Clarissa Shannon Berner

Punk als Subkultur und Musikgenre

– Ein Vergleich zwischen der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland

Masterarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades eines Master of Arts der Studienrichtung Soziologie an der Karl-Franzens-Universität Graz

Betreuer: Univ.-Prof. Dr. phil. Stephan Moebius

Institut: Institut für Soziologie

Graz, Mai 2021

PUNK IS ABOUT BEING AN INDIVIDUAL AND GOING AGAINST THE GRAIN AND STANDING UP AND SAYING “THIS IS WHO I AM”. - JOEY RAMONE

2 INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung...... 8 2. Die Deutsche Demokratische Republik ...... 9 2.1. Die Vorgeschichte der Deutschen Demokratischen Republik ...... 10 2.1.1. Die Entnazifizierung und die Potsdamer Konferenz ...... 10 2.1.2. Die Entwicklung der Parteien ...... 11 2.1.3. Reformen ...... 12 2.2. Die Staatsgründung, der Aufbau des Sozialismus und der 17. Juni 1953 ...... 13 2.2.1. Gründung der Deutschen Demokratischen Republik ...... 13 2.2.2. Der Aufbau des Sozialismus‘ und seine Folgen ...... 13 2.2.3. Der 17. Juni 1953 und die Jahre danach ...... 14 2.3. Der Bau der Mauer und neue Reformen ...... 15 2.3.1. Grenzgänger*innen und Flüchtlinge ...... 15 2.3.2. Der Bau der Berliner Mauer ...... 16 2.3.3. Der Prager Frühling...... 16 2.4. Die Ära Honecker ...... 17 2.4.1. Der Sturz Ulbrichts und politische Änderungen ...... 17 2.4.2. Stimmungswechsel in der Gesellschaft ...... 18 2.5. Der Zusammenbruch der SED und DDR ...... 19 2.5.1. Der Wirtschaftliche Zerfall ...... 19 2.5.2. Der NATO-Doppelbeschluss, Perestroika und Glasnost...... 19 2.5.3. Oppositionelle Bewegungen ...... 20 2.5.4. Der Niedergang der DDR ...... 21 2.6. Das Ministerium für Staatssicherheit ...... 21 2.7. Kunst und Kultur in der Deutschen Demokratischen Republik ...... 23 2.8. Kirchen in der DDR ...... 23 3. Subkulturen in der DDR ...... 26 3.1. Die Rolle der Jugendlichen in der DDR ...... 26 3.2. Gothics ...... 27 3.3. Metaller*innen ...... 28 3.4. und Glatzen ...... 30 3.4.1. Hooligans und die Black Eagles...... 32 3.5. Die Opposition, Friedens- und Umweltbewegungen ...... 32 3.6. Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Jugendgruppierungen ...... 33 4. Punk in der DDR ...... 35 4.1. DDR-Punk in Wissenschaft, Literatur und Film ...... 35 4.1.1. Arbeiten über den DDR-Punk ...... 35

3 4.1.2. DDR-Punk in Literatur und Film ...... 38 4.2. Die Phasen und Generationen des DDR-Punks ...... 40 4.3. Der Zugang zum Punk in Ostdeutschland ...... 43 4.4. Politische Einstellung der DDR-Punks ...... 44 4.4.1. Anarchismus ...... 45 4.4.2. Demonstrationen und Proteste ...... 46 4.5. Schulische und berufliche Situation der DDR-Punks ...... 47 4.6. DDR-Punks im Zusammenhang mit der Opposition und Skinheads ...... 47 4.6.1. Der Vorfall in der Berliner Zionskirche ...... 48 4.7. Hausbesetzungen ...... 49 4.8. DDR-Punks im öffentlichen Raum ...... 50 4.9. Anlaufstellen für DDR-Punks ...... 51 4.9.1. Die Offene Arbeit ...... 52 4.9.2. Die Kirche von Unten ...... 53 5. Der ostdeutsche Punk-Stil ...... 54 5.1. Aussehen und Kleidungsstil der DDR-Punks ...... 54 5.1.1. Provokation ...... 56 5.1.2. Schutzmaßnahmen und Konsequenzen ...... 57 5.2. Dick Hebdige und die Bedeutung des subkulturellen Stils ...... 58 5.3. DDR-Punk am Beispiel der Bricolage ...... 60 6. Punk im Westen ...... 63 6.1. Die Entstehung der Punk-Bewegung ...... 63 6.1.1. US-Protopunk und das New Yorker CBGB‘s ...... 64 6.1.2. Musikgenre und Subkultur Punk ...... 66 6.2. Punk in der Bundesrepublik Deutschland...... 68 6.2.1. Die Ausgangslage in der BRD ...... 68 6.2.2. Die Anfänge des deutschen Punks ...... 69 6.2.3. Die Differenzierung und Politisierung des deutschen Punks ...... 71 6.2.4. Chaostage und der Rückgang der Subkultur ...... 73 6.2.5. US-Hardcore in Deutschland ...... 74 6.2.6. Fun-Punk und der Fall der Berliner Mauer ...... 74 6.2.7. Aussehen der Punks in Deutschland ...... 75 7. DDR- und BRD-punk im Vergleich ...... 76 7.1. Die Ausgangslage ...... 76 7.2. Der Zugang zu Punk als Musikgenre und Subkultur ...... 77 7.3. Der Kleidungsstil ...... 78 7.4. Szenenvielfalt und Musikgenres ...... 79 7.5. Treffpunkte der Szene ...... 80 7.6. Politische Maßnahmen gegen Punks ...... 80

4 8. Musikalischer Vergleich des DDR- und BRD-Punks ...... 82 8.1. Songtextanalyse ...... 83 8.1.1. Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring ...... 83 8.1.2. Das Untersuchungsmaterial ...... 84 8.1.3. Thesen ...... 87 8.1.4. Kategoriesystem ...... 89 8.1.5. Ergebnisse der Inhaltsanalyse ...... 94 8.2. Stilanalyse ...... 101 8.2.1. Der Ansatz von Paul Honigsheim ...... 101 8.2.2. Schleim-Keim ...... 102 8.2.3. Slime ...... 103 9. Diskussion und Ausblick ...... 105 9.1. Stilistische Ebene ...... 106 9.2. Inhaltliche Ebene ...... 106 9.3. Musikalische Ebene ...... 108 9.4. Ausblick ...... 109 Anhang ...... 111 Literaturverzeichnis ...... 218

5 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS

APPD ……………………………………………………… Anarchistische Pogo-Partei Deutschlands BBC ………………………………………………………………... British Broadcasting Corporation BFC Dynamo …………………………………………………………. Berliner Fußball Club Dynamo BRD …………………………………………………………………….. Bundesrepublik Deutschland ČSSR …………………………………………………. Tschechoslowakische Sozialistische Republik CDU ………………………………………………………...……… Christlich-Demokratische Union DBD ……………………………………………………… Demokratische Bauernpartei Deutschlands DDR ……………………………………………………………… Deutsche Demokratische Republik Demo ………………………………………………………………………………….. Demonstration DM, D-Mark ………………………………………………………………………….. Deutsche Mark DIY …………………………………………………………………………………... „Do it Yourself“ DT64 ………………………………………………………………………... Deutschlandtreffen 1964 FDJ ……………………………………………………………………………. Freie Deutsche Jugend IM ……………………………………………………………………….. Inoffizielle*r Mitarbeiter*in KPD …………………………………………………………… Kommunistische Partei Deutschlands KvU ………………………………………………………………………………… Kirche von Unten LDP, LDPD ……………………………………………………………... Liberaldemokratische Partei MfS, Stasi …………………………………………………………… Ministerium für Staatssicherheit NATO …………………... North Atlantic Treaty Organization, Organisation des Nordatlantikvertrags NDPD …………………………………………………. National-Demokratische Partei Deutschlands NDW …………………………………………………………………………… Neue Deutsche Welle OA ……………………………………………………………………………………… Offene Arbeit RIAS …………………………………………………………… Rundfunk im amerikanischen Sektor SBZ ……………………………………………………………………... Sowjetische Besatzungszone SED ………………………………………………………. Sozialistische Einheitspartei Deutschlands SPD …………………………………………………………...... Sozialistische Partei Deutschlands UdSSR …………………………………… Union der sozialistischen Sowjetrepubliken, Sowjetunion USA ………………………………………… United States of America; Vereinigte Staaten Amerikas WK2 ……………………………………………………………………………….. Zweiter Weltkrieg ZIJ ……………………………………………………………….. Zentralinstitut für Jugendforschung

6 TABELLENVERZEICHNIS

Tabelle 1: Alben der Schleim-Keim ...... 85 Tabelle 2: Alben der Band Slime ...... 87 Tabelle 3: Kategorie „Freiheitsaspekt“ ...... 89 Tabelle 4: Kategorie „Politische Aussagen“ ...... 90 Tabelle 5: Kategorie „Globale Probleme“ ...... 91 Tabelle 6: Kategorie „Too much Future!“ ...... 92 Tabelle 7: Kategorie „No Future!“...... 92 Tabelle 8: Kategorie „Religion“ ...... 93 Tabelle 9: Kategorie „Unterdrückung“ ...... 93

7 1. EINLEITUNG

„People can change anything they want to, and that means everything in the world“ sind die letzten Worte, die Joe Strummer, Sänger der britischen Punk-Band The Clash, im Dokumentarfilm „The Future Is Unwritten“ sagt. Damit will der Musiker Menschen Mut zur Veränderung machen und sie dazu ermutigen, dass sie alles erreichen können, wenn sie sich gemeinsam stark machen. Strummer glaubte daran, dass durch Musik kritische Inhalte transportiert werden können und dadurch ein sozialer Wandel hervorgerufen wer- den könnte.

In der Tat ist das Musikgenre Punk eine musikalische Stilrichtung, in der gesellschafts- kritische Thematiken bearbeitet werden. Punk provoziert bürgerliche Gesellschafts- schichten, beeinflusst Jugendliche seit den 70er-Jahren und geht unter die Gürtellinie. Punk als Musikgenre und Subkultur hat sich ausgehend vom angloamerikanischen Raum international etablieren können – auch in Deutschland. Allerdings war Deutschland zu jener Zeit in zwei Staaten geteilt: Die Bundesrepublik Deutschland (BRD) und die Deut- sche Demokratische Republik (DDR).

Die Situation für Jugendliche und Angehörige der Punk-Subkultur war in der BRD relativ liberal: BRD-Punks1 provozierten zwar die Bevölkerung mit ihrem abweichenden Aus- sehen und ernteten Kritik von Erwachsenen, die Bundesrepublik bot der Subkultur jedoch ausreichend Raum. Mit etwas Kreativität schufen sie in ihrer „Do-It-Yourself“-Attitüde (DIY) Plattenlabels und Vertriebe, um ihrer Musik Gehör zu verschaffen. Im Gegensatz dazu hatten es ostdeutsche Punks schwerer, denn sie wurden aufgrund ihrer Andersartig- keit von Führenden des kommunistischen Regimes als Staatsfeinde denunziert. Trotz die- ser, womöglich auch wegen dieser heiklen Situation, entwickelte sich eine ostdeutsche Punk-Subkultur. Doch wie unterscheidet sich der BRD-Punk von dem ostdeutschen Punk? Hier lohnt es sich, einen genaueren Blick auf die gesellschaftspolitische Entwick- lung der DDR zu werfen.

Im Interesse dieser kultursoziologischen Studie liegt die Frage, inwieweit sich der ost- deutsche Punk als Subkultur und Musikgenre von bundesdeutschem Punk unterscheidet. Um der Forschungsfrage nachzugehen, wird im zweiten Kapitel die Geschichte der DDR detailliert ausgearbeitet. Zusätzlich wird auf den Geheimdienst der DDR, Kunst, Kultur

1 Der Begriff „Punk“ umfasst alle Geschlechter. In der DDR wurden sie „Punker“ genannt.

8 und Kirchen genauer eingegangen. Damit sollen die politische, wirtschaftliche und ge- sellschaftliche Ebene der DDR-Geschichte analysiert werden. Das dritte Kapitel beinhal- tet Beschreibungen und Vergleiche von Subkulturen, die zu jener Zeit in Ostdeutschland aktiv waren. Im vierten Kapitel wird auf die Geschichte des Punks in der DDR näher eingegangen und im fünften Kapitel wird der ostdeutsche Punk-Kleidungsstil analysiert. Dazu wird Dick Hebdiges Artikel „Subculture – Die Bedeutung von Stil“ aus dem Jahre 1979 herangezogen. Das sechste Kapitel behandelt die Entwicklung des Punks im Wes- ten, d.h. im angloamerikanischen Raum und in der BRD. Aufgrund des ungewöhnlichen Hintergrunds der DDR-Punks2, liegt der Schwerpunkt der subkulturellen Geschichte auf dem ostdeutschen Punk. Im siebten Kapitel wird ein Vergleich zwischen dem DDR- und BRD-Punk dargestellt.

Im achten Kapitel wird die Punk-Musik beider deutschen Staaten auf musikalischer und inhaltlicher Ebene analysiert. Dazu werden Alben der ostdeutschen Punk-Band Schleim- Keim und der bundesdeutschen Gruppe Slime untersucht. Für die Songtextanalyse wird eine inhaltlich strukturierende qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring herangezogen. Um musikalische Unterschiede festzustellen, werden Punk-Songs auf Basis von Paul Ho- nigsheims Thesen, die er in dem Aufsatz „Die Ähnlichkeit von Musik und Drama in pri- mitiven und totalitären Gesellschaften“ aufstellte, verglichen. Schlussendlich werden im letzten, dem neunten Kapitel die Forschungsergebnisse zusammengefasst und diskutiert. Zusätzlich wird ein Ausblick auf weitere Forschungsvorhaben gegeben.

2. DIE DEUTSCHE DEMOKRATISCHE REPUBLIK

Die Deutsche Demokratische Republik war ein deutscher Teilstaat, der vom 7. Oktober 1949 bis zum 2. Oktober 1990 existierte (vgl. Kowalczuk 2009: 11). In der Literatur wird die Geschichte der DDR anhand wegweisender Ereignisse unterteilt. Für dieses Kapitel wird Stefan Wolles Gliederung der historischen Phasen adaptiert. Wolle (vgl. 2011: 1f.) stellt den Grundriss der ostdeutschen Geschichte anhand von fünf Phasen dar: „die sow- jetische Besetzungszone“, „Staatsgründung und Aufbau des Sozialismus“, „Reform und

2 In der Literatur ist zumeist die Rede von „Ost-“ und „West-Punks“. Da für die Bezeichnungen „Ost“ und „West“ allerdings mehrere Länder in Frage kommen können, werden die Begriffe „DDR-“ und „BRD- Punk“ herangezogen.

9 Stagnation“, die „Ära Honecker“ sowie die „Krise und der Zusammenbruch“. Zusätzlich wird in diesem Kapitel auf die DDR-Politik und -Wirtschaft anhand von prägenden Er- eignissen Bezug genommen, eine detailliertere Ausarbeitung der politischen und wirt- schaftlichen Geschehnisse würde jedoch aufgrund ihrer Komplexität den Rahmen spren- gen. Als viel wichtiger erscheinen hierbei die Emotionen und Handlungen der DDR-Be- völkerung. Zusätzlich wird auf Kirchen, Kunst und Kultur in Ostdeutschland detailliert eingegangen.

2.1. DIE VORGESCHICHTE DER DEUTSCHEN DEMOKRATISCHEN REPUBLIK

2.1.1. DIE ENTNAZIFIZIERUNG UND DIE POTSDAMER KONFERENZ

In der Nacht zwischen dem 7. und 8. Mai 1945 endete der Zweite Weltkrieg (WK2) und Deutschland verlor die staatliche Souveränität an die Alliierten3 (vgl. Malycha 2011: 1) Ihr Ziel war es, einen dritten Weltkrieg zu verhindern, Kriegsverbrecher*innen zu bestra- fen und die Bevölkerung Deutschlands zu entnazifizieren (vgl. Wolle 2011: 5f.). Zu jener Zeit wünschte sich die deutsche Bevölkerung eine sozialistische bzw. antikapitalistische Führung (vgl. Richter 2009: 12). Anfang 1945 wurden die Grenzen der Besatzungszonen festgelegt (vgl. Malycha 2011: 1). In der Sozialistischen Besatzungszone (SBZ) herrschte Chaos: Plünderungen, Hinrichtungen und Massenvergewaltigungen standen auf der Ta- gesordnung. Resultat der Umstände war ein geschädigtes Verhältnis zwischen der Roten Armee und der Bevölkerung (vgl. Wolle 2011: 7).

