Nr. 3 Dézember 1944 Unsere wwwprovinzlüttich.be Bedrohte Freiheit Vorwort - Von der Ardennenschlacht zur Schlacht am Rhein 12. Dezember 1944 Offensive gegen die alliierten Truppen an der Ardennenfront. Hitler hält eine Unter besonders widrigen Umständen bricht die deutsche Konferenz vor allen Angriffswelle los. Die amerikanischen Einheiten sind schnell Befehlshabern der überfordert und haben dem Überraschungseffekt nichts en- großen Einheiten der tgegenzusetzen. Doch die amerikanische Infanterie hält die- Westfront. Er enthül- sem ultimativen Blitzkrieg stand. lt ihnen den Plan der Sankt Vith wird hervorragend verteidigt und fungiert als effek- Operation „Wacht am tiver Wellenbrecher. Bastogne wird umzingelt, lehnt aber das Rhein“, über die er seit dem 16. September Kapitulationsultimatum ab und legt drei große deutsche Ein- nachdenkt und deren heiten lahm. Sie verhindern, dass der Feind durchdringt. Am 26. Dezember wird Bastogne befreit und am 23. Januar Sankt Conditions extrêmes autour de Bastogne Vorbereitungen er un- ter absoluter Geheimhal- Vith zurückerobert. Am 30. Januar sind die Deutschen an der tung angeordnet hat. „Sie werden Antwerpen zurückerobern“, gesamten Front hinter ihre Ausgangslinie zurückgeworfen sagt er zu seinen sprachlosen Generälen. worden. Nie werden die Deutschen die Maas überqueren. 16. Dezember 1944. Die deutsche Armee startet eine verzweifelte Erleben wir die Tage dieses schrecklichen Winters noch einmal ...

Die Pläne des deutschen Angriffs: Ansturm auf Antwerpen mit Die Pläne des deutschen Angriffs: Ansturm auf Antwerpen mit Divisionen der «Waffen-SS» der 6. Kriegserlebnisse

Die Geschichte kurz gefasst

vorsteht, kennen sie weder Ort noch in der Gegend von und Lüt- Datum. Für sie ist ein Durchbruch tich intakt einnehmen. Die Mis- durch die Ardennen schlichtweg sion erweist sich als Fiasko, denn unmöglich. Der Winter und das von den 106 Transportflugzeugen er- zerklüftete Gelände verurteilen reichen nur 35 die Abwurfzonen. dort jede größere Operation zum Zurück aufs Terrain, wo weiterhin Scheitern. Laut dem amerikanischen verbissen gekämpft wird. Im Nor- Militärhistoriker Mac Donald den macht die 6. SS-Division ge- gelten darüber hinaus die Ardennen gen die Verteidiger von Rocherath für die amerikanische Führung als und Elsenborn nur sehr schwierige „Kinderstube“ und Alterspflegeheim Fortschritte. Sankt Vith leis- 18. Dezember Deutscher Angriff auf Rocherath zugleich. Neue Divisionen kommen in tet Widerstand und wird dank des die Ardennen, um sich ans Schlacht- heftigen Widerstandes zweier ame- Der Beginn der deutschen Offensive feld anzupassen, alte, um sich nach rikanischer Infanteriedivisionen ist für den 16. Dezember um 5.30 intensiven Kämpfen auszuruhen und erst nach einer Woche des Kampfes Uhr geplant. Am 18. Dezember sollen Verstärkung zu integrieren ... eingenommen. In Richtung Stave- die Truppen in Sichtweite der Maas Hitler betrachtet diese amerika- lot, Trois-Ponts und dem Tal der sein. Der Fluss muss am 19. über- nischen Soldaten als das „schwache entwickelt sich das blitzsch- quert werden, denn die Einnahme von Glied im westlichen Bündnis“, das nelle Vordringen von Oberstleutnant Antwerpen ist für den 23. Dezem- Produkt einer zu heterogenen Ge- Jochen Peipers Kampfgruppe von 5000 ber geplant! Der Kommandant der sellschaft, als dass sie eine effek- Mann und 600 Fahrzeugen, darunter Westfront, Generalfeldmarschall tive Kampftruppe aufstellen könnte. einige Kampfpanzer, in einen gewal- von Rundstedt, glaubt nicht an Dennoch ist er vom alliierten Wi- tigen und tödlichen Raubzug. Es ist den Erfolg dieses Plans und ver- derstand der ersten Stunden über- ein Raubzug insbesondere auf die sucht Hitler davon abzuhalten. Vor rascht, wenn auch die GIs einige Zivilbevölkerung, der drei Tage der Hartnäckigkeit und Entschlos- Zeit brauchen, um zu reagieren und später - vor allem durch Treibs- senheit des Diktators nimmt von die verschiedenen Führungsebenen toffmangel - vor den Toren von Mal- Rundstedt, nach dem die Offensive zu benachrichtigen. medy und zusammenbricht, fälschlicherweise benannt ist, am ohne sein Ziel erreicht zu haben, Ende eine Haltung des passiven Als General Eisenhower am Abend des nämlich die Brücken der Maas (um Gehorsams an. 16. Dezember erklärt, dass es sich Ampsin oder Huy). um eine Großoperation handelt, ist Die Offensive Wacht am Rhein, ge- General Bradley immer noch davon folgt von Herbstnebel, über- überzeugt, dass es sich bei dem An- rascht die Alliierten total. griff lediglich um ein Ablenkungs- Auch wenn die Nachrichtendienste manöver handelt, um eine für den (Seite 6, Gazette 3) wissen, 19. Dezember geplante Offensive von dass ein Angriff unmittelbar be- General Patton in Ostfrankreich zu verhindern. Auch wenn die deutschen Truppen nur langsam voranschreiten, wird die Front jedoch an keinem Ort wirklich durchbrochen. In der Nacht vom 17. auf den 18. Dezember setzen mehrere deutsche Flugzeuge trotz widriger Wetterbe- Zerstörung von Saint-Vith dingungen Fallschirmspringer hin- ter den alliierten Linien ab. Laut Der ursprüngliche Plan der Wacht am Historiker Luc De Vos wird oft Rhein ist bereits gescheitert. Im angenommen, dass diese Kommandos Norden ist Dietrichs 6. Panzerar- die Mission hatten, die alliierten mee trotz des Durchbruchs der Kam- Bewegungen und ihre Kommunikation pfgruppe Peiper am erbitterten Wi- zu stören (...). In Wirklichkeit derstand amerikanischer Einheiten Deutsche Offensive sollten sie eine Reihe von Brücken 2 gescheitert. Der nördliche Teil Kriegserlebnisse der Ausbuchtung (Begriff zur Ve- general Mac Auliffe, Kommandant der ranschaulichung der Fortschritte), Alliierten in Bastogne, Versorgung der sich allmählich bildet, beginnt aus der Luft an. Die entsetzlichen sich bereits am 19. Dezember wie- klimatischen Bedingungen machen der zu schließen. Im äußersten Sü- diese Operation unmöglich. Am 21. den des deutschen Vorstoßes werden Dezember weicht der Nebel einem die Infanterietruppen von General Schneegestöber. Beide Seiten suchen Brandenbergers 7. Armee um Echter- fieberhaft nach weißen Decken, um nach herum blockiert. Eigentlich die Einheiten zu tarnen. hält sich nur General von Manteuf- fels 5. Panzerarmee mehr oder weni- ger an den Ausgangsplan, wenn sie auch nur sehr langsam vorankommt. 20. Dezember Werbomont, amerikanische Panzer Nach der Aufgabe von Bastogne durch General Middleton (der seinen Ge- ternach unschädlich gemacht worden neralstab nach Neufchâteau zurück- waren. zieht) umzingeln die Deutschen die Stadt nicht ohne Mühe in der Nacht vom 21. auf den 22. Dezem- ber, während die 101. Luftlandedi- vision und die 10. Panzerdivision des amerikanischen Combat Command zu Hilfe eilen. Scharfschütze der 6. Luftlandedivision (Airborne)

