklin 2009, Falk und Mellert 2011, Mellert et al. 2011). Abbildung 3 zeigt die Arbeitsweise eines sol-

Abbildung 3: Der Einfluss Artverbreitungsmodell der drei Klimagrößen auf 1,0 die Vorkommenswahr - 0,8 schein lichkeit der Europäi- 0,6 schen Lärche (single respon- 1 0,4 ses des GAM ); die kleinen 0,2 Striche am oberen und 0,0 unteren Rand stellen die Wahrscheinlichkeit 0 100 200 300 400 500 Verteilung der Vorkommen Niederschlagssumme Juni – August [mm] und Nichtvorkommen dar.

1,0 1Generalisiertes Additives Modell 0,8 0,6 0,4 0,2 0,0 Wahrscheinlichkeit 510152025 Mittlere Temperatur Juni – August [°C] 0

1,0 0,8 0,6 0,4 0,2

Wahrscheinlichkeit 0,0 –15 –10 –50+10 +5

Unsicherheitsbereich Temperatur Januar [°C]

LWF Wissen 69 21 Die Europäische Lärche im Klimawandel

chen Modells. Längs eines klimatischen Gradienten Die Quintessenz aus den Modellkurven in Abbildung 3 werden Vorkommen (oberer Rand der Grafik) und lautet: Nicht-Vorkommen (unterer Rand der Grafik) aufgereiht. • Je höher die Sommerniederschläge desto höher ist Mit der Ausgleichskurve im Zentrum der Grafik wird ei- die Vorkommenswahrscheinlichkeit. ne optimale Anpassung an das charakteristische Wech- • Je höher die Sommertemperatur desto geringer ist selspiel von Vorkommen und Nicht-Vorkommen in Ab- die Vorkommenswahrscheinlichkeit. hängigkeit von den Klimagrößen erreicht. Die Kurve • Bei Januartemperaturen unter –7°C sinkt die Vor- gibt in einer generalisierten Form die Antwort der Lär- kommenswahrscheinlichkeit stark. chenvorkommen auf definierte Umweltbedingungen wieder. Eine „magische“ Schwelle ist dabei der Punkt Diese drei einzelnen Beziehungen werden im endgül- der Antwortkurve, bei dem die Vorkommenswahr- tigen Modell zusammen betrachtet. Das Ergebnis ist ei- scheinlichkeit unter den Wert von 0,5 sinkt. Ab dieser ne dreidimensionale Rechenvorschrift, die allen Kom- Schwelle übersteigt die Wahrscheinlichkeit, dass die binationen der drei einzelnen Einflussgrößen einen Art nicht mehr vorkommt, die Wahrscheinlichkeit, dass Wahrscheinlichkeitswert zuweist. Die Rechenvorschrift sie vorkommt. Für den Anbau der Art bedeutet der des Models kann man nun auf Karten mit den drei Kli- Rückgang der Vorkommenswahrscheinlichkeit eine Zu- magrößen Sommertemperaturen, Sommerniederschlä- nahme des mit dem Anbau verbundenen Risikos. Un- ge und Januartemperaturen, so wie sie gegenwärtig in terhalb einer bestimmten Schwelle wird es dann sehr Europa verbreitet sind, anwenden. In Abbildung 4 ist unwahrscheinlich, einen Anbau erfolgreich zu Ende zu dies geschehen. Im Unterschied zu der Arealkarte in führen. Dies schließt das Modell aus der Tatsache, dass Abbildung 1 weist die Karte der modellierten Anbaueig- es unter solch extremen Bedingungen nur noch sehr nung in Abbildung 4 über das eigentliche Areal hinaus wenige „Belegexemplare“ für erfolgreiche Anbauten auch denjenigen Flächen eine hohe Anbaueignung zu, gibt. die ein ähnliches Klima wie das Areal aufweisen oder deren Klima den Gebieten ähnlich ist, in denen die Lärche mit gutem Erfolg angebaut wurde. Nach Abbil- dung 4 kann die Lärche nicht nur erfolgreich im Alpen- raum angebaut werden, auch in den Mittelgebirgen, ja

Abbildung 4: Modellierte klimatische Anbaueignung der Europäischen Lärche unter den Klimabedingungen 1971–2000. Regionalisierung des Modells in Abbildung 3

Klimatische Eignung 1971 bis 2000 sehr gering gering mittel bis gering mittel hoch sehr hoch (optimal)

22 LWF Wissen 69 Die Europäische Lärche im Klimawandel

Abbildung 5: Anbaueignung der für die Modellierung verwendeten Lärchenvorkommen unter den Klima - bedingungen 1971–2000; einige wenige Vorkommen weisen schon jetzt eine geringe Anbaueignung auf: ein Beispiel für die Unschärfe des Modells oder für Ungenauigkeiten in den verwendeten Daten.

Anbaueignung der Vorkommen sehr gering gering mittel bis gering mittel hoch sehr hoch (optimal)

sogar in Schottland und in Norwegen wäre ein Anbau Im Klimawandel gelten alte Gesetze unter der einschränkenden Voraussetzung möglich, unter neuen Bedingungen dass dort nicht weitere, im Modell nicht enthaltene Fak- toren den Anbauerfolg vereiteln. Man könnte dabei Wenn das für Abbildung 4 verwendete Modell eine ge- zum Beispiel an einen ungünstigen Boden oder den nügend große Allgemeingültigkeit oder Generalität auf- ständig wehenden Küstenwind oder auch an eine weist, dann kann man es nicht nur in Europa, sondern gleichbleibend hohe Luftfeuchtigkeit denken. Umge- auch in jedem beliebigen anderen Erdteil mit Erfolg an- kehrt ist aber auch der Schluss möglich, dass in den wenden. Unter der genannten Voraussetzung ist es südlichen und nordöstlichen Regionen Europas der dann auch sinnvoll und weiterführend, das Modell mit Lärchenanbau aus klimatischen Gründen von vorn- den Daten einer unbekannten Klimazukunft zu betrei- herein mit hoher Sicherheit zum Scheitern verurteilt ist. ben. Sofern das Model nicht nur zufällige, sondern Tatsächlich finden sich in diesen Regionen Europas zu- durch Naturgesetze veranlasste Beziehungen und da- mindest in dem von uns verwendeten, über 7.000 In- mit die ökologische, „fundamentale“ Nische der Art venturpunkte umfassenden Datensatz kaum Vorkom- wiedergibt, lassen sich so die Auswirkungen des Kli- men. Die wenigen Datenpunkte mit geringer und sehr mawandels auf die Anbaueignung der Lärche recht zu- geringer Anbaueignung in Abbildung 5 zeigen zum ei- treffend schätzen. In Abbildung 6 haben wir das im vo- nen eine mögliche Unschärfe des Modells, sie können rigen Abschnitt dargestellte und an den Klimadaten der jedoch auch auf Ungenauigkeiten im Datensatz wie fal- Gegenwart entwickelte Modell für die Anbaueignung sche Koordinaten oder eine falsche Artbestimmung zu- der Europäischen Lärche mit den Daten eines globalen rückgehen. Immerhin gibt es neben der Europäischen Klimamodells gefüttert. Das Modell geht vom Emissions - Lärche weitere angebaute Lärchenarten, die bei ähnli- szenario A1B aus und führt, auf das betrachtete Gebiet cher Morphologie deutlich verschiedene ökologische Europa zu einer Erwärmung im Januar zwischen 3,7 bis Nischen besetzen. Im Großen und Ganzen ergibt das 6,4 °C, im Sommer zwischen 2,8 und 4,9 °C. Damit liegt Artverbreitungsmodell der Lärche indes ein zutreffen- dieses Klimamodell im Mittelfeld der momentan kursie- des Bild der natürlichen Vorkommen und der klimati- renden Annahmen. Die Regionalisierung zeigt das schen Anbaumöglichkeiten außerhalb des Areals. Schrumpfen des Anbaugebiets auf die höchsten Lagen der Alpen und einige Höheninseln der Karpaten, ins- besondere da für den Winter eine starke Erwärmung

LWF Wissen 69 23 Die Europäische Lärche im Klimawandel

vorhergesagt wird. Erst in Schottland oder Norwegen Die Abbildung 7 und Abbildung 8 zeigen zum einen das finden sich in einer vom Klimawandel stark geprägten Bild für die Regionen Bayerns in einem größeren Maß- neuen klimatischen Umwelt wieder Regionen, in denen stab. Zum anderen wird in Abbildung 8 das sehr milde auch in Zukunft ein Anbau der Europäischen Lärche Szenario B1 verwendet, das für Bayern von einer Erhö- aus klimatischer Sicht Erfolg versprechend ist. Dieses hung der Jahrestemperatur von nur 1,8 °C ausgeht. ernüchternde Bild ist von zwei Faktoren verursacht: Auch bei der Annahme dieses sehr günstigen Verlaufs zum einen durch den eindeutigen Zusammenhang zwi- der Klimaerwärmung wird die hohe Verwundbarkeit schen Klimagrößen und Anbaueignung und zum zwei- der Hochgebirgsbaumart Lärche außerhalb der hohen ten durch einen zwar angenommenen, jedoch nicht un- Gebirge sichtbar. Die Verwendung verschiedener Sze- realistischen kräftigen Klimawandel hin zu wärmeren narien ist eine der Stärken von Artverbreitungsmo- und trockeneren Bedingungen in ganz Europa. Da das dellen. Sind die Regeln, nach denen die Art klimatisch verwendete Modell nicht nur auf die Jahresmittel - begrenzt wird, einmal bekannt, lassen sie sich auf alle temperatur setzt, sondern auch die Temperaturunter- denkbaren Klimaprojektionen anwenden. Wichtig ist schiede zwischen Sommer und Winter sowie die Som- dabei nur, dass der Wertebereich des Modells nicht ver- merniederschläge berücksichtigt, bildet es die vorher- lassen wird. gesagten teils dramatischen Erwärmungen und die Ver- schiebungen der Niederschläge der jeweiligen Jahres- zeiten ab.

Anbaueignung der Vorkommen sehr gering gering mittel bis gering mittel hoch sehr hoch (optimal)

Abbildung 6: Modellierte klimatische Anbau- eignung der Europäischen Lärche unter den Klimabedingungen 2071–2100 (Szenario A1B). Regionalisierung des Modells in Abbildung 3

24 LWF Wissen 69 Die Europäische Lärche im Klimawandel

1971−2000 2071−2100 Klimatische Eignung sehr gering gering mittel bis gering mittel hoch sehr hoch

Abbildung 7: Modellierte klimatische Anbaueignung der Abbildung 8: Modellierte klimatische Anbaueignung der Europäischen Lärche unter den Klimabedingungen Europäischen Lärche unter den Klimabedingungen 1971–2000. Regionalisierung des Modells in Abbildung 3 2071–2100 (Szenario B1). Regionalisierung des Modells für die Wuchsgebiete Bayerns. in Abbildung 3 für die Wuchsgebiete Bayerns

Es bleiben Unsicherheiten erfüllt sein müssen, damit die Anwendung des Modells zutreffende Ergebnisse liefert. In Tabelle1 sind die wich- Würde sich die in Abbildung 6 und Abbildung 8 darge- tigsten dieser Annahmen aufgeführt. stellte Verschlechterung der Anbaueignung der Euro- päischen Lärche in Mitteleuropa allgemein und im Be- Ein erster Punkt ist die unterstellte starke Abhängigkeit sonderen auch in Bayern als zutreffend erweisen, so des Baumvorkommens und damit auch der Anbaueig- sollte man sich mehr oder weniger rasch vom weiteren nung vom Klima. Viele Beobachtungen und Untersu- Anbau dieser Baumart außerhalb der Hochgebirge ver- chungen zeigen, dass auf überregionaler Ebene das Kli- abschieden. Ein solcher Schritt mit ökonomischen Aus- ma einen starken Einfluss auf das Vorkommen der wirkungen verlangt jedoch nach Sicherheiten. Unsere Arten hat. Daneben gibt es noch andere Faktoren, wie Regionalisierung des Artverbreitungsmodells der Lär- Beschränkungen in der Ausbreitung, die Konkurrenz- che in Abbildung 6 beruht auf Annahmen, die sämtlich situation oder die Bodenqualität. Das Auswandern und

Annahme Auswirkung Reaktionsmöglichkeit

Abhängigkeit der Kernausssage des Modells Überprüfung an unabhängigen Datensätzen, Vorkommen vom Klima wird ungültig Versuchsanbauten Nischenkonstanz, Kernausssage des Modells Beobachtung von und Experimente mit Euro - Nischenkonservativismus wird ungültig päischer Lärche in extremen Klimasituationen Ausmaß Auswirkung auf Vorkommenswahr - Verwendung von realistischen Szenarien, Be- des Klimawandels scheinlichkeit und Anbaueignung grenzung des Klimawandels durch Klimaschutz Art des Klimawandels Auswirkung auf Vorkommenswahr - Verwendung von verbesserten Klimamodellen scheinlichkeit und Anbaueignung

Tabelle 1: Modellannahmen, Auswirkungen bei Verletzung der Annahmen und mögliche Reaktionsmöglichkeiten zur Reduktion der Unsicherheit

LWF Wissen 69 25 Die Europäische Lärche im Klimawandel

Wiedereinwandern der Baumarten in den Eiszeiten und Eine letzte Unsicherheit besteht in der Festlegung auf Zwischeneiszeiten zeigt hingegen sehr deutlich den die Art des Klimawandels. Wird es wärmer und trocke- arealprägenden Einfluss des Klimas. Inwieweit wir das ner, oder vielmehr wärmer und feuchter? Betreffen die gesamte ökologische (klimatische) Potential einer eher Änderungen den Sommer und den Winter gleichmäßig seltenen Art (nur 390 Vorkommen im Datensatz) mit oder gegenläufig? In diesen Fragen sind wir darauf an- unserer Methode erfasst haben, ist unklar. Die Lärche gewiesen, dass die Klimamodelle ständig verbessert ist auf guten Standorten außerhalb des Gebirges als werden, denn falsche Eingangsdaten führen auch bei Lichtbaumart sicher nicht besonders konkurrenzstark den allerbesten Modellen zu falschen Ergebnissen. Ein und damit unterrepräsentiert. Insofern könnten unsere großes Problem stellen nicht-analoge Klimatypen dar. Modelle das Potential der Lärche auch etwas unter- Das sind durch den Klimawandel bescherte völlig neu- schätzen. Was bezüglich der Konkurrenzverhältnisse artige Kombinationen von Klimaparametern, die es bis- in einem geänderten, nicht-analogen Klima gilt, ist bis- lang in Europa gar nicht gibt. Hier ist die Erfahrungs- her nicht erforscht. Vielleicht hilft der Europäischen wissenschaft am Ende angelangt und man wird sich auf Lärche die Besonderheit, dass sie gleichzeitig an win- allerlei ökologische Überraschungen (Williams und Jack- terliche Kälte und eine gewisse Trockenheit angepasst son 2007) gefasst machen müssen. ist.

Ein zweiter Punkt betrifft die angenommene Konstanz Die Schlussfolgerungen sind eindeutig der ökologischen Nische der Art. Können sich die Ar- ten nicht unter dem Einfluss eines klimatischen Reizes Wie man es dreht und wendet, zu welchen Unsicher- so verändern, dass sie gewissermaßen lernen, auch an- heiten und möglichen Überraschungen man Zuflucht dere als die gewohnten Klimabedingungen auszu - nimmt: die Zukunft für den Anbau der Lärche in den halten? Gerade die Erfahrungen aus der eiszeitlichen mitteleuropäischen Mittelgebirgen sieht ausgesprochen Vegetationsgeschichte zeigen, dass derartige, unter An- düster aus. Auch in den Hochgebirgen wird es für die- passungsdruck entstehende Anpassungsvorgänge eher se Baumart zunehmend schwierig werden, weil die Hö- selten sind. Unter den drei möglichen Alternativen An- henwanderung zwangsläufig zu einem immer kleine- passung, Wanderung oder Aussterben wurden in der ren und stärker fragmentierten Areal führen muss, ganz Vegetationsgeschichte häufig die beiden letztgenann- abgesehen davon, dass oberhalb der jetzigen Waldgren- ten verwirklicht, zumindest dann, wenn es sich, wie im ze nicht immer besiedelbare Flächen für die Expan- Fall des gegenwärtigen Klimawandels, um sehr schnel- sion vorhanden sind. Zum Glück ist die Europäische le Klimaveränderungen einerseits und langsam reagie- Lärche insgesamt eine selten angebaute Baumart, so- rende Organismen mit langen Generationszeiträumen wohl was ihr Vorkommen auf regionaler Ebene, als andererseits handelt. Durch die fortgesetzte Beobach- auch ihr Vorkommen in den Beständen angeht. In der tung von Lärchen in extremen Randsituationen könnte Ver gangenheit hat man beim Lärchenanbau das Prin- man das gegenwärtige ökologische Potential dieser zip der Risikostreuung (z. B. Kölling et al. 2010) durch den Baumart und seine mögliche Entwicklung bei einer Anbau in Mischbeständen und durch die insgesamt Verschärfung der Situation noch besser abschätzen. sparsame Verwendung dieser Baumart bewusst oder un bewusst ziemlich konsequent angewendet. Im Kli- Die dritte Annahme betrifft das Ausmaß des Klimawan- mawandel nun sind wir dazu gezwungen, diese Vor- dels. Keiner weiß, wie groß der Betrag der Erwärmung sicht noch weiter zu treiben. Die bestehenden Lärchen- am Ende des Jahrhunderts tatsächlich ausfällt. Daher anbauten wird man indes nicht vorzeitig aufgeben hilft es ungemein, verschiedene Möglichkeiten der zu- müssen. Es spricht nichts dagegen, die als Mischungs- künftigen Entwicklung parallel zu betrachten, wie wir element in unseren Wäldern vorhandenen Lärchen so- das mit Abbildung 6 und Abbildung 8 verdeutlicht ha- lange zu belassen, bis ihr Erntezeitpunkt erreicht ist. Es ben. Auch mit noch so ausgefeilten Klimaprojektionen ist auch gegen eine spontane Beteiligung der Lärche an lässt sich das Problem der Auswirkungen des Klima- Naturverjüngungen in geringem Umfang nichts einzu- wandels auf das Anbaurisiko der Baumarten jedoch wenden. Die aktive Ausweitung des Lärchenanbaus nicht wegrechnen. Immerhin besteht noch eine gewis- durch Pflanzung und aktive Unterstützungsmaßnah- se Hoffnung, dass verstärkter Klimaschutz den Klima- men zu Lasten anderer Baumarten sollten hingegen bei wandel geringer als befürchtet ausfallen lässt. hohem künftigen Anbaurisiko besser unterbleiben. Es stehen in diesen Fällen auch Investitionen und damit ökonomische Werte zur Diskussion. Im klimagerech-

26 LWF Wissen 69 Die Europäische Lärche im Klimawandel

ten Waldumbau ist die Europäische Lärche in den meis- Matras, J.; Pâques, L. (2008): EUFORGEN Technical Guidelines ten Regionen Bayerns keine risikoarme Alternative. So- for genetic conservation and use for European larch (Larix de- wohl in den Klima-Risikokarten der Bayerischen Forst- cidua). Biodiversity International, Rome, Italy, 6 pages. http://www.euforgen.org/fileadmin/bioversity/publications/pd verwaltung (Kölling et al. 2009, 2010) als auch in den fs/1324_European_larch__Larix_decidua_.pdf, aufgerufen am Nachfolgeprodukten des Projekts „Bäume für die Zu- 28.06.2012 kunft“ (Beck et al. 2012) wird diesem Umstand Rechnung getragen und das Anbaurisiko für die Europäische Lär- Mayer, H. (1992): Waldbau auf soziologisch-ökologischer Grundlage, 4. teilweise neu bearbeitete Auflage. G. Fischer, che entsprechend realistisch eingeschätzt. Stuttgart–Jena–New York, 522 S.

Mellert, K. H.; Fensterer, V.; Küchenhoff, H.; Reger, B.; Kölling, Literatur C.; Klemmt, H. J.; Ewald, J. (2011): Hypothesis-driven species distribution models for tree species in the Bavarian Alps. AG Chorologie und Makroökologie (2010): Forschungsprojekt Journal of Vegetation Science 22 (4), S.635–646 „Klimatische Modellierung von Pflanzenarealen“. www2.biolo gie.uni-halle.de/bot/ag_chorologie/areale/index.php?sprache Oberdorfer, E. (1994): Pflanzensoziologische Exkursionsflora, 7. =D, aufgerufen am 11.1.2010 Auflage, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 1050 S.

Beck, J.; Dietz, E.; Falk, W. (2012): Digitales Standortinformations- Schober, R. (1985): Neue Ergebnisse des II. Internationalen Lär- system für Bayern. LWF aktuell 87, S. 20–23 chenprovenienzversuches von 1958/59 nach Aufnahmen von Teilversuchen in 11 europäischen Ländern und den USA. Schrif- Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbrau- ten aus der Forstlichen Fakultät der Universität Göttingen und cherschutz (BMELV) (2007): Bundeswaldinventur2: Alle Ergeb- der Niedersächsischen Forstlichen Versuchsanstalt, Band 83. nisse und Berichte. Ergebnisdatenbank. www.bundeswaldin- Frankfurt am Main 1985, 164 S. ventur.de, aufgerufen am 2.12.2007 Spekat, A.; Enke, W.; Kreienkamp, F. (2007): Neuentwicklung von Englisch, M.; Starlinger, F.; Lin, H. (2011): Die Lärche – ein Baum regional hoch aufgelösten Wetterlagen für Deutschland und Be- für alle Fälle? BFW-Praxisinformation 25, S.3– 4 reitstellung regionaler Klimaszenarien mit dem Regionalisie- rungsmodell WETTREG 2005 auf der Basis von globalen Klima- Falk, W.; Mellert, K.H. (2011): Species distribution models as a simulationen mit ECHAM5/MPI – OM T63L31 2010 bis 2100 für tool for forest management planning under climate change: risk die SRES – Szenarien B1, A1B und A2. Projektbericht im Rah- evaluation of Abies alba in Bavaria. Journal of Vegetation Sci- men des F+E-Vorhabens 204 41 138 „Klimaauswirkungen und ence 22 (4), S.621–634 Anpassung in Deutschland – Phase 1: Erstellung regionaler Kli- maszenarien für Deutschland“, Mitteilungen des Umweltbun- Franklin, J. (2009) : Mapping Species Distributions. Spatial Infe- desamtes, 149 S. rence and Prediction. Cambridge etc.: Cambridge University Press, 320 S. Williams, J.W.; Jackson, S. T. (2007): Novel climates, no-analog communities, and ecological surprises. Front Ecol Environ 5, Geburek, T. (2003): Larix decidua Miller, 1768. Europäische Lär- S.475–482 che. In: P. Schütt, H.J. Schuck, U.J.M. Lang, A. Roloff (Hrsg.): Enzyklopädie der Holzgewächse: Handbuch und Atlas der Dendrologie, Ecomed Verlagsgesellschaft, Landsberg/Lech, III–1: 20 S. Keywords: species distribution models, ecological niche, thresholds for cultivation Karopka, M.; Töpfner, K. (2012): Baum des Jahres 2012: die Eu- ropäische Lärche. FVA-einblick 1/2012, S. 7–9 Summary: Even though European larch is a typical moun- Kölling, C.; Bachmann, M.; Falk, W.; Grünert, S.; Schaller, R.; Tret- tainous species it has also been cultivated in the lower ter, S.; Wilhelm, G. (2009): Klima-Risikokarten für heute und mor- mountain ranges and as a result will face increasing pres- gen. Der klimagerechte Waldumbau bekommt vorläufige Pla- sure from climate change. As a result the entire species is nungsunterlagen. AFZ/DerWald 64, S.806– 810 vulnerable and even trees from warmer provenances will Kölling, C.; Beinhofer, B.; Hahn, A.; Knoke, T. (2010): „Wer streut, also be affected by an increase in temperature. The uncer- rutscht nicht“ –Wie soll die Forstwirtschaft auf neue Risiken tainties in our species distribution predictions arise from im Klimawandel reagieren? AFZ/DerWald, Jahrgang 65(5), the unknown magnitude of climate change. Nevertheless, S.18–22 the cultivation of European larch beyond its natural range in the future will only succeed if the predicted warming is very moderate.

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LWF Wissen 69 27 Forstliches Vermehrungsgut und Genetik der Europäischen Lärche Monika Konnert, Ralph Jenner und Alexander Nickl

Schlüsselwörter: Europäische Lärche, Samengewinnung, Samengewinnung Pflanzenanzucht, genetische Variation. Herkunftsgebiete für forstliches Vermehrungsgut Zusammenfassung: Die Rahmenbedingungen für die Für die Europäische Lärche wurden in Deutschland sie- Samengewinnung und Pflanzen anzucht bei der Europä - ben Herkunftsgebiete ausgewiesen. Davon liegen fünf ischen Lärche (Larix decidua) werden erläutert. So gibt es auch in Bayern. Das natürliche Vorkommen in den Al- in Deutschland über 1.250 Ernteeinheiten in fünf Her - pen wurde durch die Ausweisung als eigen ständige kunfts gebieten. Das natürliche Vorkommen in den Alpen Herkunft berücksichtigt. Wegen der großen vertikalen ist durch die Ausweisung als eigenständige Herkunft be- Verbreitung in den Bayerischen Alpen (bis 1.900 m. ü. rücksichtigt. Eine ausreichende Versorgung mit Hochlagen- NN) und der Anpassung an das jeweilige herrschende saatgut ist hier nur durch unterstützende Maßnahmen, Klima wurden hier drei nach der Höhenlage abgegrenz- wie Samenplantagen, zu erreichen. Die Aufbereitung des te Herkunftsgebiete ausgewiesen: Saatgutes der Lärche ist aufwendig, die Ausbeute meist • 837 05 – Alpen – submontane Stufe bis 900 m geringer als bei anderen Nadelbaumarten. Vorratshaltung • 837 06 – Al pen – hochmontane Stufe 900–1.300 m ist möglich, da das Saatgut weit über zehn Jahre lager- • 837 07 – Alpen – subalpine Stufe über 1.300 m fähig ist. Die genetische Variation der Alpenlärche ist im Vergleich zu anderen Baumarten gering, erhält sich aber über die Generationen. Die nachgewiesenen höheren

Wuchsleistungen der aus der Hybridisierung von Europäi- Kiel Rostock scher Lärche und Japanischer Lärche entstandenen Hybrid- lärche werden in der forstlichen Praxis in Deutschland nur Hamburg wenig genutzt. Bremen

Berlin Das natürliche Verbreitungsgebiet der Lärche ist in Magdeburg mehrere Teilareale untergliedert, den Klimarassen, die sich in ihren Eigenschaften teils deutlich unterscheiden. Düsseldorf Dresden Die bei uns natürlich vorkommende Alpenlärche ist an Erfurt die spezifischen Bedingungen im Gebirge gut ange- Frankfurt passt. Außerhalb des natürlichen Areals hängt der An- am Main bauerfolg der Europäischen Lärche stark von der Wahl Koblenz des passenden Standorts und der Herkunft ab. Fragen zum forstlichen Vermehrungsgut kommen daher bei dieser Baumart eine besondere Bedeutung zu. Stuttgart

Herkunftsgebiete München 83701 83702 83703 83704 Abbildung 1: Herkunftsgebiete der Europäischen 83705/06/07 Lärche in Deutschland (Quelle: AID-Heft, Forst - liches Vermehrungsgut)

28 LWF Wissen 69 Forstliches Vermehrungsgut und Genetik der Europäischen Lärche

Da nicht auszuschließen ist, dass durch die lange An- Erntesituation baugeschichte bereits eine gewisse Differenzierung Lärchenzapfen werden ausschließlich gepflückt. Sie auch außerhalb der Alpen stattgefunden hat, wurden sind im Vergleich zu Tanne oder Fichte sehr klein, da- in Deutschland noch vier weitere Herkunftsgebiete aus- her ist die Ausbeute an Samen nur gering. Hinzu gewiesen, die jeweils Regionen mit stark unterschied- kommt, dass die Zapfen von den Vorjahren noch am lichen klimatischen Bedingungen umfassen (Abbil- Baum hängen. Dies erschwert sowohl die Ernte als auch dung 1). Davon liegen die Herkunftsgebiet 837 03 die Ernteerkundung erheblich. Damit sich eine Beern- (West- und Süddeutsches Hügel- und Bergland) und tung lohnt, müssen die Kronen einen möglichst vollen 837 04 (Südostdeutsches Hügel- und Bergland) teil- Zapfenbehang aufweisen. Dazu benötigt man Erntebäu- weise auch auf dem Gebiet Bayerns. me mit einem Kronenanteil von mindestens 30 % der Baumlänge. Erntebestände mit hoher Bestandsdichte Ernteeinheiten und kleinen Kronen sind nicht wirtschaftlich zu beern- In Deutschland sind über alle Herkunftsgebiete etwa ten. Bei der Lärche werden, anders als bei den anderen 1.250 Ernteeinheiten ausgewiesen (BLE). Die exakte Zahl Baumarten, die Erntemöglichkeiten mit zunehmender ändert sich laufend durch Neuzulassungen und Wider- Höhe besser, da die Erntebäume vor allem im subalpi- rufungen von Beständen. In Bayern ist die Situation für nen Lärchenwald sehr licht stehen und dadurch tief be - die einzelnen Herkunftsgebiete stark unterschiedlich kront sind. Ernten können daher in höheren Lagen (Tabelle 1). Während z. B. im Herkunftsgebiet 837 03 durchaus rentabel sein, sofern die Witterung (Schnee) (West- und Süddeutsches Hügel- und Bergland) 473 dies zulässt (Abbildung 2). Bestände zugelassen sind, sind es in allen anderen vier Da man bei der Zapfenernte in den höheren Gebirgs- Herkunftsgebieten weniger als 20. Neben den 524 Ernte - lagen sehr wetterabhängig ist, können häufig keine Ern- beständen, darunter nur ein Bestand in der Kategorie ten durchgeführt werden und es wird oft auf Samen- „geprüft“ (Stand Juli 2012), gibt es in Bayern noch drei plantagen ausgewichen. Da die Sudetenlärche sich Plantagen, die unter der Kategorie „qualifiziert“ zuge- durch ein schnelles Wachstum und eine hohe Anpas- lassen sind. Davon wird vor allem die Plantage im Her- sungsfähigkeit auszeichnet, wurden außerhalb des na- kunftsgebiet 837 06 regelmäßig beerntet. In den letzten Jahren wurde die Anzahl der Erntebe- stände in den Alpen deutlich reduziert. Schwer zu - gängliche oder schwer beerntbare Bestände (Bäume mit langen Schäften und kleinen Kronen), in denen Saatguternten nicht wirtschaftlich sind oder technisch nicht durchgeführt werden können, wurden aus der Zu- lassung genommen, neue gut beerntbare Bestände in das Ernteregister aufgenommen (Zollner und Nickl 2012). Dies war eine von mehreren Maßnahmen zur Verbes- serung der Versorgungssituation mit Saatgut der Alpen - lärche.

