ISSN 2199-3572 Nr. 5(21) Mai 2016/ Nisan-Ijjar 5776 RU NDSCHA U 3,70 € JÜDISCHEUnabhängige Monatszeitung · H erausgegeben von dr. r. Korenzecher

Die Ukraine hat Der Wert Israels sonnigere einen jüdischen der Befreiung Alternative zum Ministerpräsidenten Jakobsweg Vor 71 Jahren endete der Wolodymyr Grojsman Zweite Weltkrieg Andy Eggert zum Wandern begann als gewissenhafter auf dem Israel-Trail Bürgermeister seite 3 seite 24-25 KOLUMNE DES HERAUSGEBERS Labours antisemitische Krise DR. R. KORENZECHER Liebe Leserinnen und liebe Leser,

der schöne Brauch der gemeinsamen Seder- NEAL, LEON AFP Mahle macht das Pessachfest auch zu Tagen der familiären Begegnung und des fröhli- chen familiären Miteinanders, an denen das ganze jüdische Volk in Israel und überall in der Welt gemeinsam mit allen seinen Liebs- ten die Befreiung aus Knechtschaft, Unter- drückung und physischer Bedrängnis feiert. Die Redaktion und ich hoffen, dass Sie alle in diesem Sinne im Kreise Ihrer Familien und Ihrer Lieben ein gesundes, gesegnetes Pessachfest und zwei wundervolle Seder- abende verlebt haben. Dass dies für Juden in der neueren Ge- schichte und auch heute keine Selbstver- ständlichkeit war und ist, kann leider nur allzu leicht belegt werden. Da schmerzt es angesichts der Geschichts- losigkeit der gegenwärtigen politischen Entwicklung in der westlichen Welt und der Mainstream-getragenen zunehmenden Ju- denfeindschaft und Israel-Delegitimierung besonders, dass sich genau in diesen Ta- gen vor nur 73 Jahren – in der Zeit vom 19. April bis zum 16. Mai des Jahres 1943 – die gedemütigten, eingepferchten, entrechte- Von Jerome Lombard en allseits als „Red Ken“ bekannt ist, doch Bürgermeisteramt bei den Wahlen am 5. ten, von Hunger und Krankheit entkräfteten eigentlich seine Parteikollegin und nur tags Mai, bezeichnete Livingstones Aussagen jüdischen Bewohner des noch über 50.000 Das Lachen sollte ihm und vielen La- zuvor ebenfalls wegen antisemitischer Aus- als „schrecklich und unendschuldbar“ und jüdische Frauen, Männer und Kinder zählen- bour-Politkern an diesem 28. April gehö- fälle aus der Partei geworfene Parlaments- forderte ihn sogleich zum Austritt auf. Am den Warschauer Ghettos in einem ebenso rig vergehen: Ken Livingstone, Vertreter abgeordnete Naz Shah verteidigen. Dieses lautstärksten äußerte sich Labour-Parla- heldenhaften wie verzweifelten und aus- des linken Flügels der britischen Labour Unterfangen ging aber mal ganz gehörig in mentarier John Mann. Und was der von sichtslosen Aufstand gegen ihre übermäch- Party und langjähriger Freund von Par- die Hose. Am Ende des Tages stand fest: Livingstone und dessen Kommentaren tigen deutschen Peiniger und Schlächter teichef Jeremy Corbyn, ist aus seiner Par- Livingstone muss unter seine Labour-Par- hielt, sagte er diesem direkt und unver- erhoben haben und bestialisch ermordet tei ausgeschlossen worden. Der 70-Jähri- teimitgliedschaft unfreiwillig einen Strich blümt in der Vorhalle der TV-Studios von wurden. ge habe Labour öffentlich „in Misskredit setzen und die Sozialdemokraten stehen Westminster ins Gesicht, wo Livingstone Und tatsächlich, trotz aller für das gegen- gebracht“ und müsse sich nun vor einem im Epizentrum eines Skandals um Antise- noch am selben Tag zu einer weiteren Talk- wärtige Politikversagen zur Rechtfertigung parteiinternen Untersuchungsausschuss mitismus und Antizionismus. Runde geladen war: „Sie sind ein widerli- verkommenen und häufig nur noch sinn- verantworten, hieß es. Dass Labour sich damit selber in eine cher Rassist, der die Geschichte neu schrei- entleerten und geheuchelten Gedenktags- Der dahinterstehende und für die briti- neuerliche Krise manövriert hat, war füh- ben will“, schimpfte Mann vor laufenden ritualisierung – in unseren schlimmsten Alb- schen Sozialdemokraten sicher nicht ganz renden Parteipolitikern noch am selben Fernsehkameras und nannte Livingstone träumen hätten wir die heutige traurige und neue Vorwurf: Antisemitismus in den Tag klar. Da half es auch nichts, dass Cor- einen „Nazi-Apologeten“. Starke Worte. beschämende Entwicklung nicht einmal eigenen Reihen. Corbyn und die Labour- byn diesen Umstand gegenüber der Pres- Vor allem, wenn man bedenkt, dass Mann andenken mögen Führung sahen sich zu dem drastischen se wegzudiskutieren versuchte. „Das ist und Livingstone eigentlich Parteikollegen Nur 71 Jahre nach dem Zusammenbruch Schritt des Parteiausschlusses gezwungen, keine Krise. Es gibt auch keine Krise. Wo sind. Beziehungsweise waren. Livingstone des Nazi-Horrors, dessen endgültiges Ende nachdem Livingstone mit antisemitischen auch immer es Rassismus innerhalb der selber verteidigte seine Aussagen im Nach- und Kapitulation die westlichen Alliierten Kommentaren während eines Radiointer- Partei gibt, wird dagegen angegangen und hinein. Er habe niemals nahelegen wollen, und vor allem die sowjetische Armee in der views mit BBC London aufgefallen war. In er wird ausgerottet. Jeder, der glaubt, die dass Hitler ein Zionist gewesen sei und le- Nacht vom 8. Mai auf den 9. Mai besiegelt dem per Telefon geführten Interview hatte Partei unternehme nicht genug gegen An- diglich „historische Fakten“ genannt. Im haben und nur 73 Jahre nach dem Fanal Livingstone Hitler und Zionisten in einem tisemitismus, liegt einfach falsch“, erklärte Übrigen sei er Opfer einer undemokrati- des Aufstandes im Warschauer Ghetto sind Atemzug genannt und eine Gleichsetzung der Parteivorsitzende gegenüber der BBC schen Schmierenkampagne geworden, die „Juden-ins-Gas“-Rufe und No-Go-Areas für nahegelegt. sichtlich genervt. Corbyn verteidigte den von der „Israel-Lobby“ gegen seine Person Juden, körperliche Übergriffe, Beschimp- „Lassen Sie uns in Erinnerung rufen; als Rausschmuss seines alten Parteifreunds und andere sogenannte Israel-Kritiker in- fungen und sogar gezielte Terrormorde an Hitler die Wahlen 1932 gewann, war es sei- Livingstone wegen „schwerwiegender Be- nerhalb der Partei initiiert worden sei. Juden in deutschen und europäischen Städ- ne Politik, die Juden nach Israel zu bringen. denken über die verwendete Sprache“, die Die jetzt entbrannte Diskussion um Anti- ten wieder Wirklichkeit geworden. Er unterstützte den Zionismus – bevor er dieser in besagten Interview gebraucht semitismus und Israelfeindschaft in den ei- .  Fortsetzung auf Seite 2 Österreich 3,70 € verrückt wurde und am Ende sechs Milli- habe. Freilich ohne Livingstone damit di- genen Reihen kommt für Labour zur Unzeit. Schweiz 4,60 CHF onen Juden ermordete,“ sagte Livingstone rekt des Antisemitismus zu bezichtigen. Anfang Mai stehen in Schottland, Wales und gegenüber einer Moderatorin des öffent- Dass es bei Labour gehörig brodelt, in vielen englischen Grafschaften Lokalwah- 05 lich-rechtlichen Senders in der englischen konnte man an den Reaktionen führen- len an. In London kommt die wichtige Bür- Hauptstadt und fügte sogleich hinzu, dass der Parteivertrer zur Causa Livingstone germeisterwahl hinzu. Für die Sozialdemo- er niemanden in seiner Partei kenne, der ablesen. Entsprechend deutlich fiel die kraten sind diese Abstimmungen ein erster sich jemals antisemitisch geäußert habe. Kritik an dem schon in der Vergangenheit großer Stimmungstest nach der Ernennung Welch Ironie! Wollte Livingstone, der von immer mal wieder mit israelfeindlichen des Linksaußen-Hinterbänklers Corbyn 2000 bis 2008 ein durchaus populärer Bür- und zumindest latent antisemitischen Äu- zum Parteichef nach den haushoch gegen germeister von London war und wegen sei- ßerungen aufgefallen Politiker aus. Sadiq die Konservativen verlorenen Parlaments- 4 198807 003709 ner ultralinken Weltsicht in Großbritanni- Khan, Labour-Kandidat fürs Londoner wahlen im vergangenen Sommer. 2 WELT № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU Labours antisemitische Krise Hatte Corbyn in letzter Zeit mehr und politischen Gegner reagieren. Da half es schaffen zu haben, in dem Antisemitismus Unternehmer und seit 1997 für Labour mehr versucht, sich selber moderater zu ge- auch nichts, dass Shah beteuerte, sie habe und der Hass auf Israel akzeptabel erschei- Life Peer-Mitglied im Oberhaus, schaltete ben und auf die jüdische Gemeinschaft zuzu- den Post vor ihrer Zeit als Parlamentarie- nen. Und das in einer Partei, die früher als sich in die aktuelle Debatte ein und sprach gehen, können diese Annäherungsversuche rin geschrieben und sei jetzt ganz anderer traditionelle politische Heimat für jüdisch- von einem ausgeprägten und „ernsthaf- nun als bloße Heuchelei verstanden werden. Meinung. Livingstone sorgte dann sei- britische Wähler galt. So hat der walisische ten Antisemitismusproblem“ innerhalb Der neue Parteichef stand in der Vergan- nerseits dafür, dass Corbyns Rechnung Ableger von Labour in einer ersten Reakti- seiner Partei. Seine Kollegin, die liberale geneheit selber immer wieder wegen israel- im Fall Shah nicht aufging. Dass es nun on Corbyn nur einen Tag nach Livingsto- Politikerin und Rabbinerin Baroness Julia feindlicher Aussagen und seinen Kontakten ausgerechnet Livingstone war, der sich die nes Skandal-Interview von einer gemein- Neuberger, präzisierte: „Labours Problem zu radikalen Islamisten und Holocaustleug- Blöße gab und für einen ausgewachsenen sam geplanten Wahlkampfveranstaltung mit dem Antisemitismus hängt mit Partei- nern in der Kritik. Der Parteiausschlus Naz Skandal sorgte, ist für Corbyn ein beson- am Bridgend College in Pencoed ausgela- chef Corbyn zusammen. Es ist eine Sache Shahs, Ex-Labour-Parlamentarierin für den ders schwerer politischer Schlag. War der den. Wie die Lokalzeitung „The Western der radikalen Linken.“ Am deutlichsten Wahlkreis Bradford West, sollte eigentlich in der Parteilinken stets beliebte Alt-Polti- Mail“ berichtet, seien die Sozialdemokra- wurde Lord Alan Sugar, der seine Labour- ein deutliches Zeichen an die britische Be- ker nach der verlorenen Wiederwahl zum ten in Wales in höchsten Maße unzufrieden Parteimitgliedschaft aus Protest gegen die völkerung sein, dass man das Problem des Londonder Bürgermeister im Jahr 2012 über Corbyns Zaghaftigkeit im Fall von Wahl Corbyns 2015 an den Nagel gehängt Antisemitismus in der eigenen Partei nicht doch weitestgehend aus der Öffentlichkeit Shah und Livingstone. Keinen der beiden hatte. „Die Extremisten haben die Par- länger unter den Teppich kehre und ernst- verschwunden, war es Corbyns persönli- Ausschlüsse hatte der Parteichef offiziell tei übernommen“, erklärte der 69-jährige haft dagegen vorgehe. cher Wunsch und Wille, ihn wieder auf die klar mit Antisemitismus begründet. Durch Geschäftsmann. Die nächsten Tage und Die pakistanischstämmige Shah hatte Bühne zu bringen und damit seinen Links- Corbyn befürchtete man nun negative Aus- Wochen werden zeigen, ob Corbyn sich auf ihrer Facebook-Seite geschrieben, dass kurs weiter zu zementieren. wirkungen auf den dortigen Wahlkampf. als Parteivorsitzender wird halten können. die Lösung des Nahost-Konflikts darin Es liegt also sicherlich auch an der Perso- Ob das Fernbleiben in Wales etwas nützt Die Ergebnisse der Lokalwahlen und sein bestehen könne, den Staat Israel und seine nalie Livingstone, dass Corbyn nun selber und wie sich der Antisemitimus-Skandal Umgang mit der aktuellen Krise werden Bevölkerung in die USA zu verfrachten. ins Zentrum des Skandals rückt. Die Causa insgesamt auf die Lokalwahlen auswirken entscheidenden Einfluss darauf haben. Auch wenn Shah sich Ende April während Shah-Livingstone hat Stolper-Potential für wird, bleibt abzuwarten. Und, falls Corbyn bleibt, wie er sich beim einer emotionalen Debatte im Unterhaus den Parteivorsitzenden. Und in der Partei Im britischen Oberhaus sitzende jüdi- nächsten Fall von Antisemtismus oder An- für diesen offensichtlich antisemitischen wächst der Unmut. Nicht wenige machen sche „Peers“ warnen schon seit längerem tizionismus verhält. Denn der wird in die- Post entschuldigte, musste Corbyn wegen Corbyn persönlich dafür verantwortlich, vor dem unter Corbyn um sich greifen- ser Labour Party sicher nicht lange auf sich des Drucks aus seiner Partei sowie vom ein Klima innerhalb der Labour Party ge- den Antisemitismus. Lord Michael Levy, warten lassen.

 Fortsetzung von Seite 1 KOLUMNE DES HERAUSGEBERS DR. R. KORENZECHER Statt einer konsequenten, wehrhaf- werden konnte. Die nunmehr auch vom ihrer Väter und Großväter. genden politischen Establishments und ten, die Ursachen und die nahezu aus- Westen bejubelte Rettung des gesamt- Linksideologische Islamfreundlichkeit, wird das Phänomen nicht beseitigen. schließlich muslimischen Verursacher menschlichen Kulturerbes von Palmy- Israeldämonisierung und antijüdischer Abhilfe könnte nur eine Abkehr von treffenden, nachhaltigen Ahndung ra vor der Barbarei des Islams und vor Vorbehalt bilden gegenwärtig zuneh- dem bisherigen Ausverkauf unserer sä- durch unser Rechtssystem stehen Ver- völliger Zerstörung ist – Armutszeugnis mend unheilige Allianzen mit dem neu- kularen, freiheitlichen Werte und eine tuschung, Verschweigen und Kleinre- für den Westen genug – ausschließlich importierten gewalttätigen Judenhass grundlegende, auch mit drastischen den im Fokus unserer Politik, unserer russischem militärischem Eingreifen zu der muslimischen Migranten und dem Personalveränderungen einhergehen- Justiz und unserer öffentlich-rechtli- verdanken. tradierten Antisemitismus des reaktiv er- de Umbesinnung und Neuausrichtung chen Medien. Statt hier anzuknüpfen, um gemein- starkten rechten Randes. unserer politischen Mitte. Empathie oder auch nur ein Mitfüh- same brückenbauende Initiative zu er- Während auch weiterhin selbstüber- Leider gibt es dafür keine Anzeichen. len mit den bereits wenige Wochen greifen und die NATO gleichzeitig vom hebliche Kritikunfähigkeit der politisch Vorschläge wie etwa die vollständi- nach dem jüngsten Terror von Brüssel Einfluss des sabotierenden Panislamis- Verantwortlichen an der eigenen un- ge Abschaffung der Strafbarkeit bei und Paris kaum noch der Erwähnung ten und Zypern-Usurpators Erdogan zu säglichen Politik das Nennen der eigent- Diebstahldelikten in Einzelhandels- für Wert befundenen Opfern sucht man befreien, ist das an völlig falscher Stelle lichen Ursachen für dieses Geschehen geschäften oder die Hergabe unserer in unseren Medien und unserer Politik praktizierte vorsätzliche Wiederbeleben ausklammert, weisen die hiesigen Wahl- Pressefreiheit für die Befindlichkeit von vergeblich. des Kalten Krieges durch die vertrags- umfragen und nicht zuletzt das Ergeb- islamischen Diktatoren stellen eine Eher beherrschen Täter-Opfer-Ver- widrige, Obama-, Merkel-, und Steinmei- nis der Wahlen in Österreich nur allzu Anbiederung an die falsche Seite und kehrung, Schuldzuweisungen an die er-getragene Stellung von neuen NATO- deutlich aus, dass der seiner politischen ein fatales Signal gegen unser aller meist jüdischen Opfer und die Sorge Kontingenten bis unmittelbar an die Heimat – wegen des Versagens der po- Rechtscredo dar und sind wenig ange- um eine vermeintliche Instrumenta- russische Staatsgrenze, noch ein weite- litischen Mitte – verlustig gegangene tan, die massive Wählerabwanderung lisierung gegen den Islam und seine rer Schritt zur Destabilisierung Europas. Wähler zunehmend nach rechts abwan- aufzuhalten. wegen der Mordtaten an Juden jubeln- Anbiederung und Lobhudelei gegen- dert. Unerträglich ist auch die zur allge- den oder in großer Zahl zustimmend über Menschenrecht und Pressefreiheit Die Relativierung und Einzelfall-Klein- meinen Politik-Usance gewordene De- schweigenden Anhänger die Reaktion verachtenden, Demokratie-feindlichen, redung islamischer Gewalttaten auf un- legitimierung und Dämonisierung des unserer hiesigen und europäischen Ter- panislamistischen Systemen und deren, ser Leben und unsere Rechtsordnung, jüdischen Staates Israel, der als einzige ror-Versteher aus Politik und Medien. sich wie Kalifen gerierenden Machtha- die bewusste Nichtanwendung unserer wirkliche Demokratie in der gesamten, Während das politische Klima und die bern stehen ungeniert auf der Agenda Gesetze gegenüber muslimischen Tä- nahezu sämtlichst aus islamischen “failed Sicherheitslage für jüdische Menschen unserer – man kann es kaum fassen – iro- tern und die stereotype Wiederholung states“ bestehenden Region eine Heim- zusehends prekärer werden, sind die nischerweise frei und selbst, wenn auch der grundfalschen Behauptung, der Is- statt für alle Juden und ein Bollwerk ge- „Entjudung” ganzer, vornehmlich Islam- fahrlässig gewählten, westlichen, allen lam gehöre zu Deutschland und Euro- gen den täglichen islamischen Terror ge- dominierter Bezirke in den Städten Eu- voran deutschen suizidalen Selbstauflö- pa, schaffen da keine Abhilfe, sondern worden ist. ropas längst wieder keine undenkbare sungspolitik. beschleunigen nur diesen Trend und Zusammen mit Israel begehen wir in Seltenheit. Eine mit fataler Konsequenz durch die Strukturauflösung unserer westli- den folgenden Mai-Tagen mit dem Jom Nichts in den Reaktionen unserer unsere Politik und Mainstreampresse chen Gemeinschaften. HaShoah, dem Jom HaZikaron und dem Politik-Verantwortlichen deutet darauf geleugnete und bagatellisierte Islamisie- Das zum Teil – auch durch einige als Jom HaAtzma‘ut drei wichtige Feiertage, hin, dass aus der Geschichte gelernt rung sowie eine gegen besseres Wissen jüdisches Alibi gern genutzte opportu- die an den Leidensweg des jüdischen Vol- worden wäre. sogar schöngeredete massive islamische nistisch-willfährige jüdische Funktions- kes aber auch an die Wiedergeburt des Beklatscht und ermutigt durch den Zuwanderung von kaum auf ihre wirkli- träger – übernommene unentwegte jüdischen Staates Israel auf seinem histo- schon nahezu endlose und verhäng- chen Absichten und ihre demokratische Rechtfertigen des Islam und das bevor- risch legitimierten Gebiet erinnern. nisvolle acht Jahre im Amt befindli- und integrative Eignung geprüften Mus- mundende und diffamierende ständige Allen alten und neuen Pharaonen, chen Iran-Atomwaffen-Wegbereiterlimen hat bereits zu weitgehend irrever- Bashing besorgter Islamisierungs-Geg- dem islamischen Terror und allen übri- aus Übersee – Europa und Deutschland siblen Schäden an unserer abendlän- ner tragen ein Übriges zum Misstrauen gen Feinden der Juden zum Trotz – das werden in dieser Zeit beherrscht durch dischen Wertewelt und zur kaum noch der Wähler auch gegenüber der jüdi- demokratische Israel hat sich seit seiner ein rückgratloses Appeasement gegen- übersehbaren Spaltung des europäi- schen Gemeinschaft bei. Neugründung prächtig zu einem Ort der über der rassistischen, sich hinter einem schen Zusammenhalts geführt. Dabei ist es ausschließlich die durch Stabilität und des Wohlstandes entwi- schlechten Religionsplagiat tarnenden, Ebenfalls nicht zu übersehen ist die unsere Politik uneinsichtig, verbohrt ckelt und wird auch in Zukunft ein siche- gegen unsere westlichen Lebenswerte als Folge des Islamimports deutlich zu- und selbstgefällig am Wählerwillen vor- rer Zufluchtsort für alle Juden bleiben. gerichteten, Demokratie-feindlichen nehmende Radikalisierung und Demo- beigehend praktizierte Verweigerung In diesem Sinne wünschen wir dem und vor allem massiv antisemitischen kratieverachtung sowie die wachsende der Verteidigung unserer westlichen Staat Israel, seiner lebensbejahenden, Weltbeherrschungsideologie des Islam. Judenfeindschaft der hier bereits länger Werte gegen deren Verachtung durch jungen demokratischen Gesellschaft, Hierzu gehört auch das deutlich zur ansässigen Muslime, deren zweite und den Islam, die zum Erstarken der neu- dem gesamten jüdischen Volk, Ihnen und Kenntnis genommene jahrelange Ver- dritte Generation bezeichnenderweise en politischen Formierungen geführt uns allen alles erdenklich Gute. sagen der westlichen Allianz im Kampf und im Gegensatz zu anderen Migran- hat. Die arrogante Verteufelung und gegen den IS, dessen Einflusssphäre ten-Ethnien häufig weniger integriert Beschimpfung der sich neu orientieren- Am Israel Chai! innerhalb von Wochen nur durch rus- und integrationsbereit ist als die ur- den Wähler und ihrer Vertreter ist nur sisches Eingreifen drastisch reduziert sprüngliche Einwanderungspopulation ein Zeichen der Ratlosigkeit des versa- Ihr Dr. Rafael Korenzecher № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU WELT 3

Von Monty Aviel Ott

Es ist nicht lange her, da haben wir uns eine Woche lang vom „Brot der Armut“ Der Wert der Befreiung ernährt. Das trockene Gebäck braucht so Vor 71 Jahren endete der Zweite Weltkrieg einigen Erfindungsreichtum, um wirklich genießbar zu werden. Doch verbergen die staubtrockenen Mazzeblättchen, wie auch andere symbolische Handlungen in jüdischen Ritualen, eine tiefgründige Be- deutung: „Wir waren Sklaven in Ägypten“. Pessach ist das Fest der Befreiung an wel- chem wir uns zweierlei bewusst machen sollten: einerseits, welche Freiheit wir heu- te genießen und andererseits, von was wir JOHN MACDOUGALL, AFP uns heute noch versklaven lassen. Doch eine knappe Woche nach dem Ende von Pessach, liegt ein säkularer Tag der Befreiung vor uns. Und mit dem 71. Jahrestag dieser Befreiung wird es mal wieder Zeit für eine Bestandsaufnahme. Auch an diesem Tag sind wir von einem Übel befreit worden. Ein Übel, das keinen Vergleich kennt. Ein Unheil, das in seiner Monstrosität singulär in der Geschichte des Menschen ist. Der 8. (bzw. im russisch- sprachigen Raum der 9.) Mai markiert das Datum der Erlösung vom Nationalsozialis- mus, der Erlösung von den Mordfabriken, die unter anderem die Namen Auschwitz, 71 Jahre danach ist der Antisemitismus noch immer nicht besiegt. Sobibor und Treblinka trugen. Doch was meint eigentlich Erlösung bzw. Wer hier von Übertreibung redet, der man noch ganz offen, dass „die Juden“ die entführer, die bei der Entführung der Befreiung in diesem Zusammenhang? Wer vergisst, dass jüdische Gemeinden Hoch- Weltbrandstifter seien. Israel wird in dieser Air-France-Maschine im Juli 1976 nach ist befreit worden vom Nationalsozialis- sicherheitstrakten gleichen. In meiner Projektion also zum „kollektiven Juden“, Entebbe Schützenhilfe leisteten. Die mus? Und welche Lehren wurden daraus Gemeinde werden wir beim Beten durch zum „Juden unter den Staaten“ und all das deutschen Terroristen waren es auch, die gezogen? Der Frankfurter Sozialpsycho- kugelsicheres Glas geschützt. Übertrieben nur, weil man „uns nie verzeihen (wird), an Bord die Selektion jüdischer Passagie- loge und Mitbegründer der sogenannten ist nicht das jüdische Sicherheitsbedürfnis, daß wir uns nicht haben erschlagen oder re vornahmen. Hierbei kam es dann zu „Frankfurter Schule“ Theodor W. Adorno sondern der Hass der Antisemiten. Und ein bißchen vergasen lassen“ (Zwi Rex). einer nennenswerten Begebenheit: „Als konstatierte in seinem Essay „Was bedeu- das auch in Deutschland nach 1945. Franz Joseph Strauß sagte: „Ein Volk, ein Holocaustüberlebender Böse (Anm.: tet: Aufarbeitung der Vergangenheit“: „Die Trotz des offensiven Auftritts antisemiti- das diese wirtschaftlichen Leistungen einer der beiden Terroristen) dabei seine Forderung, daß Auschwitz nicht noch scher Auswüchse im Jahr 2014, muss kons- vollbracht hat, hat ein Recht darauf, von eintätowierte Häftlingsnummer zeigte einmal sei, ist die allererste an Erziehung.“ tatiert werden, dass die bekennenden Anti- Auschwitz nichts mehr hören zu wollen.“ und ihn so an die Selektion in den Kon- Adornos Forderung aus den 60er Jahren semiten weitgehend aus der Öffentlichkeit Während die Vergangenheit immer wei- zentrationslagern erinnerte, erwiderte des 20. Jahrhunderts hätte zur Leitmaxi- verschwunden sind. Da, wo es vor 1945 ter derealisiert wurde, schloss man den Böse auf den darin implizierten Vorwurf, me der jüngeren bundesrepublikanischen noch Antisemitenvereine gegeben hatte, „großen Frieden mit den Tätern“, was der er sei kein Nazi, sondern Idealist.“ Gesellschaft werden sollen. Doch weder wird der plumpe Neonazi-Antisemitismus Publizist Ralph Giordano als die „zweite Zuvor hatten Gruppierungen deutscher der Fakt des industriellen Mordes, noch Terroristen bereits Anschläge auf das jüdi- sein Ausmaß besiegelten das Ende des sche Gemeindezentrum in Berlin und das Antisemitismus. Es wurde fast das kom- „Der Antisemitismus, enthalten jüdische Altenheim in München verübt. plette europäische Judentum ausgerottet Das Weltbild, das diese Gruppierungen und dennoch scheint die Vergangenheit im Anti-Israelismus oder Anti-Zionismus vertraten, ist bis heute in einem Teil der in Deutschland „höchst lebendig“. Adorno „Linken“ aktiv. Es ist eben jener Teil lin- stellte sich die Frage, „ob bloß als Gespenst wie das Gewitter in der Wolke, ker politischer Gruppierungen, die immer dessen, was so monströs war, daß es am noch in Israel das absolut Böse sehen und eigenen Tode noch nicht starb, oder ob es ist wiederum ehrbar.“ versuchen durch Täter-Opfer-Umkehr ihr gar nicht erst zum Tode kam“. Wie leben- Gewissen zu beruhigen. Sie leben im Wie- dig der Antisemitismus weiterhin ist, wird weitgehend, das heißt in immer wiederkeh- Schuld“ beschrieb. Victor Klemperer, des- derholungszwang, frei nach dem Motto einem bewusst, wenn man die Anschriften renden Beschwörungsformeln, geächtet. sen detaillierte Tagebücher der Jahre der „die Geschichte beweist, dass der Mensch an den Zentralrat der Juden in Deutsch- Aber wie Jean Amery bereits 1969 fest- nationalsozialistischen Diktatur jedem nichts aus der Geschichte lernt“. Der Status land und die Botschaft des Staates Israel stellte, „der Antisemitismus, enthalten im Historiker ein Begriff sind, erklärte bereits Quo ist, dass die Angst jüdischer Gemein- liest, wie Monika Schwarz-Friesel es auf Anti-Israelismus oder Anti-Zionismus wie 1945, dass das „3. Reich (...) schon so gut den nicht nur in Bezug auf faschistische wissenschaftlicher Basis getan hat. das Gewitter in der Wolke, ist wiederum wie vergessen (ist), jeder ist sein Feind ge- Gruppierungen und pseudo-demokrati- Auch in Teilen der deutschen Gesell- ehrbar.“ Dabei spielt Amery darauf an, dass wesen, ‚immer’ gewesen“. Doch das Fortle- sche Parteien besteht, sondern dass sich schaft leben antisemitische Vernichtungs- es heute als politisch korrekt gilt, wo antise- ben des Nationalsozialismus spiegelte sich Antisemitismus 71 Jahre nach der Befrei- wünsche fort. Diese äußerten sich sehr mitische Ressentiments qua Umwegkom- nicht nur in dieser Massenpsychose wieder, ung quer durch die Gesellschaft bewegt. offen während militärischer Konflikte im munikation als „Kritik am Kapitalismus“ sondern auch in dem zunehmenden Wahl- Auf politischer und gesellschaftlicher Nahen Osten oder während der Beschnei- oder „freundschaftlicher Ratschlag an Isra- erfolg rechtsradikaler Parteien und eines Ebene gibt es weiterhin viele progressive dungsdebatte im Jahr 2012. Zuletzt zeigte el“ geäußert werden. sich als links begreifenden Israelhasses. und emanzipative Kräfte, die sich dem sich die Fratze des antisemitischen Hasses Die Ironie ist, dass das Kriegsende, also Bezüglich des Letzteren berichtet der Kampf gegen Judenhass widmen. Auch auf deutschen Straßen während der Ausei- die Niederlage Deutschlands und seiner bereits angeführte Theodor W. Adorno im Alltagsleben kommt es immer wieder nandersetzung zwischen den israelischen Verbündeten, eine neue Form (anderes von einer Situation aus der Frankfurter zu positiven Begegnungen. Doch muss Verteidigungskräften und der Hamas im Äußeres, gleiche Substanz) des Antisemi- Uni. Der jüdische Studentenverband hatte man sich als Jude in Deutschland die Fra- Jahr 2014. Hier gab es die Querfront zwi- tismus begründete. Die sog. „unauflösliche den israelischen Botschafter eingeladen, ge stellen, kann ich selbst, oder können schen Kräften, die im politischen Spekt- Verbindung“ (Bundespräsident Joachim um über die Situation im Nahen Osten meine Kinder (sobald/sofern ich welche rum links und rechts angesiedelt werden, Gauck) zwischen Deutschland und Is- zu referieren. Asher Ben-Natan, der einst habe, ihr) mein Judentum öffentlich le- jedoch mit unterschiedlichem Wortlaut, rael wird dabei immer wieder belegt mit mit seiner Familie vor der nationalsozi- ben, ohne Repression zu fürchten? Wir aber denselben Stereotypen gegen den Ju- Schuldabwehr und Projektionen. Und alistischen Verfolgung aus Deutschland begehen den Tag der Befreiung, doch denstaat mobilmachten. hierbei wird die politische Einordnung von geflohen war, wurde von einer Allianz aus die Wahrheit ist, dass wir nicht endgül- „Jude, Jude, feiges Schwein, komm he- „rechts“ und „links“ rissig, denn der anti- rechtsradikalen, linksradikalen und „pa- tig von dem befreit wurden, was vor 71 raus und kämpf allein“, hätte auch eine zionistische Antisemitismus ist, contraire lästinensischen“ Studenten niedergebrüllt. Jahren so unsägliches Leid über Europa „Stürmer“-Überschrift lauten können. So zu manchen Faschismustheorien der 60er Adorno schreibt an einen Freund: „Du gebracht hat. Die Feinde der Juden befin- manch einer, der gerade diese Zeilen liest, Jahre, kein dezidiert „rechtes“ Phänomen, müßtest nur einmal in die manisch erstarr- den sich weiterhin auf dem Angesicht der wird wahrscheinlich die Hände über dem sondern ein gesamtgesellschaftliches Prob- ten Augen derer sehen, die, womöglich un- Erde und einige greifen nach atomaren Kopf zusammenschlagen, oder er wird die lem. Die negativen Eigenschaften bzw. das ter Berufung auf uns selbst, ihre Wut gegen Waffen. Die logische Konsequenz, die Seite mit meinen Worten herausreißen und „Gerücht über die Juden“ (Adorno) wird uns kehren.“ Unter ihnen waren auch eben gelebte Verantwortung nach der Schoah, wegwerfen. Alles Paranoia, alles übertrie- mit der Staatsgründung Israels (die auch jene Studenten, die sich unter anderem in nach dem Zweiten Weltkrieg, sollte also ben! Doch frage ich mich, wie übertrieben in diesem Monat wieder zelebriert wird), „palästinensischen“ Terrorlagern ausbilden heißen: „Nie wieder Auschwitz“. Wie kann die Angst vor den antisemitischen auf den Judenstaat übertragen. So erkannte ließen, um später in Deutschland Attentate diese Grundmaxime in die Tagespolitik Vernichtungswünschen sein, hinsichtlich das „gute Gewissen der Bundesrepublik“ auf Prominenz aus Politik und Wirtschaft übersetzt werden kann, sollte am besten der Mordanschläge, die in den letzten 24 in personae in Israel eine Bedrohung für auszuführen. Unter jenen, die sich ausbil- am Beispiel der Atomverhandlungen mit Monaten auf Juden in Europa abzielten? den Weltfrieden. 100 Jahre zuvor sagte den ließen, waren auch zwei Flugzeug- dem Iran gezeigt werden. 4 WELT № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU Was Ihnen das ZDF nicht erzählt Die „beste Lehrerin der Welt“, die mit einem Terroristen verheiratet ist Von Alexander Gruber wie ihr Vater und ihre Tante an einem Checkpoint angeschossen und schwer Vor wenigen Wochen erhielt die „paläs- verletzt wurden. Das war für sie trauma- tinensische“ Lehrerin Hanan Al-Hroub tisch.‘“ den von der Varkey-Stiftung ausgelobten Mit keinem Wort erfährt man in dem Preis als „beste Lehrerin der Welt“. Ver- ZDF-Bericht jedoch, wer der Mann Al- liehen wurde ihr diese Auszeichnung, Hroubs ist, der da scheinbar gänzlich weil sie sich mit ihren pädagogischen Me- unbeteiligt in eine bloß abstrakt als „Ge- thoden für Dialog statt für Gewalt ein- walt zwischen Palästinensern und Israe- setze und „sich gegen Zwangsmethoden lis“ bezeichnete Militärkontrolle geraten im Unterricht aus[spricht], die gerade im ist. Die deutschen Reporter schienen es Umfeld des Nahostkonflikts Traumata wohl nicht so genau wissen zu wollen, bei den Kindern verstärken können“, wie jedenfalls fragten sie nicht nach. Der „Pa- die Presse in ihrem Bericht zur Preisver- lestine Chronicle“ dagegen kannte solche leihung schrieb. Die Arbeit Al-Hroubs Skrupel nicht, weswegen man in seinem und die Anerkennung, die diese durch die Artikel auch erfährt, mit wem die „beste international zur Kenntnis genommene Lehrerin der Welt“ verheiratet ist: Auszeichnung erhielt, wusste denn auch „[Hanan] heiratete einen palästinensi- der „Palestine Chronicle“ zu schätzen, schen Freiheitskämpfer, Omar Al-Hroub, der – ganz der Gewaltfreiheit verpflichtet der an einer der wagemutigsten Guerilla- – folgende Zeilen über die Preisträgerin operationen in den besetzten Gebieten zu Papier brachte: teilgenommen hat – der Dabboya-Opera- ABBAS MOMANI / AFP „Sie bekam den 1-Million-Dollar-Preis tion in Hebron im Mai 1980. … Dreizehn bei einer Zeremonie in Dubai überreicht. Siedler, inklusive ihres Militärführers in In dieser stand sie groß und stolz da wie Hebron, wurden getötet, und dutzende ein vielgeliebter palästinensischer Oli- wurden verletzt. Monate nach der Opera- Hanan Al-Hroub druckt bei der gewalttätigen Vergangenheit ihres Mannes beide Augen zu. venbaum, dessen Wurzeln tief in der tion wurden die Guerillakämpfer gefasst, Erde des Heimatlandes verankert sind, dem ZDF-Bericht präsentiert wurde, für getränkt vom Blut seiner Märtyrer.“ sie bloß von jenen israelischen Check- Nun kann man Al-Hroub schwerlich  6 Menschen sterben bei der points aus, die genau zur Verhinderung vorwerfen, mit welchen Worten in „pa- solcher Attentate bestehen, wie ihr Mann lästinensischen“ Zeitungen über sie be- Daboyya-Operation eines begangen hat? Nicht zuletzt daran richtet wird, doch erfährt man in dem in ließ sich ja auch beurteilen, wie ernst es Rede stehenden Artikel einige Details Omar wurde inhaftiert und verbracht wurde und zu der sich Jassir Arafats Fa- ihr mit der friedlichen Erziehung wirklich aus der Biographie der Lehrerin, die viele Jahre in israelischen Gefängnissen, tah bekannte, fielen sechs Menschen zum ist – und damit die Frage beantworten, nicht so bruchlos zu den Jubelbeiträgen bevor er entlassen wurde. Dies war auch Opfer, 16 wurden dabei verletzt, darunter ob der „Palestine Chronicle“ ihr in seiner passen wollen, die auch in westlichen die Zeit, als er seine Lebenspartnerin traf Frauen und Kinder. Hanan Al-Hroubs Charakterisierung Unrecht tat oder nicht. Medien über sie verfasst wurden. In und heiratete, die zur besten Lehrerin der späterer Ehemann wurde für die Beteili- Den ZDF-Zusehern konnten solche einem dieser Beiträge stellte etwa die Welt werden sollte.“ gung an diesem Überfall verurteilt und Fragen allerdings gar nicht kommen, er- ZDF-Nachrichtensendung „heute plus“ Der damalige israelische Botschafter bei verbüßte mehrere Jahre in israelischen fuhren sie doch kein einziges Wort über Al-Hroub als Opfer israelischer Gewalt den Vereinten Nationen, Yehuda Blum, Gefängnissen, bevor er im Zuge eines Ge- den (familiären) Hintergrund der Ausge- dar, die auf das ihr Widerfahrene aller- beschrieb in einem Brief an den UNO-Ge- fangenenaustauschs freikam. zeichneten. Anstatt die Preisträgerin, die dings nicht mit Hass, sondern mit Ge- neralsekretär Kurt Waldheim die „Daboy- Insofern wäre es durchaus interessant doch für ihre Ablehnung von Gewalt mit waltlosigkeit und Friedensarbeit geant- ya-Operation“: Diese war ein bewaffneter gewesen zu erfahren, wie die für ihre ge- dem Titel „beste Lehrerin der Welt“ be- wortet habe: Überfall auf jüdische Gläubige, die sich waltfreie Pädagogik ausgezeichnete Leh- dacht wurde, nach dem von ihrem Mann „[Hanans] Schüler erleben häufig Ge- auf dem Rückweg von ihrem Schabbat- rerin über diesen Lebensabschnitt ihres mitbegangenen Anschlag zu befragen, walt, so wie Hanans eigene Kinder einst Gottesdienst beim Grab des Patriarchen Mannes denkt. Distanziert sie sich davon zog das ZDF es vor, den verurteilten Ter- – Gewalt zwischen Palästinensern und in Hebron befanden. Der Attacke, die mit und verurteilt, was er getan hat? Oder geht roristen als Opfer israelischer Gewalt zu Israelis: ‚Meine Kinder haben gesehen, Gewehren und Handgranaten ausgeführt die Gewalt, als deren Opfer Al-Hroub in präsentieren. 72 Millionen Pfund aus England an die „Palästinenser“ – pro Jahr Britische Steuerzahler zahlen Millionen an „palästinensische“ Terroristen Von Gideon Raffa kämpfen, und die lebenslange Zahlungen der PA, Machmud Abbas, – 8 Millionen zu, wenn „Palästina“ die Unabhängigkeit vergibt, deren Höhe je nach der im Ge- Pfund (11,31 Millionen Dollar) – für den erlangen sollte, würde die Regierung des Laut der Zeitung „Daily Mail“ bezahlen fängnis verbrachten Zeit und der Schwe- Bau eines Palasts in Ramallah verwendet Landes aufgrund der historischen Rolle die englischen Steuerzahler indirekt pa- re ihrer Verbrechen steigen.“ heißt es in worden. Großbritanniens bei der Förderung des lästinensische Terroristen und fördern der „Daily Mail“. Der Bericht enthielt auch ein Interview Zionismus Reparationszahlungen von damit weitere Anschläge auf Israelis. Ein Beispiel ist der Bombenleger der mit Achmad Musa, einem zu lebenslan- den Briten fordern. „Ihr solltet noch viel Tausende „palästinensischer“ Terroris- Hamas, Abdallah Barghouti, der 67 mal ger Haft verurteilten „palästinensischen“ mehr Geld an uns zahlen“, sagte er. ten, darunter die Drahtzieher von Selbst- zu lebenslanger Haft verurteilt wurde: er Doppelmörder, der als Geste Israels im Im Februar schrieb das britische Par- mordattentaten und die Mörder von hat insgesamt 106.000 Pfund (150.000 Rahmen der Fortführung des „Friedens- lamentsmitglied Joan Ryan einen Brief Frauen und Kindern, erhalten Unterstüt- Dollar) erhalten. Aus britischen Geldmit- prozesses“ nach fünf Jahren Haft aus ei- an Premierminister Cameron, in dem zungsgelder vom Vereinigten Königreich, teln werden auch „Gehälter“ an die Fami- nem israelischen Gefängnis freigelassen sie feststellte, dass es nicht angehen kön- wie die „Daily Mail“ kürzlich bekannt gab. lien von Selbstmordattentätern gezahlt, wurde. Er erhält jeden Monat 605 Pfund ne, dass das Geld der britischen Steuer- Eine zweimonatige globale Recherche ebenso an „Teenager, die an der jüngsten (855 Dollar). Andere Täter wie er erhal- zahler benutzt wird, um der PA einen des britischen Printmediums hat aufge- Eskalation tödlicher Anschläge gegen Is- ten wesentlich höhere Beträge und wenn „Blankoscheck“ auszustellen und dass sie deckt, dass in Judäa, Samarien und Gaza rael beteiligt waren“. sie sterben, wird das Geld weiter an ihre Rechenschaftspflicht über den Verwen- „trotz der Versprechen der regierenden Das britische Ministerium für Interna- Familien gezahlt. Das Geld für diese dungszweck der Gelder fordert, und zwar Palästinensischen Autonomiebehörde tionale Entwicklung (Department for In- Zahlungen stammt aus den Taschen der durch eine unabhängige Überprüfung (PA), die bisherige Praxis, Hilfsgelder ternational Development, DFID) und die britischen und europäischen Steuerzah- der Finanzhilfen. an überzeugte Terroristen zu zahlen, zu Europäische Union (EU) „unterstützen ler. Ryan, die Vorsitzende der „Labour beenden, … [sie] den Westen betrogen diese Zahlungen an Tausende von Terro- Amjad Awad, der 2011 Ehud und Ruth Friends of Israel“, sagte, sie sei „bestürzt“ haben, indem sie schlicht und einfach risten nach wie vor effektiv – trotz ihrer Fogel samt ihren drei Kindern ermor- darüber, dass die PA in ihren Schulen der PLO erlaubt haben, an ihrer Stelle die Behauptungen, sie hätten diese Verbin- dete, erhielt bislang geschätzte 16.000 Terroristen glorifiziert und der offizielle Gelder auszuzahlen.“ dungen schon vor zwei Jahren beendet“, Pfund (22.600 Dollar) aus dem Fonds. Fernsehsender der PA Antisemitismus Dem Bericht zufolge zahlt Großbri- stellt die „Daily Mail“ weiter fest. Dies sei Amr Nasser, Berater des Ministers für propagiert. Ryan erklärte, in einer par- tannien jährlich 72 Millionen Pfund (101 „von ehemaligen Häftlingen und Famili- soziale Angelegenheiten, sagte der „Daily teiübergreifenden Untersuchung könne Millionen Dollar) an die Palästinenser. en, die das Geld erhalten haben sowie in Mail“ gegenüber: „Es ist kein Verbrechen, festgelegt werden, für welche Zwecke die „Mehr als ein Drittel davon geht direkt offiziellen Stellungnahmen der PA“ be- gegen die Besatzung zu kämpfen. Diese Gelder verwendet werden. an die PA“, die „offen zugibt, Terroristen stätigt worden. Leute sind Helden. Selbst wenn wir ihnen zu unterstützen, die sie als Helden fei- a Außerdem sei ein Teil des von Groß- noch viel mehr Geld zahlen würden, wäre (Mit freundlicher Genehmigung von Re- ert, weil sie gegen die illegale Besatzung britannien erhaltenen Geldes vom Führer das noch nicht genug.“ Nasser fügte hin- daktion Audiatur) № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU WELT 5 Wie stehen die britischen Juden zum Brexit? Europas zweitgrößte Gemeinde in der britischen Parteienlandschaft Von Marius Bischoff an, dass Cameron die beste Haltung gegenüber dem britischen Judentum Als der britische Premierminister Da- vertritt. vid Cameron (Conservative and Uni- onist Party) am 23. Januar verlauten Wie haben sich die britisch- ließ, dass es zu einer Abstimmung über jüdischen Organisationen die EU-Mitgliedschaft Großbritanni- positioniert? ens, dem so genannten Brexit, am 23. Der Vorsitzende der britischen jüdi- Juni 2016 kommen wird, löste dies vor schen Gemeinde, Jonathan Arkush, allem innerhalb der Europäischen Uni- Präsident des Board of Deputies der on heftige Kritik aus. Seitdem sind vor britischen Juden, sagt, seine Organi- allem die Wirtschaft und die Menschen sation habe „nicht die Absicht, eine ausländischer Herkunft in Großbritan- Position zu der aktuellen Debatte nien verunsichert. um einen britische Ausstieg aus der Offiziell setzt sich Cameron für ei- Europäischen Union zu beziehen. nen Verbleib in einer „flexibleren, an- Dieses sei ein Thema, welches kei- WIKIPEDIA passungsfähigeren und offeneren“ EU ne klaren Auswirkungen auf die ein. Nach Ansicht des Premiers wird jüdische Gemeinschaft oder Israel es dazu kommen, dass Großbritanni- habe.“ en aus der Europäischen Union driften In „The Jewish News“ gab er zu wird, sollte es nicht zu grundlegenden bedenken: „Es ist wahr, dass die Veränderungen und tiefgreifenden Re- europäischen Institutionen in der formen innerhalb der Staatengemein- Vergangenheit Themen diskutiert schaft kommen. Auch in der britisch- haben, wie die Kennzeichnung von jüdischen Gemeinde hat sich eine koscherem Fleisch, Brit Mila (männ- Debatte um einen möglichen Brexit liche Beschneidung) und Israel. Wer entfacht. allerdings kann schon sagen, dass in einem künftigen unabhängigen Wer sind die britischen Juden? Westminster nicht etwas ebenso ne- Mit 300.000 Mitgliedern stellt Groß- gatives vorkommen kann?“ britannien die zweitgrößte jüdische Er fügte hinzu: „Die Direktoren Gemeinschaft in Europa nach Frank- des Board of Deputies planen in na- reich mit seinen 600.000 Juden dar. her Zukunft eine Debatte über einen Zwei Drittel aller Juden lebt im Groß- britischen Austritt zu halten, um raum London, besonders im Norden diese Probleme zu erörtern.“ der Stadt, sowie im Ballungsraum Man- Der britisch-jüdische Minister Robert Halfon, Abgeordneter der Conservative Party. chester. Laut des britischen Zensus aus Nachgefragt dem Jahr 2011 haben britische Juden Der britisch-jüdische Historiker wohl für einen Austritt stimmen, weil Mitarbeiter aus EU-Ländern nach sich im Durchschnitt ein höheres Bildungs- Geoffrey Alderman sprach sich klar sie die EU als eine Institution wahrneh- ziehen würde. Seine Mutter bleibt un- niveau und Qualifikationen im Ver- für einen Brexit aus. Alderman kriti- men, die Israel feindlich gesinnt ist und entschlossen. gleich zur allgemeinen Bevölkerung: siert vor allem Premierminister Came- eine Masseneinwanderung von Men- Obwohl die britischen Juden tenden- Mit einer 80-prozentigen Wahrschein- ron und dessen Konzept von „geteilter schen aus dem Nahen Osten ermöglicht, ziell die Conservative and Unionist Par- lichkeit haben sie „eine höhere akade- Souveränität“. Für Alderman bedeutet die mit „virulent antisemitischen An- ty von Premierminister David Cameron mische Ausbildung“. dies, dass Großbritannien bereits „zu sichten“ assoziiert werden. Persönlich unterstützen, spiegelt die Zerrissenheit viel seiner eigenen Souveränität verlo- ist Jacobson noch nicht ganz sicher, aber dieser Partei auch die Einstellung der Wo stehen die britischen Juden ren hat“. Einige Juden, so Alderman, er sagt, dass er wahrscheinlich für einem britischen Juden im Vereinigten Kö- politisch? seien sicherlich besorgt, dass ein Bre- Brexit stimmen wird, da das Vereinigte nigreich wieder. Es gibt zahlreiche Be- Gemäß einer Umfrage des „Jewish xit schlechte wirtschaftliche Folgen Königreich weltweit „in einer besseren fürworter und Gegner eines möglichen Chronicle“ von Anfang 2015 neigen nach sich ziehen würde. „Als religiöser Position stünde, wenn es von einigen Austritts aus der Europäischen Union britische Juden dazu, politisch eher Jude bete ich für das Wohl der Nation. sehr restriktiven Verträge zu Handel, innerhalb der konservativen Partei. Die konservativ zu sein. Es ist deutlich er- Und aus diesem Grunde werde ich für Außenpolitik und Grenzkontrolle be- Board of Deputies der britischen Juden, kennbar, dass von den befragten briti- den Brexit am 23. Juni stimmen,“ lau- freit wäre.“ Doch seine Familie, die sich vergleichbar mit dem Zentralrat der Ju- schen Juden 69 % für die Conservative tet das Credo des orthodoxen Histo- selbst als orthodox bezeichnet, ist ge- den in Deutschland, hat eher eine neut- and Unionist Party stimmen, während rikers, der an der Universität Oxford spalten. Sein Vater ist für einen Verbleib rale Position zu dem Thema. nur 22 % für die linke Labour-Partei forscht. innerhalb der EU und besorgt über die Es bleibt also weiterhin spannend, stimmen würden. Es gab wenig jüdi- Innerhalb der jüdischen Studenten- möglichen negativen wirtschaftlichen wie die Juden Großbritanniens sich am sche Unterstützung für die UK Inde- vereinigungen kommen unterschiedli- Folgen, die ein Austritt des Vereinigten Tag der Abstimmung am 23. Juni posi- pendence Party (UKIP) um Nigel Far- che Stimmen zu Wort. Laut Daniel Ja- Königreichs für den Handel und die tionieren werden. rage oder die Liberaldemokraten mit cobson (Name geändert), Student und nur jeweils um die 2 %. Dies steht im Mitglied der Jüdischen Studenten- signifikanten Gegensatz zum Rest der vereinigung der Universität Oxford, Sie interessieren Sich für die „Jüdische Rundschau“, wahlberechtigten britischen Bevölke- steht das Ergebnis noch nicht so klar möchten sie aber aus bestimmten Gründen nicht abon- rung, bei der nach einer BBC-Umfrage fest: „Ich denke, dass das allgemeine Konservative und Labour jeweils etwa Wahlverhalten angelsächsischer Juden nieren. Deswegen haben Sie die Zeitung ab und zu im ein Drittel der Stimmen auf sich verei- das der meisten Briten wiederspiegeln Zeitungskiosk gekauft. Aber Sie laufen nicht gerne zum nigen konnten. wird. Die meisten werden für einen Juden sind in der Regel Teil der bri- Verbleib innerhalb der EU stimmen Zeitungskiosk oder finden da die Zeitung nicht immer. tischen Mittelklasse, die traditionell aufgrund der wirtschaftlichen Unsi- Möglicherweise ist Ihre Beweglichkeit begrenzt oder Sie eher Heimat der Conservative and cherheiten, die ein Austritt mich sich Unionist Party gewesen sind, wohinge- bringen könnte.“ möchten es lieber bequem… gen die Anzahl der Juden in der Arbei- Halfon, Minister ohne Portfolio im terschicht, vor allem in London, in den britischen Kabinett, sagte, er habe Dann haben wir ein letzten Jahren zurückgegangen ist. Zur- Angst als Brite und als Jude und den- zeit wählt der Hauptwählerblock der ke er im Angesicht der Weltereignisse tolles Angebot für Sie! ärmeren Juden in Großbritannien – in kontinuierlich an die „immer weiter erster Linie Ultraorthodoxe – en masse zunehmende Bedrohungen unserer die konservative Partei Camerons. Es Sicherheit in Großbritannien, der wei- Sie können auf unserer Website www.juedische-rund- ist wichtig zu beachten, dass die Ein- terhin existenziellen Bedrohung Isra- schau.de die aktuelle Ausgabe der „Jüdischen Rund- stellung gegenüber Israel bei 75 Pro- els, und ob die Welt stark genug sein schau“ bestellen und online bezahlen. Die Zeitung wird zent der britischen Juden eine durchaus wird, um den extremistischen Islam wichtige Rolle spielt. Laut dem „Jewish zu bekämpfen.“ Halfon wird für einen innerhalb von 24 Stunden nach Bestellung und Bezah- Chronicle“ genießt Cameron in erheb- Verbleib innerhalb der „fehlerhaften lung an Sie verschickt und kommt direkt zu Ihnen per lichen Maße Unterstützung innerhalb Europäischen Union” stimmen. der jüdischen Gemeinde: 64 Prozent Laut Jacobson wird jedoch eine gro- Post in einem neutralen Briefumschlag. der Befragten gaben in der Umfrage ße Minderheit der britischen Juden 6 WELT № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU Noch sind es nur Flughäfen und Konzertsäle - bald Uran und Plutonium? Der islamische Terrorismus ist die Hauptursache der Flüchtlingswelle Von Michael Guttmann rensweise, wie solche grundlegenden Gesetze durchgepeitscht werden, erin- Der globale islamische Terrorismus ist nert in fataler Weise an die Gesetze des die Hauptursache für die Flüchtlinge, Dritten Reiches. Die Bevölkerung ist die Europa überziehen. Ihn zu bekämp- mit Beifallsbekundungen beteiligt. fen, ist die einzige reale Chance, die Dumm wird es, wenn Frau Merkel Flüchtlingsströme zu stoppen. Dieser von „wachsender Verantwortung etwas Kampf ist eine internationale Aufgabe. gegen die Ursachen der Flucht zu tun“ Die Scheu davor ist verständlich. Seit spricht. Sie meint damit nicht Terrorbe- Jahren blieb dieser Kampf ohne nach- kämpfung sondern „humanitäre Hilfe, haltige Erfolge. Nichts tun oder Flucht- damit die Menschen wieder eine Bleibe- symptomen nachjagen ist noch schlim- perspektive in ihren Herkunftsländern mer, denn der Terror rückt näher und haben“. Will sie mehr Humanität mit die Flüchtlinge werden immer mehr. Im dem IS oder den Despotenstaaten aus- folgendem sollen die Ausweglosigkeit handeln? der Flüchtlingspolitik und die Chancen Seit Neuesten spricht sie von Antiter- der Terrorbekämpfung näher betrachtet rormaßnahmen. So soll der Kauf von werden. Prepaid-Karten für Handys nur gegen Vorlage eines Ausweisen möglich sei. In Fluchtursachen der Tat ein wirksamer Schlag gegen Ter- und Fluchtsymptome roristen: Sie lachen sich tot. Eine Flüchtlingsdebatte erregt die Ge- Wie hilflos die Politiker dem Terroris- müter in Europa. Linke, Rechte, Huma- mus gegenüber stehen, zeigt der jüngste nisten, Populisten, Militante, Regierun- Anschlag. Offensichtlich hatte Belgien gen, Parlamentarier und Oppositionelle vor lauter Flüchtlingssymptomen die erhitzen sich an den Flüchtlingsfragen, Terrorgefahr aus den Augen verloren, ohne die Probleme zu lösen. Es ist eine wofür es reichlich Kritik gegeben hat. fatale politische Fehlorientierung ein- Als sichtbar wurde, dass die Terroristen getreten, sich auf Fluchtsymptome statt mit einem Anschlag auf das Brüsseler auf Fluchtursachen zu konzentrieren. Terminal einen empfindlichen Nerv der Erfolge werden weder die Verfechter zivilen Luftfahrt trafen, war die Reakti- von Obergrenzen und Zäunen noch die on darauf verblüffend. Europaweit wur- Vertreter der Parole „Wir schaffen das!“ de spekuliert über eine neue unendlich haben. Beide narren die Bevölkerung, teure Sicherheitsarchitektur für das zivi- deren Sorgen sie nichts entgegenzuset- le Flugwesen. Auf die reale, wesentlich zen haben. Sie könnten ebenso verkün- billigere Alternative, dem IS endlich das den, dass sie die Verhinderung des Son- Handwerk zu legen, ist niemand gekom- nenuntergangs schaffen. men. Was wird sein, wenn die Terroris- Was wurde alles schon debattiert? ten an Plutonium und angereichertes Obergrenzen, Kontingente, Einwan- Uran herankommen? derungsgesetze, Auffanglager, Sta- cheldrahtzäune, Abschiebungen und Die türkische Offerte Schleuserbekämpfung. Alles Maßnah- Der Deal mit der Türkei ist ein äußerst men gegen Symptome, die der Flucht genialer Einfall der Bundeskanzlerin, um keinen Einhalt geboten haben, sondern AFP alle Probleme mit wenigen Tricks zu ver- die Situation nur verschlimmerten, drängen: Rücknahme aller Kriegsflücht- weil sie nicht an die Wurzeln der Übel Ein atomarer Terroranschlag ist noch unvorstellbar... – Selbstmord-Angriffe mit Flugzeugen waren es auch mal! linge und Wirtschaftsmigranten, die gingen. Es bleibt eine Illusion, unsere illegal nach Griechenland gelangten, im sozialen Netze durch schärfere Gesetze realitätsfremd wie in ihren letzten Inter- die Rede, obwohl für jeden spürbar ist, 1:1-Austausch gegen syrische Flüchtlin- und Grenzzäune schützen zu können. views: „Keine nationale Obergrenze für dass sie es in grundverschiedene Kon- ge aus der Türkei. Ein Massenaustausch Die Asylanten erreichen diese Geset- Flüchtlinge, gleichgültig was in Syrien texte stellen. Da stimmt doch was nicht! vorrangig Syrer gegen Syrer. Massen- ze nicht. Sie scheren sich nicht darum, passiert oder wie die Situation in den Zurzeit wird an einen Integrations-Mas- austausch ist Massenabschiebung. Die wenn das Taschengeld gekürzt oder Ländern um uns herum ist.“, anderseits terplan gearbeitet. Was wir alles schon Türkei, die nicht mal die Genfer Flücht- durch Gutscheine ersetzt wird. Der be- „Flüchtlinge reduzieren, damit auf In- für Integrationsgebilde hatten: Integra- lingskonvention ratifiziert hat, scheint schwerliche Gang durch die Behörden, tegration genügend Wert gelegt werden tionsräte, Integrationsbeauftragte, In- dafür gerade noch der geeignete Partner Demütigungen, selbst das Abfackeln kann.“ tegrationskonferenzen mehrerer Bun- zu sein. Wie die „Glücklichen“, die nicht ihrer Quartiere können Menschen, die Nach dieser Logik ist Integration für desinnenminister, Integrationsplan des in die Türkei zurück müssen, auf die EU- dem Terror entkommen sind, das Meer Flüchtlinge sogar kontraproduktiv, weil Bundeskanzlers. Kurz, eine ganze Inte- Staaten verteilt werden, ist kein Problem und die Landrouten überlebt haben, Reduzierung Abschiebung bedeutet. grationswirtschaft, die viel Geld kostete der Türkei. Frau Merkel löst das auf neuer nicht abschrecken. Ehe wir uns ver- Ihre Formulierung: „Menschenrecht und deren Resultate niemanden im Lan- Basis: „Freimütige“ Flüchtlingsaufnahme sahen, war die Balkanroute dicht, das an Stelle von verbindlichen Quoten, an Flüchtlingsproblem zum Flüchtlings- die sich kaum ein EU-Staat bisher hielt, drama geworden. Die Verursacher der W as wurde alles schon debattiert? und schwups ist die Geschlossenheit wie- Massenflucht, die Terroristen, spielen in der hergestellt. Die sechs Milliarden Euro den Debatten kaum eine Rolle. Sie kön- Obergrenzen, Kontingente, Einwan- für die Türkei sind das geringste Prob- nen ungestört ihr Unwesen treiben. Von lem. Für die Sanierung von Banken sind der EU droht ihnen die wenigste Gefahr. derungsgesetze, Auffanglager, Stachel- weit größere Summen geflossen. Visa-Erleichterungen für Türken in Asyl oder Integration? drahtzäune, Abschiebungen und die EU würden jedoch die angespannte Führend auf dem Irrweg scheint die Situation noch verstärken. Die EU-Bei- deutsche Regierung zu sein. Die poli- Schleuserbekämpfung. Alles trittsverhandlungen zu forcieren, sind tischen Auseinandersetzungen haben unter der Herrschaft von Präsidialsul- mittlerweile die Form einer Staatsohn- Maßnahmen gegen Symptome, die der tan Erdogan die größte Zumutung. Die macht angenommen. Politiker und Türkei ein riesiges Flüchtlingscamp für Wählervolk driften auseinander, weil die Flucht keinen Einhalt geboten haben. Menschen, die lieber heute als morgen gesellschaftliche Zielstellung verworren dort raus wollen. Was macht das schon? ist? Bekämpfen wir den Terrorismus Es ist weit weg von uns. Verlockend ist, oder fetzen wir uns an seinen Folgen? kennt keine Obergrenzen“, stellt die de auch nur halbwegs befriedigten. Es dass der Flüchtlingsstrom in die EU ab- Haben wir eine humanitäre Aufgabe vor Kanzlerin damit selbst in Frage. „Ge- ist eine unreale Zielstellung, für die der nehmen könnte. Unsere Kanzlerin hat uns, den Flüchtlingen ein gesichertes schlossene Haltung der EU“ setzt Ver- Kanzlerin zudem die erforderliche Le- an alles gedacht. Wirklich? Von Asyl- Asyl zu gewähren oder wollen wir sie auf ständigung über Kontingentierung vor- gitimation fehlt. Jetzt will die Bundes- und Menschenrechten kann nicht mehr Dauer als deutsche Staatsbürger integ- aus. Ist das kein Limes? Wer soll diesen regierung bis Ende Mai die Integration die Rede sein, geschweige denn von In- rieren? Käthe Stutzig und Oskar Sorge Wirrwarr noch verstehen? von Flüchtlingen in die deutsche Gesell- tegration. runzeln die Stirn. Umgekehrt. Versteht Mit Ausnahme der militanten Popu- schaft mit einem eigenen Gesetz regeln. Schon wechselt die Kanzlerin die Be- die Kanzlerin das Volk noch? Nie waren listen ist in allen Parteien, von den Lin- Die Eckpunkte stehen schon. Das Motto griffe. Aus Asylanten werden „illegale ihre Antworten so widersprüchlich und ken bis zur CSU, ständig von Integration heißt fördern und fordern. Die Verfah- Migranten“, wenn sie nicht zur Aus- № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU WELT 7 tauschmasse zählen. Sie werden stigma- tisiert, weil weder in Syrien noch in der Türkei ein deutsches oder EU-Visabüro zu finden ist und sie gezwungen sind, auf eigene Faust nach Europa überzusetzen. Mit solchen „Asylbetrügern“ können die YURI KADOBNOV / AFP Behörden kurzen Prozess machen. Soll- te es für die Austauschmigranten keine Übereinstimmung zwischen EU und Türkei geben, wird zurückgeschoben. Eine Austausch-Kettenreaktion, wie auf dem Basar. Dieser Austausch stinkt nach Menschenhandel. Mit dem Türkeideal hat die Kanzlerin ihre Grundsätze aufgegeben. Dazu zäh- len geheime Absprachen, was sie bei an- deren EU-Staaten verurteilte. Der EU- Ratschef, der eigentliche Unterhändler, wusste nichts vom Berliner Alleingang mit Ankara, bei dem die umstrittenen Zäune von der Balkanroute ein wenig aus Europa verschoben wurden. Geni- al, wie die Kanzlerin mit stoischer Hal- tung und hemmungsloser Veränderung der Spielregeln straff durchregierte. Zu Recht wird sie aufgefordert ihre Kurs- korrekturen in der Flüchtlingspolitik öffentlich einzugestehen. Der Deal mit der Türkei trifft aber nicht nur Flüchtlinge. Griechenland und sicher auch wieder Italien werden künftig die Hauptlast der veränderten Asylpolitik tragen. Flugverbotszonen und Abschie- bung von Flüchtlingen in eine „Sicher- heitszone“ in nordsyrischen Kampfge- Heute hu, morgen hott: Außenminister Steinmeier bieten sind allzu offensichtliche Ziele, die sich mehr gegen die Kurden richten. Ver- Wir wissen heute, dass der IS, Al- gessen ist, dass Erdogans Regime ein Teil Kaida/Al-Nusra, Al-Shabaab und Boko dieses Konflikts ist. Ebenso könnte man S eit neuestem spricht Merkel von Haram an mehreren Stellen Niederla- die Präsenz Irans und Saudi-Arabien in gen hinnehmen mussten, hauptsächlich Syrien legalisieren. Antiterrormaßnahmen. So soll der durch den entschlossenen Kampf der Merkels Ansichten sind halt äußerst kurdischen Milizen, der Jesiden u.a. ört- flexibel. In der Summe ist es eine tücki- Kauf von Prepaid-Karten für Handys lichen Kräften, unterstützt aus der Luft sche türkische Offerte eines fragwürdi- durch die Allianz der Willigen. Was liegt gen politischen Regimes, das sich selbst nur gegen Vorlage eines Ausweises möglich näher, als dass die EU mit den USA und in einen Bürgerkrieg gegen Minderhei- Russland ein Antiterrorbund eingeht? ten und Demokraten im eigenen Land sei. In der Tat ein wirksamer Schlag Beide Großmächte engagieren sich im befindet. Die Gefahr ist groß, dass dieser Kampf gegen den islamischen Terroris- Flüchtlingsdeal ein moralisches Desas- gegen Terroristen: Sie lachen sich tot. mus. Freilich verfolgt Russland andere ter für die EU wird. Es ist höchste Zeit, Interessen als die USA. Hat Deutschland nach einer Alternative für die Flücht- gurus Bommarius, Wiedmann und Co. terstützung im Kampf gegen die Ver- mit seinem Türkendeal nicht auch eige- lingspolitik zu suchen. von der „Berliner Zeitung“ resistent ursacher. Wie lange noch glaubt die ne Ziele im Visier? Im Interesse der Ver- wie Ebolaviren und renitent wie stör- Bundesregierung, sich mit militäri- hütung der schlimmsten Gefahr für die Ursachenbekämpfung rische Esel geblieben, die den Lesern schen und humanitären Hilfsdiensten Welt ist Geschlossenheit aller Gegner der Zurzeit werden Asyl und Integration ver- ihren Ballawatsch unentwegt vortra- weit weg vom Schuss, zurückhalten IS-Netze oberstes Gebot, wären Kom- mischt, Migranten und Emigranten in gen, sobald eine Sicherheitsvorkehrung kann? promisse notwendig und vertretbar. einen Topf gesteckt. Politik und Me- zum Gesetz werden soll oder ein Ter- Dass dies keine Utopie ist, beweisen Wer wollte an der gemeinsamen dien begreifen langsam die Phänome- roranschlag in Europas Zentren wieder die zunehmenden Flüchtlinge aus dem haushohen technischen Überlegenheit ne des Terrors, seine Triebkräfte – die verübt wurde. Irak, die freiwillig in ihre Heimat zu- zweifeln, dass wir mit den lokalen Ver- Religionsideologie des Dschihadismus In einer Zeit, wo die weltweite Ver- rückkehren, nachdem der IS dort emp- bündeten, die Dschihadis, diese IS-Kre- und die asymmetrischen Kampfmetho- netzung des IS immer offensichtlicher findliche Schlappen hinnehmen muss- aturen, in kürzester Zeit schlagen, deren den. In der Bevölkerung gibt es einen wird, wo täglich neue Beweise für die te. Selbst unser Außenminister und Finanzquellen stopfen, Sympathisanten Stimmungswandel. Vorbei ist die Zeit Rekrutierung von Nachwuchs und Fi- Appeasefreak, der noch vor kurzem und unterstützende Regime isolieren der sorgenfreien Spaßgesellschaft. nanzierung der Konvertiten auftauchen gegen Frankreich und Großbritanni- können? Wenn der Nahe Osten vom Deutschland ist aber für einen An- und die Kampfparole heißt: „Soldaten en wetterte: „Es kann nicht sein, dass Terror befreit ist, werden auch in Afrika titerrorkampf schlecht gerüstet, seine des Kalifats schlagen die Kreuzfahrer- wichtige Partner auf die militärische die Satelliten Al-Shabaab, Boko Haram Menschen für die Unterstützung einer staaten“, ist es absurd und dumm, Karte setzen und Verhandlungslö- u.a. leichter zu bezwingen sein. Die weit staatlichen Mobilisierung nicht vorbe- Molenbeek als ein isoliertes vor sich sungen (für Syrien) wieder zerstören“, langwierigere Aufgabe wird sein, de- reitet, weil Toleranz gegenüber den Is- hinschlummerndes Stadtviertel von kommt heute zu der Einschätzung, mokratische Staatsformen aufzubauen, lam das Vertrauen in die eigenen Wer- Brüssel darzustellen, in dem die Grün- dass es richtig war, die Peschmerga welche die Massen der Mitläufer umer- te übersteigt, der Selbsthass zuweilen de für den islamischen Terror im Elend mit deutschen Milan-Raketen aufzu- ziehen. Im Grunde altbekannte Prozes- größer als die moralische Verdammung der westlichen Kriminalität zu suchen rüsten. Unsere Politiker sind eben fle- se aus der Niederschlagung des Faschis- der Dschihadisten ist. sind. Ganz abgesehen davon, sind die xibel in ihren Ansichten. mus im Zweiten Weltkrieg. Es besteht Lassen wir diejenigen links liegen, Muslime selbst die ersten und häufigs- Die deutsche Politik steht vor einem kein Zweifel, dass die aufgeklärte Welt die uns seit den 1950er Jahren weisma- ten Opfer des IS und ihrer Netzwerke. Scheideweg. Machen wir uns weiter obsiegen wird. Mir ist bewusst, dass die- chen, dass der islamische Terrorismus, Der IS ist zur beispiellosen Bedrohung durch stures Beharren auf lebensfrem- se Lösung Kampf bedeutet. Es wird kein ausgerechnet in den an Naturschätzen für den internationalen Frieden und den Lösungen, die selbst die eigene Be- Kampf um Rohstoffe sein, sondern um reichen Ländern des Orients und des die internationale Sicherheit geworden, völkerung nicht mitträgt, unbeliebt in die Hirne und Herzen der Menschen. Es Maghrebs, eine Folge der Armut sei. der sich weder mit Jugendkriminalität, der EU oder bringen wir uns verstärkt ist kein Religionskrieg und kein Kampf Auch heute sei nicht der IS der Feind, Mafiamethoden, Drogenkartellen oder mit unserem Potentialen und eigenem, um Werte des Abendlands gegen das sondern diskriminierte Jugendliche mit RAF, Tupamaro u.a. vergleichen militärischem Engagement ein? Mit Morgenland, sondern um verbriefte, ele- aus der eigenen Gesellschaft, die ihren lässt. unseren Möglichkeiten gehören wir an mentare, humane Rechte. Hass nicht aus dem Kalifat, sondern die Spitze, um den Kampf der Heimat- Auch wenn die Bereitschaft zum aus dem Elend daheim beziehen: „Sie Die Pflicht zum Handeln vertriebenen zu koordinieren, damit sie entschlossenen Handeln heute noch sind doch hier geboren. Den Hass, den Die größte Herausforderung für die die Chance bekommen zu siegen statt nicht Allgemeingut ist. Der Terroris- sie als Terroristen benötigen, gäbe es EU ist der islamische Terrorismus und zu flüchten. Darin sehe ich auch den mus sorgt mit seiner Barbarei selbst auch ohne den IS.“ nicht die Flüchtlinge. Während die EU Eigennutzen für die EU (Fluchtströ- dafür, dass wir zusammenrücken. Ich Über die Jahre hinweg sind die Spit- der Kampf mit Symptomen ausfüllt, me und Terrorgefahren zu beenden), bin kein Kriegstreiber. Meine Motive zen des „Think Tank“ in Sachen Terror leisten die USA und Russland, die von der sich aber nicht allein aus der Luft sind nicht rassistisch und Islamphobie und Naher Osten, wie Perthens, Lü- Flüchtlingsströmen und Attentaten und durch Stellvertreterkriege erzielen ist nicht mein Ding. Ein Pazifist bin ich ders, Todenhöfer sowie die Kolumnen- weniger betroffen sind, die meiste Un- lässt. aber auch nicht. 8 WELT № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU Großbritanniens oberste Studentenvertreterin eine Israel-Hasserin? Wirbel um neue Präsidentin der „National Union of Students“ Von Richard Diesing Prozent der sieben Millionen zu sein.“ In einigen Artikeln wurde Studenten sind, die vom NUS danach behauptet, Bouattia verweige- Wenn ein Verband von Studienvertre- repräsentiert werden. Wir sind re eine Verurteilung des IS. Dabei habe