Am 22. Dezember, als Bastogne vom Rest der Welt abgeschnitten ist, greift General Patton nach Süden Zerstörung von Houfalize hin an, um die Stadt zu verlassen. Am Folgetag klart es auf, und am 26. Dezember um 16.30 Uhr erreicht Diese bekannte Schlacht hat einen eine amerikanische Panzerkolonne schweren Tribut gefordert und in die Stadt. In den folgenden Tagen den Folgeseiten wird anhand lokaler sind die Konfrontationen jedoch am Beispiele gezeigt, wie sehr die Die Generäle Taylor und Mac Auliffe heftigsten, da die Deutschen immer Zivilbevölkerung gelitten hat, in noch versuchen, die Stadt zu ero- Örtlichkeiten wie Stoumont, Stave- Während die Bevölkerung von Bas- bern, um einen moralischen Sieg zu lot, Houffalize (erst zum zweiten togne vor Ort ohne Strom in ihren erringen ... Zwischenzeitlich wird Mal befreit am ... 19. Januar 1945) Kellern kauert, sind draußen die Bastogne zur Legende, aufgrund des und La Roche; hart getroffen durch Kämpfe besonders mörderisch. Mit berühmten Ausspruchs Nuts (Engl. alliierte Bombenangriffe, wie in nur einem Tag Nahrungsreserven, Nüsse, aber hier: denkste oder kom- Sankt Vith, , Baugnez ... mt nicht in Frage), kaum mehr Munition und mehr als den die ameri- Und der Krieg war noch immer nicht tausend Verwundeten und Kranken, kanische Presse General Mac Auliffe zu Ende ... fordert der amerikanische Brigade- dem deutschen Abgesandten entge- gnen lässt, der ihn zur Kapitula- tion aufgefordert hatte ... Heute wird jedoch akzeptiert, dass der deutsche Vormarsch nicht in Bastogne gestoppt wurde, sondern weiter westlich in der Gegend von Celles und Foy-Notre-Dame, in der Nähe der Maas bei Dinant, nachdem weiter nördlich Einheiten bei La Gleize-Stoumont und Sankt-Vith-Mal- 290. Amerikanisches Infanterie-Regiment medy und südlich in Richtung Ech- Soldaten der 101. Airborne 3 Kriegserlebnisse

Tägliche Strapazen

Nach einem Martyrium von mehr als einem Monat drängen die Alliierten den Angreifer hinter seine Ausgangslinie zurück. Doch nichts als Schaden, Not und Leid. Der bezahlte Preis ist hoch. Überall, von kleinen Dörfern bis hin zu Schlachtfeldern, werden Zivilbevölkerung wie auch Militärtruppen dezimiert. Es kommt zu mehr als dreitausend belgischen und luxemburgischen Zivilopfern. Fast 8.500 GIs, mehr als 10.000 deutsche Soldaten, Hunderte von Kämpfern aus dem britischen Commonwealth kommen ums Leben. Lassen Sie uns in diesem traurigen Land der Verwüstung anhand von acht Beispielen von Massakern, Bombenanschlägen, Zerstörungen und Übergriffen aller Art nachvollziehen, wie die Ardennenoffensive leider in die Geschichte eingegangen ist.