Während der „Potsdamer Konferenz“ im Sommer 1945 wurden Abkommen hinsichtlich der Abrüstung sowie Entmilitarisierung Deutschlands, des Abschaffens nationalsozialis- tischer Gesetze, der Entnazifizierung der Bürger*innen und der Verhaftungen von Kriegsverbrecher*innen beschlossen (vgl. Malycha 2011: 1). Zusätzlich mussten die Deutschen das gesamte wirtschaftliche Potenzial ihres Landes für Reparaturen der Kriegsschäden in Europa nutzen (vgl. Roesler 2020: 14). Insgesamt waren 520.000 Per- sonen von der Entnazifizierung betroffen. Neben der Todesstrafe kam es zu Personen- transporten in sowjetische Spezial- und Arbeitslager (vgl. Richter 2009: 13f.).

3 Die Vereinigten Staaten (USA), Sowjetunion (UdSSR), Frankreich und Großbritannien haben sich zu Bündnispartnern zusammengeschlossen. Als alliierte Mächte haben sie gemeinsam gegen das nationalso- zialistische Deutschland aufgerufen (vgl. Rittershofer 2007: 17).

10 2.1.2. DIE ENTWICKLUNG DER PARTEIEN

Am 10. Juni 1945 wurden mehrere antifaschistische Parteien zugelassen. Der Gedanke dahinter war, auf diese Art politische Aktivitäten vorzuweisen. Zusätzlich sollte Einfluss auf ein zentrales Parteisystem genommen werden. Die zugelassenen Parteien standen un- ter Kontrolle der sowjetischen Besatzungsmacht und mussten strenge Auflagen erfüllen (vgl. Malycha 2011: 2).

Als erste Partei auf dem Gebiet der zukünftigen DDR wurde am 11. Juni 1945 die Kom- munistische Partei Deutschlands (KPD) gegründet. Neben dem Aufbau einer antifaschis- tischen Gesellschaft (vgl. ebd.: 2) waren die Entnazifizierung, der Aufbau demokratischer Verwaltungen und die Zusammenarbeit antifaschistischer Parteien weitere Ziele der KPD (vgl. Weber, H. 2006: 6). Der Wiederaufbau der Sozialistischen Partei Deutschlands (SPD) erfolgte hauptsächlich durch Funktionäre, die bereits 1933 in der Partei aktiv wa- ren (vgl. Malycha 2011: 2). Die SPD ging am 15. Juni 1945 an die Öffentlichkeit und forderte Demokratie und Sozialismus. Im Vergleich zur KPD erlangte die SPD durch die Bevölkerung großen Zulauf (vgl. Roesler 2011: 10f.). Die Christlich-Demokratische Union (CDU) trat am 26. Juni 1945 an die Öffentlichkeit. Sie sah sich als soziale Volks- partei und verwies in ihrem Parteiprogramm unter anderem auf die Trennung von Kirche und Staat, die Verstaatlichung der Bodenschätze und die öffentliche Kontrolle monopol- artiger Unternehmen. Die Liberaldemokratische Partei (LDP, später LDPD) ging am 5. Juli 1945 an die Öffentlichkeit und setzte sich für einen demokratischen Wiederaufbau, Berufsbeamt*innentum und die Mitwirkung von Gewerkschaften und Unternehmer*in- nen in der Wirtschaft ein (vgl. Malycha 2011: 2).

Der am 14. Juli 1945 gegründete „Block der antifaschistisch-demokratischen Parteien“ setzte sich aus den vier zugelassenen Parteien und verschiedenen Gewerkschaften zusam- men (vgl. ebd.: 2). Blockparteien arbeiteten gemeinsam gegen den Nationalsozialismus (vgl. Roesler 2020: 19). Die Idee dahinter: Durch den Block sollte der Einfluss der Par- teien eingegrenzt und ihre Politik kontrollierbarer gemacht werden (vgl. Kowalczuk 2009: 16f.). Für jede Zielgruppe wurde nur eine Organisation bzw. Gewerkschaft zuge- lassen, um die gesellschaftliche Vielseitigkeit möglichst gering zu halten (vgl. Weber, H. 2006: 8). Dieses Vorgehen ist ein deutliches Kennzeichen einer Diktatur.

Während 1945 und 1946 erlangte die SPD immer größeren Zulauf und konkurrierte die KPD (vgl. Richter 2009: 14) Aus dem Grund wurden beide Parteien zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) zusammengeführt. Widerständigen SPD-Mitgliedern

11 drohten Verhaftungen und Transporte in sowjetische Arbeitslager (vgl. Wolle 2011: 14). Berufsbeamt*innen wurden durch SED-Mitglieder ausgetauscht. Weiters besetzte die Partei Positionen in Polizei, Justiz und Verwaltung (vgl. Richter 2009: 15). Ziel der SED war es, ihre Macht schnell auf alle gesellschaftlichen Bereiche auszudehnen (vgl. Glaeß- ner 2006: 178).

Um die Herrschaft der SED zu erhalten wurden 1948 zwei neue Blockparteien gegründet: die National-Demokratische Partei Deutschland (NDPD) und die Demokratische Bauern- partei Deutschlands (DBD). Die NDPD sollte ehemaligen Nationalsozialist*innen die Möglichkeit geben, sich in die Gesellschaft einzubringen. Durch die DBD sollte die land- schaftliche Kollektivierungspolitik vorangetrieben werden (vgl. Kowalczuk 2009: 17). Beide Parteien wurden allerdings von der Bevölkerung verachtet und im Volksmund als „Blockflöten“ bezeichnet (vgl. Wolle 2011: 18).

2.1.3. REFORMEN

Im Zuge der Bodenreform im September 1945 und der Industriereform im Juni 1945 sollte das Bürgertum zwangsenteignet werden. Die Vorgänge wurden offiziell als Prä- ventionsmaßnahmen gegen den Nationalsozialismus begründet (vgl. Roesler 2020: 19). Während der Bodenreform wurden 35 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche enteignet, neu aufgeteilt und bewirtschaftet. Personen, welche die Enteignung verweigerten, galten als kriminell (vgl. Richter 2009: 15). 119.000 Landarbeiter*innen und 83.000 Flüchtlinge erhielten 2,1 Millionen Hektar Land (vgl. Roesler 2020: 19). Dennoch war die Ernäh- rungssituation in der DDR schwierig: 1936 wurde doppelt so viel Ertrag erzielt als 1946 (vgl. Richter 2009: 15). Neulandwirt*innen bekamen nur wenig Land zugeteilt, weshalb sie nicht rentabel wirtschaften konnten (vgl. Weber, H. 2006: 13). Im Fokus der Indust- riereform standen Banken, Sparkassen, Versicherungen und Betriebe. Es wurden unge- fähr 10.000 Unternehmen, d.h. ca. 40 Prozent der Industrieproduktion, enteignet (vgl. Richter 2009: 15).

12 2.2. DIE STAATSGRÜNDUNG, DER AUFBAU DES SOZIALISMUS UND DER 17. JUNI 1953

2.2.1. GRÜNDUNG DER DEUTSCHEN DEMOKRATISCHEN REPUBLIK

Durch den Kalten Krieg4 wurde die Spannung zwischen den Besatzungsmächten ver- schärft (vgl. Weber, H. 2006: 22). Am 12. März 1947 verkündete US-Präsident Harry S. Truman in seiner Doktrin, dass die Welt in einen kommunistischen und kapitalistischen Teil gespalten ist. Aus Angst vor der Arbeiterklasse5 und ihren stark revolutionären Ten- denzen entschloss sich die US-Delegation für die Teilung Deutschlands (vgl. Weber, W. 1993: 29f.).

Im Zuge der ersten westdeutschen Bundestagswahl am 14. August 1949 gewann die CDU die Wahl. Konrad Adenauer wurde erster Bundeskanzler. Die ostdeutsche Propaganda nannte ihn verachtend „Spalter Deutschlands“ (vgl. Wolle 2011: 19). Am 7. Oktober 1949 wurde die DDR gegründet (vgl. Weber, W. 1993: 36). Wilhelm Pieck wurde zum ersten ostdeutschen Präsidenten und Otto Grotewohl zum ersten Ministerpräsident der DDR er- nannt (vgl. Wolle 2011: 20). Mit der Staatsgründung wurde die Verfassung der DDR aus der Taufe gehoben (vgl. Malycha 2001b: 1). Es existierte keine Demokratie und die SED hatte die alleinige politische Entscheidungsgewalt. Die Partei kontrollierte die Medien, das Bildungswesen und die Kultur (vgl. Weber, H. 2006: 30). Menschen- sowie Bür- ger*innenrechte und Meinungsfreiheit existierten nur bedingt. Berlin wurde zur Haupt- stadt der DDR ernannt und Schwarz-Rot-Gold wurden als Farben des neuen Staates de- finiert. Das Staatsemblem bildeten ein Hammer und ein Zirkel im Ährenkranz (vgl. Ma- lycha 2001b: 1).

2.2.2. DER AUFBAU DES SOZIALISMUS‘ UND SEINE FOLGEN

Walter Ulbricht6 verkündete im Juli 1952, dass der Sozialismus in der DDR planmäßig aufgebaut werden sollte. Neben einem verschärften Klassenkampf sollten die Feinde im eigenen Volk ausgeschaltet werden (vgl. Wolle 2011: 23). Der damit erzeugte

4 Der Kalte Krieg war ein Konflikt zwischen den USA und den UdSSR. Er resultierte aus Interessensge- gensätzen beider Mächte nach dem WK2. Seine Höhepunkte bildeten die Berlin-Blockade und der Korea Krieg. Er endete mit der Entspannungspolitik ab Mitte 1950 (vgl. Holtmann 2000: 293). 5 Der Begriff „Arbeiterklasse“ steht für Frauen und Männer. Da es sich hierbei um einen historischen Be- griff handelt, wird er nicht an die Gender-Richtlinien angepasst. 6 Walter Ulbricht war der erste Sekretär des ZK der SED, Vorsitzender des Staatrates und des Nationalen Verteidigungsrates (vgl. Conradt 2006: o.S.).

13 Sozialismus wies stalinistische Muster auf: Unfreiheit in allen Lebenslagen und demo- kratischer Zentralismus7. Daraus resultierte eine massive Flüchtlingswelle: 1952 flohen 190.000 Menschen in den Westen und 1953 es über 300.000 West-Flüchtlinge. Ins- gesamt verließen zwischen 1949 und 1961 drei Millionen Personen die DDR (vgl. Richter 2009: 18f.).

Im Frühjahrsplan (1951-1952) wurden neue wirtschaftliche Ziele festgelegt. Geplant wa- ren unter anderem die Steigerung der Industrieproduktion und die Erhöhung des Volks- einkommens. Die Förderung der Schwerindustrie führte allerdings zu Engpässen der Be- völkerungsversorgung. Außerdem blieb der Lebensstandard sehr niedrig (vgl. Weber, H. 2006: 36ff.).

„Noch immer mussten Fett, Fleisch und Zucker rationiert werden, sehr viele Güter waren Mangelware, und ihre Qualität ließ oft zu wünschen übrig. Für große Teile der Bevölkerung waren die überteuerten Waren in den HO-Läden unerschwinglich. […] Die Mehrheit der Arbeiter verdiente unter 312 Mark brutto im Monat […]. Damals betrugen die Preise für ein kg [sic!] Zucker 12 Mark, für ein kg [sic!] Schweinefleisch 15 Mark, für ein kg [sic!] Butter 24 Mark, für ein Herrenhemd 40 Mark und für ein Frauenkleid 108 Mark, […] rationierte Lebensmittel (waren) billig, so kostete ein kg [sic!] Schweinefleisch 2,68 Mark, ein kg [sic!] Butter 4,20 Mark […]. Preisgünstig waren auch Mieten und Fahrpreise der öffentlichen Ver- kehrsmittel.“ (ebd.: 38)

2.2.3. DER 17. JUNI 1953 UND DIE JAHRE DANACH

Am 28. Mai 1953 wurde die Arbeitsnorm um durchschnittlich zehn Prozent erhöht. Damit gingen Lohneinbußen im Baugewerbe und in Handwerksberufen einher (vgl. Uhlmann 2010: o.S.). Resultat waren Proteste: Bereits ab dem 12. Juni forderte die Bevölkerung den Rücktritt Ulbrichts, das Zurücknehmen der Normerhöhung, geheime Wahlen und die Freilassung politischer Gefangener. Neben den Prosteten kam es immer häufiger zu Ar- beitsniederlegungen (vgl. Kowalczuk 2013: Kap. 28). Wenngleich die Regierung die Nor- merhöhung zurücknahm, begannen die Arbeiter*innen zwischen dem 16. und 21. Juni 1953 vielerorts zu streiken und demonstrieren (vgl. ebd.: Kap. 3):

7 Unter dem „demokratischen Zentralismus“ wird die hierarchische Strukturierung des Staats mit einer führenden Partei verstanden (vgl. Richter 2009: 18). 8 Hierbei handelt es sich um ein E-Book. Da Seitenzahlen je nach Darstellungsmedium variieren und keine festen Seitenzahlen angegeben sind, wird im Zuge dieser Masterarbeit auf Kapitel und Abschnitte der zi- tierten Stellen verwiesen. Im Literaturverzeichnis sind die Quellen als E-Books gekennzeichnet.

14

„In der DDR existierten 1953 zehn Städte mit mehr als 100.000 und vierzehn Städte mit 50.000 bis 100.000 Einwohnern – in allen 24 Städten kam es zu Streiks, Demonstrationen und Unruhen. Städte mit Einwohnerzahlen zwischen 20.000 und 50.000 gab es 75. In min- destens 68 davon beteiligten sich die Bürger an der Erhebung. Selbst von den 115 Städten, in denen 10.000 bis 20.000 Menschen lebten, waren mindestens 89 am Aufstand aktiv betei- ligt. In diesen insgesamt 214 Städten wohnten fast 50 Prozent der DDR-Bevölkerung. Die sowjetische Militäradministration verhängte am 17. bzw. 18. Juni über 167 der 217 Land- und Stadtkreise den Ausnahmezustand, der in den Städten Berlin, Halle und Leipzig bis zum 11. Juli 1953 aufrechterhalten worden ist. Am Volksaufstand waren etwa eine Million Men- schen beteiligt.“ (Kowalczuk 2013: Kap. 3)

Während den Demonstrationen (Demo) starben ungefähr 50 Personen, nachträglich wur- den 40 Personen von der Sowjetarmee erschossen, drei SED-Funktionäre starben und 40 Sowjetsoldat*innen wurden hingerichtet. 8.000 Personen wurden verhaftet. Die SED- Führenden nannten die Proteste einen „faschistischen Putsch“ (vgl. Weber, H. 2006: 42). Es wurde das Kriegsrecht verhängt und es folgten nächtliche Ausgangssperren sowie ein allgemeines Versammlungsverbot (vgl. Wolle 2011: 35).

2.3. DER BAU DER MAUER UND NEUE REFORMEN

2.3.1. GRENZGÄNGER*INNEN UND FLÜCHTLINGE

Zwischen 1959 und 1960 fiel die DDR-Bevölkerung in eine Versorgungskrise. Die ost- deutsche Propaganda gab den Grenzgänger*innen und Schieber*innen9 die Schuld. 53.000 Bürger*innen aus dem Osten arbeiteten im Westen, denn dort herrschte ein großer Bedarf an billigen Arbeitskräften. So wurde das ostdeutsche Sozialsystem ausgenutzt. Außerdem konnten Personen, die im Westen arbeiteten, einen Teil ihres Lohns in ost- deutsche Mark tauschen. Für eine Deutsche Mark (DM oder D-Mark) erhielt man vier ostdeutsche Mark (vgl. Wolle 2011: 39-42). Der Westen war aufgrund höherer Löhne und einer größeren Auswahl an Konsumgütern attraktiv (vgl. Roesler 2020: 49). In der Regel flohen junge, qualifizierte Personen in den Westen – besonders das Fehlen von

9 Unter Schieber*innen werden bundesdeutsche Personen verstanden, die durch den Wechselkurs (1:4) in der DDR billige Produkte kauften. In der DDR war es offiziell nur ostdeutschen Bürger*innen erlaubt, dort einzukaufen. Es ließen sich jedoch immer Personen finden, die den Westdeutschen die gewünschten Pro- dukte organisierten (vgl. Wolle 2011: 40f.).