Abbildung 2: Lärchenerntebestand bei Berchtesgaden (Foto: A. Nickl, ASP)

Herkunftsgebiet Anzahl Ernteeinheiten nach Kategorien "ausgewählt" "qualifiziert" "geprüft" 837 03 West - und Süddeutsches Hügel- und Bergland 473 1 837 04 Südostdeutsches Hügel- und Bergland 16 837 05 Alpen submontan bis 900 m 10 1 837 06 Alpen hochmontan 900–1.300 m 13 1 837 07 Alpen subalpin >1.300 m 11 1

Tabelle 1: Anzahl der Ernteeinheiten der Europäischen Lärche in Bayern nach Herkunftsgebieten

LWF Wissen 69 29 Forstliches Vermehrungsgut und Genetik der Europäischen Lärche

türlichen Verbreitungsgebietes die meisten Samenplan- Bei der Untersuchung des Erntegeschehens für die Eu- tagen mit dieser Lärche angelegt, die vorrangig beern- ropäische Lärche im Alpenraum während der letzten tet werden. Viele sind bereits in der Kategorie geprüft Jahre wurde festgestellt, dass in den Lärchenbeständen zugelassen. Insgesamt unterliegen die Ernte ergebnisse bis 900 m Meereshöhe zwischen 1997 und 2007 keine starken jährlichen Schwankungen, nicht nur bei der Eu- Saatguternten stattgefunden haben und auch in den hö- ropäischen Lärche sondern auch bei der Japanischen heren Lagen kaum Ernten stattfanden, sondern das Lärche und der Hybridlärche (Abbildung 3). Das mit Saatgut aus nur einer Plantage stammte. Daher hat die Abstand beste Erntejahr war, wie auch bei anderen Bayerische Forstverwaltung im Rahmen der Bergwald- Baumarten das Jahr 2009. offensive die Gewinnung von Saatgut in diesen Regio-

Ernteergebnisse 2011–2000 1.200 Europ. Lärche Jap. Lärche 1.000 Hybridlärche Samen [kg]

800

600

400

200

0 9

2012/2011 2011/2010 2010/200 2009/2008 2008/2007 2007/2006 2006/2005 2005/2004 2004/2003 2003/2002 2002/2001 2001/2000

Abbildung 3: Ernteergebnisse bei den drei Lärchenarten in Deutschland ab 2000

Abbildung 4: Keimverlauf bei langfristig eingelager- Keimverlauf tem Saatgut verschiedener 100 Baumarten

90 Kiefer Vogelkirsche 80 Fichte Keimprozent [%] Keimprozent 70 Esche Buche 60

50 Schwarzerle 40 Europ. Lärche 30

20

10 Weißtanne

Bergahorn 0 0 5 10 15 20 22 Lagerzeit [Jahre]

30 LWF Wissen 69 Forstliches Vermehrungsgut und Genetik der Europäischen Lärche

nen durch gezielte Erntemaßnahmen unterstützt, so Das Saatgut der Lärche kann sehr lange gelagert wer- dass jetzt mittelfristig genügend Lärchensaatgut für den den. In der Genbank des ASP ist Lärchensaatgut, rück- Alpenraum zur Verfügung steht (Zollner und Nickl 2012, getrocknet auf 6 % Wassergehalt bei –10°C seit fast 20 Zollner 2012). Zudem wurde mit dem Aufbau einer neu- Jahren eingelagert. Ein erster größerer Rückgang der en Hochlagenlärchen-Plantage für den Alpenraum be- Keimfähigkeit wurde nach 16 Jahren beobachtet, als die gonnen, um auch langfristig geeignetes Saatgut ernten Keimfähigkeit der eingelagerten Partie von circa 50 % zu können. auf circa 35 % zurückging (Abbildung 4).

Eigenschaften des Saatgutes Die Klengung der Lärchenzapfen ist arbeitsaufwendi- Pflanzenanzucht ger als bei anderen Nadelbaumarten, wie z. B. Fichte, Kiefer oder Douglasie. Da die Zapfen sich nicht vollstän- Das Saatgut der Lärche wird in Baumschulen in Süd- dig öffnen, werden sie zusätzlich bearbeitet (gemahlen, deutschland von Anfang bis Mitte Mai im Freiland (Ab- geraspelt), um möglichst alle Samen zu entnehmen. bildung 5) oder in Containern (Abbildung 6) ausge- Die Reinheit und Ausbeute hängt dabei stark von der bracht. Bei der Saat werden die Samen nur ganz dünn Art der Aufbereitung ab. Deshalb ist es schwierig, ver- überdeckt, so dass sie noch sichtbar bleiben. Die Keim- gleichbare Werte oder Standardwerte anzugeben. Roh- linge sind vor dem Verholzen sehr empfindlich: Umfall- meder (1956) gibt die Samenausbeute bei Lärche mit krank heiten, Schütteinfektionen und Sonnenbrand kön- 2–10 % , im langjährigen Mittel mit 6 % an1. Bei der Auf- nen sie schädigen. Ein weiteres Problem stellt der bereitung kleinerer Zapfenmengen von ZüF-Proben Spätfrost dar. Anhaltende Frühjahrstrockenheit kann (ZüF – Zertifizierungsring für überprüfbare forstliche ebenfalls zu hohen Ausfällen führen. Um diesem Phä- Herkunft) hat das Bayerische Amt für forstliche Saat- nomen entgegenzuwirken, verlagern manche Baum- und Pflanzenzucht (ASP) für die Samenausbeute Wer- te von 3,7–16,6 % ermittelt. Zudem unterliegt auch der Hohlkornanteil großen Schwankungen, da der Ge- wichtsunterschied zwischen vollen und hohlen Kör- nern weniger ausgeprägt ist als beispielsweise bei Fich- te und Kiefer und daher die Entfernung der Hohlkörner z. B. durch Ausblasen nicht immer den gewünschten Erfolg zeigt. Das Tausendkorngewicht von Lärchensaat- gut lag bei der Saatgutprüfung am ASP zwischen 4 g und 7g, die Keimfähigkeit schwankte zwischen 6 % und 67 % . In einer detaillierten Studie zum Keimverhalten von Europäischer Lärche (Larix decidua) und Japanischer Lärche (Larix kaempferi) hat Rohmeder (1953) deutliche Abbildung 5: Verschulte Lärchenpflanzen Unterschiede festgestellt. Bei der Europäischen Lärche (Foto: M. Luckas, ASP) haben bereits nach sieben Tagen 30– 50 % der Samen gekeimt, nach 21 Tagen der überwiegende Teil. Die Sa- men der Japanischen Lärche beginnen mit der Kei- mung deutlich später (circa 10 % nach sieben Tagen), die Keimung zieht sich über sieben Wochen hin. Roh- meder führt diesen Keimverzug vorwiegend auf physio- logische Faktoren zurück. In seinen Untersuchungen hat er festgestellt, dass bei der Europäischen Lärche das Wurzelwachstum im geschlossenen Samen wesent- lich rascher und kräftiger einsetzt als bei der Japani- schen Lärche.

1 Samenausbeute ist der Vollkornanteil je 50 kg lufttrockener Abbildung 6: Lärchenanzucht in Containern Zapfen (Foto: M. Luckas, ASP)

LWF Wissen 69 31 Forstliches Vermehrungsgut und Genetik der Europäischen Lärche

schulen die Anzucht in Container und produzieren vor Partie Diversität Heterozygotie allem Kleinballenpflanzen. Lärche P1 57,4 13,9 Die Pflanzen werden als Sämlinge (2+0, Größe 30–50 P2 46,6 14,2 cm und 50–80 cm) oder als verschulte Pflanze (1+1, Größe 50–80 cm) oder 1+2, Größe 50–80 cm und 80– P3 51,7 13,3 120 cm) verkauft. Fichte P1 140,5 21,9 P2 114,4 21,2 Genetische Aspekte Latsche P1 505,3 20,3 Zur genetischen Variation der Lärche in den Teilarea- len ihrer natürlichen Verbreitung – Polen, Sudeten, Ta- P2 616,8 23,1 tra und Alpen – gibt es mehrere Untersuchungen vor Tanne allem auf der Basis von Isoenzymen (z. B. Lewandowski P1 17,3 15,2 et al. 1990, Lewandowski und Mejnartowicz 1991, Maier P2 19,2 15,7 1992, Beletti et al. 1996, Müller-Starck und Felber 2010). Die Tabelle 2: Genetische Variation in Pflanzmaterial von meisten Untersuchungen beziehen sich allerdings nur Europäischer Lärche, Fichte, Latsche (Müller-Starck et al.) auf ein bestimmtes Teilareal, Vergleiche zwischen den und Tanne (ASP) Arealen sind rar. So hat Maier (1991) berichtet, dass der östliche Teil (Polen, Sudeten, Tatra) in sich genetisch Diversität homogen ist, sich aber deutlich von dem Alpenareal 70 unterscheidet. Allerdings wurden von ihm nur sieben Altbestand Verjüngung 60 Bestände untersucht. In Provenienzversuchen wurden 50 diese Unterschiede durch das unterschiedliche Wuchs- 40 verhalten bestätigt. So zeichnen sich Lärchen aus den Sudeten und aus Zentralpolen durch schnelles Wachs- 30 tum und eine hohe Anpassungsfähigkeit an unter- 20 schiedliche Standorte aus. Allerdings lassen die Stamm- 10 formen zu wünschen übrig. Die Lärchen aus den Alpen 0 1 234567 sind langsamwüchsig, aber an die Hochgebirgslagen Fläche bestens angepasst. Populationen aus den Ostalpen sind resistenter gegen den Lärchenkrebs (Lachnellula will- Abbildung 7: Genetische Diversität in Altbeständen kommii) als solche aus den Südalpen. und Naturverjüngung von Europäischer Lärche in sieben Beständen der Alpen Bei der Analyse von 26 Lärchenpopulationen in den montanen bis subalpinen Höhenstufen der Alpen ha- ben Müller-Starck und Felber (2010) festgestellt, dass die- Hybridlärche (Larix x Eurolepis Henry) – se Baumart im Vergleich zu anderen Nadelbaum arten (zu) wenig nachgefragt? in diesem Vegetationsbereich eine geringe genetische Variation hat. Allerdings ist die genetische Variation bei Die aus Kreuzungen der Europäischen Lärche mit der der Tanne noch geringer als bei der Lärche (Tabelle 2). Japanischen Lärche hervorgegangenen Hybrid lärchen (Larix x Eurolepis Henry) (F1-Generation) sind den rei- In der Naturverjüngung ist diese genetische Variation nen Arten in der Wüchsigkeit und Vitalität deutlich aber weitestgehend erhalten (Abbildung 7). Der Ver- überlegen. Auch auf bayerischen Prüfflächen in Unter- gleich dieser Daten mit der genetischen Variation von und Oberfranken hat sich diese Überlegenheit gezeigt Pflanzgut, ermittelt durch das ASP im Rahmen eines (Palbuchta und Schirmer 2009). EU-Projektes zur genetischen Diversität von Baumarten im Alpenraum (BAFE) zeigt eine vergleichsweise hohe genetische Diversität in den drei Pflanzenpartien.

32 LWF Wissen 69 Forstliches Vermehrungsgut und Genetik der Europäischen Lärche

Das Hybridlärchensaatgut darf nur aus geprüften Plan- Müller-Starck, G.; Felber, F. (2010): Genetische Variation in Altbe- tagen kommen. In diesen wurden Klone der Europä - ständen der Lärche (Larix europaea) und ihrer natürlichen Ver- ischen Lärche und der Japanischen Lärche zu einer jüngung im Alpenraum. Schweiz. Z. Forstwes. 161 (2010) 6, S. 223–230 Bestäubungseinheit zusammengefasst und die Nach- kommen in Feldversuchen getestet. In Deutschland Müller-Starck, G.; Konnert, M.; Ziehe, M.; Klumpp, R. (2012): Das sind zurzeit zwei Plantagen in Sachsen und eine Plan- Translokationsexperiment Koralm: Untersuchungen über den tage in Niedersachsen zugelassen. Einfluss der Höhenlage auf die genetischen Strukturen von Lär- che, Latsche und Fichte. Forstarchiv 83, S. 126–135

Der Hybridanteil im Saatgut solcher Plantagen unter- Palbuchta, M.; Schirmer, R. (2009): Nachkommenschaftsprüfun- liegt allerdings hohen jährlichen Schwankungen, je gen der Hybridlärche „Schnappenhammer“. AFZ-Der Wald 5, nach den Bestäubungsverhältnissen (z. B. Häcker und S. 222–223

Bergmann 1991,Tröber und Haasemann 2000). Dieser An- Rohmeder, E. (1953): Der unterschiedliche Keimverlauf von Sa- teil kann mit genetischen Methoden der Isoenzym- men der Europäischen und Japanischen Lärche. Forstw. Cbl. analyse (Bergmann und Ruetz 1987) oder der DNA-Ana- 72, 7/8, S. 210–220 lyse (Acheré et al. 2004) bestimmt werden. Zudem kann Rohmeder, E. (1956): Untersuchungen über Samenausbeute aus man durch strenge Größensortierung in der Baum - Lärchenzapfen. In: Fortschritte des forstlichen Saatgutwesens. schule (entfernen der kleinwüchsigen Pflanzen) in den Sauerländer Verlag, S. 33–42 Pflanzenpartien den Anteil an Hybridlärche deutlich er- Tröber, U.; Haasemann, W. (2000): Pollination Effects in a Larch höhen (ASP Jahresbericht). Trotz der nachgewiesenen Hybrid Seed Orchard. Forest Genetics 7, S. 77–82 hohen individuellen Wuchsleistung ist die Nachfrage Zollner, A.; Nickl, A. (2012): Forstliches Vermehrungsgut im Berg- und Verwendung von Vermehrungsgut der Hybridlär- wald. AFZ 5, S. 16–18 che in Deutschland gering. Ein großer Teil des geern- teten Saatgutes geht ins europäische Ausland (BLE). Zollner, A. (2012): Verbesserte Saatgutversorgung im Bergwald. LWF-aktuell Nr. 88, Beilage ASP

Literatur Keywords: European larch, seed collection, bree- Acheré, V.; Faivre Rampant, P.; Pâques, L.E.; Prat, D. (2004): Chlo- ding, genetic variation. roplast and mitochondrial molecular tests identify Europe- anxJapanese larch hybrids. Theor. Appl. Genet. 108, S. 1643– 1649 Summary: This article explains the general conditions for the collection of seeds and breeding of the European larch Beletti, P.; Lanteri, S.; Leonardi, S. (1996): Genetic Variability (Larix decidua). In Germany there are more than 1.250 har- among European larch (Larix decidua Mill.) populations in Piedmont, North-West Italy. Forest Genetics 4(3), S. 113–121 vesting sites in five areas of provenance. By designating the Alps as an area of provenance in its own right, natural oc- Bergmann, F.; Ruetz, W. (1987): Short Note: Identifizierung von currence in the Alps is taken into consideration. An ade- Hybridlärchensaatgut aus Samenplantagen mit Hilfe eines Iso- quate supply of high altitude seed can only be attained in enzym-Markers. Silvae Genetica 36, S. 102–105 this area using support measures such as seed orchards. BLE (Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung) (2007): The growing and extraction of larch seed is relatively com- Statistische Daten zu Ernte und Handel mit forstlichem Vermeh- plex, and the yield is usually lower than with other - rungsgut ous tree species. It is possible to keep stocks, as the seed can be stored for well over ten years. Genetic variation in Häcker, M.; Bergmann, F. (1991): The proportion of hybrids in seed from a seed orchard composed of two larch species the Alpine larch is low in comparison with other tree spe- (L europaea and L leptolepis). cies, but it is maintained over the generations. The higher levels of growth shown in hybrid larch trees hybridised Lewandowski, L.; Burzyk, J.; Mejnartowicz, L. (1990): Genetic from European larch and Japanese larch are exploited on- structure and the Mating System in an Old Stand of Polish Larch. Silvae Genetica 40, 2, S. 75–79 ly to a limited extent in practical forestry in Germany.

Lewandowski, L.; Mejnartowicz, L. (1991): Lavels and patterns of allozyme variation in some European larch (Larix decidua) po- pulations. Hereditas 114, S. 107–109

Maier, J. (1992): Genetic variation in European larch (Larix de- cidua). Ann. Sci. For. 49, S. 39–47

LWF Wissen 69 33 Die Lärche im Bayerischen Staatswald Walter Faltl und Stephan Breit

Schlüsselwörter: Hochgebirge, Lichtbaumart, Mischbaum- Altersklassenverteilung nach Inventurjahr art, Naturverjüngung, Überhalt, Wertholz, Astung 10.000 Iventur 2000 Iventur 2011 Zusammenfassung: Die Lärche ist eine kontinental getön- 8.000 te Baumart, deren natürliche Verbreitung in Bayern mit ei- 6.000

nem eher östlichen Schwerpunkt auf das Alpengebiet be- Fläche ideell [ha] schränkt ist. Hier kommt die Lärche als Mischbaumart im 4.000 Bergmischwald vor und ist in höheren Lagen teilweise auch 2.000 bestandsbildend. Sie gehört zu den wichtigen Baumarten in der Schutzwaldsanierung, insbesondere, wenn es um 0 IIIIIIIVVVIVIIVIIIIX+ die Wiederbestockung von Kalamitätsflächen geht. Außer- Altersklasse halb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes kommt der Lärche die Rolle einer wertanreichernden Mischbaumart Abbildung 1: Altersklassenverteilung der Lärche im Bayeri- zu. Im Hinblick auf die Auswirkungen des prognostizierten schen Staatswald, angegeben in Hektar ideeller Teilfläche; Vergleich der Inventurjahre 2000 und 2011 (Inventurdaten- Klimawandels rückt die Lärche als eine Option für den Er- bank der Bayerischen Staatsforsten) satz wegfallender Fichtenanteile in den forstlichen Fokus. Auf Grund ihrer leuchtend gelben Herbstfärbung, ihres häufig exponierten Standorts auf Kuppen und als markan- ter Überhälter prägt sie vielerorts das Landschaftsbild. In der Rückschau der letzten 15 Jahre blieben sowohl ihre Fläche als auch ihr Vorrat in etwa konstant bzw. zeigen einen leichten Anstieg. Ausgehend von einer Die Lärche im Bayerischen Staatswald „Lärchenwelle“ Mitte des vorigen Jahrhunderts ebbte diese in den Folgejahren wieder ab. Speziell in den letz- Im Bayerischen Staatswald ist die Lärche derzeit ten 30 Jahren wurde die Lärcheneinbringung im Rah- mit einem Flächenanteil von rund 3,5 % vertreten. men des naturnahen Waldbaus und der damit einher- Nach Fichte und Kiefer ist sie damit – hinsichtlich Vor- gehenden kleinflächigen Verjüngungsverfahren unter rat und Fläche – neben der Tanne die drittwichtigste Schirm eher vernachlässigt. Der Vergleich der aktuellen Nadelbaum art. Aktuell liegt die ideelle Lärchenfläche Inventurwerte mit dem Inventurstand des Jahres 2000 im Bayerischen Staatswald bei etwa 25.000 ha (Hektar), bestätigt dies eindrucksvoll: Bedingt durch das Hinein- der Lärchenvorrat bei rund 5,6 Millionen Efm o.R. (Ern- wachsen in die jeweils nächsthöhere Altersklasse kam tefestmeter ohne Rinde). Langfristiges Ziel ist es, den es in den Altersklassen III bis VI zu starken Zunahmen, Lärchenanteil in dieser Größenordnung zu halten. in den Altersklassen I und II zu teils deutlichen Flächen- rückgängen. Die Altersklassenverteilung der Lärche ist in Abbil- dung1 dargestellt: Heute hat die Lärche mit gut der Europäische Lärche und Japanlärche Hälfte der Bestandsfläche ihren Schwerpunkt in den Ist von der Lärche die Rede, sprechen wir im Wesent- Altersklassen III und IV, die I. Altersklasse ist mit einem lichen von zwei Baumarten: Neben der Europäischen Anteil von etwa 3 % stark unterrepräsentiert. Lärche (Larix decidua) kommt vor allem in Beständen der III. und IV. Altersklasse die Japanlärche (Larix kaem pferi) lokal auf größerer Fläche vor. Ihr Anteil an der Lärchengesamtfläche der III. Altersklasse liegt im Bayerischen Staatswald bei 20 % und in der IV. Alters- klasse bei 15 %. In den übrigen Altersklassen spielt die

34 LWF Wissen 69 Die Lärche im Bayerischen Staatswald

Etwa 400 km weiter nordwestlich – im Spessart und in Altersklassenverteilung nach Lärchenart 10.000 der Rhön – liegt der zweite Lärchenschwerpunkt. Im Japanlärche Europ. Lärche Gegensatz zum Alpenraum kommt die Lärche hier 8.000 ø Staats- 11 % wald nicht natürlich vor, sondern wurde anthropogen be-

6.000 89 % gründet. Bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts wur-

Fläche ideell [ha] de hier die Lärche im Wege der sogenannten Odenwäl- 4.000 der Mischsaat als wertanreichernde Nadelholzart in die buchendominierten Bestände künstlich eingebracht. 2.000 Ein gängiges waldbauliches Standardverfahren war 0 z. B. das Durchgittern und Überstellen von Buchen- I II III IV V VI VII VIII IX+ naturverjüngungen mit Lärche. Altersklasse

Abbildung 2: Altersklassenverteilung Lärche und Japanlär- Weitere Lärchenvorkommen größeren Umfangs sind in che im Bayerischen Staatswald 2011, angegeben in Hektar Mittelschwaben, im Fichtelgebirge sowie im Oberpfäl- ideeller Teilfläche (Inventurdatenbank der Bayerischen zer Wald zu finden. Staatsforsten)

Japanlärche praktisch keine Rolle (siehe Abbildung 2). Lärchenanteil [%]

Hybridlärchen oder andere fremdländische Lärchenar- 0,4 −1,0 ten wurden im Bayerischen Staatswald kaum angebaut. 1,1 −3,0 3,1 −5,0 Der Forstbetrieb Zusmarshausen ist unter anderem 5,1 −7,0 durch einen besonders hohen Anteil an Japanlärche 7,1 −10,0 gekennzeichnet. Die Japanlärche kommt hier auf einer > 10 ideellen Fläche von etwa 600 ha vor, die Europäische Lärche dagegen nur auf rund 160 ha. Schwerpunktmä- ßig fällt die Einbringung der gemeinhin als wuchskräf- tig angesehenen Japanlärche in die Zeit kurz nach dem Zweiten Weltkrieg, als es galt, die großen durch Bor- kenkäfer und Reparationshiebe entstandenen Kahlflä- chen wieder in Bestockung zu bringen.

Natürliche und anthropogen begründete Vorkommen

In Abbildung 3 ist die geografische Verteilung der Lär- Abbildung 3: Lärchenanteil an den Forstbetrieben chenfläche für die einzelnen Forstbetriebe der Bayeri- der Bayerischen Staatsforsten schen Staatsforsten dargestellt: Den höchsten Anteil an den Beständen mit gut 1.200 ha oder knapp 11 % hält die Lärche am Forstbetrieb St. Martin (Bayerische Saal- forste) im österreichischen Pinzgau. Auf deutscher Sei- te grenzen die Forstbetriebe Berchtesgaden und Ruh- polding an, welche ebenfalls durch einen relativ hohen Lärchenanteil gekennzeichnet sind. In diesen südöst- lichsten Forstbetrieben der Bayerischen Staatsforsten kommt die Lärche natürlich als Mischbaumart im Berg- mischwald vor und bestimmt an der Waldgrenze zu- sammen mit Fichte oder zum Teil der Zirbe das Wald- bild.

LWF Wissen 69 35 Die Lärche im Bayerischen Staatswald

Abbildung 4: Natürlicher Lärchenbestand im Forst- betrieb Berchtesgaden (Foto: S. Breit)

Ökologische Ansprüche der Lärche Waldbauliche Behandlung der Lärche

Die Lärche ist eine extreme Lichtbaumart, die wie Waldbaugrundsätze kaum eine andere Baumart äußerst empfindlich auf Ein- Die Waldbaugrundsätze der Bayerischen Staatsforsten schränkungen im Lichtgenuss reagiert. Als Pionier- orientieren sich an den Prinzipien der naturnahen baumart charakterisiert sie ein sehr rasches Jugend- Waldwirtschaft mit dem erklärten Ziel einer Abkehr wachstum, das bereits in mittleren Jahren deutlich vom Altersklassenwald. Die Waldbestände sollen nach zurückgeht. Die Lärche ist eine Nadelbaumart mit sehr Möglichkeit als Dauerbestockung ständig in hochpro- hohem Wasserverbrauch. Sie benötigt für optimale duktiven Wachstumsphasen gehalten werden und ste- Wuchsleistung frische Böden mit hoher Wasserkapazi- tigen Derbholzzuwachs liefern: Holz soll an Holz wach- tät, kommt jedoch auf flachgründigen Standorten oder sen, die Nutzung ist weitgehend am laufenden Zuwachs mit Trockenheit noch zurecht. Bei ausreichender Bo- ausgerichtet und die natürlichen Steuerungskräfte wer- dendurchlüftung bildet sie ein ausgeprägtes Herzwur- den gezielt zur rationellen Gestaltung der angestrebten zelsystem, das auf lockerem Substrat bis zu 2,5 m in die Waldaufbauformen genutzt. Die Verjüngung der Bestän- Tiefe reichen kann. Auf staunassen Böden ist sie hinge- de erfolgt auf kleiner Fläche femelschlagartig über ei- gen ein Flachwurzler und ähnlich windwurfgefährdet nen viele Jahrzehnte umfassenden Zeitraum. Unbe- wie die Fichte. stockte Flächen oder größerflächige Jungbestände entstehen dabei nicht, allenfalls ungeplant nach Schad- Die Lärche kann beeindruckende Dimensionen und ein ereignissen. Genetisch geeignete Altbestände aus sehr hohes Alter erreichen: Die höchsten von der Inven- standortgemäßen Baumarten werden vorzugsweise na- tur gemessenen Werte liegen für den Brusthöhendurch- türlich verjüngt. Erwünschte, im Altbestand jedoch messer bei 104 cm sowie bei einer Höhe von 46,5 m. nicht vorhandene Mischbaumarten werden meist unter Am Forstbetrieb Bad Tölz wurde bei der Inventur im Schirm gepflanzt oder als Saat begründet. Jahr 1996 eine Lärche mit einem Alter von 915 Jahren aufgenommen, am Forstbetrieb Oberammergau wurde Produktionsziel und Zielstärken im Jahr 2005 das Alter einer Lärche auf 720 Jahre datiert Auf Standorten mit mittlerem und gutem Wuchspoten- (jeweils Alterszählung am Bohrkern). tial wird für die Lärche in Abhängigkeit vom Pflege - zustand entweder Standardware (Zieldurchmesser mindestens 45 cm) oder Wertholz (Zieldurchmesser mindestens 60 cm) angestrebt. Als klassische Baumart für den Überhaltbetrieb sollen die qualitativ hochwer-

36 LWF Wissen 69 Die Lärche im Bayerischen Staatswald

tigsten Stämme in ihrer Dimension noch deutlich über abzielen, dass die positiv geförderten Zielbäume in ih- den angegebenen Zieldurchmesser hinaus ausreifen. ren Kronen stets ausreichend umlichtet sind. Es darf auf Auf Grund ihrer Eigenschaft als Totasterhalter ist die As- keinen Fall zu Kronenberührungen oder gar Kronen- tung der Lärche zumindest auf den untersten 6 m zur druck auftritt. Produktion von Lärchenwertholz von großer Bedeu- tung. Verjüngung der Lärche Im naturnahen Waldbau ist die Verjüngung der stark Prinzipien der waldbaulichen Behandlung lichtbedürftigen Lärche alles andere als ein Selbstläu- Aktuell liegt für die Lärche noch keine spezielle Pflege- fer. Soll die Lärche als Mischbaumart an der zukünfti- richtlinie oder eigenes Behandlungskonzept vor. In den gen Waldgeneration beteiligt werden, so sind aktive folgenden Abschnitten wird jedoch beschrieben, nach Maßnahmen erforderlich, die die bereits geschilderte welchen Kriterien die Lärche derzeit bewirtschaftet spezielle Ökologie der Lärche berücksichtigen. Dazu wird. werden bei den Bayerischen Staatsforsten verschiede- Unter unseren Wirtschaftsbaumarten ist die Lärche ne Ansätze verfolgt: wohl die extremste Lichtbaumart und als solche ist sie • In der Nähe von Altlärchen werden – entsprechende auch konsequent so zu behandeln: Alle Maßnahmen Bestandsstabilität vorausgesetzt – zur Erzeugung von müssen darauf abzielen, die Kronenfreiheit der Lärche Naturverjüngung größere, lichte Femelstellungen ge- zu gewährleisten sowie den raschen Ausbau ihrer Kro- schaffen. Durch die mit der Hiebsmaßnahme verbun- ne zu ermöglichen. Auf Grund ihrer Konkurrenzschwä- dene Bodenverwundung läuft in der Regel bald die che und ihres sehr früh kulminierenden Höhenwachs- Lärchennaturverjüngung auf. tums muss dies von frühester Jugend an sichergestellt • In Beständen ohne Altlärchen wird die Lärche in werden. Hier liegt der Schlüssel zur Wertholzprodukti- Trupp- bis Gruppengröße in größeren Femelstellun- on: Nur Bäume mit entsprechend gut ausgebildeten gen oder unter lichtem Schirm eingebracht, der Kronen können in vertretbarer Zeit in für Wertholz in- zügig nachgelichtet wird. Der Durchmesser dieser teressante Dimensionen gebracht werden. Femelstellungen kann je nach Sonnenexposition zwi- schen 1 und 2 Altbaumlängen variieren. Jungwuchs- und Jungbestandspflege • Durch zufällige Ereignisse (z. B. Sturmwurf, Borken- In der Jungwuchsphase sind bei entsprechender Aus- käfer) entstandene Kahlflächen werden bei geeigne- formung der Lärche zu Trupps oder Gruppen in der Re- ten Rahmenbedingungen konsequent zur Einbrin- gel keine Eingriffe erforderlich. Wird die Lärche von gung von Lichtbaumarten wie der Lärche genutzt. eingeflogenem Weichlaubholz oder bei einzelstamm- • Natürlich vorkommende Lärchenbestände im Hoch- weiser Mischung von Mischbaumarten bedrängt, muss gebirge verjüngen sich in der Regel natürlich. durch eine Pflegemaßnahme der Wuchsvorsprung der Lärche gesichert werden. Im Zuge der Mischwuchs - regulierung ist die Lärche wo immer möglich trupp- bzw. gruppenweise auszuformen. In der anschließenden Jungbestandsphase gilt es, den Wuchsvorsprung der Lärche gegenüber anderen Mischbaumarten stetig weiter zu sichern. In Ausnahme- fällen, z. B. in sehr dicht begründeten Lärchenbestän- den, kann es erforderlich sein, bereits einzelne Ziel - bäume vorsichtig zu begünstigen. Am Übergang von der Jungbestandspflege zur Jungdurchforstung muss grundsätzlich die Astung erfolgen, sofern Wertholz pro- duziert werden soll. Abbildung 5: Zur Pflanzung vorgesehene Lärchen auf einer Durchforstung Kyrill-Fläche im Forstbetrieb Ruhpolding (Foto: S. Breit) Die Durchforstung der Lärche erfolgt ähnlich dem 100- Baum-Konzept der Fichte mit der Maßgabe, dass die Eingriffe in der frühen Durchforstungsphase stärker zu führen sind und mit zunehmendem Bestandsalter ste- tig schwächer werden. Alle Maßnahmen müssen darauf

LWF Wissen 69 37 Die Lärche im Bayerischen Staatswald

Schwierigkeiten im Lärchenanbau An erster Stelle ist hier sicherlich der Lärchenkrebs zu nennen, der auf unpassendem Kleinstandort Probleme beim Anbau der Europäischen Lärche verursacht. Die Japanlärche ist gegenüber dem Lärchenkrebserreger sehr viel resistenter. Diese Eigenschaft war – neben ih- rer ausgezeichneten Wuchsleistung – hauptursächlich für ihre zunehmende Verbreitung Mitte des vergange- nen Jahrhunderts. Schon allein auf Grund ihrer Selten- heit bietet die Lärche dem Schalenwild beliebte Äsung und hat deshalb sehr stark unter Wildverbiss und Fege- schäden zu leiden. Letztere sind meist die Hauptursa- che für Ausfälle. Weitere tierische Schädlinge sind die Abbildung 6: Wertholzlärche im Forstbetrieb Zusmars - Lärchenminiermotte und der Lärchenblasenfuß. Beide hausen (Foto: H. Droste) rufen erhebliche Blattverluste hervor.