tungen eine neue Präsidentin wählt, ist www.youtube. schockiert, dass jemand, der Bouattia, so schreibt Iman Amrani in das an sich nichts besonderes. Trotz- anstrebt, diese Organisation zu einem Kommentar auf der Internetseite dem ist seit Tagen die Wahl von Malia repräsentieren, möglicherwei- des britischen „Guardian“, nur nach ei- Bouattia Thema in den Medien Groß- se eine große Anzahl jüdischer ner Änderung gefragt, da sie fand, dass britanniens. Warum ist das so? Studenten als Herausforderung die ursprüngliche Formulierung des An- Die „National Union of Students“ ansehen könnte und nicht als trags dazu benutzt werden könnte, Mos- (kurz: NUS) ist ein Verband aus – laut etwas, was man begrüßen soll- lems generell ins Visier zu nehmen. eigenen Angaben – 600 Studentenver- te.“ Die Autoren des offenen Die Britischen Zeitungskommenta- tretungen des Vereinigten Königrei- Briefs warfen Bourattia vor, in toren sind sich beim Thema Bouattia ches. Die NUS will, so schreibt sie auf dem 2011 mitgeschriebenen uneins. Die einen behaupten, Bouattias ihrer Internetseite, die studentischen Artikel die Aussage, dass die Wahl sende „ein dunkles Zeichen an jü- Rechte fördern, verteidigen und aus- Birminghamer Universität die dische Studenten“, andere meinen, „At- weiten. Auch bekämpfe der Verband größte Jüdische Gemeinschaft tacken auf die neue NUS-Präsidentin Diskriminierung, Ausgrenzung und des Landes habe, als „Heraus- zeigen die Grenze von freier Meinungs- Unrecht. „Wir sind 7 Millionen Stu- forderung“ dargestellt habe. äußerung für Moslems“. dentenstimmen“, heißt es von Seiten Die Debatte um Malia Bouattias der NUS. Der Verband hat also Macht, Malia Bouattia schlägt währenddessen weiter hohe wenn es um die Belange von Studenten Wellen. Nun fordern vier der sechs geht. Nun hat die NUS eine neue Prä- Der israelisch-„palästinensische“ Bouattia fühlt sich unterdessen miss- NUS-Delegierten der Oxford-Univer- sidentin gewählt. Malia Bouattia ist 28 Friedensprozess verstärke, so sagte sie verstanden. Als Antwort auf den offe- sität eine universitätsweite Wahl da- Jahre alt und die erste farbige und mos- in einem geleakten Video, das „kolonia- nen Brief schrieb sie ebenfalls einen rüber, ob man aus der NUS austreten lemische Präsidentin des Verbands. soll. Die Gruppe der vier Delegierten Mitglieder der NUS beschreiben sie als schrieb dazu in einem Facebook-Post: „mit Leib und Seele dabei, 100 Prozent B ouattia ist die erste farbige „Wir glauben, dass die Mitgliedschaft der Zeit.“ Sie würde normalerweise kei- Oxfords bei der NUS nicht länger ge- ne Einladung zu einer Rede ablehnen. und moslemische Präsidentin rechtfertigt werden kann.“ Das alles mache sie „nicht, um für sich Malia Bouattias hat sich inzwischen selbst zu werben, sondern um die Be- des Verbandes zu den Vorwürfen geäußert. In einem wegung gegen Rassismus und Faschis- Beitrag auf der Webseite des „Guardi- mus bekannter zu machen, für die sie le Projekt“. Auch sprach sie von „zionis- offenen Brief, in dem sie unter anderem an“ schreibt sie: „Es gibt keinen Platz sich seit Jahren engagiert.“ tisch geführten Mainstream-Medien“, schreibt: „Es scheint, dass ich missver- für Antisemitismus in der Studenten- Doch in der Vergangenheit fiel Bouat- die Widerstand als einen Akt von Ter- standen wurde.“ Weiter schreibt sie: bewegung oder in der Gesellschaft.“ tia immer wieder mit Äußerungen auf, rorismus darstellen würden. „Einwände gegen zionistische Politik Falls einige ihrer früheren Reden an- die von einigen als antisemitisch aufge- Widerstand gibt es auch gegen sie. zu erheben heißt nicht, nicht mit jü- ders interpretiert würden, wie ihr Kom- fasst wurden. So schrieb sie mit einem So schrieben mehr als 50 Präsidenten disch-sein einverstanden zu sein.“ mentar über Zionismus in den Medien, weiteren Autor 2011 in einem Artikel von jüdischen Uni-Gemeinschaften Einiges scheint sie sicher nicht so ge- würde sie dies korrigieren wollen, um für ihren „palästinensischen“ Uni-Ver- aus dem gesamten Vereinigten König- meint zu haben, wie es später dargestellt sicherzustellen, dass es keinen Raum ein: „Die Universität von Birmingham reich eine Woche vor Bourattias Wahl- wurde. So wurde in einigen Artikeln für Unklarheiten gibt. „Ich war kritisch hat etwas von einem zionistischen Au- sieg einen offenen Brief an sie. Bezug behauptet, die NUS habe sich gegen die gegenüber Medien, die bedingungslos ßenposten in der höheren britischen nahmen sie dabei vor allem auf den Verurteilung des IS entschieden. Israels Aktionen und Misshandlungen Bildung. Sie hat auch die größte JSoc im von ihr mitgeschriebenen Artikel von Bouattia sagte damals: „Wie wir er- von Palästinensern unterstützen“. Sie Land, deren Führung von zionistischen 2011. In dem offenen Brief heißt es: kannt haben, scheint die Verurteilung habe nicht von Medien als ganzes ge- Aktivisten dominiert ist.“ Jsoc ist die „Es gibt etwa 8.500 jüdische Studenten des IS eine Rechtfertigung für Krieg sprochen oder habe verachtenswerte Abkürzung für „Jewish Society“. im Vereinigten Königreich, was 0,12 und eklatante Islamophobie geworden antisemitische Vorurteile verwendet. Liebe Leserinnen, liebe Leser, in der digitalen Welt, in der wir leben, darf unsere Redaktion sich nicht auf die gedruckte Zeitung beschränken. Denn die Verbreitungsmöglichkeiten der Zeitung auf Papier sind beschränkt. Sie bekommt man nicht unbedingt in jedem Presseki- osk – besonders in kleineren Orten ist das problematisch. Sie wird nicht überall ins Ausland ausgeliefert, und wenn, dann mit einigen Tagen Verspätung. Eine Abo-Lieferung ins Ausland kostet zusätzlich. Aber auch wenn alle diese Schwierigkeiten auf Sie nicht zutreffen und Sie vor der Haustür einen Pressekiosk haben, wo die Zeitung regelmäßig angeboten wird, möchten Sie möglicherweise nicht immer vor die Tür gehen und in der Zeitung blät- tern (falls das vom Kioskbesitzer geduldet wird), bevor Sie sie kaufen. Für alle, die es bequem, schnell und ohne geografische Einschränkungen mögen, bieten wir nun eine neue Vereinfachung: Kaufen Sie jede einzelne Ausgabe der „Jüdischen Rundschau“ oder abonnieren Sie die Zeitung als e-Paper. Das bringt Ihnen nur Vorteile: • Sie können die Zeitung lesen noch bevor sie an die Kioske und zu den Abonnenten der Druck-Ausgabe kommt. • Sie können die Zeitung bzw. einzelne Artikel bequem elektronisch archivieren, ohne viel Papier zu Hause zu stapeln. • Sie können sich vor der Kaufentscheidung einen Eindruck über den Inhalt der aktuellen Ausgabe verschaffen, ohne einen kritischen Blick des Ki- oskbesitzers ertragen zu müssen. • Sie können die Zeitung an jedem Ort der Welt lesen, wo Sie Internet haben – ohne zeitliche Verzögerungen und ohne Aufpreis. • Sie sparen Geld – die Einzelausgabe kostet als e-Paper 3 Euro statt 3,70 Euro am Kiosk, das Jahresabo 33 Euro statt 39 Euro für die Druckausgabe. • Und nicht zuletzt tragen Sie sogar zum Schutz der Umwelt bei. Um all diese Vorteile zu nutzen, brauchen Sie nur unsere Website www.juedische-rundschau.de zu besuchen. Ein Button für den Kauf der Zeitung als e-Paper finden Sie sowohl auf der Hauptseite (oben rechts und ganz unten im Menü „Service“) als auch hinter jedem einzelnen Artikelausschnitt in der Online-Version der Zeitung. № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU WELT 9 Die Ukraine hat jetzt einen jüdischen Ministerpräsidenten! Wolodymyr Grojsman begann als gewissenhafter Bürgermeister Von Dmitri Stratievski Die Kommunen erhielten zwar infolge der Haushaltsumstrukturierung etwas mehr Am 14. April 2016 wurde der 38-jährige Geld, die Maßnahmen erwiesen sich je- Wolodymyr Grojsman von der Werchow- doch als ungenügend. Die lokalen ukraini- na Rada zum 16. Regierungschef der unab- schen Behörden haben immer noch stark hängigen Ukraine gewählt. Dabei konnte eingeschränkte Kompetenzen und kön- er 61 Prozent der Abgeordnetenstimmen nen ohne enge Absprache mit Kiew kaum auf sich vereinen. Die Parlamentsmitglie- handeln. der votierten für den noch vor zwei Jahren Grojsman begründete seine Teil-Miss- international unbekannten Politiker. Der erfolge mit dem Widerstand anderer Ministerpräsident bekräftigte in seiner Minister und nannte sich selbst „opposi- hochemotionalen Antrittsrede, dass er tioneller Vize-Premier in der Koalitions- „das Vertrauen in die Regierung wieder- regierung“. Ferner ist zu bemerken, dass herstellen“ wolle, und prangerte alle Politi- in der ukrainischen Elite und in weiten ker an, die „innerhalb von 24 Jahren keine Teilen der Bevölkerung jede Dezentrali- Möglichkeit für die Menschen geschaffen sierung bzw. Schwächung der Zentralre- haben, menschenwürdig zu leben“. Zum gierung mit der Föderalisierung oder gar Schluss behauptete Grojsman selbstbe- mit dem potentiellen Separatismus ver- wusst: „Ich werde euch zeigen, wie man GENYA SAVILOV / AFP wechselt wird. Diese unmotivierten Ängs- regiert!“ Wolodymyr Grojsman te bremsen die Reformen. Im November 2014 trat Grojsman zu- Wer ist eigentlich dieser mans Gang in die Politik sowie seine spä- Vereinfachung des Zulassungswesens für rück und wechselte ins Parlament. Er Grojsman? tere politische Handschrift zu verstehen. Unternehmer und das Wiederbeleben des kandidierte auf dem Listenplatz vier des Winniza, eine zentralukrainische Ge- 2009 erzählte er im Interview mit „Radio zuvor de-facto zerstörten ÖPNV-Netzes. „Poroschenko-Bündnisses“ und wur- bietshauptstadt mit gegenwärtig 370.000 Liberty“ von der jüdischen Abstammung Winniza kaufte gebrauchte, aber intakte de anschließend zum Parlamentsober- Einwohnern, gilt am Ende des 19. Jahrhun- seiner Eltern, betonte aber zugleich, dass schweizerische Straßenbahnen und kauf- haupt gewählt. Kritiker warfen Grojsman derts als Hochburg des Judentums in der seine Frau Ukrainerin sei und die ethnische te mit einem zinsgünstigen Kredit neue mangelnde Erfahrung und Linientreue Region. Laut der gesamtrussischen Volks- Herkunft keine Rolle in der Politik spielen Linienbusse. Aufmerksamkeit verdiente gegenüber Poroschenko vor. Auch den zählung von 1897 bildeten hier die Juden solle. Als Bürgermeister Winnizas pflegte außerdem das Sonderprogramm zur Stra- Zusammenbruch der breiten Koalition 36 Prozent der Stadtbevölkerung. Das Grojsman enge Kontakte zur israelischen ßenbeleuchtung und Steigerung der Ener- der Maidan-Kräfte konnte er nicht verhin- jüdische Viertel hieß im Volksmund „Jeru- Politik und Geschäftswelt. 2012 eröffne- gieeffizienz, ein Novum für die ukraini- dern. Andererseits bemühte er sich sehr die salem“. Der Schtetl Berschad bei Winniza te der israelische Außenminister Avigdor schen Realitäten. Bei allen Großprojekten Zusammenarbeit im Dreieck Parlament- war einer der bedeutenden Chassidismus- Liebermann im Beisein des damaligen wurde der gemeinnützigen Poroschenko- Präsident-Regierung in geregelte Bahnen Zentren in Osteuropa. In diesem Schtetl Wirtschaftsministers Petro Poroschenko Stiftung eine Schlüsselrolle zuteil. Laut zu bringen. Parallel dazu kümmerte sich lebte Rabbi Raphael, Schüler von Rabbi ein modernes, auf Kosten Israels errichte- dem ukrainischen Magazin „Focus“ war Grojsman um klare Verhältnisse in seiner Pinhas von Korzec, der ein hohes Ansehen tes medizinisches Forschungszentrum in Winniza 2013 die lebenswerteste Stadt der Heimatstadt. Kurz vor der Kommunal- auch in der nichtjüdischen Nachbarschaft der Stadt. „Unsere Hilfsprojekte laufen in Ukraine. wahl 2015 gründete Grojsman seine eige- genoss. Im 20. Jahrhundert erlebte das jü- vielen Ländern der Welt. Ich habe noch nir- ne politische Partei „Europäische Strategie dische Winniza zwei Schicksalsschläge: gends so ein hohes Maß an Sympathie und Stellvertretender Regierungschef von Winniza“, zu der fast die ganze Ver- Die Verfolgung nach der Etablierung der Freundlichkeit gegenüber unserem Staat und Parlamentspräsident waltungsspitze der Region sowie bekannte Sowjetmacht und die beinahe totale Ver- verspürt wie in Winniza“, so Liebermann. Unmittelbar nach dem Machwechsel im Geschäftsleute und Journalisten gehören. nichtung während der deutschen Besat- Ihr Kandidat siegte souverän bei der Bür- zung. 1930 wurde die letzte Synagoge der 1 992 wurde Dmitri Dworkis als landesweit germeisterwahl. Die Partei entsandte 20 Stadt geschlossen. Der Oberrabbiner El Abgeordnete ins Stadtparlament mit sei- Kordonski sorgte für die Gebete im Un- erster Jude zum Bürgermeister der nen insgesamt 50 Sitzen. In der Zählge- tergrund. Als die Wehrmachtstruppen im meinschaft mit der 10-köpfigen Fraktion Juli 1941 Winniza erreichten, versuchte Stadt Winniza gewählt. der Poroschenko-Partei werden in der Re- dieser 80-jährige deutschsprachige Intel- gion Fakten geschaffen. lektuelle mit den Deutschen zu verhan- Darüber hinaus zog Grojsman private In- Februar 2014 entflammte in Kiew der deln. Im September 1941 töteten die Nazis vestitionen von jüdisch-schweizerischen Kampf zwischen zwei Gruppen, ange- Zukunftsaussichten als Premier fast alle Bewohner der Winnizker Ghettos, Geschäftsleuten für seine Stadt heran. führt von Petro Poroschenko und Arseni Im Vorfeld der Regierungsbildung machte etwa 28.000 Menschen. Die letzten 150 Das zweite wichtige Postulat für Grojs- Jazenjuk, um die zentrale Stellung in der Grojsman deutlich, dass er freie Hand bei Juden der Stadt wurden im August 1942 man ist sein äußerster Pragmatismus, seine Regierungsetage. Das Poroschenko-Team der Zusammenstellung des Personaltab- erschossen. Überlebt haben nur diejeni- Fähigkeit, karrierefördernde Bündnisse litt unter Personalmangel. Der Präsident- leaus haben will. Er sah nur eine Person, die gen, die zum Zeitpunkt des deutschen zu schließen. Im Alter von 24 Jahren wur- schaftskandidat brauchte Vertraute in der diesbezüglich das Mitspracherecht hat: der Einmarsches an der Front, im Hinterland de Grojsman der jüngste Stadtrat und ar- neuen Regierung. Grojsman wollte sich Staatspräsident. Der Beistand Poroschen- oder in einem Partisanenverband waren. beitete im Menschenrechtsausschuss. Er mit der Funktion eines Trojanischen Pfer- kos war uneingeschränkt. Er drohte mit Nach dem Krieg übersiedelten viele Juden schloss sich der Gruppe des amtierenden des nicht abfinden und zeigte wieder seine der Auflösung des Parlaments und vorge- aus anderen ukrainischen Regionen nach Bürgermeisters Oleksandr Domrowskij, politische Haltung. Im Endergebnis wurde zogenen Parlamentswahlen, wenn Grojs- Winniza. So lag 1959 der jüdische Bevölke- eines engen Vertrauten Poroschenkos, an. er von Jazenjuk selbst für das Amt des Mi- mann nicht gewählt würde. Diese Option rungsanteil bei immerhin 16 Prozent. Die Poroschenko, einer der Strippenzieher der nisters für Bau und Regionalentwicklung kam für Jazenjuk nicht in Frage. Während örtlichen sowjetischen Machthaber waren ukrainischen Politik, hatte in Winniza das sowie des ersten stellvertretenden Minis- 2014 seine Partei noch die stärkste Kraft für die damaligen Verhältnisse relativ libe- größte Werk seines Schokoladeimperiums terpräsidenten der Ukraine vorgeschlagen. wurde und den Regierungschef stellte, ral. In der Stadt gab es sogar eine Synagoge. Roshen und benötigte eine loyale Macht- In der Hauptstadt wurde Grojsman vorder- liegt sie heute in Umfragen unter der Fünf- In den 70er Jahren verschärfte sich jedoch vertikale in der Region. Die Lage ver- gründig mit einer schweren Aufgabe be- Prozent-Hürde. Im Ministerkabinett ver- nach dem entsprechenden Befehl aus Mos- schärfte sich, als Poroschenkos Erzrivalin traut. Er sollte die Umsetzung des Dezen- zichtete Grojsman auf die ausländischen kau die Verfolgung der ausreisewilligen Julia Timoschenko ukrainische Minister- tralisierungsmodells (Entmachtung des Fachkräfte der Vorgängerregierung und Juden. 1971 wurde der Anführer der Dissi- präsidentin wurde. 2005 wurde Grojsman Zentrums zugunsten der Regionen) koor- favorisierte ausschließlich einheimische dentenbewegung Itzhak Schkolnik wegen zum stellvertretenden Bürgermeister ge- dinieren, was unter anderem das Minsker Politiker der Poroschenko- und Jazenjuk- angeblicher „Spionage für Israel“ zu 10 Jah- wählt. Ein Jahr später wurde er der jüngste Abkommen vorsieht. Im Gespräch war Parteien, darunter zwei seine Landsleute ren Lagerhaft verurteilt. Bürgermeister einer Gebietshauptstadt. ein mehrstufiges Vorhaben in Anlehnung aus Winniza. Zusätzlich wurden noch die Doch diese antisemitische Kampagne Dabei machte Grojsman einen geschickten an die polnische kommunale Reform der Vorschläge der Präsidentenquote der Ver- verlor schnell an Boden. Ein besonderes Schachzug. Er sicherte sich die Unterstüt- 90er Jahre. Außerdem plädierte Grojsman fassung nach berücksichtigt. gesellschaftspolitisches Klima in der Stadt, zung sowohl von Poroschenko als auch von für die Reduzierung der Anzahl der ukrai- Grojsman gilt als unversöhnlicher Geg- eine friedliche Koexistenz von Ukrainern Tymoschenko, die in Winnyzja ihr Stim- nischen Kontroll- und Aufsichtsbehörden, ner der russischen Führung und will die und Juden prägte entscheidend die Reform- menreservoir hatte, und wurde von beiden deren Befugnisse sich zum Teil überschnei- Einführung der Visumpflicht für die bestrebungen der 80er Jahre. Die ukraini- Parteien nominiert. Zum Schluss war seine den. Dadurch wird die Existenz von klei- Russen. Zugleich stellte Wadym Tscher- sche Emanzipation Winnizas war im Ge- Wahl nur noch die Formsache. nen und mittelständischen Unternehmen nysch, der Chef des neugegründeten Mi- gensatz zu denen in anderen Regionen der Im Amt positionierte sich Grojsman essentiell erschwert. Das Ergebnis seiner nisteriums für die besetzten Gebiete, eine Ukraine nicht nationalistisch gefärbt. 1992 als populismusferner Technokrat ohne Arbeit ist unterschiedlich einzuschätzen. mögliche Lockerung der Wirtschaftsblo- wurde Dmitri Dworkis als landesweit erster Ambitionen auf gesamtnationaler Ebene, Die Verwaltungsreform war im Wesentli- ckade der Separatistenregionen in Aus- Jude zum Bürgermeister der Stadt gewählt. als Vertreter der Gemeinde. Seine zwei chen von Erfolg gekrönt. Von 56 zentralen sicht, einschließlich der Rentenzahlung. Dworkis bekannte sich zum Judentum und Legislaturperioden als Gemeindevorste- Kontroll- und Aufsichtsbehörden sind ge- Grojsman wird mit Sicherheit seinem po- trug öffentlich den Davidstern. her werden in der Ukraine positiv bewer- genwärtig nur 26 geblieben. Das Dezentra- litischen Gespür folgen und ideologiefrei, Vor dem Hintergrund dieser doppelten tet. Zu den wichtigen Errungenschaften lisierungskonzept der Regierung wird hin- ergebnisorientiert agieren – so wie er das jüdisch-ukrainischen Identität ist Grojs- zählte die Reform des Kleinhandels, die gegen bis dato nicht vollständig umgesetzt. schon immer tut. 10 WELT № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU NATO-Schmierenkomödie in Osteuropa Tatenlosigkeit in Syrien, sinnloser Aktionismus im Baltikum AFP

Von Attila Teri Was will die NATO?