Erst am 14. Januar können die werden sie auf einem Weg abseits Baugnez Amerikaner schließlich die der Straße brutal niedergemet- Leichen der gefrorenen und sch- zelt. Aufgrund der Kämpfe und des Am 17. Dezember, an der Kreuzung neebedeckten Opfer bergen. Die Schnees werden ihre schrecklich Baugnez, fährt ein amerikanischer Operation wird mit großer Sorg- verstümmelten Körper erst am 13. Konvoi aus Malmedy in Richtung falt und Akribie durchgeführt, Februar 1945 gefunden. Sankt Vith und wird von der Vo- denn die von den Ärzten gesam- rhut der Kampfgruppe Peiper ange- melten Erkenntnisse sollen als griffen. Nach einem kurzen, aber Grundlage für einen Prozess ge- heftigen Gefecht ist die Situation gen die Verantwortlichen dienen. der Amerikaner aussichtslos, und Die Autopsie der Körper zeigt, sie müssen sich ergeben. Während dass etwa 50 der getöteten Sol- die deutsche Kolonne ihre Fahrt daten neben den Verletzun- nach Ligneuville fortsetzt, wer- gen durch Maschinengewehrfeuer den die Gefangenen, zusammen mit auch tödliche Kopfverletzungen anderen Männern, die die SS früh- durch Schüsse aus nächster Nähe, er am Tag aufgegriffen hatte, von Kleinkaliber-Waffen und Gewehr- Die Körper von 11 afroamerikanischen Soldaten, den Deutschen auf eine Wiese en- kolben aufweisen. die von den Deutschen auf dem Hof Langer getötet tlang der Straße gebracht. Die meisten Zeugenaussagen deuten Wereth darauf hin, dass etwa 120 Män- La Roche-en-Ardenne ner auf diese Weise zusammenge- 17. Dezember Elf afroamerika- trieben wurden. Plötzlich eröf- nische Soldaten des 333. Fel- Nach der Befreiung vom 10. Sep- fnen die Deutschen das Feuer auf dartilleriebataillons werden von tember treten die Amerikaner den ihre Gefangenen. Panik bricht der SS unter dem Kommando von Ma- Rückzug an und sprengen zwei aus. Einige Gefangene versuchen jor Knittel gefoltert und mas- Brücken der Stadt. Es wird eine zu fliehen, aber die meisten wer- sakriert. Behelfsbrücke (Bailey-Brücke) den erschossen, während andere gebaut. La Roche wird wieder zu versuchen, sich in einem Café an Während sich das Bataillon zu Be- ginn der deutschen Gegenoffensive einem strategischen Verkehrs- der Kreuzung zu verstecken. Die knotenpunkt. Deutschen setzen das Gebäude in östlich der Our befindet und mit Brand und töten diejenigen, die dem Vormarsch des Feindes konfron- Am Abend des 17. Dezember werden versuchen zu entkommen. 84 Sol- tiert ist, wird beschlossen, die die amerikanischen Soldaten in daten sterben. Ausrüstung zu zerstören und den der Stadt in Alarmbereitschaft Rückzug zu Fuß anzutreten. Siebe- versetzt und ziehen sich am 18. nundzwanzig Soldaten und ein Arzt und 19. Dezember zurück, inmit- erreichen den Treffpunkt, aber 11 ten des Gedränges von Zivilisten afroamerikanische Soldaten wer- aus den Gegenden Malmedy, Sankt den vom Rest der Truppen abgesch- Vith, Vielsalm und Houffalize, nitten. Nachdem sie sich im Wald die vor den Kämpfen fliehen. verirrt hatten, erreichen sie am In dem Glauben, der Sektor Houf- Nachmittag schließlich den Hof falize sei momentan uneinnehm- Langer in Wereth. Einige Stun- bar, setzen die Deutschen sich den später, als die Soldaten bei am 20. Dezember nach La Roche Tisch sitzen, kommt die SS auf dem in Bewegung. Da sie der wiede- Hof an. Sie werden verschleppt raufgebauten Brücke misstrauen, Soldaten der 101. Airborne und gezwungen zu laufen. Dann 4 durchquert die Panzerkolonne die Kriegserlebnisse

Stadt und bewegt sich in Richtung General Clarke die Stadt fünf Tage fechts und fragen sich, wer die der Dörfer Dochamps und Samrée lang gegen die deutschen Angriffe. Sieger sind. Die Deutschen sagen, und überquert die Ourthe in Hot- Diese erbitterte Verteidigung er- dass eine mächtige Panzerdivi- ton. Vor der Entschlossenheit der möglicht es den amerikanischen Ein- sion Lüttich zurückerobern soll. amerikanischen Einheiten, die heiten, sich zurückzuziehen und am Es wird bekannt, dass in Hotton verteidigen, kehren die 22. Dezember befiehlt der britische Zivilisten ermordet wurden. Ein deutschen Panzer nach La Roche Marschall Montgomery den totalen Zeuge erinnert sich: Über unseren zurück, um die Ourthe auf der von Rückzug. Köpfen tobte die Schlacht. Die den Amerikanern errichteten Be- angreifenden Soldaten setzten den helfsbrücke zu überqueren. Kampf mit Maschinengewehren und Am Nachmittag des Weihnachtstages Granaten fort. Die Amerikaner wa- wird Sankt Vith bombardiert. Der ren im Erdgeschoss eingerichtet, obere Teil der Stadt wird hart ge- aber eine starke deutsche Einheit troffen. Dies ist nur der Anfang. Am war zum Gegenangriff übergegangen. Folgetag wird die Stadt von fast 300 Um die Kellerschächte regnete es viermotorigen britischen Bombern Kugeln, die wie große Hagelkör- der Typen Lancaster und Halifax in ner einschlugen. Seit dem Vor- Schutt und Asche gelegt. Insgesamt tag war die Bevölkerung unseres werden 1.139 Tonnen Bomben abgewor- Unterschlupfs um etwa zwanzig fen. Sprengbomben werden geworfen Einwohner Stoumonts und vierzig Die Ruinen von La Roche-en-Ardenne nach den und zuletzt auch Brandbomben. Und Evakuierte aus der Gegend von Bombenangriffen die Stadt hat viele Fachwerkhäu- Elsenborn gewachsen. Es wird ge- ser. Das Feuer ist kilometerweit brüllt und gebettelt. Panik in In der Nacht vom 23. auf den 24. sichtbar. Die Zahl der Opfer ist einem beißenden Rauch von Staub klart der Himmel auf und erlaubt beträchtlich. Schätzungen reichen und Pulver. Hilfe! Am 21. Dezem- der amerikanischen Luftwaffe, ak- von 1.000 bis 1.500 Toten. Als die ber halten die Deutschen immer tiv zu werden. In zwei Tagen wird Stadt am 25. Januar wieder in ame- noch die Festung Sankt-Eduard, die Stadt La Roche zerstört (348 rikanischer Hand ist, gibt es dort auch wenn sie müde und entmutigt zerstörte und 287 beschädigte keine Straßen mehr; nur noch Pfade scheinen. Häuser), während 114 zivile Opfer verlaufen zwischen den Ruinen. jeden Alters und aller Gegeben- heiten zu beklagen sind. Sankt Vith