Die Lärche als Wirtschaftsbaumart Keywords: High mountains, shade intolerant species, mixed stands, natural regeneration, hold over, high grade Die Bayerische Staatsforsten schlug im Geschäftsjahr wood, tree pruning. 2011 circa 77.000 Efm Lärchenholz ein. Das entspricht einem Anteil von etwa 1,5 % am Gesamteinschlag (5,14 Summary European larch is a species with continental cha- Millionen Efm). Der Verkauf des Lärchenholzes er- racter. Natural stands in Bavaria are delimitated to the Alps brachte 2011 bei einem Durchschnittspreis von rund with a main growth range in the eastern region. There 75 €/Efm inkl. Frachten über alle Sortimente etwa larch is mixed to spruce, beech and fir and dominates the 4,82 Millionen € und damit etwa 1,5 % des Gesamtum- stands in higher altitude. Especially in protection forests satzes. Von den etwa 55.000 Efm Lärchenstammholz larch is one of the most important species if to recreate entfielen knapp 300 Efm auf die Güteklasse A, etwa over aged or damaged stands. Outside its natural growth 27.500 Efm erfüllten die Kriterien für die Güteklasse B. range the value of mixed stands could be increased by larch. In regard to climate change larch gets more impor- Lärchenwertholz tant to substitute spruce. With its bright autumn colors, Durchschnittlich erlöste der Festmeter Lärchenwert- the often exposed growth site on mountain tops or ridges holz bei der Nadelwertholzversteigerung 2012 in Litzen- and as a prominent hold over larch forms in many places dorf stattliche 315 €; und der Trend geht weiter deutlich our landscape. nach oben, wie die Zeitreihen der beiden wichtigsten Verkaufstermine für Nadelwertholz in Litzendorf und Himmelkron zeigen. Literatur Dass die Lärche beeindruckende Dimensionen er- reichen kann und für qualitativ hervorragende Einzel- Bayerische Staatsforsten AöR (2008): Waldbaugrundsätze der Bayerischen Staatsforsten stämme viel Geld zu erzielen ist, demonstrierte 2012 der Forstbetrieb Zusmarshausen: Das Erdstammstück eines Schütt, P.; Schuck, H.J.; Stimm, B. (1997): Lexikon der Forstbota- 240-jährigen Lärchenüberhälters erlöste bei einem nik. Hüthig Jehle Rehm Stockdurchmesser von 1 m und 15 m Länge insgesamt knapp 7.000 € bzw. 1.233 € je Festmeter (Abbildung 6). Im Anschluss konnte sogar noch ein Gipfel-C-Stück von 6 m Länge und 54 cm Mittendurchmesser ausgehalten werden. Jedoch nicht nur Lärchenwertholz erzielt beacht- liche Erlöse: Bei aktuellen Verkäufen von Lärchen- stammholz erzielen die Bayerischen Staatsforsten durchschnittlich 5 –10 € pro Festmeter mehr als beim Verkauf von Fichtenstammholz.

38 LWF Wissen 69 Wachstum der Lärche in Bayern Hans-Joachim Klemmt, Michael Neubert und Wolfgang Falk

Schlüsselwörter: Wachstum, Lärche, Larix decidua, Bay- nung), sie ermöglichen aber auch die Analyse von ern, Bundeswaldinventur, BWI Wachstumsgängen auf Einzelbaumbasis. Folgender Beitrag widmet sich daher der numerischen Beschrei- Zusammenfassung: Mit den Daten der Bundeswaldinven- bung verschiedener, praxisrelevanter Ergebnisse zum tur (BWI) liegt eine wichtige, flächen- und standortreprä- Wachstum der Europäischen Lärche (Larix decidua L.) sentative Datenquelle vor, die eine Vielzahl von praxisrele- in Bayern, abgeleitet aus Daten der Bundeswaldinven- vanten Informationen enthält. Die Auswertung der Daten tur. zur Baumart Europäische Lärche zeigt die Verbreitungs- schwerpunkte und Zuwachsverhältnisse in Bayern auf. Auf Einzelbaumebene kann gezeigt werden, dass sich das Beschreibung des Datenmaterials Wachstum der Europäischen Lärche in den letzten Jahr- zehnten verändert hat und dass über klassische Planungs- Bei der Bundeswaldinventur 1 (BWI1, 1986-1988) wur- hilfsmittel wie Ertragstafeln die Wachstumsgänge für die- den in Bayern an 582 Traktecken (Inventurpunkte) ins- se Baumart nur unzureichend zu beschreiben sind. Aus den gesamt 1.355 Europäische Lärchen durch die Winkel- BWI-Daten werden bekannte Erkenntnisse in Hinblick auf zählprobe mit Zählfaktor 4 (WZP4) als Probebäume die ökologischen Eigenheiten der Europäischen Lärche wie ausgewählt. Bei der Bundeswaldinventur 2 (BWI 2, ihre Lichtbedürftigkeit bestätigt. Ebenso wird gezeigt, dass 2001–2002) fanden sich mit dem gleichen Auswahlver- die Lärche häufig als Mischbaumart und selten als Reinbe- fahren an 493 Traktecken 1.157 Europäische Lärchen. standsbaumart in bayerischen Wäldern zu finden ist, am Der Rückgang zwischen BWI 1 und BWI 2 ist insbeson- häufigsten ist sie derzeit gemischt mit Fichte, Kiefer und dere auf eine Rücknahme der Verdichtung in Mittelfran- Buche. Weiterhin wird ein erster Ansatz zur Herleitung des ken von einem 2*2 km-Raster (ein Trakt pro 4 km²) auf Standort-Leistungspotentials für diese Baumart aufge- zeigt: Wüchsige Lärchen stocken in Bayern u.a. auf tief- BWI-Inventurpunkte gründigen Böden bei gleichzeitig gutem Wärmeangebot. mit Lärche Auf flachgründigen Standorten müssen höhere Nieder- schläge die geringere Speicherkapazität der Böden ausglei- chen.

Die Bundeswaldinventur (BWI) erfasst die großräumi- gen Waldverhältnisse und forstlichen Produktionsmög- lichkeiten in Deutschland in allen Bundesländern und Eigentumsarten nach dem gleichen Verfahren. Die ers- te Bundeswaldinventur wurde in den Jahren 1986 bis 1988 (Stichjahr 1987) durchgeführt. Die zweite Bundes- waldinventur wurde 15 Jahre nach der ersten BWI zum Stichjahr 2002 vorgenommen. Aktuell laufen die Außen- aufnahmen zur dritten Bundeswaldinventur. Die im Rahmen der Feldaufnahmen erhobenen Daten sind ins- besondere auf Grund ihrer Flächen- und Standortreprä- sentativität für die forstwirtschaftliche Praxis bundes- weit sehr wertvoll. Sie ermöglichen Aussagen zum Abbildung 1: Lage der BWI-Trakte in den Wuchsgebieten Zustand und zu Veränderungen der Wälder in Bayern Bayerns, an denen bei der Bundeswaldinventur 1 oder 2 in verschiedener regionaler Auflösung (Hochrech- Europäische Lärchen aufgenommen wurden

LWF Wissen 69 39 Wachstum der Lärche in Bayern

ein 2,83*2,83 km-Raster (ein Trakt pro 8 km²) zurück- Hochrechnungsergebnisse für Bayern zuführen. Bei der Zwischeninventur des Bundes im Jahr 2008 (Inventurstudie 08, Treibhausgasinventur) Aktuelles Vorkommen der Europäischen Lärche wurden an 58 Traktecken 193 Europäische Lärchen in Bayern über die WZP4 ausgewählt und vermessen. Die gerin- Bei den Aufnahmen zur Bundeswaldinventur wird ge Anzahl ist Ergebnis der Aufnahmen lediglich im 8*8 zwischen den Baumarten Europäische Lärche (Larix km-Grundraster. decidua) und Japanische Lärche (Larix kaempferi) un- terschieden. Auf Grund jeweils geringer Stichproben- Abbildung 1 vermittelt einen Eindruck von der Lage umfänge werden für Hochrechungszwecke beide der Trakte der BWI 1 und BWI 2, an denen Europäische Baumarten zur Baumartengruppe Lärche zusammen- Lärchen aufgenommen wurden, nach Wuchsgebieten gefasst. Bezieht man die ideellen Flächenanteile1 der in Bayern. Auffällig ist, dass bisher im Inneren Bayeri- Baumartengruppe Lärche auf die Gesamtwaldfläche schen Wald (Wuchsbezirk 11.3) keine Inventurpunkte Bayerns (Holzboden, nur begehbarer Wald) so zeigt mit Europäischen Lärchen vorliegen und dass im sich, dass circa 2% der Waldfläche Bayerns mit Lärchen Wuchsgebiet 15 (Alpen) lediglich im östlichen Bereich bestockt sind. nennenswerte Anzahlen an BWI-Inventurpunkten mit Nach Regierungsbezirken variieren die Werte zwi- Europäischen Lärchen aufgenommen wurden. schen 4,6 % in Unterfranken und 1,2 % in Oberbayern. Bei diesen Angaben gilt es allerdings die vergleichswei- Insgesamt wurden 715 Europäische Lärchen bei der se großen Fehlerrahmen zu berücksichtigen, die ledig- BWI 2 erneut vermessen, die auch schon Probebäume lich die Aussagen erlauben, dass die Flächenanteile der der BWI 1 waren. Drei Aufnahmen liegen derzeit für 108 „Lärche“ in Unterfranken signifikant höher sind als in Europäische Lärchen in Bayern vor. Folgende Ausfüh- den übrigen Regierungsbezirken. rungen beziehen sich ausschließlich auf die Daten der BWI 1 und BWI 2. Nach Wuchsgebieten variieren die Flächenanteilswer- te zwischen 8,6 % für den Odenwald bzw. 7,2 % für den Die WZP4-Lärchen der Bundeswaldinventur1 in Bay- Spessart bis hin zu Werten kleiner 1 % für die Schwä- ern waren im Mittel 58 Jahre alt, wobei sich das Alters- bisch-Bayerische Jungmoräne und Molassevorberge spektrum von 9 bis 160 Jahre erstreckte. Das Höhen- sowie die Bayerischen Alpen. Aufgrund der großen spektrum erstreckte sich über den Bereich von 6,10 m Fehlerrahmen kann auch hier nur generell die Aussa- bis 40,9 m bei einem Mittel von 22,5 m. Die höchste gen getroffen werden, dass die ideellen Flächenanteile Europäische Lärche der BWI 1 wurde im Bereich des der Lärchen in den Wuchsbezirken Odenwald und AELF Krumbach, Regierungsbezirk Schwaben, ver - Spessart signifikant höher sind als in den übrigen messen. Das Durchmesserspektrum erstreckte sich von Wuchsbezirken. 10 cm bis 83,8 cm bei einem Mittel von 30,5 cm. Die dickste Europäische Lärche der BWI 1 wurde ebenso Vorräte und mittlere Zuwächse der Europäischen Lärche im Bereich des AELF Krumbach vermessen, sie ist in Bayern allerdings nicht identisch mit dem am höchsten gemes- In Tabelle 1 sind die absoluten Vorräte der Lärchen senen Baum. in Bayern nach den Baumaltersklassen aufgeführt. In Tabelle 2 sind die ideellen Hektarwerte der Baumarten- Die WZP4-Lärchen der Bundeswaldinventur 2 in Bay- gruppe Lärche nach Altersklassen dargestellt. In Tabel- ern waren im Mittel 65 Jahre alt, das Altersspektrum lag le 3 sind die ermittelten Zuwächse für die Baumarten- zwischen 6 und 179 Jahren. Die gemessenen Höhen la- gruppe Lärche nach Altersklassen angegeben. Der gen zwischen 4,8 m und 44,1 m bei einem Mittelwert Bezug erfolgt dabei jeweils nur auf den begehbaren von 25,5 m Die höchste Europäische Lärche der BWI 2 Wald in Bayern, schließt den produktiven Wald ein- wurde im Bereich des AELF Augsburg gemessen. Die Durchmesser der BWI 2-Lärchen erstreckten sich zwi- schen 7 cm und 92,9 cm, die dickste Europäische Lär- 1 ideelle Flächenanteile: Bei der Auswertung der Bundes - waldinventur werden Aufnahmeeinheiten rechnerisch weiter che wurde dabei im Bereich des AELF Karlstadt in Un- untereilt. Zum Beispiel werden Mischbestände (gleiche Alters - terfranken gemessen. klasse, gleiche Baumart) nach Standflächenanteilen, Grund - flächenanteilen oder Deckungsgrad aufgeteilt. Die Flächen die- ser ideellen Reinbestände werden als ideelle Waldflächen bezeichnet.

40 LWF Wissen 69 Wachstum der Lärche in Bayern

Baumaltersklasse [Jahre] 1–20 21–40 41–60 61–80 81–100 101–120 121–140 141–160 >160 Vorrat [1000 m³] 224 2.015 6.641 2.797 3.220 2.041 741 280 87 Fehlerprozent +/– n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v. n. v.

Tabelle 1: Vorrat [1000 m³] nach Baumaltersklassen für n. v. = nicht vorhanden die Baumartengruppe Lärche in Bayern zum Stichjahr 2002 gemäß Hochrechnung

Baumaltersklasse [Jahre] 1–20 21–40 41–60 61–80 81–100 101–120 121–140 141–160 >160 Vorrat [m³/ha] 47 235 379 449 568 498 449 331 47 Fehlerprozent +/– n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v. n.v.

Tabelle 2: Vorrat [m³/ha ideell] nach Baumaltersklassen für n. v. = nicht vorhanden die Baumartengruppe Lärche in Bayern zum Stichjahr 2002 gemäß Hochrechnung

Baumaltersklasse [Jahre] 1–20 21–40 41–60 61–80 81–100 101–120 121–140 141–160 >160 Zuwachs [m³/ha*a] 3,22 9,87 19,53 13,38 15,36 11,70 9,77 6,63 6,26 Fehlerprozent +/– 21,5 8,1 6,8 9,9 10,1 11,5 14,9 14,2 27,9

Tabelle 3: Zuwachs des Vorrates nach Baumaltersklassen für die Baumartengruppe Lärche in Bayern gemäß Hochrechnung

schließlich Blößen beider Inventuren sowie Lücken im Ergebnisse von Einzelbaumbetrachtungen Bestand mit ein und wurde auf Basis der Bäume des Hauptbestandes oder des Plenterwaldes mit BHD über Nachfolgend erfolgen Auswertungen auf Einzelbaum- 7cm ermittelt (Hochrechnungsergebnisse BWI 2; Flä- basis, wobei ausschließlich die Baumart Europäische chenbezug: ideell). Lärche Berücksichtigung findet. Bei der Interpretation der Werte in den jeweiligen Ta- bellen gilt es die jeweils relativ großen Fehlerprozente Höhenentwicklung über dem Alter in Verbindung mit der Verteilung der Stichproben - In Abbildung 2 dargestellt ist das Höhenspektrum der punkte über Bayern zu beachten. Nach den Werten der Europäischen Lärchen in Bayern nach 5-Jahres-Alters- Bundesauswertung erfolgt die Kulmination des Zu- klassen. Im Hintergrund hinterlegt sind die Höhen- wachses (Tabelle 3) bei der Baumartengruppe Lärche wachstumsgänge nach der Ertragstafel Schober von in Bayern im Alter zwischen 41 und 60 Jahren. Der un- 1946 bzw. 1949 sowie für die Schweizerische Lärchen-Er- stetige Verlauf über den Altersklassen sowie die relativ tragstafel von 1983. Aus dieser Abbildung gehen drei späte Kulmination des Zuwachses resultiert insbeson- Dinge hervor. Zum ersten wird deutlich, dass die Hö- dere aus der ungleichen Verteilung der Probepunkte henwachstumsgänge sowohl für die Oberhöhen- als über Bayern. Insgesamt sind lediglich summarisch auf auch für die Mittelhöhenentwicklung der Ertragstafel Bayernebene gesicherte Hochrechnungsergebnisse für Schober denen der Schweizerischen Ertragstafel für die die Baum artengruppe Lärche in Bayern zu erwarten dargestellten Bonitäten stark ähneln. Zum zweiten wird (Klemmt und Neubert 2012) ersichtlich, dass sowohl für die BWI 1 als auch für die BWI 2 sich die Höhenspektren über den gesamten Bo- nitätsfächer strecken. In den jungen Altersgruppen lie- gen dabei die mittleren Höhenwerte jeweils im Bereich der ersten Bonität nach Schober während die Mittelwer- te mit zunehmendem Alter in den Bereich der dritten Bonität abfallen. Gründe hierfür dürften sowohl die zu- nehmende Standortverbesserung als auch die Betrach- tung von Querschnittsdaten (unechte Zeitreihen) sein. Weiterhin wird aus Abbildung 2 beim Vergleich der Hö- henspektren BWI 1 – BWI 2 für vergleichbare Altersgrup- pen ganz besonders ersichtlich, dass die Mittelwerte

LWF Wissen 69 41 Wachstum der Lärche in Bayern

Höhenspektrum nach Altersklassen

40 Höhenmessbäume BWI1 Höhenmessbäume BWI2 Höhe [m]

Schober (1946), I. Ekl., mDf 30 Schober (1946), II. Ekl., mDf Schober (1946), III. Ekl., mDf Schweizer ET (1983), 20 ho 26 (Alter 50) Schweizer ET (1983), ho 22 (Alter 50)

10 Mittelhöhe hg Oberhöhe ho

0 20 40 60 80 100 120 140 Alter [Jahre]

Abbildung 2: Höhenspektrum der Europäischen Lärchen, die im Rahmen der Bundeswaldinventur 1 oder 2 auf - genommen wurden nach 5-Jahres-Altersklassen.

der BWI 2 insbesondere in den jüngeren Altersgruppen Lichtbaumart Europäische Lärche jeweils für die BWI 2-Daten höher sind als für die BWI1- Die Europäische Lärche wird allgemein als konkurrenz- Daten. Eliminiert man die wiederholungsgemessenen schwache, lichtbedürftige Pionierbaumart angesehen Lärchen aus beiden Datensätzen und prüft die Unter- (Mayer 1984, Kramer 1988). Eine Untersuchung sollte zei- schiede der Mittelwerte für ungepaarte Stichproben so gen, ob sich insbesondere die lichtökologischen An- zeigt sich, dass die Europäischen Lärchen der BWI 2 in sprüche am BWI-Zahlenmaterial erkennen lassen. Ta- den jüngeren Altersklassen signifikant höhere mittlere belle 4 enthält hierzu die absoluten und relativen Höhenmesswerte gezeigt haben als bei der BWI 1. Hier- Anzahlen der WZP4-Probebäume der BWI 2 nach für kommen vier Erklärungsansätze in Betracht. Zum Kraft’schen Klassen. Untersucht man die Nullhypothe- einen könnte eine systematisch unterschiedliche Alters- se, dass die relativen Häufigkeiten der herrschenden bestimmung bei BWI 1 und BWI 2 das Ergebnis herbei- Bäume (Baumklasse 1 und 2) bzw. der beherrschten führen. Weiterhin könnte eine regionale Verschiebung Bäume (Baumklasse 3 und 4) in der Grundgesamtheit, der aufgenommenen Einwuchs-Lärchen das Ergebnis aus der die Stichproben stammen, für die Lichtbaumart bewirken. Zum dritten könnten gerichtete inventur - Lärche und die Schattbaumart Tanne gleich sind (Sig- technische Probleme (z.B. gerichtete, fehlerhafte Hö- nifikanzniveau 5%), so kann diese auf Grund des ermit- henmessungen einzelner Messtrupps oder ein Mess- telten p-Wertes (p< 2.2e-16) abgelehnt werden. Daraus gerätewechsel von BWI1 zu BWI2) das Ergebnis wird gefolgert, dass über BWI-Daten quantitative Rück- herbeiführen. Vorstehende Möglichkeiten wurden an- schlüsse auf unterschiedliche lichtökologische An- hand des Datenmaterials geprüft, eindeutige Hinweise sprüche zwischen den Baumarten Lärche und Tanne für diese beiden Erklärungsansätze konnten allerdings möglich sind. Bei der konkurrenzschwachen und licht- nicht gefunden werden. Ein weiterer, sehr wahrschein- bedürftigen Baumart Europäische Lärche sind die rela- licher Erklärungsansatz besteht darin, dass die allseits tiven Häufigkeiten der gefundenen aufgezeichneten anerkannte Standortveränderung bzw. -verbesserung Bäume in den vorherrschenden bzw. beherrschten in den letzten Jahrzehnten im Speziellen das Höhen- Baumklassen signifikant unterschiedlich zu denen der wachstum der Lärche bzw. das Wachstum der Lärche schattentoleranten und vergleichsweise konkurrenz- im Allgemeinen in Bayern begünstigt hat. Die Höhen- starken Baumart Tanne. Detailliertere Berechnungen wuchsleistung der Europäischen Lärche hat also im (Berücksichtigung der Altersstruktur, Berechnungen Zeitraum zwischen 1987 und 2002 zugenommen. für weitere Baumarten) stehen noch aus.

42 LWF Wissen 69 Wachstum der Lärche in Bayern

Lärche BWI 2 Tanne BWI 2 tenden Mischungsform ist auf Grund der unvollstän - Kraft’sche Klasse Absolut Relativ Absolut Relativ digen Umgebungsinformationen an den Aufnahme- punkten der BWI schwierig. Eine Untersuchung der 1 400 35% 339 29% häufigsten Mischbaumarten an den Inventurpunkten 2 580 50% 550 46% mit Lärchenanteilen an der Gesamtgrundfläche des 3 88 8% 184 16% Probepunktes (WZP4) zwischen 16% und 55% hat ge- 4 40 3% 113 10% zeigt, dass die Europäische Lärche in Bayern am häu- Summe 1157 100% 1186 100% figsten in der Mischung mit Fichte oder Kiefer bzw. mit Tabelle 4: Absolute und relative Häufigkeiten der Euro - der Baumart Buche auftritt. päischen Lärchen bzw. Weißtannen nach Kraft’schen Baum - klassen in Bayern; Differenzen zwischen der Gesamtsumme Günstige und ungünstige Standorte und einzelnen Summenwerten gehen auf Fehl zuordnungen In Abbildung 4 sind die Höhenmesswerte der Europäi- bzw. Zuordnungen zu anderen Bestandesschichten (z. B. schen Lärchen an bayerischen BWI 2-Punkten über den Verjüngung) zurück. (Datengrundlage: BWI 2) Inventuraltersangaben aufgetragen. Berücksichtigt wur- den dabei die Inventurpunkte, für die ein vollständiger Satz an physiographischen Grunddaten zu Standort Die Europäische Lärche – bzw. zu den klimatischen Wuchsbedingungen (Ergeb- Rein- oder Mischbestandsbaumart? nisse der Projekte KLIP 3, KLIP 4 und ST 192 (Beck et al. Zur Überprüfung, ob die Lärche in Bayern eher in Rein- 2012, Hera et al. 2012) vorlag. Nachfolgenden Arbeits- beständen oder in Mischbeständen vorkommt, ist in schritten lag die Annahme zu Grunde, dass die Höhen- Abbildung 3 der relative Grundflächenanteil der Euro- wuchsleistung eines Baumes neben seinem Alter im päischen Lärchen an der Gesamtgrundfläche der baye- Wesentlichen durch standörtliche und klimatische rischen BWI 2-Inventurpunkte dargestellt, an denen bei Wuchsbedingungen bestimmt wird. Die generierte der Feldaufnahme vor zehn Jahren diese Baumart ver- Punktewolke wurde mit Hilfe der dreiparametrigen zeichnet wurde. Berücksichtigt wurde dabei nur der Be- Chapman-Richards-Höhenwachstumsfunktion ausge- standesteil, in dem auch der Mittelpunkt des Inventur- glichen und durch Variation des Koeffizienten des Para- punktes zu liegen kam. Im Mittel lag dabei der meters A in drei zahlenmäßig gleich große Einheiten Grundflächenanteil der Europäischen Lärche bei 0,37, unterteilt. Man erhält damit ein Kollektiv mit überdurch- der mittelste Wert der Verteilung lag bei 0,3. Die obere schnittlich hohen (grün), durchschnittlich hohen (blau) bzw. untere Quartilgrenze lag zwischen 0,55 und 0,16. und unterdurchschnittlich (orange) hohen Lärchen. Aus diesen Werten lässt sich schließen, dass die Euro- päische Lärche in Bayern trotz ihrer vergleichsweise geringen Konkurrenzkraft sehr häufig als Mischbaum - Höhenwuchs art und eher seltener in Reinbestandsform auftritt. Eine 450 eindeutige Aussage bezüglich der am häufigsten auftre- 400

350 Grundflächenanteile

1,0 300 Gemessene Höhe [dm]

0,8 250

0,6 200 Relativer Anteil überdurchschnittlich 0,4 150 durchschnittlich unterdurchschnittlich 0,2 100

40 60 80 100 120 140 160 0,0 Inventuralter [Jahre]

Abbildung 3: Relative Grundflächenanteile der Europäischen Abbildung 4: Gemessene Höhen der Europäischen Lärchen Lärche an BWI 2-Inventurpunkten in Bayern an BWI 2-Inventurpunkten über den Inventuraltersangaben. Das gesamte Kollektiv wurde in drei Alters-Höhenklassen eingeteilt.

LWF Wissen 69 43 Wachstum der Lärche in Bayern

Höhenmesswerte Die Ergebnisse bestätigen größtenteils die Angaben aus an BWI2-Inventurpunkten der Literatur (Falk et al. 2012 in diesem Band). Interessant überdurchschnittlich wird es aber beispielsweise, die wüchsigsten Hang- unterdurchschnittlich standorte näher zu untersuchen. Derzeit müssen die Er- gebnisse der Klassifikationen allerdings noch als vor- läufig angesehen werden, da sich die Überarbeitung der physiographischen Daten (insbesondere standört- liche Größen wie Basensättigung o.ä.) im Abschluss befindet und noch nicht alle potentiellen Triebkraftda- ten für die Untersuchung vorlagen.

Einwertung der Ergebnisse für die forstliche Praxis

Anlässlich der Wahl der Europäischen Lärche (Larix decidua L.) zum Baum des Jahres 2012 hat das BWI3- Team der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) bereits jetzt einen Auswertungs- schwerpunkt auf diese Baumart gelegt und während der Feldaufnahmen zur BWI3 historische Daten zur Abbildung 5: Lage der BWI 2-Inventurpunkte mit Euro - Bundeswaldinventur in Bayern für diese Baumart aus- päischen Lärchen mit überdurchschnittlichen Höhenmess- gewertet. Es hat sich gezeigt, dass die Anzahl im Feld werten (grün) über dem Alter bzw. mit unterdurchschnitt - über ganz Bayern aufgenommener Bäume lediglich si- lichen Höhenmesswerten (orange). chere Aussagen für bestimmte Parameter auf großräu- miger Ebene zulässt. Verbreitungsschwerpunkte der Baumart Europäische Lärche können für Regierungs- Die räumliche Lage der Probepunkte des überdurch- bezirke oder für einzelne Wuchsgebiete festgemacht schnittlichen Kollektivs bzw. des unterdurchschnittli- werden. chen Kollektivs in Bayern ist in Abbildung 5 dargestellt. Zu erkennen ist eine Häufung der unterdurchschnitt- Fasst man die Inventurpunkte der Bundeswaldinventur lich hohen Europäischen Lärchen in Nordostbayern als kleine waldbauliche Beobachtungsflächen auf, wer- bzw. eine Häufung überdurchschnittlich hoher Euro- den auch auf Basis der Bundeswaldinventurdaten Aus- päischer Lärchen in Mittelschwaben bzw. im Tertiären sagen auf Einzelbaumebene bzw. Kleinbestandsebene Hügelland sowie des Hoch- und Nordspessarts. möglich. Es konnte am vorhandenen Zahlenmaterial Mit Hilfe eines Klassifikationsbaumverfahrens (Brei- gezeigt werden, dass sich die Europäische Lärche in man et al. 1984) wurde versucht, die maßgeblichen stan- Bayern in Hinblick auf ihre Lichtökologie signifikant dörtlichen und klimatologischen Triebkraftdaten bzw. von der Schattbaumart Weißtanne unterscheidet. Wei- Schwellenwerte, die für das Wachstum der Europä - terhin konnte gezeigt werden, dass in Bayern die Euro- ischen Lärche in Bayern wichtig sind, abzuleiten. Dem- päische Lärche selten in Reinbestandsform sondern nach erreichen die Europäischen Lärchen auf zwei häufiger in Mischung und hier insbesondere mit Fich- Standortgruppen überdurchschnittliche Höhen: Zum te, Kiefer und Buche vorkommt. Vergleiche der BWI- einen sind dies Standorte mit einer relativ hohen Was- Messdaten mit historischen Planungshilfsmitteln wie Er- serhaltekapazität in der Schicht bis 1m in tieferen La- tragstafeln zeigen, dass die wenigen existierenden gen bzw. auf hängigen, weniger wasserhaltefähigen Ertragstafeln auch für die Baumart Europäische Lärche Standorten verschiedener Bodenarten (Ausnahme San- nur einen sehr eingeschränkten Wert zur Vorhersage de und sandige Lehme) bei gleichzeitig guter Nieder- von Waldentwicklung haben. Vergleiche zwischen den schlagsversorgung in der Vegetationsperiode. Als un- BWI 1 und BWI 2-Daten in diesem Zusammenhang las- günstig erwiesen sich dagegen Sande und sandige sen auf veränderte Wuchsbedingungen in Bayern für Lehme mit geringer Wasserhaltekapazität. die Baumart Europäische Lärche schließen. Hiermit

44 LWF Wissen 69 Wachstum der Lärche in Bayern

können auch in den BWI-Daten für Bayern für diese Keywords: growth, European Larch, Larix decidua, Bava- Baumart die Phänomene bestätigt werden, die zusam- ria, National Forest Inventory, Bundeswaldinventur menfassend bei Spiecker et al. 1996 formuliert sind. Summary: National Forest inventories are a rich data Aktuell wird an der LWF praxisorientiert an der Ermitt- source for several purposes. Data from this source is repre- lung des Standort-Leistungsbezuges für verschiedene sentative for edaphic and climatic site conditions. Analysis Baumarten in Bayern gearbeitet. Die Europäische Lär- of Bavarian National Forest Inventory data for tree species che erhält hierbei eine Art Pilotfunktion, da an ihr „European Larch“ (Larix decidua) has shown distribution exemplarisch und vorab die Wachstumsreaktionen pattern as well as growth and increment of growth pat- (Wirkung) anhand sehr guter, hochaufgelöster physio- tern across Bavaria independent of property situation of graphischer Daten (Ursache) analysiert werden sollen. the forests. In comparison with yield tables, we found dif- Ziel ist die klimasensitive Modellierung verschiedener ferent growth pattern, which is an evidence for the limited Wachstumsprozesse für diese Baumart. usability of existing yield tables for this tree species. Also we could mathematically confirm existing knowledge on Die Daten der Bundeswaldinventur haben sich bereits light ecologically demands of European larch. In Bavarian in der jetzigen Auswertungsphase als wertvolle Daten- forests European larch is a tree species of mixed stands grundlage erwiesen, die sowohl auf großräumiger Be- (most time together with Norway spruce, Scots pine or trachtungsebene bis hinunter zur Einzelbaumebene ei- Common beech), in a lower number of cases European nen erheblichen Wert für die praktische Forstwirtschaft larch grows in pure stand situations. A first analysis of site- in Bayern besitzen. Für die Zukunft gilt es diesen Da- growth relationship has isolated several site conditions tensatz zur Beantwortung verschiedenster Fragestellun- which faciliate growth of European larch in Bavaria. Also gen verstärkt zu nutzen. we found growth conditions which affect growth of Euro- pean larch in Bavaria adversely.