15 Mediziner*innen, Wissenschaftler*innen und Fachärzt*innen traf die DDR hart (vgl. Wolle 2011: 43).

2.3.2. DER BAU DER BERLINER MAUER

In der Nacht auf den 13. August 1981 wurden die Grenzen nach West-Berlin geschlossen (vgl. Wolle 2011: 43) – die grüne Grenze zwischen Ost- und Westdeutschland war bereits schwer überquerbar. Am Morgen des 13. Augusts 1961 propagierten die DDR-Sender, den Sieg der Arbeiterklasse über den Faschismus. Aufgrund dessen fanden in Berlin meh- rere kleine Proteste statt und Versuche, in den Westen zu fliehen, häuften sich: Nach 1961 gelang es 8.500 Personen die DDR zu verlassen 10. Gescheiterte Fluchtversuche wurden mit Gefängnisstrafen oder tödlichen Schüssen an der Grenze bestraft11. Trotz der harten Maßnahmen der SED-Regierung, kam es zu kreativen Fluchtversuchen, wie beispiels- weise mittels eines selbstgebauten Heißluftballons12, modellierter Flugzeuge, eines Hochsprungstabs und eines selbst gepanzerten Fahrzeugs (vgl. Neubert 1998: 136f.).

2.3.3. DER PRAGER FRÜHLING

Im Frühjahr 1968 begann der „Prager Frühling“ in der Tschechoslowakei (ČSSR). Wäh- rend des Prager Frühlings wurde der Sozialismus zugunsten der Gesellschaft reformiert. (vgl. Malycha 2011c: 2). Damit sollte die Wirtshaft der ČSSR wieder in Gang gesetzt werden. Betriebe sollten mit mehr Eigenverantwortung agieren, Preise sollten reguliert und Pläne flexibler gestaltet werden. Alexander Dubček, der Vorsitzende der kommunis- tischen Partei, formulierte Zielvorstellungen, die einen Umbau der Gesellschaft in Rich- tung Demokratie förderten (vgl. Wolle 2011: 58).

10 Die Situation an der Mauer war über ihr ganzes Bestehen hindurch angespannt. In dem Geschichte- Podcast „Geschichten aus der Geschichte“ gehen Richard Hemmer und Daniel Meßner in der 53. Ausgabe auf die Geschichte eines Jugendlichen, der in West-Berlin lebte und in Ost-Berlin inhaftiert wurde, ein. Der Jugendliche malte mit seinen Freund*innen einen Strich über die ganze Mauer. Ein kleiner Teil der west- lichen Mauer war in Ostdeutschland platziert. Ostdeutsche Grenzbeamt*innen zogen den Jugendlichen durch eine Tür auf die andere Seite der Mauer, wo er schließlich verhaftet wurde. 11 An der östlichen Seite der Grenze starben ca. 200 Personen aufgrund von gescheiterten Fluchtversuchen (vgl. Neubert 1998: 137). 12 In dem deutschen Film „Ballon“ aus dem Jahre 2018 wird die DDR-Flucht der Familien Strelzyk und Wetzel mittels eines selbst angefertigten Heißluftballons nachgestellt.

16 Obwohl die UdSSR das Vorgehen der ČSSR akzeptierte, bereiteten die Sowjets den Ein- marsch in das Land vor. Am 20. August 1968 wurde die ČSSR von fremden Truppen besetzt (vgl. Wolle 2011: 59). Die SED-Führung unterstütze das Einmarschieren sowje- tischer Truppen in die ČSSR und leistete dabei logistische und propagandistische Dienste. Als Reaktion protestierten Jugendliche und Intellektuelle, die den Prager Frühling befür- worteten. Studierende und Dozent*innen erklärten sich gegen den Einmarsch in das Nachbarsland und Arbeiter*innen sammelten in Industriebtrieben Unterschriften dage- gen (vgl. Malycha 2011c: 2). Andere beschrifteten Hauswände mit Textzeilen oder schrieben Flugblätter. Straffällig wurden 1.189 Personen – drei Viertel der Beteiligten waren unter 30 Jahre alt (vgl. Wolle 2011: 61f.). In Thomas Oberenders (2020: 53) Augen war „dieser Brudermord […] das Ende des Sozialismus als Utopie, und der Anfang jenes resignativ defensiven‚ real existierenden Sozialismus‘“.

2.4. DIE ÄRA HONECKER

2.4.1. DER STURZ ULBRICHTS UND POLITISCHE ÄNDERUNGEN

Walter Ulbricht war durch seine Funktionen als Staatssekretär des Zentralkomitees der SED und Vorsitzender des Staatrates sowie des Nationalen Verteidigungsrates der mäch- tigste ostdeutsche Politiker. In den 1960er-Jahren entstand jedoch eine oppositionelle Gruppe, die den Mann stürzen wollte. Ihrer Meinung nach sei Ulbricht nicht mehr in der Lage, wirtschaftliche Probleme realistisch einzuschätzen, weshalb sie Leonid Iljitsch Bre- schnew darum baten, Ulbricht zum Rücktritt zu bewegen. Im April 1971 kam Breschnew dieser Bitte nach: Ulbricht verkündete am 3. Mai seinen Rücktritt und nominierte Erich Honecker als seinen Nachfolger (vgl. Conradt 2006: o.S.).

Erich Honecker war als Sekretär für Sicherheitsfragen schon in den 1950ern einer der mächtigsten Funktionäre der SED. Eine der ersten Handlungen Honeckers war die Ver- nichtung der ostdeutschen Privatwirtschaft. Dieser hatte die DDR allerdings ihren relati- ven Wohlstand zu verdanken. Im Frühjahr 1971 wurden all jene Betriebe aufgekauft und verstaatlicht. Die SED-Medien berichteten daraufhin von einer sozialistischen Revolution (vgl. Wolle 2011: 62ff.). Er war der Initiator der „Einheit der Wirtschafts- und Sozialpo- litik“. Die neue Wirtschafts- und Gesellschaftsstrategie definierte nun nicht mehr wissen- schaftlich-technischen Revolutionen als die Hauptaufgabe der Politik. Nun stand die ost- deutsche Bevölkerung im Mittelpunkt. Dabei gingen die SED-Führer davon aus, dass der

17 gesellschaftliche und individuelle Konsum der Arbeiter*innen zu steigender Leistungs- bereitschaft und erhöhter Arbeitsproduktivität führe (vgl. Roesler 2020: 75f.).

Am 27. Mai 1976 wurde das Maßnahmenpaket vorgestellt. Um ein Bespiel zu nennen: Berufstätige Mütter hatten von nun an einige Vorteile wie z.B. den Schwangerschaftsur- laub, das Babyjahr und die Einführung der 40-Stunden-Woche13 (vgl. Wolle 2011: 65). Durch dieses Vorgehen sollte einerseits eine Steigerung der Geburtenraten erzielt werden. Andererseits sollten damit Beruf und Kinderbetreuung besser vereinbart werden können. Zudem wurden im Zuge der Sozialpolitikreform das Wohnungsbauprogramm fortgesetzt und für Grundbedarfsgüter wurden stabile Preise eingeführt (vgl. Michalsky 1988: 417).

2.4.2. STIMMUNGSWECHSEL IN DER GESELLSCHAFT

Der Stimmungswechsel in der Gesellschaft zeigte sich durch Protestaktionen und Hand- lungen einzelner Individuen besonders stark: Am 18. August 1976 setzte der Pfarrer der evangelischen Kirche Zeitz Oskar Brüsewitz ein Zeichen gegen das SED-Regime. Er zündete sich im Zuge einer Protestaktion mit Benzin selbst an. Der Pfarrer wurde in ein Krankenhaus gebracht, wo er schließlich starb. Es folgte ein Gespräch zwischen der Kir- chenleitung und Honecker, aus dem mehr Autonomie und Spielräume für die Kirche re- sultierten (vgl. Dippel 2018: o.S.). Der Liedermacher Wolf Biermann stand ständig im Visier der SED. In Ostdeutschland erhielt der Musiker ein Auftritts-, Publikations- und Ausreiseverbot. Nach einer offiziell genehmigten Konzertreise durch Westdeutschland, wurde Biermann 1976 ausgebürgert. Darauf folgten Protestwellen vieler Künstler*innen und Schriftsteller*innen. Einige der Beteiligten wurden inhaftiert oder zur Ausreise ge- zwungen (vgl. Niemetz 2016: o.S.). Der in Ostdeutschland lebende Autor Rudolf Bahro veröffentlichte 1977 das Buch „Die Alternative“ in der Bundesrepublik und erhielt da- raufhin eine achtjährige Haftstrafe (vgl. Wolle 2011: 67).

Noch im selben Jahr kam es am Alexanderplatz in Ost-Berlin zu Krawallen zwischen Jugendlichen sowie der Polizei. Der Stimmungswechsel der Gesellschaft war deutlich spürbar. Zusätzlich wurde die Gesellschaft durch die Charta 7714 der ČSSR, die

13 Die Arbeitszeit in der DDR betrug 48 Stunden und wurde auf sechs Tage in der Woche aufgeteilt (vgl. Böpple 1983: 15). Somit war die 40-Stunden-Woche eine Erleichterung für Mütter. 14 Die Charta 77 war eine am 7. Jänner 1968 gegründete Bürgerrechtsbewegung der ČSSR (vgl. Manig 2017: o.S.).

18 Verhandlung in Helsinki15 und die polnische Aufbruchsstimmung16 maßgeblich beein- flusst. Die SED reflektierte die gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Probleme der DDR nicht, obwohl ihre Wirtschaftsstrategie scheiterte (vgl. Wolle 2011: 67f.).

2.5. DER ZUSAMMENBRUCH DER SED UND DDR

2.5.1. DER WIRTSCHAFTLICHE ZERFALL

Anfang der 80er-Jahre gab es lange Wartezeiten auf überteuerte Konsumgüter. Die Be- völkerung musste bis zu drei Jahre auf den Erhalt einer Waschmaschine und über zehn Jahre auf ein Auto warten. Zusätzlich war die fortlaufende Versorgung mit Konsumgü- tern des alltäglichen Lebens nicht gegeben und in der DDR selbst benötigte Waren wur- den zu kleinen Preisen in den Westen exportiert. Außerdem war die DDR 1981 stark verschuldet. Neben hohen Krediten der BRD, nutzte die DDR-Führung alle erdenklichen D-Mark-Quellen, wie z.B. den Verkauf politischer Häftlinge an die BRD, Waffenge- schäfte, den Import von Abfällen und die Enteignung von Kunst- und Antiquitätenhänd- ler*innen. Als Folge stellte die SED den visafreien Verkehr ein, führte intensivere Pro- pagandaarbeit und baute den Überwachungsstaat17 aus (vgl. Mählert 1998: 134-140).

2.5.2. DER NATO-DOPPELBESCHLUSS, PERESTROIKA UND GLASNOST

Ende der 70er-Jahre beschloss die UdSSR Mittelstreckenraketen vom Typ SS-20 in Mit- teleuropa zu stationieren. Als Antwort entschied sich der Rat der Organisation des Nord- atlantikvertrags (NATO) US-amerikanische Cruise-Missiles in der BRD zu positionieren. Die Situation erzeugte in der gesamten deutschen Bevölkerung Angst vor einem 3. Welt- krieg (vgl. Wolle 2011: 76). Parallel dazu planten die USA Krieg im Weltraum zu führen und die UdSSR marschierte in Afghanistan ein. In Polen wurde die unabhängige Gewerk- schaftsbewegung abgeschafft (vgl. Mählert 1998: 142f.).

15 35 Staats- und Regierungschefs unterzeichneten am 1. August 1975 die Schlussakte der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. So wurde auf internationaler Ebene die Zweistaatlichkeit Deutschlands akzeptiert, innenpolitisch bekam die DDR jedoch Probleme hinsichtlich Verpflichtungen zur Achtung der Menschen- und Bürgerrechte (vgl. Malycha 2011d: 2). 16 In Polen wurden Verträge unterzeichnet, die z.B. die Bildung freier Gewerkschaften erlaubten. So kam die Gesellschaft in eine Aufbruchsstimmung (vgl. Wolle 2011: 68.). 17 s. Kap. 2.6. „Das Ministerium für Staatssicherheit“.

19 1985 übernahm Michail Sergejewitsch Gorbatschow die sowjetische Führung (vgl. Bleek 2009: 2). Gorbatschow strebte mit der Reform „Glasnost und Perestroika“ eine wirt- schaftliche und politische Umstrukturierung der Gesellschaft an. Wichtige Anhaltspunkte dabei waren Offenheit, Transparenz und Informationsfreiheit (vgl. Richter 2009: 90). Durch den neuen sowjetischen Reformkurs wurde die DDR unter Druck gesetzt, denn die SED-Führung wollte Gorbatschows Forderungen nicht auf das ostdeutsche Land anwen- den (vgl. Bleek 2009: 2). Tatsächlich hatte die SED-Führung Angst vor einem Machtver- lust (vgl. Mählert 1998: 147). Die Reforminhalte der UdSSR verbreiteten sich trotz allen Bemühungen der Vertuschung in Ostdeutschland immer schneller. Im Verlauf der Aus- grenzungspolitik wurden sowjetische Reden gekürzt und lediglich zusammengefasst prä- sentiert, das Magazin Sputnik18 wurde verboten und sowjetische Filme durften in den ost- deutschen Kinos nicht mehr gezeigt werden (vgl. ebd.: 149ff.).

2.5.3. OPPOSITIONELLE BEWEGUNGEN

Aus der zugespitzte Lage in der DDR resultierten Unruhen. Es entstanden unabhängige Friedensbewegungen, die nachdenkliche und systemkritische Personen ansprachen (vgl. Weber 2006: 106). Nährboden für oppositionelle Bewegungen waren vor allem evange- lische Kirchen, denn die Institutionen konnten politisch selbstbestimmt und staatsunab- hängig handeln. Die kirchlichen Führungskräfte stellten andersdenkenden Jugendlichen ihre Räumlichkeiten bereit, in denen Diskussionen, Lesungen, Ausstellungen und Kon- zerte stattfanden (vgl. Wolle 2011: 75). Die Kommunalwahlen im Mai 1989 beeinflussten die Bildung der Oppositionsbewegung stark. Wahlbeobachter*innen aus Friedens- und Ökologiegruppen brachten die Wahlsituation öffentlich zum Vorschein und deckten ei- nen Wahlbetrug der SED auf. Das Selbstvertrauen der oppositionellen Gruppen wuchs und die Akzeptanz der SED sank (vgl. Mählert 1998: 156).

18 Das Magazin veröffentlichte Berichte, über gesellschaftlichen und politischen Veränderungen der sow- jetischen Reform. Zusätzlich wurden die Verbrechen Stalins aufgedeckt und es wurden Parallelen zwischen Stalin und Hitler gezogen. Eine andere Zeitschrift namens „Neue Zeit“ wurde noch 1988 verboten. Durch die Absetzung des Sputniks wurden Proteste ausgelöst (vgl. Wolle 2011: 80).

20 2.5.4. DER NIEDERGANG DER DDR

Im Mai 1989 begann das damals noch kommunistische Land Ungarn die Grenzsperren nach Österreich abzubauen. Einige ostdeutsche Bürger*innen reisten nach Ungarn und besetzten dort die bundesdeutsche Botschaft. In der Nacht vom 10. auf 11. Mai erfolgte die Öffnung der ungarischen Grenzen: 25.000 Personen haben daraufhin die DDR ver- lassen (vgl. Mählert 1998: 159). Am 9. Oktober 1989 fand in Leipzig eine Montagsdemo mit 70.000 Personen statt. Im Zuge der Demos schlossen sich immer mehr Personen an – schon bei der nächsten Montagsdemo am 16. Oktober nahmen bereits 100.000 Menschen teil. Ein Monat später trafen sich über eine Million Menschen auf dem Berliner Alexan- derplatz und demonstrierten für Themen wie Pressefreiheit, Reisefreiheit und freie Wah- len (vgl. ebd.: 163ff.).

