Grundherrlicher Besitz in Der Landschaft Saanen
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Grundherrlicher Besitz in der Landschaft Saanen Autor(en): Zwahlen, J.R.D. Objekttyp: Article Zeitschrift: Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde Band (Jahr): 26 (1964) PDF erstellt am: 23.09.2021 Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-244453 Nutzungsbedingungen Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungsbedingungen und den korrekten Herkunftsbezeichnungen weitergegeben werden. Das Veröffentlichen von Bildern in Print- und Online-Publikationen ist nur mit vorheriger Genehmigung der Rechteinhaber erlaubt. 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Selbstverständlich widerspiegelt das Maß der Ausbreitung der Grundherrschaft sich im Grad von Freiheit der Bevölkerung, denn ihre Freiheit in der sogenannten vorgrundherrlichen oder altfreien Zeit war verschieden von jener in der grundherrlichen Periode. Wenn Grund und Boden sich in altfreier Zeit noch nicht in grundherrlichem Besitz befanden, galt der alt-französische Spruch «Nul seigneur sans titre», d. h. besaß ein Herr irgendwo Land im Tal, so mußte er dieses kraft besonderen Rechtstitels innehaben. Hatte ein Herr mittels des Wildnisregals allen Grund und Boden an sich gezogen, dann machte er den Spruch «Nul terre sans seigneur» gemeingültig, laut dem alles Land ihm gehörte, insofern die Talleute nicht durch Spezialtitel das Gegenteil beweisen konnten. Ein Beispiel für die Gültigkeit beider Sprüche finden wir im Jahre 1379 anläßlich eines Rechtsstreits zwischen Graf Rudolf IV. von Greyerz und der Walliser Gemeinde Savièse über Waldnutzung und Weidebesitz innerhalb unserer Landschaft *. Durch das Wildnisregal wurde der Graf von Greyerz in der Feudalzeit in Saanen allmählich Eigentümer des Untergrundes, d. h. des nichtkultivierten Landes, während die in dieser Periode sich ansiedelnden fremden Bauern nach und nach Besitzer des bebauten Bodens wurden. Professor Hermann Rennefahrt hat in seinem Werke «Die Freiheit der Landleute im Berner Oberland» eingehend dargelegt, was unter dem damaligen Begriff Freiheit zu verstehen ist2. Im Nachstehenden wird nun in einigen Ausschnitten die Freiheit der Saaner Landleute mit seinen Ausführungen verglichen. «In Alemannien wie in Burgund waren die freien Leute zweifellos in der Mehrzahl und blieben es im Oberland auch durch die Jahrhunderte hindurch.» Für Burgund konnte vom Autor festgestellt werden, daß noch im 12. Jahrhundert große Teile des Volkes auch eine persönlich freiere Rechtsstellung hatten3. Vom 5. bis 8. Jahrhundert drangen verschiedene Vorstöße der Bur- 1 Vgl. Präfeodale und vorgrundherrliche Überreste aus altfreier Zeit in der Rechtsgeschichte der Landschaft Saanen, Berner Zeitschrift für Geschichte und Heimatkunde 1949, S.82. 2 Berner Zeitschrift, Beiheft I, 1939, S. 1 ff. 3 Ebenda S. 6 und 28. 107 j<Â% Herrschaft Mannenberg-Reicheftste /\ ^ i 7 Rei chens urin a RARON Schonried ane Saanen 0 R E Y E R Z Gs' aswL Zel .-- Lus N Laue / E T E R Z \ » gxf_ / 0 R E ï E R Z Lg « O « Lu Laue /Amen Zeig nensee \^ Gstei rr~v\ /v Herrschaft m Ayent GEMEINDE SAVIESE ¦T.ZmV. Grundherrlicher Besitz der Grafen von Greyerz, der Freiherren von Raron und der Herren von Ayent in der Landschaft Saanen um 1270. gunder von Westen her nach Saanen und seit dem 8. Jahrhundert zogen im Obersimmental wohnende Alemannen allmählich familienweise ins Saanetal. Die im Oberland gelegene Landschaft Saanen gehörte zum Königreich Hochburgund, das 1032 an das Reich fiel. Es darf daher angenommen werden, daß Burgunder und Alemannen als autochthone Bewohner sich hier in vorgreyerz- scher Zeit als freie Leute angesiedelt haben 4. Trotzdem war die Hörigkeit in Saanen — obwohl abnehmend — noch 1312 stark verbreitet, indem ungefähr die Hälfte der Bevölkerung zu den Eigenleuten (homines proprii) gehörte und diese bis 1398 dem Erbschafts- und Todfallrecht unterworfen blieben. Daß die stetige Ausdehnung der Grundherrschaft im Tal daran schuld war, geht aus einer Befreiungsurkunde von 1388 für einige Gebiete der Grafschaft Greyerz hervor, denn in dieser erklärt der Graf von Greyerz: «Erbschafts- und Todfallrecht, die manus mortua, ausdrücklich als «serva conditio (unfreien Stand) und als eine Sünde gegen Jesus Christus, als durch die früheren Grafen von Greyerz ungehöriger- und unberechtigterweise auferlegt.» Selbstverständlich galt letztgenanntes auch für die Landleute von Saanen und es beweist, daß die Grafen sich gelegentlich auch ungerechterweise Grund angeeignet hatten. Im 10. und 11. Jahrhundert ließen die Könige in Wald- und Bergeinöden und Forsten Königshuben (hobae regales) anlegen und verschenkten diese in großzügiger Weise zu Eigentum an ihre getreuen Kriegsleute oder auch an Gotteshäuser, wie dies zum mindesten für Deutschland nachweisbar ist5. Die aus dem Obersimmental, sich in Saanen familienweise niederlassenden Alemannen errichteten große Hüben und noch im 13. Jahrhundert maß eine Saaner Hube, die sich mit einer Königshube vergleichen läßt, durchschnittlich 38 bis 40 Jucharten Anbauland. «Könige, Klöster und weltliche Herren zogen es grundsätzlich vor, solche Einöden durch unfreie Knechte urbar machen und bewirtschaften zu lassen, um nachher den größtmöglichen Nutzen daraus ziehen zu können.» 6 Daß eine solche Entwicklung sich teilweise auch in Saanen vollzog, beweist der Besitz der nicht-einheimischen Grundheren wie von Greyerz, von Raron, von Ayent, von Erlenbach, von Allenbach, von Kramburg und des benachbarten Klosters Rougemont sowie die Tatsache, daß 1312 die Hälfte der Talleute unfrei war. Im späteren Mittelalter «forderte nicht mehr der König den .Königszins" oder ,Kaiserzins' von den Rodungen, sondern die Landgrafen bzw. anderswo die Reichsvögte, welche an Stelle des Königs das Jagd- und Hochwaldregal 4 Als B. Zeerleder von Steinegg 1837 Saanen besucht hatte, schrieb er in seinen Erinnerungen: «Saanen behauptet, ursprünglich gleich dem Haslital und der Ur-Schweiz am Waldstätter See eine freie Genossenschaft, ohne Herren gewesen zu sein. Ob mit Grund, weiß ich nicht.» Vgl. Rechtsgeschichte der Landschaft Saanen, von J. R. D. Zwahlen, 1947, S. 15. 'Rennefahrt S. 43. » Ib. S. 44. 109 ausnutzten.» 7 In Saanen waren es die Grafen von Greyerz und andere Grundherren, die Zinse forderten. Über ihr Hochwaldregal entstanden aber Streitigkeiten, und zwar 1379 mit den Einwohnern von Savièse und 1429 mit den Landleuten von Saanen. Die Landleute übten das Jagd- und Fischereirecht gemeinsam mit ihren Herren aus, und über solche Verhältnisse sagt Rennefahrt: «Dort, wo freie Leute sich auf freiem Eigen hatten ansiedeln können, vermochte sich durch lang andauernde Übung ein Recht der Einwohner auf Jagd und Fischerei zu entwickeln.» 8 Tatsächlich haben zu Saanen in vor- grundherrlicher Zeit freie Leute sich auf freiem Eigen ansiedeln können. «Es ist anzunehmen, daß im 12./13. Jahrhundert in den alten Siedelungen das freie Eigen in der Hand freier Bauern die Ausnahme gewesen sei.» 9 Dies trifft auch für Saanen zu, denn im 13. Jahrhundert gehörten 2/3 der rekonstruierten alten Hüben unfreien Bauern, was wieder auf die starke Ausdehnung der Grundherrschaft in der Landschaft hinweist. In den später besiedelten Teilen könnten sich aber wieder Freie niedergelassen haben, was aus folgendem hervorgeht. «Unter den deutschen Königen und zur Zeit der Zähringer bürgerte sich für Siedelstellei^der Ausdruck ,stat' ein.» «Stätten» sind bis in das späte Mittelalter hinein im Berner Oberland Siedelstellen, die im früheren Königswald oder auf bisher nicht oder spärlich besiedelten Höhen entstanden sind19. In Saanen gab es ebenfalls «Stätten» und gerade in jenen Teilen der Landschaft, die spät besiedelt wurden, z. B. östlich vom Lauibach: 1. stety lauina (1312) oder Lauenen; 2. niderstet versus tongala (1360), d.h. Niederstatt am Dungel; 3. wagenestet (1312) im Wispillen; 4. walquerstoz (1360) oder Walkerstatt in Schönried; 5. mulistez (1324) im Meyelsgrund: 6. Reinaldus de Hofstetten (1368) ; 7. Gufenstatt, n. Gstaad (noch heute bestehend); 8. Statt im Turbachtal; 9. Wistätt am Wistätthorn. Ortsnamen mit -statt waren und sind noch heute besonders auf altem Reichsboden verbreitetu. Es besteht somit ein Indiz dafür, daß Saanen im frühen Mittelalter ganz oder teilweise Reichsland war. Obwohl nicht behauptet werden soll, daß alle Siedler, welche eine «stat» bewohnten, deshalb unbedingt haben freie Leute sein müssen, darf immerhin