Literatur

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Eidgenössische Anstalt für das forstliche Versuchswesen (1983): Vom Fliegen müd’ macht eine Lerche Europäische Lärche: Ertragstafel für hochdurchforstete, gleich- förmige Reinbestände, Zwischenstopp auf einer Lärche. "Bist du der Vogel mit dem E?", Hera, U.; Rötzer, T.; Zimmermann, L.; Schulz, C.; Maier, H.; Weber, H.; Kölling, C. (2012): Klima en detail in hochaufgelösten forstli- versucht’s die Lärch’ mit Wiener Schmäh. chen Klimakarten. LWF Aktuell 86, S 34–37 Der Vogel grinst: Na, freilich, ja.

Klemmt, H.J.; Neubert, M. (2012): Möglichkeiten und Grenzen Du bist der Baum mit Umlaut A!" der Auswertbarkeit der BWI3 für Bayern. LWF aktuell 85,

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Schober, R. (1949): Die Lärche, eine ertragskundlich-biologische Untersuchung. Hannover. 116 S.

Spiecker, H.; Mielikainen, K.; Köhl, M.; Skovsgard, J.P. (1996): Growth trends in European Forests. Springer, 1. Auflage, 372 S.

LWF Wissen 69 45 Fraßschäden durch Insekten an der Lärche Martina Weber, Manuela Wolf, Julia Zeitler und Ralf Petercord

Schlüsselwörter: Europäische Lärche, Larix decidua, Lär- te Populationsdichten dokumentiert. In den darauf fol- chenminiermotte, Coleophora laricella, Lärchenborken - genden Jahren 2005 bis 2008 wurden dagegen keine käfer, Ips cembrae, Lärchenbock, Tetropium gabrieli Schäden gemeldet. Im Jahr 2009 kam es dann erneut zu Schadflächenmeldungen. Im Alpenraum, dem natür- Zusammenfassung Die Insektenfauna der Lärche ist hin- lichen Verbreitungsgebiet der Lärche, spielt die Lär- reichend bekannt. Im natürlichen Verbreitungsgebiet gibt chenminiermotte dagegen eine untergeordnete Rolle. es nur wenige Arten, die nennenswerte Schäden verur - sachen. Anders ist die Waldschutzsituation der Lärche da - Verbreitung gegen in den künstlichen Anbaugebieten zu bewerten. Die Lärchenminiermotte kommt sowohl im natürlichen Massenvermehrungen können hier zum Ausfall dieser als auch im künstlichen Verbreitungsgebiet der Euro- wertvollen Mischbaumart führen. Auffällige und forst - päischen Lärche vor. wirtschaftlich spürbare Schäden werden durch die Lärchen- Im Alpenraum ist die Motte bis zur Baumgrenze bei miniermotte (Coleophora laricella), den Großen Lärchen- etwa 1.700 m ü. NN zu finden (Schwenke 1978). borkenkäfer (Ips cembrae) und den Lärchenbock (Tetro- Sie hat sich in ganz Europa inklusive dem europäi- pium gabrieli) verursacht. schen Teil der ehemaligen UDSSR, den Britischen In- seln, West-Sibirien und Japan ausgebreitet. Im Norden sind ihr Kältegrenzen gesetzt. So kommt sie in Schwe- den lediglich in den Küstenregionen und nicht im Lan- Die Lärchenminiermotte desinneren vor. Im Norden von Finnland und in Nor- wegen ist sie nicht vertreten (Eidmann 1965). Schadgeschehen und Bedeutung Im Jahr 1886 wurde die Art mit Pflanzmaterial nach Schäden durch die Lärchenminiermotte (Coleophora Nordamerika (Massachusetts) verschleppt und hat sich laricella Hbn.) treten in Bayerns Wäldern regelmäßig bis in die nordwestlichen USA und die Provinz Britisch auf. Zeitweilig gemeinsam mit Schäden durch die Lär- Kolumbien in Kanada ausgebreitet. Sie befällt auch dort chennadelknicklaus (Adelges geniculatus) mit welcher bevorzugt die einheimischen Lärchenarten. Die Lär- sie auch bei oberflächlicher Betrachtung verwechselt chenminiermotte hat sich auf Fraßpflanzen der Gattung werden kann. Beide Schadinsekten führen zum Abkni- Larix spezialisiert. Allerdings gibt es Meldungen zum cken und Verbraunen der Nadeln. Befall von Douglasien (Forster 2009) und in Nord-Ame- Der auffällige Frassschaden durch die Lärchenmi- rika von Abies balsamea und Pinus strobus. niermotte, der ganze Bestände braun färben kann, führt nicht zum Absterben der Bäume, da die Langtriebe in Morphologie und Biologie der Regel nicht betroffen sind. Er hat aber erhebliche Die Lärchenminiermotte gehört zur Familie der Sack- Zuwachsverluste und damit auch eine Vitalitätsschwä- trägermotten. Ihre Larven minieren zunächst von der chung zur Folge. Mehrjährige Massenvermehrungen Nadelspitze aus in einer einzelnen Lärchennadel, de- disponieren die betroffenen Lärchen damit für den Be- ren ausgehöhlte Hülle sie später als Ummantelung fall sekundärer Schaderreger. Das Schadgeschehen (Sack) nutzen um sich vor Fraßfeinden zu verbergen. durch die Lärchenminiermotte wird daher auf Revier- Mit zunehmender Größe erweitern sie diesen Sack mit ebene in den Waldschutzmeldungen erfasst, die die neuen ausgehöhlten Nadeln, die zusammengesponnen Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten und werden. Diesem Verhalten verdankt die Familie ihren die Forstbetriebe der Bayerischen Staatsforsten zwei- deutschen Namen. mal im Jahr an die Bayerische Landesanstalt für Wald Der ausgewachsene Schmetterling selbst ist un- und Forstwirtschaft weiter geben. Die Auswertung die- scheinbar grau mit einer Flügelspannweite von 9 mm. ser Meldungen verdeutlicht die Bedeutung der Lärchen- Charakteristisch für ihn sind die typischen Fransen an miniermotte im künstlichen Anbaugebiet der Lärche. Vorder - und Hinterflügeln. Die Vorderflügel sind In den Jahren 2002 bis 2004 wurden in Bayern erhöh- bräunlich grau und schwach glänzend. Die Hinterflü-

46 LWF Wissen 69 Fraßschäden durch Insekten an der Lärche

Abbildung 1: Lärchenminiermotte mit den markanten Abbildung 2: Minierende Raupe der Lärchenminiermotte fransenbesetzten Flügeln. (Foto: I. Altmann) an Lärchennadeln. (Foto: Natural Resources Canada, Canadian Forest Service) gel sind eher dunkelgrau gefärbt, schmal lanzettlich Etwa Mitte September, wenn sich die Larve im dritten und mit längeren Fransen versehen, als die Vorderflü- Entwicklungsstadium befindet, baut sich die Raupe aus gel (Abbildung 1). der Nadel dann einen nach beiden Seiten offenen Sack, Die Lärchenminiermotte durchläuft lediglich eine der zunächst aus einer, später aus zwei, ausgehöhlten Generation im Jahr. Die tagaktiven Schmetterlinge flie- Nadeln besteht. In diesem Schutzmantel bewegt sich gen im Mai und Juni. Die Weibchen legen die Eier ein- die Raupe frei am Baum, setzt ihre Fraßtätigkeit fort und zeln an der unteren Nadelseite in der Nähe der Nadel- sucht bei beginnendem Nadelfall die Überwinterungs- spitzen ab, bevorzugt an Nadeln der Kurztriebe. Ein plätze auf. Die bevorzugten Orte hierfür sind die Knos- Weibchen legt im Durchschnitt 50 Eier (Eidmann 1965). pen der Kurztriebe und die Triebspitzen (Eidmann 1965, Das erst gelbe, später schmutziggraue Ei (0,3 mm Habermann 1994, Schwertfeger 1981). Man findet die Durchmesser, 0,2 mm hoch) ähnelt einem kleinen Säckchen aber auch an anderen Stellen am Baum, wie Napfkuchen mit regelmäßigen Rillen. unter Rinden- und Zapfenschuppen. Die Raupe im L3- Die Eiraupe ist erst von gelber, dann von gelblich- Stadium geht zu Beginn der Überwinterung zunächst brauner Farbe (L2-Stadium). Spätere Stadien (L3 bis in eine kurze Diapause, die noch im Herbst beendet L4) sind rotbraun eingefärbt. Die Kopfkapsel und wei- wird. Im zeitigen Frühjahr (März/April) häutet sich die tere chitinisierte Körperteile werden mit dem Alter der Raupe ein letztes Mal zum L4-Stadium und beginnt Larven immer dunkler, von blassbraun bis schwarz. dann mit dem Fraß an austreibenden Nadeln und Blü- Sind die Larven nach dem Schlupf gerade mal 0,6 mm ten. Die Koinzidenz zwischen der Häutung zum L4- groß, so erreichen sie im letzten L4- Stadium eine Kör- Stadium und dem Nadelaustrieb ist dabei von entschei- perlänge von 4 mm (Schwenke 1978). dender Bedeutung. Fallen diese Entwicklungsphasen Die Larven in den verschiedenen Stadien fressen ab zeitlich auseinander, so ist dies der bestimmende Mor- beginnendem Nadelaustrieb im Frühjahr bis zum Na- talitätsfaktor für die Lärchenminiermotte (Eidmann 1965, delfall im Herbst. Der Frühjahrsfraß der schlüpfenden Jagsch 1973). Der Frühjahrsfraß beginnt in der ersten L4-Raupen im März/April ist dabei am intensivsten. Der Aprilhälfte (Schwenke 1978) und dauert vier bis fünf Wo- sogenannte Herbstfraß, verursacht durch L1- bis L3-Sta- chen. Er ist gravierender als der Herbstfraß. Zwischen dien, zieht sich über die gesamte Vegetationsperiode Ende April und Mitte bis Ende Mai verpuppt sich die hin und ist weniger gravierend. Die Eiraupen (L1-Stadi- Raupe in ihrem Sack, den sie in der Mitte eines Kurz- um) schlüpfen 8 bis 14 Tage nach der Eiablage und triebes festgesponnen hat. Die Puppenruhe dauert cir- dringen direkt in die Nadeln ein um in dieser zu minie- ca drei Wochen, so dass der Zyklus Ende Mai/Anfang ren. Nach der ersten Häutung setzt das zweite Larven- Juni mit dem Schlupf des Schmetterlings beendet wird stadium den Fraß in der Nadel fort. Durch die Minier- bzw. neu beginnen kann (Eidmann 1965, Schwerdtfeger tätigkeit der ersten beiden Larvenstadien vertrocknet 1981). die Nadel von der Spitze her, verfärbt sich braun und Für den Alpenraum hat Jagsch (1973) die räuberische knickt zusätzlich leicht ein, verbleibt aber am Baum. So Tätigkeit der Vögel im Winter, die intraspezifische Kon- entsteht das für den Herbstfraß typische Schadbild. kurrenz der minierenden Junglarven, die mangelhafte Synchronisation der Häutung zum L4-Stadium nach

LWF Wissen 69 47 Fraßschäden durch Insekten an der Lärche

der Überwinterung mit dem Austreiben der Lärche im Eine einmalige Bekämpfung der Raupen aus der Luft Frühjahr sowie ungünstige Witterungsverläufe, speziell mit Pflanzenschutzmitteln brachte keinen nachhaltigen das Vertrocknen der Larven, als Mortalitätsfaktoren Erfolg. Die Population konnte sich danach, durch die identifiziert. Eidmann (1965) betont den Einfluss der Luft- Wiederbesiedlung der Flächen mit geringeren Dichten feuchtigkeit, die einerseits Pilzkrankheiten bei hoher umso schneller wieder aufbauen. Luftfeuchte und die Austrocknung der Larven bei nied- riger Luftfeuchte begünstigen kann. Die Parasitoide der Waldschutzmaßnahmen Lärchenminiermotte stammen mehrheitlich aus der Fa- Die Miniermotte ist immer in einer gewissen Populati- milie der Hymenopteren. In Nordamerika sollen sie zu onsdichte in Beständen vertreten (Schwenke 1978, einer fühlbaren Reduzierung der Populationsdichten Schwertfeger 1981). Vor allem in künstlichen Anbauge- beigetragen haben (Schwenke 1978). Krankheiten, die bieten kann sie zum Dauerschädling für mehrere Jah- durch Viren, Rickettsien und Bakterien verursacht wer- re werden. den, sind bisher nicht bekannt (Eidmann 1965). In der Vergangenheit wurden bei Massenvermehrun- gen der Miniermotte Bekämpfungsversuche mit che- Populationsdynamik mischen Pflanzenschutzmitteln (zum Teil DDT) durch- Exakte Aussagen über den Zeitraum zwischen einzel- geführt (Schindler 1970, Schwerdtfeger 1957). Untersu- nen Gradationen sind schwierig, da es wenige Lang- chungen ergaben, dass diese nur einen kurzzeitigen zeitbeobachtungen gibt. Es fehlen kritische Werte bei Effekt hatten und die Selbstregulationsmechanismen der Populationsentwicklung zur Abgrenzung von La- ausschalteten (Altenkirch et al. 2002). Neuere Untersu- tenz- und Gradationsphasen (Eidmann 1965, Schwenke chungen bestätigen dies (Tabakovic et al. 2011). In Bay- 1978). Im künstlichen Anbaugebiet in Nordwest- ern werden bei einem Populationsanstieg keine Gegen- deutschland wurden Massenwechsel alle zwölf Jahre maßnahmen getroffen. Eine hohe Besiedlungsdichte (Schindler 1968) bzw. alle sechs Jahre (Altenkirch et al. geht nach einigen Jahren von selbst zurück. Die Lär- 2005) dokumentiert. In Schweden trat im Durchschnitt che ist in der Lage, auf einen starken Nadelverlust alle drei Jahre eine Gradation auf (Schwenke 1978). durch Fraß mit einer geänderten Zusammensetzung Habermann (1994) weist aus vorangegangenen Unter- der Nadelinhaltsstoffe zu reagieren, was deren Nah - suchungen (Altenkirch et al. 1990, Eidmann 1978, Schind- rungsqualität für die Lärchenminiermotte verschlech- ler 1968, Jagsch 1973) auf einen zyklischen Fluktuations- tert und so zum natürlichen Rückgang der Populations- typen mit einem Maximum alle fünf bis zehn Jahre hin. dichte führt (Habermann 1994, Habermann und Ott 1995, Untersuchungen von Altenkirch et. al. (2005), Eidmann Perny 2004). Diese induzierte Resistenz der Lärche ist (1965), Jagsch (1972) und Habermann (2000) lassen damit der wichtigste Faktor für die zyklische Schwan- darauf schließen, dass der Massenwechsel der Lär- kung der Populationsdichte der Lärchenminiermotte. chenminiermotte durch physiologische Abwehrmecha- Darüber hinaus sind durch das Fraßverhalten (kein nismen des Baumes verursacht wird. Die Populations- Kahlfraß) und die gute Regenerationsfähigkeit der dynamik des Schädlings wird damit über eine zeitlich Lärche keine Gegenmaßnahmen erforderlich. Hinzu befristete, fraßinduzierte Resistenz und weniger durch kommt, dass die Lärche kleinflächig oder einzelbaum- äußere Einflußfaktoren gesteuert (Habermann 1994). weise eingemischt in unseren Wäldern vorkommt und Untersuchungen in künstlichen Anbaugebieten der eine Bekämpfung damit auch technisch nicht möglich Europäischen Lärche in Nordwestdeutschland und Ser- ist (Lobinger 2012). bien zeigen, dass Antagonisten zur Reduktion aller Ent- wicklungsstadien beitragen (Altenkirch et al. 2005, Taba- kovic et al. 2011). Allerdings haben diese keinen Einfluss Der Große Lärchenborkenkäfer auf den regelmäßigen Massenwechsel der Schmetter- lingsart. Räuber und Parasiten sind nicht in der Lage, Schadgeschehen eine Massenvermehrung durch Reduktion der Popula- Der Große Lärchenborkenkäfer (Ips cembrae Heer) ent- tion abzufangen (Habermann 2000, Jagsch 1973). wickelte sich innerhalb der letzten 120 Jahre in Mittel- In Serbien wurden 1981 die Europäische und Japa- europa zu dem bedeutendsten Forstschädling an der nische Lärche für Rekultivierungsmaßnahmen von Ta- Lärche. Normalerweise befällt er nur geschwächte oder gebauhalden künstlich, zum Großteil in Reinbeständen, frisch abgestorbene Bäume ohne ein bestandesbedroh- angebaut (Tabacovic et al. 2011). Elf Jahre nach der Be- liches Potential zu erreichen. Nach Witterungsextremen standesbegründung setzte eine Massenvermehrung der wie Sturm und Trockenjahren findet der Lärchenbor- Lärchenminiermotte ein, die über 15 Jahre andauerte. kenkäfer jedoch ein hohes Brutstättenangebot und

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kann epidemisch in allen Altersklassen in Erscheinung sionsartig an. Punktuell trat erheblicher Stehendbefall treten. Neben den abiotischen Einflüssen spielen Feh- unabhängig von Struktur, Alter und Höhenlage der Lär- ler bei der Bestandesbehandlung eine entscheidende chenbestände auf. Obwohl sich im Folgejahr 2004 aus Rolle für die Entstehung einer Massenvermehrung. klimatischer Sicht für die Lärche die Situation entspann- Falsch gewählte Durchforstungszeitpunkte im Frühjahr te, wurden aus den Revieren nochmals höhere Schad- und Sommer führen zu einem erhöhten Aufkommen holzmengen (rund 18.000 Festmeter) gemeldet. Ein von Durchforstungsresten (Stamm-, Kronen- und Ast- Grund für die weiterhin lokal erhöhten Käferpopulatio- material) in den Beständen und bieten dem Käfer zu- nen war die nicht termingerechte Abfuhr der befalle- sätzlichen Brutraum. Des Weiteren geht eine nicht zu nen Holzpolter aus dem Wald vor Beginn des Schwärm- unterschätzende Gefahr von den im Wald gelagerten fluges im Frühjahr. In den Jahren 2006 und 2008 kam Holzpoltern aus. Die liegenden Lärchenstämme wer- es erneut zu leichten Anstiegen der Schadholzmengen. den von den paarungsbereiten Käfern im Frühjahr be- Auch hier begünstigten warme, niederschlagsarme vorzugt angeflogen und sind, bei idealen Entwicklungs- Phasen im Sommer die Brutentwicklung des Lärchen- bedingungen für den Borkenkäfer, noch im gleichen borkenkäfers und erhöhten die Befallsdisposition der Jahr Ausgangspunkt für Stehendbefall in angrenzenden Lärchenbestände. Nach Wenk (2010) zeichneten sich in trockengestressten Beständen. So kann eine Vernach- den vergangenen zwei Jahrzehnten Massenvermehrun- lässigung der „sauberen Waldwirtschaft“ gerade nach gen meist dann ab, wenn die maximale Tagestempera- klimatischen Extremereignissen einen erheblichen tur von Mai bis September an mindestens 110 Tagen Schadholzanfall verursachen. Zusätzliche wirtschaftli- mehr als 20°C betrug sowie 60 Niederschlagstage nicht che Einbußen entstehen bei der Vermarktung von ver- überschritten wurden. blautem Käferholz. Der Lärchenborkenkäfer ist mit Bläuepilzen vergesellschaftet, die ihm helfen, die Ab- Morphologie und Biologie wehrmechanismen gesunder Bäume zu überwinden Der Lärchenborkenkäfer ist im gesamten natürlichen und teilweise hoch pathogen wirken (Kirisits 2004). Verbreitungsgebiet der Lärche vertreten. Er kommt in Die Schadholzbilanz der Baumart Lärche für die letz- West- und Mitteleuropa, im Süden bis Norditalien und ten zehn Jahre in Bayern zeigt deutlich, wie rasant sich im Osten bis Sibirien und Japan in Höhen von 400 m der Lärchenborkenkäfer innerhalb eines Sommers, der bis 2000 m vor (Schwenke 1974). Da dieser Borkenkäfer durch hohe Mitteltemperaturen und geringe Nieder- polyphag lebt und verschiedene Nadelholzarten als schlagsmengen in den Monaten Mai bis September ge- Brutraum nutzen kann, ist er in der Lage, sich in Regio- kennzeichnet ist, vermehren kann (Abbildung 3). Die nen mit isoliertem Lärchenvorkommen sowie in künst- trockene, heiße Witterung des Jahres 2003 bewirkte bei lichen Anbaugebieten der Lärche einzufinden. Auf die- den Bäumen Trockenstress und Abwehrschwäche. Der se Weise wurde der Große Lärchenborkenkäfer selbst Schädling fand ausreichend Brutraum und durchlief nach England und Schottland eingeschleppt (Freude et vielerorts zwei Generationen. Die Käferholzmengen al. 1981). stiegen im Vergleich zu den Vorjahresmengen explo-

Schadholzbilanz 18 20 20 200 Mitteltemperatur 18 18 Sommerniederschlag 180 17 (Mai–September) (Mai–September) 16 16 160 140 16 14 14 12 12 120 15 10 10 100 Niederschlag [mm] Lufttemperatur [°C] 8 8 80 14 6 6 60 4 Holzmenge [Tausend Fm] 4 13 40 2 2 20 12 0 00 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011

Schadholzmenge (Herbst–Frühjahr)

Abbildung 3: Auf Lärchenborkenkäferbefall zurückzuführen- de Schadholzbilanz in Bayern unter Berücksichtigung der Sommermitteltemperaturen (links) bzw. des Sommernieder- schlages (rechts) gemessen an den Waldklimastationen in den Jahren 2002 bis 2011.

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Abbildung 4: Morphologische Merkmale des Lärchen - borkenkäfers; links: typische Absturzbezahnung, Mitte: lackglänzende Absturzfläche mit behaarter Flügeldecken- naht in der oberen Hälfte, rechts: Fühlerkeule mit stark bogigen Quernähten. (Fotos: M. Weber, LWF)

Trat der Schädling Ende des 19. Jahrhunderts noch mehrheitlich als Besiedler der Zirbelkiefer (Pinus cem- bra) und der Europäischen Lärche (Larix decidua) in Hochtälern der Alpen in Erscheinung, so befällt er heu- te die Zirbelkiefer nur noch selten. Derzeit gilt die Lär- che in Mitteleuropa als Hauptwirt (Wenk 2010). Als eher seltene Brutbaumarten werden in der Literatur die Ge- meine Kiefer (Pinus silvestris), Bergkiefer (Pinus mon- tana), Gemeine Fichte (Picea abies), Weißtanne (Abies alba) und Japanische Lärche (Larix kaempferi) aufge- führt (Schwenke 1974, Nierhaus-Wunderwald 1995). Freude et al. (1981) nennt zudem die Douglasie (Pseudotsuga douglasii) als mögliche Wirtsart und Pfeffer (1995) die Dahurische sowie Sibirische Lärche. Der dunkelbraune, gelblich behaarte etwa 4,9–6mm lange Käfer ähnelt in seinem Aussehen, seiner Absturz- Bezahnung und seiner Verhaltensweise zwei weiteren achtzähnigen Vertretern der Gattung Ips, dem Buchdru- cker (Ips typographus L.) und dem Kleinen Fichtenbor- kenkäfer (Ips amitinus Eichh.). Von diesen Verwand- Abbildung 5: Das typische Brutbild des Lärchenborken - ten unterscheidet er sich morphologisch lediglich in käfers mit 3 Muttergängen, Larvenfraß und Puppenwiegen seiner größeren Körperlänge, einer lackglänzenden Ab- ist in dünnborkigen Stammbereichen sowohl in der Rinde (oben) als auch im Splint (unten) zu sehen. sturzfläche (im Gegensatz zur matten Ausbildung beim (Fotos: M. Weber, LWF) Buchdrucker), einer Reihe langer abstehender gelb - licher Haare entlang der Flügeldeckennaht (fehlt bei den beiden anderen Arten) und durch zwei stark vor- entweder neue Abzweigungen von der Rammelkam- gebogene Fühlerkeulenquernähte (Abbildung 4). mer aus oder Verlängerungen der Muttergänge. Nach Der Lärchenborkenkäfer ist ein polygamer Rinden- dem Regenerationsfraß beginnen die Weibchen am brüter. Von der Rammelkammer ausgehend verlaufen gleichen Brutort in den verlängerten oder in neuen Mut- meist 3 bis zu 20 cm lange Muttergänge erst quer dann tergängen mit der Eiablage der Geschwisterbruten. Auf längs zur Stammachse. Nach der Anlage der ersten Ge- diese Weise entstehen zahlreiche Brutbildvarianten. neration führen die geschwächten Weibchen einen Re- Von sehr regelmäßig angeordneten Einischen gehen generationsfraß im Brutbild durch. Diese „sterilen“ dichte und geradlinige Larvengänge aus, die in relativ Gänge ohne Einischen, sogenannte Witwengänge, sind großen, längsovalen Puppenwiegen enden. Je nach

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Rindenstärke liegt das gesamte Fraßbild in der Rinde und der Splint wird dabei nicht oder nur schwach ge- furcht. In dünnborkigen Stammbereichen ist es in der Rinde und im Splint zu sehen (Abbildung 5). Die Jungkäfer vollziehen ihren Reifungsfraß am Brut- ort neben den Puppenwiegen. Sie legen bei diesem se- kundären Reifungsfraß Plätze oder unregelmäßig ver- laufende Gänge an, welche den Splint schwach furchen (Abbildung 6). Das ursprüngliche Brutbild kann dabei völlig zermulmt werden. Bei hoher Besiedlungsdichte und zu schnellem Austrocknen des Brutraumes suchen die Jungkäfer zum Reifungsfraß wie auch Altkäfer zum Abbildung 7: Seitlich vom Muttergang abgelegtes Ei in einer Einische (links); Der Lärchenborkenkäfer entwickelt sich in etwa neun Wochen vom Ei zum Jungkäfer (rechts). (Fotos: M. Weber, LWF)

Waldschutzmaßnahmen Über die gesamte Schwärmphase von Ende April bis September hinweg sind potentiell gefährdete Bestände wiederkehrend etwa alle zwei Wochen nach akutem Lär chenborkenkäferbefall abzusuchen. Dabei handelt es sich um Lärchenbestände mit Vorjahresbefall und jene, die auf Grund von Ereignissen wie Sturm be- Abbildung 6: Jungkäfer des Lärchenborkenkäfers ziehungsweise Trockenheit befallsdisponiert sind. Ins- beginnt mit dem sekundären Reifungsfraß am Brutort. besondere müssen bei den Befallskontrollen sonnen- (Foto: M. Weber, LWF) seitige Bestandesränder und in Hauptwindrichtung exponierte Bestände abgegangen werden. Es besteht hier die Gefahr, dass der Lärchenborkenkäfer gerade Regenerationsfraß die Triebe und Zweige vitaler Lär- diese Bereiche auch aus größeren Entfernungen an- chen auf (Schremmer 1955). Dieser primäre Reifungsfraß fliegt. Die wesentlichen Symptome für einen Befall der an Trieben wurde erstmals 1925 von Prell beschrieben Lärchen durch den Lärchenborkenkäfer sind: und tritt innerhalb der Unterfamilie Ipinae nur bei dem • Braunes Bohrmehl, welches bei der Anlage von Ram- Großen Lärchenborkenkäfer auf. Die Triebe werden bis melkammer und Brutgängen entsteht, jedoch unter zum Splint befressen oder ähnlich dem Reifungsfraß den Rindenschuppen nur aus nächster Nähe und oft der Waldgärtner-Arten tunnelartig ausgehöhlt. Die be- zu spät erkennbar ist (Abbildung 8) schädigten Äste werden vom Wind leichter gebrochen • Sogenannte Rindenspiegel (von Spechten über dem und die so geschwächten Lärchen sind im Folgejahr Einbohrloch abgeschlagene Borkenschuppen), die anfälliger für den Brutfraß (Nierhaus-Wunderwald 1995). als helle Flecken am Stamm aus weiter Entfernung Je nach Höhenlage und Witterungsbedingungen kann sichtbar sind der zu den Spätschwärmern zählende Borkenkäfer • Starker Harzfluss und aufgesprungene Rinde an Äs- ein bis zwei Generationen sowie Geschwisterbruten im ten nach Regenerations- und Triebfraß der Käfer Jahr mit den Hauptflugzeiten Ende April/Anfang Mai • Triebabbrüche am Boden oder vom Wind geknickte und Ende Juli/Anfang August entwickeln (Schwenke Lärchentriebe 1974). Von der Eiablage bis zum Schwärmflug der Jung- • Rot oder gelbbraun gefärbte Kronen käfer vergehen im Durchschnitt neun Wochen (Abbil- • Spechtabschläge (von Spechten abgeschlagene Rin- dung 7). Alle Entwicklungsstadien überwintern in der denstücke) sobald Käferbrut sich im Larven- und Regel im Brutbild, fertige flugbereite Käfer gehen auch Puppenstadium befindet in die Bodenstreu.