Günter Schabowski verkündete am 9. November 1989, dass es allen Bürger*innen, die einen Reisepass vorweisen konnten, erlaubt sei aus der DDR auszureisen und wieder zu- rückzukehren. Es zu einer schnellen Verbreitung der Neuigkeiten im Osten. An den Grenzübergängen konnten die Grenzwächter den Ansturm nicht mehr zurückhalten und die Grenzen wurden geöffnet. Der Mauerfall bildete den Höhepunkt des Machtzerfalls der SED und er leitete den Zusammenbruch der DDR sowie der SED ein (vgl. ebd.: 166ff.). Thomas Oberender (2020: 21f.) berichtet in seinem Buch „Empowerment Ost. Wie wir zusammen wachsen“19, dass sich zu jener Zeit eine Bürgerbewegung gebildet hat:

„Sie wollte freie Wahlen, Meinungs-, Presse- und Reisefreiheit, andere Wirtschaftsstruktu- ren, das Ende des Überwachungsstaates und der Umweltzerstörung. Dieser Zeitraum einer ständig improvisierten, aber stets selbstbestimmten Reform der Verhältnisse währte sechs Monate – zwischen September 1989 und März 1990. Das alte SED-Regime verlor seine All- macht und in der DDR gründeten sich – oft noch vor der Öffnung der Mauer – neue Gewerk- schaften, Parteien, Bewegungen, Soldatenräte, Zeitungen oder Verlage.“

2.6. DAS MINISTERIUM FÜR STAATSSICHERHEIT

Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS), im Volksmund die „Stasi“ genannt, wurde Anfang Februar 1950 gegründet (vgl. Kulick 2019: o.S.). Es unterlag der SED und

19 In dem Sachbuch „Empowerment Ost. Wie wir zusammen wachsen“ beschreibt Oberender die Situation während der Wende und setzt die Geschehnisse in aktuellen Kontext.

21 verfügte über eine Zentrale, Bezirks- sowie Kreisverwaltungen und Objektdienststellen20. Der ostdeutsche Sicherheitsdienst wurde weder rechtsstaatlich noch medial kontrolliert und unterstützte den sowjetischen Geheimdienst. Außerdem führte das MfS Sicherheits- prüfungen durch, die für den Karriereweg der Bürger*innen wesentlich waren. Eine be- liebte Methode des MfS war die des „leisen Terrors“: Subtile, anonyme und undurch- schaubare Aktivitäten machten die Organisation unberechenbar (vgl. Kowalczuk 2009: 37f.). Dabei verletzte das MfS Bürger*innen- und Menschenrechte stark (Kulick 2019: o.S.). Die Liste der Stasi-Methoden war lange und setzte sich zusammen aus der:

„[…] Inszenierung beruflicher Misserfolge durch Bildungs- und Berufsverweigerungen, der Einschränkung der Bewegungsfreiheit, dem Entzug des Führerscheins, der Diskreditierung durch die Verbreitung von Gerüchten und falschen Informationen, konzentriert auf Ehe- bruch, pornographische Interessen, Alkoholmissbrauch, Verführung Minderjähriger, Geld- gier, Vernachlässigung elterlicher Pflichten, Verrat von politischen Mitstreitern, Freunden und Verwandten in Verhören, Kontakten zu rechtsextremen Kreisen, der Zerstörung des Pri- vatlebens durch demonstrative Tag- und Nachtbeobachtungen, ständige telefonische Anrufe, Annoncenkampagnen, heimliche Hauseinbrüche und das Verstellen von Gegenständen, Be- schädigung privaten Eigentums, Vortäuschung außerehelicher Beziehungen und verdeckt or- ganisierte Entfremdung der Kinder von den Eltern.“ (Kowalczuk 2009: 37f.)

Die Stasi beobachtete unter anderem Oppositionelle, Jugendliche, die westliche Musik hörten, Personen, die Kontakt zu Ausreisenden hatten und Menschen, die sich für die Kirche engagierten. Ihre Aufgabenfelder bezogen sich sogar auf Kunst, Sport, Kirchen, Kinos und Literatur (vgl. Kulick 2019: o.S.). Um alle gesellschaftlichen Bereiche kon- trollierbar zu machen, wurde die Mitarbeiter*innenzahl des Ministeriums aufgestockt: 1957 hatte das MfS 17.000 Mitarbeiter*innen, im Jahr 1989 waren 91.015 Personen im MfS berufstätig. Dadurch wurden die gezielte Überwachung und Unterdrückung opposi- tioneller Personen und Gruppen erst möglich. Hierfür nutzte das MfS insbesondere Inof- fizielle Mitarbeiter*innen (IM): IM waren verdeckte Ermittler*innen aus der Bevölke- rung, die Informationen aus ihrem beruflichen und familiären Umfeld sammelten und an das Ministerium weitergaben (vgl. Malycha 2011d: 4). Jugendliche IM erhielten für ihre mündlichen und schriftlichen Berichte sogar monetäre Leistungen (vgl. Kulick 2019: o.S.).

20 Das MfS verfügte über 15 Bezirksverwaltungen, 209 Kreisdienststellen und sieben Objektdienststellen (vgl. Kulick 2019: o.S.).

22 2.7. KUNST UND KULTUR IN DER DEUTSCHEN DEMOKRATISCHEN REPUBLIK

Nach dem Krieg setzte sich die sowjetische Führungsmacht dafür ein, die Kultur in Deutschland wiederzubeleben. Den Mittelpunkt stellten Künstler*innen dar, die ein hu- manistisches Kultur- und Bildungsideal vertraten, wie z.B. Johann Wolfang von Goethe und Friedrich Schiller. Viele Intellektuelle beschlossen, nach dem WK2 nach Deutsch- land zurückzukehren, weil sie in einem antifaschistischen, nicht-kapitalistischen Land ihre Zukunft sahen. Allerdings änderte sich die Einstellung der SBZ gegenüber Kunst und Kultur schnell: Die kulturelle Offenheit nahm ab und es entstanden Konflikte zwischen der SBZ und Kunstschaffenden (vgl. Malycha 2011a: 3).

Im Zuge des „Bitterfelder Wegs“ zu Beginn der 1960er-Jahre mussten sich Kunstschaf- fende an politisch-ideologische Vorgaben binden. Mit dem Programm „Greif nach der Feder, Kumpel“ sollten Arbeiter*innen dazu motiviert werden literarisch aktiv zu wer- den. Der Slogan „Kunst hilft Kohle“ sollte Autor*innen daran erinnern, sich beim Schrei- ben an die Realität zu halten. Künstler*innen gerieten immer wieder ins Visier des MfS (vgl. Malycha 2011b: 4). Sie galten als Kontrarevolutionär*innen und erhielten ein Auf- tritts-, Aufführungs- sowie Publikumsverbot21. Durch die Zensur22 Mitte der 60er-Jahre wurde die ostdeutsche Kultur massiv geschädigt (vgl. Malycha 2011c: 2).

Trotz allen Verboten und dem Druck des MfS, entwickelten sich Theater als Zentren des kritischen Denkens. In polit-kritischen Theatern wurde z.B. das Neue Deutschland ver- brannt oder weltliche Stücke, die den Zeitgeist trafen, aufgeführt. Zusätzlich entwickelten sich unabhängige Kleintheater, die mit alternativen Ensembles avantgardistische Stücke vorführten (vgl. Kowalczuk 2015: Kap. 3, Abs. 2).

2.8. KIRCHEN IN DER DDR

Während der Gründung der DDR waren 81 Prozent der Bevölkerung Mitglieder der evan- gelischen Kirche – am Ende waren es lediglich 25 Prozent. Die Zahl der Mitglieder der katholischen Kirche sank von 11 Prozent auf 4 Prozent. Im Gegensatz dazu stieg die Zahl

21 s. Kap. 2.4.2. „Stimmungswechsel in der Gesellschaft“ 22 Die Kulturbranche war durch die Zensurpraxis der DDR-Führung geprägt. Literatur, Musik und Filme wurden zensiert, um eine inszenierte, kontrollierte Öffentlichkeit zu schaffen. Neben Büchern, Filmen und Zeitschriften, wurde die Zensurpraxis auch auf Bibliotheken angewandt. Verbotene Bücher durften nur mit einem Erlaubnisschein benutzt werden. 1989 wurde das Druckgenehmigungsverfahren aufgelöst und Ver- lage durften selbst entscheiden, welche Bücher sie veröffentlichten (vgl. Kowalczuk 2015: Kap. 3, Abs. 1).

23 der konfessionslosen Personen im Vergleich zur Bevölkerung von 7 auf 70 Prozent. Nach Pollack hat dieses Phänomen mehrere Gründe. Christ*innen wurden in der DDR verfolgt, stigmatisiert und auf beruflicher sowie schulischer Ebene stark benachteiligt. Im Ver- gleich zu anderen kommunistischen Ländern, sank die Mitgliederzahl in der DDR am stärksten. Ursachen hierfür sind z.B. niedrige Taufraten und hohe Sterblichkeitsraten der Kirchenmitglieder (vgl. Pollack 2007: 49f.). Andere Religionen waren für die DDR-Füh- rung weniger relevant (vgl. Kowalczuk 2009: 113).

In der UdSSR war die Ausübung von Religionen seit den 1930er-Jahren geduldet – auch in der DDR war die freie Religionsausübung möglich. Kirchen agierten deutschlandweit, weltlich und unabhängig von der SED (vgl. Wolle: 2011: 27f.). Nach Kowalczuk (vgl. 2009: 113f.) gab es für den Kirchenerhalt in der DDR vier Gründe. Erstens hatte die Kir- che eine stabilisierende Funktion für die Bevölkerung. Zweitens könnte sich die Bevöl- kerung durch antikirchliches Vorgehen gegen die Regierung wenden und im Untergrund agierend für das Regime bedrohlich werden. Durch ihre soziale Funktion, könnte, drit- tens, ohne Kirchen ein Zusammenbruch der Sozialsysteme resultieren. Schlussendlich würde, viertens, eine Kirchenverfolgung zu einer internationalen Isolierung führen.

Während der 1950er-Jahre wurde der Druck auf die evangelischen Kirchen immer größer (vgl. Weber 1980 zitiert nach Malycha 2011b: 2). Kirchen boten Jugendlichen, die von der Freien Deutschen Jugend (FDJ) und Schulen ausgeschlossen wurden, Freiraum. In den kirchlichen Lokalitäten wurden heikle Themen besprochen, welche die Jugendlichen beschäftigten und es entstanden die „Jungen Gemeinden“. Walter Ulbricht forderte ein stärkeres Vorgehen gegen die Kirche (vgl. Wolle 2011: 28). Dieses richtete sich gegen Mitglieder der Jungen Gemeinden: Sie wurden von den Schulen verwiesen und konnten Berufsausbildungen nicht fertigstellen. Zudem wurden sie psychisch misshandelt, um ih- ren Glauben zu verlieren (vgl. Weber 1980 zitiert nach Malycha 2011b: 2). Mithilfe der UdSSR stoppten die Kirchenverfolgungen noch 1953. Die konfliktreiche Beziehung zwi- schen der Kirche und dem Staat blieb jedoch erhalten (vgl. Wolle 2011: 29). Aus Akten des MfS geht hervor, dass die Kirche von der SED gelenkt wurde und fünf Prozent der Geistlichen IM waren (vgl. Mählert 1998: 141f.).

Bereits in der kurzen Zusammenfassung der DDR-Geschichte wird deutlich, dass die ost- deutsche Bevölkerung unter dem kommunistischen Regime stark litt. Besonders an den hohen Flüchtlingszahlen vor dem Bau der Berliner Mauer zeigt sich, wie unzufrieden die Gesellschaft mit den dortigen Lebensumständen war: Ein geringes Einkommen,

24 Nahrungsmittelknappheit und lange Wartezeiten auf Gebrauchsgenstände, wie z.B. Waschmaschinen oder Autos, gehörten zum Alltag der Ostdeutschen. Auch nach dem Mauerbau scheuten sich Personen nicht davor, nach Westdeutschland zu fliehen und nah- men dabei sogar Inhaftierungen und, im schlimmsten Fall, den Tod in Kauf.

Zusätzlich herrschte in der DDR politischer Druck und Meinungsfreiheit sowie Bür- ger*innenrechte existierten de facto nicht. Die DDR-Bevölkerung stand aufgrund des MfS unter Dauerüberwachung. Dabei spielten IM eine große Rolle: Die Unklarheit, wer ein IM ist und wer nicht, setzte die Bevölkerung unter Druck. Besonders Personen, die eine systemkritische Einstellung vertraten, mussten achtgeben, wem sie Geheimnisse an- vertrauten. Somit wurde die ostdeutsche Bevölkerung mittels Angst vor dem MfS und IM gelenkt, gesteuert und unter Druck gesetzt. Weiters hatte die SED die alleinige Entschei- dungsgewalt über die DDR. Ihre Macht wurde durch eine nicht existierende Wahlfreiheit und manipulierte Wahlen erhalten. Mittels Demos und Protestaktionen zeigten die Be- völkerung und einige wenige Einzelpersonen ihre Unzufriedenheit mit dem System. Al- lerdings hatten solche Taten zumeist Folgen wie z.B. Inhaftierungen, Kündigungen und Schulverweise.

Trotz allem entstanden in den 80er-Jahren oppositionelle Gruppierungen, die systemkri- tisch agierten. Hierbei nahm die evangelische Kirche eine wesentliche Position ein, denn die Geistlichen gewährten den Andersdenkenden die Möglichkeit, sich in den kirchlichen Räumen zu treffen. Diesbezüglich könnte die unabhängige Rolle der Kirche von Vorteil gewesen sein. Ostdeutsche Jugendliche, die sich von der Masse abhoben oder ein anderes Gedankengut als die SED-Führenden vertraten, hatten es schwer. Auch Künstler*innen litten unter den strikten Vorgaben des Systems: Systemkritische Kunstschaffende erhiel- ten Auftrittsverbote und ihre Werke wurden zensiert. Sie wurden von der Stasi verfolgt, unterdrückt und teilweise sogar ausgebürgert. Nun stellt sich die Frage, wie und ob sich Subkulturen unter den strikten Vorgaben des DDR-Regimes entwickeln konnten.

25 3. SUBKULTUREN IN DER DDR

Mitglieder von Subkulturen23 wurden in der DDR schlecht behandelt und konnten sich kaum selbst entfalten. Neben der befremdlichen Lage der Jugendlichen in der DDR, wer- den in diesem Kapitel ostdeutsche Subkulturen vorgestellt und miteinander verglichen. Im Fokus liegen hierbei die Szenen Gothics, Metaller*innen und Skinheads, denn lt. Otto und Wenzke (vgl. 1992: 190) wurden insbesondere diese, neben der Punk-Bewegung, von der Stasi unterdrückt. Ziel des Kapitels ist es, ostdeutsche Subkulturen detailliert dar- zustellen und ihre Unterschiede sowie Gemeinsamkeiten auszuarbeiten.

3.1. DIE ROLLE DER JUGENDLICHEN IN DER DDR

Jugendliche waren für das sozialistische Regime Schlüsselfiguren, denn an ihnen lag die ostdeutsche Zukunft. Die SED und die dazu gehörende Massenorganisation FDJ waren für die Jugendlichen verantwortlich (vgl. Mrozek 2019: 124). Die FDJ regelte sogar die Freizeit der Jugendlichen (vgl. Schönfelder 2010: o.S.). Alle Personen, die in der DDR einer Subkultur angehörten, wurden als Bedrohung des SED-Regimes wahrgenommen. Lt. SED-Führenden würden Abweichungen den gesellschaftlichen Zusammenhalt ge- fährden. Sollten Minderjährige nicht der Norm entsprechen24, hatte das schwerwiegende Konsequenzen, wie z.B. Abschiebungen in Heime für Schwererziehbare. Lehrer*innen übten Druck auf die Schüler*innen aus, indem sie z.B. schlechte Noten vergaben. So sollten auffällige Schüler*innen in den Sozialismus zurückgeführt werden (vgl. Mohr 2017: 22-25). Die SED-Führung bestrafte und unterdrückte die Jugendlichen auf unter- schiedliche Art und Weise. Die häufigsten Maßnahmen gegen junge Menschen, die in systemkritischen Bands spielten, waren Band- und Reise-Verbote, der Ausschluss von Schule und Ausbildung, Kriminalisierung ihrer Fans, Inhaftierungen und Abschiebungen in den Westen (vgl. Wurschi 2012: 9).