In den frühen Morgenstunden des 16. Dezember werden mehrere Granaten aus einem gepanzerten Zug abgefeuert, während in Manderfeld, unweit von Ansicht des Sankt-Eduard-Heims nach den Kämpfen dort, Fallschirmjäger und SS inten- siv kämpfen. Die Amerikaner ver- Freitag, 22. Dezember Im Haus über teidigen sich mit der Energie der St. Vith - in Fetzen und Staub den Kellern scheint völlige Ruhe Verzweiflung. zu herrschen. Die Zivilisten wa- gen sich hinaus, um nachzusehen. In Sankt Vith wird eine Ausgangss- Stoumont Die Deutschen sind nicht mehr da. perre verhängt. Es wird verboten, an seinem Fenster zu stehen; viele Auf den Höhen des Dorfes kommt es Bewohner versuchen zu fliehen. Inne- Dienstag, 19. Dezember Die dennoch zu einem schrecklichen rhalb weniger Stunden ist die Stadt Deutschen sind in Stoumont. Gegen Artillerie-Duell und Kanonen- in großer Gefahr, in die Zange ge- 9 Uhr morgens dringen SS-Soldaten feuer. Am Nachmittag wird Stou- nommen von Manteuffels Fünfter Ar- in das Sankt-Eduard-Haus ein, mont von der amerikanischen Ar- mee. Dieser strategische Kommunika- in dem nun mehr als 150 Kinder mee befreit und der deutsche tionsknotenpunkt sollte spätestens aus dem Sanatorium in der Falle Vorstoß in Richtung Lüttich wird sitzen. Drei Tage und drei Nächte im Ameltal gestoppt. Ein Zeuge am 17. Dezember um 18 Uhr in deutsche Wir kamen aus dem lang besetzen sie die Gebäude. Es erinnert sich: Hände fallen, da ansonsten die Offen- Keller und kletterten die Treppe tobt ein erbitterter Kampf. Die sive scheitern würde. Auf US-Seite hinauf, um unser Zimmer wie- Zivilisten in den Kellern warten verteidigt die 7. Panzerdivision von der zu sehen. Überall, auf voller Angst auf das Ende des Ge- 5 Kriegserlebnisse den Treppen, in den Korridoren, Am 11. Januar kommen die Briten rt, um zu verhindern, dass die in den Zimmern herrschte Verwüs- nach Bande und entdecken die Divisionen der deutschen 6. Ar- tung. Wir stießen an die Leichen Tragödie im Hause Bertrand. Pfar- mee Bastogne über Houffalize er- von Soldaten, die auf dem Rücken rer Musty wird mit der Identifi- reichen. Am 6. Januar verwüstet lagen, mit ausgestreckten Armen, zierung der Leichen von vier sei- die britische Luftwaffe die Stadt, mit offenem Mund oder über sich ner Schüler beauftragt, während um den Durchgang über die Our- selbst zusammengekauert. Übe- Léon Praille, der letzte, der sie the unmöglich zu machen und jede rall Blutpfützen, über die wir lebend gesehen hat, ihre Tode- deutsche Präsenz zu zerschlagen. treten mussten. Überall war der serklärung und die der anderen Die Zivilbevölkerung zahlt einen Weg durch Trümmerhaufen, Balken, dreißig Opfer ausstellt. katastrophal hohen Preis: Ganze Ziegel und Putz versperrt. Ver- Stadtviertel sind zerstört und traute Zimmer waren unkenntlich Houffalize es sind 189 zivile Opfer und vie- geworden. Das Heim war verwüstet. le Schwerverletzte zu beklagen. Eingebettet in das enge Tal der Bande östlichen Ourthe, liegt Houffalize an der Hauptstraße Bastogne-Lüt- tich und stellt den wichtigsten strategischen Übergangspunkt über die Ourthe dar, was das In- teresse an Brücken während des Konflikts erklärt. Auf ihrem Rückzug nach der Be- freiung haben die Deutschen die Brücken unbrauchbar gemacht. Dabei haben sie nicht mit dem Houffalize in Trümmern Einfallsreichtum der Einwohner gerechnet, die die größte von ih- nen wieder aufbauen. Am 16. Januar, als die 3. ame- rikanische Armee (11. gepanzerte Bei Beginn der deutschen Offensive Division) der von vor- im Dezember wird diese Brücke über rückenden 1. deutschen Armee (2. die Ourthe überraschender Weise Panzerdivision) gegenübersteht, nicht zerstört. Am 19. Dezember ist von der deutschen „Ausbuch- können so die aus Reims kommenden tung“ nichts mehr übrig. Von den Soldaten der 82. amerikanischen 386 Häusern, die die Stadt vor Panzerdivision ihren Sammelplatz den Feindseligkeiten hatte, ste- Bande, Gedenkstätte zu Ehren der 34 jungen Opfer in Werbomont erreichen. Einige hen nur noch 10 ... des Gemetzels vom Heiligabend Stunden später benutzt die 116. deutsche Panzerdivision diesel- Stavelot Freitag, 22. Dezember: Die be Brücke auf ihrem Weg zu den Brücken der Maas. Deutschen kommen. Am 24. Dezember Auf der Suche nach Übergängen, will ein rachsüchtiges deutsches In der Überzeugung, dass der Sek- um aus dem Amel-Tal herauszu- Kommando die seit September er- tor vehement verteidigt wird, kommen, beschließt die deutsche littenen Demütigungen seiner Ar- beschließt der deutsche Komman- Kampfgruppe Peiper, über Stave- mee rächen. Sie streifen im Dorf dant, seine Route zu ändern und lot zu fahren. Am frühen Mor- herum und verhaften jeden Mann, in Richtung La Roche-en-Ardenne gen des 18. Dezember neutrali- auf den sie treffen. Gegen 17 Uhr auszuweichen. Um die strategische siert die Kampfgruppe Peiper die werden die Häftlinge in zwei Kreuzung von Houffalize zu zerstö- amerikanischen Geschütze, die Gruppen aufgeteilt. Sie lassen ren, lässt einige Tage später den Zugang zur Brücke über die die Älteren frei und behalten das amerikanische Militärkomman- Amel verteidigen, überquert sie nur etwa 30 junge Männer zwischen do die Stadt mehrmals bombardie- und dringt in den unteren Teil 17 und 32 Jahren. Ihnen wurde in ren. Ein erster Angriff trifft vor der Stadt ein. In der Nacht vom den Hinterkopf geschossen und allem das Viertel Saint-Roch am 20. auf den 21. Dezember gelingt ihre Körper in den Keller des 26. Dezember. In der Nacht vom es den Amerikanern jedoch, die zerstörten Hauses Bertrand an der 30. auf den 31. Dezember wird ein Brücke zu sprengen, die Vorhut 5bisNationalstraße 4 geworfen. zweites Bombardement durchgefüh- von der Kampfgruppe und ihren Kriegserlebnisse