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ist nicht vergleichbar mit jenen Pheromonködern für das Buchdrucker-Monitoring. Die Höhe der Fänge fiel in den Rahmen von Zufallsanflügen obwohl optimale Schwärmbedingungen vorherrschten und ausflugfähi- ge Käfer vorhanden waren (Weber 2008). Fallenfänge können demnach Aufschluss über den Zeitpunkt des Schwärmbeginns und den damit einhergehenden not- wendigen Start der Bohr mehlkontrolle geben. Anhalts- punkte zur Ausgangsdichte einer Käferpopulation und zum zahlenmäßigen Verlauf der Schwärmaktivität der Generationen im Ablauf eines Käferjahres lässt eine phero mon- gestützte Überwachung derzeit nicht zu. Abbildung 8: Einbohrloch des Lärchenborkenkäfers mit Bei den präventiven Maßnahmen sowie bei Bekämp- Bohrmehlauswurf. (Foto: M. Weber, LWF) fungsmaßnahmen zur Eindämmung einer Massenver- mehrung ist im Sinne der „Sauberen Waldwirtschaft“ Brutraum zu reduzieren. Da der Lärchenborkenkäfer in weniger als 2 cm dicken Astmaterial seinen Reifungs- fraß durchführen kann und Kronenholz ab einer Stär- ke von 5 cm zur Eiablage nutzt (Wenk 2010), sollten Durchforstungsreste vor Beginn des Käferanfluges kon- sequent beseitigt werden. Alles potentiell fängische Ma- terial bis hin zu Gipfelpartien und bereits befallene Stämme müssen noch während der Schwärmphase oder spätestens vor Beginn des Käferausfluges bis Mit- te April des nächsten Jahres abgefahren, entrindet, ge- häckselt oder verbrannt werden. Je nach Entwicklungs- phase des Borkenkäfers sollten Stämme mit Larven Abbildung 9: Der Große Lärchenborkenkäfer und der unter der Rinde geschält, bei der Existenz von Puppen Lärchenbock können gleichzeitig in dickborkigen Lärchen- und Käfern ebenfalls entrindet werden. Auf die vollstän- stämmen brüten. (Foto: M. Weber, LWF) dige termingerechte Abfuhr im Wald lagernden Holzes ist zu achten. Da lang anhaltende hohe Temperaturen den Gene- Oftmals ist in den dickborkigen Teilen des Stammes ne- rationszyklus des Lärchenborkenkäfers verkürzen, ist ben dem Borkenkäfer gleichzeitig auch der Lärchen- die Überwachung der Brutentwicklung in ausgelegten bock (Tetropium gabrieli Weise) zu finden (Abbildung Lärchenstämmen im Sommer gerade in Extremjahren 9). Durch den intensiven Larvenfraß dieser Käferart unerlässlich. Nur so ist gewährleistet, dass rechtzeitig können gerade geschwächte Lärchen frühzeitig abster- Waldschutzmaßnahmen geplant und ausgeführt wer- ben. den. Eine Prognose für die weitere Befallsentwicklung Eine Überwachung der Flugaktivität des Lärchen- des Schädlings hängt von der zukünftigen klimatischen borkenkäfers mit Hilfe von Lockstofffallen ist grundsätz- Entwicklung, den sorgfältig ausgeführten vorbeugen- lich möglich. Im Handel werden synthetische Lockstof- den Maßnahmen sowie dem zeitigen Einleiten von Be- fe auf Basis der bereits 1978 von Stoakley et al. kämpfungsmaßnahmen bei Entstehen einer Käfergra- beschriebenen Analyse des Aggregationspheromons dation ab. männlicher Käfer angeboten. Jedoch stellte sich im Rahmen einer Projektarbeit an der Bayerischen Lan- desanstalt für Wald und Forstwirtschaft nach dem Tro- ckenjahr 2003 heraus, dass diese käuflichen Pheromon- varianten eine geringe Fangleistung besitzen. Ihre Güte

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Der Lärchenbock Der Lärchenbock tritt oft vergesellschaftet mit dem Großen Lärchenborkenkäfer (Ips cembrae) auf. Dabei Verbreitung tritt der Lärchenbock nicht später hinzu, sondern kann Das Verbreitungsgebiet des Lärchenbocks (Tetropium gleichzeitig mit oder sogar bereits vor dem Borken- gabrieli Weise) deckt sich mit dem künstlichen Anbau- käfer geschwächte Bäume befallen. Der Lärchenbock gebiet der Lärche und den Grenzlagen des natürlichen zeigt also einen für einen Bockkäfer vergleichsweise Verbreitungsgebietes in Mitteleuropa. primären Charakter. Beide Arten übertragen Bläuepilze. Einige Bläue - Morphologie und Biologie pilze sind sogar speziell mit dem Lärchenbock verge- Der Käfer aus der Familie der Bockkäfer erreicht eine sellschaftet. Während die Bläuepilze des Lärchenbor- Länge von 8 –18 mm und befällt fast ausschließlich Bäu- kenkäfers den Absterbeprozess der befallenen Bäume me der Gattung Larix (hauptsächlich Larix decidua), beschleunigen können, ist dies bei der mit dem Lär- sehr selten auch andere Nadelbaumarten. Er hat ein chenbock assoziierten Art Ophiostoma kryptum nicht dunkles Halsschild, das auf der Oberseite fein und zu vermuten. Der Pilz verursacht nur eine geringe Ver- dicht punktiert ist. Im Gegensatz zu den Fichtenbock- färbung des Lärchenholzes und lebt wahrscheinlich käfern (Tetropium castaneum und Tetropium fuscum), rein saprophytisch. bei denen die Längsgrube in der Mitte des Halsschil- des matt ist, ist sie beim Lärchenbock lack-glänzend. Schadgeschehen und Abwehrmechanismen Zudem weist die Stirnseite des Kopfes beim Lärchen- Das Schadbild ähnelt dem der Fichtenbockarten. Ne- bockkäfer keine Einbuchtung auf. ben vitalitätsgeschwächten Lärchen (physiologischer Die Flügeldecken sind rot-braun bis schwarz und die Schaden) befällt der Lärchenbock auch liegendes Beine rötlich gefärbt, wobei die Körperfärbung stark va- Stammholz (technischer Schaden). riieren kann. Der Käfer ist dicht mit gelben Haaren be- Der physiologische Schaden durch den Larvenfraß setzt. Wie für die Gattung Tetropium typisch, sind auch führt zum Absterben der Bäume. Je nachdem, wie tief die Fühler des Lärchenbockes im Vergleich zu ande- die Larve zur Verpuppung ins Holz vordringt, verur- ren Bockkäferarten vergleichsweise kurz und erreichen sacht sie eine technische Schädigung von bis zu 50% nur etwa die Hälfte der Körperlänge (Abbildung 10). des Holzkörpers. Nach Kalamitäten (z.B. Sturm) kann Zwischen Mai und Juli werden unter den Knospen- der Befall bei hoher Populationsdichte auch primären schuppen im unteren Stammbereich in meist dichtem Charakter annehmen. Besatz kleine Gelege von drei bis zehn Eiern abgelegt. Befallene Bäume – meist Altbäume – erkennt man Ein Weibchen legt dabei bis zu 100 Eier. Nach dem zu Beginn an Harz- und Bohrmehlaustritt sowie an Schlupf verteilen sich die Larven zunächst auf der Rin- trichterförmigen Spechtabschlägen. Später deutet eine de und bohren sich erst dann in diese ein. Auf diese schüttere Benadelung auf einen fortgeschrittenen Be- Weise wird das Risiko einer intraspezifischen Nah- fall hin. Das erwähnte Ausharzen ist ein Abwehrmecha- rungskonkurrenz reduziert. Die Fraßgänge der Larven nismus der Lärche, der durch das Einbohren der Lar- liegen im Bereich des Kambiums und schürfen den ven angeregt wird. Vitale Bäume sind so in der Lage, Splint, so werden Phloem- und Xylemleitgefäße zer- den Befall erfolgreich abzuwehren. stört. Diese Fraßgänge verlaufen in mehr oder weniger geschwungenen Windungen quer zur Stammachse und haben einen ovalen Querschnitt, der wolkig mit festge- pressten weißen und braunen, relativ groben Nagespä- nen gefüllt ist. Am Ende ihrer Entwicklung dringen die Larven ins Holz ein und verpuppen sich nach Anlage des für Bockkäfer typischen nach unten zeigenden Ha- kenganges. Im Gegensatz zum Fichtenbock liegt die Puppenwiege meist näher an der Rinde. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass die Larve bis ins Kernholz vordringt. Nach etwa 14-tägiger Puppenruhe nagt sich der Käfer durch ein flachovales Bohrloch nach außen. Abbildung 10: Imago des Lärchenbocks (Tetropium gabrieli) (Foto: U. Schmidt, flickr.com)

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Der Waldschutz kann in einer akuten Befallssituation nur eingeschränkt reagieren. Aktive Bekämpfungsmaß- Vogel und Baum nahmen gegen die Lärchenminiermotte sind nicht mög- lich und auch gegen die beiden rindenbrütenden Ar- ten hilft nur die „Saubere Waldwirtschaft“, also die Man sieht die Lerchen mit Gesang konsequente Entnahme befallener Bäume und der Ent- Hoch in die Lüfte steigen zug potentiellen Brutmaterials, um Massenvermehrun- Nur die mit „e“! Die mit dem „ä“, gen einzudämmen. die stehen da − und schweigen. Waldschutzmaßnahmen, die eine erfolgreiche, risiko- arme Bewirtschaftung der Lärche ermöglichen, setzen daher bereits im Vorfeld des Schadens ein. Sie haben Heinz Ehrhardt präventiven Charakter. Der Waldschutz der Lärche be- ginnt bei der Herkunfts- und Standortswahl, setzt sich über das richtige Pflanz- bzw. Verjüngungsverfahren, als Garant einer ungestörten Wurzel- und Jugendent- Waldschutzmaßnahmen wicklung, fort und mündet in eine rechtzeitig zu begin- Die Bekämpfung des Lärchenbocks gelingt durch sau- nende Pflege, die den Kronenausbau ermöglicht und bere Waldwirtschaft. Befallene Bäume sind vor dem die Einzelbaumvitalität fördert. Ausflug der Jungkäfer zu entnehmen und zeitnah ab - zufahren, damit kann die Populationsdichte der Käfer Auf diese Weise können Schäden durch die drei ge- effektiv gesenkt und der Stehendbefall benachbarter nannten Arten nicht vollständig ausgeschlossen, das Ri- Lärchen verhindert werden. Beim Fällen muss auf eine siko ihres Auftretens aber deutlich verringert werden. möglichst tiefe Schnittführung geachtet werden, da die Larven sich auch im Bereich der Wurzelanläufe befin- den. Eine Entrindung der verbleibenden Stöcke wird Literatur daher bei hoher Populationsdichte empfohlen. Altenkirch, W.; Winkel, W. (1990): Versuche zur Bekämpfung der Lärchenminiermotte (Coleophora laricella Hbn.) mit Hilfe In- sekten fressender Vögel. Waldhygiene 18, S. 233–255 Fazit Altenkirch, W.; Winkel, D.; Winkel, W. (2005): Lärchenminiermot- Massenvermehrungen von Insekten haben ihren Ur- te (Coleophora laricella) und Vogelschutz/Vogelschutzfor- schung im Emsland. Bilanz eines Langzeit-Freilandversuches. sprung häufig in einer Schwächung oder Vorschä- Forst und Holz 60, S. 279–283 digung, die zu einer physiologischen Disposition der Wirtspflanzen für den Befall führt. Die Wirtspflanze ist Brauns, A. (1991): Taschenbuch der Waldinsekten. 4. Auflage, dann leichter als Nahrungsquelle erschließbar und/ Verlag Gustav Fischer, Stuttgart, 860 S. oder bietet günstigere Ernährungsbedingungen, was Eidmann, H. (1965): Ökologische und physiologische Studien dann über eine Fertilitätssteigerung den Anstieg der Po- über die Lärchenminiermotte, Coleophora laricella HBN. Stu- pulationsdichten bei den Insekten begünstigt. dia Forestalia Suecia, Nr.32, S. 81–226.

Escherich, K. (1923): Die Forstinsekten Mitteleuropas. Ein Lehr- Am Beispiel der Lärche kann diese Befallskaskade aus- und Handbuch, Verlag Paul Parey Band 3. 825 S. gehend von Fraßschäden an den Nadeln durch die Lär- chenminiermotte über den Befall der Rinde durch den Forster, B. (2009): Lärchenminiermotte – WSL Waldschutz. Lärchenborken- bzw. den Lärchenbockkäfer und letzt- http://www.wsl.ch/forest/wus/diag lich auch des Holzes, das durch die Puppenwiegen des Freude, H.; Harde, K.; Lohse, G. (1981): Die Käfer Mitteleuropas. Lärchenbockkäfers technisch entwertet wird, gezeigt Band 10. Goecke & Evers Verlag, Krefeld werden. Die drei Arten sind nicht aufeinander angewie- sen, es bestehen keine symbiotischen Verbindungen Gorius, U. (1956): Untersuchungen über den Lärchenbock (Te- zwischen ihnen. Lärchenborken- und Lärchenbockkä- tropium gabrieli Weise) mit besonderer Berücksichtigung sei- nes Massenwechsels. Zeitschrift für Angewandte Entomologie, fer können aber durch die Vorschädigung durch die S. 160–161, 182–183, 194–203. Lärchenminiermotte und den erfolgreichen Befall der jeweils anderen Art profitieren.

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Habermann, M. (1994): Untersuchungen zur Nadelphysiologie Schwenke, W. (1974): Die Forstschädlinge Europas. Zweiter von Lärchen (Larix ssp.) bei Befall durch die Lärchenminier- Band. Verlag Paul Parey, Hamburg und Berlin. 500 S. motte Coleophora laricella Hbn. (Lepidoptera, Coleophoridae). Cuvillier-Verlag, Göttingen, 191 S. Tabakovic-Tosic, M.; Tosic, D.; Rajkovic, S.; Golubovic-Curguz, V.; Rakonjac, L. (2011): Invasion species Coleophora laricella – One Habermann, M.; Ott, A. (1995): Feeding patterns of the larch case- of the main limiting factor of Larix decidua during the aforesta- bearer Coleophora laricella Hbn. (Lep., Coleophoridae) on Eu- tion and recultivation. African Journal of Agricultural Research ropean larch. Journal of Applied Entomology 119: S.581–584. Vol. 6 (4), S.866–872

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LWF Wissen 69 55 Der Lärchenkrebs – die schwerwiegendste Erkrankung der Lärche Ralf Petercord und Ludwig Straßer

Schlüsselwörter: Lachnellula willkommii, Anfälligkeit, Her- Seit 1962 wird der Pilz der Gattung der Nadelholz-Haar- künfte, klimatische Bedingungen, Resistenz, Waldschutz becherchen (Lachnellula) zugeordnet (Dennis 1962). Der Erreger des Lärchenkrebses, das Lärchen-Krebs- Zusammenfassung: Der Lärchenkrebs hat den Anbau der becherchen, trägt daher heute den wissenschaftlichen Europäischen Lärche außerhalb ihres natürlichen Verbrei- Namen Lachnellula willkommii [R. Hartig] Dennis. tungsgebietes stark eingeschränkt und gilt heute euro- paweit als wichtigste Erkrankung dieser Baumart. Die unterschiedliche Anfälligkeit der Lärchenherkünfte in Ab- Morphologie hängigkeit von lokalklimatischen Bedingungen verdeut- licht, dass keine absolute Resistenz gegen den Erreger be- Die Nadelholz-Haarbecherchen besiedeln ausschließ- steht. Präventive Waldschutzmaßnahmen sind daher zur lich Nadelhölzer und leben in der Regel saprobiontisch Vermeidung von Schäden erforderlich. auf abgestorbenen Rindenstücken und berindeten Dürrästen. Als parasitisch lebende Art stellt das Lärchen-Krebsbecherchen eine Ausnahme dar. Die Haarbecherchen, die zu den Echten Schlauchpilzen Erstes Auftreten und taxonomische (Ascomyceten) gehören, bilden als Fruchtkörper kurz- Einordnung gestielte, becherförmige, später schüssel- oder flach- tellerförmige Apothecien auf abgestorbener Rinde oder In Europa trat der Lärchenkrebs ab Mitte des 19. Jahr- auf Holz ihres Wirtes aus. Außenseite und Rand der hunderts in den künstlichen Anbaugebieten der Euro- Fruchtkörper sind dicht mit weißen oder seltener mit päischen Lärche erstmals als Krankheit in Erscheinung braunen Haaren besetzt. Die eigentliche Fruchtscheibe (Willkomm 1867, Schober 1949). Hatte man zu Beginn des (Hymenium) im Inneren des „Becherchens“ ist dotter- 19. Jahrhunderts noch geglaubt mit der Europäischen bis orangegelb. Beim Lärchen-Krebsbecherchen (Lach- Lärche eine weitere, schnellwüchsige und gegenüber nellula willkommii) sind die weißbehaarten Fruchtkör- Schadorganismen relativ unempfindliche Nadelbaum- per 2 bis 4 mm hoch und 3 bis 4 (max. 6) mm breit (CA- art für den Wiederaufbau der devastierten Wälder ge- BI 2010). Sie können leicht mit den Fruchtkörpern des funden zu haben, wurde diese Erwartung nun ent- Lärchen-Nadelholzhaarbecherchens (Lachnellula occi- täuscht. dentalis) verwechselt werden, das in Mitteleuropa in al- len Lärchenwäldern häufig vorkommt aber ausschließ- Der spätere Münchner Professor für Forstbotanik und lich saprobiontisch auf toten, berindeten Zweigen der Mitbegründer der forstlichen Phytopathologie Robert Lärche lebt (Baral 1984, Butin 2011). Zur Unterscheidung Hartig identifizierte den Erreger der Krankheit, ordnete im Gelände dienen die Rindenveränderungen, die das ihn der Gattung der Echten Becherlinge (Peziza) zu Lärchen-Krebsbecherchen hervorruft (Baral 1984). und benannte die Art 1874 zu Ehren seines Kollegen dem deutschen Botaniker Heinrich Moritz Willkomm Peziza willkommii (Hartig 1874). Dieser hatte die Erkran- Verbreitung kung bereits 1867 unter der Bezeichnung Rindenkrebs der Lärche sehr ausführlich beschrieben, allerdings hat- Das Lärchen-Krebsbecherchen ist in Europa weitver- te er sich bei der Benennung des Erregers als Corticum breitet und ist von Finnland bis Portugal und von Island amorphum, nach einer fehlerhaften Determination bis Serbien zu finden (EPPO 2009). Es tritt dabei sowohl durch den Botaniker Gottlob Ludwig Rabenhorst, geirrt im natürlichen Verbreitungsgebiet der Europäischen (Hartig 1874). Lärche als auch in dessen künstlichen Anbaugebieten auf. Ursprünglich ist die Art in Japan beheimatet und wurde vermutlich im 19. Jahrhundert mit Pflanzgut der Japanischen Lärche (Larix kämpferi) nach Europa ver-

56 LWF Wissen 69 Der Lärchenkrebs – die schwerwiegendste Erkrankung der Lärche

Befalls in Kanada und des Befalls in Maine dürfte der Hafen von Saint John in New Brunswick sein, von wo aus sich der Erreger im Laufe der Zeit auf natürlichem Wege in die benachbarten Regionen ausdehnte. Heute findet sich die Art darüber hinaus auch in China in der Provinz Heilongjiang und den benachbarten Regionen Ostsibiriens (Chen 2002).

Das Lärchen-Krebsbecherchen tritt in Japan in Bestän- den der Japanische Lärche auf den Inseln Honshu und Hokkaido in Höhenlagen zwischen 1.400 und 1.700 m ü. NN auf (Ito et al. 1963, Kobayashi 2007). In Europa be- Abbildung 1: Fruchtkörper des Lärchenkrebses; Deutlich er- trifft der Befall vornehmlich Bestände der Europäischen kennbar ist der weiße Haarkranz am Rand und die orange- Lärche in deren künstlichen Anbaugebieten (Schober gelbe Fruchtscheibe (Foto: LWF). 1949), in Amerika sind die Westamerikanische Lärche (Larix occidentalis) und die Ostamerikanische Lärche (Larix laricina) anfällig für den Befall und im Amurge- biet werden die Dahurische Lärche (Larix gmelinii) so- wie die Sibirische Lärche (Larix sibirica) befallen (Bu- tin 2011, Chen 2002).

Infektionsverlauf

Zunächst galt Lachnellula willkommii als Wundparasit, der insbesondere Frostschäden, aber auch andere Wunden, wie z.B. Hagelwunden, Fegeschäden, zur In- fektion nutzt. In diesem Zusammenhang wurde auch Abbildung 2: Charakteristische Stammdeformation in Folge vermutet, dass Lachnellula willkommii ein Perthophyt der Pilzinfektion ((Foto: A. Kunca, National Forest Centre – sei, welche Toxine oder Enzyme ausscheiden um Ge- Slovakia, Bugwood.org) webe abzutöten oder zu schwächen, da sie nur in ab- gestorbene Gewebe erfolgreich eindringen können. Im Falle von Lachnellula willkommii vermutete man die schleppt. Die weitere Verbreitung in Europa erfolgte Abgabe eines Enzyms, das die Frosthärte des Rinden- dann über den Pflanzenhandel, den Handel mit Lär- gewebes herabsetzen sollte (Langner 1936). chenholz in Rinde sowie schlicht über die Ascosporen, die mit dem Wind verdriftet werden. In den USA trat der Tatsächlich kann die Infektion über Kambiumläsionen Lärchenkrebs erstmalig in den 1920er Jahren in Massa- nach Früh- oder Spätfrostereignissen erfolgen, wesent- chusetts auf (Hahn et al. 1936). Der Pilz war 1904 mit lich häufiger ist jedoch die Infektion über Nadelnarben Pflanzgut aus Großbritannien eingeschleppt worden. an den Kurztrieben. Nach der Sporenkeimung wächst Allerdings konnte die Art durch konsequente Quaran- das Mycel über den Kurztrieb in Richtung auf die tänemaßnahmen in diesem Befallsgebiet bis 1965 wie- Stammachse. Die Schädigung des Kambiums an der In- der ausgerottet werden (Tegetthoff 1965). Einen erneu- fektionsstelle führt zum Absterben des Triebes und dün- ten Ausbruch des Lärchenkrebses gab es in den USA nerer Zweige, an stärkeren Ästen und am Stamm ent- in den 1980er Jahren im Bundesstaat Maine (Miller- stehen die typischen offenen Krebse. Die Bildung von Weeks et al. 1983). In Kanada kam es bereits vor 1958 zu Stammkrebsen setzt dabei die Infektion in Stammnähe Schäden durch das Lärchensterben in der Provinz New voraus, so dass der Pilz in diesen einwachsen kann. Brunswick (Ostaff 1985), gefolgt von Schäden in den Der Lärchenkrebs kann so zum Absterben von Kronen- Nachbarprovinzen Nova Scotia in den 1980er Jahren bereichen ebenso wie zu einer massiven, technischen (Magasi et al. 1982) und Prince Edward Island in den Holzentwertung des Stammes führen. 1990er Jahren (Simpson et al. 1993). Ausgangspunkt des

LWF Wissen 69 57 Der Lärchenkrebs – die schwerwiegendste Erkrankung der Lärche

Der Pilz breitet sich im infizierten Gewebe in der Vege- Überlagert wird diese Prädisposition von der Disposi- tationsruhe am effektivsten aus. In dieser Ruhephase tion durch lokalklimatische Bedingungen. Die Gefahr des Baumes kann das Mycel sekundäre Periderme einer Infektion ist in Frostlagen und auf Standorten mit (Wundkallus), die zur Eingrenzung des Befalls gebildet permanent hoher Luftfeuchtigkeit (beispielsweise Mul- wurden, überwinden und weitere Bereiche besiedeln. denlagen, Nebellagen, überdichte Bestände, etc.) un- Diese Entwicklung wird durch milde Winter begünstigt abhängig von Herkunft oder Art deutlich erhöht. (Krehan et al. 2004), in denen die Temperaturen für das Mycelwachstum bereits ausreichen, die Bäume aber Präventive Waldschutzmaßnahmen noch in der physiologischen Winterruhe verharren. Für den Anbau der Europäischen Lärche in Mitteleuro- Die erwartete Zunahme der Häufigkeit milder Winter pa außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes in Folge des Klimawandels dürfte sich daher positiv für lassen sich daher folgende präventive Waldschutzmaß- den Pilz auswirken. Stammschäden würden sich damit nahmen zur Verringerung des Infektionsrisikos mit deutlich schneller vergrößern. Das Wechselspiel zwi- Lachnellula willkommii ableiten: schen baumeigener Abwehr in der Vegetationszeit • Konsequente Herkunftsauswahl entsprechend den durch die Bildung neuer Periderme und dem Angriff Vorgaben der Forstvermehrungsgut-Herkunftsverord- des Pilzes in der Vegetationsruhe durch Besiedlung nung (StMELF 2010) beim Anbau außerhalb des na- dieser Periderme ist typisch für alle Baumkrebse. Letzt- türlichen Verbreitungsgebiets (kein Anbau der west- lich entstehen durch die wiederholten, in der Regel er- alpinen Hochlagenherkünfte) folglosen Überwallungsversuche mehr oder weniger • Kein Anbau der Lärche in besonders frostgefähr- symmetrische Krebswulste, in deren Zentrum der offe- deten Lagen nen Holzkörper erkennbar ist (Abbildung 2). An den • Kein Anbau der Lärche auf Standorten mit hoher Luft- Rändern dieser Krebswulste treten dann die Fruchtkör- feuchtigkeit (Muldenlagen) per zutage und entlassen die Ascosporen über die • Keine Mischbestände aus Fichte und Lärche (Be- dann die Neuinfektion erfolgt. schattung der Lärche und hohe Luftfeuchtigkeit) • Konsequente Vermeidung von Überbestockung in Prädisposition und Disposition Lärchenbeständen durch frühzeitige Pflegeeingriffe Herkünfte der Europäischen Lärche und andere Lär- • Ausmähen vergraster Lärchenjungbestände chenarten sind unterschiedlich anfällig für eine Infekti- on mit Lachnellula willkommii. Als besonders anfällig gelten die westalpinen Hochlagenherkünfte der Euro- Literatur päischen Lärche, während die alpinen Tieflagenher- künfte sowie die Sudeten-, Polen- und Tatraherkünfte Baral, H. O. (1984): Taxonomische und ökologische Studien über die Koniferen bewohnenden europäischen Arten der Gat- als unempfindlich gelten (Schütt 1994). Dabei scheinen tung Lachnellula Karsten. Beiträge zur Kenntnis der Pilze Mit- die Terpengehalte im Harz eine entscheidende Rolle zu teleuropas 1, S.143–156. spielen (Krehan et al. 2004). Allerdings sind auch die westalpinen Hochlagenherkünfte in ihrem ursprüngli- Butin, H. (2011): Krankheiten der Wald- und Parkbäume. 4. neu- chen Verbreitungsgebiet weniger anfällig als in den bearb. Aufl., Eugen Ulmer, Stuttgart-Hohenheim, 318 S. künstlichen Anbaugebieten. Genau gegensätzlich stellt CABI (Hrsg.) (2010): Invasive Species Compendium. sich die Befallssituation der japanischen Lärche dar, sie www.cabi.org ist in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet anfällig wäh- rend sie in den europäischen Anbaugebieten als weit- Chen, M. M. (2002): Forest fungi phytogeography: Forest fungi phytogeography of China, , and Siberia and in- gehend resistent gilt (Schütt 1994). Offensichtlich sind ternational quarantine of tree pathogens. Sacramento, USA: Pa- die klimatischen Bedingungen in den europäischen, cific Mushroom Research and Education Center, 469 S. künstlichen Anbaugebieten für die westalpinen Hoch- lagenherkünfte der Europäischen Lärche weniger zu- Dennis, R. W. G. (1962): A reassessment of Belonidium Mont. & Dur. Persoonia, 2, S.171–191 träglich als für die Herkünfte der Art aus anderen Re- gionen bzw. die Japanische Lärche. Die Hybrid-Lärche EPPO, (2009): PQR database. Paris, France: European and Me- aus Europäischer und Japanischer Lärche Larix x euro- diterranean Plant Protection Organization. www.eppo.org lepis und die reziproke Form Larix x lepteuropaea zeigt sich ebenfalls als relativ unempfindlich gegenüber dem Lärchenkrebserreger (Schütt et al. 1992).

58 LWF Wissen 69 Der Lärchenkrebs – die schwerwiegendste Erkrankung der Lärche

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Langner, W. (1936): Untersuchungen über Lärchen-, Apfel- und Buchenkrebs, Phytopathologische Zeitschrift 9, S.111–145 Lärchenwickler als Bioindikator für den Klimawandel Magasi, L. P.; Pond, S.E. (1982): European larch canker: a new disease in Canada and a new North American host record. Massenvermehrungen des Lärchenwicklers (Zeiraphera Plant Disease, 66 (4), S. 339 diniana) traten in den Alpen in einer Höhenlage von Miller-Weeks, M. ; Stark, D. (1983): European larch canker in Mai- 1.600–2.000 m ü. NN seit Jahrhunderten sehr regel - ne. Plant Disease, 67 (4); S.448 mäßig auf. Die durch den Fraß des Lärchenwicklers ent- nadelten Lärchen besitzen dann charakteristisch ver - Ostaff, D.P. (1985): Age distribution of European larch canker in New Brunswick. Plant Disease, 69 (9), S.796–798. änderte Jahrringe, die dendrochronologisch erfasst und ausgewertet werden können. Auf diese Weise konnte Schober, R. (1949): Die Lärche – Eine ertragskundlich-biologi- das Gradationsgeschehen der letzten 1.200 Jahre nach- sche Untersuchung. Verlag M. u. H. Schaper, Hannover, 285 S. vollzogen und mit Witterungsverläufen verglichen wer-

Schütt, P. (Hrsg.) (1994): Larix decidua. In: Enzykopädie der den. Demnach fanden sich in der Vergangenheit alle Holzgewächse – 29. Erg.-Lfg. 9/02 8 –10 Jahre (Ø 9,3 Jahre) Zuwachseinbrüche durch Schütt, P.; Schuck, H. J.; Stimm, B. (1992): Lexikon der Forstbota- Fraßschäden des Lärchenwicklers. Die Fraßbeziehung nik. Morphologie, Pathologie, Ökologie und Systematik wichti- zwischen Lärche und Lärchenwickler erklären diese ger Baum- und Straucharten. ecomed, Landsberg/Lech, 581 S. sehr regelmäßigen Zyklen. Die Lärche reagiert auf den Simpson, R. A.; Harrison, K. J. (1993): First report of European Kahlfraß des Lärchenwicklers mit kleineren und phy sio - larch canker on Prince Edward Island, Canada. Plant Disease, logisch veränderten Nadeln. Diese Veränderungen füh- 77 (12), 1264 S. ren zum Zusammenbruch der Schmetterlingspopula- tion, die sich erst wieder aufbauen kann wenn sich die Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) (Hrsg.) (2010): Herkunftsempfehlungen für Lärche von dem Kahlfraß erholt hat. So ist ein coevolu- forstliches Vermehrungsgut in Bayern, 166 S. tionäres, sehr stabiles Gleichgewicht entstanden, auf das die Witterungsbedingungen in den vergangenen Tegethoff, A. C. (1965): Resurvey for European larch canker in 1.200 Jahren nur geringen Einfluss hatten. Durch die Essex County, Massachusetts, 1965. Plant Disease Reporter, 49, S. 834–835 Temperaturerhöhung im Alpenraum in Folge des Klima- wandels scheint dieses Gleichgewicht nun gestört zu Willkomm, H. M. (1867): Die mikroskopischen Feinde des Wal- sein. Seit 1981 treten Massenvermehrungen des Lär- des. 2. Heft, G. Schönfeld’s Buchhandlung, Dresden, 228 S chenwicklers nicht mehr auf. Das System hat sich zu- Yde-Andersen, A. (1980): Infection process and the influence of gunsten der Lärche verändert. Der Klimawandel ist frost damage in Lachnellula willkommii. Eur. J. For. Path. 10, spürbar und verändert ehemals stabile Ökosysteme S. 28–36 tiefgreifend, wie das Beispiel des Lärchenwicklers ein- drucksvoll zeigt. Ralf Petercord

LWF Wissen 69 59 Pilze und Insekten an der Lärche Markus Blaschke, Alexandra Nannig und Heinz Bußler

Schlüsselwörter: Europäische Lärche, Pilze, Insekten, xylo- Nicht nur rein optisch und physiologisch grenzt sich bionte Käfer die Lärche durch einige Merkmale von den anderen heimischen Nadelbaumarten ab. Auch die pilzlichen Zusammenfassung: Das heutige natürliche Areal der Eu- Begleiter der Lärche weisen einige Unterschiede zu den ropäischen Lärche ist das Relikt einer ehemals weiten Ver- übrigen Nadelbäumen auf. Durch den forstlichen An- breitung. Dies ist der Grund, dass Lärchenwälder pilzarten- bau der Lärche im Flach- und Hügelland wurde auch reich sind und eine reiche Insektenfauna beherbergen. In für einige auffällige Mykorrhizapilzarten der Verbrei- luftfeuchten Lagen sind immer wieder die Verfärbungen tungsraum in Mitteleuropa deutlich erweitert. der Nadeln durch die Schüttepilze zu beobachten. Die My- korrhizabegleiter der Lärche unterscheiden sich noch recht deutlich von denen anderer Nadelbäume. Dagegen ent- Pilzkrankheiten der Lärche spricht die Artenzusammensetzung der holzzersetzenden Pilze weitgehend denen von Kiefer und Fichte. Über 150 Begleitet wird die Lärche von Pilzen vom Zeitpunkt der holzbesiedelnde Käfer, darunter 18 Borkenkäferarten und Samenkeimung über alle Wachstumsphasen bis zur 24 Bockkäfer leben an der Lärche. Etliche dieser Arten sind Zersetzung der letzten Holzstücke. Sichtbar werden vie- jedoch auf Grund ihrer Klimanischenbreite in ihren Vor- le dieser Pilzarten aber nur auf den zweiten Blick. Ins- kommen auf boreomontane Standorte beschränkt und besondere die Arten, die als Schwächepathogene in folgen ihr nicht in die künstlichen Anbauflächen. Keine Art der Jugendphase vielen Keimlingen und Jungpflanzen ist monophag an die Lärche gebunden, alle Arten entwi- das Leben schwer machen, werden kaum wahrgenom- ckeln sich auch in verschiedenen weiteren Nadelholzgat- men. Hierzu zählen viele bodenbürtige Pilze der Gat- tungen. tung Fusarium und Cylindrocarpon sowie Rhizoctonia solani, deren weißes Geflecht manches Mal sichtbar wird, wenn man die abgestorbenen Keimlinge aus dem Boden entnimmt und sich die verfaulten Wurzeln ein- Obwohl die Europäische Lärche nur etwa 1 % der deut- mal genauer betrachtet. Die Folge eines Befalls der schen Waldfläche einnimmt, sind Lärchenwälder pilz - Keimlinge wird landläufig auch als „Umfallkrankheit“ artenreich und beherbergen eine vielfältige Insekten- bezeichnet, da die noch unverholzten Keimlinge prak- fauna. Ursache dafür ist, dass das heutige natürliche tisch von einem Tag auf den anderen an der Faulstelle Areal den Rest einer ehemals weiten und zusammen- unmittelbar über dem Boden abknicken. hängenden Verbreitung in der frühpostglazialen Kie- Insbesondere in der Baumschul- und Kulturphase ma- fern-Zeit darstellt. Deshalb ist der reliktische Charakter, chen sich einige spezifische Nadelpilze bemerkbar. Die vor allem der Randvorkommen, stark ausgeprägt. Die Meria-Lärchenschütte Meria laricis verfärbt die Nadeln ungemein weite ökologische Amplitude der Klima- der Lärche bereits im Frühjahr von der Spitze her gelb rassen der Lärche umfasst sowohl feucht bis mäßig bis bräunlich und ein Teil der Nadeln fällt schon kurze trockene-subkontinentale, als auch lokal subatlantische- Zeit später wieder ab. Der Befall breitet sich an den Bäu- niederschlagsreiche Gebiete. Besiedelt werden auch men meist von den unteren Zweigen nach oben aus. Grenzstandorte im hochsubalpinen kaltfeuchten Wald- Bei feuchter Witterung erscheinen aus den Spaltöff - grenzklima, im feuchtwarmen Randalpenklima, im nungen die mit einer Lupe erkennbaren Sporenträger trockenwarmen Weinbergklima und im inneralpinen mit ihren Sporen. trocken-kontinentalen „Waldsteppenklima“ (Mayer 1977). Diese große Heterogenität im Areal erklärt die hohe Die „Braunfleckigkeit der Lärche“ oder Lärchenschüt- Biodiversität von Pilzen und Insekten an der Lärche te Mycosphaerella laricina äußert sich zunächst durch und die reliktäre Verbreitung etlicher Arten. kleine, braune Flecken auf den Nadeln. Auf diesen Fle- cken bilden sich im Laufe des Sommers kleine, schwar- ze Konidienpolster. Die Fruchtkörper der Hauptfrucht-

60 LWF Wissen 69 Pilze und Insekten an der Lärche

Für viele wirtswechselnde Rostpilzarten sind Lärchen einer der obligaten Wirte. Dabei findet beim Pappelrost Melampsora larici-populina der Wirtswechsel mit der Schwarzpappel und ihren Hybriden statt, bei Melamp- sora larici-tremulae mit der Weißpappel und der Aspe. Beim Weidenrost Melampsora capraearum wird die Hauptfruchtform auf der Salweide ausgebildet.