In der DDR stellten Mitglieder einer Subkultur Minderheiten dar. Sie legten Wert auf Individualität und lehnten die Vorstellungen der SED-Regierung ab. Es gab jede Subkul- tur, die es im Westen auch gab, allerdings entstanden die ostdeutschen Bewegungen

23 Für diese Masterarbeit wird der Begriff Subkultur verwendet, um zum Ausdruck zu bringen, dass die Jugendlichen tatsächlich eine eigene Kultur abseits vom SED-Regime für sich schufen. 24 Merkmale normabweichenden Auftretens sind z.B. lange Haare, unordentliche Kleidung oder auffällige Accessoires, die auf Subkulturen zurückzuführen sind (vgl. Lipp 2015: 228).

26 zeitversetzt (vgl. Wurschi 2012: 8). In den 1950er-Jahren prägten Halbstarke das Bild der ostdeutschen Subkulturen. Das darauffolgende Jahrzehnt war durch den Beat geprägt. Hippies, Tramper sowie Blueser existierten bis Mitte 1980. Außerdem etablierten sich in demselben Jahrhundert vor allem Punks, New Waver, Metaller*innen, New-Romantics, Popper, Gothics, Hip-Hopper, Skinheads und Hooligans (vgl. Lipp: 2015: 226).

Tatsächlich hatten die meisten Mitglieder einer Subkultur nicht das Bedürfnis, die Ge- sellschaft zu revolutionieren oder zu verändern, sie wollten lediglich ihren Lebensstil frei ausagieren. D.h. die Jugendlichen wollten die Musik hören, die ihnen gefiel oder sich nach Belieben kleiden. Westliche Kleidungsstile wurden adaptiert und an Ostdeutschland angepasst. Sie kreierten ihre Kleidungsstücke selbst und versuchten damit die Aufmerk- samkeit der breiten Bevölkerung auf sich zu richten (vgl. Wurschi 2012: 8f.).

3.2. GOTHICS

Die Subkultur der Gothics25 hatte ihren deutschen Höhepunkt in Ostdeutschland26 (vgl. Baacke 1993: 87) und wird von Walter Friedrich und Hartmut Griese (vgl. 1991: 197) als der Nachfolger der Punk-Bewegung definiert. Jugendliche wurden aus unterschiedlichen Gründen Teil der Gothic-Bewegung: Die Mehrheit der Anhänger*innen identifizierte sich mit düsterer Musik, dunkler Kleidung, gemeinsamen Tanzen in Nachtclubs und Zusammenkünften bei düsteren Orten. Ein kleinerer Teil der Subkultur beschäftigte sich mit dem Tod und dem Sinn des Lebens (vgl. Stock und Mühlberg 1990: 48f.). Im Gegen- satz zu der -Kultur, in der Männer dominierten, waren in der Gothic-Szene beide Geschlechter ausgewogen vertreten. Mit ihrem Auftreten drückten Gothics Leere und Hoffnungslosigkeit aus (vgl. Baacke 1993: 88). Die Tatsache, dass Personen einen Le- benszyklus durchwandern und sterben, deprimierte die Jugendlichen und veranlasste sie zu einer Suche nach dem Lebenssinn (vgl. Otto und Wenzke 1992: 191) Dabei kritisierten

25 In der DDR wurden „Gothics“ als „Grufties“ bezeichnet. Für die Masterarbeit wird der aktuelle Begriff „Gothics“ stellvertretend für alle Geschlechter verwendet. 26 Die Gothic-Szene ist zwischen 1970 und 1980 in Großbritannien entstanden. Besonders die „New Waver“ und die „New Romantics“ beeinflussten die Szene. Gothics unterschieden sich vom Punk hinsicht- lich des gepflegten Aussehens und der introvertierten Denkweise der Anhänger*innen. Dunkle Kleidung sollte ein Abbild der gesellschaftlichen Lage sein (vgl. Hitzler und Niederbacher 2010: 61).

27 sie das ostdeutsche Regierungssystem, denn es propagierte eine sorgenfreie Zukunft und scheiterte dabei (vgl. Stock und Mühlberg 1990: 49).

Junge Menschen entschlossen sich dazu, Gothics zu werden, um dem langweiligen, er- eignisarmen Alltag der DDR zu entfliehen und um problematische Sozialerfahrungen zu verarbeiten. Wer sich fremd, unbeachtet und überflüssig fühlte, nannte sich Gothic (vgl. Friedrich und Griese 1991: 197). Die Jugendlichen suchten im Mystizismus Antworten auf unterschiedliche Probleme (vgl. Otto und Wenzke 1992: 191). Aufgrund der man- gelnden Extremerfahrungsmöglichkeiten, betrieben die Jugendlichen „Spiele“: Sie trafen sich auf Friedhöfen, versuchten Kontakt mit Vampiren aufzunehmen, suchten Zugang zum ewigen Leben (vgl. Stock und Mühlberg 1990: 50), riefen Geister, kontaktierten Sa- tan und betrieben okkultische Praktiken (vgl. Otto und Wenzke 1992: 191). Friedhöfe stellten für Gothics Spielplätze dar und sorgten für Nervenkitzel. Gothics richteten ag- gressives Verhalten gegen sich selbst, was z.B. in Selbstverletzungen und Suizidversu- chen mündete (vgl. Stock und Mühlberg 1990: 51).

Kreuze, Totenköpfe und Diebesgut von Friedhöfen, darunter kleine Grabsteine und menschliche Knochen, stellten die Symbolik der Gothics dar (vgl. Otto und Wenzke 1992: 191). Die Jugendlichen projizierten ihre Gedanken auf depressive Musik. Beson- ders beliebt war die Band The Cure: Die Songtexte widerspiegelten das Leben der Go- thics. Robert Smiths Style wurde von den Mitgliedern adaptiert. Gothics hatten ein schlechtes Verhältnis zu Skinheads (vgl. Stock und Mühlberg 1990: 52f.), wurden jedoch von der ostdeutschen Öffentlichkeit akzeptiert (vgl. Otto und Wenzke 1992: 191). Die Gothic-Subkultur durchlief im Laufe der Zeit Veränderungen: Einige Mädchen, die Baa- cke (vgl. 1993: 88) kennenlernte, wurden im Zuge der Pubertät zu Diskobesucherinnen mit Interesse an einer höheren Bildung und einem universitären Studium im künstleri- schen Bereich.

3.3. METALLER*INNEN

Die Subkultur der Metaller*innen27 existierte seit den 1980er-Jahren in der DDR (vgl. Otto und Wenzke 1992: 186). Einerseits trugen sie Nieten-Accessoires, selbst bemalte T- Shirts (vgl. Stock und Mühlberg 1990: 125), heruntergekommener Jeanskleidung,

27 Metaller*innen wurden in der DDR als „Heavy-Metals“ bezeichnet. Für die Masterarbeit wird der aktu- elle Begriff herangezogen.

28 Medaillen und Orden aus der Kaiser- und Nazizeit. Andererseits kleideten sich Metal- ler*innen mit dunkler Lederkleidung, die sehr teuer und für Jugendliche kaum leistbar war. Folglich war der Altersschnitt der Heavy-Metal-Szene im Vergleich zu anderen Sub- kulturen höher (vgl. Otto und Wenzke 1992: 186). Ihre Symbolik hatte Ähnlichkeit mit dem Auftreten der Gothics: Totenköpfe, Werwölfe und Dämonen zierten ihre T-Shirts (vgl. Stock und Mühlberg 1990: 126).

Besonders das musikalische Expert*innenwissen verschaffte interessierten Personen Zu- gang zu der Heavy-Metal-Szene: Szenenkundige kannten unterschiedliche Heavy-Metal- Genres, Bands und Alben. Metaller*innen identifizierten sich durch die Musik – ihre Ver- bundenheit zur Musik zeigte sich in ihrem Freizeitverhalten: Sie besuchten regelmäßig Konzerte, Nachtclubs und Feiern (vgl. Stock und Mühlberg 1990: 125), die aufgrund des hohen Alkoholkonsums oftmals in Gewalt mündeten. Hinsichtlich der Musik spaltete sich die Heavy-Metal-Szene. Auf der einen Seite gab es Metaller*innen, die sich lediglich mit der Musik beschäftigten. Subkulturelle Aktivitäten fanden am Wochenende statt. Ande- rerseits drehte sich für eingefleischte Szenenmitglieder das ganze Leben um Heavy-Me- tal. In der DDR gab es ca. 100 Heavy-Metal-Bands, die sowohl Musik coverten als auch eigene Lieder schrieben. In den Texten ging es um den Sinn des Lebens und die Reaktion auf gesellschaftliche Probleme, wie z.B. Gewalt und Alkoholmissbrauch (vgl. Otto und Wenzke 1992: 186f.). Hinsichtlich der politischen Einstellung der Metaller*innen variie- ren die Standpunkte in der Literatur. Baacke (vgl. 1993: 89) ist der Auffassung, dass die Mitglieder der Heavy-Metal-Szene politisch linkes, rechtes und liberales Gedankengut vertraten. Nach Otto und Wenzke (vgl. 1992: 186) war die Einstellung der Metaller*innen zumeist deutsch national bis nationalistisch und führte zu Rassismus sowie Gewalt gegen andere Subkulturen.

Der Musikwissenschaftler Wolf-Georg Zaddach analysierte die ostdeutsche Heavy-Me- tal-Kultur und gab dazu der Journalistin Thekla Jahn (vgl. 2018: o.S.) für eine Radiosen- dung des Deutschlandfunks ein Interview. Nach Zaddach wurden Metaller*innen wie alle anderen Subkulturen der DDR als potenziell gefährlich für das SED-Regime eingestuft. Die DDR-Führenden erkannten jedoch sehr schnell, dass sich Metaller*innen nicht mit politischen Themen beschäftigten, sondern sich primär für Musik interessierten und das Gemeinschaftsgefühl in der Szene schätzten. Nach einiger Zeit wurden Heavy-Metal- Bands von der Zulassungskommission akzeptiert und verschiedene Lieder wurden im

29 Radioprogramm Deutschlandtreffen 1964 (DT64) gespielt. Trotz allem mussten Tonträ- ger westlicher Bands auf dem Schwarzmarkt erworben werden.

Weiters untersuchte der Potsdamer Forscher Nikolai Okunew die ostdeutschen Metal- ler*innen. Okunew kam zum Schluss, dass Metaller*innen ein für die DDR normales Alltagsleben führten, in ihrer Freizeit allerdings subkulturelle Praktiken ausübten. D.h. in ihren Berufen unterschieden sie sich von den anderen Arbeiter*innen kaum. Die Mitglie- der waren vorwiegend männlich und ihre Treffen beschränkten sich zumeist auf das Wo- chenende. Auf jenen Ausflügen kam es zumeist zu Gewalt und Schlägereien mit Poli- zist*innen und Einheimischen. Außerdem gab es Überschneidungen mit anderen Subkul- turen wie z.B. Skinheads und Hooligans, was in rassistische Vorfälle mündete (vgl. Kluge 2020: o.S.).

3.4. SKINHEADS UND GLATZEN

Die Skinhead-Subkultur kam von Großbritannien nach Westdeutschland und verbreitete sich über Berlin und Leipzig in ganz Ostdeutschland. Meistens lernten die Jugendlichen die Subkultur über Medien, Musik und persönliche Kontakte kennen (vgl. Baacke 1993: 86). Die ersten ostdeutschen Skinheads waren Radikalisierungserscheinungen der Punk- bewegung (vgl. Westhusen 2005: 38), allerdings fühlten sie sich trotz des unterschiedli- chen Kleidungsstils der Punk-Szene zugehörig (vgl. Mohr 2017: 330). Punks und - heads hörten und tanzten zu derselben Musik: , Reggae28 und Punk. Die Inhalte der Lieder waren gesellschaftskritisch. Außerdem existierten viele Punk-Bands, die sich Ska- und -Elementen bedienten. Die zusätzlich ähnliche Einstellung der Angehörigen beider Subkulturen ermöglichten gemeinsame Aktivitäten (vgl. Horschig 2013: 36f.). Zu jener Zeit existierten in anderen Ländern bereits Feindschaften zwischen Glatzen29 und Punks (vgl. Westhusen 2005: 38).

28 Skinheads hörten in der Regel Ska, Reggae und Soul. Das Musikgenre Ska ist eine Frühform des Reggaes und wird vom Klang der Blasinstrumente dominiert. Reggae hingegen bedient sich Bass-Elementen (vgl. Hitzler und Niederbacher 2010: 139). 29 Tim Mohr unterscheidet im Buch „Stirb nicht im Warteraum der Zukunft. Die ostdeutschen Punks und der Fall der Mauer“ zwischen Skinheads und Glatzen. Glatzen stellen die rechte „Skinhead“-Kultur dar. In dieser Masterarbeit werden beide Begriffe nach Mohrs Beispiel verwendet.

30 Nach einiger Zeit adaptierten Jugendliche mit hohem Aggressionspotential den Style der Skinheads30, wovon die Meisten in den frühen 1980ern ihre politische Gesinnung änder- ten und zu Neonazis31 wurden (vgl. Mohr: 2017). Sie waren zwischen 17 und 26 Jahre alt und über die Hälfte der Glatzen waren Facherbeiter*innen. Zwischen 1987 und 1988 kam es zu gewaltsamen Angriffen gegen andere Subkulturen, Ausländer*innen, homosexuelle und politisch links eingestellte Menschen. Zu jener Zeit fanden 75 Strafverfahren in der DDR gegen 165 Personen statt, die mit der Subkultur in Verbindung gebracht wurden. Aus diesem Grund veränderten die Mitglieder der Subkultur ihr öffentliches Auftreten und agierten von nun an im Untergrund (vgl. Otto und Wenzke 1992: 190). Ende 1998 traten sie im Zuge der Leipziger Montagsdemos an die Öffentlichkeit und zeigten Hitler- grüße (vgl. Stock und Mühlberg 1990: 11).

Bernd Wagner, ehemaliger Leiter der Abteilung Staatsschutz im Gemeinsamen Landes- kriminalamt der fünf neuen Bundesländer geht in einem Interview auf die Ostdeutsche Skinheadbewegung und das polizeiliche Vorgehen gegen sie näher ein. Das Interview ist in dem Buch „Rechtsruck. Rassismus im neuen Deutschland“ von Klaus Farin und Eber- hard Seidel-Pielen erschienen. Bis zur Mitte der 1980er-Jahre beschränkten sich gewalt- same Angriffe auf die Fußballszene. Erst danach begannen sich einzelne Gruppierungen zu politisieren. Sie suchten in Büchern nach nationalsozialistischen Werten sowie Ord- nungsmustern und fragten alte Männer in Gasthäusern über das Nazi-Regime aus. Die SED-Führenden erkannten die Problematik und versprachen dem Volk bis zum 40. Jah- restag der DDR ein „glatzenfreies“ Ostdeutschland. Nach dem Vorfall in der Zionskir- che32, bei dem einige politisch links orientierte Jugendliche nach einem Konzert von Glat- zen brutal attackiert wurden, erhielten Glatzen ein Disko-Besuchsverbot. Sie wurden ver- haftet und ihre Arbeitgeber*innen wurden aufgefordert, mit den Jugendlichen Gespräche zu führen (vgl. Farin und Seidel-Pielen 1992: 83ff.).