Seit einigen Tagen sorgt eine Mel- betracht der Tatsache, dass nach un- Das ganze Schauspiel mutet auf den verabschiedete nach drei weiteren Ta- dung für Aufregung: Die NATO-Mit- zähligen Wasserstandsmeldungen die ersten Blick eher an wie in den guten, gen das ukrainische Parlament die for- gliedstaaten im Osten fühlen sich zu- Bundeswehr in einem so maroden Zu- alten Zeiten des „Kalten Krieges“, der male Unabhängigkeitserklärung. Ihre nehmend von Russland bedroht und stand sein soll, dass sie nicht einmal in den letzten Jahren eine Wiederge- Hoffnung war, dass so das Land vor fordern die Verstärkung der mobilen eine Schrebergartenkolonie vor einem burt zu erleben scheint, und sei es nur einer weiteren russischen Intervention Einsatztruppen. Eine Entscheidung Überfall zu beschützen vermag. Wer als eine Art Fata Morgana. Für mich be- verschont bliebe. über die Aufstockung auf 1.000 Man schiebt schon ernsthaft Panik vor ei- deutet es viel mehr als nur Geschichte, Aber die Angst vor dem unberechen- mit wechselnder Besetzung soll Anfang ner Armee, die kaum brauchbares und denn es ist mein halbes Leben. Zumin- baren, russischen Bären blieb – bis Juli beim NATO-Gipfel in Warschau funktionierendes Arbeitsgerät besitzt, dest bis 1989. Dann kam bekanntlich heute. Nicht nur in der Ukraine – im fallen. Falls es so weit kommt, gibt es geschweige denn genügend Kampfer- die große Wende. Und zwei Jahre da- gesamten Ostblock. Nicht umsonst auch Gedankenspiele, nach denen die fahrung? Ausgenommen sind nur die- nach sah es nach der nächsten aus. suchten die meisten ehemaligen War- Bundeswehr eine Führungsrolle in Li- jenigen deutschen Soldaten, die in Af- Es war August 1991. Ich saß gemüt- schauer-Pakt-Staaten so schnell wie tauen übernehmen könnte. Die Rede ghanistan für nichts und wieder nichts lich mit Freunden in einem der altehr- möglich Schutz in der NATO. Sie trau- ist von 150 bis 250 deutschen Soldaten. „die Freiheit Deutschlands am Hindu- würdigen Kaffeehäuser in Budapest, ten dem Frieden nicht und tun es im- Andere, größere NATO-Staaten über- kusch verteidigt“ haben und entweder genoss meinen Urlaub. Unsere Pläne mer noch nicht. Nicht ganz grundlos. legen, in anderen osteuropäischen Län- in einer Holzkiste oder völlig desillu- hatten für den Tag eigentlich nur einen Immerhin holte sich Putin die Krim dern es den Deutschen gleichzutun. sioniert zurückkamen, beschimpft von Programmpunkt vorgesehen: Müßig- zurück. Wobei die Halbinsel und ihre Viele fragen sich – ich auch – was den „Blumenkindern“ der verlogenen gang in vollen Zügen. Doch von einer Geschichte sicher nicht zu vergleichen denn das Ganze eigentlich bringen „Friedensbewegung“. Sekunde auf die andere änderte sich ist mit dem Baltikum oder den anderen soll? Putin ist sicher alles anderer als Warum sich die Bundeswehr nicht alles! ehemaligen Satellitenstaaten. Aber mit ein Waisenknabe, aber – haben wir lieber mehr im syrischen Bürgerkrieg Aufgeregt rannte jemand zum Fern- der Angst lässt sich bekanntlich im- gerade keine anderen Probleme? Es ist engagiert? Im Irak? In Jemen? Weil sie seher und schaltete hastig das alte Ding mer schon gemütlich Politik machen. doch seltsam, wenn die NATO dort, es vermutlich nicht mal könnte, wenn ein. „Es ist vorbei mit der Freiheit! Die Mit dem neuerlichen Säbelrasseln im wo sie gebraucht wird, eher das Weite es gewollt wäre. Zudem sei die Frage er- Russen kommen wieder!“ – murmelte Baltikum, Rumänien und Polen, be- sucht, und dort wo es kaum einen Sinn laubt, mit wem und mit was? Und wofür er vor sich hin. Verwundert schauten friedigt die NATO die zu Recht oder macht, die Muskeln spielen lässt! denn überhaupt? Obama lief mehr oder wir erst ihn an, um uns dann gebannt zu Unrecht paranoiden Regierungen Aber ist die Antwort wirklich so ein- weniger davon, nachdem er mit dem der aktuellen Sendung zu widmen. und Völker, trägt dem wachsenden fach? Je länger ich mir darüber Gedan- Einlösen seines großspurigen Verspre- Wir wollten nicht glauben, was über Rechtsruck in den betroffenen Ländern ken mache, umso verwirrter fühle ich chens, die amerikanischen Soldaten den Bildschirm lief. Es waren aktuelle Rechnung und liefert zudem auch noch mich. Oder ist „für dumm verkauft“ für heimzuholen, alles getan hat, um die Live-Bilder aus Moskau. Panzer fuhren Putin unerwartete Schützenhilfe bei mein Empfinden doch die bessere Be- Region noch mehr zu destabilisieren als durch die Straßen, Menschenmassen seinen Bemühungen, seine Bürger von schreibung? sein Vorgänger Bush. Der (ohn)mäch- versuchten sie aufzuhalten. Um das den wahren Problemen Russlands ab- Ich stelle mir gerade vor, wie Zar tigste Mann der Welt betreibt Augen- „Weiße Haus“, den Regierungssitz der zulenken. Wladimir Wladimirowitsch der Erste wischerei und Europa ist sich uneinig Russischen Föderation, tobten heftige Wie heißt es so schön heutzutage? auf seinem Thron in Schockstarre fällt wie üblich in der Frage, wie die Region Straßenkämpfe. Der Putsch gegen Gor- Eine Win-win-Situation für alle betei- vor Angst wegen der drohenden deut- dauerhaft befriedet werden könnte. In batschow war im vollen Gange. Noch ligten Parteien. Denn außer Verschwö- schen Invasion in Russland. Auf jeden Syrien lässt Putin den Westen hinhal- war es nicht klar, wer am Ende als Sie- rungstheoretikern geht wohl kaum ein Fall versucht Lawrow, sein Außenmi- ten, lehnte unlängst eine erneute Feu- ger hervorgehen wird. Innerhalb kür- vernünftiger Mensch tatsächlich davon nister, der mit seinem stets grimmigen erpause in Aleppo ab und lässt es zu, zester Zeit herrschte in ganz Ungarn aus, dass es zwischen Russland und der Gesicht allmählich schon Gromyko dass Assads Armee die Stadt sturmreif blanke Panik. Die Regierung schickte NATO zu einem heißen Krieg kommt. (zwischen 1957 und 1985 Außenmi- schießt. Im Irak droht sich die staat- alle verfügbaren Truppen Richtung Das kann sich niemand leisten. Also, nister der Sowjetunion) Konkurrenz liche Ordnung endgültig aufzulösen russische Grenze. Die Ukraine gab es wen stört es dabei schon, dass wieder machen könnte, diesen Eindruck zu – mit unabsehbaren Folgen. Also, was als Staat noch nicht. ein paar Milliarden in Rauch aufgehen vermitteln. Russland fühle sich bedroht bleibt übrig außer der alten (Schmie- Nach drei Tagen war der Spuk vorbei. und dafür der Nahe Osten weiterhin in und sei bereit darauf zu antworten, lässt ren-)Komödie im Osten? Oder passt Die Ewiggestrigen schienen nicht nur Schutt und Asche gelegt wird? Übri- er verlauten. Realsatire, Tragikomödie, Trauerspiel die Schlacht, sondern auch den Krieg gens, ohne eine moblile Einsatztruppe Klingt ganz schön albern – in An- besser als korrekte Bezeichnung? verloren zu haben. Noch unter Schock, unter deutscher Führung. № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU DEUTSCHLAND 11 Jecken außerhalb der fünften Jahreszeit Eine neue Narretei der Israel-Hasser im beschaulichen Bad Honnef

Von Monika Winter AFP

„BIB“, das neue „Bündnis zur Beendi- gung der israelischen Besatzung“ hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Welt dazu zu bewegen, Israelis aus angeblich besetz- ten Gebieten zu verbannen und Terroris- mus zu verharmlosen. In Israel wird man sicherlich schon vor Angst und Sorge schlottern. Speziell in Deutschland gibt es leider eine Reihe von einfältigen Politikern, die in der Gefahr stehen, auf das Ansinnen des BIB hereinzufallen. Wie wir wissen, sind insbesondere Juden gerne gesehen, die als Antizionisten auftreten und Ver- rat am Staat Israel üben, der auch ihnen selbst einmal lebensrettender Hafen in der Not werden könnte. Der Sitz der neu- en Gesellschaft ist Bad Honnef im lusti- gen Rheinland. Die Gründungsmitglieder sind wieder einmal die üblichen, überwiegend be- kannten Persönlichkeiten: Prof. Dr. Rolf Verleger, Dr. Martin Breidert, Dr. Yazid Shammout, Judith Bernstein, Prof. Dr. Ghaleb Natour, Prof. Dr. Norman Peach, Dr. Albrecht Schröter, Nirit Sommerfeld, Prof. Dr. Udo Steinbach, Dr. Rupert Neu- deck, Prof. Dr. h.c. Horst Teltschik. BIB veröffentlicht auf seiner Internet- Bad Honnef von oben. seite die üblichen Ungeheuerlichkeiten wie z.B. „Die israelischen Friedenskräf- men: des Westjordanlandes, des abgerie- Rolf Verleger war im Zeitraum von 2005- die (!) Opfer des israelischen Staatsterror te sind marginalisiert, jede Form von gelten Gaza-Streifens und des annektier- 2009 Mitglied im Direktorium des Zen- gedenken und ihren Namen bekannt ma- palästinensischem zivilen Widerstand ten Ost-Jerusalems. Dies soll geschehen tralrates der Juden in Deutschland. Mit chen.“ wird unterdrückt. Nur Druck von außen durch: Öffentlichkeitsarbeit, Organisie- seinen anti-israelischen Ansichten stand Die in Jerusalem geborene Judith Bern- kann die Konfliktparteien bewegen zu rung von Kampagnen zur Unterstützung er jedoch oft alleine. Der Professor be- stein gehört der „Genfer Initiative“ an einer Einigung auf der Grundlage der der israelischen Friedenskräfte und des zeichnet den Gazastreifen schon mal als und hat gemeinsam mit ihrem Ehemann Beschlüsse und Resolutionen der Ver- palästinensischen gewaltfreien Wider- „größtes Gefängnis der Welt“ und sieht mehrere Bücher veröffentlicht, während einten Nationen zu kommen. Dieser stands, Beratung von Personen des öf- die Wurzeln des Konflikts überhaupt nur Prof. Dr. Ghaleb Natour ein in Deutsch- Druck MUSS VOR ALLEM auf den fentlichen Lebens durch Einwirken auf darin, dass Europa vor 100 Jahren mit land lebender arabischer Physiker aus Staat Israel als den eindeutig überlege- verantwortliche Politiker Insbesondere seiner jüdischen Minderheit nicht fertig Israel ist. Als Vorsitzender des Vereins nen Akteur ausgeübt werden, dessen geht es darum, von den verantwortlichen wurde, und dieses Problem nach Palästi- „zur Förderung des Friedens in Israel und Regierung sich anhaltend weigert, den Palästina “, ruft er zu einem Ende der „Be- durch das Völkerrecht und die Men- Sogar Helmut Kohls Mitarbeiter satzung“ Israels auf, aber nicht zu einem schenrechte vorgegebenen Handlungs- Ende des arabischen Terrorismus. rahmen zu akzeptieren“. Horst Teltschik macht mit! Dr. Norman Peach ist den Lesern der Die neuerlichen arabischen Gewalt- JÜDISCHEN RUNDSCHAU sicherlich wellen gegen Juden finden natürlich Politikern zu fordern, alle Maßnahmen na exportierte. als Politiker der Linkspartei bekannt. Er keine Erwähnung: der gezielte Einsatz zu prüfen und umzusetzen, die auf der In seiner Familie befanden sich Ho- hält Vorträge z.B. unter dem Titel „Pa- von Messern. Wenn Juden mit Messern Grundlage des Völkerrechts zulässig, an- locaustopfer, er vertritt aber die An- lästina – ewiger Krieg im Nahen Osten? abgeschlachtet werden, dann ist es eine gemessen und zielführend sind, und offen sicht, man könne nicht mit Verweis auf Zur Geschichte und Zukunft des Nahost- Warnung an die Israelis, dass weder sie und mutig alle Schritte auf diesem Wege schreckliche Dinge in der Vergangenheit Konfliktes“. Dr. Norman Peach ist Völ- noch ihre Kinder jemals in Frieden im zu gehen.“ heute weiteres Unrecht geschehen lassen. kerrechtler, weshalb er sich auch erlauben Land Israel leben werden. Damit wird der Weiter heißt es: „Deutschland ist in (nachzulesen in einem Interview vom kann, Antizionist zu sein. Konflikt am Leben erhalten. Kinder und vielerlei Hinsicht in der Pflicht, wenn Deutschlandfunkt am 22. Juli 2014 unter Ein spezieller Fall ist auch Dr. Albrecht jugendliche Messerstecher wurden aufge- es um eine Lösung des palästinensisch- dem Titel „Wer hat uns das denn einge- Schröter, Oberbürgermeister in Jena. Er wiegelt und angestachelt, z.B. durch eine israelischen Konflikts geht… Ein Grund brockt?“ Rolf Verleger im Gespräch mit weiß, wer sich gegen rechte Ideologien Fernsehsendung. Von Anfang 2015 bis für dieses Defizit ist die Behauptung, Tobias Armbrüster). stellt, kann auch auf Israel draufhauen. Anfang 2016 wurden alleine 1.703 Terror- dass sich Deutschland aufgrund seiner In seiner Meinung bestätigt fühlt sich Nirit Sommerfeld, geboren in Eilat am Anschläge im Land registriert – auch da- Vergangenheit zurückhalten müsse, die Dr. Martin Breidert, der im Herbst 2012 Roten Meer, aufgewachsen in Ostafrika von ist natürlich nichts zu lesen bei BIB. Politik Israels zu kritisieren oder gar Isra- das Westjordanland besuchte. Israel ver- und Deutschland, ist Künstlerin. Sie be- Der Versuch Deutschland gegen Isra- els Regierung Ratschläge zu erteilen. Je- letze unaufhörlich internationales Recht zeichnet den Konflikt zwischen Israelis el in die Pflicht zu nehmen, ist bekann- doch kann es aus der langen Geschichte und die Menschenrechte. Dr. Breidert und Arabern als jahrzehntelang politisch termaßen nicht neu im anti-israelischen der Diskriminierung der Juden im christ- sieht sich selbst als Experte für den Nah- aufrechterhalten. Welcher Seite sie damit Spektrum. „Wir wollen die verantwort- lichen Europa nicht die richtige Lehre ostkonflikt. Deutschland trage eine be- einen Vorwurf macht, ist nicht schwer zu lichen Politiker in Deutschland darin sein, die Augen vor aktuellem Unrecht zu sondere historische Verantwortung für erraten. bestärken, eine dezidierte Rolle für die verschließen.“ Israel, aber gerade weil die Gründung des Zu Prof. Udo Steinbach und Dr. Rupert Beendigung von Israels Besetzung der Konzentrieren wir uns auf die Grün- Staates Israel mit dem Holocaust zusam- Neudeck brauchen wir sicherlich nichts palästinensischen Gebiete zu überneh- dungsmitglieder dieser Gruppe: Prof. Dr. menhänge, habe Deutschland auch eine weiter zu schreiben, zu bekannt sind die- besondere Verantwortung für das Schick- se „guten“ Menschen. Interessant ist, dass sal der „Palästinenser“. Diese müssten Prof. Dr. h.c. Horst Teltschik mit von der Die älteren Ausgaben der „Jüdischen Rundschau“ jetzt für das büßen, was Deutsche Juden Partie ist. Er gehörte fast zwei Jahrzehnte sind in der Redaktion erhältlich. angetan haben. (Schreiben an Botschaf- lang zu Helmut Kohls wichtigsten politi- ter Yaakov Hadas-Handelsmann vom 26. schen Mitarbeitern. Neben zahlreichen Wenn Sie eine oder mehrere Ausgaben brauchen, teilen Sie Juli 2013) Tätigkeiten, z.B. in der Münchner Sicher- uns bitte auf dem Postweg (J. B. O., Postfach 12 08 41, 10598 Dr. Yazid Shammout ist Vorsitzender heitskonferenz, war er von 2002 bis 2011 der „palästinensischen“ Gemeinde in Präsident der Deutsch-Israelischen Wirt- Berlin) mit, welche genau, an welche Adresse sie geschickt wer- Hannover. Auf dem Internetportal der schaftsvereinigung DIW. Damit tätigte den sollte und legen Sie bitte als Bezahlung Briefmarken zu je „Palästina-Solidarität Hannover“ findet er auch zahlreiche Israelbesuche. Umso sich in Zeiten des antisemitischen Som- erstaunlicher mutet es, dass er sich einer 70 Cent bei: mers 2014 ein Aufruf: „Unter dem Motto: anti-israelischen Bewegung anschließt. • Für eine Ausgabe – 3 Briefmarken; ‚Ihr seit (!) nicht allein‘ wollen wir unse- Was zusammen gehört, findet auch zu- re Solidarität mit dem palästinensischen sammen. Ein paar Namen fehlen noch... • Jede weitere Ausgabe – eine zusätzliche Briefmarke. Volk gegen die israelische Aggression sie werden sicherlich nicht lange auf sich zum Ausdruck bringen. Wir möchten warten lassen. 12 DEUTSCHLAND № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU Meinungsfreiheit gilt für mich ab jetzt radikal! Erlebnisse eines „kriminellen Israel-Lobbyisten“ in Köln 2010 bis 2016 Von Gerd Buurmann

Am 21. Januar 2010 ging ich mit meiner Frau durch Köln spazieren. Am Abend zu- vor hatte die Uraufführung ihres Stückes „Morgen noch hier“ im Severins-Burg- Theater stattgefunden und wir gingen beseelt vom Erfolg durch die Straßen der Stadt. Als wir am Dom vorbeigingen, ent- deckten wir einen Rentner, der vor dem Dom eine Galerie aufgestellt hatte, an der er den Passanten unter anderem eine Kari- katur zeigte, auf der ein Jude zu sehen war, der ein Kind aß und sein Blut trank. Ich war von der Karikatur so entsetzt, dass ich sofort die Polizei anrief und eine Anzeige wegen des Verdachts aus Volksverhetzung nach §130 StGB stellte. Das „Simon Wie- senthal Center“ applaudierte mir damals zu diesem Schritt. Die Kölner Staatsanwaltschaft ent- schied jedoch, die Karikatur sei nicht an- tisemitisch, da die dargestellte Person auf der Karikatur nicht als Jude erkennbar sei, da sie keine „Krummnase“ habe: „Typisch für antijüdische Bilddarstel- lungen zu allen Zeiten ist die Verwendung von bestimmten anatomischen Stereoty- pen, die den Juden schlechthin charakte- risieren sollen. Dabei werden insbesonde- Erdoğan bei seiner Rede in der Lanxess-Arena in Köln. ”Verflucht sei Israel!” erschallt es da im „weltoffenen” Köln. re Gesichtsmerkmale überzeichnet, um den Juden als hässlich, unansehnlich und All diese Anzeigen wurden von der Köl- an und berichtete, dass das Ordnungsamt und krimineller Israel-Lobbyist“ geht, „Er- rassisch minderwertig erscheinen zu las- ner Staatsanwaltschaft abgelehnt! nicht tätig werden könne. Die Polizei er- dogan ist ein Ziegenficker“ geht nicht. sen (jüdische „Krummnase“, etc.) Einer Die ständige Ablehnung der Kölner klärte, dann doch mal einen Wagen vorbei Am 24. Mai 2014 hielt Erdoğan übrigens solchen Bildsprache wird sich vorliegend Staatsanwaltschaft, brachte mich im Jahr zu schicken. Vor Ort wurde mir erklärt, eine Rede in der mit 18.000 Menschen be- nicht bedient.“ 2014 dazu, einen Test zu starten. Für mei- dass des Rentners Plakate an den Laternen setzten Lanxess Arena in Köln. Während Mit anderen Worten: Wo keine Krumm- nen Blog „Tapfer im Nirgendwo“ schrieb toleriert werden. Ein Polizist erklärte so- der Rede riefen Teile des Publikums laut- nase, da kein Jude! ich eine Glosse, in der ich die Parolen des gar: „Er genießt hier nun mal Narrenfrei- stark „Verflucht sei Israel!“. Es war der sel- Der Rentner vor dem Kölner Dom tat Rentners vor dem Kölner Dom nahm und heit. Er wird toleriert!“ be Tag, an dem der Anschlag im jüdischen sich nicht mit weiteren Aussagen hervor. lediglich das Wort Israel mit dem Namen Die Narrenfreiheit des Rentners reichte Museum in Brüssel standfand. Kritik an An seiner Galerie erklärte er, das israeli- des Rentners austauschte. Ich wurde da- weit. In einem Flugblatt, das er im April Israel geht immer als Meinungsfreiheit sche Volk erpresse bereits seit Jahrhunder- durch. Solidarität mit Israel jedoch nicht! ten die Welt, er verglich Israel mit Hitler E in Polizist erklärte sogar: „Er genießt Bei einer Demonstration vor dem und behauptete: „Wie früher die Deut- Hauptbahnhof am 27. März 2011 ent- schen mit den Juden – so heute die Israelis hier nun mal Narrenfreiheit. Er wird fernte ebenfalls die Berliner Polizei eine mit den Palästinensern.“ Da im Oktober Israelfahne und nahm zwei Menschen in 1994 die Holocaustleugnung als expliziter toleriert!“ Gewahrsam, weil sie sich weigerten, ihre Straftatbestand zum §130 StGB hinzu- friedliche Solidaritätsbekundung mit Isra- kam und gut zehn Jahre später auch die raufhin von dem Rentner angezeigt und 2013 vor dem Kölner verteilte, bezeich- el zu unterlassen. Im Januar 2009 stürm- Billigung, Leugnung und Verharmlosung siehe da, die Kölner Staatsanwaltschaft nete er mich als „kriminellen Israel-Lob- ten Einsatzkräfte in Duisburg sogar eine des Nationalsozialismus ihren Eingang in forderte prompt 100 Euro von mir, damit byisten“ und holt weit aus gegen mich. private Wohnung in Abwesenheit der Mie- die Bestimmung fand, erstatte ich erneut kein Verfahren wegen Beleidigung gegen Eine Anzeige meinerseits endete am 12. ter, um eine Israel-Flagge aus dem Fenster Anzeige, da die Behauptung, die Nazis mich eingeleitet wird. Februar 2014 vor dem Kölner Amtsge- zu entfernen, da eine aufgepuschte Meute damals seien so gewesen wie die Israelis Ein weiterer Test von mir nahm die richt mit der Entscheidung, dass ich als von israelfeindlichen Judenhassern auf der heute, eine klare Verharmlosung des Ho- Kölner Polizei unter die Lupe. Am 9. Juli „krimineller Israel-Lobbyist“ bezeichnet Strasse den Anblick eines blauen David- locausts darstellt. Wieder enstschied die 2011 rief ich bei der Polizei an, weil der werden dürfe, da dies zulässige Kritik sei. sterns nicht ertragen konnten und in guter Kölner Staatsanwaltschaft, bei der Aussa- Rentner seine abscheulichen Parolen an Als zulässige Kritik wurde auch eingestuft, alter Tradition deutscher Pogrome damit ge handele es sich um erlaubte Kritik am Laternen vor dem Kölner Dom befestigt was ein Rentner aus Dortmund über mich begonnen hatten, das Fenster mit Steinen Staate Israel: hatte und niemand das Recht hat, wild verbreitete. Dieser Rentner stelle mich als zu bewerfen. Die Polizei hätte zwar auch „Ferner bleibt entscheidend zu berück- zu plakatieren, schon gar nicht mit poli- Schwein, Terrorist und Bombenmoham- dafür sorgen können, dass die Meute mit sichtigen, dass im Falle einer Mehrdeutig- tischen, propagandistischen und aufsta- med dar. Alles „legitime Kritik“. ihrer Gewalt aufhört, aber stattdessen keit des Erklärungsgehalts solange nicht chelnden Plakaten. Nicht mal politische Am 22. April 2016 wurde ein Redner auf stürmte sie lieber die Wohnung und mach- von einer allein strafrelevanten Deutung Parteien dürfen außerhalb der Wahlzeit einer Demonstration vor der türkischen te somit die Mieter der Wohnung nicht nur auszugehen ist, bis andere Deutungsmög- einfach so Plakate an Laternen und Schil- Botschaft in Berlin von der Polizei festge- zu Opfern der Judenhasser, sondern gleich lichkeiten auszuschließen sind.“ dern aufhängen. Die Polizei erklärte mir, nommen, weil er auf einer angemeldeten auch zu Opfern des Deutschen Staates. Im Jahr 2014 schließlich erklärte der dass das Ordnungsamt zuständig sei. Ich Demonstration einen wissenschaftlichen Wieder einmal kapitulierte der Deutsche Rentner vor dem Dom den Völkermord rief also beim Ordnungsamt an und frag- Vortrag über ein „Schmähgedicht“ von Staat vor dem Terror der Sturmtruppen an Juden als legitimen Widerstand, indem te, ob es erlaubt sei, Plakate an öffentlichen Jan Böhmermann gehalten und dabei zur auf der Straße. er titelte: „HAMAS = Volks-Widerstand“. Laternen und Schildern aufzuhängen. Analyse des Gedichts zwei Zeilen daraus Im selben Monat fand in Bochum eine Mehrere Juden erstatteten daraufhin An- Die Dame vom Ordnungsamt erklärte zitiert hatte. Demonstration von über 1500 Personen zeige. Eine Anzeige las sich wie folgt: unmissverständlich, dass dies verboten Laut Polizei war das Vorgehen gerecht- gegen den Staat Israel statt, zu der vier Mo- „Die Hamas fordert meinen Tod! Ar- sei. Daraufhin schlug ich vor, dann mal fertigt, da die Demonstration nur unter scheegemeinden aufgerufen hatten. Im tikel 7 der Gründungscharta der Hamas schnell zum Domkloster 4 zu kommen, da der Auflage genehmigt wurde, dass keine Zuge dieser Demonstration wurden Pa- fordert den Tod aller Juden weltweit, also dort seit Jahren nahezu täglich politische Passage aus dem Böhmermann-Gedicht rolen wie „Kindermörder Israel“, „Stoppt auch in Deutschland. Das ist der Grund, und anti-israelische Vorurteile verbreitet ausgesprochen wird. Die Auflage der Po- den Holocaust in Gaza“ und „Terrorist warum die Hamas in Deutschland als Ter- würden. Die Dame erklärte mir, dass mo- lizei gilt inzwischen für alle Demonstra- Israel“ laut. Alles schien darauf hinaus rororganisation eingestuft wird. Ich bin Jü- mentan keine Kapazitäten frei seien, da das tionen in Berlin. Ich lebe somit in einem zu laufen, dass gleich jemand eine Israel- din! Die Hamas fordert meinen Tod. Vor Ordnungsamt damit beschäftigt sei, „wild Land, in dem ich als „krimineller Israel- Flagge verbrennt. Als jedoch eine Stu- dem Kölner Dom wird diese Forderung als grillende“ Menschen zu entfernen. Lobbyist“ bezeichnet und als Schwein und dentin die Israel-Flagge herausholte und legitimer Widerstand verharmlost. Ich er- Ein wenig davon überrascht, dass dem Terrorist dargestellt werden darf, aber eine nicht verbrannte, sondern stolz schwenkte statte daher Strafanzeige. So lange vor dem Ordnungsamt das Entfernen von „wild Gedichtsanalyse verboten wird, wenn das leitete die Staatsanwaltschaft später ein Kölner Dom der Aufruf zum Judenmord grillenden“ Leuten wichtiger war, als das Gedicht gegen den türkischen Minister- Strafverfahren gegen die Studentin ein, als Widerstand bezeichnet wird, werde ich Entfernen von wild plakatierten anti-isra- präsident Recep Tayyip Erdoğan geht. So das mit einer Geldstrafe von 300,- Euro in Köln als Jüdin beleidigt, bedroht und elischen Parolen vor dem Kölner Dom, rief sieht Meinungsfreiheit in Deutschland gegen die Studentin endete. Die Richterin verfolgt.“ ich zur Sicherheit noch mal bei der Polizei aus: „Buurmann ist ein Terrorist, Schwein hielt der Angeklagten vor: „Das war keine № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU DEUTSCHLAND 13

ungefährliche Situation, die Sie geschaffen Karikatur sorgt für Explosion der Ge- haben.“ walt.“ Die deutsche Freiheit hat somit folgende Mich schockierte die Überschrift des zwei Faustregeln: Handelsblatts damals sehr. Salafisten ma- 1. Nicht das Werfen von Steinen gegen rodierten durch die Straßen Bonns, aber ein Fenster mit Davidstern ist ungesetz- das Handelsblatt erklärte, eine Zeichnung lich, sondern das Fenster selbst! von Kurt Westergaard sei dafür verant- 2. Das Zeigen der Israel-Flagge ist in wortlich gewesen, weil Mitglieder einer Deutschland zu gewissen Zeiten nicht er- recht unsympathischen Truppe diese Kari- laubt. katur bei einer angemeldeten Demonstrati- Es gibt jedoch Aussagen, die offen- on hochgehalten hatten. Für die Eskalation sichtlich vom Recht auf freie Meinung waren jedoch einzig und allein die Salafis- geschützt werden, zum Beispiel: „Tod den ten verantwortlich. Sie hatten mit Steinen Juden! Adolf Hitler!“ Diese Parolen wur- geworfen, mit Zaunlatten geschlagen und den auf einer Demonstration gebrüllt, die mit Messern zugestochen. im Sommer 2014 in Essen stattfand. Dort Kurt Westergaards Karikatur verbieten wurden Hakenkreuze in Davidsternen ge- zu wollen ist genauso falsch wie den Bau ei- zeigt, vom „Judenterror“ gefaselt und sogar ner Moschee verbieten zu wollen! behauptet, Juden seien „früher angeblich Ich habe mich nun über sechs Jahre mit Opfer“ gewesen, ganz so, als habe es den den Gesetzen, die die Meinungsfreiheit in Holocaust niemals gegeben. Die Piratenpartei ist zwar untergegangen, aber ihre letzten Reste demonstrieren immerhin noch gegen Erdogan. Deutschland einschränken beschäftigen Die Polizei schaute bei all dem zu. und muss feststellen. All diese Gesetze Am selben Tag interviewte der WDR- für einen Anschlag auf eine Synagoge mil- Kunstwerke und Zeichnungen vermögen schützen nicht! Sie schützen mich nicht Journalist Stefan Göke die Polizistin Tanja dernde Umstände: es nicht, Religionsausübungen zu stören. davor, als Schwein bezeichnet zu werden Hagelüken. Sie wusste von einer friedli- Im Juli 2014 verübten gegen vier Uhr früh Religiöse Menschen müssen harsche Kri- und sie schützen Juden nicht davor, dass chen Demonstration zu berichten und Ste- drei junge Männer mit sechs selbstgebastel- tik, Spott und Polemik ebenso ertragen ihre Vernichtung als „Widerstand“ ver- fan Göke fügte hinzu: te Molotowcocktails einen Brandanschlag können wie Politikerinnen, Schauspieler, harmlost wird. Stattdessen verbieten diese „Es hat keine Anzeichen dafür gegeben, auf eine Synagoge in Wuppertal. Das Amts- Köche, Lehrerinnen und alle anderen Einschränkungen das Zeigen der Fahne dass sich Extremisten unter diese Demons- gericht Wuppertal erklärte damals, der An- Menschen. Warum genießen gläubige Israels, das Kritisieren von Religionen und tration gemischt haben, also weder von is- schlag auf die Synagoge sei keine antisemiti- Menschen einen besonderen Schutz, kri- die Schmähung von Diktatoren! lamistischer Seite auf der einen Seite, aber sche Tat gewesen, da die Attentäter erklärt tische Menschen jedoch nicht? Wenn ein Gesetz dazu führt, dass ein Ge- auch keine Rechtsextreme, die dann das hatten, mit dem Anzünden der Synagoge Der wegen eben dieser Gottesläste- dicht nicht mehr analysiert oder die Fahne ganze nutzen konnten als Plattform, um in Wuppertal, die Aufmerksamkeit auf den rung verurteilte Pensionär Albert Voß hat des Staates Israels nichts mehr gezeigt wer- ihren Hass aufs Judentum oder auf Israel Konflikt zwischen Israel und Gaza lenken recht: den darf, dann ist das Gesetz falsch, dann kundzutun. Das ist jedenfalls alles nicht wird die Freiheit der Meinung, Kunst und passiert. Und bisher ist alles ein bisschen Wissenschaft mit Füßen getreten. Solche brisant, aber durchaus friedlich.“ Erdogan beleidigen geht nicht, „Auflagen“ dürfen nicht hingenommen Während Stefan Göke im WDR dieser werden, schließlich sind es auch solche Worte in die Kamera sprach, zeigte ein „Juden ins Gas” bleibt straffrei „Auflagen“ der Türkei, gegen die die von Demonstrant direkt hinter ihm ein Plakat der türkischen Polizei zusammengetrete- hoch, auf dem geschrieben stand: „Israel = nen und geschundenen Demonstranten in Terrorists“. zu wollen. Das Gericht verstand dieses An- „Gotteslästerung ist für mich ein Men- Istanbul und Ankara verstoßen haben. Der Journalist vom WDR hätte sich nur sinnen und erklärte, es gäbe „keine Anhalts- schenrecht, das muss sein, damit man All die deutschen Paragrafen, die die umdrehen müssen und er hätte gemerkt, punkte für eine antisemitische Tat“! alles diskutieren kann. Also Gottesläste- Meinungsfreiheit einschränken, müssen dass er Blödsinn redet! Im Sommer 2014 Im Februar 2006 hatte das Amtsgericht rung so verstanden, dass man in der Ge- verschwinden! Ich lebe lieber in einem schallten die übelsten Parolen gegen Juden Lüdinghausen schon mal ein über die sellschaft offen über alles reden kann.“ Land, in dem Gott, der Präsident und eine über deutsche Straßen: Grenzen der Provinz hinaus bekanntes Ur- Im Mai 2012 zeigte die deutsche Poli- Fahne geschmäht werden können, es aber „Jude, Jude, feiges Schwein, komm her- teil gefällt. Ein Mann war zu einer Gefäng- zei jedoch, dass es dieses Menschenrecht wenige tun, als in einem Land, wo es verbo- aus und kämpf allein!“ (Berlin) nisstrafe von einem Jahr auf Bewährung auf Gotteslästerung in Deutschland nicht ten ist, Gott, den Präsidenten oder die Fah- „Juden ins Gas!“ (Gelsenkirchen) verurteilt worden, weil er die Worte „Ko- gibt und verbat das öffentliche Zeigen ei- ne zu schmähen, aber sich unzählige Unter- „Scheiß Jude, brenn!“ (Essen) ran, der heilige Koran“ auf Toilettenpapier nes religionskritischen Kunstwerks. Der drückte danach sehnen, es zu können! Am 12. Juli 2014 zog eine Menschen- gestempelt hatte und diese Druckerzeug- nordrhein-westfälische Innenminister Die Paragrafen 90, 103, 130 und 166 menge durch die Frankfurter Innenstadt nisse dann an mehrere Fernsehsender, Ralf Jäger von der SPD erließ in dem Mo- müssen verschwinden. Sie schützen weder und brüllte „Allah ist groß“ und „Kinder- Moscheen und islamische Kulturvereine nat hat eine Auflage an die Polizei, wo- mich, noch Juden, Satiriker, Israelfreunde mörder Israel“. Die Polizei schritt nicht verschickt hatte. nach auf einer Demonstration das Zeigen oder Religionskritiker, dafür aber Funda- ein, im Gegenteil: Die Polizei in Frankurt Nicht nur im Iran und in Saudi-Arabien der berühmten Mohammed-Karikatur mentalisten und Diktatoren. stellte sogar die Lautsprecher eines Poli- maßen sich weltliche Gerichte an, Gott von Kurt Westergaard untersagt wurde. Ich habe aus meiner eigenen Erfahrung zeiwagens zur Verfügung, damit die Hetze zu vertreten und sein Lästern zu ahnden, Der Innenminister begründet sein Han- gelernt. Alle meine Anzeigen in der Ver- weithin gehört werden konnte! auch in Deutschland wird diese Tradition deln mit folgenden Worten: „Die Beam- gangenheit haben nichts gebracht. Stattdes- Die Frage, was auf deutschen Demons- gepflegt und zwar mit §166 StGB. ten dürfen nicht gefährdet werden.“ sen sorgen die Paragrafen, derer ich mich trationen geht und was nicht, kann mit §166 StGB lädt notorisch beleidigte Einige Salafisten schlugen mit von Zäu- bedient habe, heute dafür, dass die Mei- folgender Formel zusammengefasst wer- Leberwürste geradezu ein, eine Störung nen abgebrochenen Latten auf die Polizis- nungsfreiheit in Deutschland empfindlich den: „Gegen Israel geht immer!“ Sollten der öffentlichen Ruhe herbeizuführen. ten ein. Insgesamt 29 Beamte erlitten bei beschnitten wird. Das kann ich nicht hin- sie was gegen Juden haben, sagen sie nur, es Was immer Fundamentalisten jedoch der Auseinandersetzung Verletzungen. nehmen. Daher erkläre ich: „Meinungs- sei Israelkritik, dann bekommen Sie sogar glauben machen möchten, Worte, Bilder, Das Handelsblatt titelt: „Mohammed- freiheit gilt für mich ab heute radikal!“