Mykorrhizapilze

Unter den streng an die Lärche gebundenen My kor - Abbildung 1: Lärchenschütte (Mycosphaerella laricina) rhizabegleitern ist vor allem der Goldröhrling Suillus (Foto: M. Blaschke) grevillei bekannt. Der mit seiner feucht-schleimigen Hutoberfläche zu den Schmierröhrlingen gehörende Pilz ist an seiner in allen Teilen goldgelben bisweilen form erscheinen zum Zeitpunkt des Neuaustriebs der orange gelben Farbe und dem flüchtigen Ring leicht zu Nadeln an den vorjährigen Nadeln auf dem Boden. Ne- erkennen. Während der Pilzsaison im Sommer und ben der Vermeidung eines Anbaus der Lärche in luft- Herbst ist er in praktisch allen Lärchenbeständen zu be- feuchten Senken hat es sich bewährt, die Lärche nur in obachten. Mischung mit anderen Baumarten anzubauen. Vor al- lem in Mischung mit der Buche spielt der Erreger fast keine Rolle (Altenkirch et al. 2002). Im Alpen- und Voral- pengebiet tritt mit Hyphdermella laricis noch ein weite- rer Erreger einer Nadelschütte an der Lärche auf.

Sehr empfindlich gegenüber der Grauschimmelfäule sind in warmfeuchten Frühjahren die noch nicht ver- holzten Triebe der Lärchen. Neben Schäden in jungen Kulturen kann dieser Pilz insbesondere bei Pflanzen im Einschlag wirtschaftlich bedeutsame Schäden ver - ursachen. Weitere Triebschäden können vereinzelt durch einen Verwandten der Scleroderris-Krankheit der Ko niferen, Gremmeniella laricina, i n H o c h l a g e n a u f - Abbildung 2: Goldröhrling (Suillus grevillei) forstungen verursacht werden. Auch der Erreger des (Foto: M. Blaschke) Sirococcus Triebsterbens Sirococcus conigenus (Fich- tentriebkrankheit) vermag es, bei hohem Befallsdruck auf die Lärche überzuspringen. Im Gegensatz zum Goldröhrling ist der Graue Lärchen- Röhrling Suillus viscidus mit seinem braungrauen Hut An Zweigen und vereinzelt auch am Stamm verursacht und den schmutzig hellbraunen Poren ein wesentlich der zu den Schlauchpilzen gehörende Erreger des Lär- unauffälligerer Schmierröhrling, der nicht so häufig an- chenkrebses Lachnellula willkommii Nekrosen, die zutreffen ist. sich über Jahre entwickeln können und die wegen ih- rer jährlich entwickelten Rindenwülste an die Form von Sehr viel seltener und vor allem auf den Alpenraum be- Schießscheiben erinnern. Dieser Pilz bildet kleine gel- schränkt ist ein weiterer Schmierröhrling, der Rostrote be Becherchen mit einem Durchmesser von wenigen Lärchen-Röhrling Suillus tridentinus. Neben seiner kräf- Millimetern als Fruchtkörper. tigen Farbe sind bei diesem Pilz die oft lang am Stiel he- runterreichenden Röhren ein auffälliges Merkmal (Laux 2001).

LWF Wissen 69 61 Pilze und Insekten an der Lärche

ge schließlich eindeutig. Auch dieser Pilz, der sich in den Alpen regelmäßig in den Lärchenbeständen findet, ist im Flachland deutlich seltener.

Unter der Lärche finden sich mit dem Lärchenschneck- ling Hygrophorus lucorum und dem Orangegelben Lär- chenschneckling Hygrophorus speciosus auch zwei Pil- ze aus der Gattung der Schnecklinge. Die Fruchtkörper dieser Pilze mit ihren weit auseinanderstehenden, am Stiel herablaufenden Lamellen und der wachsartigen Oberfläche sind oft erst nach den ersten Frösten im Lär- chenwald anzutreffen. Abbildung 3: Hohlfußröhrling (Boletinus cavipes) (Foto: M. Blaschke) Holzpilze

Ein weiterer leicht erkennbarer Begleiter der Lärche ist Zwar gilt das Lärchenholz sobald es verkernt ist als re- der Hohlfußröhrling Boletinus cavipes, der wie der Na- lativ dauerhaft, doch beginnt auch hier irgendwann die me schon sagt, insbesondere durch seinen röhrenartig Zeit der Holzzersetzer. Unter den Holzfäulepilzen dürf- aufgebauten Stiel und die oft filzig wirkende Hutober- te wohl keiner so eng mit der Lärche verknüpft sein wie seite auffällt. Zudem sind seine Poren meist länglich ge- der Lärchenschwamm Laricifomes officinalis. Der Pilz, streckt und ungleichmäßig, wabenartig aufgebaut. der wegen seines hohen Anteils an Agaricinsäure ins- Wenn man den Pilz in der Hand hält, spürt man am Ge- besondere als Grundlage für die Herstellung von Arz- wicht die Leichtbauweise dieser Art. Von dem Pilz tre- neimitteln bekannt ist, tritt vor allem in der Stufe der ten verschiedene Farbvarianten mit gelbgoldfarbenen subalpinen Fichten-Lärchenwälder nahe der Waldgren- oder rostbraunen Hüten auf. Während der Hohlfußröhr- ze in den Alpen auf (Jahn 1990). Die Pilzfruchtkörper ling nur vereinzelt mit der Lärche den Sprung ins Flach- sind extrem ausdauernd und können über 50 Jahre alt land geschafft hat, ist er im Hochgebirge häufig und in werden. Man kann das Alter dieser Pilze ähnlich wie großer Zahl zu beobachten. bei Bäumen von der Zahl der jährlich neu gebildeten Röhrenschichten ableiten. Daher lässt sich auch vermu- Aus der Gattung der Milchlinge ist der Lärchen-Milch- ten, dass die durch den Pilz hervorgerufene Braunfäu- ling Lactarius porninsis ebenfalls streng an die Lärche le in den Bäumen nur sehr langsam fortschreitet. gebunden. Der Pilz erinnert mit seiner gelben bis orangenen und zuweilen rötlichen, bei Feuchtigkeit et- Ebenfalls eine Braunfäule kann auch der Schwefel - was schmierigen Hutoberseite manchmal an einen porling Laetiporus sulphurescens an Lärchenholz verur- Reizker. Doch die fließende, weiße Milch klärt die La- sachen. Im Flachland kennt man die auffälligen, gro- ßen, gelben bis orangenen Fruchtkörper sonst eher von der Weide und der Pappel im Auwald sowie von der Eiche.

Keineswegs so eng an die Kiefer gebunden, wie der Na- me es suggerieren mag, ist der Kiefern-Braunporling Phaeolus schweinitzii. Er ist regelmäßig als ein poten- tieller Stammfäuleerreger auch an der Lärche zu beob- achten.

Abbildung 4: Lärchen-Milchling (Lactarius porninsis) (Foto: M. Blaschke)

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Weitere bekannte Holzfäulen an der Lärche werden ficinalis gebunden und wurde wahrscheinlich durch durch den Rotrandigen Baumschwamm Fomitopsis pi- das Absammeln des Pilzes zu medizinischen Zwecken nicola, den Gemeinen Violettporling Trichaptum abie- ausgerottet. Der Prachtkäfer Buprestis splendens ist ei- tinum, den Flachen Lackporling Ganoderma lipsiense, ne FFH-Anhang-Art und bereits seit dem 19. Jahrhun- den Braunschwarzen Lackporling Ganoderma carno- dert in Bayern verschollen. sum und den Walliser Lackporling Ganoderma vale - siacum verursacht. Selten treten mit dem Zunder- Zwölf Großschmetterlingsarten nutzen die Lärche als schwamm Fomes fomentarius und der Schmetterlings- Raupenfutterpflanzen (Hacker 1998), darunter der Kie- tramete Trametes versicolor an der Lärche zwei Weiß- fernschwärmer Hyloicus pinastri, der Zweibindige Na- fäuleerreger auf, die vorwiegend von Laubbäumen be- delwaldspanner Hylaea fasciaria, die Nonne Lymantria kannt sind. monacha und der Schwammspinner Lymantria dispar. Im subbaikalischen Grenzgebirge im Norden der Keineswegs gefeit ist die Lärche gegenüber den beiden Mongolei kommt es zu zyklischen Gradationen des häufigsten Rotfäuleerregern, dem Wurzelschwamm He- Schwammspinners, Hauptfraßpflanze ist hier die Sibi- terobasidium annosum und dem Hallimasch Armillaria rische Lärche Larix sibirica. Von den Kleinschmetter- sp. lingen an der Lärche sind am bekanntesten die Lär- chen miniermotte Coleophora laricella, die Lärchen- triebmotte Blastotere laevigatella, der Lärchengallen- Artenreiche Insektenfauna wickler Grapholita zebeana und der Graue Lärchen- wickler Zeiraphera griseana. Letzterer tritt im Wallis und An der Lärche leben über 150 holzbesiedelnde Käfer- Engadin mit ihren überdurchschnittlichen Lärchenan- arten, darunter 18 Borkenkäfer- und 24 Bockkäferarten. teilen periodisch alle sechs bis sieben Jahre auf, wobei Etliche dieser Arten sind jedoch auf Grund ihrer Klima- die Gradationen starke Zuwachsverluste verursachen. nischenbreite in ihren Vorkommen auf boreomontane Standorte beschränkt und folgen der Lärche nicht in Der seit 1935 stärker in Erscheinung tretende Lärchen- die künstlichen Anbauflächen. blaßenfuß Thaeniothrips laricivorus ist insbesondere in Mischkulturen mit Fichte von Belang, er verursacht in Keine Art ist monophag an die Lärche gebunden, alle 10 - 30 jährigen Beständen ein Absterben der Wipfelbe- entwickeln sich auch in weiteren Nadelholzgattungen reiche. Durch erhöhte Frostempfindlichkeit der befalle- (Pinus, Picea, Abies und Pseudotsuga). Erst die Nut- nen Triebe wird auch die Entwicklung des Lärchen- zung anderer Nadelhölzer als „Trittsteine“ ermöglicht krebses Lachnellula willkommii begünstigt (Mayer es dem Lärchenborkenkäfer Ips cembrae und dem Lär- 1977). Schäden an Nadeln und Knospen verursachen chenbock Tetropium gabrieli der Lärche auch weit au- auch die Lärchennadel-Knicklaus Adelges geniculatum, ßerhalb ihrer natürlichen Areale in Gebiete mit klein- die Lärchenknospen-Gallmücke Dasineura laricis, die flächigen und isolierten Lärchenvorkommen zu folgen. Lärchengespinstblattwespe Cephaleia alpina und die Der Lärchenborkenkäfer ist makroskopisch dem Buch- Kleine und Große Lärchenblattwespe Pristiphora lari- drucker sehr ähnlich. Während der Flügeldeckenab- cis und Pristiphora erichsoni. sturz beim Buchdrucker jedoch seifenglänzend matt ist, ist er beim Lärchenborkenkäfer lackglänzend. Das Brut- Die Lärche scheint durch ihre lichte Krone in Wäldern bild des Buchdruckers besteht aus meist zwei- bis drei- besonders heliophile Insektenarten anzulocken. So be- armigen geraden Längsgängen, beim Lärchenborken- herbergen Lärchenkronen deutlich mehr Arten aus der käfer aus drei oder mehr sternartig angeordneten Gruppe der Netzflügler (Neuropteroidea) als beispiels- Muttergängen, die oftmals bogenförmig verlaufen. Der weise die Kronen von Buche oder Fichte (Schubert Lärchenbock verursacht technische Holzschäden, da 1998). er wie der Fichtenbock zur Verpuppung einen Haken- gang im Splintholz anlegt. Zwei xylobionte Käferarten an Lärche gelten in Bayern als „ausgestorben oder ver- schollen“. Der Baumschwammkäfer Ennearthron lari- cinum ist eng an den Lärchenschwamm Laricifomes of-

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Literatur Keywords: European larch, fungi, insects, saproxylic beetle Altenkirch, W.; Majunke, C.; Ohnesorge, B. (2002): Waldschutz auf ökologischer Grundlage, Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, Summary: Today’s natural area of the European larch is a 436 S. relic of a once widespread region. This is the reason that Butin, H. (2011): Krankheiten der Wald- und Parkbäume, 4. Auf- larch forests are rich in fungi species and house a rich in- lage, Ulmer Verlag, Stuttgart 320 S. sect fauna. In humid locations again and again, the dis- coloration of the needles can be observed through the Hacker, H. (1998): Schmetterlinge und Sträucher. In: Bayerischer Forstverein (Hrsg.). Sträucher in Wald und Flur, ecomed-Ver- chute fungi. The mycorrhiza of larch differs quite signifi- lag, Landsberg, S. 510 –520. cantly from those of other conifers. On the other hand cor- responds the species composition of wood rotting fungi Jahn, H. (1990): Pilze an Bäumen, 2. Auflage, Patzer Verlag, Ber- largely of pine and spruce. Over 150 saproxylic beetles, in- lin, 272 S. cluding 18 species of bark beetles and 24 longhorn beetles Laux, H.E. (2001): Der große Kosmos Pilzführer, Franckh-Kos- live on the larch. Many of these species are limited due to mos-Verlag, Stuttgart, 720 S. their environmental niche breadth in their occurrence on boreomontane sites and do not follow them into the arti- Mayer, H. (1977): Waldbau auf soziologisch-ökologischer Grund- ficial cultivation. No species is bound monophagous to the lage, Gustav Fischer Verlag, Stuttgart & New York, S. 24–27. larch, all species are also developing on various other coni - Schubert, H. (1998): Untersuchungen zur Arthropodenfauna in ferous. Baumkronen – Ein Vergleich von Natur- und Wirtschaftswäl- dern, W&T-Verlag, Berlin, 154 S.

Durch den Lärchenwald kommend

Durch den Lärchenwald kommend – diese Lärchen, die mich so wehmütig machen, diese Lärchen, die so traurig sind, diese Reise, die so traurig ist.

Am Ende des Lärchenwaldes sehe ich den Weg, den wir hätten nehmen sollen, den Weg, auf dem es nieselt und der Bergwind weht.

Durch den Lärchenwald kommend - diese Lärchen, die so wehmütig sind. Nicht grundlos verlangsamt sich mein Schritt, diese Lärchen wispern in meinem Herzen.

Kitahara Hakushu

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Das Holz der Lärche – Eigenschaften und Verwendung Dietger Grosser und Gabriele Ehmcke

Schlüsselwörter: Lärche, Europäische Lärche (Larix deci- Holzbeschreibung dua Miller), Holzbeschreibung, Holzeigenschaften, Holz- verwendung Mit ihrem ausgeprägten Farbunterschied zwischen Splint- und Kernholz gehört die Lärche wie die Kiefer Zusammenfassung: Beschrieben werden das Holzbild so- und Douglasie zu den Kernholzbäumen (Abbildung 1). wie die Eigenschaften und Verwendungsbereiche der Lär- Der Splint ist von hellgelblicher bis rötlich gelber Far- che (Larix decidua Miller). Als Kernholzbaum liefert die Lär- be. Das Kernholz weist frisch eine leuchtend rote bis che einen schönfarbigen rötlich braunen, an der Luft bis rötlich braune Farbe auf. Unter Lichteinfluss dunkelt es dunkelrot braun nachdunkelnden Farbkern. Mit einer mitt- zu einem intensiven rot braunen bis dunkelrot braunen 3 leren Rohdichte (rN) von 0,60 g/cm liefert sie das schwers- Farbton nach (Abbildung 2). Da die Lärche bereits sehr te und zugleich härteste einheimische Nadelholz (mit Aus- früh–bereits nach acht bis zehn Jahren– verkernt, zeich- nahme der Eibe). Ihrer hohen Rohdichte entsprechend net sie sich durch einen zumeist ausgesprochen schma- weist Lärchenholz gute elasto-mechanische Eigenschaften len Splint aus, der vielfach kaum über 2cm breit ist, bei auf. Zu ihrer hohen Tragfähigkeit gesellt sich eine hohe alten Bäumen aus Hochlagen oft unter 1 cm misst. Bei Witterungsbeständigkeit. Zudem ist sie in hohem Maße der Lärche ist somit eine ungleich größere Fläche des re sistent gegenüber Chemikalien. Auf Grund ihre guten Stammquerschnitts verkernt als bei der Kiefer. Als art- Festigkeitseigenschaften und hohen Witterungsfestigkeit typisches Merkmal besitzt Lärchenholz zahlreiche klei- einerseits sowie ihres dekorativen Aussehens andererseits ne bis bleistiftstarke, schwarze Äste auf. Sie rühren von liefert Lärche sowohl ein hervorragendes, vielseitig einsetz- Zwischenquirlästchen des Stammes her, die als lange bares Bau- und Konstruktionsholz für den Außen- und In- so genannte „Nageläste“ in das Holz einwachsen. nenbereich als auch ein geschätztes Ausstattungsholz. Zu den speziellen Verwendungsbereichen der Lärche gehö- Das gegenüber dem hellfarbigen Frühholz wesentlich ren unter anderen die Herstellung von Schindeln, von Ge- dunklere bis tiefbraune Spätholz ist sowohl an der Jahr- räten für Kinderspielplätze, von Fässern und Bottichen zur ringgrenze als auch innerhalb der Jahrringe – und so- Lagerung und zum Transport von festen Chemikalien und mit beidseitig – scharf vom Frühholz abgesetzt (Abbil- chemischen Lösungen sowie der Bau von Kühltürmen und dungen 3 und 4). Der innerhalb der Jahrringe abrupte Silos. Übergang vom Früh- zum Spätholz stellt ein weiteres kennzeichnendes Merkmal des Lärchenholzes dar. Der ausgeprägte Farbunterschied zwischen Früh- und Spät-

Abbildung 1: Stamm einer Lärche mit relativ schmalem hell- Abbildung 2: Holz der Lärche (Fladerschnitt) farbigem Splintholz und deutlich abgesetztem Farbkern (Foto: R. Rosin, D. Grosser) (Foto: Richter Spielgeräte GmbH)

LWF Wissen 69 65 Das Holz der Lärche – Eigenschaften und Verwendung

Abbildung 3: Lärche, Querschnitt; Abbildung 4: Lärche, Querschnitt; Lupenbild im Maßstab 6 :1 (Foto: R. Rosin, D. Grosser) Mikrobild im Maßstab 25:1 (Foto: D. Grosser)

holz bewirkt auf den Längsflächen eine ausdrucksvol- Eigenschaften le Fladerung (Tangentialschnitt, Abbildung 2) bzw. Streifung (Radialschnitt). Mit einer mittleren Rohdichte von 0.60 g/cm3 bezogen auf 12 bis 15% Holzfeuchte liefert Lärche das schwerste Wie die meisten einheimischen Nadelhölzer aus der Fa- und zugleich härteste Holz unter den einheimischen milie der Pinaceae besitzt auch die Lärche Harzkanäle Nadelhölzern (Tabelle 1). Lediglich das Holz der als (Abbildung 4). Sie sind allerdings wenig auffällig und Holzarten 3] makroskopisch, d. h. mit bloßem Auge nur auf sauber Rohdichte (rN) [g/cm geglätteten Hirnflächen im Spätholz als kleine helle Mittelwert Grenzwerte Punkte erkennbar (Abbildung 3). Auf den Längsflächen Nadelhölzer können sie durch austretendes Harz in Erscheinung tre- Lärche 0,60 0,44–0,85 ten. Die Holzstrahlen sind wie bei allen Nadelhölzern Kiefer 0,52 0,33–0,89 sehr fein und auf den Längsflächen lediglich als nied- rige Spiegel sichtbar, ohne aber das Holzbild in irgend- Douglasie 0,51 0,35–0,771) einer Weise zu beeinflussen. Lärchenholz weist einen Fichte 0,46 0,33–0,68 starken aromatischen harzigen Geruch auf, der selbst Tanne 0,46 0,35–0,75 länger abgetrocknetem Holz eigen ist. Laubhölzer

Gesamtcharakter Eiche 0,71 0,43–0,96 Schmalsplintiges Nadelholz mit rötlich brauner bis Buche 0,71 0,54–0,91 dunkelrot brauner Kernfärbung sowie ausgeprägtem 1) Für amerikanische Herkünfte Frühholz-Spätholz-Kontrast und damit deutlicher Jahr- Tabelle 1: Rohdichte der Lärche im Vergleich zu ausgewähl- ringstruktur. Dekorativ. ten einheimischen Bauhölzern; Werte nach DIN 68364 (Ausgabe 05.2003); Grosser und Teetz 1998; Grosser und Zimmer 1998

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Waldbaum nur äußerst seltenen und unter Naturschutz und Festigkeitswerte sind in Tabelle 3 wiedergegeben. stehenden Eibe ist noch schwerer. Zu berücksichtigen Bei einem durchschnittlichen Volumenschwindmaß ist jedoch, dass das Gewicht in Abhängigkeit von Stand- zwischen 11,4 bis 11,8 % gehört Lärche zu den nur mä- ort und Wuchsbedingungen erheblich variiert. Das ßig schwindenden Holzarten (Tabelle 4). Nach der schwerste Holz wird bei Jahrringen zwischen 1 und 2mm Trocknung zeigt Lärche bei geradfaserigem Wuchs und ausgebildet, da in diesem Breitenbereich der prozentua- nicht zu breiten Jahrringen ein gutes bis befriedigen- le Anteil an dickwandigem Spätholz am größten ist. Mit des Stehvermögen. Allerdings neigt die Lärche stärker Zunahme der Jahrringbreite über 2 mm bzw. Abnahme als Fichte oder Kiefer zu einem das Formverhalten ne- der Jahrringbreite unter 1 mm nehmen die prozentua- gativ beeinflussenden Drehwuchs. Auch bedarf Lär- len Spätholzanteile und damit die Rohdichte ab. chenholz einer sorgfältigen Trocknung, da es stärker als Fichte und Kiefer zu End- und Seitenrissen wie auch Der vergleichsweise hohen Rohdichte entsprechend zum Verwerfen neigt. Wird Lärchenholz natürlich ge- besitzt Lärche ausgesprochen gute Elastizitäts- und Fes- trocknet, ist zu berücksichtigen, dass es verhältnismä- tigkeitswerte, die für fehlerfreie Kleinproben über den ßig langsam abtrocknet, und die Trocknungszeit länger Kennwerten der anderen einheimischen Nadelhölzer als bei anderen Nadelhölzern dauert. liegen (Tabelle 2). Zudem ist Lärchenholz von hoher Zähigkeit. Die in DIN 1052 für die Verwendung im Bau- Lärche lässt sich außer bei stärkerem Drehwuchs, Grob- wesen festgelegten Rechenwerte für die Steifigkeits- ringigkeit und Grobastigkeit mit allen handwerklichen

Holzarten Elastizitäts- Zugfestigkeit Druckfestigkeit Biegefestigkeit Bruchschlag - Härte nach modul aus längs längs σ BB [N/mm2] arbeit Brinell Biegeversuch σ ZB [N/mm2] σ DB [N/mm2] ω [kJ/m2] [N/mm2] E [N/mm2] längs/quer Nadelhölzer Lärche 13.800 107 55 99 60–70 53/19 Kiefer 11.000 100 47 85 40–70 40/19 Douglasie 13.000 105 54 100 38–601) 501)/201) Fichte 11.000 95 45 80 46–50 32/12 Tanne 11.000 95 45 80 42–60 30/16 Laubhölzer Eiche 13.000 110 52 95 60–75 64–66/34–41 Buche 14.000 135 60 120 100 72/34

1) Für amerikanische Herkünfte Tabelle 2: Elastizität, Festigkeit und Härte der Lärche im Vergleich zu ausgewählten einheimischen Bauhölzern Werte nach DIN 68364 (Ausgabe 05.2003); Grosser und Teetz 1998; Grosser und Zimmer 1998

Festigkeitsklasse Nadelhölzer (KI, FI, TA, LÄ, DG) Laubhölzer (EI, BU) (nach DIN 1052) (Sortierklassen nach C16 C24 C30 C35 D30 D35 D40 DIN 4074-1, 4074-5) (S7/C16M) (S10/C24M) (S13/C30M) (C35M) (LS10 [EI]) (LS10 [BU]) (LS10 [BU]) Steifigkeits- und Festigkeitswerte [N/mm2] Elastizitätsmodul 8.000 11.000 12.000 13.000 11.500 14.000 16 000 parallel Biegung parallel 16 24 30 35 30 35 40 Zug parallel 10 14 18 21 18 21 24 Druck parallel 17 21 23 25 23 25 26

Tabelle 3: Rechenwerte für charakteristische Steifigkeits- und Festigkeitswerte für Nadel- und Laubhölzer Werte nach DIN 1052: (Ausgabe 08.2004)

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Holzarten Schwindmaß vom frischen bis zum gedarrten Zustand Differentielles Schwind-/Quellmaß bezogen auf die Abmessungen im frischen Zustand [%] [% /1% Holzfeuchteänderung] β β β β l r t V radial tangential t/r Nadelhölzer Lärche 0,3 3,3 7,8 11,4–11,8 0,14–0,18 0,28–0,36 2,1 Kiefer 0,4 4,0 7,7 12,1–12,4 0,15–0,19 0,25–0,36 1,9 Douglasie 1) 0,3 4,2–4,5 7,4–7,5 11,9 0,15–0,19 0,24–0,31 1,8 Fichte 0,3 3,6 7,8 11,9–12,0 0,15–0,19 0,27–0,36 2,1 Tanne 0,1 3,8 7,6 11,5–11,7 0,12–0,16 0,28–0,35 2,0 Laubhölzer Eiche 0,4 4,0–4,6 7,8–10,0 12,6–15,6 0,15–0,22 0,28–0,35 2,2 Buche 0,3 5,8 11,8 17,5–17,9 0,19–0,22 0,38–0,44 2,1

Tabelle 4: Schwindmaße von Lärche im Vergleich zu 1) Für amerikanische Herkünfte ausgewählten einheimischen Bauhölzern Werte nach DIN 68100 (Ausgabe 7/2010); Grosser und Teetz 1998; Grosser und Zimmer 1998

und maschinellen Werkzeugen gleichermaßen gut be- Eisen-Gerbstoff-Reaktion graue bis blauschwarze Holz- arbeiten. Der relativ hohe Harzgehalt des Holzes führt verfärbungen. Insbesondere in der Außenverwendung allerdings leicht zum Verschmieren der Werkzeuge und kann es auf den Oberflächen zu derartigen störenden Maschinen. Insbesondere beim Sägen kann das Harz Reaktionen in Form fleckiger Verfärbungen kommen. ein Heißwerden und Verlaufen der Sägeblätter verursa- Wird Lärche unter Wasser verwendet, wie z.B. als Roste chen. Ansonsten ist Lärche sauber zu hobeln, gut zu in Schwimmbädern, treten stark wasserverfärbende profilieren und zu bohren. Auch lässt es sich leicht spal- Kernstoffe aus. Lärchenholz ist in hohem Maße bestän- ten sowie problemlos messern. Nagel- und Schraubver- dig gegen Alkalien, insbesondere aber gegen Säuren bindungen sind ohne nennenswerte Schwierigkeiten und ebenso äußerst resistent gegenüber aggressiven zu bewerkstelligen. Bei starken Nägeln und Schrauben Medien. empfiehlt sich ein Vorbohren, um ein Aufplatzen zu ver- meiden. Ebenso bereiten Klebungen allgemein keine Bezüglich seiner natürlichen Dauerhaftigkeit bzw. Wit- Probleme. terungsfestigkeit ist das Kernholz der Lärche allen an- deren einheimischen Nadelhölzern überlegen, auch Lärche ist ein sehr guter Anstrichträger und lässt sich wenn es normativ gleich Kiefer und Douglasie der Dau- gleichermaßen gut lackieren, lasieren, mattieren und erhaftigkeitsklasse 3 bis 4 zugeordnet und damit bei wachsen, aber weniger gut beizen. Allerdings können Erdkontakt (Gebrauchsklasse 4) als mäßig bis wenig Harzgallen und stark verkernte Äste Schwierigkeiten dauerhaft (Dauerhaftigkeitsklasse 4) eingestuft ist (DIN bei der Filmbildung von Lacken hervorrufen wie auch EN 350-2). Unabhängig hiervon kann das Farbkernholz bei Polyestern die Filmausbildung teilweise gestört sein der Lärche entsprechend Holzschutznorm DIN 68800- kann. Für sehr harzreiche Hölzer empfiehlt sich ein 1, Ausgabe Oktober 2011, in den Gebrauchsklassen 2 Aussortieren oder eine Vorbehandlung mit harzlösen- und 3.1 ohne vorbeugenden chemischen Holzschutz den Mitteln, um nach der maltechnischen Behandlung eingesetzt werden. Unter Wasser ist Lärche von sehr Anstrich- und Lackschäden durch austretendes Harz zu langer Haltbarkeit und diesbezüglich dem Eichenholz vermeiden. Dies gilt insbesondere für Holz, das einer durchaus vergleichbar. Sehr resistent ist das Kernholz stärkeren Wärmeeinwirkung ausgesetzt wird. Desglei- auch gegen Holz zerstörende Insekten. Das Splintholz chen sollte dem Beizen ein Entharzen vorgeschaltet ist wie bei allen Nadelhölzern sowohl stark pilzanfällig werden. Lärchenholz ist schwach sauer (pH-Wert: 4,7). (Dauerhaftigkeitsklasse 5) als auch insektenanfällig. Mit einem mittleren Extraktstoffgehalt von 4,5 % ist es Das Splintholz ist mäßig tränkbar (Tränkbarkeitsklasse teilweise chemisch reaktiv. Eisenmetalle werden zwar 2 nach DIN EN 350-2), das Kernholz nur schwer tränk- nur schwach korrodiert, verursachen jedoch um - bar (Tränkbarkeitsklasse 4). gekehrt in Verbindung mit Feuchtigkeit infolge einer

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Verwendungsbereiche

Auf Grund seiner guten Festigkeitseigenschaften und hohen Witterungsfestigkeit einerseits sowie seines de- korativen Aussehens andererseits lässt sich Lärchen- holz gleichermaßen sowohl als Konstruktions- als auch Ausstattungsholz sehr vielseitig verwenden. Zudem ist es wegen seiner großen Zähigkeit und Elastizität sowie hohen Resistenz gegen Chemikalien für eine Reihe von Sonderverwendungen besonders geeignet. Deshalb wird die Lärche auch gerne als „Eiche unter den Nadel- hölzern“ bezeichnet.