30 Jugendliche anderer Subkulturen (meistens Punks und New Romantics) wollten einen neuen Style aus- probieren. Sie wurden „Mode-Skins“ genannt (vgl. Stock und Mühlberg 1990): 15). 31 Die Skinheads, die sich von Neonazis distanzierten, wurden auch „Redskins“ genannt (vgl. Otto und Wenzke 1992: 190). Heutzutage nennen sich antifaschistische Skinheads SHARP-Skins und engagieren sich teilweise sogar in der -Bewegung (vgl. Farin und Seidel-Pielen 1993: 130). 32 s. Kap. 4.6.1. „Der Vorfall in der Zionskirche“

31 3.4.1. HOOLIGANS UND DIE BLACK EAGLES

Auch in der DDR wurden Fußballspiele von Hooligans besucht (vgl. Mohr 2017: 163). Mitte der 80er-Jahre entwickelte sich die Einstellung der Fußballfans immer mehr ins rechte Lager. Schließlich war die Mehrheit der Fans Glatzen (vgl. Wojtaszyn 2018: o.S.). Eine Ausnahme waren die Black Eagles – schwarze Adler, da schwarz die Farbe der Anarchisten ist. Die Black Eagles setzten sich aus einer Gruppe Punks zusammen, die gerne Fußballspiele des Vereins Berliner Fußball Club Dynamo (BFC Dynamo) verfolg- ten. Der BFC Dynamo wurde vom Stasichef und Fan Erich Mielke gefördert. Die Anhä- nger der Black Eagles trugen schwarze Halstücher, um ihre anarchistische Weltanschau- ung an die Öffentlichkeit zu tragen. Sie unterschieden sich von den „normalen“ Punks nur deshalb, weil sie Fußballspiele besuchten. Obwohl Punks Fußballspiele aufgrund der Fankriege ablehnten, waren die Black-Eagle-Punks ein Teil der Ost-Berliner Punk-Be- wegung. Im Laufe der frühen 80er-Jahre wandten sich allerdings einige Black Eagles dem rechten Lager zu und wurden politisch rechts gesinnte Hooligans oder Glatzen (vgl. Hor- schig 2013: 37).

3.5. DIE OPPOSITION, FRIEDENS- UND UMWELTBEWEGUNGEN

Bereits in den 70er-Jahren existierten in Ostdeutschland Friedensgruppierungen, die sich mit den Themen Militär, Wehrdienst, Menschenrecht und Entwicklungsländern beschäf- tigten. Anfang 1980 fanden aufgrund des NATO-Doppelbeschlusses33 Demonstrationen statt, denen sich die Bewegung anschloss (vgl. Schäfer 2010: 20) und eine Politisierung der Gruppierungen entstand (vgl. Becker 1990: 216). Im Laufe der 80er-Jahre zerfielen einige der Friedensbewegungen, weshalb sich die übriggebliebenen Anhänger*innen (vgl. Neubert 1998: 589) angesichts der immer schwerwiegenderen Umweltprobleme der DDR zu neuen Gruppierungen formierten, die sich mit ebendieser Thematik außeinan- dersetzten. Die evangelische Kirche stellte den Interessent*innen ihre Räumlichkeiten, wo sie über die Natur- und Umweltzerstörung diskutierten, zur Verfügung (vgl. Becker 1990: 216).

1989 traten oppositionelle Gruppen an die Öffentlichkeit und protestierten gegen die Um- weltverschmutzung sowie die Ausbeutung armer Länder und setzten sich für

33 s. Kap. 2.5.2. „Der NATO-Doppelbeschluss“

32 Menschenrechte und den Ausstieg aus der Rüstungsspirale ein. Hinsichtlich der DDR traten sie zusätzlich für Pluralismus und eine verbesserte DDR-Politik ein – jedoch nicht gegen die zweistaatliche Lösung. Der Staat sah die Bewegungen als Bedrohung an und setzte unterschiedliche Methoden ein, wie z.B. Verhaftungen und Ausbürgerungen, um die oppositionellen Gruppen zu unterdrücken. Somit konnte in den Gruppenzusammen- halt eingegriffen werden. Zusätzlich wurden Angehörige der Friedensbewegungen von dem MfS als IM34 abgeworben, um psychologischen Druck auf die Jugendlichen auszu- üben. Die illegal veröffentlichten Blätter Grenzfall und Umweltblätter dienten zur Ver- netzung der Gruppierungen. Obwohl der Schwerpunkt der Friedensbewegungen in Ost- Berlin35 lag, bildeten sich über ganz Ostdeutschland36 hinweg Netzwerke, die bis in den Westen und nach Osteuropa reichten. Die Gruppierungen trugen wesentlich zur Bildung der ostdeutschen Opposition bei (vgl. Mählert 1998: 153ff.). Ende 1980 teilten Mitglieder der Protestbewegungen die kirchlichen Räume mit Künstler*innen, um ihnen Schutz vor der Stasi zu gewähren (vgl. Schäfer 2010: 20).

3.6. UNTERSCHIEDE UND GEMEINSAMKEITEN DER JUGENDGRUPPIERUNGEN

Die Subkulturen der Gothics, Skinheads und Metaller*innen haben eine Gemeinsamkeit: Sie alle distanzierten sich von der DDR-Bevölkerung, wichen von der Norm ab und hat- ten eigene Lebensvorstellungen. In ihren Distanzierungsversuchen unterschieden sie sich jedoch. Während die Metaller*innen ihre subkulturellen Aktivitäten auf die Freizeit be- schränkten, brachten die anderen Gruppierungen ihre Ablehnung generell durch normab- weichende Kleidungsstile zum Ausdruck. Metaller*innen ging es hauptsächlich darum, Musik zu hören und Konzerte sowie Partys zu besuchen. Zumeist gingen sie unter der Woche einem Beruf nach und waren dort von anderen Arbeiter*innen nicht zu unter- scheiden. Gothics hingegen pflegten auch im Alltag und in der Öffentlichkeit ein düsteres Erscheinungsbild. Ebenso wenig scheuten sich Skinheads davor, ihre Zugehörigkeit durch bestimmte Kleidungsstücke darzulegen, wenngleich diese Subkultur nach einiger Zeit im Untergrund agierte.

34 s. Kap. 2.6. „Das Ministerium für Staatssicherheit“ 35 Die Friedensbewegungen hatten die größten Freiheiten in Ost-Berlin. Aufgrund internationaler Besuche (Diplomat*innen, ausländische Besucher*innen) hielt sich die Stasi zurück (vgl. Mählert 1998: 155). 36 In der ostdeutschen Provinz waren die Friedensbewegungen stärker auf kirchliche Institutionen angewie- sen.

33 Mit Ausnahme der Metaller*innen kritisierten alle Anhänger*innen von Jugendgruppen das politische System der SED-Führenden oder die allgemeinen Umstände in der DDR. Skinheads forderten eine Wiedervereinigung. Gothics sahen im DDR-Regime keine Zu- kunft und gingen existentiellen Fragen nach. Ihr Frust äußerte sich zumeist in dunkler Kleidung und depressiver bzw. melancholischer Musik. Sie suchten einen Ausweg aus der monotonen DDR-Landschaft und begingen okkulte Aktivitäten, um Aufregung zu spüren. Oppositionelle Gruppen entstanden aufgrund des immer sichtbareren Klimawan- dels und der Umweltverschmutzung. Sie behandelten in ihren Treffen unterschiedliche Thematiken, wie z.B. Entwicklungsländer und Menschenrechte. Um ihre Meinung kund- zutun, gingen sie an die Öffentlichkeit und demonstrierten.

Obwohl Subkulturen in der DDR nicht gerne gesehen wurden und sie durch das MfS unter ständiger Beobachtung standen, wurden manche Szenen akzeptiert. Gothics wurden von der Stasi toleriert und Metaller*innen wurden nach einiger Zeit nicht mehr verfolgt. Gothics und Metaller*innen äußerten sich wenig zu politischen Themen. Metaller*innen sahen sich als unpolitisch – es gab allerdings vereinzelt Jugendliche, die rechtes Gedan- kengut vertraten. Gothics waren mit der DDR an sich unzufrieden, versuchten das System jedoch nicht zu revolutionieren, sondern brachten ihre Unzufriedenheit lediglich durch düstere Kleidung, okkulte Rituale, depressive Verstimmungen und selbstverletzende Handlungen zum Ausdruck. Gothics und Metaller*innen waren keine Gefahr für die SED-Regierung. Die einzige Subkultur, neben Punks, die politischen Verfolgungen aus- gesetzt war, war die Bewegung der Skinheads, denn sie rückten durch faschistoide Ge- dankenzüge das DDR-Regime in ein schlechtes Licht – faschistische Jugendliche und ein antifaschistisches Land lassen sich schwer vereinen. Die Erziehung war in der DDR so ausgerichtet, dass es kein faschistisches Gedankengut geben durfte.

In diesem Kapitel konnte gezeigt werden, dass sich in der DDR dieselben Subkulturen wie in der BRD entwickelt haben. Aufgrund des Informationsmangels hinsichtlich west- licher Phänomene entstanden ostdeutsche Subkulturen zeitlich verzögert. Im Gegensatz zu der BRD wurden die Anhänger*innen von Subkulturen in der DDR als Bedrohung des kommunistischen Regimes wahrgenommen. Demnach hatte ihre Andersartigkeit schuli- sche und berufliche Konsequenzen, im Extremfall sogar Inhaftierungen. Die meisten Mit- glieder wollten das SED-System allerdings nicht verändern, sondern lediglich ihrem Style und Denken freien Lauf lassen. Mit einer Ausnahme: Glatzen, sprich rechte Skinheads, vertraten nationalsozialistisches Gedankengut und standen für eine Gesamtdeutsche

34 Lösung ein. Neben Skinheads, Metaller*innen und Gothics existierte eine weitere Sub- kultur: die Bewegung der Punks. Im vierten Kapitel wird auf die Entwicklung der DDR- Punks näher eingegangen.

4. PUNK IN DER DDR

Im vorliegenden Kapitel liegt das Hauptaugenmerk auf der subkulturellen Geschichte der ostdeutschen Punks. Dabei wird in einem ersten Schritt auf die wissenschaftliche, litera- rische und filmische Welt des DDR-Punks näher eingegangen. Der Hauptteil des Kapitels bezieht sich auf die Entwicklungen des ostdeutschen Punks, seine Eigenheiten und seine besondere Situation. Das Kapitel bezieht sich ausschließlich auf die Eigenheiten und das Leben der ostdeutschen Punks – stilistische Merkmale werden im fünften Kapitel „Der ostdeutsche Punk-Stil“ und musikalische Besonderheiten im achten Kapitel „Musikali- scher Vergleich zwischen DDR- und BRD-Punks“ vorgestellt.

4.1. DDR-PUNK IN WISSENSCHAFT, LITERATUR UND FILM

Im vorliegenden Unterkapitel werden auf der einen Seite Arbeiten, in denen der DDR- Punk auf unterschiedliche Art und Weise bearbeitet wurde, vorgestellt. Dabei werden sowohl wissenschaftliche als auch nicht-wissenschaftliche Werke in das Kapitel aufge- nommen. Während der Recherchearbeiten wurde ersichtlich, dass nicht jede dieser Pub- likationen wissenschaftlichen Kriterien komplett entspricht. Dennoch schien es von Wichtigkeit zu sein, diese Werke vorzustellen, da sie nützliche Informationen über den ostdeutschen Punk liefern. Auf der anderen Seite werden literarische Werke hinsichtlich des DDR-Punks zusammengetragen. Zusätzlich wird ein Überblick über die filmische Ausarbeitung des DDR-Punks gegeben. Einige der vorgestellten Filme und Bücher die- nen der Veranschaulichung der Entwicklung und Geschichte des DDR-Punks.

4.1.1. ARBEITEN ÜBER DEN DDR-PUNK

Die ostdeutsche Jugendforschung entstand erst spät und das Phänomen des Punks hatte nur geringe wissenschaftliche Relevanz. Nach dem WK2 wurde der empirischen Sozial- forschung kaum Aufmerksamkeit geschenkt, weshalb sie sich erst Anfang der 1960er

35 etablierte. Im Zuge dessen entstanden empirische Arbeiten, in denen Probleme der Ju- gendentwicklung untersucht wurden. Im Jahre 1966 wurde das Zentralinstitut für Jugend- forschung (ZIJ) zur Erforschung der sozialistischen Erziehung in Leipzig gegründet. Zu- meist widersprachen die im ZIJ gefundenen Ergebnisse den kommunistischen Vorstel- lungen und Einschätzungen, weshalb dem ZIJ ab 1970 das Publizieren von Forschungs- arbeiten verboten wurde. Aufgrund dessen hatte das Institut für die DDR-Führung nahezu keine Relevanz. Das ZIJ analysierte Jugend- und Subkulturen nur unzureichend, die Ju- gendforschung der DDR blieb sehr oberflächlich und die Intentionen der Anhänger*innen wurden nicht wahrgenommen (vgl. Hahn 2013: 129). Mitte der 1980er-Jahre kam es zu ersten wissenschaftlichen Annäherungsversuchen an Subkulturen. Dabei wurden die Ur- sachen für die Entstehung von Straftaten bei Jugendlichen unter Heranziehen von Statis- tiken der Polizei und von Gerichtsunterlagen untersucht. Auslöser für diese Forschungs- aktivitäten war die zunehmende Gewaltbereitschaft Jugendlicher und eine Schlägerei in der Berliner Zionskirche (vgl. Stock 1999: Kap. 4). Neben zahlreichen universitären Ab- schlussarbeiten existieren viele wissenschaftliche Publikationen zum Thema Punk in der DDR. Die überwiegende Mehrheit der Publikationen sind inhaltlich ähnlich und beschäf- tigen sich hauptsächlich mit dem Leben der Punks in der DDR anhand von Artikeln, Auf- sätzen und Erfahrungsberichten von Zeitzeugen, ehemaligen Angehörigen der ostdeut- schen Punk-Szene und Bandmitgliedern von DDR-Punk-Bands.

Peter Wurschi (vgl. 2007: 9ff.) untersuchte in seiner Doktorarbeit „Rennsteigbeat. Ju- gendkulturen im Thüringer Raum 1952-1989“ den Konflikt zwischen dem Herrschafts- anspruch der DDR-Führenden und nonkonformen Jugendlichen in Thüringen, d.h. Ju- gendlichen, die eigene Vorstellungen vom Leben hatten. Der Autor bearbeitete die Exis- tenz von Subkulturen, ihre Bedeutung für Jugendliche, ihre Einstellung zur DDR, ihre Identitätsbildung sowie ihre Konflikte mit dem Staat. Mit der Doktorarbeit wollte Wur- schi ein Defizit des Erziehungskonzepts der DDR aufdecken. Im zweiten Teil wendete Wurschi die allgemeinen Überlegungen auf den Thüringer Bezirk Suhl an und rekonstru- ierte die Entwicklungen der Subkulturen sowie ihre Bedeutung für die gesellschaftliche Emanzipation.

Der Autor kommt zum Schluss, dass gegen nonkonforme Jugendliche in Suhl im Ver- gleich zu städtischen Subkulturen überdurchschnittlich hart durchgegriffen wurde. Dafür gibt es unterschiedliche Erklärungsansätze: der ländliche Charakter Suhls, die direkte Lage an der Grenze, die niedrige Toleranz der Polizist*innen und die geringe Anzahl der

36 oppositionellen Jugendlichen. Musik beeinflusste die Bildung von Subkulturen in Suhl stark, den zugehörigen Kleidungsstil lernten sie im Vergleich zur Stadtjugend erst später kennen und nur die evangelische Kirche setzte sich für die ausgeschlossenen Jugendli- chen ein. Aufgrund der starken Ablehnungserfahrungen durch Staat und Gesellschaft bil- dete sich ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl der Suhler Jugendlichen heraus. Mit ihrer Individualität setzten die Jugendlichen ein Zeichen gegen ihre Unterdrücker und entschlossen sich gegen den vorgegebenen Lebensentwurf der SED (vgl. Wurschi 2007: 280f.).

„Der Punk im Schrank“ ist ein Report von Shanghai Drenger, in dem der ehemalige DDR- Punk das Verhältnis zwischen Punk-Bands und dem MfS untersucht. Dabei geht Drenger auf keine direkte Forschungsfrage ein, sondern beschäftigt sich mit den Problemen der ostdeutschen Punks, wie z.B. Stadtverbote sowie tägliche Verhöre und setzt diese in Be- zug zu den Unterlagen des MfS (vgl. Drenger 1997: 2). Der Autor hält Interviews mit Angehörigen der Subkultur, berichtet über persönliche Erfahrungen und veröffentlicht Ausschnitte von Stasiakten, um die Situation der Punks in Ostdeutschland zu verdeutli- chen. Sein Werk „Punk im Schrank“ ist kein klassisches wissenschaftliches Werk in dem Sinne, denn der ehemalige Punk untersucht keine Forschungsfrage und analysiert das zu- sammengetragene Material nicht. Drenger (vgl. 1997: 59) resümiert lediglich, dass es für ihn schwierig war, Kontakt mit ehemaligen Punks aufzunehmen, da einige das Thema DDR ablehnten. Es zeigte sich durch die Dokumentation der Stasiakten allerdings, wie stark der Druck des SED-Regimes Druck auf andersdenkende Jugendliche war.