Flüge weltweit | Reiseberatung und Planung | Visum für GUS-Länder

7Tage ab EXCLUSIVE TOURS NEU ab 75 EUR ISRAEL RUNDREISEN 887 VIETNAM ab 1920€ (15 Tage) pro Person ÜF/ DZ EUR TAGESAUSFLÜGE SRI LANKA ab 1350€ (10 Tage ) Tel Aviv Jaffa Flüge nach Israel mit mit TUS REISEBÜRO ab MADEIRA ab 699€ (7 Tage) Nazareth Galiläa EL AL | EasyJet | UP | Germania 119 GEORGIEN ab 650€ (7 Tage) EUR Haifa Ceasaria Akko ASERBAIDSCHAN ab 850€ (7 Tage) UNSERE HOTELANGEBOTE IN ISRAEL Jerusalem Bethlehem ST. PETERSBURG ab 450€ (4/5 Tage) HOTEL LOT Dead Sea 3* DZ | HP AB 650 EUR p.P. HOTEL Dan Panorama Eilat DZ/ÜF AB 700 EUR p.P. HOTEL Park Jerusalem 3* DZ/ÜF AB 455 EUR p.P. HOTEL Grand Beach TLV 4* DZ/ÜF AB 430 EUR p.P. Entdecke unsere Reiseangebote auf TUS-REISEN.com v Kantstr. 97, 10627 Berlin, Tel: 030/217 61 17 www.TUS-REISEN.com 14 DEUTSCHLAND № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU Der deutsch-jüdische Tausendsassa Sasha Stawski ist der vielleicht umtriebigste jüdische Aktivist Deutschlands Die JÜDISCHE RUNDSCHAU traf Deutschlandradio. In dem Be- spiele dafür gibt es zu Genüge, egal ob den Tausendsassa Sacha Stawski, den richt wird kein einziger „Palästi- wir von einem Ulrich Sahm, oder zu- Mann hinter der Plattform „Honestly nenser“ befragt. Geführt werden letzt von einem Daniel Killy sprechen, Concerned“ und Organisator der größ- da Schriftsteller allein durch die um nur zwei beim Namen zu nennen. ten Pro-Israel-Veranstaltungen Euro- winzige jüdische Enklave im al- pas, um mit ihm über seine bewun- ten jüdischen Viertel, geführt vom Und da stellt sich natürlich die Fra- dernswerte Arbeit zu sprechen. einschlägigen israelischen Akti- ge, was man tun kann? Inwieweit kann visten Jehuda Schaul. Die Gruppe man überhaupt etwas verändern? Wen JÜDISCHE RUNDSCHAU: Hallo tut keinen Schritt auf die arabische kann man erreichen und wen nicht? Sacha, wie würdest du die heutige Stel- Seite der Stadt, wo 200.000 Araber Falsche Fakten kann man gelegent- lung von Israel in der deutschen Öffent- bestenfalls von der eigenen Polizei lich mit kurzen sachlichen Leserbrie- lichkeit zusammenfassen? unterdrückt werden, fern von is- fen beheben, nicht aber die geäußer- Sacha Stawski: Leider betrachte ich raelischen Besatzern. Berichtens- ten Meinungen. Wir versuchen eben die Situation im Moment mehr als kri- wert ist halt nur, was sexy ist, also mit unseren Mitteln, ein anderes Bild tisch. Die breite Öffentlichkeit ist Is- jüdische Unterdrücker und nicht von Israel vorzustellen, mit ILI und rael gegenüber sehr voreingenommen „Palästinenser“, die gegen ihre ei- dem „Deutschen Israelkongress“ vor und sieht Israel als brutalen Aggressor genen Leute vorgehen. allem das Israel außerhalb des Kon- und Besatzer. Man ist es müde über den fliktfeldes: die Hightech-Industrie, Konflikt zu hören; Empathie für israe- Woher kommt das? Ist die Nach- die israelischen Erfindungen, touristi- lische Opfer gibt es kaum noch. Medial frage bei den Lesern/Zuschauern sche Attraktion und vieles mehr; mit werden Terroristen, die bei Anschlägen nach einem „bösen Israel“ so groß „Honestly Concerned“ die harten po- zu Tode kommen, als Opfer dargestellt. oder sind es die Journalisten und Re- litischen Fakten und Hintergründe. Es Israelische Opfer werden oft gar nicht dakteure, oder gar die Presseagentu- gibt da kein Geheimrezept. Alles be- erst benannt. Und in absoluten Zahlen ren? deutet harte Arbeit und Beständigkeit. betracht, werden bei Anschlägen und jene Erdgasfelder schützen sollen, die Das ist eine schwierige Frage. Ich Anschlagsversuchen durch israelische in Zukunft auch Deutschland mit Gas, gehe mal davon aus, dass Gil Jaron, Du bist die treibende Kraft hinter Verteidigungsmaßnahmen getötete anstelle des russischen Erdgases belie- Inge Günter, Peter Münch und alle „Honestly Concerned“ (HC), dem „I Terroristen mit israelischen Opfern fern sollen. anderen keine Anweisung erhalten, like Israel“ (ILI)-Newsletter, den jähr- verglichen. Spionage, Abhören von Telefonen die Wirklichkeit zu verdrehen oder be- lichen Israeltagen und dem größten Eu- Gleichzeitig dient Kritik an der an- und Ähnliches beruht offenbar auf stimmte Themen auszusparen. Einige ropäischen Pro-Israel-Event und das geblichen Siedlungspolitik oder an zu großen Teilen ehrenamtlich. Wie einzelnen israelischen Politikern oder machst du das alles, und bleibt noch Verteidigungsmaßnahmen als Steilvor- S pionage, Abhören von Telefonen und Zeit für Privates? lage für antizionistische Verallgemei- Über Jahre hinweg, habe ich diese nerungen und um die Existenz des isra- Ähnliches beruht offenbar auf Gegensei- Arbeit ehrenamtlich gemacht. In den elischen Staates insgesamt in Frage zu letzten Jahren, in denen mein Engage- stellen. Dies gebündelt mit der stärker tigkeit. Würden die Israelis nicht auch in ment zu einer wortwörtlichen Rund- werdenden Boykottbewegung (BDS), um-die-Uhr-Beschäftigung geworden die dann auch noch mit so genannten Deutschland schnüffeln, hätten sie neu- ist, ist aus diesem Engagement mein „Menschenrechtspreisen“ gestärkt wer- Vollzeitjob geworden; ein schweres den, trägt nicht zu einer Besserung der lich nicht vor einem vermutlich verheeren- Brot, da beide Vereine gemeinnützig Gesamtsituation bei. sind und bislang keine staatlichen För- In der Öffentlichkeit haben sich ei- den geplanten Anschlag im Fußallstadion dergelder bekommen, oder dauerhafte nige Klischees festgesetzt, die faktisch Unterstützer haben. falsch sind und wegen der steten Medi- von Hannover warnen können. So kämpfen wir jeden Monat um enberichterstattung nur schwer zu be- neue Fördermitglieder und appellie- kämpfen sind. ren immer wieder an die Großzügig- Hier ein paar Beispiele: Die Zwei- Gegenseitigkeit. Man sollte aber auch haben eine klare Weltanschauung, die keit eines jedes Einzelnen, um uns eine staatenlösung ist keineswegs alterna- da die Proportionen wahren. Würden sich in ihren Berichten widerspiegelt. dauerhafte Fortsetzung unseres Enga- tivlos, wie auch sonst nichts in der Po- die Israelis nicht auch in Deutschland So kann der linksgerichtete Gil Jaron gements und einen weiteren Ausbau litik. Die Siedlungen sind keineswegs schnüffeln, hätten sie neulich nicht vor PM Netanjahu nicht ausstehen. Inge unserer Tätigkeiten zu ermöglichen: ein Hindernis für den Frieden, denn einem vermutlich verheerenden ge- Günther kommt aus der Frankfur- mehr Veranstaltungen, mehr regionale sonst müsste der Gazastreifen heute planten Anschlag im Fußallstadion von ter Szene, als sie dort zusammen mit Arbeit, verbesserte Vernetzung, neue ein Hort des Friedens sein. Netanjahu Hannover warnen können. Joschka Fischer noch Steine auf die Hintergrundmaterialien und Broschü- wird vorgeworfen, den Friedenspro- Polizei geworfen hat. Und Peter Münch ren, ein Ausbau unserer Leserbriefakti- zess zu blockieren, trotz Baustopp in Israel könnte Deutschlands Erdgaslie- von der SZ hat wohl einfach nur einen onen und Petitionen, usw., usw.. Es gibt den Siedlungen. Es wird ignoriert, dass ferant Nummer 1 werden? Das ist keine „gesunden“ Hass auf Juden und Israel, so vieles mehr, was wir noch gerne tun ausgerechnet Abbas jegliche Gespräch- Sache, über die groß berichtet wird... wie er bei vielen Menschen in Deutsch- würden… sangebote ausschlägt und auch noch So eine Meldung passt absolut nicht land verbreitet ist. Gerade weil diese Arbeit im Zeitalter unerfüllbare Bedingungen allein an die ins Weltbild der deutschen Medien und Entsprechend schreiben diese Kolle- des Internets eine Rund-um-die-Uhr Aufnahme von Verhandlungen knüpft. Öffentlichkeit, was Israel betrifft, und gen, wie es offenbar eine Mehrheit der Beschäftigung ist, ist mir die Zeit mit Diese Liste ließe sich beliebig fortset- ist nicht schlagzeilenträchtig genug. Deutschen gerne erfährt. Bei manchen meinen Kindern, in der wir auch viel zen. Zeitungen wollen Schlagzeilen und Kollegen, wie dem inzwischen nach unternehmen, wie auch mit meiner Klischees, die sich gut verkaufen las- Rom versetzten „Juden“ Richard C. Freundin, heilig und da kann ich dann Es wird oft behauptet, Deutschland sei sen. Schneider konnte man wunderbar be- auch mal abschalten. Und natürlich einer der besten und treusten Freunde obachten, wie er mal korrekt und ver- habe ich auch ein Privatleben, aber es Israels, insbesondere die jetzige Regie- Was haben die deutschen Medien an ständnisvoll über die Israelis berichtet ist bei dem Aufwand neben meiner be- rung und die Kanzlerin Angela Merkel. Israel? und dann wieder völlig einseitige Be- ruflichen Tätigkeit nicht immer einfach Auf der anderen Seite konnte man durch Die sind ein schwieriges Pflaster. richte ablieferte, wohl um seinen Pos- und zu oft häufen sich die Beschwerden Wikileaks sehr unfreundliche Attacken Nur Kennern und Eingeweihten fällt ten behalten zu können. Warum wird über meine (Nicht-)Erreichbarkeit… Deutschlands auf Israel nachverfolgen. auf, wie absurd manche Berichte sind. eigentlich nur bei Schneider betont, Wie würdest Du das Verhältnis und die Da wird aus Trümmerlandschaften in dass er „Jude“ sei, während wir bei an- Wer unterstützt dich, wie kann man Sicht der jetzigen deutschen Regierung Gaza berichtet, während die Villen der deren Kollegen nicht wissen, ob sie pro- helfen und wo würdest Du Dir mehr Un- auf Israel und seine Regierung beschrei- Herrschenden, die mit israelischen Wa- testantisch, katholisch oder sonstwas terstützung wünschen? ben? ren prall gefüllten Einkaufszentren und sind? Für ILI-News zum Beispiel haben Ganz nüchtern betrachtet, ist die die ständige Belieferung des Gazastrei- wir eine Reihe von treuen Mitarbei- Haltung der deutschen Regierung im- fens mit Tausenden Lastwagen einfach Wenn ich richtig verstehe, müssen deut- tern, die im Laufe der Woche die Texte mer noch positiver als die anderer Län- unter den Tisch fällt. Es muss halt die sche Israelkorrespondeten u.a. „negativ vorbereiten und zusammenstellen. Das der, Schwedens etwa, Frankreichs und Vorstellung eines israelischen Boykotts genug“ über Israel berichten, um die an- ist sehr viel Arbeit, fast unvorstellbar, sogar der USA. des Gazastreifens aufrecht erhalten tiisraelischen Vorstellungen ihrer Redak- wenn man nur das Endergebnis mit den Es ist Merkel zu verdanken, dass bleiben. tionen zu erfüllen und ihren Posten zu kurzen, auf wenige Sätze gestutzten Deutschland auch aus eigenem mili- Oder kürzlich eine Reportage über behalten? Beiträgen sieht. Da stecken sehr viele tärischen Interesse heraus Israel mit Hebron unter israelischer Besatzung, Ja, tatsächlich. Sonst laufen sie leider Stunden aufopfernder Arbeit dahinter U-Booten und Korvetten beliefert, die berichtet von Torsten Teichmann bei Gefahr ihre Stellen zu verlieren. Bei- und wir können hier wie in allen ande- № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU DEUTSCHLAND 15 ren Bereichen Hilfe immer dringend Hetze gibt. Im Gegenteil. Heute de- mand hier bleiben, um den Millionen festhalten, bzw. diesen in vielfältiger benötigen. monstrieren sogar die Anhänger des von Flüchtlingen, die zum großen Teil Weise weiter ausbauen und verinner- Genauso suchen wir akut nach Frei- Al-Kuds-Tages, die explizit gegen das mit antisemitischen Klischees groß ge- lichen – und zwar nicht nur auf „ge- willigen, die uns beim „4. Deutschen Existenzrecht Israels sind, gegen Anti- worden sind, auf der einen Seite, und zwungener“ politischer Ebene, son- Israelkongress“ unterstützen können, semitismus. Welch ein Hohn! den Horden von Pegida und fehlgelei- dern vor allem auch auf der Ebene der insbesondere bei der Mobilisierung zwischenmenschlichen Beziehungen von Teilnehmern, Ausstellern und vor auf Ebene der einfachen Bevölkerung. allem natürlich auch Sponsoren. Letz- D a wird aus Trümmerlandschaften in Ich wünsche mir weniger Ideologie teres ist natürlich ein ganz entscheiden- oder Antisemitismus in den Medien, des Thema insgesamt für alle unsere Gaza berichtet, während die Villen der weniger als angebliche „Kritik“ ge- Tätigkeiten… tarnte Hetze, und einfach einen nor- Herrschenden, die mit israelischen Waren malen Umgang mit Israel wie mit den Honestly Concerned e.V. (HC) und „I meisten anderen Ländern der Welt. like Israel“ e.V. (ILI) setzen sich gegen prall gefüllten Einkaufszentren und die Damit allein wäre schon viel erreicht. Antisemitismus ein. Das ist auch ein Ich erwarte nicht einmal eine beson- erklärtes Ziel der deutschen Regierung. ständige Belieferung des Gazastreifens dere „Liebe“ zu Israel, sondern einfach Unterstützt Deutschland die Arbeit von nur eine sachgerechte faire Behand- HC und ILI? mit Tausenden Lastwagen einfach unter lung und kein Herausheben des jüdi- Kurze Antwort: Nein! schen Staates, wie etwa im Falle der den Tisch fällt. Kennzeichnung von Waren aus Sied- Hast du Anhaltspunkte warum nicht? lungen. Warum gelten diese Regeln Einzelne Projekte werden unter- nicht genauso für die West-Sahara, stützt, aber nicht Organisationen als Doch noch haben wir erfreulicher- teten AfD-Anhängern auf der anderen Nordzypern oder Tibet? Ganzes, die vor allem politische Arbeit weise nicht das Level von Paris oder Seite etwas entgegen zu setzen. Lieber Sacha, vielen Dank für das machen, wie wir das tun. Malmö erreicht, z.B. was die körper- Interview und für Deinen Einsatz und lichen Übergriffe betrifft, und noch Was wünscht Du Dir für die Zukunft weiterhin viel Erfolg. Du begibst dich oft ins Kreuzfeuer lohnt es sich gegen den auf uns zukom- – für Israel, für Deutschland? zwischen Antisemiten, Leuten die nichts menden Tsunami anzugehen und zu Ich hoffe, dass beide Länder an ih- (Positives) von Israel hören wollen, Po- versuchen diesen zumindest zu ver- rem jetzigen Kurs des gegenseitigen Das Interview führte litikern, u.a. auch antizionistischen langsamen. Außerdem muß ja noch je- Respekts und der engen Kooperation Ulrich Jakov Becker. Mitgliedern der jüdischen Gemeinde. Woher nimmst du die Kraft? Was genau passierte, dass du dich so einsetzt? Gibt es ein besonderes Ereignis, einen beson- deren Gedanken, der Deinen Einsatz ins Rollen brachte? Kurz: Wie fing Alles an? Ja, am Anfang, im Jahr 2000, standen die unsäglichen Angriffe von Mölle- mann auf Ariel Scharon und Michel Friedman. Damals war mir klar, dass wir deutsche Juden antworten und Far- be bekennen müssen, um in Deutsch- land überleben zu können. Wir könnten auch die Koffer packen und nach Israel ziehen oder gar „zurück nach Auschwitz“ gehen, wie es manche „palästinensische“ Propagandisten for- dern. Das ist für uns und auch für mich keine Alternative. Mit unserem Arbeitseinsatz, darun- ter der Organisation eines Israelkon- gresses haben wir manchen Kritikern hoffentlich klargemacht, dass wir kein Freiwild sind und uns nicht nieder- machen lassen. Wir müssen dann halt damit leben, als „Israel-Lobby“ verun- glimpft zu werden. Man kann sich wohl nicht vorstellen, dass wir Juden oder Is- rael-Freunde mit gleicher Berechtigung wie die Parteien oder die Kaninchen- züchtervereine unsere Anliegen vortra- gen und in der Öffentlichkeit offen und klar vertreten. Unser Service für Sie Gibt es einen Punkt, wo du sagen wür- dest: „Es ist hoffnungslos, jetzt ist doch Gregory’s Joaillier am Kurfürstendamm zeichnet sich nicht nur durch innovatives Design unter der Verwendung edelster die Zeit zum Kofferpacken und zum Schmucksteine aus. Eine Besonderheit ist die haus-interne Werkstatt mit Goldschmied und Steinfasser, die vor Ort Auswandern nach Israel gekommen“? individuell auf Kundenwünsche eingehen können. Exklusive Sonderanfertigungen oder das sensible Umarbeiten von altem Was müsste dazu passieren? Schmuck wird hier professionell und mit größter Sorgfalt erledigt. Sowohl Fasser als auch Goldschmied können jahrelange Eine schwierige Frage. Bei allem, Erfahrung und Expertise vorweisen und arbeiten auf höchstem Niveau. was ich jeden Tag lese und erlebe, ist die Grenze zum Kofferpacken eigent- lich schon lange überschritten und Umarbeiten Unikate Reparaturen und Reinigung die Tendenz ist über die Jahre so viel schlimmer geworden, dass ich eigent- Geliebter alter Schmuck hat oft einen Entweder wählen Sie eines der Ein Standard-Service für unsere Kunden: lich schon lange weg sein müsste. Die starken emotionalen Wert, entspricht bereits fertigen Unikate von Gregory’s kleine Reparaturen und regelmäßige Salonfähigkeit von dem, was heute manchmal aber nicht mehr dem Joaillier oder aber Sie bringen einen Reinigung Ihres vielgetragenen Schmucks eigenen Geschmack. Gregory’s Joaillier eigenen Entwurf mit. Gemeinsam mit gehören zum Standard-Repertoire. unwidersprochen an Antisemitismus hilft Ihnen ein neues Lieblingsstück dem Inhaber Gregroy Loeb wird die Selbstverständlich sind wir durch unsere im Alltag akzeptiert wird, ist nicht daraus zu machen, ohne dass es den Auswahl der Materialien und Steine hauseigene Werkstatt in der glücklichen mit dem vergleichbar, was wir bei den ursprünglichen Charakter verliert. sowie die Umsetzung besprochen. Lage Ihre Schmuckstücke selbst zu Anfängen unserer Arbeit bereits als Von kleinen Änderungen bis hin zur Leidenschaftlich gerne designt reparieren. Gerne stehen wir Ihnen skandalträchtig betrachtet hatten. Ein kompletten Neufassung von Steinen Gregory’s Joaillier beratend zur Verfügung und machen Ihnen Jürgen Möllemann würde heute kaum und Umnutzung des Trägermaterials einen unverbindlichen Kostenvoranschlag. noch Schlagezeilen mit einem antise- erstrahlen die antike Kette oder ein alter mitischen Pamphlet machen, wie er es Ring in neuem Glanz. damals tat. Rechter Stimmenfang gehört heu- Kurfürstendamm 50A 10707 Berlin te genauso zum Alltag, wie es kaum noch Grenzen zwischen sogenannter Tel.030 88917555 „Israelkritik“ und antizionistischer [email protected] www.gregorysjoaillier.com 16 DEUTSCHLAND № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU Linker Antisemitismus am 1. Mai in Kreuzberg Betrachtungen eines jüdischen Sozialdemokraten Von Michael Groys Nazis zu protestieren, bedeutet nicht die sich auf die Seite der Schwachen gestellt. (Boycott, Desinvestition, Sanctions) ge- Befreiung vom Hass auf Juden. Von einer Übrigens tat sie es bei den Juden auch, so- hört mittlerweile zum guten Ton in diesen Zu Beginn meiner politischen Sozialisa- besonderen Demonstration handelt auch lange sie unterdrückt waren. Die spannen- Kreisen. tion konnte ich nicht verstehen, wie es dieser Artikel, von der sogenannten „Re- de Frage ist, was eine „linke“ Bewegung Die ganze „israelfreundliche“ Stimmung angehen kann, dass „linke“ Menschen möchte ein „Antideutscher Block“ aufmi- Antisemiten sein können, da in einer sozi- schen. Diese israelsolidarischen „Linken“ alistischen Welt beziehungsweise Utopie wurden deshalb angefeindet und mit un- alle Menschen gleichwertig sind und auch zähligen Drohungen überschüttet, denn jedes einzelne Individuum unabhängig die Flagge Israels ist wohl für den einen seiner Herkunft, Hautfarbe und Religion oder anderen schwer zu ertragen. respektiert wird. In diesem Punkt werden Natürlich muss man bei jeder Demons- sich vermutlich alle „linken“ Theoretiker tration Abstriche machen, da nicht alle einig sein – umso weniger in dem Weg zu Menschen gleich denken und sicherlich diesem Ziel. wird man mit vielem nicht einverstanden Mit der Zeit begann ich aber zu begrei- sein können – doch warum ausgerechnet fen, dass zwar alle gleich sind, aber die Ju- beim Thema Antisemitismus Prinzipien so den eben etwas ungleicher. Das hat auch schnell fallen, bleibt mir ein Rätsel. nichts mit einem pessimistischen Welt- Jetzt werden die Verteidiger dieser Ver- bild oder der Haltung „Alle gegen uns“ zu anstaltung entgegnen, man dürfe sich doch tun, sondern mit einem real existierenden kritisch mit Israel auseinandersetzen. Das Problem in der Gesellschaft und in der de- sehe ich genauso, aber es wäre schön, wenn mokratischen als auch radikalen „Linken“. dabei die Existenz dieses Staates nicht in- Kurz gefasst haben sich „linke“ Menschen Seit 1987 lässt die Polizei die Linksradikalen gewähren. fragegestellt und der Holocaust nicht re- nicht von dem Judenhass emanzipieren lativiert würde, indem man vermeintliche können. Genauer gesagt ist das Problem volutionären 1. Mai Demo“ um 18 Uhr in mit Juden im Sozialismus machen würde, Verbrechen der israelischen Armee mit nicht nur existent, es ist lebendig und flo- Berlin-Kreuzberg. wenn sie weiter Juden bleiben wollen. Die denen der Waffen-SS und der deutschen riert sogar. Dabei scheint der Jude im Ge- Am 1. Mai, dem Tag der Arbeit, demons- Geschichte „linker“ Versuchungen hat Wehrmacht gleichstellt. wand des Zionisten von besonderem Inter- trieren viele Gruppierungen der radikalen eher negative Beispiele gezeigt. Geliebt Wer den „linken“ Antisemitismus ver- esse für die deutsche „Linke“ zu sein. Wenn „Linken“ für – wie sie selbst behaupten – werden tote Juden von allen und ebenfalls schweigt, tut es bewusst, da er leider in „Linke“ etwas in Deutschland gemeinsam eine gerechte, friedliche Welt, gegen Aus- von „Linken“. Verteidigungsfähige Juden „linken“ Kreisen allgegenwärtig ist. Es haben, dann ist es die Beschäftigung mit Is- beutung und Kapitalismus, gegen Genti- passen da eher weniger rein. Wie stehen passt nur der Jude, den man sich ausgemalt rael, sei es nun positiv oder zumeist negativ. fizierung, Rassismus und Antisemitismus. Sozialisten zu ehemals Schwachen, die hat und eben keiner, der beschneidet. Die An dieser Stelle möchte ich erwähnen, dass Zusammengefasst ist man gegen vieles und stark werden konnten? Kritik an der jüdischen Religion ist nicht die Beschäftigung mit internationalen Fra- für vieles und gegen den Hass auf Juden. Bei dem Bündnis der „revolutionären weniger notwendig als an jeder anderen gen, Konflikten und Themen zum Selbst- Ich würde lügen, wenn ich nicht zugebe 1. Mai Demonstration“ nehmen äußerst Religion, dennoch hat der Jude immer das verständnis eines jeden „linken“ Menschen als „Linker“ Sympathien für viele dieser skurrile Gruppierungen teil, die für die Privileg einer Extrabehandlung – was nun gehört, was im Kern lobenswert ist. Das Themen zu haben. Doch schon nach dem Befreiung „Palästinas“ einstehen wie die einmal Antisemitismus ist. Problem besteht darin, dass dieses Kapitel Lesen des Aufrufs, wird auf dem Flugblatt Organisation F.O.R. (For One State and Ich würde dringend empfehlen mehr- mit einer ähnlichen Obsession behandelt ein „palästinensischer“ Junge mit einem Return to Palestine). Sie plädieren dafür, fach über das Zitat des kürzlich verstorbe- wird, wie es sonst die so verhasste bürger- Stein abgebildet, der vor einem riesigen dass nicht-zionistische Juden in Palästina nen Holocaustüberlebenden und Nobel- liche Gesellschaft tut. israelischen Panzer steht. Es ist ein Sym- bleiben dürfen, nur der Rest muss wohl preisträgers Imre Kertesz nachzudenken: Der konsequente Antifaschismus vie- bol des „palästinensischen“ Widerstandes irgendwie weg. Über die Mittel zur Errei- „Mein Gott, wie gut, dass ich den Juden- ler „Linker“ ist kein Schutz vor Judenhass. gegen den israelischen Kolonialismus und chung ihres Zieles sind sie sich wohl noch stern auf israelischen Panzern sehe, und Mit anderen Worten: Auf Demos gegen Imperialismus. Die radikale „Linke“ hat nicht einig. Die Nähe zur BDS- Kampagne nicht, wie 1944, auf meiner Brust.“ Mehr Sozialarbeiter für die armen Terroristen, bitte! Der Meaculpismus des Westens Von Christian Ortner (Die Presse) Anschlägen beliebter Topos. Dass vie- Dieser „Meaculpismus“ (Samir Kha- gentlich annehmen sollten, dass die le der Täter – von den Terroristen des lil Samir) hat freilich den großen Vor- Integration der seit 2015 nach Europa So schnell kann man gar nicht „Alla- 11. September bis zu einigen der Pari- teil, seinen zahlreichen Anhängern ein gekommenen Migranten aus Nordaf- huakbar“ ausrufen, wie nach einem ser Mörder des Vorjahres – aus dem paar als unangemessen empfundene rika, dem Nahen Osten oder aus Af- Terroranschlag sofort die Relativierer Mittelstandsmilieu oder sozial noch Fragen zu ersparen: etwa jene nach dem ghanistan besser gelingen soll als die wieder das große Wort führen. höheren Schichten kommen und in Zusammenhang zwischen dem Wesen jener moslemischen Zuwanderer, die Der Rauch hatte sich nach den An- der nicht-moslemischen Welt ziemlich des Islam (nein, nicht des Islamismus) in Brüssel Dschihad-Stadtteile wie Mo- schlägen von Brüssel noch nicht einmal viele Menschen ebenfalls unter bedau- und den Motiven der Selbstmordatten- lenbeek geformt und geprägt haben, wo verzogen, als ausgerechnet der rang- ernswerten sozialen Umständen leben täter. Die nach jedem Blutbad vorge- die Polizei von dort Ansässigen atta- höchste Polizist des Landes, Konrad müssen, ohne deshalb Terroristen zu brachte Phrase, das habe ja nichts mit ckiert wird, wenn sie einen Terroristen Kogler, im ORF den eigentümlichen verhaften will, weil er als „local hero“ Eindruck erweckte, Terror dieser Art sei gilt. vor allem einem Mangel an Sozialarbeit D ie nach jedem Blutbad vorgebrachte Frankreich müsste Molenbeek bom- an von der Gesellschaft nicht ausreichend bardieren, nicht Rakka“, kalauerte gewürdigten Jugendlichen mit Migrati- Phrase, das habe ja nichts mit dem nicht ganz grundlos der französische onshintergrund geschuldet – und nicht Krawall-Intellektuelle Éric Zemmour etwa Folge einer faschistoiden, religiösen Islam zu tun, tönt von Massaker zu nach den jüngsten Anschlägen von Pa- Herrenmenschen-Ideologie. ris. Die armen muslimischen Migranten, Massaker hohler. Oder schließlich die Frage, ob es der erfuhren wir da, litten in ihren tristen Weisheit letzter Schluss ist, nun den Wohnvierteln unter Arbeitslosigkeit, werden, falsifiziert die These von den dem Islam zu tun, tönt von Massaker zu Inhabern türkischer Pässe die visum- Ausgrenzung, Chancenarmut und Pers- „sozialen Ursachen“ des Terrors zwar Massaker hohler. freie (und damit bis zu einem gewissen pektivlosigkeit, was sie entweder der ge- weitgehend, mindert deren Beliebtheit Oder die Frage, ob die monatelang Grad unkontrolliertere) Einreise in die wöhnlichen Kriminalität oder eben dem aber nicht im Geringsten. von Berlin und Wien geduldete Zuwan- EU zu gestatten. Immerhin hat jüngst Dschihad gleichsam naturgesetzlich in Das dürfte nicht zuletzt an einer un- derung Hunderttausender Menschen, eine Meinungsumfrage ergeben, dass die Hände treibe. Die unausgesproche- ter den politischen und medialen Eliten deren Identität zum Großteil unbe- 20 Prozent aller Türken der Meinung ne Botschaft dahinter: Irgendwie sind Europas weit verbreiteten Lust an der kannt war und ist, nicht zumindest die sind, dass unter bestimmten Umstän- unsere Gesellschaften letztlich selbst „heuchlerischen Selbstbezichtigung Arbeit der IS-Dschihadisten erleichtert den Gewaltanwendung im Namen der schuld am Terrorismus, weil wir dessen des Westens“ (der slowenische Philo- und damit zumindest indirekt einen Religion zulässig ist. „soziale Ursachen“ nicht ausreichend soph Slavoj Žižek) liegen, die alle Übel Beitrag zum Gedeihen des islamisti- Eine ehrliche Antwort auf all diese bekämpfen. der Welt lieber bei sich selbst sucht und schen Terrors geleistet hat (in Salzburg Fragen dürfte zu Konsequenzen füh- Die Schuld nicht bei den Tätern, son- die Anklagebank der Weltgeschichte sitzen sechs „Schutzsuchende“ ein, die ren, vor denen sich die Politik derzeit dern bei der Gesellschaft der Opfer zu (Kreuzzüge! Kolonialismus!) als ihre dem IS nahestehen dürften). noch drückt. Deshalb werden sie ver- verorten ist ein nach islamistischen liebste Sitzgelegenheit betrachtet. Oder auch die Frage, warum wir ei- drängt, solange es halt geht. № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU DEUTSCHLAND 17 Die Grassmann-Schwestern und der Antisemitismus Flüchtlingsarbeit mit Israelhass Von Alex Feuerherdt

Ein Theaterprojekt für Flüchtlinge soll vom Berliner Senat mit einem sechsstelli- gen Betrag gefördert und von der Bundes- regierung mit einem Kulturpreis bedacht werden. Als sich jedoch herausstellt, dass die Führungsfiguren der Initiative verita- ble Antisemiten sind, werden die entspre- chenden Anträge zurückgezogen. Dass der Senat und die Bundesregierung aus Schaden klug werden, darf man gleich- wohl bezweifeln. Was der Berliner „Refugee Club Impul- se“ (RCI) bezweckt, klingt erst einmal durchaus vorbildlich. Auf seiner Web- seite bezeichnet sich das Theaterprojekt als „das beste Beispiel für eine Selbstor- ganisation, bei der die Geflüchteten ihre Ideen verwirklichen, zusammenarbeiten und sich so einbringen, wie sie es gerne möchten“. Man wolle Flüchtlinge ermu- tigen, ihre Gefühle und Probleme künst- lerisch auf der Bühne auszudrücken, und strebe zudem an, „in der Zukunft noch mehr soziale und kulturelle Projekte“ auf die Beine zu stellen. Ein ehrgeiziges und anspruchsvolles Unterfangen, das vor allem der Arbeiterwohlfahrt (AWO) so sehr zusagte, dass sie beim Berliner Se- nat 100.000 Euro an Fördermitteln für den RCI beantragte. Eine Jury schlug den „Refugee Club Impulse“ zudem für AFP den Sonderpreis für Kulturprojekte mit Gegen den vom iranischen Regime bezahlten Al-Quids-Tag regt sich Protest. Flüchtlingen vor, der von der Beauftrag- ten der Bundesregierung für Kultur und mussten und müssen“. Ein Widerspruch, deren bereits vorhandenen Antisemitis- liche Erklärung von Nadia und Maryam Medien, Staatsministerin Monika Grüt- gar ein Problem scheint das für die Grass- mus zu bekräftigen. Grassmann verlas, in der es hieß: „Auf- ters (CDU), verliehen wird. Dieser Preis mann-Schwestern gleichwohl nicht zu grund der Geschehnisse distanzieren ist mit 10.000 Euro dotiert, schon für die sein. Antisemitismus als wir uns von der Al-Quds-Veranstaltung Nominierung gibt es eine Prämie von Zwei führende RCI-Aktivistinnen „Privatangelegenheit“ und werden an dieser nicht mehr teil- 2.500 Euro. sind also veritable Israelhasserinnen. Als die Recherchen des AJC von der nehmen.“ Falls erforderlich, werde man Besonders gründlich schien sich aber Und dass dieser Hass auf den jüdischen „Berliner Zeitung“ aufgegriffen und ver- zudem von seinen Ämtern zurücktreten. weder die AWO noch die Jury mit dem Staat auch für die politische Arbeit des breitet wurden, nahmen der Berliner Auch Shah hielt die antisemitischen Ak- RCI beschäftigt zu haben, anders als Fa- „Refugee Club Impulse“ eine nicht uner- Senat, die AWO und die Beauftragte der tivitäten der Schwestern jedoch für deren bian Weißbarth von der Berliner Depen- hebliche Rolle spielt, ließ sich beispiels- Bundesregierung für Kultur und Medien „Privatangelegenheit“. dance des American Jewish Committee weise am „Karneval der Geflüchteten“ schließlich Abstand von den Vorhaben, Das ist allerdings nicht verwunderlich, (AJC). Weißbarth fand nämlich heraus, erkennen, der am 20. März dieses Jahres den RCI auszuzeichnen und finanziell zu wenn man weiß, dass Shah bei seinem dass sich die künstlerische Leiterin des stattfand. Hauptinitiator dieses „Ak- unterstützen. Die Kulturstaatsministerin künstlerischen Wirken ähnliche Posi- RCI, Nadia Grassmann, und die pädago- tionstags“, in dessen Mittelpunkt eine Monika Grütters widerrief die Nominie- tionen vertritt wie die Grassmanns. In gische Leiterin, Maryam Somaya Grass- „antirassistische“ Demonstration stand, rung des „Refugee Club Impulse“ für den seinem Theaterstück „Intifada im Klas- mann, seit Jahren aktiv am sogenannten war der RCI, wie eine Presseerklärung Sonderpreis für kulturelle Projekte mit senzimmer!?“ beispielsweise werden „Al-Quds-Tag“ beteiligen. Im Zentrum Flüchtlingen und stellte klar, dass auch „Vergleiche zum Nationalsozialismus dieser Manifestation, zu der das iranische die Nominierungsprämie nicht ausge- und zur Shoa angestellt, um die Situation Regime weltweit aufruft und die seit 1996 zahlt werde. Die AWO zog ihren Antrag von Arabern und Moslems in Deutsch- regelmäßig auch in der deutschen Haupt- auf Förderung des RCI aus den Mitteln land und die der Palästinenser darzustel- stadt stattfindet, stehen antisemitische, des Projektfonds Kulturelle Bildung zu- len“, wie der Journalist Patrick Neu im islamistische Aufmärsche, bei denen die rück. Der für die Mittelvergabe zuständi- Mai 2006 schrieb. Bilder aus nationalso- Eroberung Jerusalems und die Vernich- ge Bildungsstaatssekretär Mark Rackles zialistischen Vernichtungslagern würden tung Israels gefordert werden. Hauptor- (SPD) schrieb in einem Brief an das AJC: auf eine Leinwand hinter der Bühne pro- ganisator der Berliner Demonstration ist „Wir würden zu keinem Zeitpunkt dul- jiziert, und es fielen Sätze wie: „Panzer im Jürgen Grassmann, der Vater der beiden den, dass öffentliche Gelder unmittelbar Heiligen Land, dann sprengen sich die RCI-Führungsfiguren. oder mittelbar Personen oder Gruppen Menschen in die Luft.“ zugutekommen, die das Existenzrecht Is- Die Friedrich-Ebert-Stiftung und das Karneval und raels infrage stellen, antisemitische oder AJC kamen in einer 2007 veröffentlich- Hisbollah-Ohrringe Maryam Grassmann mit Hisbollah-Ohrringen auf antijüdische Positionen vertreten.“ Ein ten Studie dann auch zu dem Schluss, Dieser wird von seinen Töchtern unter- der Al-Quds-Demonstration in Berlin. Bekenntnis, an dem man zweifeln darf, dass das Theaterstück bei der Zielgruppe stützt, wie das AJC recherchierte und die schließlich wäre dem Senat ohne die Ar- „antisemitische Stereotype reproduziere „Berliner Zeitung“ berichtete. Demnach des verantwortlichen Aktionsbündnisses beit des AJC und den Bericht der Lokal- und diese so bei den Jugendlichen verfes- belegen Fotos und Videos beispielsweise, „My Right Is Your Right“ zeigt. Der Auf- zeitung nichts Verfängliches aufgefallen. tige, statt sie zu dekonstruieren“. Es werde „wie Nadia Grassmann auf dem Lautspre- ruf zum „Karneval“ wurde zudem von Beim RCI ist man nun in Not, schließ- „politische Propaganda“ produziert. Den- cherwagen mitfährt und ihre Schwester der Gruppierung „F.O.R. Palestine“ un- lich waren die Gelder dort fest eingeplant. noch zeichnete die SPD das Stück mit Maryam Plakate bereitstellt, Flyer ver- terstützt, die für die Beseitigung Israels In einer Erklärung distanzierte sich das dem Jugendpreis „Goldener Alex“ aus. teilt und Spenden sammelt“. Darüber sowie für einen „palästinensischen“ Staat Projekt dann auch pflichtschuldig „von Und der Berliner Senat förderte Shahs hinaus ist auf mehreren Bildern zu sehen, vom Jordan bis zum Mittelmeer eintritt jeglicher Form von Rassismus, Antisemi- Theater. Zudem verlieh Kulturstaatsmi- dass Maryam Grassmann auffällige Ohr- und die tödlichen Messerattacken auf jü- tismus, Homophobie, Sexismus oder an- nisterin Grütters im Jahr 2015 dem von ringe mit dem Logo der Hisbollah trägt. dische Israelis ausdrücklich legitimiert. ti-demokratischer Haltung“, es behaup- Shah und seinem „JugendTheaterBüro Die libanesische Terrororganisation hat Zu den aufrufenden Organisationen ge- tete, mit Organisationen wie „F.O.R. Berlin“ betriebenen Projekt „KulTür auf“ sich die Zerstörung Israels auf die Fahnen hörte überdies „BDS Berlin“, eine Ver- Palestine“ und „BDS Berlin“ eigentlich einen mit 20.000 Euro dotierten „Preis geschrieben und greift weltweit immer einigung, die Boykotte und Sanktionen gar nichts zu tun zu haben, und zog sich Kulturelle Bildung“. Aus dem mit Steu- wieder jüdische und israelische Ziele an. gegen den jüdischen Staat befürwortet. darauf zurück, die Positionen seiner ergeldern des Landes Berlin gespeisten Zudem ist die Gotteskriegerpartei, wie Auf dem vom RCI initiierten „Karneval künstlerischen und seiner pädagogischen „Projektfonds Kulturelle Bildung“ erhält das AJC zu Recht anmerkt, „an der Seite der Geflüchteten“ waren diese Initiativen Leiterin (!) seien lediglich „Einzelmei- Shah – wie auch der RCI – ebenfalls fi- des syrischen Machthabers Assad aktiv dann auch präsent und aktiv. Offenkun- nungen“. Da das jedoch niemand glaubte, nanzielle Zuwendungen. Ob sich daran im Bürgerkrieg in Syrien beteiligt und dig gehört es zu ihrem Verständnis von ließ der RCI zwei Tage später eine Pres- in Zukunft etwas ändern wird? dadurch ein wesentlicher Grund dafür, Flüchtlingsarbeit, die Geflüchteten an- sekonferenz folgen, auf der Ahmed Shah, (Zuerst veröffentlicht auf MENA- dass viele Menschen überhaupt flüchten tisemitisch zu indoktrinieren respektive einer seiner Mitbegründer, eine schrift- Watch.) 18 ISRAEL № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU Ich bin krank! Biblisches Gewässer in Not Von Jerome Lombard

Der Jordanfluss leidet unter Verschmut- zung und ist von Austrocknung be-

droht – Nun meldet sich in der JR der GALI TIBBON / AFP größte Fluss Israels exklusiv „selbst“ zu Wort: „Ur-Strom für zwei Weltreligionen“. „Gewaltiger Wasserlauf“. „Heiliges Ge- wässer“. Gleich, mit welch wohlklingen- den Titeln man mich auch zu bezeich- nen suchte, stets hatte ein jeder das Bild eines vitalen, sich majestätisch durch die Landschaft schlängelnden Wasserstroms vor Augen. Den man nicht mal einfach so schiffbar machte. Den man nicht mal ein- fach so überquerte. Den man sich nicht mal einfach so Untertan machte. Unge- stüm. Reißend. Mystisch. Ein Bild von einem Fluss. Doch das alles ist jetzt passé und fin- det seine Erwähnung höchstens noch in Geschichtsbüchern. Achso, und in Thora und Bibel natürlich. Wobei deren Inhalt ja quasi zeitlos zu verstehen ist. Schlägt der geneigte Leser heutzutage ein Um- weltmagazin oder die Feuilletonseiten einer Tageszeitung in der thematischen Sauren-Gurken-Zeit auf und führt sich – aus welcher Laune auch immer heraus – Christliche Pilger in Yardenit. einen Bericht über mich zu Gemüte, prallem ihm unwillkürlich Begriffe wie nationale Staudämme verlangen würden, Großteil der Grenze zwischen Jordanien Wasserbedarf für Landwirtschaft und „unscheinbares, stinkendes Rinnsal“ gibt es solche Projekte heute in Ansät- und Israel. Ich bin der Methusalem unter Trinkwassersicherung. Die israelische oder „halb ausgetrocknete grün-braune zen nur zwischen Jordanien und Israel. den Flüssen und so alt wie die Zeit selbst. Forschungseinrichtung setzt sich für ein Brühe“ entgegen. Häufig garniert mit der Und das auch nicht gerade mit Enthusi- Joschua, der Anführer der Israeliten nach grenzübergreifendes Wasserhaushalten leicht süffisant formulierten Frage: Gibt asmus. Es ist ein kalter Frieden, der da Mosche, führte das auserwählte Volk auf ein und hat in den letzten Jahren immer es eine Zukunft für diesen Schatten sei- seit 1994 zwischen den beiden herrscht. seinem langen Weg aus der ägyptischen wieder Berichte über meine dramatische ner selbst? Hass macht bekanntlich blind. Auch vor Knechtschaft über meine Ufer erstmalig Situation vorgelegt. Eine Zukunft wird es für mich in jedem den speziellen Bedürfnissen eines stolzen ins Heilige Land. Alle kamen sie trocke- Es ist ja keineswegs so, dass mein Fall geben. Aber auch eine Rettung? Ich Schicksal jedem hier gleichgültig wäre. sage Ihnen, es ist wirklich erniedrigend. In Israel haben meine Unterstützer und Ich will nun nicht länger schweigen. Wir Ich bin ein häufig vergessenes Opfer Freunde sich bislang am einflussreichsten müssen dringend reden. Ach! Aber wo Gehör verschaffen können. Vielen Men- sind denn bloß meine Manieren! Ich der chaotischen politischen Situation schen ist klar geworden, dass es so nicht habe mich Ihnen ja noch gar nicht rich- weiter gehen kann, will man mein Überle- tig vorgestellt. Die Lage mag nicht rosig im Nahen Osten. ben sichern. So haben die Israelis viel Geld sein, aber ein Gentleman sollte man doch in die Hand genommen, um in Hightech- bitteschön immer bleiben. Gestatten, Flusses. In der aufgeheizten Stimmung nen Fußes hinüber, da sich meine mäch- Entsalzungsanlagen am Mittelmeer zu Jordan mein Name. Der Fluss, wohlge- des Nahen Ostens wird ein Fluss zum tigen Wasserströme wie die des Roten investieren, um so die Wasserentnahme merkt – nicht das Land. Das heißt ja eben Politikum. Der Zugang zu Wasser zum Meeres zuvor auf mysteriöse Art und aus meinem Reich zu drosseln und sich nach mir. Ein ganzes Land haben sie nach Kriegsgrund. Weise zu einem Säulentunnel formten selber eine vor den Spannungen der Re- mir benannt! Und jetzt dieser beschä- Der eine oder andere von Ihnen mag (Jos 3-4). Würde dieser Exodus heute gion unabhängige Versorgung zu sichern. mende Zustand. Soweit ist es schon ge- schon an meinen Ufern gestanden haben. stattfinden, wäre eine Spaltung des Was- Rund die Hälfte des israelischen Trink- kommen... Aber halt, ich gebe mich nicht Habe ich in meiner gegenwärtigen Lage sers völlig überflüssig. Joschua und Co. wassers, mit dem auch die Palästinenser- wieder den Tränen hin. Ich will Ihnen ge- Ihre Erwartungen erfüllt? Ich kann nur könnten mit einem beherzten Sprung ge- gebiete versorgt werden, ist heute entsalzt. genüber, werter Leser, nicht lange um den hoffen, dass dem nicht so ist. Falls näm- konnt über mich hinweg hopsen. Bis 2020 werden 70 Prozent angestrebt. heißen Brei herum reden. lich doch, hatten Sie freilich erbärmliche An meinen Ufern wurde Jesus von Jo- Waren es also 2008 noch 400 Millionen Ich bin krank. Schon seit langem. Erwartungen. hannes dem Täufer getauft. Von diesem Kubikmeter (cbm), die Israel aus dem See Schuld sind die Menschen mit ihrem Pardon. Ich will es nonchalant formu- Moment an nahm er seine Predigertä- Genezareth pumpte, liegen die Zahlen für schier unersättlichen Durst nach Was- lieren: Hätten Sie mich, sagen wir mal, tigkeit auf (Matt 3.). Christliche Pilger das Jahr 2013 bei 160 cbm. Zudem hat der ser in dieser regenarmen Region, die seit vor 100 Jahren, im Jahr 1916 besucht, reisen bis heute zu der vermuteten Stelle jüdische Staat damit begonnen, wieder jeher meine Heimat ist. Mir aber geht würden Sie mich kaum wiedererkennen. in Yardenit am See Genezareth um sich Frischwasser in den See zu pumpen. Das das Wasser aus, ich bin verschmutzt, Damals ein stattlicher Fluss mit vielfäl- vor Ort neuerlich taufen und spirituell ist alles nicht genug. Keine Frage. Aber es geschrumpft. Mein Flussbett droht an tiger Flora und Fauna, den die britischen neu beleben zu lassen. Aber mal ganz bewegt sich endlich etwas in die richtige einigen Stellen auszutrocknen. Ich bin Truppen unter ihrem legendären General ehrlich: Würde der Zimmermannssohn Richtung. Das aus dem Mittelmeer ge- ein häufig vergessenes Opfer der chao- Allenby während ihres Kampfes gegen aus Nazareth sich heute in meine „Flu- wonnene Trinkwasser will Israel auch an tischen politischen Situation im Nahen die Osmanen nur mit rasch zusammen- ten“ wagen, würde er sich wahrschein- seine Nachbarn verkaufen. Zum Glück hat Osten. Eine Geisel des unsäglichen Has- gezimmerten Holzbrücken zu überque- lich sogleich an einem Stein stoßen. Zum sich die jordanische Regierung, die durch ses der arabischen Nachbarn auf den jü- ren wagten. Heute ein schmales Flüss- Glück nur für die heutigen Pilger, dass die Aufnahme tausender Flüchtlinge aus dischen Staat. Um jedem sogenannten chen von höchstens fünf Metern Breite mein Wasser an der Taufstelle künstlich Syrien einen weiter steigenden Bedarf Israel-Kritiker gleich den Wind aus den und zwanzig Zentimetern Tiefe, das sich aufgestaut wird und ich nicht ganz so trist angemeldet hat (300 cbm jährlich), dazu Seegeln (PS: Schiffe können auf mir seit müde dahin schleppt und eine miserable wie anderswo wirke. Wenn schon nicht bereit erklärt. Entgegen der öffentlichen einer Ewigkeit nicht mehr segeln) zu neh- Wasserqualität vorweist. Was ist das an- mein Wasserlauf sprudelt, dann doch we- Meinung in dem Land, die eine offene men: Nein, voreingenommen bin ich als deres, als erbärmlich? nigstens die Einnahmen der Tourismus- Zusammenarbeit mit Israel gleich auf wel- Grenzfluss bestimmt nicht. Ich bennene Mit meinen rund 250 Kilometern Län- branche. Und wer ist nun Schuld an die- chem Gebiet mehrheitlich ablehnt. Aus schlicht und ergreifend zwei der Haupt- ge bin ich, der Jordan, schließlich der sem ganzen Schlammassel? „Die Israelis der Not heraus gehen die Jordanier weiter probleme für den Zustand meiner Hei- größte und wichtigste Süßwasserfluss natürlich! Die stehlen das ganze Wasser auf die Israelis zu. mat: Die bis auf den heutigen Tag weithin Israels! Von meinem Quellursprung aus und wollen es nur für sich alleine“, rufen Es ist die jordanisch-israelische Koope- verwurzelte Nicht-Akzeptanz der Exis- den Höhen in der Umgebung des Ber- die Araber. „Jordanier und Palästinenser ration, die mich, wenn auch verhalten, tenz Israels und die arabische Feindschaft ges Hermon hoch im Norden, fließe ich sind verantwortlich, da sie viel zu viel hoffnungsvoll stimmt. Man kann nur ah- gegenüber dem jüdischen Staat seit 1948. durch den See Genezareth bis in die Tie- Wasser verschwenden“, sagen die Israe- nen, welche Möglichkeiten es gäbe, wür- Während die mich plagenden Krankhei- fen des Toten Meeres hinein. Auf mei- lis. „Alle nehmen Wasser aus dem obe- den auch Syrien und Libanon diesen Weg ten nach einer ökologisch-politischen nem Weg durchquere ich den Libanon, ren Jordan, weil alle es brauchen“, sagt einschlagen. Aber bis es irgendwann mal Kooperation, einem gemeinsames Was- streife Syrien, schlängele mich entlang der Experte Clive Lipchin vom Arava- so weit ist, wird wohl noch viel Wasser sermanagement, einem Baustopp für der Palästinensergebiete und bilde den Insititut mit Blick auf den allseits hohen den Jordan hinunter fließen. № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU ISRAEL 19 Zahal - Moral und Armee Kein anderes Land warnt Zivilisten vor Bombardements Von Michael Groys ter verteilt und genug Zeit gelassen, um das Gebäude zu verlassen. Diese Vorge- Es gibt kaum ein Thema in Israel, wo die hensweise ist zwar moralisch korrekt, da Eigenwahrnehmung und die Wahrneh- es die Bewohner warnt, aber eben kon- mung der Außenwelt so weit auseinander- traproduktiv im Kampf gegen Terror. gehen wie beim Ansehen der israelischen Roman denkt, dass moralisch korrekte Armee als „moralischste Armee der Welt“. Handlungen und militärische Erfolge Während der Staat Israel seit der ersten wohl kaum oder selten miteinander ver- Stunde seiner Existenz ums Überleben einbar sind. Der Dienst hat dennoch für kämpft und die Armee an der Speerspit- ihn nur ein Ziel: den Schutz der israeli- ze dieses Überlebenskampfes steht, wird schen Bevölkerung, gerne in der Welt jede Gelegenheit ge- Ein anderer ehemaliger Soldat, Ben- nutzt um Israel „Kriegsverbrechen“, wenn ny, berichtet ähnliches in Hinblick auf nicht sogar die Verübung eines Genozids moralisches Verhalten der Soldaten und an den „Palästinensern“ vorzuwerfen. der strikten Vorschriften diesbezüglich Diese Auffassung wird gern mit großen seit der ersten Minute des Armeediens- Opferzahlen bei den israelischen Militä- tes. Besonders prägend war für ihn ein roperationen auf der „palästinensischen“ Erlebnis bei dem ein Militärrabbiner Seite untermauert. Andere fragen sich, wie vor Beginn der anstehenden Operation man in dem dichtbesiedelten Gaza Bom- in Gaza auf die Soldaten einredete. Er bardements machen kann. Man solle die versuchte den Soldaten zu vermitteln, Terroristen „abfangen“ und einem Gericht wie wichtig es ist auf die Zivilbevölke- überstellen. rung Rücksicht zu nehmen. Dennoch Dieses ganze Gerede ist begleitet von betont er die Schwierigkeit innerhalb schrecklichen Bildern toter Kinder, ka- GUEZ,JACK AFP eines Krieges sich durch und durch mo- putter Spielzeuge und weinender Müttern. Israelische Soldaten: Es macht einen großen Unterschied, ob bei der Bekämpfung von Terroristen auch ralisch zu verhalten. In Situationen, in Wer das sieht, hat auf den ersten Blick ei- Zivilisten sterben, oder ob Zivilisten gezielt angegriffen werden. denen kein Krieg herrscht, wie zum Bei- nen sehr klaren Schuldigen gefunden: Is- spiel in Hebron, ist es besonders wichtig rael, den Staat der Juden, und seine Armee. soll auch ehemaligen Soldaten der Zahal Roman ist ehemaliger Soldat der israeli- moralisch zu agieren. Benny sieht jede Jetzt wird sich der eine oder andere fra- eine Stimme gegeben werden. schen Armee und war bei der letzten gro- Armee, die noch moralischer handelt als gen, wie israelische Soldaten „unschuldige Nicht selten hört man selbst von isra- ßen Militäroperation „Protective Edge“ die Zahal, nicht in der Lage militärische Zivilisten“ töten können und sich dann elfreundlichen Kritikern, dass die israeli- (Schutzrand) im Gaza-Streifen. Seiner Auseinandersetzungen zu gewinnen. noch anmaßen „die moralischste Armee sche Gesellschaft stark militarisiert und Auffassung nach versteht man als einfa- Auf die Frage, wieso die Außenwelt das der Welt“ sein zu wollen. Ich denke, man dies auch gleichzeitig eine Herausforde- cher Soldat das große Ganze der Aktion alles anders sieht, beantwortet Benny sollte die Militäroperationen Israels in der rung für die Demokratie des Staates sei. nur bedingt, weil man seinen Aufgaben eindeutig: Sehr viel Unwissen und na- Tat sehr genau unter die Lupe nehmen, Das mag auch im Kern eine richtige Kritik nachgehen muss und Fragen eher vermei- türlich Antisemitismus. was auch praktisch nach jeder größeren sein, nur vergessen die Kritiker den Punkt, det. Dennoch war er erstaunt über die gute Diese beiden Berichte ehemaliger isra- Militäroperation in Form eines Berichtes dass diese starke Armee und die damit ver- Organisation der Operation seitens der elischer Soldaten bezeugen zwei Sachen. geschieht. Die Erkenntnisse aus diesen Be- bundene Militarisierung nicht zum Spaß Heeresleitung sowie der jungen Offiziere. Erstens wird innerhalb der israelischen richten haben einen durchaus kritischen Armee das Thema diskutiert. Sowohl ein- Charakter und schonen die Armee nicht fache Soldaten als auch die Führung be- im Geringsten. Der Fakt, dass so etwas D ie Frage, wieso die Gemüter ausgerechnet schäftigen sich damit. Das Bild von einer überhaupt geschieht und dies auch seitens mörderischen Armee, die nur darauf war- der Regierung nicht blockiert wird, zeugt bei Israels Militäroperationen so tet „Palästinenser“ zu töten, widerspricht von dem demokratischen Geist des Staa- der Realität. tes Israel. hochkochen und Assads Säuberungen Israel ist seinen Gegnern in der Region Israel möge man einmal mit anderen haushoch militärisch überlegen. Es könn- demokratischen Staaten vergleichen, wie in Syrien eher wenig Interesse finden, te seine Gegner miltärisch unterjochen, zum Beispiel den USA, in denen solche zahlreiche seine Gegner ermorden. Israel oder ähnliche Berichte nicht selten ge- bleibt unbeantwortet. tut es nicht, aber man kann sicher sein, heimgehalten werden oder lediglich unter dass Israels Gegner genau dies mit Isra- sehr hohem medialen Druck an die Öf- besteht und es ohne die große Armee in Allein der Name der Armee als „Verteidi- el tun würden, wären sie die militärisch fentlichkeit geraten. Selbst nichtoffizielle diesem Landstrich wahrscheinlich gar gungsarmee“ ist für Roman wichtig. Auch Überlegenen. Berichte, wie der weltweit bekannten isra- keine Demokratie gäbe! diese Operation war nach Raketenangrif- Zweitens lässt sich an konkreten Bei- elkritischen Nichtregierungsorganisation Israelische Politiker aller Parteien be- fen aus Gaza als notwendiger Schritt zum spielen der moralische Charakter der „Breaking the Silence“ finden eine enorme klagen nicht selten die enormen Ausgaben Schutz der israelischen Bevölkerung zu Zahal festmachen, vor allem an dem Ver- öffentliche Aufmerksamkeit und fördern für die Verteidigung, die zum Beispiel im sehen. Der Verteidigungsaspekt sei für such im Krieg die Zahl der zivilen Opfer die Debatte um die „moralistischste Ar- Straßenbau oder bei der Armutsbekämp- ihn auf allen Ebenen spürbar gewesen und gering zu halten. Dabei werden Aktionen mee der Welt.“ fung besser aufgehoben wären. Die starke eben kein leeres Narrativ. Der Kodex der durchgeführt, die in keinem anderen Doch die Frage, wieso die Gemüter aus- Armee und die hohen Ausgaben dafür sind Israelischen Verteidigungskräfte befiehlt Land der Welt vorzufinden sind. gerechnet bei Israels Militäroperationen allerdings ein Ergebnis von mehreren rea- seinen Soldaten stets moralisch zu han- Zum Abschluss eine persönliche Note so hochkochen und bei Assads Säuberun- len Versuchen der vollkommenen Vernich- deln und vor allem nachzudenken. zu der Thematik „moralischste Armee gen in Syrien eher wenig Interesse finden, tung des Staates. Wenn Israel die Waffen Roman leugnet keinesfalls, dass es in der Welt“. Als vor rund zwei Jahren in der bleibt unbeantwortet. niederlegt, wird es kein Israel mehr geben. der Armee zu unnötiger Gewalt kommen Ostukraine in der Region Donbass, wo Zumindest hatte man in den letzten fünf Dieser Gedanke soll auch als Ausgangs- kann, betont aber das es sich zumeist um ich geboren wurde, auf Städte geschos- Jahren des Bürgerkrieges keine vergleich- lage der Debatte über Moral und Armee in junge unerfahrene Menschen handelt, sen wurde und die Zahl der zivilen Opfer bare Demonstration gegen Assad oder Israel dienen, denn für eine Demokratie im die je nach Situation nicht immer „mora- ins Unermessliche stieg, telefonierte ich andere Diktatoren in der Region mitbe- dauerhaften Zustand der Bedrohung ist es lisch“ handeln können. Nicht selten füh- mit Bekannten vor Ort. Sie beschrieben kommen, wie gegen Israel und seine „Kin- eine Meisterleistung bestehen zu bleiben ren einfache Sprachbarrieren auf beiden mir die Situation und fügten noch ei- dermörder“. und außerdem die hohen Standards bei- Seiten zu eskalierenden Auseinanderset- nen prägenden Kommentar hinzu: „Wir Die Weltgemeinschaft hat in ihrem zubehalten. Das dabei aus militärischer zungen. Dennoch sollte seiner Auffas- wissen nicht, wer uns beschießt. Das ist Herzen nur Platz für die vermeintlichen Perspektive durchaus irrsinnige Aktionen sung nach die grundsätzliche Frage nach nicht so, wie die Israelis es mit Flugblät- Verbrechen eines Landes und nur einer seitens der Zahal gemacht werden, ist kein Moral im Militär gestellt werden, sowie tern und Anrufen tun. Hier wird ohne Armee, die der Israelischen Verteidigungs- Geheimnis. Die Argumente bleiben im- generell Gewalt als unmittelbarer Teil des jede Rücksicht bombardiert, sodass wir armee. Diese Extrabehandlung ist vermut- mer die Gleichen: Israel darf sich nicht auf Armeedienstes in jeder Armee der Welt. in Kellern sitzen müssen.“ lich nicht das Ergebnis eines besonderen das Niveau seiner Gegner begeben. Israel Abschließend bejaht Roman die Frage, Kein einziges ziviles Opfer kann gut- Humanismus, sondern eines gravierenden muss jedes Menschenleben schützen und ob auch er die Zahal als die „moralischste geheißen werden und ist definitiv eines Judenhasses zahlreicher UN-Mitglieder. den Kollateralschaden so klein wie mög- Armee der Welt“ sehe, weil sie sich nicht zu viel. Jeder Verlust auf „palästinen- Die Beschreibung der israelischen Solda- lich halten. Diese selbstgesteckte Aufgabe selten sogar ins eigene Fleisch schneidet, sischer“ Seite ist für Israel und seine ten als blutrünstige Mörder erfüllt alle al- ist in einem Ort wie Gaza eine Mammut- um den eigenen gesetzten Standards ge- Armee ebenso ein enormer Verlust. ten antisemitischen Klischees. Dennoch saufgabe für die Soldaten und politischen recht zu werden. Israelische Soldaten sind der Mission sollen in diesem Artikel vor allem Argu- Verantwortlichen. Und – wer in der Re- Bevor Häuser oder Objekte, in denen verpflichtet sich und die Bevölkerung mente dafür beleuchtet werden, warum gion außer Israel zerbricht sich überhaupt sich zivile Personen aufhalten könnten, zu verteidigen, denn der einzige gerech- sich die IDF oft als die „moralischste Ar- den Kopf darüber, wie er Kollateralschä- angegriffen werden, wird bei den Bewoh- te Krieg bleibt immer nur der Verteidi- mee der Welt“ der Welt sieht, und dabei den gering halten kann? nern angerufen oder es werden Flugblät- gungskrieg. 20 ISRAEL № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU Nicht allein auf Amerika fixiert Israel im Spannungsfeld Washington/Moskau und seine Öffnung nach Asien Von Ulrich Sahm