Versorgungseinheiten abzuschnei- dann erschossen worden war. Zwei sade. Wir sind sehr beunruhigt. den, und die Deutschen zu zwingen, Jungen wurden mit Einschusslö- Ich wage einen Blick aus dem Kel- nach Trois-Ponts auszuweichen. chern in der Stirn entdeckt. 25 lerfenster und sehe einen Sol- Auf dem Weg dorthin rächen sich Meter um dieses Haus herum waren daten mit dem Oberkörper außerhalb die Deutschen an zahlreichen zi- noch weitere tote Zivilisten. der offenen Luke seines Panzers. vilen Opfern. Ein beunruhigender Anblick: Wenn ein Soldat sich so zeigt, bedeu- Hubert Laby schreibt in seinem tet das, dass er keine Angst vor 18 décembre bemerkenswerten Buch feindlichem Feuer hat und er sich 1944, Stavelot, Un tournant dra- in erobertem Gebiet befindet. Wir matique de la bataille des Ar- fühlen uns im Stich gelassen und dennes : Nach einer unverständ- isoliert. Wie ist das möglich? lichen Reihe von Fehlern gab die Wie kann eine so starke Armee wie Führung der 7. amerikanischen die US-Armee sich vor Truppen Panzerdivision am 17. Dezember zurückziehen, die noch vor drei noch keinen Befehl, die Brücke Monaten verzweifelt die Flucht über der Amel zu sprengen, obwohl Stavelot, niedergemetzelte Zivilisten ergriffen haben? Unsere Freude war sie wusste, dass deutsche Truppen von kurzer Dauer! Ist der große nach Stavelot unterwegs waren. Traum von Freiheit schon vorbei? Wäre die Brücke gesprengt wor- Ein deutscher Gefangener sagt den, wäre der deutsche Durchbruch auch aus: Am 19. Dezember erhielt dort gestoppt worden, und es wäre ein Spähtrupp der Pioniere vom nie über Stoumont oder La Gleize Hauptquartier der SS-Panzerkom- gesprochen worden und über all panie vor dem Angriff den Befehl die Massaker und Verbrechen an ihres Gruppenführers (...) alle der Zivilbevölkerung in diesen Zivilisten zu liquidieren, denen drei Tagen Hölle vom 17. bis 19. sie begegneten ... Noch immer in Dezember. Parfondruy erzählen andere lokale Zeugen: Die Zivilisten wurden So aber bezahlen in Stavelot auf der Straße zusammengetrieben und Umgebung 161 Zivilisten mit und in die Scheune gebracht. Dort dem Leben für die Rückkehr der wurden sie erschossen. SS-Truppen aus der Gegenoffen- sive. In La Vaulx-Richard, Lodo- mez, Ster, Renardmont, Parfondruy Stavelot in Trümmern und anderen Weilern und Dörfern erliegen Frauen und Kinder der Epilog Barbarei. In der Übersetzung eines offi- Nach der letzten deutschen Offen- ziellen amerikanischen Dokuments sive des Zweiten Weltkriegs, grau- über die Massaker an der Zivil- sam und blutig wie sie war, werden bevölkerung in der Gegend von die Ardennen Jahre brauchen, um Stavelot, insbesondere in den sich zu erholen. Unauslöschliche Weilern Renardmont und Parfon- Spuren werden für immer die Erin- Zehn bis zwölf druy, heißt es: nerung der schwer geprüften Zi- vollständig verbrannte und ver- vilbevölkerung der verwüsteten kohlte Leichen wurden in Parfon- Region prägen. Die Ardennenof- druy entdeckt, wo ein kleiner fensive betraf ein großes Ge- Schuppen stand. Dieser Schup- Stavelot, Beerdigung der zivilen Opfer in einem pen war durch das Feuer völlig Massengrab biet, das sich insgesamt über zerstört worden. Die verbrannten das Großherzogtum Luxemburg und das Gebiet der drei belgischen Körper dieser Zivilisten waren Beschließen wir mit diesem Zeu- aufeinandergestapelt, und es war gnis eines Einwohners von Stave- Provinzen Lüttich, Luxemburg und unmöglich, Alter oder Geschlecht lot vom 18. Dezember: Deutsche Namur erstreckte. Alle Personen, zu bestimmen. Im Nebenhaus war Panzer fahren an unserem Haus die erhebliche materielle Schä- eine Dame mittleren Alters, die vorbei und feuern mit ihren den erlitten haben, gelten als mit einem Messer erstochen und Maschinengewehren auf die Fas- Kriegsopfer der Ardennen. 5ter Zwischen den Zeilen