Gilbert Furian führte im Sommer 1982 mit sieben Punks aus Osterberlin Interviews über Themen wie z.B. Politik, Musik, Arbeit und Anarchie. Das daraus entstandene Werk ver- teilte Furian in Ost- und West-Berlin, weshalb er für zwei Jahre und zwei Monate eine Strafe im Gefängnis absitzen musste. 18 Jahre später dokumentierte der Autor die Inter- views und Aktivitäten der Stasi in dem Buch „Auch im Osten trägt man Westen. Punks in der DDR – und was aus ihnen geworden ist“ (vgl. Hirnkost 2018: o.S.). Dabei interes- sierten ihn die Lebenshaltungen, -formen und -möglichkeiten der Punks jenseits der Norm und des Staates. Der studierte Philosoph unterteilte die Punks, die er analysierte, in drei Gruppen: „durchschnittliche“, „ehemalige“ und „musikproduzierende“ Punks (vgl. Furian und Becker 2012: Kap. 1, Abs. 1). Im Laufe der Arbeit geht Furian allerdings auf die unterschiedlichen Gruppen nicht näher ein und beschreibt sie nicht. Der Autor formuliert in der Nachbemerkung, dass er die Interviews bewusst nicht analysiert hat:

37

„Schon bei den ersten Befragungen waren mir die Punks […] kein soziologisches Material. […] Freunde in einem tieferen Sinne konnten sie mir freilich – ich habe das bedauert – nicht werden: Ich war allzu “normal”, allzu bürgerlich […]. Nicht allein, aber auch aus diesem Grunde werde ich darauf verzichten, die Ergebnisse der Befragungen von 1999 auf die dünne Schnur einer Theorie zu fädeln. Ich werde weder Kausalitäten suchen noch Unterschiede in den Lebensläufen interpretieren oder nach Grundmustern forschen.“ (ebd.: Kap. 5, Abs. 9)

Besonders wertvoll für diese Arbeit erschien die Publikation „Auch im Osten trägt man Westen. Punks in der DDR – und was aus ihnen geworden ist“ von Gilbert Furian und Nikolas Becker. Durch die unveränderten, wortgenauen Interviews rekonstruieren die Autoren die damals herrschende Atomsphäre und die Einstellung der DDR-Punks. Somit wird szenefremden Personen ein realistischer Einblick in die ostdeutsche Punk-Welt ge- währt. Im Gegensatz dazu ist Shanghai Drengers Report „Punk im Schrank“ vielmehr eine Auflistung von unterschiedlichen unzusammenhängenden Berichten, wie z.B. Stasi- akten, Interviews und Erfahrungsberichten. Wenngleich Drengers Werk keine wissen- schaftliche Studie ist, liefert es einen Einstieg in die Welt der DDR-Punks und Nährboden für weitere Recherchearbeiten. Auch auf Peter Wurschis Doktorarbeit „Rennsteigbeat. Jugendkulturen im Thüringer Raum 1952-1989“ wurde in dieser Arbeit nicht weiter ein- gegangen, da der Autor nicht explizit auf die Punk-Subkultur eingeht, sondern über non- konforme Jugendliche im Allgemeinen reflektiert. Zusätzlich bezieht sich Wurschi im zweiten Teil ausschließlich auf Thüringen. Allerdings wurde während des Lesens der Doktorarbeit das Vorgehen des SED-Regimes gegen systemkritische Jugendliche deut- lich. Demnach konnten erste Eindrücke gesammelt werden, wie zu jener Zeit gegen op- positionelle Gruppierungen vorgegangen wurde. Zusätzlich zeigte sich, dass sich Punk- Gangs zumeist in großen Städten formiert haben – in der Provinz schlossen sich alle non- konformen Personen zu einer Gruppierung zusammen.

4.1.2. DDR-PUNK IN LITERATUR UND FILM

Der Sammelband „Wir wollen immer artig sein… Punk, New Wave und Independent- Szenen in der DDR von 1980 bis 1990“ wurde von Ronald Galenza und Heinz Have- meister herausgebracht. In dieser Publikation werden das Spektrum und die Möglichkeit von systemferner Rockmusik im letzten Jahrzehnt der DDR analysiert. Dabei geht es nicht nur um Punk, sondern auch um New Wave, HipHop und die Independent-Szene. Die vorgestellten Musikszenen konstruieren sich aus der Zeitzeugenschaft der Autoren

38 und Gesprächspartner*innen: Diverse Veröffentlichungen, Artikel und Aufsätze zum Thema Punk in der DDR wurden gesammelt und in diesem Buch veröffentlicht (vgl. Ga- lenza und Havemeister 2005: 12ff.).

Tim Mohr (vgl. 2017: 14f.) analysierte in seinem Buch „Stirb nicht im Warteraum der Zukunft. Die ostdeutschen Punks und der Fall der Mauer“ die Geschichte und das Leben der Punks in Ostdeutschland. Was als kleine Bewegung begann, entwickelte sich zu einer Ideologie, die das Umfeld der DDR widerspiegelte. Mohr erklärt die Ideologie der DDR- Punks mit einem Vergleich zwischen Punks in der DDR und all jenen der BRD: Punks aus dem Westen waren der Meinung „No Future!“ zu haben, da sie dazu gezwungen werden als Außenseiter in der kapitalistischen Gesellschaft zu leben. DDR-Punks kriti- sierten die strengen Regulierungen und ihr Motto lautete „Too Much Future!“. Inhalt des Buchs sind Bildungschancen, Arbeitsleben, Probleme mit der Justiz sowie illegale Kon- zertbetriebe.

Mark M. Westhusen (vgl. 2005: 6) schrieb 2003 in seiner Diplomarbeit „Zonenpunkpro- vinz“ an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg im Fachbereich Erziehungswis- senschaften über das Thema Punk in der DDR. Dabei analysierte Westhusen die Ge- schichte der Punks in Halle an der Saale und setzte sie in Kontext mit dem SED-Regime. Westhusen nutzte dafür unterschiedliche Quellen, wie z.B. Interviews mit ehemaligen Ost-Punks, Materialien aus Privatarchiven und Unterlagen des Geheimdienstes der DDR. Außerdem befinden sich im Anhang Stasiakten, verschiedene Dokumente aus der Punk- Szene und westdeutsche Artikel über die ostdeutschen Jugendlichen. Bei „Zonenpunk- provinz“ handelt sich um die Publikation seiner Diplomarbeit in Buchform. Dazu wurde die Arbeit stark gekürzt und der Theorieteil, die Methodenbeschreibung, die Datenerhe- bung sowie die Ergebnisse der Publikation entnommen.

Einige Filme dokumentieren die Entstehung und das Leben der DDR-Punks, wie z.B. der Film „Störung Ost“ aus dem Jahre 1996. In dem Film wird ein Treffen ehemaliger DDR- Punks gefilmt. Dabei werden die Ex-DDR-Punks über die vergangen Tage interviewt. Die Dokumentation bietet interessante Einblicke in die Situation der ostdeutschen Punks. „Flüstern statt Schreien“ bearbeitet den DDR-Rock, „ostPunk!/Too much future“ widmet sich abermals dem DDR-Punk und „No Future oder kein Bock auf Illusionen“ gibt Auf- schluss über die Punk-Szene in Duisburg.

Besonders Tim Mohrs Publikation „Stirb nicht im Warteraum der Zukunft. Die ostdeut- schen Punks und der Fall der Mauer“ gab Aufschluss über die ostdeutsche Punk-Szene.

39 Mohr sammelte unterschiedliche Informationen über die DDR-Punks und fasste diese in einer romanartigen Struktur zusammen. Dabei geht Mohr sowohl auf einzelne DDR- Punks als auch auf die Lebensumstände der Szene-Angehörigen ein. Durch den über- sichtlichen Aufbau des Buchs und der umgänglichen Schreibweise Mohrs lieferte das Buch das Grundgerüst für die Geschichte der DDR-Punks in dieser Arbeit. Zusätzlich wurde der Sammelband „Wir wollen immer artig sein… Punk, New Wave und Indepen- dent-Szenen in der DDR von 1980-1990“ von Ronald Galenza und Heinz Havemeister für diese Masterarbeit herangezogen. Im Gegensatz zu Mohrs Werk, besteht der Sammel- band aus unterschiedlichen Publikationen von verschiedenen Autor*innen, wie z.B. In- terviews und Erfahrungsberichte. Als besonders wertvoll erschienen hierbei Michael Horschigs Text „In der DDR hat es nie Punks gegeben“, in dem der ehemalige Punk detailliert auf die Geschichte des Punks eingeht. Torsten Preuß nimmt im Artikel „Stasi, Spaß und E-Gitarren. Die Geschichte der Berliner Punkband Namenlos“ Bezug auf Na- menlos, eine der wichtigsten DDR-Punk-Bands. Preuß schildert dabei vorwiegend die Situation zwischen Mitgliedern der Band und der Polizei. Hierbei beschreibt der Autor das ungerechtfertigte Vorgehen gegen die Jugendlichen. Neben Namenlos berichtete Preuß im Artikel „Zonenpunk in Scheiben. Die erste Punkplatte aus dem Nahen Osten“ über die Band Schleim-Keim und ihrer Platte „DDR von unten/enDe“, die sie gemeinsam mit der Band Zwitschermaschine in der BRD veröffentlichten.

4.2. DIE PHASEN UND GENERATIONEN DES DDR-PUNKS

Kurz nachdem sich die Punk-Subkultur in der BRD etabliert hatte (vgl. Fiebeler und Boehlke 2007: 4), entstand die Punkbewegung zeitlich leicht versetzt in der DDR. Punks wurden vom MfS als staatsfeindlich eingeschätzt und Kontakte mit Gleichgesinnten aus anderen Ländern konnten nur schwer aufrechterhalten werden (vgl. Lau 1992: 21f.). Als immer mehr ostdeutsche Punk-Bands gesellschafts- und politkritische Aspekte in ihren Texten thematisierten, wurde DDR-Punk zu einem Ost-Phänomen und die westlichen Wurzeln verloren im Laufe der Zeit ihre Bedeutung. „No Future!“ war der Schlachtruf der englischen Punks, denn in Großbritannien herrschten schlechte Lebensbedingungen, darunter Arbeitslosigkeit und Obdachlosigkeit. In Ostdeutschland war das Leben der Bür- ger*innen vorgeschrieben und geplant. Daraus resultierte der Slogan „Too Much Fu- ture!“ (vgl. Mohr 2017: 60).

40 Grundsätzlich kann die Punkbewegung der DDR in drei Abschnitte und zwei Generatio- nen eingeteilt werden. Von 1978 bis 1980 verlief die Anfangsphase der Punks in Ost- deutschland. Während dieser Zeit entstand der Ur- sowie Fun-Punk (vgl. Stock und Mühl- berg 1990: 171) und es gründeten sich Schul- und Garagen-Punk-Bands, die Songs aus dem Westen coverten (vgl. Galenza und Havemeister 2013: 9). Bis Ende der 1970er-Jahre war die Zahl der Punks in der DDR überschaubar: Die Szene setzte sich aus dadaistisch veranlagten Punks, Biertrinker*innen und Fußballfans zusammen. Kollegialität ermög- lichte es jeder Person, ein Punk zu werden – kleidungstechnisch gab es keine Tabus (vgl. Stock und Mühlberg 1990: 171). Die Schul- und Garagen-Bands wandelten sich im Zuge der Aufbruchsphase in kompromisslose Punk- und Art-Bands (vgl. Galenza und Have- meister 2013: 9).

1983 wurde die Zahl der Punks landesweit auf 1.000 Anhänger*innen und 10.000 Sym- pathisant*innen geschätzt (vgl. Mohr 2017: 296). Ost-Berlin war das Zentrum der Punk- Bewegung, aber auch in Halle, Leipzig und Dresden gab es einige DDR-Punks37 (vgl. Fiebeler und Boehlke 2007: 4). In Ost-Berlin existierten ca. 400 Punks, danach folgten die Städte Leipzig mit 95 und Cottbus sowie Magdeburg mit jeweils 60 Punks. Dresden, Erfurt, Halle und Magdeburg stellten regionale Schwerpunkte der Punk-Szene dar. DDR- Punks besuchten zumeist die neunte oder zehnte Schulstufe und waren Auszubildende oder Facharbeiter*innen (vgl. Lindner 2019: 106).

Zur selben Zeit befahl Erich Mielke härtere Maßnahmen gegen die Subkultur, d.h. ge- zieltes Inhaftieren, Kriminalisieren und Einschüchtern der Jugendlichen38. Diese Vorge- hensweisen fanden bis zum Untergang der DDR statt (vgl. Galenza und Havemeister 2013: 9). Durch die Bandverbote, Inhaftierungen und das Einschleusen von IM in Punk- Gruppen, war die erste Generation der DDR-Punks inhaftiert und somit aus der Öffent- lichkeit verdrängt (vgl. Fiebeler und Boehlke 2007: 4). Allerdings stieg durch regelmäßig stattfindende Konzerte in kirchlichen Räumen die Bekanntheit des Punks und damit auch die Zahl seiner Anhänger*innen. (vgl. Mohr 2017: 296f.).

37 In Leipzig gab es vorwiegend politisch radikale Punks. Sie strebten den Bruch des DDR-Regimes an. In Berlin lebten verhaltensauffällige Punks, die zu gewaltvollen Handlungen neigten (vgl. Gericke 2018: 12). 38 Der fiktive Roman „Morduntersuchungskommission. Der Fall Melchior Nikoleit“ von Max Annas han- delt über einen jungen, ostdeutschen Punk, der ermordet wurde. In dem Roman wird die Situation von Jugendlichen und Punks in der DDR im Zusammenhang mit der Polizei detailliert beschrieben.

41 Nach den Verfolgungswellen formierten sich die Punks zum zweiten Mal und es bildeten sich neue Gruppierungen. Gepflogenheiten und Ansichten änderten sich, sodass sich die Bewegung zu einem Verein wandelte, dem jede interessierte Person beitreten konnte. Während in der ersten Generation Zuverlässigkeit eine der wichtigsten Eigenschaften der Punks war, hatte nun der Kleidungsstil oberste Priorität. Alkoholismus und Selbstzerstö- rung waren Begleiterscheinungen der zweiten Generation (vgl. Horschig 2013: 48).

Ein weiterer Grund für das Aufkommen neuer Punk-Bands waren die kulturellen Locke- rungen, die zwischen 1983 und 1984 vorgenommen wurden (vgl. Galenza und Havemeis- ter 2013: 10). Mithilfe der staatlichen Subventionen wollten die SED-Führenden die Punk-Szene gezielt vereinnahmen, denn der Staat verlor allmählich die Kontrolle über die Jugendlichen (vgl. Lindner 2019: 112). Jugendliche sollten hinsichtlich des Punks sensibilisiert werden, um eine Spaltung der Szene hervorzurufen (vgl. Sobe 2008: 218). Viele der neu gegründeten Bands kennzeichneten sich dadurch, dass sie nicht mehr im Untergrund agierten, sondern eine offizielle Spielerlaubnis von der staatlichen Einstu- fungskommission erhielten (vgl. Galenza und Havemeister 2013: 10). Im Zuge der Ein- stufungs-Veranstaltungen wurde ermittelt, ob die Bands für den sozialistischen Kulturbe- trieb brauchbar sind. Die „Pappe“, d.h. eine Auftrittsgenehmigung, ermöglichte es den Bands, in der Öffentlichkeit aufzutreten, etwas Geld zu verdienen und FDJ-Jugendklubs zu besuchen (vgl. Stock und Mühlberg 1990: 173). Um eine staatliche Spielerlaubnis zu erlangen, mussten Bands oftmals Kompromisse eingehen: So änderte z.B. die Band Rosa Extra ihren Namen in Hardpop, um eine Spielerlaubnis zu erlangen (vgl. Fiebeler und Boehlke 2007: 8).