Die Spannungen zwischen Barack Ob- ama und Benjamin Netanjahu haben den Austausch zwischen Israel und den USA zwar belastet, aber auch aus KIM KYUNG-HOON / AFP Eigeninteresse haben die Amerikaner parallel dazu die Militärbeziehung zu Israel nicht gebremst, sondern sogar hochgefahren. Denn ohne israelische Hightech wäre die Entwicklung von amodernen Abwehrsystemen wie die „Eiserne Kuppel“ kaum denkbar. Und diese sind auch für die Amerikaner von höchstem Wert. Kooperation mit Moskau Gleichzeitig wurde Israels Position im Spannungsfeld zwischen Washington und Moskau wie auch zum Fernen Os- ten gestärkt. Denn da zwischen den USA und Russland vor allem in Syrien gewisse Meinungsverschiedenheiten existieren, boten die schlechten Be- ziehungen Netanjahus mit dem US- Präsidenten für die Israelis eine ein- maligae Chance, hier eigene, höchst pragmatische Wege zu gehen. Moskau und Jerusalem koordinieren ihre Tätig- keit über dem Luftraum Syriens schon seit längerem, da beide Seiten dort kei- Benjamin Netanjahu mit Xi Jinping nen „irrtümlichen Zusammenstoss“ ihrer Kampfflugzeuge wünschen. Die sche Blogs und Israels Universitäten den Israelis verboten, eine typisch is- Wirtschaftliche Kontakte fast überstürzte Visite von Staatspräsi- betonen die zahlreichen gemeinsamen raelische Miniversion des Awacs-Auf- ausbauen dent Reuven Rivlin in Moskau macht Entwicklungsprojekte mit den Chine- klärungsflugzeugs zu verkaufen. Rice Heute bauen die Israelis eigene er- die Prioritäten deutlich – eine lang ge- sen. Peking investiert kräftig in Israel, argumentierte, dass das israelische folgreiche Waffensysteme. Für gutes plante Staatsvisite in Australien wurde will die Eisenbahnstrecke von Tel Aviv Flugzeug auch amerikanische Kompo- Geld geben sie die an viele Interessier- dafür kurzerhand abgesagt. Auch das te weiter, auch ohne die Amerikaner Treffen Putin/Netanjahu am 21. April um Erlaubnis bitten zu müssen. Zum zeigt, dass sich da über die Jahre fast P eking investiert kräftig in Israel, Beispiel die hochentwickelten Heron- intime Beziehungen angebahnt haben. Drohnen, die sowohl der Aufklärung, Eine Annäherung zwischen Israel und will die Eisenbahnstrecke von wie bewaffnet für Angriffe dienen. Be- Moskau hatte schon Außenminister kannte Kunden sind die Schweiz, die Avigdor Lieberman eingeleitet. Der Tel Aviv nach Eilat bauen. Bundesrepublik und zuletzt auch In- konnte ohne Dolmetscher mit Putin dien, das gleich 10 bewaffnete Heron- Vodka trinken. Drohnen für 400 Millionen US-Dollar nach Eilat bauen und kauft jetzt sogar nenten enthalte und deshalb nicht an erwarb. Nicht von ungefähr ist Israel Neue Partner finden die Kosmetikfirma „Ahava“ auf, ein Länder weitergegeben werden dürfe, auf Militärausstellungen in Singapur, Von den USA weniger abhängig zu sein, Aushängeschild Israels. Ob und wie durch die „unsere Jungs getötet werden Thailand und anderswo im Fernen bedeutet für Israel auch, sich in Asien beide Länder auch militärisch koope- könnten“. In der damaligen Bush-Re- Osten präsent. Wie kürzlich das is- neue Partner suchen zu können, spezi- rieren, ist weniger bekannt. Vor eini- gierung befürchtete man offensichtlich raelische Verteidigungsministerium ell China und Indien. gen Jahren noch hat die damalige US- den Ausbruch eines (Welt-)Kriegs zwi- bekannt gab, geht der Großteil der Auf Hightech spezialisierte israeli- Außenministerin Condoleezza Rice schen China und den USA. Rüstungsexporte nach Asien und dem Pazifik, in Höhe von 2,3 Milliar- den US-Dollar, gefolgt von Eu- ropa, das von Israel Waffen und Kampfkunstschule Mikoyan militärische Dienstleistungen im Wert von 1,6 Mrd. US-Dollar be- Karate, Kampfkunst, Selbstverteidigung zieht. Kampfkunst und Nahkampf wie Systema liegen voll im Trend. Neben den Militärkontakten Wachsende Kriminalität macht Selbstverteidigung immer wichtiger. sind die engen Beziehungen zwi- schen Israel und den fernöstlichen Der erfolgreiche Weg zur körperlichen und geistigen Stabilität beginnt Großmächten auch durch vielfäl- mit der Wahl der richtigen Kampfschule. Aram Mikoyan hat diesen Trend tige wissenschaftliche Kooperati- erkannt und bietet in seiner Kampfkunstschule auf die Bedürfnisse der onen und einen nicht abreißenden Schüler abgestimmten Unterricht. Strom von Besucherdelegationen Er schult den Umgang und das Verhalten in möglichen Gefahrensituatio- bis hin zu Regierungschefs und nen und stärkt zugleich das Selbstbewusstsein. Ob Manager, Hausfrau Ministern gekennzeichnet. Hin- zu kam: Jeder Versuch von Seiten oder Schüler, jeder kann in eine gefährliche Situation geraten. So bietet die westlicher Aktivisten, israelische Kampfsportschule verschiedenste Kurse bereits ab dem 3. Lebensjahr. Kontakt: Firmen oder Wissenschaftler zu Von Kinderkarate, Frauen-Selbstverteidigung bis Senioren-Selbstverteidi- Uhlandstraße 19 10623 Berlin boykottieren, führte nur zu einer gung dienen die Kurse der Stärkung des Selbstbewusstseins, der Verbesse- Tel.: +49 (0)30 88 6281 80 weiteren Vertiefung der Bezie- rung der Konzentrationsfähigkeit und dem Stressabbau. Die Kampfkunst- eMail: [email protected] hungen im Asiatischen Raum. schule bietet auch Kurse in den Bereichen Karate, Nahkampf Systema, Weitere Informationen unter Kyokushinkai, Tae-Kwon-Do, Kickboxen, Thaiboxen, Boxen, MMA. www.kampfkunstschule-mikoyan.de Alles andere als isoliert Im Vergleich zu früheren Jahren, Die Kampfkunstschule zeigt sich mit erfahrenen und erfolgreichen in denen Israel fast völlig iso- Meistern in einer puristischen und angenehmen Unterrichtsatmosphäre liert war und auch von den soge- und einem qualitativ hochwertigen Equipment. nannten „blockfreien“ Staaten Im Trend liegt auch der angebotene Nahkampfstil „Systema“. Aram wie Indien weitgehend gemieden Mikoyan trainierte selbst 8 Jahre beim Schöpfer des Stils und kann worden ist, hat sich Israel hier dadurch das Original aus erster Hand wiedergeben. einen zentralen Platz in der Welt Wir be nden uns im Herzen der City Berlin West, nur wenige Gehminuten erobert und ist daher keineswegs nur von den USA als „einzigem“ vom Kurfürstendamm, in der Uhlandstraße. Verbündeten abhängig. № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU ISRAEL 21 Wie war das eigentlich mit den jüdischen Siedlern im Sinai? Die kurze israelische Zeit auf der ägyptischen Halbinsel von 1967-1982 Von Monika Winter AFP Als es 1967 unter der Führung von Ägyp- ten zum Sechstagekrieg kam, und Haupt- ziel – wie sollte es auch anders gewesen sein – die Vernichtung Israels war, konn- te Israel die Luftwaffe der Feinde Syrien, Jordanien und Ägypten in einem Präven- tivschlag in 6 Stunden noch am Boden zerstören. Israel überlebte und eroberte sogar noch Judäa und Samaria zurück, obendrein Gaza, Golan und die Sinai- Halbinsel. Überliefert ist dazu eine Anekdote von dem Millionenmörder Mao Tse Tung, der dem ägyptischen Staatschef Nasser einen Schlachtplan gegen die Israelis vorschlägt. Dieser solle den israelischen Feind „in die Tiefe locken“. Nasser lehnt diese „geniale“ Idee dankend ab: „Wir können keinen Befreiungskrieg für die Menschen im Sinai führen, weil es dort keine Menschen gibt.“ Sinai. In einem kurzen Zeitraum von nur 10 Jahren verwandeln jüdische Sied- ler auch die neu eroberten Wüstenland- schaften in Felder und Plantagen, sie bauten Fabriken und erweiterten Feri- enanlagen. Die Israelis sorgten während ihrer Anwesenheit dafür, dass sich der wirtschaftliche Wert des Sinai insgesamt erhöht. Sie bauen die Infrastruktur aus, schaffen die Voraussetzungen für ei- nen funktionierenden Fremdenverkehr, kümmern sich um Naturschutz. Die israelische Siedlerin Zahava Lessinger zeigt ein Foto von einem Polizisten, der sie darum bittet ihr Haus in der -Siedlung zu evakuieren. Auch die auf dem Sinai lebenden Be- duinen wurden nicht vergessen, sie er- lom, Dikla, , Netiv HaAsara, Sufa, senz eine charakteristische Moschee. Ersten Weltkrieges eine Palme gepflanzt hielten eigene Zentren. Straßen werden Talmei Yosef eine der Siedlungs-Blöcke. Hier befand sich ein bekannter Badeort. hatte. Weitere Siedlungen trugen Namen für vorerst militärische Zwecke gebaut, Bilder der Siedlung sind leider sehr rar. Ein Flugplatz wurde 1976 eröffnet und wie Netiv Haasara, was „Beleuchteter aber auch für eine zukünftige friedliche Für die Anlage der Siedlung Yamit gab es ist heute bekannt als Sharm el-Sheik In- Pfad der Zehn“ bedeutet, oder Sufa gleich Erschließung der Wüste. Der Ausbau „beleuchteter Sturm“. militärischer Einrichtungen begann so- Einige Israelis siedelten sogar in bisher gleich 1967, eine Marine-Basis und drei N och heute dürfen die Ägypter keine völlig unbevölkerten Gebiete. Auch wis- Flugplätze werden errichtet, als Schutz senschaftlich fühlte Israel sich im Sinai vor Angriffen. schweren Waffen auf die Sinai-Halbinsel gefordert. Geologen stellten fest, dass Die Anwesenheit der Israelis legte auch sich unter den Sanddünen viele Milliar- den Grundstein für die touristische Er- verlegen den Kubikmeter Wasser befinden, die für schließung der Sinai-Halbinsel. 1972 be- industrielle Zwecke zu nutzen wären und gann der Bau der Küstenstraße von Eilat. zwei wichtige Gründe. Erstens sollte die ternational Airport. Scharm el-Scheich, sich teilweise auch für landwirtschaftli- Entlang der Küstenstraße wurden bei- Wüste bewirtschaftet werden und zwei- einst nur ein Fischerdorf, entwickelte sich che Zwecke eigneten. spielsweise bei und zwei tens sollte gleichzeitig ein Schutzring in rasender Geschwindigkeit zu einem Bevor der Friedensvertrag mit Ägypten Moschawim, also landwirtschaftliche geschaffen werden, um das israelische luxuriösen, modernen Ferienort. Ophira unterzeichnet wurde, demontierte die Ar- Genossenschaftssiedlungen, errichtet. Kernland vor einem neuen ägyptischen selbst liegt auf der Felsenklippe von Ras mee bereits einen Teil ihrer Anlagen, um Gearbeitet und gelebt wird im Moschaw Angriff schützen. Israelische Siedler taten Um Sidd. Um Sidd ist bekannt für seine die vorgesehene Frist von 9 Monaten zum gemeinsam, die Gewinne sind nicht, wie das, was sie am besten können: sie rangen Korallenriffe. Hier standen exklusive Ho- Rückzug einzuhalten. Doch es kam zu ei- etwa im Kibbuz, gemeinsames Eigentum, dem ohnehin sehr kargen Boden Toma- tels, neue wurden hinzugebaut. ner Unterbrechung, nicht nur weil es wei- um dann gerecht aufgeteilt zu werden, ten- und Gurkenbeete ab. Die Siedlung Neot Sinai war ein Lieb- tere Forderungen aus Ägypten gab, son- sondern jede Person, jede Familie erwirt- Die in hellem Weiß strahlende Stadt lingskind von und es dern auch weil Israel eine neue Bohrung schaftet auch das, was sie erarbeitet hat. Yamit mit zuletzt etwa 1.200 Einwoh- wurde bereits eine „vorfabrizierte“ Villa am Alma-Ölfeld an der Küste des Golfes Nahe dem Katharinen-Kloster ent- nern war auch ein Lieblingsprojekt von als Altersruhesitz für ihn erreichtet. In von Suez tätigen wollte. Das Alma-Ölfeld standen verschiedene neue Hotels. Wäh- Mosche Dajan. Hier sollten auch ein Tief- Neot Sina finden sich viele Gemüsefelder. wurde von den Israelis entdeckt. rend der israelischen Feiertage kamen seehafen und ein modernes Verwaltungs- In einer Ausgabe vom „Spiegel“ vom 14. Als es dann 1978 zu einem endgülti- hauptsächlich jüdische Besucher. Aber gebäude entstehen. Mosche Dajan pro- Dezember 1981 unter dem Titel „War- gen Friedensvertrag zwischen Ägypten auch deutsche und amerikanische Tau- phezeite eine Bevölkerungsanzahl von ten auf Messias“ ist eine Gesprächsnotiz und Israel kam, bedeutete dies auch das cher nutzten die Hotels und erkundeten 250.000 Bürgern in der Region, wozu es zu finden: „Den Siedlern selbst erscheint Aus für jüdische Siedlerträume, Wis- die Korallenriffe entlang der Küste des dann aber nicht mehr kam. ihre Schöpfung wie ein Paradies auf Er- senschaften und Investitionen. Häuser Golfes von Akaba. Zusätzlich wurden Inmitten dieser Wüstenlandschaft -er den – ‚ohne Schmutz, Rauch und Dunst, wurden geräumt oder mussten zwangs- Dahab und Nuweiba begehrte Orte für schufen jüdische Siedler also Obst-, Blu- mit sauberer Luft, Sonne und einer ein- geräumt werden. Die meisten Siedler Rucksacktouristen. men- und Gemüseplantagen. Sie bauten maligen Lebensqualität‘, rühmt Jizchak waren natürlich nicht gerade begeistert, In Taba entstand zwischen 1979 und Treibhäuser für Tomaten und andere Ge- Regev aus der Siedlung Neot Sinai“. hatten sie sich vor noch nicht so langer 1982 das Sonesta Hotel, später Hilton müsesorten, erichteten gleichzeitig Ver- Interessant waren auch die Namen der Zeit ihren Traum von einem anderen, Taba & Nelson Village, sechs Kilometer packungsanlagen und dachten sicherlich Siedlungen. Einige entstanden zu Ehren besonderen Leben erfüllt. Es kam teil- entfernt von Eilat und neben Kfar Nelson nicht daran, den Sinai jemals wieder zu israelischer Kämpfer, z.B. Avschalom- weise zu heftigen Widerständen. Letzt- gelegen. Erbauer war Eliyahu Paposcha- verlassen. Feinberg. Feinberg war Führer des soge- endlich wurde der Sinai aber vollständig do. Das Hotel war sehr beliebt bei israe- Der Gedanke an Frieden mit Ägypten nannten „Nil-Spionagenetzes“ während geräumt. lischen Touristen, bis es 2004 gezielt von lag in weiter Ferne. Business, gepaart mit des Ersten Weltkrieges. Eine Siedlung Seit 1982 steht Sinai wieder unter al- Terroristen angegriffen wurde. Wir er- Ideenreichtum, das Leben in freier Na- gleichen Namens wurde übrigens auch in leiniger ägyptischer Souveränität. Be- innern uns – es gab zahlreiche Tote und tur war so etwas wie ein erfüllter Traum, Israel gegründet. standteil des Friedensabkommens mit Verwundete. hinzu kam Religiosität – einige Siedler Auch Dikla, im nordöstlichen Teil Ägypten war u.a., dass die Ägypter keine Am Golf von Suez bei Abu Rudeis gehörten dem ultraorthodoxen Lager an, der Sinai-Halbinsel, der Region Rafah, schweren Waffen auf die Sinai-Halbinsel und Alam wurden sogar neue Erdöl- andere dem säkularen Judentum. nimmt Bezug auf Avschalom Feinberg. verlegen dürfen. Dieses „Erbe“ dürfte ei- felder erschlossen. Schnell entstanden 1968 erbauten sie die Siedlung Ophira, Dikla wurde 1969 südlich des Gaza-Strei- ner der Gründe sein, warum der ägypti- neue jüdische Siedlungen auf dem Sinai. nördlich von Scharm el-Scheich (an der fens errichtet und als Vorposten etabliert. schen Zentralregierung die Region aus Yamit wurde 1974 im Nord-Osten der Südspitze der Sinai) gelegen. In Ophira Dekalim bedeutet Palme. Die Geschich- den Händen geglitten ist: Nirgendwo Sinai-Halbinsel (ganz nahe der Grenze wurden kleine Häuser gebaut und es gab te um Dekla hat den Hintergrund, dass sind islamische Extremisten in Ägypten zu Israel) erbaut und war neben Avsha- dort auch in Zeiten der israelischen Prä- Abschalom-Feinberg hier während des so stark wie im Sinai. 22 ISRAEL № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU Umweltschutz steht in alter jüdischer Tradition Das Ende der kostenlosen Einweg-Plastiktüte in Israel Von Patrick Casiano 4. Buch Moses werden in der jüdischen Auslegungstradition als ein Bepflan- Es raschelt unaufhörlich an Israels Super- zungsring interpretiert, der Ansiedlun- marktkassen. Zumeist werden nur zwei – gen umgeben soll. oder maximal drei – Produkte in eine Jedes siebte Jahr gilt im Judentum als Einweg-Plastiktüte gepackt, die sehr viel „Schmita“-Jahr, in dem die meisten land- mehr fassen würde. wirtschaftlichen Tätigkeiten untersagt Am 1. Januar 2017 wird in Israel ein sind und in dem das Land brachliegen soll. neues Gesetz in Kraft treten, demzufol- Früher muss dieses Gebot Zweiflern als ge Geschäfte eine Gebühr von 10 Agorot unsinnig vorgekommen sein. Wie auch im (etwa 2,4 Cent) für jede Einweg-Plastiktü- Falle anderer Gebote können wir jedoch te erheben müssen und diese nicht mehr heutzutage, aufgrund unseres wissen- gratis an ihre Kunden ausgeben dürfen. schaftlichen Fortschrittes, im Rückblick Dieses neue Gesetz ist Teil einer breiten den Sinn dieser göttlichen Gebote erken- gesellschaftlichen Tendenz hin zu mehr nen. Das Schmita-Jahr verhindert die Aus- Umweltbewusstsein. Trotz einiger Fort- laugung der landwirtschaftlichen Anbau- schritte, die in den letzten Jahren auf die- fläche und erhält deren Fruchtbarkeit. sem Gebiet erzielt wurden, hängt Israel Einige andere Themen berühren die dennoch vielen der anderen entwickelten Frage des Umweltbewusstseins nur teil- Industrienationen hinterher. Der jährliche weise. So sollte z.B. die Stelle im 5. Buch Pro-Kopf-Verbrauch an Einweg-Plastiktü- Moses, Kapitel 23, Verse 13-14 im Lichte ten wird für den durchschnittlichen Israeli des von den Vereinten Nationen aner- auf 275 Tüten pro Jahr geschätzt. Im Ver- kannten „World Toilet Day“ gelesen wer- gleich dazu liegt diese Zahl in Deutsch- den. Die Bibel verschweigt nichts. Auch land bei nur 75. International beginnt die derartige Verschmutzungen beeinflussen Variationsbreite mit Dänemark und Finn- FRED DUFOUR / AFP die Gesundheit des Menschen. land, deren Bewohner jährlich nur 4 Ein- Einweg-Plastiktüten sind zu einer großen Belastung für die Umwelt geworden. Nur Natur gehören natürlich auch die weg-Plastiktüten verbrauchen und reicht Tiere und beginnend mit der Bibel, hin- bis zu den Estland, Lettland, Litauen, zu geringen Betrag von nur 10 Agorot bäume fällen. Sicherlich wäre es militär- aus über den Talmud und bis in die spä- Polen, Slowakei, Ungarn, Slowenien und (2,4 Cent), da angenommen wird, dass taktisch gesehen ein kluger Schritt die tere rabbinische Literatur hinein finden Portugal – als einzige Ausnahme nicht in dieser nicht ausreichend ist um eine Än- Obstbäume gerade doch zu zerstören. wir Gesetze, die sich mit dem Thema des Osteuropa – die alle etwa gleichauf bei derung im Konsumverhalten zu verursa- Vielleicht werden die belagerten Feinde, Tierschutzes beschäftigen. Eine ausführ- einem Verbrauch von über 460 Tüten pro chen. Dem ursprünglichen Gesetzesent- die sich hinter Ihrer hohen Stadtmauer liche Liste würde an dieser Stelle jedoch Person das weltweite Schlusslicht bilden. wurf zufolge hätte der Preis bei 30 Agorot verschlossen haben, dazu gezwungen hi- den Rahmen sprengen. Ein extremer Unterschied angesichts der liegen sollen. nauszukommen, um ihre Lebensgrund- In der Mischna (Abschnitt Bava Ba- geringen Entfernung von nur 85 km be- Umweltbewusstsein wird häufig als lage zu verteidigen. Aber selbst wenn tra, Kapitel 2, Paragraphen 3 und 9) ist steht zwischen Helsinki und Tallinn. Monopol der links-liberalen politischen sie dies nicht tun und die Belagerung ir- von Mindestabständen die Rede, die ein Zur Umsetzung des am 29. März 2016 Richtung angesehen. Im Falle der Repub- gendwann erfolglos abgebrochen werden Gerber von Tierhäuten zu dem bewohn- in der Knesset beschlossenen Gesetzes likaner und Demokraten in den USA mag muss, so hätte man den Feind dennoch ten Teil einer Stadt einhalten muss oder müssen die Geschäfte den für die Tüten dies auch zutreffen. In Israel stimmt dies geschwächt, indem man ihm einen gro- von Einschränkungen, wo ein Kuhstall berechneten Betrag auf dem Kassenzettel hingegen nicht. Die religiösen jüdischen ßen Teil seiner zukünftigen Nahrungszu- positioniert werden darf. Das Besorgnis ausweisen und dem Umweltministerium Quellen, die für die Konservativen so rich- fuhr zerstörte. Trotz dieser militärischen um Geruchsbelästigung kann als früher vierteljährige Berichte über ihren Ver- tungsangebend sind, enthalten viele Spu- Logik verbietet die Thora jedoch ein sol- Vorgänger der Vermeidung von Luftver- brauch an Tüten einreichen. Bei Nicht- ren eines frühen Umweltbewusstseins. ches Vorgehen strengstens. Selbst zum schmutzung angesehen werden. Befolgung drohen finanzielle Strafen. Im 5. Buch Moses, Kapitel 20, Verse Bau hölzerner militärischer Anlagen dür- Die Effizienz des Gesetzes muss sich Umfragen zufolge befürwortet die 19-20 ist von einem Kriegsszenario die fen nur Bäume gefällt werden, die keine erst noch zeigen, aber die Intention ist Mehrheit der Israelis das neue Gesetz. Rede. Während man eine Stadt belagert, Fruchtbäume sind. sicherlich eine lobenswerte und steht in Geäußerte Kritik betrafen vor allem den darf man nicht die umliegenden Obst- Der Verse 4 und 5 des Kapitels 35 des guter jüdischen Tradition. Menschenleben vor Menschenrecht und politischer Korrektheit Von Israel zu lernen rettet Leben Von Ulrich Sahm sein könnte. Keine einzige Fluggesell- Weil ich aus Jerusalem mit einem arabi- den üblichen Sicherheitskontrollen, kann schaft in dem Dachverband IATA konnte schen Taxifahrer zum Flughafen gekom- man in Israel mit seinem Pass an Auto- Die EU will nach den Anschlägen von sich das vorstellen. Und deshalb wurde men war. Das gilt als ungewöhnlich und maten seine Bordkarte ausdrucken las- Brüssel die Sicherheit auf den Flughäfen lediglich den Israelis eine „Ausnahmege- wenn man so tut, als verstünde man kein sen. Junge Frauen stehen bereit, hilflosen verbessern. Flughäfen sind seit Jahren nehmigung“ erteilt, ihre Pilotenkanzeln Wort Hebräisch, erfährt man so einiges Passagieren zu helfen. Wer weiterzieht Ziele terroristischer Anschläge: Wien, mit Stahltür und Schleuse (zur Toilette) aus den Gesprächen der Sicherheitsleute. zur Sicherheitskontrolle, aber nur seinen München, Zürich. Warum sind die EU- während des Fluges zu sichern. Ist so ein Prozedere samt freundlicher Koffer mitnimmt und das kleine Hand- Behörden nicht schon früher auf diese Auch bei der Absicherung der Flughä- Befragung überstanden, geht es weiter wägelchen „vergisst“, löst sofort Groß- Idee gekommen? fen haben die Israelis Methoden entwi- zum Empfangsgebäude. Nach einigen alarm aus. Es gibt ein von Terror besonders be- Bis zur Sicherheitskontrolle vor dem troffenes „westliches“ Land, wo sich viele Einchecken gibt es also in Israel gleich Maßnahmen zum Schutz der Fluggäste  Wer Europa sicher machen will, mehrere „Kreise“, die ein Durchkom- längst bewährt haben. Im terrorgefähr- men potentieller Terroristen vielleicht deten Israel hat es schon lange keinen er- kann sich in Israel viel abgucken nicht ausschließen, aber immerhin sehr folgreichen Anschlag etwa auf den Ben- erschweren. Gurion-Flughafen gegeben. Es wäre ein ckelt, die jeder Fluggast erleben kann und hundert Metern der Autobahn steht in Nicht nur Methoden kennzeichnen Leichtes, die israelischen Methoden zu leicht kopiert werden könnten. einer Seitenstraße ein Fahrzeug der Si- die Israelis, sondern vor allem die Men- kopieren. Jede Zufahrt zu einem Flughafen ist cherheit, bereit, jederzeit loszufahren. talität. Menschenleben hat Priorität vor Schon 2001 nach 9/11 in New York, eine Art Nadelöhr. Da ist ein erster Kont- Der Grund: Falls mal ein Auto die Stra- Menschenrechten und politischer Kor- erklärte der Sicherheitschef der EL AL, rollpunkt eingerichtet, eine Straßensperre, ßensperre durchbricht, kann sich dieses rektheit. Sie wissen genau, dass junge dass mit seinen Maschinen ein Anschlag an der bewaffnete Sicherheitsleute einen Fahrzeug ihm den Weg stellen und die Moslems im Alter zwischen 20 und 25 auf das WTC „nicht hätte passieren kön- schnellen Blick in Innere der ankommen- Weiterfahrt verhindern. potentiell gefährlicher sind als andere. nen“. Die Terroristen waren nur mit japa- den Fahrzeuge werfen. Gemäß Kriterien, Jedes Empfangsgebäude verfügt nur Und entsprechend gehen sie vor, auch nischen Teppichmessern bewaffnet und die natürlich nicht veröffentlicht werden, über eine geringe Zahl von Eingängen. wenn ihnen das den Ruf einträgt „Rassis- konnten mühelos in die Pilotenkanzel picken die bewaffneten Männer und Frau- In Israel steht vor den automatischen ten“ zu sein und die Würde gewisser Be- eindringen. Der Rest ist Geschichte. Mit en „Verdächtige“ heraus und lassen sie an Glastüren ein drahtiger Sicherheitsmann völkerungsgruppen zu missachten. Aber: der EL AL hätte das nicht passieren kön- die Seite fahren. Dort steht eine Durch- mit Sonnenbrille und beobachtet jeden Die Sicherheit ihrer Fluggäste ist ihnen nen, weil allein die Israelis der Überzeu- leuchtungsmaschine. Mir ist es selber ankommenden Passagier. Wer verdäch- mindestens so wichtig wie die Würde gung waren, dass ein Flugzeugentführer schon passiert, dass ich meinen Koffer tig ist, wird durch einen bereitstehenden eben dieser Bevölkerungsgruppen, die ja nicht unbedingt „sicher landen“ wolle, vollständig auspacken und durchsuchen Metalldetektor geschickt. schließlich auch dankbar sind, wenn sie sondern auch ein Selbstmordattentäter lassen musste. Warum war ich verdächtig? Und in der Empfangshalle, noch vor vor Terroristen geschützt werden. № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU ISRAEL 23 Israel und der Eurovision Song Contest Grand Prix: Drei Siege, zwei Gastgeberrollen, stetige Kontroverse Von Adam Elnakhal

Das vorweg: Seine besten Zeiten hat der „Eurovision Song Contest“ lange hinter sich gelassen. Dem größten internatio- nalen Musikwettbewerb der Welt ist der anmutige Glanz seiner Anfangsjahre spä- AFP BENDRIHEM, GEORGES testens mit der Abschaffung des Beglei- torchesters sowie dem Ende der Tradition, dass Beiträge in der jeweiligen Landesspra- che gesungen werden, Ende der 1990er endgültig verloren gegangen. Böse Zungen behaupten gar, dass es heute weniger um Musik, um Melodien und um Liedtexte als vielmehr um Showeinlagen gingen würde. Ganz böse Zungen behaupten sogar, dass sie einen Grand-Prix-Abend nur mit dem Verzehr alkoholischer Getränke aushalten könnten. Wie dem auch sei: Der Eurovision Song Contest fährt in vielen Staaten jedes Jahr Spitzenquoten ein. Und da die Europäi- sche Rundfunkunion nicht nur den eu- ropäischen Kontinent, sondern auch die Izhar Cohen (Mitte) und seine Gruppe „Alphabeta”, Gewinner des Grand Prix 1978 nordafrikanischen Staaten und den vor- derasiatischen Raum erfasst, darf seit jeher zu verlaufen, ehe die Türkei, welche noch Katastrophe geendete Teilnahme an den Grand Prix. Doch dann kam 1998. Es auch der Staat Israel am Sangeswettbe- 1978 für den israelischen Siegerbeitrag Olympischen Sommerspielen endete die kam Dana International, welche den bür- werb teilnehmen. Zur ersten israelischen die Höchstwertung vergab, für Aufsehen Teilnahme am ESC in einem großen Er- gerlichen Namen Sharon Cohen trägt. Sie Teilnahme kam es jedoch erst Anfang der sorgte. Die Türkei stand bereits auf der folg: Mit ihrem lebhaft vorgetragenen Bei- wurde 1969 in Tel Aviv in eine Familie mit 1970er, fünf Jahre nach der Inbetriebnah- Teilnehmernehmerliste des Europäischen trag „Chai“ erreichte Ofra Haza einen sehr jemenitischen und rumänischen Wurzeln me des öffentlichen Fernsehsenders. Nach Rundfunks, als man in Ankara einen ei- respektablen zweiten Platz bei 20 Teilneh- geboren – als Junge mit dem Namen Jaron. dem der israelische Rundfunk den Wettbe- ligen Rückzieher machte und seine Teil- mern. Aus den Niederlanden und aus Ös- Anfang der 1990er wurde aus Jaron Sha- werb 1972 erstmals ausstrahlte, wagte sich ron und aus Sharon wurde Dana Interna- im Frühjahr 1973 die damals 25-jährige A us Angst vor einem erneuten Massaker tional. Fünf Tage vor dem 50. Jahrestag der Ilanit zur ersten Teilnahme auf die Bühne. Ausrufung des Staates Israel sang sie Israel Der von RTL veranstaltete Showabend trug die israelische Grand-Prix-Sängerin mit ihrem Frauenpowergeschichtssong in Luxemburg stand noch unter dem Ein- „Diva“ im westenglischen Birmingham auf druck des Massakers der Olympischen Ilanit bei ihrem Auftritt im Großherzogtum den ersten Platz. Doch mehr noch als ein Sommerspiele in München einige Monate Sieg in einem musikalischen Wettbewerb zuvor. Die Angst vor Störungen oder gar eine kugelsichere Weste. war es für Israel ein Sieg der freiheitlichen einem erneuten Massaker führte dazu, Demokratie. Die Botschaft an die Welt dass die aus Tel Aviv stammende Ilanit nahme in Jerusalem absagte – obwohl es terreich gab es für Israel sogar die Höchst- war glasklar und unmissverständlich: Der bei ihrem Auftritt im Großherzogtum schon eine Sängerin und ein Lied gab. Ob wertung. Dort sah man Ofra Haza noch Staat Israel ist eine jüdische Demokratie eine kugelsichere Weste tragen musste nun Druck von der türkischen Regierung vor der Gewinnerin Corinne Hermès, die in der Frauen und sexuelle Minderheiten und den Zuschauern im Vorfeld verboten und/oder den arabischen Nachbarstaa- für Luxemburg den Sieg errang. Und aus gleichwertige Staatsbürger sind, in der die wurde sich vor Veranstaltungsende von ten den Ausschlag gaben, wird sich wohl der Türkei? Aus der Türkei gab es 0 Punk- Rechte der Orthodoxen genauso geschützt den Sitzen zu erheben. Doch es blieb ein nicht mehr sicher klären lassen. Sicher ist te für Israel. Sicher hätte Ofra Haza auf die werden wie die Rechte der Liberalen. Es ist friedlicher Sonnabendabend in der edlen jedoch, dass Israel als Austragungsort und Strophen mit einem „Am Yisra'el chai“ ver- der kostbare Sieg der freiheitlichen Demo- Stadt an der Alzette. Am Ende erreichte die Gastgeber das entscheidende Problem für zichten müssen, um überhaupt einer Chan- kratie, welcher Israel bleiben wird, wenn von Nurit Hirsh komponierte Ballade „Ey die Türken war. Der türkische Halbmond ce auf Punkte aus der Türkei etwas näher der Eurovisionsruhm verblasst ist und um Sham“ bei 17 Teilnehmern einen mehr als sollte unter dem israelischen Davidstern zu rücken. Doch wahrscheinlich dachte die Israel herum der Hass auf Frauen, Juden, respektablen vierten Platz. Israel erhielt sie- auftreten. Das war für den türkischen im Jahr 2000 verstorbene charismatische sexuelle Minderheiten und den Staat Isra- ben von 97 und damit überdurchschnittli- Staatssender dann doch zu viel der Tole- Sängerin im Traum nicht daran den Lied- el jede Freiheit, jeden Respekt und jeden che Punkte aus Frankfurt am Main von der ranz. Israel konnte es jedoch egal sein. Es text in irgendeiner Weise zu ändern. Be- Frieden im Keim erstickt. Jury des Hessischen Rundfunks. Und auch gewann im eigenen Land mit Gali Atari reits im Vorjahr 1982 wurde Israel mit dem Ach ja: 1999 beim ESC in Jerusalem Deutschland erhielt vier Punkte aus Jeru- und dem wunderschönen Titel „Hallelu- Tanzlied „Hora“ Zweiter und musste dabei nahm die Türkei dann übrigens teil. Herr salem und war somit für Israel alles andere jah“. Im folgenden Jahr 1980 verzichtete Is- auf Punkte aus der Türkei verzichten. Erdogan saß zu diesem Zeitpunkt auf- als das (musikalische) Schlusslicht jenen rael sowohl auf die Veranstaltungsausrich- Die Jahre nach 1983 waren für Israel grund einer Verurteilung durch das Staats- Abends. Die Punktevergabe bei der Euro- tung als auch – aufgrund des Gedenktages recht wenig erfolgreich. 1991 holten Orna sicherheitsgericht noch im Gefängnis. vision wird seit je her genau beäugt. Nicht Jom haZikaron, an dem der gefallenen und Moshe Datz als „Duo Datz“ mit ihrem Aber das ist eine andere Geschichte... selten geht es auch um die allgemeinen Be- israelischen Soldaten und zivilen Opfer fröhlichem Schlager „Kann“ den dritten Im neuen Jahrtausend konnte Israel bis- ziehungen zwischen zwei Staaten. des Terrorismus gedacht wird – auf eine Platz. Und diesmal gab es eine Sensation: lang leider nicht an die Erfolge von einst Doch genau das sollte der ESC (wie der Teilnahme. Nun war es dem Königreich 12 Punkte aus der Türkei! Über die aus- anknüpfen. Und trotzdem lässt man sich Eurovision Song Contest seines langen Marokko, das bis dahin dem Wettbewerb schlaggebenden Gründe für die türkische nicht entmutigen und nimmt nach wie vor Namens wegen gerne abgekürzt wird) nie gänzlich fern geblieben war, seltsamerwei- Höchstwertung kann nur spekuliert wer- jedes Jahr am Semifinale teil. Der Beitrag werden: Ein Politikum! Die 1956 ins Le- se auf einmal möglich teilzunehmen. 24 den. Sicherlich bot der allgemein gehaltene im letzten Jahr war seit fünf Jahren der ben gerufene Unterhaltungssendung sollte Jahre nach der Unabhängigkeit von der Liedtext über Heimatgefühle keinen be- erste, der sich wieder für das Finale quali- einen über die Schlagermusik verbinden- Frankreich schickte man erstmals eine De- sonderen politischen Sprengstoff. Und das fizieren konnte. Doch er war auch der erste den Charakter entwickeln. Doch wie sooft legation mit der Popsängerin Samira Said sympathische Ehepaar Datz vertrat zwi- Beitrag Israels, welcher ausschließlich auf klaffen Wunsch und Wirklichkeit auch zum Grand Prix, der 1980 im niederländi- schen leicht bekleideten Mädchenbands, Englisch vorgetragen wurde. Sollte sich bei der schöngeistigen Eurovision ausein- schen Den Haag stattfand. Man konnte je- buhlenden Jungenbands und erotisch an- diese Sprachpolitik durchsetzen, wäre das ander und der ESC wird genau das: Eine doch nur einen enttäuschenden vorletzten gehauchten Choreographien eher das kon- eine kulturelle Selbstverleugnung Israels, politische Bühne, auf welcher die Musik Platz erreichen. Marokko selbst gab seine servative Lager. Die israelische Höchst- die mithilft, den Wettbewerb weiter seines schnell zur leisen Hintergrundmusik und Höchstpunktzahl (12 Punkte) übrigens an wertung ging an Frankreich und an die in völkerverbindenden Elementes zu berau- die bilateralen und gesellschaftlichen Be- die Türkei, die in jener Sonnabendnacht Tunesien geborene Sängerin und Mosle- ben. Denn sprachliches Gleichmachen, die ziehungen und Beziehungskonflikte in den lediglich aus Italien (8) und aus Österreich min Amina Annabi. Ihr Auftritt und der englische Einheitssprache für den Grand Vordergrund rücken. (3) Punkte bekam. Aber nein, der ESC ist Text ihres Liedes können als Kampfruf für Prix, sorgt höchstens dafür, dass man den ganz sicher kein Politikum. Oder? weltweite Frauenrechte (also auch in ihrer Wortlaut eines Liedes verstehen kann. 1979 war der Grand Prix Doch weiter in der Eurovisionsgeschich- Geburtsheimat, dem Maghreb wie in der Aber der ESC ist – obwohl Politikum – kei- zum ersten Mal in Israel te: Die 1980er und 1990er Jahre wurde zu gesamten moslemischen Welt) interpre- ne Konferenz, sondern für drei Minuten Schon 1979 fand der erste ESC in Jerusa- einer langen Durststrecke für den Grand tiert werden. Von der Türkei gab übrigens die musikalische und kulturelle Vertretung lem statt, da Israel mit dem Sänger Izhar Prix. Immer wieder drohte der ESC ein- keinen Punkt für die Glaubensschwester, eines Landes. Und da braucht Israel seine Cohen und seinem leichten Dance „A- zuschlafen. Ein Höhepunkt war sicherlich die um ein Haar den Wettbewerb gewon- jahrtausendealte hebräische Amts- und Ba-Ni-Bi“ im Vorjahr den Titel gewinnen der Auftritt von Ofra Haza beim Contest nen hätte. Landessprache ganz sicher nicht zu verste- konnte. Zunächst schien alles planmäßig 1983 in München. Anders als die in der Es folgten unauffällige Jahre für den cken. 24 ISRAEL № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU Israels sonnigere Alternative zum Jakobsweg Andy Eggert zum Wandern auf dem Israel-Trail Ein Interview mit Andy Eggert, Vor- stand der Allgäuer Israelfreunde, über die Sicherheit am Israel National Trail und über Israel ganz allgemein. INT: Als Vorstand der Allgäuer Is- raelfreunde engagieren Sie sich seit vie- israel-national-trail.com len Jahren für ein besseres gegenseitiges Verständnis zwischen Deutschland und Israel. Immer wieder mahnen Sie da- bei eine faire Berichterstattung an, sind Erklärer, Brückenbauer. Oft finden Sie aber auch sehr klare Worte. Themen wie „Wandern in Israel“ haben da vermut- lich bis jetzt keine Rolle gespielt? Andy Eggert: Ganz im Gegenteil. Ein wichtiges Anliegen der Allgäuer Israel- freunde ist es, die Menschen im Allgäu und in Israel einander näherzubringen. Und das geht nur, wenn man einzelne Aspekte des Lebens im jeweiligen Um- feld beleuchtet, sich also bewusst abseits der politischen Diskussionen hält. Auf unserer Facebook-Seite findet sich z.B. ein Bericht über einen Kibbuznik, der Bergführer im Allgäu geworden ist, Re- zepte für das bevorstehende Pessachfest und kurze Videoclips über israelische Städte. Auch unsere Israel-Tage (der nächste findet am 18. Mai in Kempten statt) sind so ausgelegt, dass die Besu- cher mit Angeboten wie Musik und Spe- zialitäten für Israel interessiert werden sollen, nicht mit politischen Diskussio- nen. Selbstverständlich können wir die Terrorwelle, unter der israelische Zivi- Auf www.israel-trail.com gibt es Tipps zu dem Wanderweg. listen seit Monaten zu leiden hat, genau- so wenig ignorieren wie die einseitige in der gesamten Medienwelt, nicht nur, ckung und in den letzten Jahren blutige und ungenaue Berichterstattung darü- INT: Oft werden Sicherheitsfragen wenn es um Israel geht. Was beim The- Bürgerkriege. In diesem Meer von Grau- ber in deutschen Medien. Wie sollen wir diskutiert. Wer den Israel National Trail ma Israel hinzukommt – leider nicht nur samkeiten gibt es eine Insel der Freiheit, als Israelfreunde still sein, wenn ein als Ganzes durchwandern möchte, ist bei deutschen Medien –, ist eine gewisse der Demokratie, wo Gleichheit der Ge- feiges Attentat auf einen Bus, bei dem ca. 50 Tage zu Fuß durch Israel unter- Verbissenheit, mit der unsere Zeitungen schlechter und Gleichheit vor dem Ge- durch einen glücklichen Zufall „nur“ 18 wegs. Womöglich sogar allein... und TV-Anstalten versuchen, das Land setz herrschen und wo Menschen frei Verletzte zu beklagen sind, in deutschen ihr Glück machen können: Israel. Und Medien anfangs als „Mehrere Verletzte Israel ist das einzige Land der Welt, genau dieses Land ist es, das in unseren bei einem Brand in einem Bus in Jerusa- Medien ständig verteufelt wird! lem“ berichtet wird? in dem man vormittags in einem Aber das „wahre“ Israel sieht eben Sinn unserer Arbeit ist aber weniger ganz anders aus! Ich kann jedem interes- der politische Diskurs, sondern viel tropischen Korallenriff tauchen, sierten nur wärmstens empfehlen, selbst mehr, Menschen zueinander zu bringen. nach Israel zu reisen und sich selbst ein Und dafür sind gerade Themen wie der mittags mit einem Kamel durch Bild von dem Land und seinem Men- „Israel-Trail“ oder das Buch darüber schen zu machen. Israel ist sicher und es sehr wichtig, weil sie Geschichten von die Wüste reisen und nachmittags ist ein faszinierendes Reiseland! Menschen erzählen und damit wirksam Vorurteile abbauen helfen. Ski fahren kann! INT: Bleiben wir bei den Vorurteilen. Viele Deutsche haben womöglich ein un- INT: Immer mehr Pilger interessieren Andy Eggert: Der Israel National Trail sich für den Israel National Trail, man- ist ein Erlebnis, bei dem es eine gan- che sehen in ihm schon die ultimative und ze Menge Gefahren einzuordnen gibt. jungfräuliche Alternative zum Jakobs- Man ist in der Wüste allein unterwegs weg. Wer seine Pläne unbedacht äußert, und muss mit Kälte, Hitze, Wasserver- wird womöglich von allen Seiten – auch brauch und vielen anderen Herausfor- aus dem eigenen Bekanntenkreis – mit derungen zurecht kommen. All das negativen Aussagen über Israel „bom- verlangt ein hohes Maß an Planung und bardiert“ und verunsichert werden. Vorbereitung. Um das einschätzen zu Muss man in Israel Angst haben? können, sollte man vorher das Buch von Andy Eggert: An dieser Frage kann Christian Seebauer gelesen haben. Dem man sehr schön den Unterschied von sind auf seinem Weg durch Israel nur israel-national-trail.com Seebauer, Christian „medialem Bild“ und „Wirklichkeit“ freundliche und hilfsbereite Menschen festmachen: Jede Statistik, aber auch je- begegnet und sein größtes Problem mit der, der schon einmal selbst im wunder- seiner „Sicherheit“ war der Moment, als schönen Urlaubsland Israel war, kann ihn ein israelischer Barbesitzer von sei- bezeugen, dass das Land für Urlauber ner Terrasse geworfen hat. und Wanderer sehr sicher ist. Die Men- schen in Israel sind gastfreundlich und INT: „Raketen aus Gaza, Bombenat- aufgeschlossen, als Tourist ist man in tentate, Messerattacken, Terror, Hamas, dem Land herzlich willkommen. Die Palästina, Siedlungspolitik“ – Nur ein allermeisten Menschen kommen von paar willkürlich Stichworte, die unsere ihrer ersten Reise nach Israel mit einem Medien beherrschen und die einem auf völlig verändertem Bild des Landes und Anhieb einfallen könnten. Warum schaf- Auf dem Israel-Trail seiner Bewohner zurück. Und genau das fen es die guten Meldungen nicht in die ist es auch, was ich all den Skeptikern Medien? Und was davon bekommt man in den schwärzesten Farben darzustel- gutes Gefühl bei dem Thema „als Deut- empfehle: „Schaut euch das Land mit als Wanderer im Heiligen Land mit? len. Man muss sich das einmal vorstel- scher nach Israel“ zu gehen, man könnte eigenen Augen an und bildet euch selbst Andy Eggert: „Only the bad news are len: in der ganzen Region herrschen ja auch mit der Vergangenheit konfron- euer Urteil!“ good news“ – dieser Grundsatz gilt wohl Analphabetismus, Armut, Unterdrü- tiert werden? № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU ISRAEL 25