Als Bau- und Konstruktionsholz bietet sich Lärche vor allem für hochbeanspruchte Konstruktionen an – im Außenbereich für den Erd-, Brücken- und Wasserbau (Abbildung 5), im Innenbereich für Dachtragwerke,

Abbildung 7a und b: Wohnhäuser aus Holz unter viel - fältiger Verwendung der dauerhaften Lärche unter anderem für die Außenbekleidungen, Balkone, Türen und Tore (Fotos: Robel)

Abbildung 5: In Ingenieurbauweise ausgeführte Holz - brücke in einem Naturschutzgebiet; im Brückenbau gehört Wand- und Deckenkonstruktionen. Im Haus- und Woh- die Lärche auf Grund ihrer großen Tragfähigkeit und hohen nungsbau lässt sich Lärche im Außenbereich vorteil- natürlichen Dauerhaftigkeit zu den bevorzugten Holzarten. (Foto: W. Teetz) haft für Rahmenkonstruktionen, Fassadenelemente, Brüstungen, flächendeckende Bekleidungen von Wän- den, Balkonen, Dachüberständen und Giebeln sowie für Haustüren, Garagentore und Fenster verwenden (Abbildungen 6 bis 8). Darüber hinaus gehört Lärche zu den bevorzugten Holzarten für die Herstellung von Dachschindeln (Abbildung 9). Ein Sprichwort in der Schweiz sagt: „Lärchenschindeln haben keinen Tod“. Im Innenbereich findet sie als Bautischlerholz bzw. de- koratives Ausbau- und Ausstattungsholz Verwendung unter anderen für Treppen, Parkett- und Dielenböden, Decken- und Wandbekleidungen sowie Einbauten. Des- weiteren kommt Lärchenholz als Vollholz und Furnier im Möbelbau zum Einsatz. Insbesondere werden ger- Abbildung 6: Im voralpinen und alpinen Raum mit seinen ne Küchenmöbel, Bauernmöbel bzw. Möbel im alpen- natürlichen Lärchenvorkommen kennt man seit eh und je ländischen Stil, Eckbänke mit zugehörenden Tischen die hervorragende Eignung des Lärchenholzes als Bauholz und dergleichen daraus hergestellt. für Außenwände, Dachkonstruktionen, Bekleidungen, Balkone und dergleichen. (Foto: Archiv Holzforschung München).

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Abbildung 8: Ständer- und Skelettbauweise in Lärchenholz Abbildung 9: Dauerhaft, landschaftsprägend und von ho- (Foto: Archiv Holzforschung München) her Ästhetik: Schindeln aus Lärchenholz (Foto: D. Grosser)

gleichen eignet es sich hervorragend für den Bau von Kühltürmen und im landwirtschaftlichen Bereich von Silos und Stallungen. Wegen seiner hohen Zähigkeit und Elastizität wurden früher die Hauptbalken der Windmühlenflügel vornehmlich aus ausgesuchtem Lär- chenholz hergestellt, wie diese Holzart überhaupt häu- fig im Mühlenbau zum Einsatz kam.

Hervorragend geeignet ist Lärchenholz zur Herstellung von Kinderspielanlagen und -geräten, da bei Verwen- dung des Farbkernholz keine chemischen Holzschutz- maßnahmen erforderlich sind, sofern kein Erdkontakt Abbildung 10: Kletterstruktur auf einem Kinderspielplatz besteht (Abbildung 10). Zu den zahlreichen weiteren aus dem dauerhaften Holz der Lärche – Holzschutzmittel Verwendungsbereichen von Lärchenholz zählen unter überflüssig. Wer mag hier nicht spielen? (Foto: Richter anderen Rammpfähle, Masten, Stangen, Eisenbahn- Spielgeräte GmbH) schwellen sowie der Waggon-, Boots- und Schiffbau. In der Garten-, Park- und Landschaftsgestaltung bietet es sich unter anderen für Lärmschutzwände, Palisaden und Zäune, für Pergolen und Pflanzenbehälter sowie Zu den speziellen Verwendungsbereichen des Lärchen- als Bodenbelag von Terrassen und Wegen in Form von holzes gehört auf Grund seiner hohen Resistenz gegen Rosten, Decks und Holzpflaster an. Letztlich sei er- Chemikalien die Herstellung von Fässern, Bottichen wähnt, dass aus Lärchenholz Drechslerwaren, Haus- und sonstigen Behältern für chemische Lösungen. Des- haltsgegenstände und ähnliches hergestellt werden.

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Literatur

Grosser, D.; Teetz, W. (1998): Loseblattsammlung: Einheimische DIN 68100: Toleranzsystem für Holzbe- und -verarbeitung – Be- Nutzhölzer – Vorkommen, Baum- und Stammform, Holzbe- griffe, Toleranzreihen, Schwind- und Quellmaße. Ausgabe Juli schreibung, Eigenschaften, Verwendung. Blatt 3: Lärche. He- 2010 rausgeber: Holzabsatzfonds – Absatzförderungsfonds der deut- schen Forstwirtschaft, Bonn DIN 68364: Kennwerte von Holzarten. Rohdichte, Elastizitäts- modul und Festigkeiten. Ausgabe Mai 2003 Grosser, D.; Zimmer, B. (1998): Einheimische Nutzhölzer und ih- re Verwendungsmöglichkeiten. Informationsdienst Holz, Schrif- DIN 68800-1: Holzschutz . Teil 1: Allgemeines. Ausgabe Okto- tenreihe „holzbau handbuch“, Reihe 4, Teil 2. Arbeitsgemein- ber 2011 schaft Holz e.V., Düsseldorf; Bund Deutscher Zimmermeister, Bonn; Entwicklungsgemeinschaft Holzbau in der Deutschen DIN EN 350-2: Dauerhaftigkeit von Holz und Holzprodukten – Gesellschaft für Holzforschung e.V., München Natürliche Dauerhaftigkeit von Vollholz – Teil 2: Leitfaden für die natürliche Dauerhaftigkeit und Tränkbarkeit von ausgewähl- DIN 1052: Entwurf, Berechnung und Bemessung von Holzbau- ten Holzarten von besonderer Bedeutung in Europa. Ausgabe werken. Ausgabe August 2004 Oktober 1994

Keywords: Wood of larch, European larch (Larix decidua Miller), description of its wood, properties of its wood, uti- lisation of its wood

Summary: A description is given of the wood texture as well as the properties and uses of larch (Larix decidua Mil- ler). Characterized as a heartwood tree, larch forms colou- red heartwood in lovely reddish brown hues which on ex- posure to air, may turn an even darker reddish brown. With 3 an average density (rN) of 0.60 g/cm larch provides the heaviest and at the same time hardest indigenous conifer - ous wood except for yew. In accordance with its high den- sity larch wood possesses good elasto-mechanical proper- Der höchste Holzturm der Welt ties. Its high load-bearing capability is accompanied by high Von weitem sichtbar ragt der Sender Gleiwitz 118 Me- weathering resistance. Larch is also, to a high degree, re- ter im polnischen Gliwice empor. Aus wetterbeständi- sistant against chemicals. Based, on the one hand, on its gem Lärchenholz errichtet ist er einer der wenigen ver- good strength characteristics and high weathering resist - bliebenen Sendetürme aus Holz und gilt seit 1990 sogar ance and its decorative appearance on the other, larch als der höchste Holzturm der Welt (der Holzsendeturm yields excellent construction and structural timber for ex- Zorawina war mit 140 Metern sogar noch etwas höher, terior and interior uses and is known to be a prized wood wurde aber 1990 abgerissen). Von 1935 an diente er als for furnishings. Special uses for larch include, inter alia, the Rundfunk-Sendeanlage und wird bis heute für verschie- manufacture of shingles, equipment for children’s play- dene Kommunikationssysteme, beispielsweise für den grounds, barrels and drums for the storage and transport Mobilfunk, verwendet. of solid chemicals and chemical solutions as well as the con- 1939 inszenierten Angehörige der SS einen Überfall struction of cooling towers and silos. auf den Sender durch vorgeblich polnische Soldaten, der neben anderen Ereignissen den Nationalsozialisten als vermeintliche Rechtfertigung für den Polenfeldzug diente. Den folgenden 2. Weltkrieg überstand der Sen- der unbeschadet. Heute befindet sich in den Gebäuden des Sendeturms ein Museum für Rundfunkgeschichte und eine Dokumentation über den vorgetäuschten Überfall. (Quelle: www.wikipedia.de, www.radiostacjagliwicka.republika.pl)

LWF Wissen 69 71 Die Sudetenlärche Otto Bauer

Schlüsselwörter: Altvatergebirge, Gesenke, Lärchenkrebs, Das natürliche Verbreitungsgebiet der Europäischen Mähren, Mährisch-Schlesisches Gesenke, Niederes Gesen- Lärche (Larix decidua Mill.) besteht aus mehreren von- ke, Schlesien, Sudeten, Sudetenlärche, Tschechische Repu- einander getrennten Wuchsgebieten mit unterschied- blik lichen ökologischen Bedingungen. Diese regionalen Herkünfte zeigen erhebliche Unterschiede hinsichtlich Zusammenfassung: Die Sudetenlärche gilt neben der Al- der Wuchsleistung, der Stammform und vor allem der pen-, der Tatra- und der Polenlärche als viertes natürliches Resistenz gegenüber dem Lärchenkrebs. Deshalb hat Vorkommen der Europäischen Lärche (Larix decidua Mill.). man das Lärchengebiet in vier voneinander getrennte Ihre Heimat ist das Bergland des Niederen Gesenkes im Teilareale gegliedert (Abbildung 1): Nordosten der Tschechischen Republik. Wegen der gerin- • Alpenlärche: Sie besiedelt ein weites Gebiet von den gen Niederschläge und der trockenen Sommer konnte sich französischen Seealpen über den ganzen Alpen - die Lärche hier gegenüber der Fichte behaupten. Es ent- bogen bis zum Wienerwald. Ihr Vorkommen ist zu- stand eine schmalkronige, geradschaftige und nicht nach dem von erheblichen Höhenunterschieden gekenn- Höhenlagen differenzierte Lärchenrasse, die gegen den zeichnet. Deshalb hat sich hier eine größere Zahl von Lärchenkrebs weitgehend immun ist. Die Verjüngung der Lokalrassen entwickelt. Lärche mit Saatgut aus den Alpen führte häufig zu Misser- • Tatralärche: Ihr im Wesentlichen geschlossenes folgen, vor allem wegen starken Befalls durch den Lärchen- Areal umfasst die Hohe und Niedere Tatra, die Gro- krebs. Das besondere Interesse der Forstwirtschaft wand- ße und die Kleine Fatra und die Liptauer Tatra. te sich deshalb der Sudetenlärche zu. Sie wird heute in • Polenlärche: Hier kommt die Lärche in einem größe- geeigneten Gebieten und Höhenlagen weit über ihr natür- ren Gebiet zwischen Weichsel und Oder vor, meist in liches Verbreitungsgebiet hinaus kultiviert. tiefen Lagen (150–600 m). • Sudetenlärche: Dass kleinste natürliche Vorkommen der Europäischen Lärche liegt im Mährisch-Schle - sischen Gesenke, im Nordosten der Tschechischen Republik.

Alpenlärche Tatralärche Polenlärche Sudentenlärche Einzelvorkommen

Abbildung 1: Die natürlichen Verbreitungsgebiete der europäischen Lärche

72 LWF Wissen 69 Die Sudetenlärche

Geographische Verbreitung Wuchsverhältnisse

Das Gebiet der ursprünglichen Verbreitung der Sude- Die Lärche tritt in der Regel in Einzelmischung mit Fich- tenlärche ist das Mährisch-Schlesische Gesenke, der te, Tanne und Buche auf. Wegen der verhältnismäßig östliche Teil des Gebirgszuges der Sudeten. Es liegt in geringen Niederschläge (der Altvaterstock erzeugt Re- der nordöstlichen Ecke der Tschechischen Republik, genschatten), der trockenen Sommer und der lebhaf- an der Grenze zu Polen und nahe der Grenze zur Slo- ten Winde findet die Fichte, vor allem in den tieferen wakischen Republik. Sein nördlicher Teil, das Altvater- Lagen, keine optimalen Wuchsbedingungen. Sie ist der gebirge, wird als Hohes Gesenke bezeichnet. Dessen lichtbedürftigen Lärche deshalb keine gefährliche Kon- mächtiger Gebirgsstock (bis 1.490 m) fällt nach Südos- kurrentin. Vielmehr ist die Lärche ihr gegenüber auf ten in eine Hochfläche von 400 bis 700 m ab: Das Nie- den meisten Standorten vorwüchsig, besonders in der dere Gesenke, die Heimat der Sudetenlärche (Abbil- Jugend. Durch jahrtausendelange Auslese hat sich ei- dung 2). Dieses Gebiet besteht aus Hügeln, Kuppen ne schmalkronige Lärchenrasse mit sehr schlanken und tief eingeschnittenen Tälern. Im Nordwesten steigt Schaftformen herausgebildet. der Altvaterstock steil an, nach allen anderen Seiten senkt sich die Hochfläche. Im Osten, Nordosten und In höheren Lagen, gegen den Altvater zu, wird die Fich- Norden grenzt das waldarme Übergangsgebiet zur te der Lärche immer stärker überlegen. Die Sudetenlär- Schlesischen Tiefebene an, im Südwesten liegen die che erreicht deshalb kaum Höhenlagen über 800 m. Sie trockene Olmützer Niederung und im Südosten die bildet im Gegensatz zur Alpenlärche keine Höhenras- ebenfalls trockene Mährische Pforte. se aus.

Neustadt Lärchenkrebs Gleiwitz Dem am meisten gefürchteten Schädling der Lärche, Ratibor dem Lärchenkrebs, wurde in der forstlichen Forschung besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Dabei hat sich Troppau gezeigt, dass die verschiedenen Lärchenherkünfte, Mährisch Ostrau auch hinsichtlich der Krebserkrankung, ganz unter- schiedliche Veranlagungen besitzen. Im ursprüng - Verbreitungsgebiet lichen Verbreitungsgebiet der Sudetenlärche tritt der Österreichisch-Schlesien Lärchenkrebs sehr selten auf. „Ich habe an der Sude- tenlärche nur in zwei Fällen jeweils an wenigen etwa Abb. 2: Das Heimatgebiet der Sudetenlärche 30jährigen Lärchenstangen Krebs gefunden; in beiden (Kartengrundlage: Österreichisch Schlesien 1880) Fällen handelte es sich um eng aufgewachsene reine Lärchenhorste, deren Bestandsglieder miteinander in Bedrängnis gekommen waren“, berichtet Rubner.

Standort Bodenständigkeit Die Lärche kommt autochthon vor allem auf der nach Südwesten, Südosten und Nordosten freiliegenden Zahlreiche Unterlagen beweisen, dass die Lärche in Hochfläche vor. Die Böden sind überwiegend durch Schlesien schon in früher Zeit verbreitet war. In einer Verwitterung von Gesteinen des Kulms (Unterkarbon) Urkunde von 1531 wird von „großen und nutzbaren … entstanden, im Oberboden zum Teil vermischt mit ei- Wäldern mit Tannen und Rotlerche“ berichtet (Rubner). ner dünnen Lößlehmdecke. Das Klima ist durch raue Dieser Nachweis und eine ganze Reihe weiterer Unter- Winter, späte und kalte Frühjahre sowie trocken-war- lagen über das Vorkommen von Lärchen im 17. und 18. me Sommer gekennzeichnet, der Herbst ist ziemlich Jahrhundert veranlassen Rubner zu der Feststellung: mild. Die jährlichen Niederschläge liegen bei 700 bis „Schon hieraus ergibt sich die zwingende Notwendig- 800 mm. keit, dass die Lärche in erheblichem Umfang in Schle- sien bodenständig ist, zumal … um 1542 bereits alte Lär- chen vorhanden gewesen sein müssen, die dann

LWF Wissen 69 73 Die Sudetenlärche

mindestens auf das Jahr 1400 zurückgehen, also auf ei- le der heimischen Lärche – vor allem Länge des Hö- ne Zeit, in der kein Mensch auf den Gedanken gekom- hentriebes, Kronenform, Stammform, Zapfenform und men sein kann, gerade nach Schlesien Lärchen etwa geringe Anfälligkeit gegen Lärchenkrebs – auszuschei- aus den Alpen einzuführen.“ Auch die Angaben bei Car- den (Rubner). Durch künstliche Ausbringung ist die Eu- lowitz aus dem Jahr 1713 in seiner Sylvicultura oecono- ropäische Lärche heute über ganz Mitteleuropa und bis mica: „In Schlesien wachsen die Lärchen im Jägerndor- nach Norwegen und Schottland verbreitet. Vor allem fischen Distrikt“, deuten auf Bodenständigkeit. seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert hatte sich in Europa ein blühender privater Handel mit forstlichem Saat- und Pflanzgut entwickelt. Dabei wurde das Saat- Auswahl von geeignetem Vermehrungsgut gut zum großen Teil ohne Rücksicht auf die Herkunft und den vorgesehenen Anbauort bezogen. Noch fehl- Die günstigen Wuchsleistungen der Sudetenlärche und ten wesentliche Kenntnisse über genetische Zusam- die wertvollen Eigenschaften ihres Holzes wurden menhänge und natürliche Rassen. Man erntete den Sa- schon früh geschätzt. So wurden beispielsweise zu Be- men vielmehr dort, wo das am billigsten möglich war. ginn des 18. Jahrhunderts in der Uckermark Lärchen Das Ergebnis waren ungleiche Wuchs- und Wertleistun- gepflanzt, für die das Saatgut nachweislich aus den Su- gen und gesundheitliche Schäden (vor allem Lärchen- deten bezogen worden war. Es entwickelte sich ein aus- krebs) der künstlich verjüngten Bestände. gedehnter Anbau der Sudetenlärche, auch außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsgebietes. Sie hat sich da- Die zunehmende Neigung zur künstlichen Verjüngung bei auf vielen Standorten, insbesondere in Mittel- und der Wälder und die Misserfolge bei der Einbringung Norddeutschland, als leistungs- und widerstandsfähig örtlich ungeeigneten Vermehrungsgutes haben seit erwiesen (vor allem gegen den Lärchenkrebs). Ande- dem Ende des 18. Jahrhunderts immer dringender zu rerseits entstanden auch im Gebiet der autochthonen der Frage geführt, welche Herkünfte sich für welches Sudetenlärche fremdrassige Bestände. Man hat sich be- Waldgebiet und für welche Höhenlage eignen. Zur Klä- müht, fremde Herkünfte anhand bestimmter Merkma- rung dieses für die Begründung gesunder, betriebssi-

Abb. 3: Reproduktion eines handkolorierten Kupferstiches der Lärche (I. D. Reitter und G. F. Abel, Stuttgart 1790)

74 LWF Wissen 69 Die Sudetenlärche

cherer und leistungsfähiger Wälder entscheidenden Keywords: Hrubý Jeseník/Altvatergebirge mountains, low- Problems wurden zahlreiche Provenienzversuche an- lands, larch canker (Lachnellula willkommii), Moravia, Mo- gelegt und genetische Untersuchungen durchgeführt. ravian-Silesian lowlands, Jeseniky lowlands, Silesia, the Su- Dabei hat sich gezeigt, dass zur Sicherung von geeig- deten region, Sudeten larch, Czech Republic. netem forstlichem Vermehrungsgut die Ausscheidung verschiedener Herkunftsgebiete notwendig ist. Heute Summary: The Sudeten larch is considered to be the fourth regelt das Forstvermehrungsgesetz (FoVG) den Handel distinct provenance of European larch (Larix decidua Mill.), mit Samen und Pflanzen; die Forstverwaltungen bieten along with the Alpine larch, Tatra Mountains larch and Pol- den Waldbesitzern Empfehlungen für die Verwendung ish larch. They originate in the mountain landscape of the geeigneter Herkünfte in bestimmten Regionen. Für den Jeseniky lowlands, in the north-east of the Czech Republic. weiten Bereich „West- und süddeutsches Berg- und Hü- Because of low precipitation and the dry summers here, gelland“ wird dabei die Sudetenlärche vorgeschlagen. the larch has been able to assert itself, holding ground against the spruce. The larch race that has emerged here Große Teile des ursprünglichen Verbreitungsgebietes is straight-stemmed with a small crown, not differentiated der Sudetenlärche werden von zusammenhängenden according to altitude, and largely immune to larch canker. Waldflächen geprägt. Die Wälder sind (trotz der star- Larch regeneration using seed from the Alps has often ken Mechanisierung der Waldnutzung in den letzten been unsuccessful, mainly because of their susceptibility to Jahrzehnten) ein wichtiger Arbeitsplatz und eine unent- larch canker. The forestry industry has thus turned its inter - behrliche Einkommensquelle. Zahlreiche Märchen und est to the Sudeten larch. Today it is cultivated in suitable Sagen, in denen der Wald eine entscheidende Rolle areas and altitudes far beyond its natural dissemination spielt, zeugen von der engen emotionalen Bindung der area. Bevölkerung an die heimatlichen Wälder.

Literatur

Bürgi, F. K. A. (1987): Untersuchung zur Wahl der geeigneten Lerche hin – Lärche her Provenienzen und Standorte für den Anbau der Lärche außer- halb des natürlichen Verbreitungsgebietes in der Schweiz. Dis- sertation. Zürich Auf einem Baum nah bei der Lichtung,

Carlowitz, H. C. v. (1713): Sylvicultura oeconomica. Anweisung da wohnte einst ein Lerchenpaar, zur wilden Baum-Zucht und ganz egal, aus welcher Richtung

Krauß, G.; Riedel, F. (1936): Beitrag zur Kenntnis des Heimatge- man dort von ihrem Baum aus sah: bietes der Sudetenlärche. Mit großformatiger Karte: Holzarten- übersicht des Heimatgebietes der Sudetenlärche. Sudetendeut- sche Forst- und Jagdzeitung, Nr. 5 Allüberall ringsum nur Lärchen in ihrem schönsten Nadelkleid. Mayer, J. (1989): Taxometrisch-genetische Untersuchungen zur Differenzierung der europäischen Lärche (Larix decidua Mill.). Es schien fast wie ein Wintermärchen, Dissertation. München denn gerade hatte es geschneit.

Polle, A. (2012): Botanischer Garten und Pflanzengeographi- sches Arboretum der Universität Göttingen. www.uni-goettin- Jetzt wollt Ihr sicher von mir wissen, gen.de, aufgerufen am 12.07.2012 wer auf den andren Lärchen war? Rubner, K. (1943): Das Areal der Sudetenlärche. Tharandter Die Antwort sollt Ihr hier nicht missen: Forstliches Jahrbuch, 94. Band, S.1–99. Berlin Auf jedem Baum ein Lerchenpaar! Rubner, K.; Svoboda, P. (1944): Untersuchungen an Lärchenzap- fen verschiedener Herkunft. Intersilva, IV. Jahrgang, Nr. 2, S.121–146. München Lizzy Tewordt

LWF Wissen 69 75 Von zartgrün bis goldfarben Walter Schulz

Die Europäische Lärche ist der Baum des Jahres 2012. Pause, ein Blick über das sonnendurchflutete Tal nach Forstlich spielt sie in Deutschland eine sehr untergeord- Süden und wieder zurück nach oben, Richtung Ziel: nete Rolle, doch es gibt gute Gründe, sie in Parks und Hier fehlt doch was, denkt sich da der aufmerksame größeren Gärten mit anzupflanzen. Ihre weichen, hell- Wanderer. Richtig: Hier stehen nur Fichten, keine ein- grünen Nadeln im Frühjahr, ihr strahlendes Grün im zige Zirbe, keine einzige Lärche. Und auf der anderen Sommer und das strahlende Goldgelb im Herbst sor- Seite der Trisanna, am Gegenhang kaum zwei Kilome- gen für einen besonderen Reiz. ter Luftlinie entfernt, werden die Fichten nach oben von Zirben und Lärchen abgelöst. Wenn im Sommer und Herbst die Skilifte auf der Tiro- ler Seite des Arlbergs ruhen und sich das im Winter Tatsächlich ist der Trisanna-Bach hier mehr als ein rau- dröhnende St. Anton in einen ruhigen Tourismusort für schender Gebirgsbach, er markiert eine ganz wesentli- Wanderer verwandelt hat, führen Wanderwege auf den che natürliche Grenze: Nach Norden hin türmen sich Hängen nördlich des ostwärts in Richtung Inn fließen- die aus Kalkstein bestehenden Lechtaler Alpen, nach den Trisanna-Baches durch Fichtenwälder und Lat- Süden die aus Granit und Gneis bestehenden Zentral- schenfelder hinauf auf Almen zu den Gipfeln von Gal- alpen. Und mehr noch: Hier verläuft auch eine klimati- zig und Valluga in die Lechtaler Alpen. Klare Bergluft, sche Grenze. Die nördlichen Kalkalpen sind durch ein Fichten, die sich mit ihren Wurzeln um riesige Felsvor- feucht-kaltes Klima gekennzeichnet, in den Zentralal- sprünge im Steilhang klammern, am sonnigen Früh- pen herrscht ein weit trockeneres Klima, die obere sommermorgen ein Gezwitscher von Vögeln im damp- Waldgrenze liegt hier mehrere 100 Meter höher als in fenden alpinen Bergwald. den Nordalpen. Und die Baumartenzusammensetzung an der Waldgrenze ist hier sichtbar anders. Sie wird nicht von der Fichte wie im Norden, sondern von der Zirbe und dem Baum des Jahres 2012, der Europäi- schen Lärche, gebildet. Das Kuratorium Baum des Jah- Der zentralalpine Lär chen- res hat diesem Nadelbaum für das Jahr 2012 diesen Ti- Zirben-Mischwald ist tel verliehen. der Lebensraum von über 30 Vogelarten, z. B. dem Birkenzeisig. Die Region der oberen Waldgrenze der Zentralalpen ist (Foto: A. Murphy, die Heimat der Lärche. Hier gehört sie, umgangssprach- birdimagency.com) lich ausgedrückt, hin. In den Nordalpen wird sie gele- gentlich angepflanzt, leidet aber unter den hier meist weit höheren Schneelasten, die zu häufigem Wipfel- bruch führen.

Vogelarten im Lärchenwald

Die Lärchenwälder der Zentralalpen sind bei vielen Vo- gelarten beliebt. Dieser Wald beherbergt etwa gleich viele Arten wie der Tannen-Buchenwald – circa 32 – die Lärchenwälder werden von Vögeln also dichter besie- delt als andere Nadelwälder. Häufigste Art ist der Buch- fink mit rund zwölf Brutpaaren je zehn Hektar, manch- mal auch mehr. Besonders charakteristische Arten sind der Baumpieper mit vier bis sechs Paaren je zehn Hek-

76 LWF Wissen 69 Von zartgrün bis goldfarben

tar, der Zitronenzeisig mit zwei bis acht Brutpaaren je zehn Hektar, der Birkenzeisig mit ebenfalls zwei bis acht Brutpaaren je zehn Hektar, die Ringdrossel mit cir- ca zwei Brutpaaren je zehn Hektar, der Berglaubsänger mit ein bis zwei Brutpaaren je zehn Hektar und der Fichtenkreuzschnabel.