Erlebnisbericht des Soldaten Samuel Fuller Eines Nachts griff uns von Rundste- dt an. Wir wussten nicht, dass dies der Beginn der Bulge war. Ha- ben Sie davon schon gehört? , Schlacht der Ausbuch- tung oder Ardennenoffensive? Malmedy, Monschau, Bastogne. Es war furcht- bar. Ein Haufen amerikanischer Sol- daten, die in Wirklichkeit deutsche Soldaten waren, hatte uns unterwan- dert. Sie kamen mit Panzern an. Sie aßen mit uns. Sie schliefen mit uns. Und sie töteten uns. Bei jedem neuen Gesicht wurden wir sehr misstrauisch (...). Nach Bastogne kamen wir in die Tschechoslowakei, ins Sudetengebirge, wo alles begonnen hatte. Der Kreis war geschlossen. Aber wir wussten noch nicht, dass es die letzte offizielle Schlacht sein würde - Kriegsende für uns - die Befreiung eines Konzentra- tionslagers. Der zukünftige Regisseur Samuel Fuller kämpfte als Soldat in der 1. US-Infante- riedivision, der Big Red One. Er hatte an drei Landungen teilgenommen: in Nor- dafrika, in Sizilien und in der Normandie an der Omaha Beach. Er beteiligte sich an der Befreiung des Konzentrationslagers Artikel in der Zeitung „La Wallonie“ vom Dezember 1945. Auszug aus einem Rückblick von Herrn Jean BOETS, späterer Generaldirektor im Unterrichtswesen der Provinz Lüttich Falkenau. Epilog

Als am 4. Februar 1945 in der offiziellen Erklärung der Ersten Amerikanischen Armee die Einnahme von Krewinkel, einem kleinen Weiler bei Büllingen (ehemalige Gemeinde Manderfeld), im äußersten Osten der Provinz Lüttich angekündigt wird, weicht Ein Jeep durchquert die Bresche, die amerikanische Truppen in die Siegfriedlinie Richtung Aachen geschlagen hatten die seit dem 27. Januar praktisch beendete Ein strategischer Wendepunkt Ardennenschlacht der Schlacht am Rhein (Gazette de Guerre Nr. 4). Général Général Dwight D. Général In dieser „legendären“ Schlacht setzt die gewissen hochrangigen militärischen Omar Bradley Eisenhower Georges Patton deutsche Armee alles auf eine Karte. Sie führt Entscheidungsträgern nicht, insbesondere Commandant en Chef ihre Gegenoffensive in Richtung Maas durch in Pattons Umgebung. Glücklicherweise ah- und überrascht so alle, einschließlich und vor al- nen sie die Gefahr und sehen Gegenmaßna- lem den größten Teil des alliierten Generalstabs. hmen vor. Dies ist beispielsweise der Fall für Trotz aller Bemühungen der Deutschen, Oberst Dickson, der bereits am 10. Dezember ihre Absichten und die Konzentration ihrer aufgrund der gesammelten Informationen bewaffneten Einheiten zu verbergen, wer- schätzt, dass „zwischen Aachen und dem den dennoch Informationen vom ameri- Norden des Ardennenmassivs“, in Richtung kanischen Geheimdienst aufgefangen und Lüttich ein Großangriff stattfinden wird ... gesammelt. Obwohl sie von den Generälen oder für Generalmajor Strong, Attaché im Hodges und Bradley nicht oder nur ge- Hauptquartier von D.D. Eisenhower, der von ringfügig ernst genommen werden, en- der Möglichkeit einer deutschen Offensive 6 tgehen die Vorbereitungen des Feindes in den belgischen Ardennen überzeugt ist. Das 20. Jahrhundert [unter der Lupe]