Andy Eggert: Niemand, der heute nach bereiten? Israel als Urlauber kommt, ist persönlich Andy Eggert: Man muss gar nichts wis- für die Verbrechen der Schoah verant- sen, wenn man einfach nur eine Woche wortlich. Das war eine andere Genera- Badeurlaub in Eilat machen will. Men- tion. Viele Menschen, die als Urlauber schen, die wegen spezieller Interessen oder Pilger ins Heilige Land kommen, nach Israel kommen, werden sich ganz spüren eine Verantwortung, dafür zu von alleine auf ihren Urlaub vorbereiten. sorgen, dass sich so etwas nie mehr wie- derholt. Diese Menschen finden in Israel INT: Als Christ am Israel Trail… Für viele Orte, an denen sie der Vergangen- Juden ein Problem? Als Christ ein Prob- heit gedenken können und – noch – viele israel-national-trail.com Seebauer, Christian lem? Menschen, die diese Vergangenheit er- Andy Eggert: Warum sollte das ein lebt haben. Problem sein? So lange man anderen Daneben gibt es aber auch viele – vor Menschen mit Respekt begegnet, wer- allem jüngere – Menschen, die einfach den diese den Respekt erwidern. Israel nach Israel kommen, um in Eilat zu ba- ist ein freies Land, in dem jeder seinen den, die Nächte in Tel Aviv zu erleben, Glauben leben kann. oder eine Wanderung durch die Wüste zu unternehmen. Israel ist ein faszinie- INT: Wie erklären Sie einem Laien auf rendes Urlaubsland und jeder Gast kann die Schnelle den Schabbat? Was sollte sich seinen Urlaub zu zusammenstellen, man beachten? wie er möchte. Andy Eggert: In der jüdischen Tradi- tion beginnen Tage mit dem Sonnenun- INT: Also auf nach Israel! Typische Si- tergang. Schabbat beginnt also Freitag tuation: Man würde sich gerne ein paar Abend und dauert bis Samstag Abend. Tage am Israel Trail versuchen, möchte An diesem Tag sind in Israel üblicher- aber seine Familie nach Israel mitneh- weise alle Geschäfte und Restaurants men. Vorstellbar? geschlossen. Israel hat eine Sechs-Tage- Andy Eggert: Warum nicht? Israel ist Woche, der Sonntag ist der erste Arbeits- das einzige Land der Welt, in dem man tag der Woche. vormittags in einem tropischen Koral- lenriff tauchen, mittags mit einem Kamel INT: In Israel begegnet man auch be- durch die Wüste reisen und nachmittags waffneten Soldaten und Soldatinnen. Ski fahren kann! Und wem das noch Für manche ein ungewohntes Bild …. nicht reicht, für den gibt es die Nächten Andy Eggert: …aber auch eine gute am Strand von Tel Aviv! Gelegenheit, bestehende Vorurteile über die „israelische Armee“ zu berich- INT: Neben reinem „Jesus-Tourismus“ tigen. In Israel sind alle Männer und kann man also auch noch andere Sachen Frauen wehrpflichtig, die Armee leistet machen? einen großen Beitrag, die Einwanderer Andy Eggert: In den letzten Jahren ist aus über 140 Ländern in die israelische Israel zu einer „In“-Destination des glo- Gesellschaft zu integrieren. Die Armee balen Tourismus geworden. Mittlerweile beschützt ihre Bürger und sie tut das mit gibt es spezielle Angebote für praktisch Wärme und Menschlichkeit, eben weil jede Zielgruppe, vom „Jesus-Touristen“ die Armee aus den Bürgern des Landes über den Naturliebhaber bis zu den Tou- besteht. risten, die einfach nur ein paar Tage am Wer einmal ein Gruppe junger Solda- Strand entspannen wollen. Im Unter- tinnen kichernd und kitternd in einem schied zu praktisch allen Ländern der Restaurant sitzen gesehen hat, kann über Region herrscht in Israel ein tolerantes manche Berichte unserer Medien über und weltoffenes Klima: man macht Ur- die israelische Armee nur noch den Kopf laub bei Freunden! schütteln. INT: Nochmal zurück zur Familie. INT: Nach dem Militärdienst ist es in Könnte man einen Tag – sagen wir mit Israel fast schon Tradition, sich auf den einem Leihwagen – raus fahren in die Israel National Trail zu begeben. Was Negevwüste und dann auch einfach sei- bedeutet der Shvil Israel für einen Ein- nen Kindern und seiner Frau die Wüste heimischen? zeigen? Ist so etwas möglich? Andy Eggert: Das könnt ihr sicher sel- Andy Eggert: Natürlich ist so etwas ber besser beantworten, ihr habt auf dem möglich. Wie in allen Wüstengegenden Flug und Hotel. Wenn der neue interna- INT: (lacht) … Israel ist ein schönes Trail doch sicher viele junge Israelis ge- kann es nicht schaden, sich vor der Tour tionale Flughafen in Eilat eröffnet, wer- Land, weil … troffen. über örtliche Gegebenheiten zu infor- den sehr viel mehr derartige Angebote Andy Eggert: … dort wunderbare mieren, aber ansonsten spricht nichts ge- auf den Markt kommen: Israel möchte Menschen leben! INT: Nirgendwo am Israel Trail ent- gen eine Tour durch die Wüste. In Israel jugendliche Urlauber verstärkt anspre- deckt man Müll oder Abfall. Was bedeu- gibt es z.B. in der Arava eine ganze Reihe chen. INT: Wer noch nicht viel über Israel tet den Israelis Umweltschutz? interessanter Ziele, die man bei einer sol- Wenn meine Frau und ich nach Israel weiß, den würde vielleicht überraschen, Andy Eggert: Eben weil das Land Is- chen Tour besuchen sollte. Oder wollen kommen, nehmen wir eine Ferienwoh- dass … rael vor wenigen Generationen noch Sie ernsthaft Israel verlassen, ohne mit nung und einen Mietwagen. Das Leben Andy Eggert: ...die gesamte Land- unbewohnbare Wüste war, haben die ihrer Familie den „Brunnen der ewigen in Israel entspricht dann in etwa den schaft, all die tiefen Wälder, die Flüsse, Menschen dort ein ganz besonderes Ver- Jugend“ besucht zu haben? Kosten, die wir von Deutschland ge- all die Felder und die ganze Natur von hältnis zur Natur. Jeder Baum im Land wohnt sind. Menschenhand geschaffen sind und erst ist von Menschenhand gepflanzt, jeder INT: Auch gerne gefragt: Wie ist die wenige Generationen existieren. Vor 100 Tropfen Wasser wird mehrmals genutzt, ärztliche Versorgung in Israel. Wenn et- INT: Essen spielt im Urlaub schon eine Jahren war das ganze Land wüst und jeder Wasserlauf ist eigens angelegt – da was passiert, dann … große Rolle. Was und wie isst man eigent- praktisch menschenleer. Nur durch un- ist es naheliegend, sorgsam mit der Na- Andy Eggert: …hat man den gleichen lich in Israel? endliche Arbeit konnte das Naturpara- tur umzugehen. Das kann man sogar aus medizinischen Standard wie in Deutsch- Andy Eggert: In Israel leben Men- dies geschaffen werden, das Israel heute dem Weltall sehen: mit Google Earth land. Das ist nicht ganz richtig, denn in schen, deren Vorfahren aus über 140 ist. kann man das grüne Israel inmitten un- einigen Bereichen ist die Medizin in Is- Ländern gekommen sind. All diese Men- wirklicher Wüste erkennen. rael weiter als in Deutschland. Ich kann schen haben ihre Rezepte, ihre Gewür- INT: Nicht jeder spricht hebräisch. dazu ein Beispiel aus meiner Familie ze und ihre Art zu kochen mitgebracht. Wie kann man sich im Heiligen Land INT: Was treibt Sie an, sich unermüd- nennen: meine Frau hat sich ihre Zahn- Wenn man die israelische Küche also in verständigen? Kann man Verkehrsschil- lich für Israel einzusetzen? implantate bei einem Spezialisten in Tel einem Wort beschreiben soll, dann wäre der und Landkarten überhaupt lesen? Andy Eggert: Die Liebe zu den Men- Aviv machen lassen. Die Qualität ist sehr das „vielfältig“. Andy Eggert: Alle Schilder in Israel schen dort. gut, und die Behandlung hat inklusive Natürlich gibt es Gerichte, die man in sind hebräisch, englisch und arabisch. zweimal 10 Tagen Urlaub deutlich weni- Israel gegessen haben muss: Falafel zum Orientierung ist also kein Problem. INT: Zum Schluss noch ein Satz zum ger gekostet als in Deutschland. Beispiel, Shashuka oder Hummus. Israel Ebenso wenig die Sprache: praktisch je- Vervollständigen: Wer nach Israel geht, ist ein Paradies für Fingerfood: einfach der Israeli kann englisch. … INT: Wie teuer ist Israel eigentlich? die Stände entlang gehen und rechts und Andy Eggert: … nimmt Teil am Andy Eggert: Es gibt für Israel mittler- links kosten! INT: Was muss man wissen, wenn man größten Wunder in der Geschichte der weile schon erste Pauschalangebote für nach Israel reist? Wie kann man sich vor- Menschheit! 26 ISRAEL № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU Jom haAtzma’ut Trauer und Glück liegen nah beieinander HOCINE ZAOURAR, AFP

Von Monty Aviel Ott Ein Tag in blau-weiß: Flugzeugparade zum Unabhängigkeitstag.

Auf jüdischen Hochzeiten, Tagen des pen (über ihren Vasallen Tschechoslo- Hamas und der Iran drohen nach wie den ist, sondern auch mit uns Juden in der Glücks und der Freude gibt es immer wakei) mit Waffen versorgte. Erst später vor mit der Vernichtung Israels und die Diaspora. Für uns ist Israel eine Lebens- einen ambivalenten, einen traurigen Au- wandelte sich dieses Verhältnis, was un- UNO beschließt eine einseitige Resolu- versicherung, ein Ort an dem Judentum genblick. Der Moment, wenn das Glas ter anderem an Stalins rigidem Antise- tion nach der anderen. Aber weder die eine Normalität ist. Ich bin den jungen zertreten wird und wir uns selbst in abso- mitismus lag. Die USA wurden zu einem UNO-Resolutionen und Boykottkam- Menschen sehr dankbar und es fehlt mir, luter Höchststimmung bewusst machen, entscheidenden strategischen Partner, pagnen, noch der islamistische Terror der ich im friedvollen Europa aufgewach- dass es Übel und Leid auf dieser Welt gibt. der bis heute ein wichtiger Verbündeter konnten Herzls Traum bezwingen. Das sen bin, zumeist die Vorstellungskraft, Das Zertreten des Glases führt uns dabei ist. Der Judenstaat musste etliche Kriege wird einem zwischen dem 4. und 5. des um verstehen zu können, wie man sich konkret die Zerstörung des Tempels vor überstehen und schaffte es trotz der dau- Monats Ijjar (nach gregorianischem Ka- fühlt, wenn man in diesem Alter schon Augen. Doch nicht nur an Hochzeiten erhaften Bedrohungslage – die von einem lender der 13. und 14 Mai) besonders solches Leid gesehen hat. Nachdem das liegen Glück und Leid nah beieinander. Großteil der arabischen Nachbarstaaten bewusst. Wenn an Jom haZikaron die Leben verlangsamt wurde, entwickelt Sondern auch an Jom haAtzma’ut, dem ausging – ein demokratischer Rechts- Sirene schallt, dann geht es einem durch sich mit dem Abend eine wahnsinnige israelischen Unabhängigkeitstag. staat zu bleiben. Mark und Bein. Einerseits dient dieser Dynamik. „Gleich allen anderen Völkern, ist es Es gibt also genug Anlass, um jedes Jahr Tag dazu, dass wir des Militärpersonals Mit dem Gefühl der Trauer begegnen das natürliche Recht des jüdischen Vol- erneut zu feiern, denn Israel ist tatsächlich und der Veteranen der diversen Konflik- wir dem Gefühl der Hoffnung. Frei nach kes, seine Geschichte unter eigener Ho- ein Wunder. Hierbei klingt Ben-Gurions te gedenken, aber auf der anderen Seite dem Motto: „Die Nacht ist am dunkels- heit selbst zu bestimmen.“ Mit diesen gängiges Bonmot im Hintergrund: „Wer erinnern wir uns an diejenigen, die nicht ten vor der Dämmerung, doch die Däm- Worten begründete David Ben-Gurion nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist“. innerhalb von Kampfhandlungen in den merung bricht jetzt an!“ Jedes Mal am in einem Haus in Tel Aviv den Staat Is- Doch wie der Blick auf jüdische Hoch- Tod gerissen wurden. All jene, die bei Unabhängigkeitstag hoffe ich, dass sich rael. Er beruft sich dabei auf die Worte zeitsrituale zeigt, wäre Jom haAtzma’ut Selbstmordanschlägen, bei Messer- und der Spalt der leidvollen Erfahrungen Theodor Herzls, der exakt ein halbes kein echter jüdischer Feiertag, wenn man Autoramm-Attacken oder im Schlaf er- zwischen europäischen und israelischen Jahrhundert zuvor erklärt hatte, dass in sich nicht auch der Trauer bewusst wäre. mordet wurden, all ihnen gehören unsere Jugendlichen bald ein bisschen schließt. 50 Jahren jeder einsehen würde, dass er Und so geht dem Tag, an dem überall Gedanken. Die Hoffnung, dass Ben-Gurions Frie- den Judenstaat auf dem Zionistenkon- aufblasbare blauweiße Baseballschläger Der Signalton, der den Tag eröffnet, denstaube als Phönix aus der Asche wie- gress begründet habe. Die Geschichte geschwungen werden und Kinder eine schneidet einen aus dem Tag heraus, der aufersteht und der islamistische Ter- gab ihm Recht und heute floriert das Mischung aus Rasierschaum und Sahne manch einer verharrt, manch einer betet, ror schlussendlich besiegt wird. Land im Nahen Osten. Doch Herzls Uto- versprühen, der Tag der Trauer voraus: aber alle zeigen ihren Respekt. An der All das ist ein Traum, aber ein Wiener pie „Altneuland“ wurde nicht ganz wahr. Jom haZikaron, der „Gedenktag an die Kotel in Jerusalem wird die israelische Journalist vor 120 Jahren muss sich ähn- Eine gelungene Auseinandersetzung von gefallenen israelischen Soldaten und Op- Fahne auf Halbmast gesenkt. Am nächs- liches gedacht haben, als er an das Land Herzls Gedankenspielen und dem, was fer des Terrorismus“. Dieser Tag ist auch ten Morgen, gegen 11 Uhr, erklingt eine zwischen Mittelmeer und Jordan dach- aus ihnen geworden ist, findet sich in Jo- bitter notwendig, da Israel einen großen doppelt so lange Sirene, mit welcher offi- te. Die Unabhängigkeitserklärung ist hannes Bockenheims Reportage „Chuz- Preis für seine Unabhängigkeit zahlen zielle Gedenkveranstaltungen und priva- ebenfalls ein Dokument der Hoffnung. pe, Anarchie und koschere Muslime“. musste. Dabei hatte Ben-Gurion in der te Erinnerungsversammlungen eröffnet Und wenn ein Gedanke schon in einem Doch nach Herzls Tod übernahmen Nacht der Unabhängigkeit die Friedens- werden. Wenn am Abend die Fahne auf so glorreichen, historischen Dokument andere das Ruder und der Zionismus ent- taube in Händen gehalten: „Wir reichen dem Herzlberg wieder ganz gehisst wird, niedergeschrieben wurde, dann ist es wickelte sich, und spaltete sich in diverse allen unseren Nachbarstaaten und ihren beginnt der Unabhängigkeitstag. Im Jahr legitim sich diesen zu eigen zu machen: Richtungen auf. Vorerst waren die Cha- Völkern die Hand zum Frieden und zu 1949 lagen beide Tage noch zusammen, „Der Staat Israel ist bereit, seinen Beitrag lutzim, die sozialistisch-zionistischen Pi- guter Nachbarschaft und rufen zur Zu- was allerdings zu logistischen, und nicht bei gemeinsamen Bemühungen um den oniere, prägend für den Aufbau des Staa- sammenarbeit und gegenseitigen Hilfe zu unterschätzenden, emotionalen Impli- Fortschritt des gesamten Nahen Ostens tes. Ihr Traum von einem sozialistischen mit dem unabhängigen hebräischen Volk kationen führte. zu leisten. Unser Ruf ergeht an das jüdi- Judenstaat fand zu jener Zeit der großen in seiner Heimat auf.“ Die starke Emotionalität des Tages ver- sche Volk in allen Ländern der Diaspora, Blockkonfrontation von unerwarteter Die Friedenstaube wurde vom Him- wundert nicht, da durch die Wehrpflicht uns auf dem Gebiete der Einwanderung Seite Anklang. So war es die Sowjetuni- mel geschossen. Zwar erzielte man Er- bedingt, die meisten Israelis gedient ha- und des Aufbaus zu helfen und uns im on, die die Gründung Israels forcierte folge mit Ägypten und Jordanien, aber ben und die meisten israelischen Famili- Streben nach der Erfüllung des Traumes und während des Unabhängigkeitskrie- der sogenannte Friedensprozess ist heu- en bereits Opfer beklagen mussten. Es ist von Generationen – der Erlösung Israels ges die kämpfenden zionistischen Grup- te ein Schatten seiner selbst. Hisbollah, ein Tag, der nicht nur mit Israel verbun- – beizustehen.“ № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU ISRAEL 27 Der Heulkrampf als meine Füße israelischen Boden berührten Mit 43 das erste Mal daheim! Von Attila Teri

Es ist schon seltsam, wenn man 25 Jah- re lang auf der Flucht ist, keine Ahnung hat, wovor geschweige denn warum. Die Lage wird dadurch auch nicht ein- facher, wenn es einem nicht mal klar ist überhaupt auf der Flucht zu sein. Aber es kann genauso gut sein, dass ich es ge- schafft habe, mich mein halbes Leben lang erfolgreich selbst hinters Licht zu führen – bewusst oder unbewusst. Ich bin mit meinem guten Freund Hansi, der auch noch ein ausgezeichne- ter Kameramann ist, im Anflug auf Tel Aviv. Es ist fast tragikomisch, dass wir zusammen unterwegs sind – je nach Ansicht – in das gelobte, heilige oder verfluchte Land namens Israel. Hansi kenne ich seit Anfang der 1980er Jah- re. Er ist äußerlich der personifizierte Traum des österreichischen Hobby- malers, der 1939 auszog, die Welt nach seinen sehr eigenartigen Vorstellungen umzugestalten. Die krampfhaften Be- mühungen endeten bekanntlich damit alles in Schutt und Asche zu legen, in- klusive seiner selbst. Hansi ist 1,90 Me- ter groß, blond, blauäugig und um das Klischeebild abzurunden, selbst Ös- terreicher. Natürlich hat er inhaltlich nicht das Geringste mit der morbiden Judische Einwanderer am Ben Gurion Flughafen – die ersten Stunden sind oft besonders emotional. Beschreibung der „Herrenrasse“ ge- mein, ihn damit überhaupt in Verbin- mir schlecht ginge. „Nein, ich bin ein Nach dem Abendessen spazieren wir habe. Das Schicksal ist schon eine selt- dung zu bringen ist schon sehr gemein. 43-jähriger ungarischer Jude, der das gemütlich durch die arabische Altstadt same Veranstaltung. Ich verstehe nichts Trotz seines Namens (er heißt Gold- erste Mal das Heilige Land betritt.“ – zur Klagemauer. Es ist 11 Uhr abends. und zugleich alles. Ich bin daheim! fuß!) ist Hansi kein Mitglied der jüdi- antworte ich ihr schluchzend. Plötzlich Plötzlich ist sie vor mir! Hell beleuch- Das erste Mal in meinem kleinen, schen Weltverschwörung. legt sie meinen Pass beiseite, fängt an tet, erhaben, unheimlich und unend- flüchtigen Leben. Daheim! Meine Nun sitzen wir gemeinsam in der zu lächeln, nimmt meine Hand und sagt lich heimisch zu gleich. Ich breche das Hand streichelt zärtlich diese seltsa- Maschine, kurz vor der Landung auf einen einzigen Satz: „Welcome home!“ zweite Mal völlig zusammen. Ich fühle men, alten Steine und es erfasst mich dem Ben-Gurion-Flughafen. Mitten ein Gefühl des endlosen Glücks. Ich in der zweiten Intifada gelang es mir bin endlich daheim. Meine Hände Pro Sieben davon zu überzeugen, eini- T rotz seines Namens (er heißt Goldfuß!) sind die Hände von all denen, die ich ge mehr oder eher weniger gemütliche nie kannte, die irgendwann von hier Reportagen über das „Heilige Land“ ist Hansi kein Mitglied der jüdischen in die weite Welt auszogen, ihr Glück zu machen. Der ungarische Wochen- oder ihre Verdammnis gefunden haben end-Hobbyjude, der weder religiös Weltverschwörung. und sich MEINE FAMILIE nennen. ist, noch hebräisch kann, geschweige Ich kam nach Hause! Für sie, für meine denn Freunde oder Verwandte in Israel Das hat mir noch in meiner Lage ge- mich wie vermutlich ein Mensch nach Oma, die ich nie kennengelernt habe, hat, bekommt endlich einen offiziellen fehlt! Was vorher nur ein Bach war, ver- einem schweren Schlaganfall, der nicht weil sie damals durch den Schornstein Grund „heim“ zu fliegen. wandelt sich nun zu einem reißenden mehr gehen, sprechen und kaum klar ging. Für meine Mutter, meinen Vater, Ich lande mit meinem Vorzeige-Goj Fluss. Allmählich schimmert es mir, denken kann. Ich bekomme wieder ei- aber vor allem, FÜR MICH. In diesem auf dem Flughafen von Tel Aviv. Noch was gerade vor sich geht, will es aber nen Heulkrampf und der ist noch hef- Augenblick begreife ich endgültig, wer recht gelassen gehe ich die Gangway noch nicht zugeben. Wie auch? Wenn tiger als der bei der Landung. Eine gute ich bin und weiß, dass nichts umsonst runter, aber als meine Füße plötzlich man sein ganzes Leben lang vor sich halbe Stunde sitze ich auf den Stufen, war. Schalom heißt Frieden – ich fand den Boden berühren, ändert sich alles flieht, kann man damit nicht einfach ich bin einfach nicht im Stande mich zu in diesem Augenblick meinen Frieden in meinem Leben! mir nichts dir nichts aufhören. rühren. mit mir und meine Reise zu mir hatte Von einer auf die andere Sekunde Sie gibt mir die Papiere zurück, wir Da irrst du 43 Jahre lang durch die ein Ende, wie auch einen Neuanfang. „überfällt“ mich ein Heulkrampf. Er gehen in die Halle. Ein Gewusel wie Welt, suchst nach dir und plötzlich be- Ja, ich bin ein törichter, stolzer und kommt wie ein Tornado aus dem Nichts auf jedem Flughafen. Ich gucke umher gegnest du dir. So wie du bist, fühlst, arroganter, ungarischer Wochenend- und ich habe nicht die geringste Chan- und mitten im Gewühl sehe ich plötz- mit allen schrecklich schönen und er- hobbyjude und werde es bleiben bis ce zu entkommen. Ich war zwar schon lich Patrick, den ich bislang nur am Te- schreckenden Eigenschaften, die dich sich meine Augen für immer schließen. immer emotional, aber so hatte es mich lefon gesprochen, aber noch nie gese- ausmachen. Sich selbst zu treffen, das Jetzt verstehe ich endlich auch ei- noch nie erwischt. Was ist los? Ist der hen habe. Er ist mein „Stringer“, der für erste Mal sein Inneres zu erblicken, nen wunderbaren Witz. Frau Merkel Wahnsinn plötzlich über mich herein- mich den Dreh in Israel vorbereitet hat. nicht mehr wegzuschauen, davonlau- besucht den Papst in Rom. In seinem gebrochen? Ich kann es weder begreifen Ein 26-jähriger Münchener Jude, der fen zu können oder zu wollen, ist wohl Büro steht ein rotes Telefon. „Was ist noch erklären, was gerade mit mir und vor ein paar Jahren nach Tel Aviv zog einer der größten, erhabensten und das für ein Apparat?“ – fragt sie den tief in meinem Innersten in diesem Mo- und nun dort studiert. Wir erkennen härtesten Prüfungen, die wir auf unse- Heiligen Vater. „Nun, meine Tochter, ment geschieht. Meine Tränen strömen uns sofort und umarmen uns. Immer- rer Reise auf diesem sonderbaren Pla- mit dem Telefon kommuniziere ich mit wie ein Bach an meinem Gesicht herun- hin, ich heule nicht mehr – was sich je- neten erleben können, wenn wir end- Gott.“ – „Heiliger Vater, wäre es mög- ter und ich kann nichts dagegen tun. doch bald als nur vorübergehende Ent- lich bereit sind, uns zu stellen, was auch lich, dass ich auch kurz mit ihm spre- Normalerweise haben nur Schwange- spannung vor der nächsten Sturmflut immer geschehen möge. Und so gehe chen darf?“ – „Klar, aber halte Dich re solche Gefühlswallungen, was aller- erweisen sollte. Patrick könnte mein ich, nachdem ich mich einigermaßen kurz, die Minute kostet 10.000 Euro.“ dings eine Folge ihres durcheinander Sohn sein, aber ich fühle mich wie sein wieder gesammelt habe, zur „Kotel“, Ein paar Monate später besucht sie den geratenen Hormonhaushaltes ist. Aber älterer Bruder. dem größten und wichtigsten Heilig- Oberrabbiner von Jerusalem. Bei ihm warum weine ich wie ein Schlosshund Nach der ausgiebigen Begrüßungsa- tum meines Volkes. Wie ferngesteuert steht ebenfalls so ein seltsames Telefon, und kann nicht damit aufhören? Ich rie machen wir uns auf den Weg nach setze ich mir eine Kippa auf und schlep- also folgt die gleiche Frage. „Kein Prob- habe mich überhaupt nicht mehr im Jerusalem, wo wir am nächsten Tag pe mich in Zeitlupe, von Geisterhand lem, meine Tochter, Du kannst mit ihm Griff. mit der Arbeit beginnen wollen. Es ist geführt weiter bis es nicht mehr geht, solange sprechen wie Du möchtest.“ – Hansi und ich gehen zur Passkont- der 4. Dezember 2002, in der heiligen weil ich sonst gegen die Mauer laufe. „Wie bitte? Beim Papst kostet die Mi- rolle, ich zeige der überaus hübschen und zu gleich heillos zerstrittenen Stadt Nu stehe ich da! nute 10.000 Euro!“ – „Nu, bei uns ist es israelischen Grenzbeamtin meinen sind noch 20 Grad am Abend, was für Und mir gegenüber die Unendlich- ein Ortsgespräch!“ – lautet die Antwort deutschen Pass und weine hemmungs- diese Jahreszeit eher ungewöhnlich ist, keit. Ich schließe die Augen und nach des Oberrabbiners. los weiter vor mich hin. Etwas ver- aber was ist an diesem merkwürdigen Minuten der Ewigkeit berühren mei- Wie viel Wahrheit in diesem Witz dutzt guckt sie mich an und fragt ganz Tag schon normal? Schon seltsam – es ne Hände SIE! Plötzlich durchströmt steckt, weiß ich jetzt, sogar als „g-ttlo- freundlich auf Englisch nach, ob es ist der 20. Todestag meines Vaters. mich etwas, was ich noch nie gespürt ser Geselle“. 28 ISRAEL № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU Spieglein, Spieglein - darf man das? Zu „Ferien in Krisengebieten – Urlaub mitten im Nahostkonflikt“ von David Donschen im SPIEGEL Von Chaya Tal Siedler. Das ist schon eine ganz andere zu den Palästinensern. „Die sind die Un- Kategorie von Mensch. derdogs.“ Der SPIEGEL, Deutschlands populärs- Problem Nummer Zwei: Seine Dat- Aber dennoch hilft Eric seine Haltung tes Israel-verabscheuendes Magazin, telfarm. Eyal ist zwar zugegeben einer nicht. Denn er ist einer der Menschen, braucht eigentlich keine Bilder, um die ihrer Betreiber, aber hier ist der Haken: die der SPIEGEL in diesem Text eigent- Absichten seiner Autoren zu unterstrei- Siedler können keine Dattelfarmen ha- lich geißeln will: Er ist ein Kollabora- chen. Seine Texte tun es bestens. Wäh- ben, die ihnen gehören. Denn das Land, teur, er macht gemeinsame Sache mit rend beispielsweise die linksradikale auf dem sie wohnen siedeln, kann ihres dem Siedler, denn er macht „Urlaub mit- Boulevardzeitung taz nicht für voll ge- nicht sein. Sie mögen es persönlich ge- ten im Nahostkonflikt“, und hier stellt nommen werden kann, und die SZ und kauft haben, es mag niemandem zuvor das deutsche Magazin endlich die alles die FAZ wenigstens noch versuchen gehört haben, es kann leer und steinig entscheidende Frage: Darf man das ei- den Anschein von Professionalität zu und unbebaut jahrzehntelang herumge- gentlich? wahren, so fühlen sich der SPIEGEL legen haben, sie mögen alle Nachweise „Darf man das eigentlich – hier Ar- und seine Ausgeburten wie „bento“ in dafür besitzen, dass dieses Land nach beitsurlaub machen? Oder facht man der deutschen Medienlandschaft selbst- allen Rechten ihr Privatland ist und da- damit einen Konflikt an, der seit Jahr- bewusst genug, um Israel mithilfe ihrer rauf Produkte kultivieren wollen – egal. zehnten die Welt in Atem hält? Wie viel Autoren ihre Texte ungestraft um die Siedler sind per definitionem Landräu- Verantwortung trägt ein Tourist?“ Ohren zu hauen. Denn die Aufgabe des ber. Denn es gibt keine „freilebenden“ Spieglein, Spieglein an der Wand, darf SPIEGELS in Bezug auf den jüdischen Juden im Westjordanland. Juden sind man das eigentlich? Sich auf jüdischen Staat besteht schon viele Jahre lange da- Landräuber, entweder in Gestalt von Farmen die Hände schmutzig machen, rin, abstoßende Ekel-Reflexe zu erzielen. Soldaten oder von Siedlern. Sie können darf man das eigentlich? Hinter Zäunen Ein verfaulter Brei aus Verleumdungen jemandem, der anders heißt: kein Land besitzen. Erst recht keine arbeiten, die Juden vor den Angriffen und Halbwahrheiten wirkt als giftige Er...hebt gemeinsam mit dem israeli- Farm. ihrer Nachbarn schützen, darf man das Injektion einer emotional verseuchten schen Siedler Eyal einen Graben aus. Eric ist ein netter Mensch. Er sieht nett eigentlich? Menschen besuchen, die zu Einschätzung des einzigen jüdischen Eyal ist ein jüdisch-hebräischer Name. aus, kommt, um Urlaub zu machen und Illegalen erklärt wurden, darf man das Staates! Der SPIEGEL pfeift auf jegli- Daher ist die Identität des „Einheimi- hat auch nette Ansichten, die der SPIE- eigentlich? ches journalistisches Gewissen, und auf schen“ oder „Anwohner“ problema- GEL auch direkt dem Leser mitteilt, um „Die Farm...steht mitten in einer Kri- die Objektivität gleich mit. tisch, denn es gilt: jüdische „Einheimi- Eric nicht allzu schlechtzumachen: senregion und wird von israelischen Der aktuelle Stoff, der mir unter die Siedlern betrieben, die unter anderem Finger gekommen ist, behandelt das nach Ansicht der deutschen Bundes- Thema „Ferien in Krisengebieten – Ur- S ie mögen es persönlich gekauft haben, regierung gegen internationales Recht laub mitten im Nahostkonflikt“, er wur- verstoßen. Auch die EU erkennt das de von David Donschen verfasst und es mag niemandem zuvor gehört haben, Westjordanland nicht als Teil Israels an am 27. April 2016 auf der SPIEGEL- - und hat Ende 2015 sogar eine Kenn- Webseite veröffentlicht. Das „Besonde- es kann leer und steinig und unbebaut zeichnungspflicht für Produkte aus isra- re“ daran: Das Kunstwerk ist bebildert. elischen Siedlungen beschlossen.“ Illustriert von Philipp Lemm – zum bes- jahrzehntelang herumgelegen haben, sie Als 1917 der britische Außenminister seren Verständnis für Leser, die schwer Lord Arthur Balfour in einer offiziellen, von Begriff zu sein scheinen. Es ist näm- mögen alle Nachweise dafür besitzen, amtlichen Erklärung mitteilte, der jü- lich im Magazin „UNISPIEGEL“ abge- dischen Bevölkerung der osmanischen druckt; der „UNISPIEGEL“ ist für junge dass dieses Land nach allen Rechten ihr Provinz und dem zukünftigen briti- Leute gedacht, junge Leute sind der An- schen Mandatsgebiet Palästina ein „na- sicht der Redaktion nach schwer von Be- Privatland ist und darauf Produkte tionales Heim“ zuzugestehen, da setz- griff – Idioten, auf gut deutsch, und die te er die Grenzlinien für dieses Heim sollen die ihnen vorgelegte Idiotie auch kultivieren wollen – egal. Siedler sind nicht an der heutigen Grünen Linie. Als noch mit Bilderchen im Comic-Format das Wort „Westbank/Westjordanland“ verziert bekommen, damit das Schlu- per definitionem Landräuber. zum ersten Mal von den Briten verwen- cken einfacher fällt. Die Portion wird det worden war, betraf es das gesamte ihnen auch noch kostenlos in den Mund gesteckt, denn der „UNISPIEGEL“ wird an den meisten Hochschulen kostenlos ausgelegt. Und die jungen Leute beeilen sich offenbar nicht, aus der Kategorie „leicht zu fütternder Idioten“ auszubre- chen und man darf annehmen, dass sie MENAHEM KAHANA / AFP in diesem Fall ganz bequem das schlu- cken werden, was man ihnen bebildert vorkaut. Neugierig geworden? Dann los, lasst uns, nach Originalwortlaut des Tex- tes, „die Hände schmutzig machen“ und das kostenlose Drecksstück auseinander nehmen. Der nette bebrillte Junge auf den Bil- dern heißt Eric und ist die Hauptfigur im Text. Er kommt aus den USA und mag Öko-Tourismus und Biofarmen. Um eine solche kennenzulernen, fährt er zu einer Dattelfarm im Jordantal, wel- che an der israelisch-jordanischen Gren- ze liegt, und arbeitet dort einige Tage zusammen mit einem Einheimischen auf seiner Dattelfarm. Sonne, Palmen, Datteln, Handarbeit. Hört sich soweit gut an und ist nicht schwer zu verstehen. Bei meiner simplen Zusammenfas- sung tauchen aber schnell die ersten Probleme auf. Problem Nummer Eins: Einheimi- Eine israelische Bauernfamilie lässt sich von einem Traktor zum Shawuot-Fest ziehen. scher. Schön und gut, der amerikanische Tourist kommt zu einem Ortsansässi- sche“ gibt es nicht im Westjordanland. „In einer perfekten Welt gäbe es eine Gebiet links vom Jordanfluss bis zum gen, aber der Ortsansässige heißt nicht Juden gibt es dort nur als Soldaten, oder Zweistaatenlösung. Manche Leute sa- Mittelmeer. Und als die NSDAP unter Achmed, Machmud oder Ra‘ed. Dann Siedler. Daher mag Eyal dort vielleicht gen, die Juden hätten Anspruch auf das der Führung von Adolf Hitler in den würde er nämlich ein ganz normaler wohnen, aber ist kein Einheimischer, Westjordanland, weil Gott es ihnen ge- 30er Jahren den Slogan „Juden raus! Auf Anwohner sein. Aber Eric arbeitet bei diesen Status verdient er nicht. Er ist geben hat“, meint Eric. Er halte aber eher nach Palästina!“ unter die Leute brach- № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU ISRAEL 29 ten, hätte niemand im Traum daran ge- dacht, dass ihre Nachkommen 70 Jahre später die Juden zu einem „raus aus Pa- lästina“ auffordern würden. “WWOOF steht für ‘Worldwide Op- portunities on Organic Farms’. Nur Bio- bauernhöfe dürfen hier inserieren. Auf der Webseite ist die Rede von „kulturel- len Lernerfahrungen“ und dem „Aufbau einer nachhaltigen, globalen Gemein- schaft“. Die politischen Umstände, unter denen die Biofrüchte gedeihen, scheinen Betreiber und Urlauber weniger zu inte- ressieren.“ Hunderte von Deutschen, Franzosen, Schweden, Amerikanern, Briten und an- deren engagieren sich Jahr für Jahr auf „palästinensischen“ Farmen, Feldern, in „palästinensischen“ Schulen mit dem Hass-Curriculum der PA über Projekte wie Karama, UNRWA, Oxford Center, Volunteers for Peace, um dort „kulturelle Lernerfahrungen“ zu sammeln, nehmen an gewalttätigen Auseinandersetzungen und illegalen Aktivitäten teil als Teil- nehmer von Programmen wie „Palestine Solidarity Project“ oder TIPH, offenbar um den „Aufbau einer nachhaltigen, glo- balen Gemeinschaft“ zu fördern und das im vollen Bewusstsein der „politischen Umstände“ und ihrer Auswirkungen. Dann kommt aber ein US-Amerikaner, Eric, und bei der Wahl seines Urlaubsziels ist ihm Politik weitestgehend egal. Hier könnte man aufatmen und sa- MENAHEM KAHANA / AFP gen „Endlich, da will einer nur friedlich Ein israelischer Landwirt wird während der Ernte von einem Panzer geschützt. pflanzen!“, doch gerade den politisch desinteressierten Eric nimmt der SPIE- nach Jordanien geflohen waren. 1967, als ist der rechtmäßige Besitzer im ganzen Gedanke an die eigene Sicherheit eine GEL ins Visier. Und da er den naiven das Gebiet durch die israelische Armee Land?“ Ach, hätten doch Lord Balfour, egozentrische und verpönte Weltsicht: Kerl nicht als Radikalen oder Funda- von der jordanischen Herrschaft befreit die UN-Vollversammlung, Mosche „Die Touristen auf Eyals Farm scheint mentalisten darstellen kann, so verwan- worden war, floh ein Großteil dieser, Dayan, Bill Clinton, Jitzak Rabin und der ewig schwelende Konflikt höchstens delt das Magazin ihn in einen Kollobo- „palästinensischen“ Siedler, zurück nach Benjamin Netanjahu so ein Spieglein dann zu interessieren, wenn sie sich Sor- rateur: Jordanien. Dennoch bestehen in diesem bei sich zuhause hängen, es hätte ihnen gen um ihre eigene Sicherheit machen.“ „Die Freiwilligen auf der Siedler- Gebiet arabische Ortschaften. Daneben schon längst alle wichtigen Antwort ge- Dass die Einwohner selbst unter den farm sind aber nicht nur stille Beobach- befinden sich 22 dünnbesiedelte jüdi- liefert. Man hätte sich Arafat, Nasrallah, Konsequenzen dieser Sorgen zu leiden ter. Sie gehen den Siedlern zur Hand und sche Gemeinden und die Plantagen an Ahmadinedschad und Haniyeh sparen haben, findet beim SPIEGEL nicht etwa legitimieren damit eine Besatzung, die der Grenze zu Jordanien. Nach den Oslo- können. Der SPIEGEL weiß das schon eine Legitimierung, es findet nicht ein- die EU verurteilt.“ Abkommen 1994 gehört der Großteil des seit Langem, man muss ihn nur fragen. mal Erwähnung. Denn wenn laut Da- Leider hat niemand das Spieglein ge- Jordantals zum C-Gebiet, also verwaltet Aber Eyal stellt keine Fragen, insbeson- vid Donschen Palästinenser „Anspruch fragt, daher übernehme ich die Drecks- durch israelisches Militär und die Zivil- dere nicht an den SPIEGEL, und bei so auf die Fläche erheben“ und sie ein „vier arbeit und frage: Die EU, die die Besat- behörde. Die Stadt Jericho unterliegt der viel Verbohrtheit kann das Spieglein gar Meter hoher“ Zaun von ihren gefühl- zung verurteilt, investiert auf einem in vollständigen Autonomie der PA und ihr nicht anders und erklärt ihn für illegal ten Ansprüchen trennt, dann kann man internationalen Abkommen Israel zuge- Betreten ist für Israelis verboten. (im ganzen Land?). auch schon mal ausrasten, bewaffnet in sprochenem Land in illegale Gebäude, Finden all diese Nuancen ihren Platz Obwohl Eyal von Gott und dem Erbe die Siedlung stürzen und jemanden um- Strukturen und Aktivitäten. Darf die im Text von David Donschen? Unnötig des jüdischen Volkes spricht, ist er kein legen. Ein Zaun schreckt dabei nur ab, EU das eigentlich? Verurteilen, für ille- zu fragen – für „UNISPIEGEL“ muss religiöser Fundamentalist. Anstelle einer versperrt den Weg und stört bei der Aus- gal erklären und illegal investieren? man sich keine Mühe mit historischen Kippa, dem Erkennungszeichen religiö- führung der gerechtfertigten Tat. Darf Aber gehen wir zurück zu Eyal, denn Fakten geben. Ominöse Andeutungen ser Juden, trägt er ein Basecap mit dem man das eigentlich, unschuldige bewaff- dieser bekommt ordentlich sein Fett und Behauptungen reichen: Logo eines Traktorherstellers. nete „Palästinenser“ bei ihrem Vorhaben weg, nicht nur der naive Eric: „Eine Gruppe Palästinenser rief kürz- Darf man das eigentlich, von Gott und behindern? „...seit Israel das Westjordanland lich das höchste israelische Gericht an. dem Erbe des jüdischen Volkes sprechen? „Während die Weltgemeinschaft dar- 1967 im Sechstagekrieg besetzt hat, ist Sie beklagen, dass ihnen der Zutritt zu Denn dann ist man doch ein religiöser über berät, ob die Siedlungen nun legal das Gebiet um den Jordan militärische ihrem Privatbesitz verwehrt wird – und Fundamentalist! oder illegal sind, schafft Eyal Fakten.“ Sperrzone. Die gut gesicherte Grenze stattdessen israelische Siedler auf ihrem Der SPIEGEL kann aber auch ver- Hier hat Eyal entgültig sein Existenz- sollte vor dem Einmarsch feindlicher Land Farmen betreiben. Die Entschei- ständnisvoll sein. Er versteht beispiels- recht verspielt. Denn Eyal schafft Fakten, Truppen schützen. Und die, die von je- dung des Gerichts steht noch aus.“ weise, dass die Siedler auf ihrer Farm ner- ohne vorher nachzufragen, ob er das ei- her im Grenzgebiet wohnten, mussten Um welche Gruppe, um welchen Pri- vös sind; denn im Jahr 2002, so schreibt gentlich darf. Er fragt nicht die Weltge- nach und nach weichen. Ende der Sech- vatbesitz, welches Land und welche David Donschen, stürmte ein bewaffne- meinschaft, die EU, und was noch we- zigerjahre wurden Hunderte palästinen- Farmen handelt es sich dabei? Richtig, ter „Palästinenser“ in die Siedlung und sentlich schlimmer ist – er fragt nicht mal sische Familien von der israelischen Ar- Rückfragen gelten nicht beim Spieglein tötete einen Soldaten, eine Frau und ihre den SPIEGEL! mee vertrieben. Danach hatten nur noch an der Wand. Eyal ist ein verbohrter jü- elfjährige Tochter. Dennoch ist der Zaun „Inzwischen steht Eyals Farm auf israelische Soldaten Zutritt. Erst 20 Jah- discher Siedler: um die Siedlung herum, bei welcher drei WWOOF und anderen Freiwilligen- re später erlaubte die Armee israelischen „Freiwillig hergeben wird Eyal seine Menschen durch ein „palästinensisches“ Plattformen wieder zur Auswahl, und er Siedlern schließlich, sich in den frucht- Dattelbäume nicht. Die Farm soll sogar Attentat aus heiterem Himmel ermordet empfängt wieder zahlreiche Freiwillige, baren Gebieten am Fluss niederzulas- weiter wachsen.“ worden sind, „abschreckend“: die anschließend Bewertungen auf dem sen. Dort, wo einst Palästinenser Obst Deshalb ist jede Unterredung mit „Von Eyals Veranda aus blickt man auf Onlineportal hinterlassen. So wie Kat- und Gemüse angebaut hatten, wachsen Eyal fehl am Platz, selbst wenn man ihn den abschreckenden Zaun, der die Sied- leen aus Deutschland. Sie schreibt: ‚Es nun Datteln ‚made in Israel‘.“ noch so nett bitten würde, seine Farm lung umschließt.“ wird dir gefallen, wenn du kein Problem Im Jordantal rund um die Autobahn doch gefälligst abzubauen, auch wenn Und auch: damit hast, dir die Hände schmutzig zu 90, zwischen der Bet ha Arava-Kreuzung das höchste israelische Gericht noch gar „...erheben auch die Palästinenser An- machen‘.“ und bis zu den Wassereservoirs des Kib- nicht entschieden hat, denn dabei erhe- spruch auf die Fläche, auf der Eyals Dat- Gut gebrüllt, Katleen. Genauso wie ein butz Tirat Zwi hinter der Grünen Grenze ben auch die „Palästinenser“ Anspruch telpalmen stehen. Doch ein vier Meter jeder, der kein Problem damit hat, sich befinden sich mindestens 10 große und auf die Fläche, auf der Eyals Dattelpal- hoher Zaun versperrt ihnen den Weg.“ die Hände schmutzig zu machen, wenn er kleine „palästinensische“ Ortschaften, men stehen. Ich zu meinem Teil als praktisch den- sich diesen Text zu Gemüte führen will. die über 20.000 Einwohner starke Stadt Aber Eyal wird nicht nachgeben, kender Leser würde es sehr positiv fin- Jetzt würde ich mich am Liebsten fra- Jericho nicht mit eingerechnet. Zwischen denn für Eyal stellt sich die Frage nach den, dass ein Ort, deren Bewohner und gen wollen, „darf der SPIEGEL das alles 1948 und 1967 herrschte Jordanien über dem rechtmäßigen Besitzer erst gar Bewohnerinnen von Attentätern be- eigentlich?“ Aber ich fürchte, das Spieg- dieses Gebiet sowie über ganz Judäa und nicht. Des SPIEGELs Aufgabe ist es, droht sind, einen Zaun um sich hat, der lein an der Wand wird meine Frage nicht Samaria (= Westjordanland), und sie- als mutiges Magazin die korrekten Ant- potenzielle Attentäter abschrecken kann besonders mögen. Daher nehme ich das delte dort viele der „Palästinenser“ an, worten herauszufinden und zu liefern. und diesen bei ihren Plänen den Weg Risiko nicht auf mich und beantworte die infolge des Unabhängigkeitskrieges „Spieglein, Spieglein an der Wand, wer versperrt. Aber für den SPIEGEL ist der mir die Frage selbst. 30 KULTUR № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU Vermischt, was nicht vermischt werden darf „Angezettelt“ – eine Ausstellung im Deutschen Historischen Museum Von Nikoline Hansen mit dem Antisemitis- die häufig anzutreffenden BDS-Aufkleber mus um die Jahrhun- der Boykottinitiativen gegen Israel oder Pünktlich zu Hitlers Geburtstag öffnete dertwende und seinem pro-israelische Aufkleber völlig fehlen – das Deutsche Historische Museum eine Erstarken im National- dass es sie gibt, zeigt ein Bild, auf dem ein Ausstellung für das Publikum, die sich in sozialismus befasst, ist israelfreundlicher Aufkleber verunstaltet Zusammenarbeit mit dem Zentrum für ausgesprochen span- wurde. Der Schwerpunkt der antizionisti- Antisemitismusforschung der Technischen nend. Im Katalog zur schen Propaganda liegt auf Aufklebern ei-