Regelmäßig vorkommende Brutvögel sind Buntspecht, Zaunkönig, Heckenbraunelle, Rotkehlchen, Misteldros- sel, Singdrossel, Weidenmeise, Haubenmeise, Tannen- meise, Kleiber und Waldbaumläufer. Bemerkenswert ist, dass der Gartenrotschwanz in Lärchenwäldern noch etwa die gleiche Dichte erreicht wie vor 50 bis 60 Jahren, während er im Kulturland der Niederungen sehr stark zurückgegangen ist. Das gilt auch für den Kuckuck. Der von Lärchen dominier- te Bergwald beherbergt Da Lärchenwälder vor allem an südexponierten Hän- deutlich mehr Vogelarten als sonstige Nadelwälder, gen vorkommen (an Nordhängen sind Fichte und Ar- unter anderem den Baum- ve beigemischt oder dominierend), erreicht der Wen- pieper. (Foto: C. Romeiks, dehals hier seine obere vertikale Verbreitungsgrenze. birdimagency.com )

Wenn die Kraut- und Strauchschicht hier oben schnee- bedeckt sind, bilden Lärchentriebe die Hauptnahrung Temperaturen von minus 40 Grad Celsius können der des Birkhuhns. Sie nehmen sie lieber auf als Kiefern- Lärche ebenso wenig anhaben wie hochsommerliche und Fichtennadeln, die erst beim Fehlen der Lärche im Hitze und Trockenperioden. Die Lärche liebt viel Luft- Winter zur Hauptnahrung werden. bewegung und Bedingungen, die eine hohe Transpira- tion erlauben. Talnahe Lagen mit wenig Windbewe- Zeitweise sind Lärchen wegen ihrer Läuse beliebte gung, relativ hoher Luftfeuchtigkeit und häufigen Nahrungslieferanten. Die Sitkafichtenlaus und andere Nebeltagen sagen ihr nicht zu. Lausarten, stellen für die Lärche keine ernsthafte Be- drohung dar. Lärchenblasenfuß, Lärchenminiermotten, Bemerkenswert an der Lärche ist, dass sie im Gegen- Schmierläuse, Wollläuse treten auf, bedrohen vitale Lär- satz zu Fichte, Tanne und den Kiefernarten im Herbst chen aber kaum. Sie sind jedoch beliebte Nahrungslie- ihre Nadeln abwirft. Während der Wochen vor dem Ab- feranten etwa für den Stieglitz oder auch den Fichten- wurf verleihen die Lärchen den Bergwäldern mit der kreuzschnabel. dann goldenen Färbung ihrer Nadeln ihren unverwech- selbaren Reiz. Im Bergwald brüten zudem Sperber und Habicht. Der Habicht nutzt gerne die sehr biegsamen jungen Zwei- Die Lärche ist einhäusig. Das bedeutet, dass ein Baum ge der Lärche mit ihren knotenartigen Verdickungen sowohl weibliche als auch männliche Blüten – und als Baumaterial für seinen Horst. zwar getrennt voneinander – trägt. Die eingeschlecht- lichen Blüten erscheinen noch vor den Nadeln an den mindestens zweijährigen Kurz- oder an dreijährigen Wissenswertes über die Lärche Langtrieben. Blütezeit ist zwischen März und Mai. Die männlichen Blüten sind eiförmig, fünf bis zehn Millime- Die Europäische Lärche kann bei besonders günstigen ter lang, schwefelgelb. Sie wachsen an unbenadelten Standortbedingungen bis zu 45 Meter hoch werden und Kurztrieben. Die weiblichen Blüten, die meist an drei- einen Stammdurchmesser von bis zu 1,5 Meter erreichen. jährigen benadelten Kurztrieben aufrecht stehen, sind Die in der Jugend regelmäßig schlank-kegelförmige Kro- etwa 10 bis 20 Millimeter lang, rosa- bis dunkelrot ge- ne wird im Alter breit bis abgeflacht. Vom üblicherweise färbt, grün im Herbst. geraden, durchgehenden Stamm sind die waagrecht ab- stehenden Äste locker und fast quirlig angeordnet.

LWF Wissen 69 77 Von zartgrün bis goldfarben

Aufrecht stehend, hellbraun, eiförmig 1,5 bis 6 Zentime- Fenstern. Lärchenholz mit Herkunft in tieferen Lagen ter lang und 1,5 bis 2 Zentimeter breit präsentieren sich ist schwerer und härter. Es wird etwa im Boots-, Was- die Früchte der Lärche. Die rundlich, locker liegenden ser-, Brücken-, Haus-, Gruben- und Erdbau eingesetzt. Samenschuppen weisen feine Streifenmuster auf und Bestimmte Inhaltsstoffe der Lärchenborke, sogenannte besitzen eine bräunliche Behaarung. Die Samen reifen Tannine, eignen sich dafür, um Leder sehr dunkel zu im Jahr nach der Zapfenbildung. Sie sind dreieckig, vier färben. Andere Lärchenextrakte lassen sich als pflanz- Millimeter lang und mit Flügeln verwachsen. Zwar ver- liche Heilmittel für die Bekämpfung von Hautleiden blassen die Zapfen nach dem Ausfliegen der Samen, oder Verdauungsproblemen einsetzen. sie fallen jedoch erst nach etwa zehn Jahren mit dem Zweig zu Boden. Wanderung empfohlen Die Borke der Lärche ist in ihrem Jugendalter glatt und wird dick, tief rot gefurcht und grau-braun. Das Lärchen- Eine Wanderung bei erwachendem Tag durch den zen- holz ist ein wertvoller Werkstoff. Die Eigenschaften hän- tralalpinen Bergwald im Frühling durch die Vegetati- gen mit vom Wuchsort ab. Das spezifische Gewicht onszonen hoch zur von der Zirbe und Lärche gebilde- schwankt zwischen 0,45 bis 0,65 Tonnen pro Kubikme- ten Waldgrenze ist für Vogelbeobachter sehr reizvoll. ter. Das liegt an den je nach Wuchsgebiet teilweise sehr Vielleicht zeigt sich dort sogar die vor allem durch ih- unterschiedlichen Jahrringbreiten. Wegen der unter- ren „herben“ Gesang bekannte, aber nicht leicht zu be- schiedlichen Holzeigenschaften in Abhängigkeit vom obachtende Ringdrossel. Mit Sicherheit wird dieser Standort, bietet das Lärchenholz verschiedenste Ver- Wald vor schroffen Gipfeln alle Sinne berühren. wendungsmöglichkeiten. Lärchenholz alpiner Herkünf- te ist relativ leicht und weich. Es eignet sich besonders gut für Holzverkleidungen und Schreinerware. Benutzt Nachdruck: Vögel, Heft 03/2012 Ausgabe 26, wird es zudem im Innenausbau für die Herstellung von Walter Schulz, dwj Verlag, Blaufelden Treppen, Geländern, Balkonen, Decken, Türen und

Abbildung 3: Zitronengirlitz (Foto: R. Martin, birdimagency.com)

78 LWF Wissen 69 Vom Lärchenharz zum Terpentin bis Lärchenöl Norbert Lagoni

Schlüsselwörter: Larix decidua Mill., Harzung, Bohrverfah- kunde. Dickflüssige Harze dienten auch zur Abdich- ren, Terpentin, Lärchenöl, Inhaltsstoffe, Volksheilkunde, tung von Holzfässern und zum Kalfatern im Boots- und Terebinthina medicinale Schiffsbau. Venedig war bis zum späten 19. Jahrhundert wichtigster Handelsort für Lärchenbalsam. Von dort Zusammenfassung: Vorranging in den Alpen (Österreich, wurden große Teile des Mittelmeerraumes mit Lärchen- Schweiz, Norditalien) wird Harz von der Lärche gewonnen. harz versorgt. Venedig war das Zentrum des Harzhandels. Traditionell wurde Terpentin in der Volks- und Tiermedizin angewen- det. Hochgereinigtes Lärchenöl wird heute in Lacken und Lärchenharzgewinnung heute Klebstoffen eingesetzt. Kolofonium dient als Geigenbo- genharz. Hautsalben und Lotionen mit Lärchenöl sind bei Ideal für eine wirtschaftliche Harzgewinnung sind ge- Hauterkrankungen anwendbar. schlossene Lärchenbestände. Als optimale Höhenlage haben sich 800 bis 1.200 m ü.NN. erwiesen. Ertragrei- che Spenderbäume zeichnen sich durch Wuchsfreudig- keit und eine starke Bekronung aus. Bei Bäumen im Al- Die zur Familie der Kieferngewächse (Pinaceae) gehö- ter von 80–120 Jahren ist die Harzgewinnung am rige Gemeine Lärche (Larix decidua Mill.) genießt als ergiebigsten. Etwa 10–15 Jahre nach Anbohrung ver- wertvoller Waldbaum wegen seiner besonderen Holz- siegt der Harzfluss allmählich. Im Gegensatz zur Har- qualität aber auch als Harz spendender Baum hohe Wertschätzung. Dieser besonders winterharte Baum ist in Gebirgen und subarktischen Gebieten der nördli- chen Hemisphäre weit verbreitet. Europäische Lärchen (Larix europaea) sind in den Höhenlagen der Alpen, Sudeten und Karpaten oft bis hinauf zur Baumgrenze häufig vertreten. Die einhäusige Lärche wird vorwie- gend in der Steiermark, Tirol, in Norditalien (Südtirol) und in Teilen der Schweiz (Wallis) sowie in den franzö- sischen Alpen angepflanzt.

Tradition der Harzung

Neben dem besonders geschätzten Lärchenstamm- holz, das traditionell wegen seiner Witterungsbestän- digkeit, seiner gefälligen Maserung und der typisch braunroten Farbe seit Jahrhunderten vielfältig verwen- det wird, hat sich mit der Harzung eine Nebennut- zungsform entwickelt. Die Gewinnung des Lärchenhar- zes in den Harzungsgebieten Kärntens, Südtirols und dem Südwesten der Schweiz hat lange Tradition. Mittel- alterliche Dokumente (Klosterrezepturen) zeugen von der Bedeutung dieses Baumbalsams sowie der vielfäl- tigen Verwendung in der Volksmedizin und Tierheil- Abbildung 1: Entnahme des Lärchenharzes (Foto: Schusser)

LWF Wissen 69 79 Vom Lärchenharz zum Terpentin bis Lärchenöl

zung anderer Koniferen (Kiefer) werden am Lärchen- Vom Lärchenharz zum Terpentin stamm keine Flächenschnitte in das Splintholz einge- bracht. Das sogenannte „Pechen“ erfolgt bei Lärchen Terebinthina laricina (syn. Terebinthinae laricis, Tere- heute nach dem „Tiroler Bohrverfahren“. Mittels einer binthina veneta), auch als Venetianer Terpentin be- 10 kg schweren Motorbohrgarnitur bringt der Harzer zeichnet, wird aus frischem Harzbalsam der Stamm- („Pechzieher“) im Frühjahr die Bohrung, möglichst pflanze Larix decidua Mill. gewonnen. Lärchenharz ist südseitig, am Fuß des Stammes an. Optimal erfolgt die- ein Vielstoffgemisch mit besonderen Eigenschaften, die se in die äußerlich am Stamm befindlichen verharzten Kristallisierung der Harzsäuren unter Sauerstoffeinfluss Rindenrisse. Die Bohrung verläuft schräg abwärts ist im Vergleich mit Harzen anderer Koniferen (Kiefer durch den Stammmittelpunkt in Richtung Hauptwurzel. u.a.) gering. Die Farbechtheit ist stabil. So entsteht ein etwa 50–80 cm langer Bohrkanal mit ei- nem Durchmesser von etwa 30 mm. Unter günstigen Das natürliche Lärchenharz wird gereinigt, mehrfach Bedingungen kann ein versierter Harzer bis zu 200 filtriert, leicht erwärmt und durch Dekantieren in Lär- Stämme pro Tag anbohren. Der Bohrkanal dient als chenterpentin überführt. Terpentin ist eine klare, gelb- Sammelraum für das sezernierte Harz. Die Bohröffnung lichgrüne, schwach viskose Flüssigkeit mit feinem aro- wird mit einem vorbereiteten Stopfen aus Lärchenholz matischen Geruch. Der Geschmack ist balsamisch. Die sorgfältig verschlossen, dieser wird erst vor der Harz - Nutzbarmachung und Verwendung des Terpentins entnahme entfernt. Die Entnahme aus dem angefüllten beruht auf der Vielfalt seiner Inhaltsstoffe. Natives Bohrkanal erfolgt mit einem rinnenförmigen, abgerun- Lärchenterpentin enthält 15–20% ätherische Öle, etwa deten, metallischen „Harzlöffel“ durch mehrmaliges 50–65% unterschiedliche Harzsäuren (Diterpensäu- Drehen und Überführung des Erntegutes in den mitge- ren), Bitter- und Farbstoffe sowie Wasser. Die Lagerung führten Sammeleimer. Da der Bohrkanal regulär nicht des Terpentins erfolgt gut verschlossen und vor Licht verstopft (geringe Kristallisierung der Harzsäuren), geschützt. Durch Weiterverarbeitung mittels Wasser- kann dieser während der gesamten Harzungsperiode dampfdestillation kann Terpentin in 17–25% gereinigtes genutzt werden. Von einem Spenderbaum können, je Terpentinöl (Oleum Terebinthinae) sowie etwa 75–83% nach Region, etwa 200–370 g Harz pro Erntejahr (Mai Kolofonium getrennt werden. Kolofonium, benannt bis September) gewonnen werden. Die Harzausbeute nach der altgriechischen Stadt Kolophon, findet Einsatz ist in den ersten Jahren nach Bohrung am ertragreich - in der chemischen Industrie sowie weltweit in halb - sten. In Südtirol wird bei planmäßiger und sorgfältiger fester Form als Geigenbogenharz. Durchführung der Harzungsarbeiten etwa 10–15 Jahre, ohne nachteilige Folgen für den Baum, geerntet. Terebinthina laricina in Industrie, Technik, Handwerk und Malerei

Hochwertige Terpentinöle (Oleum Terebinthinae) die- nen der Lack- und Klebstoffindustrie zur Herstellung elastischer Schutzlacke. In der Optikindustrie werden hochtransparente Terpentinöle unter anderem zum Kit- ten und Verkleben von Linsen verwendet. Kosmetik- und Riechstoffhersteller bedienen sich gern hocharoma - tischer Terpentinöle. Das Malerhandwerk setzt traditio- nell die farblosen, schnell trocknenden Öle vielfach ein. Seit Jahrhunderten reichern Künstler ihre Firnisse (Deck-, Siegellacke) individuell mit Terpentinölen an. Abbildung 2: Lärchen-Rohharz (Foto: Schusser)

80 LWF Wissen 69 Vom Lärchenharz zum Terpentin bis Lärchenöl

Lärchenterpentinöl in der Volksheilkunde Literatur

In der Volksheilkunde wurden Terpentinöle erfahrungs- Berger, F. (1964): Handbuch der Drogenkunde. W. Maudrich heilkundlich angewendet. Das gelbliche, klare, leicht Verlag, Wien, Bd. VI, S.50–54 zähflüssige Öl diente äußerlich zur Behandlung von Hager et al. (1994): Hagers Enzyklopädie der Arzneistoffe und Abszessen, Furunkeln, Ekzemen und Geschwüren. Als Drogen. 6. Auflage, Bd. 9, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft Heilmittel wurden Öle wegen ihrer schmerzlindernden mbH, Stuttgart, S.521–526 und harntreibenden Eigenschaften bei Nervenschmer- Fischer-Rizzi, S. (2007): Blätter von Bäumen. 8.Auflage, AT-Ver- zen (Hexenschuss), Podagra (Gicht), Mund- und Zahn- lag Baden und München, S.117–120 fleischentzündungen sowie bei Erkrankungen der Luft- wege (Bronchitis, Katarrh) eingenommen. Die äußere Strassmann, R. A. (2001): Baumkunde. AT-Verlag Aron/CH., Drogenanwendung beruht auf einer antiseptischen 3.Auflage, S.171–177 sowie stark durchblutungsfördernden Wirkung im Be- Meyers großes Konversations-Lexikon (1908), Bibliographisches reich der behandelten Körperregion. Mit erheblicher Institut (Hrsg.): Bd. 13/19, S. 194–196 lokaler Reizwirkung und Auslösung allergischer Haut- reaktionen war allerdings stets zu rechnen. Plischke, R. (2002): Heilkraft der Bäume. 1 Auflage, Fachbuch- verlag Dr. Framd GmbH, Mainz, S.140–143

Schütt et al. (1992): Lexikon der Baum und Straucharten. Nikol Terebinthina medicinale heute Verlagsgesellschaft mbH, Weinheim, S.258–262

Die traditionelle innerliche Heilanwendung von Terpen- tinölen ist in heutiger Zeit wegen der häufig auftreten- Keywords: Larix decidua Mill., resin extractions at , den unerwünschten Wirkungen obsolet. Hochgereinig- drilling machine, turpentine, turpentine oil, contents, tradi- tes Terpentinöl wird heute ausschließlich zu Präparaten tional use, Terebinthina medicinal für die äußerliche Anwendung wie Hautsalben, Gele, Lotionen, Terpentinpflaster, Badezusätze (Lärchenöl - Summary: In the alpine countries Austria, Switzerland and bäder) und „Pechseifen“ verarbeitet. Sie dienen der South Tyrol resin of larch will be extracted. Venice was the Schmerzlinderung und Anregung der lokalen Wund - centre of the resin trade. Turpentine was traditional used heilung. Einreibungen mit Lärchenölsalben, Gelen oder in folk medicine and veterinary medicine. Highly purified Emulsionen können bei Furunkeln, Ekzemen, Abszes- larch oil will be used in production of varnish and glue pro- sen, Schuppenflechte (Psoriasis) und bei rheuma- ducts. Colophony is used worldwide as violin bow rosin. tischen sowie neuralgischen Beschwerden zur Stimu- Modern ointments and lotions containing larch oil are used lation der Abwehrkräfte sinnvoll sein. Unterschiedliche in treating skin diseases. Mengenanteile an Lärchenölen befinden sich auch in Massage- und Duftlampenölen.

Lärchenharz und Terpentinöl in der Tierheilkunde

Traditionell haben Bauern und Schäfer in abgelegenen Alpenregionen angetrocknetes Lärchenharz vom Stamm gesammelt und nach leichter Erwärmung lokal auf die entzündeten, eitrigen Klauen ihrer Schafe und Ziegen aufgetragen. In der heutigen Veterinärmedizin ist der Einsatz terpentinhaltiger Salben und Öle zur Des- infektion und Durchblutungsförderung bei oberflächli- chen Schrunden und Hautrissen sowie in der Huf- und Klauenpflege nicht selten.

LWF Wissen 69 81 Urlärchen – aus der Römerzeit? Hubert Rößner

Schlüsselwörter: Urlärchen, Südtirol, Ultental, Dendro- Heute stehen noch drei „Urlärchen“ am Hang gleich chronologie, Altersbestimmung oberhalb der Außerlahnhöfe auf 1.450 m Höhe im Ul- tental. Noch um 1900 sollen es neun gewesen sein, als Zusammenfassung: Im Südtiroler Ultental stehen einige Lawinenschutz von alters her streng gehütet. Warum so besonders alte Lärchen. Vor 80 Jahren wollte ein Südtiro - viele dann verschwanden, ist nicht geklärt. Die stärkste ler Arzt an einer vom Sturm geworfenen Lärche über 2.000 der Überlebenden hatte im Sommer 2011 einen Umfang Jahrringe gezählt haben. Stammen die heute noch stehen- von etwa 8,5 m und 34,5 m Höhe. Der Gipfel fehlt aller - den Lärchen tatsächlich aus der Zeit um Christi Geburt? dings, sie war sicher früher noch um einiges höher. Ein Auch wenn dendrochronologische Untersuchungen dieses riesiger "Kropf" wölbt sich in 2– 4 m Höhe aus dem imposante Alter nicht bestätigen konnten, so ergaben die Stamm heraus. Jahrringauswertungen dennoch, dass die Ultentaler Urlär- chen durchaus als altehrwürdige Methusalems bezeichnet werden dürfen. 2000 Jahre alte Lärchen? Vertrauen ist gut – Kontrolle ist besser

Die Nachbarin gleich daneben mit 7 m Umfang erreicht Methusalems aus der Römerzeit? eine Baumhöhe von 36,5 m. Der Gipfel fehlt auch bei ihr, und die obersten 12 m ragen kahl und dürr zum Der Südtiroler Arzt Dr. Padöller hat sie 1930 gezählt, die Himmel. An diesem Baum hat man 2002 in 6,5 m Höhe Jahrringe der vom Sturm gefällten alten Lärche bei mit einem Zuwachsbohrer Bohrkerne entnommen und St. Gertraud im hinteren Ultental, südwestlich von Me- daraus durch Rückrechnung und Vergleich mit jün- ran. Pater (2007) nennt einen Umfang von 7,80 m, aber geren benachbarten Lärchen das Alter möglichst gewis- keine Höhe. Neun Brunnentröge habe man daraus senhaft geschätzt (Lösch und Oberhuber 2005). Eine geschnitten. Einem Mediziner muss man ja eigentlich präzise Berechnung ist ja nicht möglich, da der zutrauen, dass er genau beobachtet und gewissenhaft Hohlbohrer nur etwa gut die Hälfte des Weges bis zum berichtet: 2.015 Ringe habe er gefunden, die Lärche Kern des Baumes eindringen kann. Es ergab sich ein wäre also zur Zeit von Kaiser Augustus und Jesus von Alter von 750 bis 950, wahrscheinlich um die 850 Jahre Nazareth als junges Bäumchen herangewachsen! – etwa die Zeit des Stauferkaisers Friedrich I. „Bar- barossa“ (*1122; †1190). Die dritte Lärche ist wesentlich schwächer und schon vor langem gebrochen; ihr in- zwischen nachgewachsener Ersatzgipfel hat gerade mal 22,5 m Höhe erreicht.

Nahebei zieht sich ein Seitental nach Süden zur Pichl- Alm „im Klapfberg“. Dort stehen hoch oben in 2.100 m Höhe zwei weitere sehr alte Lärchen mit einem Umfang von rund vier Metern und Höhen von 23 und 26 m. Auch hier sind beide Gipfel dürr und gebrochen. Der Stammdurchmesser beträgt etwa 1,2 m. An den 30 cm langen Bohrkernen konnten 526 bzw. 543 Jahrringe gezählt werden; der innere Stammbereich mit circa Abbildung 1: Eine der drei circa 850 Jahre alten Urlärchen 25 cm bis zur Markröhre ist also auch hier nicht erfasst. im Ultental; besonders auffällig ist die gewaltige Be dingt durch die Höhenlage und die ungünstigere Wucherung, die sich in etwa 3 m Höhe als riesiger Witterung sind diese Bäume langsamer gewachsen als "Kropf" aus dem Stamm herauswölbt. (Foto: H. Rößner)

82 LWF Wissen 69 Urlärchen – aus der Römerzeit?

ihre Schwestern 600 m tiefer unten im Tal; ihr Alter wird blick; andächtig und ehrfürchtig werden wir angesichts mit 700 bis 1.000, also gemittelt ebenfalls etwa 850 ihrer Größe und ihres Alters. Ihr helles Maiengrün im Jahren, angenommen. Angesichts dieser Daten muss Frühjahr entzückt ebenso wie ihr herbstlich brennen- man allerdings die Angaben des Dr. Padöller aus dem des, intensives Orangerot im Oktober. Jeder, der sich Jahre 1930 doch mit großem Misstrauen betrachten. nur ein wenig für alte Bäume interessiert, sollte sie ein- mal im Leben gesehen und bewundert haben.

Wer die Ultner Urlärchen besuchen will, sollte be- denken, dass sie zwischen Ende Oktober und Februar immerzu voll im Schatten stehen – die vorgelagerten hohen Berge halten jeden Sonnenstrahl ab. Sie gehören schon zum Vorfeld des über 3.700 m hohen, verglet - scherten Ortler-Massivs.

Nicht ganz so bequem zu erreichen sind die Lärchen hoch oben bei der Pichl-Alm. Sie erfordern einen gut zweistündigen Aufstieg. Die beiden Lärchen stehen im lockeren Fichten-Lärchen-Wald etwa 100 m über der Alm.

Literatur

Lobis, V. (2002): Die Urlärchen im Ultental. In „Der Schlern“ 76/12, S. 4–11

Lösch, B.; Oberhuber, W. (2005): Das Alter der "Ultner Urlärchen" und der Lärchen oberhalb der Pichl-Alm im Klapfberg. In „Der Schlern“ 79/3, S. 26–37

Pakenham, T. (2003): Bäume. Die 60 größten und ältesten Bäume der Welt. Christian-Verlag, München, 192 S Abbildung 2: Die stärkste der Ultentaler Urlärchen hat . einen Umfang von etwa 8,5 m. Daraus ergibt sich ein Pater, J. (2007): Europas alte Bäume. Franckh-Kosmos-Verlag, Durchmesser von circa 2,7 Metern. (Foto: H. Rößner) Stuttgart, 192 S.

Die Ultentaler Urlärchen – immer einen Keywords: Ancient larches, South Tyrol, Val d’Ultimo/Ul- Besuch wert tental valley, dendrochronology, age determination

Vom Ort Lana bei Meran führt eine Bergstraße zunächst Summary: The Val d’Ultimo/Ultental valley in South Tyrol steil aufwärts, später eher gemütlich rund 30 km durch is home to some particularly ancient larches. Eighty years das freundliche Gebirgstal, vorbei an einem lang - ago, a South Tyrolean doctor claimed to have counted gestreckten Stausee, bis kurz vor dem Dörfchen more than 2.000 annual rings on a larch tree that had fall- St. Gertraud. Überall in den weiten Berghängen sieht en in a storm. Do these larches that still stand today really man reichlich Lärchen. Besonders im Frühjahr und im date back as far as the birth of Christ? Dendrochronologi - Herbst sind sie auf Grund ihrer auffallenden Färbung cal investigations may not have been able to confirm this gut von den Fichten zu unterscheiden. Die drei gewal - majestic age, but the analysis of their annual rings certain- tigen Urlärchen erreicht man recht bequem mit dem ly gives us grounds to describe the ancient Ultental valley Auto, nur gut 100 m geht es auf mäßig steilem Bergpfad larches as “vintage Methuselahs”. vom zünftigen Brotzeit-Stüberl zu Fuß hinauf. Die im- posanten Gestalten bieten einen unvergesslichen An-

LWF Wissen 69 83 Die Lärche, Larix europaea Decandolle aus: E. A. Roßmäßler, Der Wald, 1863

... Obgleich die Lärche als Art zu der alten Linné’schen Gattung Pinus gehört, so zeigt sie doch in mehreren Punkten so auffallende Verschiedenheit, daß man sie als eine selbstständige Gattung unterscheiden darf. Die männlichen Kätzchen und die weiblichen Blüthenzäpfchen, welche Ende April und Anfang Mai auf- brechen, stehen nicht auf verschiedenen Zweigen, sondern sein finden sich an denselben Trieben bunt durcheinander gemischt.

Nach erfolgter Bestäubung fallen die männlichen Blüthen bald ab, das weibliche Blüthenzäpfchen behält seine auf- rechte Krümmung bei und verwandelt sich in den eiförmi- gen, selten über anderthalb Zoll langen Zapfen, an dem man unten die Spitzen der zurückbleibenden Deckschuppen meist noch etwas hervortreten sieht.

Die Gestalt der Nadeln schwankt gewissermaaßen zwischen denen der Fichte und der Tanne, sie sind aber von beiden durch eine zarte, krautartige Beschaffenheit und ein helleres Grün verschieden. Ein größerer Unterschied zwischen der Lärche und den übrigen Nadelhölzern besteht aber darin, daß die letzteren sommergrün sind; daher nennt Plinius die Lärche einen im Winter trauernden Baum, arbor hieme tristis.

Der Stamm der Lärche ist zwar wie bei der Fichte und Die zart aussehende feinbenadelte Lärche zeigt sich in ihrem Tanne ein senkrechter einfacher Schaft, aber an seinem Leben gleichwohl als hart und widerstandskräftig; denn sie unteren Ende macht er von der Wurzel aus oft eine fordert geradehin eine rauhe um ihre vollendete Schönheit Biegung und steigt dann senkrecht empor. Dieser säbelför- und Majestät zu entfalten und verfällt in dem warmen mige und außerdem auch oft noch knickige Wuchs beein- Klima der Ebene einem frühen Tode. trächtigt einigermaaßen den Bauholzwerth. Alle freiste- henden Lärchen haben einen sehr abholzigen sich stark zuspitzenden Stamm. Die Rinde ist rauh und rissig und so Quelle weite sie nicht, was meist der Fall ist, von Flechten verhüllt wird, braungrau. E.A.Roßmäßler, Der Wald, 1863, C.F. Winter’sche Ver- lagsbuchhandlung, Leipzig und Heidelberg Standort und Verbreitung sind bei der Lärche enger begrenzt. Sie liebt einen steinigen, frischen – jedoch nicht nassen – tiefgründigen Boden und der kalkige Felsboden scheint ihr am meisten zuzusagen. Die Lärche ist recht eigentlich ein Gebirgsbaum und erst in neuerer Zeit in die Ebene herab verpflanzt worden. Ihre eigentliche Heimath ist die Alpenwelt in einer Höhenlage zwischen 200 und 4500 bis 5000 Fuß Seehöhe.

84 LWF Wissen 69 Bäume des Jahres

Jahr Baum des Jahres Tagung Deutschland Tagung Bayern LWF Wissen Nr.

1989 Stieleiche 1990 Rotbuche 1991 Sommerlinde 1992 Bergulme Hann. Münden 1993 Speierling 1994 Eibe Ebermannstadt 10 (vergriffen) 1995 Spitzahorn 1996 Hainbuche Arnstein 12 (vergriffen) 1997 Eberesche Tharandt Hohenberg an der Eger 17 (vergriffen) 1998 Wildbirne Göttingen Ulsenheim 23 (vergriffen) 1999 Silberweide Schwedt/Oder Michelau/Oberfranken 24 (vergriffen) 2000 Sandbirke Tharandt Waldsassen 28 2001 Esche Hann. Münden Schernfeld (WEZ) 34 2002 Wacholder (Schneverdingen, Kloster Ettal 41 abgesagt) 2003 Schwarzerle Burg/Spreewald Rott am Inn 42 2004 Weißtanne Wolfach/Schwarzwald Gunzenhausen 45 2005 Rosskastanie München 48 2006 Schwarzpappel Eberswalde mit Oder Essenbach 52 und Rees am Rhein 2007 Waldkiefer Gartow Walderbach 57 2008 Walnuss Bernkastel Veitshöchheim 60 2009 Bergahorn Garmisch-Partenkirchen 62 2010 Vogelkirsche Veitshöchheim 65 2011 Elsbeere Nettersheim Haßfurt 67 2012 Europäische Lärche Hünfeld Kelheim 69

LWF Wissen 69 85 Anschriften der Autoren

Dr. Gregor Aas Wolfgang Falk Ökologisch-Botanischer Garten Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft Universität Bayreuth Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 1 Universitätsstraße 30 85354 Freising 95440 Bayreuth [email protected] [email protected] Walter Faltl Ute Bachmann-Gigl Bayerische Staatsforsten Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft Tillystr. 2 Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 1 93053 Regensburg 85354 Freising [email protected] [email protected] Dr. Dietger Grosser Dr. Otto Bauer Institut für Holzforschung Innweg 13 der Technischen Universität München 85521 Ottobrunn Winzererstraße 45 [email protected] 80797 München [email protected] Markus Blaschke Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft Ralph Jenner Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 1 Bayerisches Amt für forstliche Saat- und Pflanzenzucht 85354 Freising Forstamtsplatz 1 [email protected] 83317 Teisendorf [email protected] Stephan Breit Bayerische Staatsforsten Dr. Hans-Joachim Klemmt Tillystr. 2 Lehrstuhl für Waldwachstumskunde 93053 Regensburg der Technischen Universität München [email protected] Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 2 85354 Freising Dr. Heinz Bußler [email protected] Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 1 Kristine Koch 85354 Freising Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft [email protected] Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 1 85354 Freising Gabriele Ehmcke [email protected] Institut für Holzforschung der Technischen Universität München Dr. Christian Kölling Winzererstraße 45 Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft 80797 München Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 1 [email protected] 85354 Freising [email protected]

86 LWF Wissen 69 Anschriften der Autoren

Dr. Monika Konnert Ludwig Straßer Bayerisches Amt für forstliche Saat- und Pflanzenzucht Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft Forstamtsplatz 1 Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 1 83317 Teisendorf 85354 Freising [email protected] [email protected]

Dr. Norbert Lagoni Dr. Helge Walentowski Falkenhorstweg 4 Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft 81476 München Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 1 [email protected] 85354 Freising [email protected] Alexandra Nannig Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft Martina Weber Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 1 Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft 85354 Freising Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 1 [email protected] 85354 Freising [email protected] Michael Neubert Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft Manuela Wolf Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 1 Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft 85354 Freising Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 1 [email protected] 85354 Freising [email protected] Alexander Nickl Bayerisches Amt für forstliche Saat- und Pflanzenzucht Julia Zeitler Forstamtsplatz 1 Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft 83317 Teisendorf Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 1 [email protected] 85354 Freising [email protected] Dr. Ralf Petercord Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft Hans-Carl-von-Carlowitz-Platz 1 85354 Freising [email protected]

Hubert Rößner Am Letten 12 87448 Niedersonthofen

Walter Schulz dwj Verlags-GmbH Rudolf-Diesel-Straße 46 74572 Blaufelden [email protected]

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