Der Krieg

evakuiert. Die Erster Akt: Ausweitung Front gibt auch und Übergriffe an der Somme und der Aisne Während Polen von seinen mächtigen nach, die Seine Nachbarn zerrissen wird (200.000 Tote, wird am 7. Juni 450.000 Gefangene) und am 28. September überquert und 1939 kapituliert, streiten sich die Sowjets die Deutschen und Deutschen um Nordeuropa: Finnland erreichen Paris wird am 30. November von der Roten Ar- am 14. Juni. König mee überfallen, während Dänemark und Leopold III. wird Norwegen im April 1940 von deutschen gefangen ge- Truppen angegriffen werden. nommen und die Dies ist der Beginn des seltsamen Krie- Regierung geht ges, den die Deutschen den Sitzkrieg nach London ins nennen. Franzosen und Engländer wollen Exil, um die Krieg- Zeit gewinnen, denn sie glauben, ihre sanstrengungen Verspätung aufholen zu müssen. Darüber während des Kon- hinaus schickt England seine Divisionen flikts zu leiten. nur sehr spärlich auf den Kontinent. Alle Italien tritt am 10. zählen sie auf die Blockade, die wegen Juni in den Krieg London, Feuerwehrleute im Einsatz nach einer Welle von Bombardierungen, 7. September 1940 der sowjetischen Lieferungen unwirksam ein, während die Piloten und ihrer Jagdflugzeuge, den für die war, und auf die Intervention der Vereinig- deutsche Offensive nach Westen und Sü- Deutschen noch unbekannten Einsatz von ten Staaten, zu der es nicht kommt ... Es den andauert. Sie schiebt Millionen von Küstenradars und die deutsche Entschei- kommt nicht in Frage, die Siegfriedlinie Flüchtlingen auf der Flucht vor sich her. dung, London und andere Städte wie Co- anzugreifen, die deutsche Maginot-Linie, Die lahm liegende französische Regierung ventry zu zerstören, statt Flugplätze und Luf- oder etwa Deutschland zu bombardieren. bittet um einen Waffenstillstand, der am tfahrtfabriken zu bombardieren, wendet sich Am 10. Mai 1940 startet die Wehrmacht 22. Juni in Rethondes unterzeichnet wird. das Blatt. im Herbst, am Ende dieser gigan- die Offensive an der Westfront, indem sie England, fest zum Kampf entschlossen, tischen Luftschlacht, sind die menschlichen mit 145 Divisionen, davon 10 gepanzerten bereitet sich jetzt darauf vor, den Verluste und die Schäden beträchtlich, doch - den berühmten Panzerdivisionen - und Achsenmächten allein gegenüberzutreten. Churchill hat sein Schachspiel gewonnen. Zu- 5.000 Flugzeugen in die Niederlande, Bel- dem beschließt der amerikanische Präsident Winston Churchill, der neue Premier der gien und das Großherzogtum Luxemburg Roosevelt, England materiell zu helfen und britischen Regierung, hat nichts anderes zu eindringt. Das ist die Taktik des soge- tritt damit in einen nicht erklärten Krieg ein. bieten als Blut, Arbeit, Tränen und Schweiß nannten Blitzkriegs. Franzosen und En- und ruft zum Krieg gegen eine ungeheuer- gländer bringen es auf 127 Divisionen, mit liche Tyrannei auf, wie es sie in der düsteren einer viel schwächeren Luftverteidigung. und erbärmlichen Liste der menschlichen Sie rücken sofort nach Belgien vor, an ihrer Verbrechen noch nie gegeben hat. linken Flanke. Doch die Hauptoffensive der Deutschen findet in den Ardennen statt, Hitler seinerseits bereitet einen eu- wo das alliierte Kommando sie am we- ropäischen Krieg vor, aber keinen Weltkrieg. nigsten erwartet hatte. Die Überraschung Ein anhaltender Widerstand Englands ist vollkommen. Die Maginot-Linie ist würde jedoch die Chancen eines schnell nutzlos und in Sedan, an ihrem Ende, über- gewonnenen Krieges im Westen zunichte queren die Deutschen die Maas. machen, bevor die Vereinigten Staaten aus ihrem Isolationismus heraustreten. In Belgien kommt es in der Zeit zwischen An- griff und Kapitulation zur «Kampagne der 18 Es kommt zur Schlacht um Großbritannien, Tage“. Am 28. Mai ergibt sich die belgische die im Sommer 1940 am Himmel ausgetra- Armee, und vom 29. Mai bis 4. Juni werden gen wird. Die britische Royal Air Force ist 350.000 englische und französische Soldaten mit einem Flugzeug gegen drei in der Unter- unter den Bombardierungen in Dünkirchen zahl. Aber durch die Spitzenleistungen der Sir Winston Churchill 7 Das 20. Jahrhundert [unter der Lupe]

sem Vorstoß nach Osten sind vielfältig: Ein- einer entscheidenden Wende im Konflikt. Am Zweiter Akt: die Globali- flusskämpfe in Osteuropa, die Sicherung des 7. Dezember 1941 wird die amerikanische Pa- sierung des Konflikts Westens vor dem Bolschewismus, die Fort- zifikflotte in Pearl Harbour besiegt, was den setzung der Erweiterung des Lebensraums. amerikanischen Kriegseintritt herbeiführt. Nach dem Erfolg der deutschen Eroberungen Der deutsche Plan sieht die schamlose Aus- Im Namen eines trilateralen Pakts erklären in Westeuropa trägt Mussolini die Kämpfe auf beutung der eroberten Gebiete und Bevölk- Deutschland und Italien den Vereinigten den Balkan. Nach der Annexion Albaniens im erungen vor. Der deutsche Blitzkrieg drängt Staaten den Krieg. April 1939 greift er Ende Oktober 1940 Griechen- die Sowjets zurück, die ihre Verteidigung Nunmehr ist zum ersten Mal in der land an. Die Deutschen sichern sich ihre Posi- auf Leningrad und Moskau konzentrieren, Weltgeschichte der gesamte Planet ein tionen auch, indem sie Ende November 1940 doch der frühe Wintereinbruch und der ver- Kriegsschauplatz. Ungarn, Rumänien und die Slowakei für einen bissene Widerstand der Partisanen zwingen Beitritt zu den Achsenmächten gewinnen. Bul- Deutschland ab Dezember in einen langen garien folgt am 1. März 1941. Zermürbungskrieg. Obwohl er im Osten alle Merkmale eines totalen Krieges hat, und trotz seiner ideologischen Auswirkungen, die weit über den europäischen Rahmen hinausgehen, bleibt der Konflikt auf dem alten Kontinent. Im April 1941 schließt das japanische Kaiserreich jedoch einen Neutra- litätspakt mit der UdSSR und träumt aufgrund seiner Erfolge in China davon, die weißen Mach- thaber in Asien zu Erwin Rommel diskutiert mit Generalmajor Georg von Bismarck im Juni 1942. Bundesarchiv, Bild 101I-784-0223-05 Die Kontrolle über das Mittelmeer und die Öl- fördergebiete des Nahen Ostens wird sowohl verdrängen. für die Alliierten als auch für die Achse zu ei- Japan stößt sich nem Thema. Italiener und Briten bekämpfen an den neutra- sich im September 1940 in Ägypten, während len Vereinigten das deutsche Afrikakorps unter dem Kom- Staaten, die aber mando von Erwin Rommel in Libyen landet entschlossen und die Briten im April 1941 zurückdrängt. sind, die japa- Diese bemächtigen sich im Sommer 1941 des nische Expansion Irak, Syriens und des Libanon. Ihnen wird die zu verhindern. türkische Neutralität zugesichert. Die Machtergrei- Am 22. Juni bricht Hitler das Abkommen mit fung des hoch- der UdSSR und greift sie auf einer 1.500 Kilo- militaristischen meter langen Front an. Die Einsätze bei die- Tojo führt zu