Universität Berlin unter dem Titel „Ange- Deutsches© Historisches Museum Ausstellung schreibt die ner „Fränkischen Aktionsfront“. Auch der zettelt“ dem Thema „Antisemitische und Leiterin des Zentrums Aufkleber „Israel war gestern. Lang lebe rassistische Aufkleber von 1880 bis heute“ für Antisemitismusfor- Palästina“ mit dem Link www.widerstand. widmet. Nicht nur auf ersten Blick ist die- schung, Schüler-Sprin- info führt auf ein deutsches rechtsextre- ses Thema spannend, weil Aufkleber auch gorum, in ihrem Essay mes „Nachrichtenportal“. „Palästinensi- dem Volk die Gelegenheit geben, politische „Liebe in Zeiten des sche“ Aufkleber, die Israel das Existenz- Meinungen kundzutun, die eben nicht un- Antisemitismus“ über recht abstreiten? Fehlanzeige. bedingt Staatsdoktrin sind. ein verlobtes Paar, das Im Zusammenhang mit Israel werden Die Ausstellung im Deutschen Histo- seine Korrespondenz dafür die verschiedenen Varianten der am rischen Museum erweist sich allerdings in Briefumschlägen ver- Anfang des 20. Jahrhunderts verbreiteten als problematisch, weil sie weder aufkläre- Antisemitische Aufkleber nach 1933 (oben), von 1896 (mittig) und Aufkle- schickte, die mit antise- „Freifahrkarten“ nach Jerusalem und Paläs- risch ist, noch einen roten Faden aufweist. ber der Gegenwehr aus den 1920er Jahren (unten) mitischen Aufklebern tina gezeigt und damit verbunden dann die Schon die Mischung der beiden Phänome- verziert waren, deren Parallele zur heutigen NPD-Propaganda ne Antisemitismus und Rassismus ist nicht Zitate ranghafte Na- „Freiflüge für Asylanten“ gezogen. Auch trivial, da es sich bei dem Antisemitismus men schmücken: dar- hier fehlt Wirkungsfaktor und Verbrei- eben nicht um Rassismus, sondern eine unter Bismarck, Moltke tungsradius der gefälschten Fahrscheine. ganz andere Kategorie der Diskriminie- und Dr. Martin Luther Über den Umgang mit den ausdrücklich rung handelt. Ein Zusammenhang lässt mit dem beispielhaf- ausgrenzenden Aufklebern aus den unter- sich allenfalls über die Ausgrenzung eines ten Ausspruch „Trau schiedlichen historischen Epochen sowie (vermeintlich) Anderen herstellen, der keinem Fuchs auf gü- die politischen Reaktionen darauf und gerade in Zeiten, in denen die Wirtschaft ner Haid‘, trau keinem gegebenenfalls rechtlichen Konsequen- nicht floriert, als Konkurrenz und Bedro- Jud‘ auf seinen Eid“. zen verrät die Ausstellung leider ebenfalls hung wahrgenommen wird. Wir haben es So gewinnt man einen nichts. Hierdurch entsteht einmal mehr also im weitesten Sinne mit menschlichen guten Eindruck davon, der Eindruck einer „Wiederholung der Ge- Urreflexen der Abwehr zu tun, die sich im wie sich der Antisemi- schichte“ und einer aus meiner Sicht uner- spezifischen Fall des Antisemitismus Ende tismus nicht nur einen träglichen Relativierung der Vorgänge. des 19. und im frühen 20. Jahrhundert in immer breiteren Weg in Die Ausstellung lädt ein zum Mitma- Deutschland gegen Menschen richteten, die bürgerliche Gesell- chen. Das ist soweit erstmal gut. Aller- die gerade begonnen hatten sich zu integ- Aktuelle Aufkleber schaft bahnte, sondern dings sollte man sich fragen, wie das päd- rieren und sich einzig durch das Ausüben schließlich zu einer tra- agogische Konzept dahinter aussieht. So einer anderen Religion von ihren Mitmen- Dass heute nicht mehr Juden, sondern genden Säule der Politik des nationalsozia- scheint eher Aktionismus und die Ma- schen unterschieden. Muslime die neue Zielgruppe derartiger listischen Staates werden konnte. nifestation der politischen Intention der Nun wäre, abgesehen vom erheblichen „Zettelkampagnen“ sind, wird gleich ein- Tatsächlich waren es auch Aufkleber, die Ausstellungsmacher gefragt. Das „Tape Umfang eines solchen Unternehmens, gangs auch dadurch verdeutlicht, dass darauf hinwiesen, dass an bestimmten Or- Art Kollektiv Klebebande“ lädt ein, eine nichts dagegen einzuwenden, würden die- neben dem Abbild einer Illustration einer ten Juden der Aufenthalt nicht gestattet sei Wand zu gestalten – Aufkleber, Stifte se beiden Stränge, also der Antisemitismus sogenannten Judensau aus dem 18. Jahr- oder die kund taten der Ort, das Hotel oder und Stempel stehen zur Verfügung, um und der Rassismus, parallel präsentiert. hundert ein 2014 in Berlin gefundener die Gaststätte seien „judenfrei“. Beliebt wa- sich mit dem Thema „Anzetteln“ zu be- Dies ist offensichtlich nicht der Fall, so- Aufkleber mit einem Schwein und Ferkel, ren auch die imitierten Bahnkarten „nach schäftigen. Am Eröffnungsabend fiel einer dass statt eines roten Fadens ein Knäuel eifrigen Teilnehmerin der Initiative ein, entsteht, an dessen Ende für den unbedarf- S tatt eines roten Fadens entsteht ein Knäuel, die Wand mit einem Sticker „Nazis essen ten Besucher, der sich mit dem Thema nur Döner heimlich“ zu verzieren. Sinn und oberflächlichbefasst, die Schlussfolgerung an dessen Ende für den unbedarften Besu- Zweck solcher Aufkleber, andere Men- entstehen kann, Muslime seien die „neuen schen zu stigmatisieren und zu diffamie- Juden“. Das passt weder zum Antisemitis- cher die Schlussfolgerung entstehen kann, ren, sind also verstanden. mus noch zum Rassismus, der in der Aus- Auch wenn es viele interessante Infor- stellung in den Kolonien seinen Ausgang Muslime seien die „neuen Juden“. mationen gibt und die Ausstellung auch nimmt – und auch hier lässt sich eine unver- Perspektiven eröffnen kann, hätte ihr ständliche Vermischung feststellen, die nur auf denen die Namen Allah und Moham- JERUSALEM. Hin, aber nicht zurück“. etwas mehr historische Aufklärung und als Gesellschaftskritik interpretiert werden med in arabischen Schriftzeichen stehen, Hier entwickelte sich offensichtlich in Sachlichkeit gut getan. kann, wenn die Ausstellungsmacher von ei- an exponierter Stelle präsentiert werden verhältnismäßig kurzer Zeit ein Massen- Die Ausstellung selbst ist hervorragend ner „Konsum- und Mediengesellschaft des – ausnahmsweise ein Objekt aus dem 18. phänomen, das schließlich Staatsdoktrin gestaltet und die Präsentation der interes- 19. Jahrhunderts“ sprechen. Konsequent in Jahrhundert. wurde: Der Antisemitismus wurde gesell- santen und teils schon für sich allein sehr die Gegenwart führen sie diese Gedanken Das alles wäre legitim, würde es in auf- schaftsfähig und staatstragend, da er breite informativen „Zettel“ durchaus einen leider nicht fort, denn dann müssten sie klärerischer Absicht geschehen. Das ist Teile der Bevölkerung einte. Als „jüdische Besuch wert. Der politische Duktus aller- feststellen, dass wir von Sklavenarbeit heute aber nicht der Fall, denn es fehlen wichtige Gegenwehr“ bezeichnete die Kuratorin dings zeigt einmal mehr, dass das Zentrum auf globaler Ebene auch ohne Kolonien in Hintergrundinformationen. Hier wäre es der Ausstellung Dr. Isabel Enzenbachin für Antisemitismusforschung sich weit von erheblichem Maße profitieren. angebracht gewesen, etwas zum Wirkungs- ihrer Eröffnungsansprache die Gründung seinem ursprünglichen Wirkungsbereich Da der koloniale Rassismus in erster Li- faktor und der Verbreitung der Zeichnung des „Central-Verein deutscher Staatsbür- entfernt hat und nun eine Politik betreibt, nie anhand von Sammelbildern dargestellt und des Aufklebers zu sagen. Während die ger jüdischen Glaubens“ zur Abwehr des die den europäischen Idealen von Frei- wird, die nicht ohne Weiteres mit den an- „Judensau“ ein seit dem Mittelalter häufig Antisemitismus und führte aus, dass er heit und Menschenrechten nicht wirklich deren Aufklebern, die eben nicht für das anzutreffendes Bild war, dürfte der zeitge- bald selber Aufkleber produzierte „obwohl gerecht wird, sondern die weiter auf Stig- Wohnzimmer, sondern für die Öffent- nössische Aufkleber keine relevante oder er als Honoratiorenverein galt“. Den Auf- matisierungen setzt und den Versuch un- lichkeit produziert wurden, in Einklang signifikante Verbreitung gefunden haben. kleber „War je irgendwo und irgendwann ternimmt, Geschichte in eine bestimmte zu bringen sind, konnte ich mich des Ver- In solche Details gehen die Ausstellungs- ein großer Geist Antisemit?“ kommentier- Perspektive zu rücken und neu zu schrei- dachts nicht erwehren, dass dieser Aspekt macher leider nicht. Statt zu differenzieren te sie mit der Bemerkung, dass er leider so ben. Das ist ausgesprochen bedauerlich. die Ausstellung der antisemitischen Auf- oder auch die politischen Reaktionen zu nicht stimme. Nun, zumindest der Aufkle- kleber lediglich deshalb ergänzen musste, präsentieren, wird mit relativierenden Ver- ber „Ich bin Jude – Arier betreten mein Ge- Die Ausstellung ist vom 20. April bis damit auch die anti-islamischen Aufkleber gleichen Politik gemacht. Im Ausstellungs- schäft auf eigene Gefahr!“ zeugt von dem zum 31. Juli 2016 zu sehen im Deutschen der Gegenwart einen prominenten Platz text heißt es: „Heute findet sich ein Auf- Versuch, sich den antisemitischen Kampa- Historischen Museum, Unter den Linden in der Ausstellung erhalten konnten. So kleber mit ähnlichem Motiv, der allerdings gnen selbstbewusst zu widersetzen. Und 2, 10117 Berlin stehen historische und aktuelle Aufkle- den muslimischen Glauben verhöhnt. Das heute produziert der deutsche Staat selbst Informationen zur Ausstellung, Eintritts- ber/Zettel in konstruierenden oder wenig alte Bild der ‚Judensau‘ ist hier umgedeutet Aufkleber, die er an seine Bürger verteilt, preise und Öffnungszeiten unter erhellenden Zusammenhängen: unter der und aktualisiert“ (Katalog Seite 150). ohne dass es als anrüchig empfunden wird www.dhm.de sehr eingängigen Überschrift „Kreuzzüge Es ist schade, dass durch diese gezielte – übrigens ein Aspekt, der in der Ausstel- Katalog "Angezettelt. Antisemitische und mit Klebezetteln“ werden Aufkleber gegen Desinformation der zentrale und histo- lung ebenfalls nicht erwähnt wird. rassistische Aufkleber von 1880 bis heute" Moscheebau und Islamisierung gezeigt, risch überaus interessante und wichtige Besonders auffällig ist die Einseitigkeit 264 Seiten, Broschur mit japanischer die laut Ausstellungstext Bezug nehmen Teil der Ausstellung ins Hintertreffen ge- der Auswahl, wenn es um Aufkleber gegen Bindung, € 9,90 auf ein kriegerisches christliches Europa. rät. Denn der Teil der Ausstellung, der sich den Staat Israel geht. Hier fällt auf, dass ISBN 978-3-86102-197-1 № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU KULTUR 31 Der Großmeister des subversiven Witzes Der Komiker Sacha Baron Cohen im Porträt Von Monty Aviel Ott

An seinen Filmen scheiden sich die Geis- ter. Berechtigterweise – sind sie doch eine Gradwanderung zwischen Zynis- mus, einem düsteren Humor und teilwei- se dem bewussten Überschreiten des gu- TORSTEN BLACKWOOD / AFP ten Geschmacks. Er ist der Großmeister skandalöser Blockbuster, der aber auch immer wieder einen Hang zu kultivierten Rollen besitzt. Die Rede ist von niemand geringem als: Sacha Baron Cohen. Am bekanntesten sind wahrscheinlich die Rollen, die er sich praktisch selbst auf den Leib geschnitten hat. Sie tragen so klangvolle Namen wie Ali G, Borat, Brü- no oder Admiral General Aladeen. Seine Geschichte begann allerdings nicht mit großem Pomp, sondern relativ durch- schnittlich und zwar im Londoner Stadtteil Hammersmith. Hier wuchs er mit seinen Brüdern Gerald und Erran Baron Cohen Amnon in einer ganz mittelständischen jüdischen Familie auf. Der Vater war in der Modebranche aktiv, genauer führte er einen Kleiderladen am Piccadilly Circus. Während der väterliche Ursprung in Wales liegt, war die Mutter, Daniella Weiser, eine Sabra mit iranischen Wurzeln. Sacha zeigte bereits im frühen Alter, dass er ein ungeheures Potenzial in sich barg. Wäh- rend er seine Jugendzeit in der exklusiven Haberdashers’ Ake’s Boys’ School und bei der sozialistisch-zionistischen Jugendorga- nisation Habonim Dror nahm er an einem Aufsatzwettbewerb in der Tageszeitung „Times“ teil. Er gewann mit seinem Essay, weil er mit enormer Sprachgewandtheit die korrekte Verwendung der englischen Spra- her verheiratet ist, die für ihn eine Kon- den. Baron Cohen brachte etliche große Mit seinem eigentümlichen Humor che anmahnte. Habonim Dror stärkte nicht version gemacht hat. Auch Sacha selbst Persönlichkeiten vor die Linse, z.B. Buzz setzte Baron Cohen eine ganze Bewe- nur seine Bindung zu Eretz Israel, sondern gung von Medienwissenschaftlern und gab ihm auch die Möglichkeit in der eige- Soziologen in Gang, die begannen seinen nen Theatergruppe erste Schauspielerfah- D adurch, dass er selbst antisemitisch „subversiven Witz“ zu analysieren. Sie rung zu sammeln. Neben diese Aktivitäten kamen zu dem Schluss, dass seine Vor- übte er sich in Breakdance, womit auch sei- auftritt, nimmt er Menschen ihre Hemmun- gehensweise immer relativ ähnlich ist: er ne tiefergehende Verbindung zur Hip-Hop- beginnt mit der Entwicklung eines Alter Szene entstand. Diese Verbindung wird, gen, ihre eigenen Vorurteile zur Schau Egos, welches dann durch einen Über- wie wir noch sehen werden, noch eine Rolle raschungseffekt (Fremde wissen nichts in seinem Leben spielen. zu stellen, unabhängig davon, ob es sich über die Fiktionalität des Charakters) Nach dem College sollte er allerdings in Form von provokativen Fragen und erst einmal seine Verbindung ins Heilige dabei um eigenen Antisemitismus Handlungen Habitus und Werte der In- Land vertiefen: Er verbrachte ein Jahr in terviewten enttarnt. Die Figuren miss- Israel und arbeitete währenddessen im oder die Akzeptanz von fremdem achten meist Contenance und politische Kibbuz Rosh ha Nikra. Nach diesem Jahr Korrektheit (Borat befragt eine Feminis- im Heimatland seiner Mutter, kam Sacha Antisemitismus handelt. tin, ob es nicht vielleicht ein Problem sei, nach Großbritannien zurück und wurde dass Frauen ein kleineres Gehirn hätten). an der altehrwürdigen Cambridge Uni- ist bis heute praktizierender Jude. In der Aldrin (Astronaut), Gore Vidal (Autor), Ali G und Borat nutzen beispielsweise versity im Fach Geschichte immatriku- Studienzeit hatte Baron Cohen bereits Donald Trump (Immobilienmogul und sexistische, Borat nutzt antisemitische liert – wo sein Vetter Simon Baron Cohen kleinere Filmrollen ergattert, entschied Präsidentschaftskandidat), MohamedMuster, um die Vorurteile bei den Inter- heute (ganz nebenbei bemerkt) dem Au- sich allerdings nach dem Studium für Al-Fayed (ägyptischer Millionär), Newt viewpartnern aus der Deckung zu holen. tismus-Forschungszentrum als Direktor eine Laufbahn als Komiker. Diese Ent- Gingrich (ehemaliger Sprecher des US- Diese Interpretation bestätigte Baron vorsteht. Während seiner Universitäts- scheidung brachte ihn und seinen Bru- Repräsentantenhauses) u.v.m.. Für Ali G Cohen auch noch einmal im Bezug auf zeit vertiefte Baron Cohen seine Schau- der regelmäßig in einen Comedy-Club heimste Sacha etliche Preise ein (u.a. den die Figur Borat: „Dadurch, dass er selbst spielleidenschaft in Aufführungen wie in West Hampstead, einen Londoner British Comedy Award und den British antisemitisch auftritt, nimmt er Men- Cyrano de Bergerac und Fiddler on the Stadtteil. Der fiktive Charakter Brüno Academy Television Award) und machte schen ihre Hemmungen, ihre eigenen Roof. Dort lernte er auch Dan Mazer ken- wurde dann Baron Cohens erste kleine- den Charakter auch schließlich zu seiner Vorurteile zur Schau zu stellen, unabhän- nen, seinen späteren Autoren und Produ- re Rolle. Den schwulen, österreichischen ersten Kinorolle (Ali G in da House). gig davon, ob es sich dabei um eigenen zenten. Eine Studienfahrt in die USA im Modejournalisten Brüno gab Sacha in Musikalisch machte er von sich reden, in- Antisemitismus oder die Akzeptanz von Jahr 1992 hinterließ tiefe Spuren bei ihm, dem „Paramount Comedy Cable Chan- dem er zu seinem ersten Kinofilm und für fremdem Antisemitismus handelt.“ traf er dort doch Robert Parris Moses, ei- nel“. Über mehrere kleine Auftritte den Animationsfilm Madagascar („I like Der Versuch Antisemitismus zu entlar- nen amerikanischen Bürgerrechtler, der kam Baron Cohen schließlich an Harry to move it“) den Soundtrack einspielte. ven beruht auf einer Erfahrung, die Sacha ihn zu seinem Abschlussthema inspirier- Thompson, der sich für Sachas Humor 2005 erschien dann Borat Sagdiyev, während des Studiums in Cambridge ge- te: „The Black-Jewish Alliance: A Case of begeistern konnte. Sachas Erfahrung in Baron Cohens zweiter Charakter, als sammelt hat. Hier war es der Historiker Mistaken Identity“. Innerhalb seiner Ab- der Hip-Hop-Szene half ihm schließlich Moderator der MTV Music Awards in Ian Kershaw, der erklärte, dass „der Weg schlussarbeit analysierte er die Kulturen den Durchbruch zu schaffen: Er kreierte Lissabon auf der Bildfläche (nach seinem nach Auschwitz (...) mit Gleichgültigkeit und wechselseitige Zusammenhänge von seinen Charakter Ali G und trat 1998 in ersten Erscheinen in der Ali G Show), der gepflastert“ war. Baron Cohen ist also al- Afroamerikanern und Juden, sowie deren der „11 O’Clock Show“ auf. dann auch 2006 mit einem eigenen Film les andere als ein geistloser Slapstick-Ko- Stellung in der Bürgerrechtsbewegung Bei seinen Auftritten nutzte er als Ali auf die Leinwand kam (Borat – Kultu- miker. Sein Humor, sein Zynismus, sein der 1960er-Jahre. G die Doppelbödigkeit der englischen relle Lernung von Amerika, um Benefiz „subversiver Witz“, seine Bösartigkeiten Nachdem er sein Studium mit einer Sprache um in Interviews mit Politikern für glorreiche Nation von Kasachstan zu sind gut kalkuliert und seine Logik geht Note von 2,1 beendet hat, schien er vor- oder Prominenten Schwung zu brin- machen). Neben diesen Rollen und Cha- auf. Wer daran zweifelt, dem seien die erst einen anderen Weg gehen zu wollen gen. Dabei sind es insbesondere die ab- rakteren (die sich zusehends weiterentwi- Cohen‘schen Filme ans Herz gelegt. Der und arbeitet 1994 als Model. Seitdem solut diametralen Bedeutungsgehalte, ckelten und vermehrten) überraschte Ba- ein oder andere Psychoanalytiker, Poli- rückte sein Privatleben vermehrt in den die sich in verschiedenen Schichten aus ron Cohen mit seinen Musical-Rollen in tikwissenschaftler, Soziologie oder Me- Hintergrund, man weiß aber, dass er mit dem selben Wortlaut ergeben, die zum Tim Burtons „Sweeney Todd“ und Tom dienwissenschaftler wird sich garantiert der australischen Schauspielerin Isla Fis- Stilmittel der eigentümlichen Figur wur- Hoopers „Les Misérables“. noch mit ihnen auseinandersetzen. 32 GESCHICHTE № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU Was machte Hitlers arabischer Großmufti eigentlich nach dem Kriege? Die Nationalsozialisten und der Islam – Teil drei der Serie Von Karl Pfeifer seini, der so wie die anderen das prona- zistische irakische Regime verteidigte, Es war zu erwarten: solange der deutsche jedoch im Juni 1941 von den Briten ver- Vormarsch dauerte, waren alle begeistert haftet und drei Jahre in einem irakischen von der Kampfkraft der moslemischen Gefängnis saß. Nach seiner Entlassung Ostlegionen. Doch als die mächtigen Ge- erhielt er in Mekka von den Saudis Asyl,

genangriffe der Roten Armee begannen, FRANCE PRESSE VOIR / AFP wohin der Husseini-Klan sein Haupt- beanstandeten deutsche Offiziere die quartier verlegte. Mentalität der „Osttürken“, ihren man- Zunächst einmal gruben sie die deut- gelnden Sinn für Pünktlichkeit und ihren schen Waffen aus, die Husseinis Männer angeborenen, sprichwörtlichen „Hang mit Hilfe der Moslembrüder und der zur Übertreibung und Phantasterei“, der faschistischen Partei des jungen Ägyp- in ihren Berichten und Meldungen zum tens in der ägyptischen Wüste versteckt Ausdruck kam. hatten. Diese Waffen hatten sie 1939 von Wegen der „gesteigerten Erotik dieser den Nazis erhalten, um den Aufstand Leute“ befürchteten sie „rassische Kom- in Palästina fortzusetzen. Doch dieser plikationen“ und deswegen sollten Mos- konnte wegen Erschöpfung nicht weiter- lems auch nicht innerhalb Deutschlands geführt werden. Salamas Bande benütz- eingesetzt werden. Die Ideologie des te diese Waffen, als sie am 8. September Panturkismus war für die Ostlegionen 1947 das Hatikva-Viertel in Tel Aviv nicht attraktiv – sie hielten an ihrem Na- angriff. Abd El-Kader el Husseini und tionalismus fest, womit auch die Strei- Hassan Salama verloren 1948 ihr Leben tigkeiten unter Usbeken, Turkmenen, im Kampf gegen die Hagana. Fauziel- Kasachen u.a.m erklärt wurden. Die Na- Kavukschi gelang es im gleichen Jahr tionalsozialisten wollten die Turkvölker trotz besserer Ausrüstung seiner Solda- ausnützen und das wussten auch dieje- ten den Kampf um Mishmar Haemek zu nigen, die noch knapp vor dem Krieg verlieren. als „Untermenschen“ qualifiziert und an Das Scheitern der vom Mufti ange- der Ostfront verheizt wurden. führten bewaffneten Banden im Kampf Der größte Teil der turkestanischen gegen den Jischuv führte zur Interven- Waffengruppe desertierte im Dezember tion der arabischen Armeen, die jedoch 1944 in der Slowakei zu den Partisanen. auch keinen Erfolg hatten. Der Mufti war Begründet wurde dies in deutschen verzweifelt, trotz seines 40 Jahre dauern- Berichten mit der Tatsache, dass diese den Kampfes gegen die Juden wurde der Soldaten bei der slowakischen Zivilbe- jüdische Staat geschaffen, der Gazastrei- völkerung untergebracht wurden, mit fen wurde von Ägypten besetzt und das der sie sich gut auf Russisch verständi- Westjordanland sowie Ostjerusalem von gen konnten. Außerdem hat natürlich Jordanien, sodass er nirgendwo willkom- der bevorstehende militärische Zusam- men war. König Abdallah von Jordanien menbruch des NS-Regimes auch dazu nahm ihm sogar den Posten eines Groß- beigetragen. Der Großmufti von Jerusalem, Amin el-Husseini mufti von Jerusalem. Seine Bemühun- Von Heinrich Himmler zum „SS- gen eine Exilregierung von Palästina zu Gruppenführer“ ernannt, hatte Mufti unter Arabern nach wie vor populär war. „niemals gegen Amerika gesprochen“ zu schaffen schlugen fehl. el Husseini bei der Rekrutierung von Deswegen ersuchten sie nicht um seine haben. Doch anderseits brüstete er sich Husseini machte für die Katastro- moslemischen Freiwilligen für die phe (Nakba) in erster Linie Israel und Wehrmacht und die Waffen-SS eine H usseini hatte auch die Frechheit den Westen verantwortlich. Doch er Schlüsselrolle gespielt. Während der schimpfte auch auf die korrupten arabi- letzten drei Kriegsjahre bekam er vom zu versuchen, die Bundesrepublik schen Regime, die heute nicht weniger Außenamt (AA) monatlich 90.000 korrupt sind als damals und er sann auf Mark und hielt sich jede Woche ein bis Deutschland daran zu hindern, Wiedergut- eine Rache des radikalen Islam. zwei Tage in Berlin auf. Dort bewohn- Seine Männer ermordeten im Som- te er eine Suite im Hotel Adlon, wofür machung an die jüdischen Opfer mer 1951 den ehemaligen libanesischen ebenfalls das AA aufkam. Als Gegen- Ministerpräsidenten as-Sulh und Kö- leistung propagierte er den Endsieg des des deutschen Nationalsozialismus nig Abdallah von Jordanien. Der Mufti Dritten Reiches. Er verstand es – „mit pflegte den Kontakt zu Johann von Leers, den verschiedensten Propaganda- und zu zahlen. den er zum Islam bekehrt hatte und der Rekrutierungsaufgaben für die SS“ be- in Ägypten nahtlos seine Karriere als traut– aus den Spannungen zwischen Auslieferung. Jackson, der amerikani- in seinen Erinnerungen, wie er die Flucht antisemitischer Propagandist fortsetzen Ribbentrop und Himmler seinen Profit sche Hauptankläger im Nürnberger Pro- von Juden aus Europa verhindert habe konnte. Husseini engagierte sich in der zu schlagen. Für seine Tätigkeit bezog zess, gab bekannt, dass Beweisstücke, die und übertraf noch die Nazis als er seinen Bewegung der Blockfreien Länder, de- er „erhebliche Gelder“ sowohl aus dem nur den Mufti belasten, vor Gericht nicht Spionagebetreuer Canaris, der sich gegen ren Politiker nichts dabei fanden, einem Fonds der SS als auch aus dem „Son- verwendet werden können; das Tribunal Hitler wandte, als Verräter hinstellte. Nazikollaborateur die Hand zu geben. Er derfonds“ Ribbentrops. „Sogar noch im sei lediglich dazu befähigt, Kriegsver- Der Gründer der Moslembruderschaft nahm teil an den Konferenzen der asiati- April 1945“ erhielt der Mufti 50.000 brechern aus europäischen Ländern den Hasan al-Banna erklärte: „Ein herzlicher schen Nationen 1949 in Neu Delhi und RM vom AA. Zum Vergleich, der durch- Prozess zu machen. Willkommengruß sollte ihm entgegenge- 1954 in Colombo, wo er die Palästinafra- schnittliche deutsche Monatslohn ent- Das vom State Department vorberei- bracht werden, wo immer er hingeht, als ge in die Tagesordnung aufnehmen ließ. wickelte sich in den Kriegsjahren so: tete „White Paper“, über die Aktivitäten ein Zeichen für seine großen Dienste für 1955 konnte er mit zwei seiner Gehilfen 1940 - 160,00 RM; 1941 - 161,00 RM; des Mufti wurde nicht veröffentlicht, die die Glorie des Islams und der Araber… auf der Konferenz der Blockfreien in Ban- 1942 - 165,00 RM; 1943 - 162,00 RM allermeisten deutschen Dokumente über Was für ein Held, was für ein Wunder dung Jawaharlar Nehru, Ahmad Sukarno und 1944 - 144,00 RM. die Aktivitäten des Muftis landeten im von einem Mann. Wir möchten wissen, und Nasser treffen und sechs Jahres spä- Während der letzten Kriegswochen Keller des State Departments. 1950 be- was die arabische Jugend, die Minister, ter den jugoslawischen Führer Tito, der flüchtete er in die „Ostmark“, wo er sich schlossen die Amerikaner kein Verfahren die reichen Leute und die Prinzen von ihn von der Liste der Kriegsverbrecher in Linz und dann in Bad Gastein aufhielt. gegen den Mufti einzuleiten, um nicht Palästina, Syrien, Irak, Tunis, Marokko gestrichen hatte. Am 7. Mai 1945 floh er nach Bern, die Unruhen im Nahen Osten auszulösen. und Tripoli tun werden, um diesem Held Husseini hatte auch die Frechheit zu Schweizer lieferten ihn aber sofort an die Jugoslawien nahm – auf Wunsch der Ara- gerecht zu werden. Ja diesem Helden, der versuchen, die Bundesrepublik Deutsch- Franzosen aus. bischen Liga – sein Begehren zurück, ihn ein Imperium herausgefordert hat und land daran zu hindern, Wiedergutma- Diese behandelten den Mufti äußerst auf die Liste der Kriegsverbrecher zu set- den Zionismus mit der Hilfe Hitlers und chung an die jüdischen Opfer des deut- pfleglich, er wurde in der Nähe von Pa- zen. Deutschlands bekämpfte. Deutschland schen Nationalsozialismus zu zahlen. ris in Hausarrest gehalten und konnte Der Mufti konnte am 29. Mai 1946 mit und Hitler sind weg, aber Amin el-Husei- Husseini schürte Intrigen im Iran und alle Annehmlichkeiten der Zivilisati- einem syrischen Pass von Paris nach Kai- ni wird den Kampf fortsetzen.“ anderswo in der moslemischen Welt. on genießen. Frankreich hatte noch ein ro „fliehen“. Husseini begann sofort seine Kaum in Kairo angekommen, versam- Niemand tat so viel um die Geburt eines Kolonialreich mit vielen Moslems und Verbrechen zu leugnen und behauptete, melte der Mufti seine Mitarbeiter, die palästinensischen-arabischen Staates zu hoffte den Mufti einspannen zu können. die Zionisten hätten ihn belastende ge- auch die Kriegszeit im Dienste der Nazis verhindern wie Husseini, dem aber kein Im Nahen Osten hatten 1945 die Briten fälschte Papiere in die von den Alliierten verbracht hatten. Fauziel-Kavukschi und Haar gekrümmt wurde. Er starb 1974 das Sagen und auch sie hofften ebenfalls beschlagnahmten deutschen Dokumente Hassan Salama, die mit ihm in Deutsch- im Libanon und seine giftige Saat wirkt auf ein Arrangement mit dem Mufti, der getan. Er log, dass die Balken sich bogen, land waren, sowie Abd El-Kaderel Hus- noch heute weiter. № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU GESCHICHTE 33 Die antisemitische „Elite der Nation“ Antisemitismus und Antzionismus: Quo vadis, Labour? Von Marius Bischoff

Seitdem die nationale Studentenorganisa- tion der Labour-Partei eine Untersuchung bezüglich der Vorwürfe von antisemiti- schem Verhalten und Einschüchterung am Oxford University Labour-Club (OULC) im Februar ins Leben gerufen hat, inten- sivierte sich die Antisemitismusdebatte innerhalb von Labour und der zugehöri- gen Studentenvereinigungnicht nur an der Universität Oxford, sondern erfasste auch zunehmend Spitzenpolitiker. Anfänglich löste der Rücktritt des zwanzigjährigen Oxfordstudenten Alex Chalmers, stellvertretender Vorsitzender der Studentenvereinigung OULC, einen Wirbel innerhalb der Labour-Partei aus. Chalmers bezichtigte die Studentenver- einigung des Antisemitismus und be- schuldigte diese, eine „zutiefst verachten- de“ Haltung gegenüber Minderheiten zu vertreten. Chalmers trat im Februar 2016 zurück und betonte, dass „ein großer Teil der beiden OULC und der links-gerich- teten Studenten in Oxford in der Regel eine Art von Problem mit Juden haben.“

Die jüdische Studentenorganisation (Ox- ADRIAN DENNIS, AFP ford University Jewish Society) erklärte auf ihrer Homepage, dass es „nicht das Britische Studenten in Oxford erste Mal war, dass diese mit antisemiti- schen Vorfällen innerhalb von links-ge- sein Engagement für seine Prinzipien ist verlauten ließ, dass der Islamische Staat politkern innerhalb der Labour-Partei sind richteten Studenten zu tun bekam und es ehrlich bewundernswert, und er ist – und (IS) von Israel kontrolliert würde. Die in allerdings weder neu noch überraschend. sicherlich nicht das letzte Mal sein wird.“ bleibt – einer meiner engen Freunde. Alex London ansässige „Jewish Chronicle“ und Eine radikalisierte Linke im Vereinigten Der Labour-Abgeordnete John Mann, hat Recht, den wachsenden Antisemitis- „Sunday Times“ haben in den letzten Ta- Königreich macht Juden kollektiv für die Vorsitzender der Kommission gegen An- mus und die Gewalt in Großbritannien gen berichtet, dass Campbell nach einer Politik des Staates Israels verantwortlich. tisemitismus, hat seine eigene Partei dazu als ein wichtiges Thema hervorzuheben; parteiinternen Untersuchung suspendiert Es ist also nicht verwunderlich, dass, laut aufgefordert, alle Verbindungen mit der es ist auch erschreckend, dass sich jüdi- wurde, nachdem er auf Facebook postete, einer Umfrage aus dem Jahr 2015, rund Oxforder Studentenvereinigung zu been- sche Studenten auf dem Campus unsi- dass Israels Geheimdienst Mossad den ein Drittel der britischen Juden, Großbri- den. tannien aufgrund des zunehmenden An- Chalmers bekräftigte, dass einige Mit- tisemitismus zu verlassen erwägt. Obwohl glieder der Studentenvereinigung Un- I n Oxford soll die anti-israelische es wiederholt zu Beschwerden innerhalb terstützung für die islamistische Gruppe der Universität Oxford von Studenten Hamas zum Ausdruck gebracht hatten. „Apartheid-Woche” stattfinden kam, zogen diese kein mediales Interesse Nach Chalmers Rücktritt wurden wei- nach sich. Bei einer Nachfrage bei Jona- tere Vorwürfe laut. Andere OULC- cher fühlen.“ „Islamischen Staat“ betreibe. Des weiteren than Hunter, Mitbegründer des pro-israe- Mitglieder, einschließlich früherer Füh- „Wir nehmen Vorwürfe von Antise- behauptete er, Israel wäre verantwortlich lischen Society-Israel-Forums an der Uni- rungsmitglieder des Vorstandes, traten mitismus in der Studentenvereinigung für den terroristischen Bombenanschlag versität Oxford, stellte dieser klar, dass er in Kontakt mit der Oxford University sehr ernst, und ich werde mit meinem in Brüssel. Selbst der Vorsitzende der La- wiederholt Fälle von Antisemitismus ge- Jewish Society mit einer Liste von anti- Vorstand diskutieren, wie wir mit diesen bour-Partei, Jeremy Corbyn, hatte zuvor meldet hatte – ohne Erfolg. Aaron Simons, semitischen Vorfällen, die sie aufgenom- Arten von Aussagen umzugehen haben, aufgrund seiner anti-israelischen Kom- ehemaliger Präsident der Oxford Jewish men hatte. Ein OULC-Mitglied ging so die Alex erwähnte, und welche konkre- mentare Streit geschürt, in denen er von Society, beklagt, dass die radikale Linke weit und behauptete, dass die Tötung ten Schritte wir in Zukunft unternehmen Hamas und Hisbollah als seinen „Freun- die israelische Politik als kolonialen Sied- von jüdischen Zivilisten durch die Ter- müssen, um einen Club zu erhalten, der den“ sprach. Am 10. April ereignete sich lerstaat betrachtet. Was die meisten jüdi- rororganisation Hamas gerechtfertigt sei ein sicherer Hafen für jüdische Studenten der aktuellste Vorfall: Ein Ratsmitglied schen Studenten in Oxford beanstanden, und dass alle Juden legitime Ziele seien. in der Vergangenheit gewesen ist.“ der Stadt Luton, Aysegul Gurbuz, behaup- ist vor allem die Art, wie links-gerichtete Ein Ausschussmitglied erklärte, dass von tete in einem Tweet, dass „Hitler der größ- Studenten auf Antisemitismus reagieren, allen Juden öffentlich zu erwarten sei, Nicht nur unter den Studenten? te Mann der Geschichte“ gewesen sei. Des wenn er entsteht. den Zionismus und den Staat Israel zu Allerdings ist der Antisemitismus in Groß- weiteren twitterte Gurbaz, dass Iran eine Juden, die ihre Anliegen erwähnen, wer- verurteilen. Kontakte mit Juden, die sich britannien nicht nur auf die Studentenver- Atomwaffe entwickeln sollte, um „Israel den mit Argwohn betrachtet und degra- weigerten dies zu tun, sollten vehement einigungen beschränkt. Wiederholt kam von der Landkarte zu wischen.“ diert. Simons hat Recht, wenn er sagt, dass abgebrochen werden. Es soll zu einem es in den letzten Monaten zu weiteren es Zeit ist und endlich anerkannt werden Zwischenfall gekommen sein, bei dem Fällen von Antisemitismus innerhalb der Wirklich neu? muss, dass die linken Studentenverei- ein anderes Mitglied des OULC eine Labour-Partei. Dabei war Antisemitis- Die antisemitischen Äußerungen von der nigungen institutionell antisemitisch Gruppe von Studenten dazu aufstachelte, mus kaum noch von Antizionismus zu Studentenvereinigung bis hin zu Spitzen- sind. eine jüdischen Studentin zu belästigen entscheiden. Am 16. März kam es zu und diese wiederholt nötigten, „schmut- dem nächsten Vorfall als Vicki Kirby, zige Zionisten“ zu rufen. ehemalige Parlamentskandidatin, Dass er sich zu der Entscheidung ent- ihres Amtes enthoben wurde. Nach- schloss seinen Rücktritt bekanntzugeben, dem sie zu einer der Regionalvorsit- lag daran, dass die OULC für eine soge- zenden der Labour-Partei gewählt nannte „Apartheid-Woche“ gestimmt wurde, tauchten ihre alten Tweets hatte. Hierbei handelte es sich um eine wieder auf. In diesen behauptete Sie, jährlich stattfindende Vortragsreihe, die dass Hitler der „zionistische Gott“ sei gegen den Staat Israel hetzt. Chalmers, und dass sie dafür sorgen würde, ih- der selbst nicht jüdisch ist, betonte, dass ren Kindern beizubringen wie „böse die Studentenvereinigung wiederholt jü- Israel“ wäre. Bereits im Jahr 2014 dische Studenten belästige und explizit wurde Kirby ursprünglich aus der antisemitische Redner zu Veranstaltun- Labour-Partei ausgeschlossen, wurde gen einlade. aber wieder als stellvertretende Vor- Noni Csogor, verbleibender stellvertre- sitzende von Labour in der Stadt Wo- tender Vorsitzender des Vereins, sagte in king, Grafschaft Surrey, zugelassen. einer Online-Erklärung: „Ich bin tief be- Am 30. März wurde der Labour- stürzt von Alex’ Entscheidung zurückzu- Aktivist Bob Campbell zum Gegen- treten, aber es ist eine, die ich respektiere; stand der Kritik, nachdem dieser 34 GESCHICHTE № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU Papst Roncallis Judenrettung Der spätere Papst Johannes XXIII. tat sein Bestes, um Juden zu retten Von Karl Pfeifer nistrien gegen Lösegeld angeboten. Die Zionisten wussten, dass die Briten dies Unabhängig von der politischen oder re- nicht akzeptieren würden, denn es gab ligiösen Orientierung beschäftigen sich nur 29.000 Zertifikate, die für Kinder bis heute viele Menschen mit der Frage, vorgesehen waren. wie es kommen konnte, dass sechs Mil- AFP Am 30. November 1942, gab es in Je- lionen Juden, darunter 1,5 Millionen rusalem eine wichtige Sitzung der Asefat Kinder, ermordet werden konnten. Eini- Hanivharim, die höchste gewählte Ver- ge Menschen wollen die Antwort nicht tretung des Jischuw, die der Rettung ge- am richtigen Ort suchen. Der Vorwurf widmet war. Der Hauptredner war Da- gewisser Historiker an die zionistische vid Ben-Gurion, seine Rede war „an das Bewegung, nicht in der Lage gewesen menschliche Gewissen“ gerichtet. Er bat zu sein, die Juden Europas zu retten, ist darum, die jüdischen Kinder aus Europa ein Musterbeispiel tendenziöser Ge- holen zu dürfen. schichtsschreibung. Denn er unterstellt Viele von denen, die heute Urteile fäl- der zionistischen Bewegung, sie hätte len, wissen nicht, dass Himmler 1944 Einfluss auf die Alliierten gehabt und anbot eine Million Juden gegen 10 000 diesen nicht genutzt. Lastautos, Tee, Kaffee etc. freizugeben. Doch gerade in der größten Not, im Sie versprachen, diese Lastautos nicht Mai 1939, schränkte die britische Re- gegen die freie Welt einzusetzen, nur gierung die jüdische Einwanderung gegen die Rote Armee. Die Nazis sag- in das Mandatsgebiet (Palestine) Erez ten, sie würden die Juden nicht nach Israel ein. Anstatt jährlich 50.000 Ein- Palästina lassen, sondern nur auf die wanderungsgenehmigungen sollten für pyrenäische Halbinsel. Die Zionisten die nächsten fünf Jahre lediglich 75.000 hatten also wieder über ein Angebot zu insgesamt ausgestellt werden. Aber auch beraten, das die geretteten Juden nicht die Einreise in die USA war nach dem nach Palästina bringen würde. Das Glei- Ersten Weltkrieg durch die Einführung che geschah auch mit den überlebenden der Länderquoten radikal eingeschränkt Juden in Transnistrien. Weil die Briten worden, und dies wurde während der ihnen nicht die Einreise nach Palästina Wirtschaftskrise der 20er und 30er Jah- gestatteten, sagten die Zionisten, lasst re nicht besser. So waren ihnen die Län- doch diese Juden zuerst zurück in das der, in denen die verfolgten Juden Zu- alte Rumänien. flucht hätten suchen können, versperrt. Auch das entspricht nicht den Be- Chaim Weizmann, der Vorsitzende hauptungen der neuen Historiker, dass der zionistischen Bewegung und erste die Zionisten sich nur dafür einsetzten, Präsident Israels, sagte damals, die Welt Juden nach Palästina zu bringen. bestehe aus zweierlei Nationen, denje- Und das war nicht das einzige Mal. Als nigen, die keine Juden in ihren Ländern man in Jerusalem hörte, dass der südaf- haben wollen, und den anderen, die rikanische Präsident Jan Smuts bereit nicht bereit sind, Juden aufzunehmen. war, polnische Kinder nach Südafrika zu Nach Ausbruch des Krieges konzen- bringen, bat man auch, jüdische Kinder trierten die Alliierten all ihre Anstren- Papst Johannes XXIII. bemühte sich im Krieg hinter den Kulissen für die Juden. dorthin zu bringen. Den Einwand, dass gungen darauf, der Herrschaft Hitlers Smuts von polnischen Kindern gespro- ein Ende zu bereiten. Die Zionisten woll- Nicht-Religiösen, die Aschkenasim und Die Jewish Agency beschloss, zuerst chen hatte, beantworteten die Zionisten ten Aktionen initiieren, um die Juden zu die Sefardim, die Linke und die Rechte die Kinder zu retten, weil sie dachte, die mit dem Hinweis darauf, dass jüdische retten, doch die Alliierten argumentier- Kinder auch polnische sind. Die Ant- ten, dass es eine Menge Völker unter wort war, er meinte nicht-jüdische pol- der Herrschaft der Nazis gäbe – Polen, H immler bot 1944 an eine Million nische Kinder. Als die Zionisten sich di- Tschechen usw. –, und man könne die rekt an Smuts wandten, sagte dieser, sie Juden nicht bevorzugt behandeln, wenn Juden gegen 10 000 Lastautos, Tee, Kaffee sollten ihn nicht drängen, denn die Lage das Hauptziel der Sieg sei. Zudem woll- in seinem Land sei schlecht, er habe die ten die Alliierten nicht den Eindruck etc. freizugeben. Sie versprachen, diese Inder, die Schwarzen, und jetzt wolle erwecken, der Krieg werde geführt, um man ihm noch Juden senden, wo er doch Juden zu retten, wie die Nazis ihnen un- Lastautos nicht gegen die freie Welt so viele Antisemiten habe. Auch das ist terstellten. ein Beispiel, dass die jüdische Führung Die Alliierten gestatteten auch keinen einzusetzen, sondern nur gegen in erster Linie Kinder retten wollte, ihre Geldtransfer in den von Deutschen be- Bitte lautete, sie aus Europa herauszu- setzten Teil Europas. Doch ohne finan- die Rote Armee. bringen. zielle Mittel war keine Rettung möglich. Als einer der zionistischen Delegier- Juden aus Europa zu retten, war logis- überzeugen, freiwillig zusammenzuar- Briten würden sich da liberaler verhal- ten aus Istanbul nach Jerusalem kam, tisch eine schwere Aufgabe. Eine Kette beiten. Auf der einen Seite war der orga- ten. Doch die Antwort der britischen um über den Vorschlag von Himmler zu ist so stark wie ihr schwächstes Glied. nisierte Jischuw, der politisch links von Regierung war eindeutig. Von den ge- berichten, gab es eine lange Sitzung mit Manchmal gelingt solch eine Aktion, der Mitte war, und auf der anderen Seite nehmigten 75.000 Zertifikaten standen Ben-Gurion und Shertok (später als Mo- doch wenn ein Glied fast am Ende der waren die rechten Revisionisten. Alle 1942 noch 29.000 aus, die nicht verwen- she Sharett Außenminister) über den Kette bricht, war die ganze Anstrengung bemühten sich separat Juden zu retten. det worden waren, und mit diesen wollte Plan, eine Million Juden nach Spanien vergebens. Zuerst versuchte man, die Kinder vom man Kinder ins Land bringen. und Portugal zu bringen. Am nächsten Trotz aller Schwierigkeiten waren Balkan zu holen, denn die waren in der Die zionistische Führung stand wie Morgen berief Ben-Gurion die Exekuti- mehr als ein Dutzend Emissäre des Ji- Nähe, und da sah man größere Chancen. so oft zuvor vor einem Dilemma: Wenn ve der Jewish Agency ein und sagte dort: schuw (die damalige jüdische Bevölke- Die Kinder waren am stärksten gefähr- sie das akzeptiert, dann akzeptiert sie Wenn es nur eine Chance eins zu einer rung in Erez Israel) allein in Istanbul det durch Hunger und Kälte zugrunde die britische Logik, dass doch die Lage Million gibt, muss man es versuchen. tätig, um Juden zu retten. zu gehen und die Zionisten gingen von vollkommen normal sei. Sicher konnten Der britische Nachrichtendienst be- Sie mussten mit der Wehrmacht rech- der Annahme aus, dass die Deutschen die Briten, als sie das white paper 1939 urteilte dieses Angebot als genialen nen, die in weniger als einem Jahr die sie vielleicht gehen lassen, da sie doch beschlossen, nicht wissen, was in ein Schachzug der Nazis. Erstens wollten meisten Armeen Europas bezwungen nur essen und nicht arbeiten würden. paar Jahren geschehen würde: dass es die Nazis zu einer Zeit, als die Rote Ar- hatte. Sie mussten außerdem die Ab- Man dachte auch, dass der Jerusalemer zu einem Völkermord kommt. Doch im mee auf dem Vormarsch nach Mitteleu- wehr, eine Organisation mit langer Ge- Mufti, der mit den Deutschen kollabo- November 1942 wussten sie sehr wohl, ropa war, 10.000 Lastautos haben. Und schichte, und die Gestapo bekämpfen. rierte, dies nicht bemerken würde. dass jedes jüdische Kind, das in Euro- sie konnten sich gut vorstellen, wie Sta- Die Delegierten waren sehr jung, etwas Das war ein Irrtum – er verfasste pa blieb, ermordet werden würde, doch lin darauf reagieren würde, doch zwei- naiv und sehr tatkräftig, sie hatten kei- Briefe an die Regierungen Ungarns, Ru- das änderte ihre Haltung nicht. Das also tens wollten sie eine Million Juden über nerlei Erfahrung, keine militärische mäniens und Bulgariens und forderte, war die Haltung der freien Welt. In die- die Pyrenäen bringen. Jeder wusste, dass oder nachrichtendienstliche Ausbil- jüdische Kinder weder aus- noch durch- ser nicht zu gewinnenden Situation hat die Zweite Front nur eine Frage der Zeit dung. reisen zu lassen, und wandte sich auch die zionistische Führung das britische war, und den Plan, gerade die Juden auf Der Jischuw war freilich kein Staat. Die an seine Nazifreunde, dies unbedingt zu Angebot angenommen. Zur gleichen den Weg zu bringen, den die Alliierten Führung musste die Religiösen und die verhindern. Zeit wurden 80.000 Juden aus Trans- nehmen sollten, war ausgeklügelt. Die № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU GESCHICHTE 35