Belagerung Leningrads, 1941-1944 7bis Verstehen und Nachdenken

Gewalttaten und Massaker: ein „totaler Krieg“, brutal und mörderisch

Mit der Ardennenoffensive, die als eine Schlacht der letzten Chance Das Konzept des angesehen wird, erreicht der Zweite Weltkrieg erneut die Zivilbe- „totalen Krieges“, völkerung. In den Wochen dieses tragischen Winters werden vie- das während des le Gewalttaten von jungen Soldaten begangen, die als deutsche Ersten Weltkriegs Kriegsverbrechen zu werten sind. In kurzer Zeit kehrt der scheinbar entstand, erreichte überstandene Krieg mit einer Gewalt zurück, die die Grenzbevölk- zwischen 1939 erung bis dahin nicht erlebt hatte. Alliierte Bombardierungen, hef- und 1945 seinen tige Kämpfe und materielle Zerstörung spiegeln eine Steigerung Höhepunkt. Das der Gewalt im letzten Jahr des Konflikts wider. Sie richtet sich bedeutet einen gegen Zivilisten und manchmal auch gegen alliierte Soldaten, die Konflikt, der sich den Deutschen ergeben hatten. Die Situation ist chaotisch: Menschen werden evakuiert und müssen ihre Häuser verlassen. Grenzen, Staaten Der Zweite Weltkrieg muss hier als zweites selbstmörde- und Armeen risches Moment im 20. Jahrhunderts hervorgehoben werden, überschreitet und nach dem ebenso die Gesamtheit der zerstörerischen Ersten Gesellschaften be- Weltkrieg. Doch im trifft. Alle Akteure Gegensatz zum Ersten nehmen die neue Weltkrieg gab der Dynamik eines Zweite nie Anlass zu Konflikts war, in Bastogne, nach den Kampfhandlungen einer diplomatischen dem moderne, oder historiogra- mechanisierte Armeen aufeinandertreffen, die mit mächtigen phischen Kontroverse Zerstörungsmitteln ausgestattet und in sehr großem und breitem über seine Ursachen Umfang mobilisiert werden können. Ein Krieg von europäischem und historische Ve- und dann globalem Ausmaß, im Zeitalter der Massengesellschaf- rantwortlichkeiten. ten und des industriellen Kapitalismus, der Rüstungsindustrie, Die nationalsozialis- 25. Dezember Bastogne, rue de Neufchâteau: Nach kann den Kontinent nur in ein riesiges Schlachtfeld verwandeln, tische Vorherrschaft der Zerstörung der Krankenstation durchsuchen indem die amerikanische Soldaten die Trümmer. in Europa war stark asymmetrisch. Das mentale Universum der Entscheidungsträger Grenzen der Nazis wurde von zwei gegensätzlichen Zeitachsen bestim- zwischen mt: die sehr langfristige Transformation des Kontinents nach der Front und neuen Rassenordnung des tausendjährigen Reiches und die sehr Hinterland, kurzfristige Achse der strategischen Unwägbarkeiten der Kriegs- Armee führung. und Ge- sellschaft, Käm- (...) einen Konflikt, der Grenzen, pfern und Staaten und Armeen überschreitet Zivilisten aufgehoben und die Gesamtheit der werden. 15. Dezember Stavelot, Körper von Zivilisten, die von der Waffen-SS Zwischen Gesellschaften betrifft (...) 1914 und 1945 war der „totale Krieg“ die Matrize eines Europas des Totalitarismus und Wenn wir also den Verlauf des Krieges aus chronologischer Sicht der Völkermorde. Édité par Madame la Directrice Directeur scientifique, Direction générale provinciale générale provinciale und durch die Vielfalt der geografischen Situationen, wie z.B. Kam- ●Illustrations, photos et textes : Place St-Lambert, 1a - 4 000 Liège ● Fortsetzung tous droits réservés, © Province de pfstätten (Normandie nach der Landung, Ardennen) miteinander Infos : 00(32)4/279 51 29 verbinden, können wir die Erfahrung des Zweiten Weltkriegs zu- im Kriegsblatt Liège, Musée de la Vie wallonne, ●●5 numéros en français et Fonds Desarcy sammenfassen, indem wir die Anzahl Opfer betrachten, insbe- Nr. 4 ... en langue allemande ●●Mise en page : sondere bei Zivilisten ... ●●Rédaction : Alain-Gérard KRUPA, Marie-Christine Françus 8