Alliierten stimmten diesem Vorschlag nicht zu. Es gibt noch eine Beschuldigung ge- gen David Ben-Gurion, die immer wie- der von Antizionisten wiederholt wird. Tatsächlich hat Ben-Gurion nach der / AFPSTAFF „Kristallnacht“ einen sehr harten und peinlichen Ausspruch getan. Es ging um 10.000 jüdische Kinder aus Deutsch- land und Österreich, denen Großbritan- nien nicht die Einreise nach Palästina gestattete, und es kam der Vorschlag, sie doch nach Großbritannien zu bringen. „Hätte ich“, sagte er, „gewusst, dass es möglich ist, all diese Kinder zu retten, indem man sie nach England bringt, und nur die Hälfte, wenn man sie nach Pa- lästina bringt, dann hätte ich die zweite Möglichkeit gewählt – denn wir müssen nicht nur an die Kinder denken, sondern an die historischen Überlegungen des jüdischen Volkes.“ Was die Kritiker von Ben-Gurion nicht erwähnen, ist seine Haltung wäh- rend der Schoah, die dokumentiert ist. Ben-Gurion hatte eine brüske, trockene Art. Aber wer sein Tagebuch liest, ent- deckt einen Mann, der tiefen Schmerz und Angst fühlte. Eine unvoreingenom- mene Untersuchung würde zeigen, dass Ben-Gurion nicht gleichgültig war, was die Schoah und die Diaspora anlangt. Ben-Gurion war ein Staatsmann, der Macht, Stabilität und Tapferkeit aus- strahlte, die notwendigen Eigenschaf- ten für die zionistische Revolution, aber diese machte ihn nicht unsensibel. Papst Pius XII. hingegen „glänzte” vor allem durch Opportunismus. Er konnte stundenlange Reden halten, doch auch ganz kurze Bemerkungen in folger gefallen waren. Denn die Welt war Doch Roncalli hat sich nicht auf die Rol- antisemitischen katholischen Geistli- seinem Tagebuch machen, die alles aus- gleichgültig und manche waren sogar am le des Übermittlers beschränkt, sondern chen, der damals Präsident der Slowakei drückten, was er fühlte. Als die Nach- Massenmord an Juden interessiert. Ohne arbeitete aktiv zusammen mit Barlas, um war, zu übergeben, damit dieser die De- richt vom Sieg der Alliierten am 8. Mai die Mittel zu einer selbstständigen militä- so viele Menschen zu retten wie möglich. portation nach Auschwitz einstellt. Bevor 1945 verkündet wurde, war Ben-Gurion rischen und politischen Aktion konnten Roncalli, der von 1934 bis 1944 Nun- er dies versprach, betete er leise in der An- in London. Von seinem Fenster sah er nur wenige gerettet werden. Die neuen tius in Istanbul und Athen war, wurde wesenheit von Barlas, bat um die Gnade die jubelnden Menschen in den Straßen Historiker projizieren die heutigen Be- 1944 nach Paris gesandt, wo er einen Gottes, die ihnen den richtigen Weg zei- und äußerte die Tiefe seines Gefühls, dingungen in die Vergangenheit. Nazikollaborateur, der von De Gaulle zu- gen soll und sagte dann, „so soll es sein was dieser Tag für die freie Welt und mit der Gnade Gottes“. Das war einer der für die Juden bedeutet: „Tag des Sieges, seltenen Fälle, dass eine positive Antwort traurig, sehr traurig.“ Und dieser durch  Hunderttausende…tatsächlich aus Rom kam. und durch laizistische Mann erinnerte Roncalli fasste nur zu Barlas Vertrau- sich seiner jüdischen Wurzeln, als er in fünf Millionen? en. Als dieser ihm einmal einen Bericht seinem Tagebuch noch hinzufügte: „Du brachte über das besetzte Polen und den darfst dich nicht freuen, Israel, noch Die israelische Historikerin Dina Po- rück nach Rom gesandt wurde, ablöste. dort begangenen Massenmord an Juden, rühmen wie die Völker“ ( Hosea 9.1.) rat, die auch Chefhistorikerin von Jad Als Papst (1958-1963) hat er das zweite bat Roncalli zitternd und blass, er möge Der Analogieschluss der Kritiker von Vashem ist, publizierte 2009 in einer Vatikanische Konzil zusammengerufen, doch Hesekiel Kapitel 37, 11 lesen. („... Ben-Gurion, dass er, weil er 1948 siegreich hebräischen Zeitschrift zur Erforschung das die Kirche im Allgemeinen und ins- So spricht der Herr: Siehe, ich will eure war, auch erfolgreich das jüdische Volk der Schoah und des Antisemitismus ei- besondere die Verbindung mit dem jü- Gräber auftun und will euch, mein Volk, während des Zweiten Weltkrieges hätte nen Artikel über eine kaum bekannte dischen Volk erneuerte. Seine einmalig aus denselben herausholen, und euch ins retten können, ist vollkommen falsch. Geschichte des Versuchs einer Delegati- warmherzige und kommunikative Per- Land Israel bringen.") So wollte Roncal- Außer dem britischen white paper, on des Jischuw, (der jüdischen Gemein- sönlichkeit machte ihn auch außerhalb li Barlas trösten, und er verurteilte nicht das im Mai 1939 die Einreise radikal schaft im Mandatsgebiet Palästina-Erez seiner Kirche sehr populär. wie seine Kirche die zionistischen Bestre- einschränkte kam noch dazu, dass nach Israel) Juden zu retten und welche bedeu- Barlas erwähnte 1968 während einer bungen. dem italienischen Kriegseintritt die zivi- tende Rolle dabei Angelo Giuseppe Ron- Yad Vashem-Konferenz, dass er den Nun- Und Barlas zitiert auch Moshe Sher- le Schifffahrt im Mittelmeer unmöglich calli, der spätere Papst Johannes XXIII., tius in der Regel während der Nacht be- tok der Chef der politischen Abteilung wurde und die Nazis die Auswanderung spielte. suchte, um nicht zu viel Aufmerksamkeit der Jewish Agency, der einen Monat, be- stoppten. Die zionistische Führung „Im Ausland weiß man nicht viel über zu erwecken. Er sagte bereits 1963: „Ich vor der Krieg zu Ende ging von Pius XII. brachte den Alliierten ein naives Ver- Haim Barlas, denn seine Schriften und konnte immer kommen und hatte freien empfangen wurde. Der Papst erwähnte trauen entgegen, doch entgegen den fast alle Dokumente sind Hebräisch. Der Zugang zur Nuntiatur, auch dann, wenn die „schreckliche Verfolgung“ (Shertok alliierten Bestimmungen überwies sie 1898 geborene Barlas führte während ich spät kam, er hat mich immer herzlich bemerkte: „faktisch Mord") „in Polen Geld an jüdische Organisationen im von des Zweiten Weltkrieges die 15-köpfi- empfangen und half, wo er konnte. Und und in Ungarn" und wunderte sich „tat- Deutschen besetzten Europa. Für die Al- ge Delegation der Jewish Agency in Is- zwar weit über dem, was seine offizielle sächlich fünf Millionen?“ liierten hatte die Kriegsführung oberste tanbul, deren Aufgabe es war, zwischen Position war." Die Jewish Agency bat den Vatikan, Priorität und sie wollten jeden Anschein dem Jischuw und den Juden im von den Barlas schreibt in seinen Memoiren, sich an die neutralen Länder zu wenden, vermeiden, diesen Krieg zu führen, um Deutschen besetzten Europa die Verbin- dass er bereits während seines ersten Be- damit diese den Juden Asyl gewähren Juden zu retten. Auch die Türken ha- dung herzustellen. Er war der einzige, suches erkannte, dass Roncalli sich von sowie einen Appell an die deutschen ben die Durchreise durch bürokratische den die türkische Regierung anerkannte anderen kirchlichen Würdenträger un- Behörden zu richten, diejenigen Juden, Hindernisse radikal beschränkt. und der unter britischen diplomatischen terschied, denn er war außerordentlich die eine Einreiseerlaubnis nach Paläs- Die zionistische Führung war in eine Schutz stand. Er war ein außerordent- interessiert über die Kriegsereignisse zu tina haben, und die palästinensischen Falle geraten, denn sie musste noch 1941 lich bescheidener, zurückhaltender, pe- erfahren und insbesondere über die Prob- Staatsbürger ausreisen zu lassen. Die die Eroberung des Landes durch die dantischer und vorsichtiger Mensch, leme der Juden. Mit warmen Herzen und dritte Bitte bezog sich sehr feinfühlig Wehrmacht befürchten. Sie musste das aus dessen Schriften klar wird, dass er aufrichtig „außerhalb der Dogmen der auf die am 24. Dezember 1942 gehal- bereits erreichte bewahren, um nach dem 1942-1944 enge Beziehungen zu dem Religion und der Kirche“ hatte er Mitge- tene Rede von Pius XII., in der er von Krieg die Überlebenden zu integrieren. damaligen Nuntius in Griechenland und fühl mit dem Leiden von individuellen „Hunderttausenden“ sprach, „die ohne Sie war angewiesen auf Unterstützung der Türkei, Monsignor Angelo Giusep- Juden und des jüdischen Volkes. Wenn eigenes Verschulden, bisweilen nur auf- und auf Beziehungen. Doch gerade zu pe Roncalli (1881 geboren, später Papst Barlas um irgendetwas bat, hat er zuge- grund ihrer Nationalität oder Rasse dem dieser Zeit, als der Jischuw zum „Asyl" Johannes XXIII.), pflegte, den er oft bat, hört, Fragen gestellt und die Antworten Tod oder fortschreitender Vernichtung wurde, war schon der wesentliche Teil Dokumente und Hilferufe an den Vati- notiert. preisgegeben sind.“ des Volkes, das dort einen sicheren Hafen kan weiterzuleiten. Roncalli informierte, Barlas beschreibt, wie er im März 1943 Der Vatikan sollte alle seine Archive gefunden hätte, vernichtet. Die zionis- wenn er von Pius XII. oder dem Staatsse- während einer regnerischen Nacht zu Be- der historischen Forschung der Schoah tische Führung konnte nicht Millionen kretariat eine Antwort erhielt. Meistens such kam. Roncalli versprach, seine Bitte öffnen, damit man klar erkennt, wer wel- Juden retten, die in die Hände der Ver- erhielt Roncalli jedoch keinerlei Antwort. um Ausübung von Gnade Jozef Tiso, dem che Rolle damals gespielt hatte. 36 GESCHICHTE № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU Als die Cola koscher wurde Wie Coca-Cola als erstes eine Pessach-freundliche Version auf den Markt brachte STR / AFP

Von Alina Dain Sharon / JNS.org Coca-Cola-Fabrik und Koschere Cola.

In den 1930ern begann Rabbi Tobias scher-Zertifizierer, der sich bei seiner enthaltenen Reis essen Juden aschke- Thunfisch ist unproblematisch zum Geffen aus Atlanta die geheimen Zuta- Arbeit besonders auf Eiscreme konzen- nasischer Herkunft nicht, daher wollte Pessach-Essen, manchmal aber die Zu- ten in massenproduzierten Lebensmit- trierte. Er schaute den Herstellern über man den Reis durch das südamerikani- taten, die mit in der Thunfisch-Dose teln zu untersuchen, um herauszufin- sind. Auch nicht alle koffeinfreien Kaf- den, ob die Zutaten koscher sind. fees sind zu Pessach okay, die OU emp- Er schuf einen Präzedenzfall, als er W eil Nahrungsmittel heute aus fiehlt Nescafés „Tasters Choice“ und Coca-Cola dazu brachte eine Koscher- Kaffee von Folgers. Version seines Softdrinks herzustellen. der ganzen Welt kommen, Die Statistiken von “Lubicom Mar- Geffen reagierte damit auf die enor- keting Consulting” (eine Agentur, die me Popularität, die die Coke ab den sind die Koscher-Prüfer in mit Koscher-Lebensmittel-Produzen- 20er Jahren erfuhr. „Juden machten es ten arbeitet) für die letzte Koscher- zur Sitte ihren Kindern Cola statt Wein 80 Ländern aktiv! Handelsmesse zeigte, dass es über am Pessach-Fest zu geben“, erklärt der 600 neue Koscher-Produkte auf dem Historiker Roger Horowitz, dessen die Schulter und entschied am Schluss, sche Quinoa ersetzt. Markt gibt und dass 40 Prozent der Buch „Kosher USA: How Coke Beca- dass z.B. das Eis der Marke „Breyers“ Das allerdings – so stellte ein extra jährlichen Koscher-Lebensmittelver- me Kosher and Other Tales of Modern für Juden über Pessach unbedenklich in die Anden geflogener Rabbi fest – käufe um die Pessach-Zeit herum ver- Food” im April 2016 von Columbia ist. wurde dort nicht-koscher hergestellt kauft würden. University Press veröffentlicht wurde. Aber Goldstein begutachtete eigent- und schied somit als Reisersatz aus, wie “Pessach ist der meist-beachtete Fei- Dieser Schritt von Coca-Cola war au- lich nur die Lebensmittel wie sie eben Rabbi Elefant erklärt. ertag im jüdischen Kalender”, wie Lu- ßergewöhnlich, denn nur die allerwe- schon auf dem Markt waren. Dass ein Weil sich die Welt der Nahrungsmit- bicom-Präsident Menachem Lubinsky nigsten großen Lebensmittelhersteller Lebensmittelhersteller eine extra ko- tel heute globalisiert hat, ist auch die feststellt, wobei etwa 70 Prozent aller brachten damals Koscher-Versionen schere Version herstellte, war die abso- OU immer globaler geworden, mit Nie- US-Juden mindestens ein Pessach-Es- ihrer Produkte auf den Markt. lute Ausnahme. derlassungen in aktuell 80 Ländern! sen besuchen. “Die Coke war ein Riesenerfolg und Rabbi Moshe Elefant, Chief Ope- Weil auch zahlreiche Maschinen Beim Essen hört es jedoch nicht auf. die Firma achtete eifersüchtig darauf, rating Officer des Koscher-Zertifi- hinzugekommen sind,die es zu Zeiten Es gibt sogar schon extra Koscher-Alu- dass ihr Rezept geheim blieb“, erzählt zierungs-Arms der OU, sagte JNS. des Talmuds nicht gab, müssen die miniumfolie, wie Lubinsky erzählt. Horowitz. Die Entscheidung der Firma org, dass die OU Coca-Cola seit 1989 OU-Mitarbeiter auch noch diese neu- Wenn eine nicht-jüdische Firma Lu- das Rezept dann doch preiszugeben, ist Pessach-tauglich “stempelt”, nachdem en Lebensmittel-verabeitenden Ma- bicom kontaktiert, um eine Koscher- dem Vertrauen gegenüber Geffen ge- die Firma den Fruktose-Mais-Sirup schinen prüfen, bevor sie ihr Zertifikat Version ihres Produktes herauszubrin- schuldet, dass er es auf keinen Fall an durch Zucker ersetzt hat. Diese Fla- vergeben. Dazu brauchen sie einigen gen, dann berät Lubinksy sie. Er sagt Dritte weitergeben werde. schen sind heute für ihre gelben Deckel technischen Sachverstand, denn bei ihnen z.B., dass sie ihr Produkt extrem Dieser Fall des Vertrauensvorschus- bekannt. einigen Maschinen handelt es sich um kundenfreundlich machen sollten, es ses, der nicht missbraucht wurde, war Wenn die OU ein Produkt als “allge- millionen-teure Apparate. in seiner Handhabung leicht zu verste- ausschlaggebend dafür, dass weitere mein koscher” zertifizieren will, dann Maisöl darf nicht verwendet werden. hen sein muss, und dass der Hersteller Lebensmittelfirmen dem Beispiel von reichen gelegentliche Besuche des Rab- Daher muss anderes Öl oft über lange Tipps geben soll, wie man das Produkt Coca-Cola folgten. bis in der Fabrik. Wenn es jedoch um Strecken herangeholt werden, in Last- mit anderen Koscher-Produkten kom- Geffen vergab ein offizielles “Koscher das Zertifikat „Koscher für Pessach“ wagen und Tankern, die von Rabbis binieren kann. für Pessach”-Zertifikat an Coca-Cola, geht, dann muss der Rabbi den ganzen versiegelt werden müssen. Coca-Cola hatte damals seine Mais- bevor er schließlich diese Aufgabe an Herstellungsprozess bis ins Kleinste Koschere Regeln müssen also in un- Fruktose verbannt, um koscher zu einen anderen Rabbi weitergab. beobachten! ser Nahrungssystem integriert werden: werden. Mittlerweile wollen aber auch Währenddessen gab es mit Abraham Es gibt so einige Probleme, die sich Eine große Herausforderung, die die viele Nicht-Juden die koschere Cola aus Goldstein, dem Gründer der „Ortho- über Pessach auftun: Sushi ist z.B. wäh- orthodoxen Juden gut gemeistert ha- Gesundheitsgründen trinken. – Die Ju- dox Union” (OU) einen weiteren Ko- rend Pessach beliebt, aber den darin ben, wie Horowitz anmerkt. den waren Vorreiter. № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU GESCHICHTE 37 Die Tschechen und die sogenannten „Palästinenser“ Die tödliche Explosion in der palästinensischen Botschaft in Prag gibt noch heute Rätsel auf Von Mojmir Kallus

Am 1. Januar 2014 explodierte im neuen Gebäude der palästinensischen Vertretung in Prag unter unklaren Um-

ständen eine Bombe. Der im Oktober STR / AFP 2013 akkreditierte Botschafter Mo- hammad Dschamal al-Dschamal kam dabei ums Leben. Die folgenden Erklä- rungen der „palästinensischen“ Seite haben die anfängliche Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit schnell in Misstrau- en verwandelt. Der Sprecher des Außenministeri- ums aus Ramallah im Westjordanland hatte bekanntgegeben, der Unfall sei passiert, als der Botschafter einen Tre- sor öffnen wollte, der 25 Jahre lang nicht benutzt worden sei. Der mit der Situation gut vertraute „palästinensi- sche“ Angestellte in Prag hatte dagegen am gleichen Tag beteuert, der Tresor sei jeden Tag in Gebrauch. Die Tochter des Verstorbenen äußerte die Überzeu- gung, ihr Vater sei Opfer eines Atten- tats geworden. Aber dies waren nur kosmetische Schönheitsmängel im Vergleich mit dem, was im Anschluss geschah. Weil das neue Gebäude noch nicht offiziell abgenommen wurde und daher noch nicht als fremdes Hoheitsgebiet galt, konnte die tschechische Polizei die entsprechende Untersuchung vor Ort vornehmen. Dabei stellte sich heraus, dass sich im Gebäude unangemeldete, also illegale Waffen befanden. Über die Anzahl und Art der Waffen kursierten in tschechischen Medien sofort wilde Spekulationen. Mittlerweile steht fest, Die Palästinensische Vertretung in Prag dass es sich um mindestens acht Pis- tolen und vier automatische Gewehre ben und um die „brüderliche Hilfe“ der Tschechische Bürger haben sich in- Beschwerde gegen Tschechiens handelte. Die tschechische Seite stellte Sowjetpanzer gebeten hatten. zwischen auf ihre eigene Art und Weise Botschafter in Israel einen Verstoß gegen das Wiener Ab- Und dann kam schließlich die Gelegen- kommen über diplomatische Bezie- heit, alles ins richtige Licht zu stellen. hungen fest und verlangte eine klare T schechien war das einzige Land Der PLO-Sprecher Saeb Erekat hat bei Antwort von der Palästinensischen Au- der hohen Vertreterin der EU für Au- tonomiebehörde. Europas, das gegen die Aufwertung ßen- und Sicherheitspolitik, Catherine Ashton, schriftlich Beschwerde gegen Geschenke für PLO der „Palästinenser” in der UNO den tschechischen Botschafter in Israel, Die palästinensische Antwort bestä- Tomas Pojar, erhoben. Pojar untergrabe tigte jedoch nur, was mittlerweile auch gestimmt hat die Bemühungen der EU, Frieden und dem Durchschnittsbürger, der sich den Rückgang Israels zu den Grenzen nicht jeden Tag um den Nahen Osten Demonstration gegen palästi- zu Wort gemeldet. Vor dem Gebäude vor 1967 zu fordern. Begründung: Er hat und die Geschichte kümmert, däm- nensische Präsenz im Prager Viertel Suchdol wurde eine die jüdische Stadt Ariel im Westjordan- merte. Die Waffen sollen noch aus der Mit solchen Erinnerungen ist es kein Demonstration gegen die Präsenz der land besucht und sogar mit Studenten Zeit des alten kommunistischen Re- Wunder, dass in der Öffentlichkeit bald „Palästinenser“ abgehalten, wo Trans- der dortigen Universität gesprochen. gimes stammen und wurden als Ge- die Frage gestellt wurde, warum es ei- parente wie „Genug von Bomben“ oder Pojar hat jede Kritik abgelehnt mit schenk von den Kommunisten an die gentlich in Prag eine „palästinensische“ „Wir wollen Ruhe für unsere Kinder“ der Begründung, er habe bei der Begeg- „Palästinensische Befreiungsorganisa- „Botschaft“ gibt, wenn doch der Staat zu sehen waren. Der Bürgermeister von nung die Position der EU zum Nahost- tion“ PLO gegeben. „Palästina“ nicht anerkannt wird. Die Suchdol hat offiziell den Umzug der konflikt erklärt und sei in keiner Weise Das genügt, um das Ganze einord- Tschechische Republik war bekanntlich Vertretung an einen sichereren Ort ge- von der offiziellen EU-Linie abgewi- nen zu können. Eine interessante Er- das einzige Land in Europa, das im No- fordert. Im Internet entstand eine Peti- chen. Darüber hinaus wollte er sich mit gänzung dazu brachte ein Artikel im vember 2012 gegen die UNO-Resolution tion, die schlicht die Abschaffung der der Situation vor Ort vertraut machen. Nachrichtenportal „Ceska Pozice“, in über die Aufwertung des Status‘ der PA Quasi-Botschaft verlangt. Innerhalb Er habe sich insbesondere für die ge- dem der Generalsekretär der Fatah- bei den Vereinten Nationen gestimmt von wenigen Tagen haben sich dort meinsame Forschung zugunsten der Partei Faruk Kadumi zitiert wurde, wie hat. Die einzige Antwort lautet, dass es über 3.000 Unterschriften gesammelt. arabischen Bevölkerung interessiert er an die „schönen alten Zeiten“ in den sich um ein Überbleibsel aus der kommu- Die Erklärungsnot der „Palästinen- und sei von der hohen Zahl „palästi- Beziehungen mit der Tschechoslowa- nistischen Zeit handelt. Die Tschechoslo- ser“ schien kein Ende zu nehmen. Als von nensischer“ Studenten an der Universi- kei zurückblickt. Der ehemalige kom- wakei hat „Palästina“ schon im Jahre 1988 Ramallah der stellvertretende „palästi- tät beeindruckt. munistische Präsident Gustav Husak auf Grund der einseitigen Erklärung Jas- nensische“ Außenminister Tajsir Dscha- Der amtierende tschechische Außen- sei sein guter Freund gewesen und mit sir Arafats von Algerien anerkannt, und radat mit der Entschuldigung nach Prag minister Jan Kohout stellte sich hinter Vasil Bilak, dem mittlerweile verstorbe- seitdem gibt es in Prag ein Phänomen, kam, wurde er in tschechischen Medien seinen Botschafter und wies die Be- nen Funktionär der Kommunistischen das offiziell schwer zu definieren ist. Das mit dem stolzen Vater der Selbstmordat- schwerde Erekats ab. Er beanstandete Partei der Tschechoslowakei (KSČ), tschechische Außenministerium vermei- tentäterin Hanadi Dscharadat identifi- vielmehr, dass sich die „Palästinenser“ habe er zahlreiche angenehme Stunden det sorgfältig jede Definition und soweit ziert. Hanadi hat sich im Oktober 2003 an die EU gewandt haben, statt an das verbracht. Es ist schwer, einen allge- es möglich ist, spricht es über diese En- im Restaurant „Maxim“ in Haifa in die tschechische Ministerium, für die mein mehr gehassten Namen in Tsche- tität nur in Adjektiven wie „palästinen- Luft gesprengt und 21 Menschen, Juden tschechische Diplomatie den einzigen chien zu erwähnen. Bilak ist bekannt sisch“ (Anführungszeichen nicht von der und Araber, mit sich in den Tod gerissen. zuständigen Ort. als einer der fünf Volksverräter, die Redaktion der JÜDISCHEN RUND- Diese Beschreibung, offensichtlich als Es scheint, dass die „Palästinenser“ kurz vor dem sowjetischen Einmarsch SCHAU). Eine endgültige Stellungnah- für den aktuellen Kontext passend einge- heutzutage wenig Hoffnung hegen, mit in die Tschechoslowakei im August me sei vom Auswärtigen Amt nach Ab- stuft, wurde mehrmals von dem größten ihren Argumenten die Tschechen über- 1968 den „Einladungsbrief“ geschrie- schluss der Ermittlungen zu erwarten. Privatsender TV NOVA wiederholt. zeugen zu können. 38 SPORT № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU „Wir glauben einfach nicht, dass so etwas passiert – bis es dann passiert.“ Ein Gespräch mit Anti-Terror-Legende Itay Gil über Zivilcourage, und die Chancen Terrorismus zu überleben Als ich am 16. April 2016 das THE die Familie, Freunde, in den Moscheen, HOME-Studio von Benjamin Meyer irgendjemand wusste etwas, hat es aber betrete, herrschen schon im Vorraum nicht gesagt. Also ist das die erste An- zur Trainingshalle 92 % Luftfeuchtig- forderung, ein gesetzestreuer Bürger zu keit. Kein Wunder, denn das zweitägige sein: Wenn du etwas siehst, musst du es Seminar, welches Sicherheitsexperte melden. Zweite Anforderung: Wenn du Itay Gil hier gibt, hat es in sich. Es geht Personen siehst, die eine große schwere darum, sich gegen Schuss- und Stich- kravmaga-academy.co.uk Tasche tragen oder einen militärischen wafffen zu verteidigen. „Active shooter Kleidungsstil haben, dann ist das et- and knife attacks“ – so lautet der Titel was, wofür wir unsere Augen öffnen des Seminars. können und wo wir verantwortungsbe- Prof. Itay Gil trägt nicht umsonst den bringen, in einer Krise richtig zu reagie- verwundet oder sogar tödlich getrof- wusst handeln können. Titel „The Protector“, weltweit ist er ei- ren. fen werde. Deshalb ist unser Ansatz so: Wie kann man Zivilisten, die so etwas ner der angesehensten und erfahrens- Was muss man in so einer Situation Wenn jemand an einem öffentlichen nicht täglich erleben, für so etwas trai- ten Experten, wenn es um Sicherheit, beachten, wie reagiert man am besten? Ort beginnt zu schießen, kann man nieren? Spezialkommandos und Anti-Terror- Nun, es gibt bestimmt viele Dinge, ihn vielleicht ablenken, vielleicht rufen Zunächst hoffen wir natürlich, dass Strategien geht. Als Zahal-Hauptmann aber die erste Ebene ist das Beobach- oder etwas nach ihm werfen, vielleicht man nicht täglich in diese Situationen hat er eine beeindruckende Militärkar- ten. Wenn du etwas Verdächtiges gese- ihn sogar attackieren, wenn er nah ge- kommt. Wir veranstalten weltweit sehr riere vorzuweisen, er wurde in die isra- hen hast, was nicht zusammengepasst nug ist oder anderen Zivilisten Zeichen viele Seminare mit vielen Menschen elische Anti-Terror-Einheit „Yamam“ hat, sollten deine Sinne und dein Ver- geben, um sich zu verbünden und nach und das öffnet vielen die Augen. Wie berufen, die international als eine an- stand wie eine Feder gespannt sein. der Wolfsrudelstrategie anzugreifen, in der Geiselnahme im Opernhaus in spruchsvollsten Spezialeinheiten gilt Gott möge es verhüten, aber nehmen um ein oder zwei aggressive Kriminelle Sydney 2014. Ein moslemischer Atten- und die unter anderem auf hochris- wir an, es ist eine gefährliche Situation. auszuschalten. Es geht um Teambuil- täter hielt mit einer ISIS-Flagge und kante Geiselrettungen spezialisiert ist. Eine gefährliche Person, ein Verrückter ding, Führungsstärke und die Fähig- einer Schusswaffe mehrere Menschen In der Yamam absolvierte Itay Gil bis oder ein Terrorist, betritt ein Gebäude. keit, Entscheidungen zu treffen. in Schach – eine Geiselsituation. Da zu drei Operationen täglich und das Aber vorher hast du jemanden gese- Wie entdecke ich verdächtiges Verhal- hätte es Situationen geben können, über einen Zeitraum von zehn Jahren! in denen er abgelenkt war, nach dem Mit mehr als 33 Jahren Krav-Maga-Er- Fenster schaut oder so etwas, da hätten fahrung, davon 14 im aktiven Militär- Vor einer kurzen Weile erst gab es den sie ihn attackieren können. Menschen dienst, wundert es kaum, dass er mehr können sich auch ohne Worte verstän- als eine hochkarätige Referenz vorzu- Fall, dass drei Amerikaner es verhindern digen, mit stummer Körpersprache. weisen hat: „Head of Training“ für den Ein Blick, eine Geste, die ich mit einem Sicherheitsdienst des israelischen Prä- konnten, dass ein Attentäter mit einer AK- Wildfremden austausche und die aber sidenten, Kooperationen mit der Aspen besagt: „Wir sind beide in Gefahr. Wir University, der Hebräischen Univer- 47 Menschen umbringt. Er zog die Waffe, müssen uns zusammenschließen und sität und der Ariel-Universität, Grün- etwas tun.“ Darum geht es, um diese der des IATA (Unruly and Disruptive aber die drei Männer hatten militärisches Bindung. Wenn wir eine Gruppe sind, Passenger Training), zusätzlich ver- können wir es schaffen, eine Person antwortlich für Trainingsprogramme Training genossen, sie sprangen auf ihn und mit Messer oder Waffe auszuschalten? der israelischen Grenzpolizisten, der Egal ob an Land, im Flugzeug oder in Undercover-Einheit der Polizei und für entwaffneten ihn. Das meine ich! einem Zug. Vor einer kurzen Weile die Schulung von 5.000 Polizistien und erst gab es den Fall, dass drei Ameri- Sicherheitskräften jedes Jahr. In der hen, der vor dem Gebäude abwartend ten? kaner es verhindern konnten, dass ein IDF dient er in der Reserve als Haupt- hin und her läuft, seine Hände waren Es gibt viele Signale. Zunächst se- Attentäter mit einer AK-47 Menschen mann, Senior Combat Instructor und vielleicht in den Hosentaschen oder in hen wir viele Menschen tagtäglich auf umbringt. Er zog die Waffe, aber die strategischer Missionsplaner für eine einer großen Tasche. Aber es gibt zu der Straße, Hände in den Taschen, am drei Männer hatten militärisches Trai- Elite-Undercover-Anti-Terror-Spezi- diesem Zeitpunkt noch keinen Beweis, Handy, die tun, was man eben so tut: ning genossen, sie sprangen auf ihn und aleinheit. Selbst BBC wurde schon auf dass tatsächlich etwas passiert. Den- Das ist eine Sache. Aber um eine Atta- entwaffneten ihn. Das meine ich! Viele ihn aufmerksam, in Sachen Sicherheits- noch, vielleicht bist du nun ein bisschen cke auszuführen, muss man die Inten- Menschen sehen, was passiert, aber sie fragen ist Itay Gil eine Koryphäe. erstarren. „Was tue ich nur?“, fragen sie Umso mehr freue ich mich in einem sich. Es ist so leicht, ein Opfer zu wer- überraschend ausführlichen Interview den. Ich suche keine Helden, ich sage dem Sicherheitsexperten ein paar Fra- nur, dass Zivilisten sich selbst und den gen stellen zu können, um ein paar Menschen in ihrer Umgebung gegen- „überlebenswichtige“ Erkenntnisse zu über verantwortungsbewusst verhalten sammeln. sollen. Wenn jetzt plötzlich Leute mit Waffen in einen Konzertsaal gehen, JÜDISCHE RUNDSCHAU: Was stehe ich dann still oder tue ich etwas? planst du mit den Teilnehmern des Se- Wenn Menschen trainiert wären, zu minars an diesem Wochenende? reagieren, hätte man statt 130 Toten Itay Gil: Wir haben zwei wichtige vielleicht nur 30-50. Es geht um Scha- Aspekte vor uns. Die Welt um uns he- densbegrenzung, es gibt kein Holly- rum wird nicht sicherer, Terrorismus wood-Ende bei so etwas. Erst kürzlich ist eine Bedrohung, wie die Angriffe in gab es eine Schießerei in Tunesien, ein Paris oder Flugzeugentführungen. Erst Typ marschierte mit einer AK-47 in ein kürzlich wurde in Ägypten ein Flug- Hotel am Stand, tötete 30 oder mehr zeug entführt, mit einer sogenannten Badegäste und Touristen. Das Problem Dummy-Weste. Die terroristischen ist da. Und es ist nicht nur Terrorismus, Anschläge weltweit haben immer weni- es sind Überfälle, Einbrüche, Verge- ger zu tun mit Religion oder Hautfarbe, waltigungen, es kann alles sein. Wir es passiert einfach. Genau wie bei den müssen physisch und psychisch darauf Bombenanschlägen in Brüssel, eine vorbereitet sein, das erfordert Training. Bombe tötet viele unschuldige Men- Der französische Innenminister Cazeneuve mit Anti-Terror-Spezialisten. Sind solche Gewalttaten Probleme, schen. Mein Job ist es, Menschen dafür die zunehmen? zu sensibilisieren, ihre Augen zu öffnen alarmiert. Und plötzlich siehst du die- tion dazu haben. Und das kann man Ja, definitiv. Meine bescheidene Visi- und ihre Umgebung aufmerksam und se Person reinkommen, sie greift in die nicht verstecken. Nehmen wir zum on ist, dass es mehr gute als böse Men- kritisch zu beobachten. Seltsames Ver- Tasche und zieht eine Waffe. Die Idee Beispiel den Anschlag auf „Charlie schen gibt. Und auch wenn ich etwas halten und merkwürdige Körperspra- ist, den Leuten beizubringen, nicht Hebdo“ in Paris, das ist eine sehr inte- sehe, was auf der Straße passiert: viele che, das ist etwas, was aus der Masse zu erstarren. Denn falls ich erstarre, ressante Fallstudie. Denn niemand sah Menschen gehen vorbei und sagen, es heraussticht. Und Gott behüte, wenn es wenn an einem öffentlichen Ort ge- oder hörte oder wusste angeblich etwas geht mich nichts an. Und das ist das Situationen gibt, wie Schießereien oder schossen wird, dann gibt es eine hohe von einer radikalen Gruppe, die AK-47 größte Problem. Ich muss die Person Entführungen, dann will ich ihnen bei- Wahrscheinlichkeit, dass ich schwer kaufte. Ich garantiere: Der engste Kreis, in Not nicht kennen, aber wenn ich so № 5 (21) Mai 2016 JÜDISCHE RUNDSCHAU SPORT 39 etwas sehe, suche ich mir schnell Ver- Fähigkeiten, die Menschen einfach be- Wenn man mich fragt und außer acht sicher an, aber das ist immer sehr rela- stärkung und dann holen wir uns den herrschen. lässt, was die Medien sagen, dann gibt tiv. Niemand, der ein Ticket zu einem bösen Typen. Nimm einen Stuhl, eine Wenn ich meinen Kidnapper in einer es immer Chancen in eine Anschlagssi- Konzert in Paris kauft, rechnet damit, Flasche, ich meine, wir müssen etwas Geiselsituation irgendwie ansprechen tuation zu geraten. Es wird nicht besser. erschossen zu werden. Was in Brüssel tun, wir sind verantwortlich. Wenn muss, wie mache ich das? Das Gesetz ist meiner Ansicht nach zu passiert ist, passt da genauso: Niemand ich zum Beispiel sehe, wie ein Typ eine Es gibt kein spezielles Wort. Am nachsichtig bei radikal-islamistischen rechnet damit, am Flughafen oder in Frau in ein Auto zerrt, die schreit oder besten ist es, eine ruhige Atmosphäre oder gewaltbereiten Taten, verzweifel- der U-Bahn angegriffen zu werden. Wir weint, dann muss mir das doch seltsam zu schaffen, vielleicht eine Art Dialog te Situationen erfordern verzweifelte glauben einfach nicht, dass so etwas vorkommen. Und selbst wenn ich kör- zu beginnen. Selbst wenn man bluffen Maßnahmen. Die Regierungen müssen passiert. Bis es dann passiert. perlich nichts tun kann, kann ich etwas muss und so tut, als hätte man Sympa- agieren, um ihre Bevölkerung zu schüt- machen, ein Schnappschuss vom Kenn- thien für seine Sache oder sein Anlie- zen. Berlin und London hören sich sehr Das Gespräch führte Laura Külper zeichen oder dem Täter. Tu etwas! Die gen, so ist das ein Weg, der vielleicht Menschen sagen vielleicht, es ginge sie funktionieren kann. Aber wenn man nichts an, aber wenn es sie treffen wür- zum Beispiel an radikale islamistische de, würden sie Hilfe erwarten. Attentäter denkt, dann geht es nicht Glaubst du, dass deine Herkunft dich um Geiselnahmen mit Verhandlun- dahingehend beeinflusst? gen, es geht nur darum möglichst viele Jüdisch geboren zu sein, in Israel auf- Menschen zu töten. Eine richtig große zuwachsen, mit all den Traditionen und Geiselnahme gab es schon lange nicht der Geschichte, das macht schon etwas mehr. Es ging mehr darum, Menschen aus. All diese Kriege und Konflikte, die zu versammeln und hinzurichten. Men- wir als Land durchmachen mussten, schen müssen sich bewusstmachen, das ist nicht zu vernachlässigen. Ich dass ihr Zeitfenster in solchen Situatio- habe lange in der Armee gedient und nen sich geändert hat. Radikale Terro- dieses einzigartige Gefühl, als seien risten gehen mit einer anderen Einstel- wir alle eine große Familie, das ist be- lung an so etwas ran, sie sind willens, sonders. Sollte etwas passieren, werden für die Sache zu sterben. Kriminelle alle Israelis und Juden füreinander da können aufgeben, wenn sie unterlegen sein. Die israelische Regierung wird sind. Bei religiösen Attentätern ist die vieles auf sich nehmen, um Juden welt- Ideologie das Problem, man kann nicht weit zu schützen. Israelis sind durch die mit ihnen verhandeln. Sie haben sich Geschichte geprägt, durch den Holo- bereits darauf eingestellt zu sterben und Wenn Menschen trainiert wären, zu reagie- ren, hätte man statt 130 Toten vielleicht nur 30-50. Es geht um Schadensbegrenzung, es gibt kein Hollywood-Ende bei so etwas. Und es ist nicht nur Terrorismus, es sind Überfälle, Einbrüche, Vergewaltigungen, es kann alles sein. caust: Wir haben es satt, Opfer zu sein. das ist etwas grundlegend anderes. Wenn du versuchen solltest, uns zu tö- Also liegt meine größte Chance in der ten oder uns zu schaden, dann werden Wahrnehmung und Anpassung an die wir uns wehren. Ich denke, die Israelis Situation? sind sehr warmherzige und intelligente Du musst in den ersten Minuten sehr Menschen, die das Leben lieben. Wir unterwürfig und kooperativ sein. Es wachen nicht morgens auf und wollen kommt auf das Szenario an, also ist das Streit mit irgendjemanden. Aber wir schwierig zu sagen. Nehmen wir bei- werden uns wehren, wenn man uns Bö- spielsweise an, Menschen werden von ses will. einem Ort an einen anderen gebracht Gab es in deiner Karriere einen Punkt, und dort mit noch mehr Menschen zu- an dem du selbst in großer Gefahr warst sammengesperrt, dann würde ich ihnen oder große Angst hattest? empfehlen, sich anzupassen und auf Man lernt, die Angst zu kontrollieren. den richtigen Moment zu warten. Aber Ich war in vielen hochriskanten Situ- auch hier: es kommt auf die Situation ationen und oft in Gefahr, getötet zu an. Wenn dort viele Gegner mit Waffen werden. Ich habe mich zum Glück gut sind und man in der Unterzahl ist, dann geschlagen, das ist unserem Training lässt sich da wenig machen. Aber bei geschuldet. Gut trainiert zu sein ist die einem oder zwei Angreifern an einem Hauptsache. öffentlichen Ort kann sich die Bevölke- Was ist der häufigste Fehler, wenn rung zusammenschließen und sie viel- Menschen mit Schusswaffen konfron- leicht abwehren. tiert werden? Gibt es in Europa deiner Ansicht nach Menschen bilden sich ein, dass sie bestimmte Risikozonen, bestimmte sehr schnell sind. Sie haben viele Filme Städte, die gefährlich sind? gesehen und werden von Dingen beein- Ich würde sagen, es gibt bestimmt flusst, die nichts mit der Wirklichkeit irgendwo eine Art Karte, die von Ge- zu tun haben. Deshalb sind wir hier, um heimdiensten zusammengestellt wurde, Einbildung von Wirklichkeit zu unter- auf der erkennbar ist, welche Städte be- scheiden. sonders gefährdet sind. Für Juden und Wenn ich Zivilist bin und keinerlei Er- Israelis gibt es zum Beispiel gerade eine fahrungen mit Waffen habe, wie komme Reisewarnung für die Türkei. Es kommt ich am sichersten aus einer gefährlichen dort zu lokalen terroristischen Attacken Situation raus? gegen die Türken selbst, aber der letzte Die Wolfsrudeltaktik ist dafür fan- Anschlag galt jüdischen Touristen dort. tastisch. Man schließt sich zusammen Ein Attentäter hat sich eine Bombe ohne sich groß zu kennen. Das funkti- umgeschnallt und sich in die Luft ge- oniert – nehmen wir nur das Beispiel sprengt, die Ermittlungen haben erge- einer Straßenkreuzung. Zwei Autofah- ben, dass er eigentlich auf eine israelisch rer können sich ohne Worte, nur mit oder jüdische Gruppe gewartet hatte, Blicken und Gesten darüber verständi- die aus einem Hotel rauskommt, um gen, wer wohin fahren darf, ohne dass dann die Bombe hochgehen zu lassen. sie sich kennen. Simple kommunikative Es gibt in ganz Europa Bedrohungen. 40 ZU GUTER LETZT JÜDISCHE RUNDSCHAU Mai 2016 № 5 (21 Zu guter Letzt

begegnen uns in den folgenden Szenen immer wieder, so dass wir gleichzeitig viele einzelne Geschichten verfolgen können: Wir helfen der Flötistin nach und nach ihre Kollegen einzusammeln, so dass die komplette Band am Ende in Eilat auf einem Schiff Jazz spielen kann und halten Ausschau nach den Hunden, die der Hundesitterin verloren gegan- gen sind. Wir beobachten Familie Teitel- baum bei weltlichen, genauso wie bei religiösen Beschäftigungen: Sie gehen spazieren, wohnen einer Hochzeit bei und kaufen einen Lulav für Sukkot. Der Geschäftsmann rennt mit seinem Ak- tenkoffer hektisch durch die Stadt, bevor seine wichtigen Unterlagen schließlich von einem Kamel gefressen werden. Auch abseits der hervorgehobenen Fi- guren und gestellten Aufgaben gibt es viel zu entdecken, wie die Friedenstaube oder Ben Gurion, der am Strand ohne Leibwächter Kopfstand macht. Das Buch macht auf eine ganz un- komplizierte Art Lust, nach Israel zu rei- Was macht das Kamel in der Großstadt? sen, Liebgewonnenes wiederzusehen und Neues zu entdecken. Wer keine Von Estelle Rapaport jetzt ein Wimmelbildbuch über Israel Meer, bevor wir in Eilat mit seinem regen Kinder hat, wünscht sich welche; schon ohne ihn. Strandleben ankommen. allein, um ihnen die vielen lustigen Wimmelbildbücher gibt es viele; be- Die Illustratorin Rachel Shalev, die an Die Bilder sind so liebevoll und detail- Details erklären zu können. So wird es reits seit den 1960er Jahren werden der „Bezalel Academy of Art and Design“ reich gestaltet, dass es sowohl für Kinder zum perfekten Geschenk für Kinder die beliebten Bücher verlegt. Sie re- in Jerusalem studiert hat, hat ein char- als auch für Erwachsene ein Vergnügen und ihre Eltern. Die einzige Gefahr be- gen zum Austausch zwischen Eltern mantes Israel-Wimmelbildbuch gestaltet. ist, das Buch durchzublättern und dabei steht darin, dass man es gar nicht mehr und Kindern an und das gemeinsame Auf handgezeichneten, großformatigen über Israel zu sprechen. Auf der ersten hergeben will, sobald man es einmal in Betrachten gilt als pädagogisch wert- Doppelseiten führt sie uns auf eine Reise Doppelseite werden verschiedene Cha- Händen hält. voll. Die bekanntesten Bücher dieser quer durchs Land ganz ohne politisches raktere vorgestellt, die uns durch das Das Israel-Wimmelbuch von Rachel Art kommen von dem deutschen Ma- Dogma. Zu den Stationen gehören unter Buch begleiten. Darunter sind beispiels- Shalev ist im Ariella-Verlag erschienen. ler Ali Mitgutsch und aus der Serie „Wo anderem Tel Aviv mit seinem regen Trei- weise eine äthiopische Einwandererin Wir verlosen zwei der Bücher. Wenn Sie ist Walter?“ des britischen Illustrators ben auf den breiten Straßen, Jerusalems mit ihrer Tochter, eine Musikerin, eine gewinnen möchten, nennen Sie uns den Martin Handford, in denen der Welten- religiöse Stätten und sein bunter, multi- Kinderfußballmannschaft und eine Be- Namen des Wasserfalls im abgebilde- bummler Walter um die Welt zieht. In kultureller Markt. In der Wüste Negev fin- duinenfamilie. Dazu gibt uns die Autorin ten Bild. Bitte senden Sie die Lösung an: Israel war Walter nie; doch dafür gibt es den wir Beduinen, Kamele und das Tote kleine Aufgaben, denn ihre Charaktere [email protected]

JUDISCHE RUNDSCHAU  Unabhängige Monatszeitung Hiermit bestelle ich zum nächstmöglichen Termin die Monatszeitung Herausgeber: J. B. O. Jewish Berlin Online GmbH Coupon Verlag: J. B. O. Jewish Berlin Online GmbH, Dahlmannstr. 23, 10629 Berlin «Jüdische Rundschau» im Abonnement zum Preis (in Deutschland) von Für die Postsendungen: Postfach 12 08 41, 10598 Berlin  39 € für ein Jahr (Preis gilt für Deutschland, in anderen EU-Ländern Tel.: (030) 54 71 02 50 Fax: (030) 23 32 88 60 Abo- E-Mail: [email protected] • www.juedische-rundschau.de und Schweiz - 58 €, in Israel zum Preis von 82 €) Redaktion: Simon Akstinat (V.i.S.d.P.) • Administration: Michail Goldberg • Layout: Maria Pokrovski Bestellung Kontaktmöglichkeiten  49 € für ein Jahr in einem Umschlag (Preis gilt für Deutschland) • per Post: J. B. O. GmbH, Postfach 120841, 10598 Berlin • per Mail: [email protected] • per Telefon: (030) 54 71 02 50 • per Fax (auch Anrufbeantworter): (030) 23 32 88 60  73 € für zwei Jahre (Preis gilt für Deutschland) • per Website: www.juedische-rundschau.de 32 € für ein Jahr als Student (nur in Deutschland, mit Nachweis). Werbeabteilung: Tel.: (030) 54 71 02 51  E-Mail: [email protected] Name, Vorname Druck: Pressedruck Potsdam GmbH, Friedrich-Engels-Str. 24, 14473 Potsdam Strasse, Hausnummer Die Zeitung erscheint monatlich. Abonnementpreis: frei Haus jährlich 39€, ermäßigt 32€ einschließlich 7% MwSt. Alle in dieser Zeitung veröffentlichten Beiträge unterliegen dem Urheberrecht. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben PLZ Wohnort nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider. Der Verlag haftet nicht für die Richtigkeit der mitgeteilten Angaben Geburtsdatum Telefon: E-Mail: und für die Werbung. Für unaufgeforderte Manuskripte oder Fotos wird keine Haftung übernommen. Nachdruck nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion. Für fernmündlich und handschriftlich erteilte Anzeigenaufträge übernimmt Ich bin damit einverstanden, dass mein Abonnement sich um ein weiteres Jahr verlängert, wenn ich es nicht spätestens sechs Wochen von dem der Verlag keine Haftung. Ende schriftlich kündige. Mir ist bekannt, dass ich innerhalb von 14 Tagen meine Bestellung widerrufen kann. © Copyright AFP Agence France-Presse GmbH – Das mit dem Kürzel «AFP» gekennzeichnete Bildmaterial dieser Seiten ist urheberrechtlich geschützt und ausschließlich für die persönliche Information bestimmt. Jede weitergehende Verwendung, Datum Unterschrift  insbesondere die Speicherung in Datenbanken, Veröffentlichung, Vervielfältigung und jede Form der gewerblichen Nutzung Ich zahle gegen Rechnung: sowie die Weitergabe an Dritte – auch in Teilen oder in überarbeiteter Form – ohne explizite Zustimmung der AFP GmbH ist Ich bin damit einverstanden, dass meine Daten für interne Verlagszwecke gespeichert und verarbeiten werden sowie dafür benutzt werden, um untersagt. mich über die Neuigkeiten des Verlags zu informieren. Dieses Einverständnis kann jederzeit schriftlich widerrufen werden. Es gelten AGB vom 01.05.2014 und Anzeigenpreisliste Nr. 2 vom 01.09.2014 J. B. O., Postfach 12 08 41, 10598 Berlin (030) 54 71 02 51 Jeder neuer Abonnent der Zeitung «Jüdische Rundschau» erhält (Mo.-Mi. von 10.00 bis 16.00) einen Gutschein vom TuS-Reisebüro im Wert von [email protected] 50 Euro, die bei Buchung einer Reise nach Israel verrechnet werden. Füllen Sie bitte den Abo-Coupon aus, schneiden Sie ihn aus (030) 23 32 88 60 (auch Anrufbeantworter) und schicken ihn uns per Post (J. B. O., Postfach 120841, 10598 Berlin), per Fax (030/23328860) www.juedische-rundschau.de oder als Scan www.facebook.com/jrundschau per E-Mail an: [email protected]. Sie können die Zeitung auch auf unserer Website @jrundschau Unsere Kontaktadressen www.juedische-rundschau.de abonnieren.