Schritt für Schritt kam es zur Vermarktung des Punks in der DDR (vgl. Stock und Mühl- berg 1990: 173). Ab dem Jahr 1986 bot der Radiosender DT64 mit der Sendung Parock- tikum Punk-Bands eine mediale Öffentlichkeit und ab 1988 durften sie ihre Aufnahmen in Rundfunkstudios produzieren (vgl. Lindner 2019: 112). Der Radiosprecher Lutz Schramm stellte während dem Parocktikum neue Kassetten vor, obwohl das Erstellen und Kopieren von Tonträgern in der DDR illegal war. Unter dem Sammelnamen „die anderen Bands“ wurden sowohl Punks- als auch avantgardistische Bands, die nicht dem ostdeut- schen Mainstream entsprachen, zusammengefasst (vgl. Fiebeler und Boehlke 2007: 8). Feeling B, Aufruhr zur Liebe, Die Firma und Happy Straps waren unter anderem die Stars des DDR-Undergrounds (vgl. Mohr 2017: 300).

42 Jugendliche, darunter auch Punks, nutzten das Musikangebot der DDR. Die Punks der ersten Generation akzeptierten das Verhalten der neuen Bands nicht, weshalb sich die Szene spaltete und eine zweite Punk-Generation entstand (vgl. Stock und Mühlberg 1990: 173). Diese Bands machten keine massentaugliche Musik, vertraten allerdings auch keine politisch extreme Position, was ihnen die Spielerlaubnis ermöglichte (vgl. Mohr 2017: 349). Im Gegensatz dazu distanzierte sich der harte Kern und sah in den Bandmitgliedern, die über eine Spielerlaubnis verfügten, Verräter*innen. Die Bands des harten Kerns er- hielten aufgrund ihrer staatsfeindlichen Überzeugungen keine Spielerlaubnis und agierten weiterhin im Untergrund, wo sie geheime Konzerte veranstalteten (vgl. Sobe 2008: 2018).

4.3. DER ZUGANG ZUM PUNK IN OSTDEUTSCHLAND

Die ersten ostdeutschen Punks orientierten sich in ihrer Anfangsphase nur an der neuar- tigen Musik – optische Impulse fehlten. Die Jugendlichen fühlten sich von diesem Mu- sikgenre angezogen, weil er sich von den populären Musikrichtungen Glam- und Hard- rock unterschied (vgl. Westhusen 2005: 16). So wie bei allen in Ostdeutschland neuarti- gen Genres, lernten die Jugendlichen die Punk-Musik über den Westen und seine Medien kennen. Radiosender wie American Forces Network, Bayern 3, der Norddeutsche Rund- funk, der Rundfunk im amerikanischen Sektor (RIAS) und der Sender Freies Berlin lie- ferten die Musik, die mittels Kassettenmitschnitten verbreitet wurde (vgl. Lindner 2019: 103). Rock over RIAS war eine westliche Musiksendung, die viele Jugendliche auf Punk- Musik aufmerksam machte. Die British Broadcasting Corporation (BBC) veröffentlichte regelmäßig die Sendung John Peel‘s39 Music, die in diesen Jahren die einzige Möglich- keit war, um neue Musik kennenzulernen – sie war die Quelle für New Wave, Punk, Two Tone Ska und Reggae (vgl. Horschig 2013: 30).

Da die Informationsbreite in der DDR relativ gering war, waren die Jugendlichen lange damit beschäftigt, Details über den Punk herauszufinden (vgl. Horschig 2013: 30). Ab- seits von Berlin konnte man Militärsender schwer empfangen, weshalb Jugendliche auf

39 Illegal mitgeschnittene Kassetten waren in Ostdeutschland sehr begehrt. Manchmal kam es sogar dazu, dass John Peel ein ostdeutsches Punk-Lied in seiner Sendung ausstrahlte. Peel wurden wenige Briefe aus Ostdeutschland zugesandt. Er schätzte es sehr, wenn er eine Kassette aus Ostdeutschland erhielt, denn er wusste, wie viel Aufwand dahintersteckte: Jugendliche schickten die Kassetten meistens während dem Ur- laub aus etwas „freieren“ Ländern wie z.B. Polen und Ungarn nach England (vgl. Katzorke und Schneider 1996: 00:42:38-00:44:41).

43 andere Radiosender zugreifen mussten. Ein Münchner Radiosender strahlte zweimal wö- chentlich eine einstündige Punksendung aus. Die Punk-Musik, die dort gesendet wurde, grenzte sich deutlich von jener der Militärsender ab: Punk mit deutschen, aggressiven Texten (vgl. Mohr 2017: 257). Zusätzliche Inputs erhielten DDR-Punks durch geschmug- gelte Platten40, westliche Jugendzeitschriften und Punk-Fanzines (vgl. Lindner 2019: 103). In einem Gespräch mit Gilbert Furian erzählt der Punk Fatzo, wie er die Subkultur kennenlernte:

„Auf Punk bin ich gekommen, weil ich als erstes was im Radio gehört hab [sic!] von den Pistols. Und dann hab [sic!] ich auch im Fernsehen Interviews gesehen und Meinungen ge- hört. Die haben mir gefallen, und die ich dann getroffen hab [sic!], die hier herumgelaufen sind, so schocken auf allen Ebenen: die Genormten, die Spießer, die Bullen und alle. Und dann hab [sic!] ich mir die Klamotten besorgt, und denn [sic!] ging es los.“ (Furian und Be- cker 2012: Kap. 2, Abs. 3)

4.4.POLITISCHE EINSTELLUNG DER DDR-PUNKS

DDR-Punks hatten eine Lebensauffassung, die sich mit der Weltanschauung der SED- Führenden nicht vereinbaren ließ, denn sie übten Kritik an der DDR und SED aus, lehnten Führer*innen und Autoritäten ab und forderten mehr Freiheit (vgl. Otto und Wenzke 1992: 184). Außerdem akzeptieren sie die in der DDR staatlich vorgegebene Bildungs- laufbahn und Arbeitskarriere nicht. Die unpersönliche Arbeit in der DDR diente dazu, den Frieden und den Sozialismus zu stärken – gearbeitet wurde nicht aus individuellen Bedürfnissen heraus. Ziel jener Kraftanstrengungen war die Bildung einer sozialistischen Volksgemeinschaft. Nicht Mehrarbeit, sondern politisch konformes Verhalten wurde be- lohnt (vgl. Stock und Mühlberg 1990: 167). Allerdings konnten die DDR-Punks auch in der westlichen, kapitalistischen Welt kein Ideal sehen (vgl. Mohr 2017: 317).

Paul Landers, ein Mitglied der Band Feeling B41 kritisierte die Berliner Mauer nicht, denn sie war ein fixer Bestandteil seines Lebens. Sowohl er als auch seine Familie waren Sozialist*innen. Seine Eltern haben einige Zeit in der UdSSR gelebt und Erfahrungen

40 In den 70ern konnten ostdeutsche Rentner*innen problemlos in die BRD einreisen und wurden an der Grenze selten kontrolliert. Großmütter besorgten den Punk-Enkel*innen Tonträger aus dem Westen (vgl. Sobe 2008: 213). 41 Der Gitarrist Paul Landers und der Keyboarder Christian Lorenz (Flake) der Band Feeling B wurden 1994 Mitglieder der Band Rammstein (vgl. Baumann, o.J.: o.S.).

44 hinsichtlich der Lebensmittelknappheit gesammelt. Aus dem Grund wussten sie, dass es ihnen in der DDR verhältnismäßig gut ging, allerdings waren sie von der Entwicklung der DDR enttäuscht. (vgl. Mohr 2017: 304f.).

4.4.1. ANARCHISMUS

In der Ostdeutschen Punk-Szene entstand ein kollektives Bewusstsein, das sich gegen das politische System richtete und ihre Strategien im Kampf gegen das System änderten sich. Anstatt sich in der Öffentlichkeit aggressiv zu verhalten und Punk-Rock zu hören, feilten sie an einer Kriegerklärung gegen den Staat. Personen, die sich der Punk-Bewegung an- schlossen, stiegen aus dem vorgeschriebenen Sozialsystem aus (vgl. Stock und Mühlberg 1990: 178), da sie aufgrund ihrer Subkultur-Zugehörigkeit z.B. Schwierigkeiten hinsicht- lich ihrer schulischen und beruflichen Laufbahn bekamen. Die meisten Punker*innen be- kannten sich zum sozialistischen Anarchismus42. Dennoch zweifelten sie gelegentlich da- ran, ob sich dieses System auf die Gesamtheit der Gesellschaft übertragen lassen würde – in der Theorie erschien das abstrakte Modell für den Moment jedoch zu funktionieren (vgl. Mohr 2017: 342). Auf Gilbert Furians Frage, was Anarchie bedeutet, antworteten die Punks N., Fatzo und Keule:

„N.: Na, erst mal keene [sic!] Macht. Keene [sic!] Gesetze. Fatzo: Keene [sic!] Bonzen und sone [sic!] Typen, weeß [sic!] ick [sic!]. Nich [sic!] immer allet [sic!] machen, wat [sic!] von oben kommt. Keule: Nich [sic!] so viele, die bloß rumhängen und trotzdem rüberfahren und dahin und woandershin. Fatzo: Na ja, ohne Grenzen, wa [sic!].“ (Furian und Becker 2012: Kap. 2, Abs. 3)

Grundsätzlich war der ostdeutsche Punk in seiner Weltanschauung nicht konfliktscheu, denn er wollte den Niedergang für die Gesellschaft, die er verneinte – dafür wurde sogar mit dem militanten Gedanken eines Bürgerkriegs gespielt. Die neue daraus resultierende Gesellschaft wäre in ihrem Idealbild pazifistisch gewesen, wobei Waffen zur Verteidi- gung von Feinden dienen sollten. Sie wollten Frieden mit Waffen schaffen. 1981 wurde

42 Sozialistische Anarchist*innen sind der Meinung, dass der Staat ein Instrument zur Herrschaftsausübung darstellt. Resultat der Herrschaft einer Gruppe über die Menschheit ist Ungleichheit. Wenn nun der Sozia- lismus als Gesellschaft der Gleichen definiert wird, kann es in den Augen der sozialistischen Anarchisten de facto keinen Staat geben, denn Sozialismus setzt Herrschaftslosigkeit, d.h. Anarchie, voraus (vgl. Nonn 2020: 153).

45 parallel dazu die Friedensbewegung aktiv, wodurch die DDR-Punks erstmals mit Perso- nen konfrontiert waren, die lange Haare trugen und sie nicht ablehnten. Die Gruppierun- gen waren in den meisten Themen, wie z.B. Kleidung, Aussehen, Artikulation und Spra- che komplett unterschiedlich. Die politischen und gesellschaftlichen Sichtweisen glichen sich jedoch – es entstanden Gemeinsamkeiten und Freundschaften (vgl. Horschig 2013: 49ff.).

4.4.2. DEMONSTRATIONEN UND PROTESTE

Durch das expressive Auftreten äußerten DDR-Punks ihre Ablehnung gegenüber dem Staat und dem gesellschaftlichen Leben. Da der verbale Protest in der DDR verboten war, blieb die Abgrenzung von der Gesellschaft auf der Stufe der äußeren Erscheinungswei- sen. Verbale, systemkritische Äußerungen konnten zu schwerwiegenden Konsequenzen wie z.B. Bewährungsstrafen führen. Eine Aktivistin war z.B. für sechs Wochen in Unter- suchungshaft und zweieinhalb Jahre auf Bewährung (vgl. Stock und Mühlberg 1990: 170). Das im Reim gehaltene Flugblatt verdeutlicht die Situation:

„Anklage Wir sind im Unrecht, wo immer wir bleiben. In diesem Staat dürfen wir uns nur mit Arbeit die „Freizeit“ vertreiben. Hat jemand wirklich mal kein Glück, stößt man ihn immer weiter zurück. Er darf zwar singen, unser Staat der ist schön; aber unsere Interessen kann niemand verstehen. Wir wollen nicht kämpfen, wir wollen nicht siegen, wir wollen bloß unsere Anerkennung kriegen. Wir lieben Musik, die brennt wie das Feuer, aber diese finden die Leute schon wieder ungeheuer. Wir hassen das Schöne, denn jeder soll sehen und an unserem Ausdruck die Wahrheit ersehen. Es gibt sehr viele die uns nicht können leiden, aber solche sind auch nicht zu beneiden. Gibt es mal Krach, weil man uns verleugnet, aber dieses bei anderen für unsere „Aggressivitäten“ zeugt. Wir lieben das Leben, genauso wie alle, leben aber in einer gefährlichen Mausefalle. Wir wollen nicht Gewalt, wir wollen bloß leben, Verständnis und Eningkeit! Aber wer ist nicht dagegen?“ (Stock und Mühlberg 1990: 169f.)

46 Im Unterschied zu West-Punks, hatten die Kolleg*innen in Ostdeutschland eine Art pa- zifistisches Gewissen gegenüber der Welt: Am 6. August 1983 jährte sich der 38. Jahres- tag des Atombomben-Abwurfs in Hiroshima. Hinsichtlich des tragischen Ereignisses ver- anstalteten die Punks in Berlin eine Demonstration namens „Punks für den Frieden“, an der über 150 Personen teilnahmen. Die mit Gummikleidung und Atemschutzmasken aus- gestatteten Punks brachten am Ende der Demonstration eine Gedenktafel in der Sophien- kirche an. Da die Demonstration nicht angemeldet war, wurden einige Punks von der Polizei angehalten (vgl. Mohr 2017: 201).

4.5. SCHULISCHE UND BERUFLICHE SITUATION DER DDR-PUNKS

Punk zu sein, war in der DDR tatsächlich mehr als eine Lifestyle-Revolte: Der Einstieg in die Szene der Punks hieß zumeist das Ende der Bildungskarriere, denn DDR-Punks wurden aufgrund ihrer ablehnenden Haltung gegenüber dem Staat und Autoritäten als Staatsfeinde denunziert (vgl. Lindner 2019: 109). In einem Interview erzählte der Punk Kaiser Gilbert Furian und Nikolas Becker (2012: Kap. 2, Abs. 8) seine Meinung zur be- ruflichen Situation in der DDR:

„ […] det [sic!] is [sic!] nich [sic!] mein Ziel, immer so zu arbeiten, immer so zu leben. Natürlich jeh [sic!] ick [sic!] arbeiten, weils [sic!] für meinen Lebenserhalt dient praktisch [sic!], is [sic!] ‘ne Notwendigkeit, daß [sic!] ick [sic!] arbeiten gehe, ick [sic!] muß [sic!] Geld verdienen, um zu leben, aber ick [sic!] möcht [sic!] irgendwie noch ‘n bißchen [sic!] mehr dran beteiligt sein als dieset [sic!] Muss.“

Schüler*innen, die sich nicht an die Regeln hielten und sich von den anderen Kolleg*in- nen abgrenzten, wurden von Stasi-Mitarbeiter*innen befragt und unter Druck gesetzt. Wenn keine Besserung eintrat, wurden die betroffenen Personen von der Schule verwie- sen. All jene Personen mussten anstelle des Studiums eine berufliche Ausbildung absol- vieren (vgl. Mohr 2017: 264f.).

4.6. DDR-PUNKS IM ZUSAMMENHANG MIT DER OPPOSITION UND SKINHEADS

DDR-Punks wurden regelmäßig zu Partys alternativer Künstler*innen eingeladen. Da manche Künstler*innen sehr autonom handelten und ihre Werke sogar in Westdeutsch- land ausstellen durften, waren sie weniger stark an den Staat gebunden. Außerdem hatten

47 sie weniger Probleme mit der Polizei (vgl. Mohr 2017: 98). Ende der 70er-Jahre entstand ein Netz, das aus subkulturellen Zeitschriften und Galerien bestand. Punk-Bands hatten während Vernissagen Auftritte und die Künstler*innen interessierten sich für die Ästhetik des Punk-Styles (vgl. Fiebeler und Boehlke 2007: 8).

Der Druck, der auf DDR-Punks lastete, war stärker als der, den andere oppositionelle Bewegungen damals erfahren mussten. Zu jener Zeit etablierte sich die Ökologiebewe- gung, die sich für die Umwelt einsetzte, aber sich nicht gegen den Staat stellte. Die Bür- ger*innenrechtsbewegung arbeitete an der Verbesserung der Bürger*innenrechte, grund- sätzlich jedoch nicht gegen den Staat. Auch die Friedensbewegung wollte den Staat wie die anderen Bewegungen nur reformieren. DDR-Punks hingegen wollten den Staat ab- schaffen (vgl. Horschig 2013: 51).

4.6.1. DER VORFALL IN DER BERLINER ZIONSKIRCHE

Am 17. Oktober 1987 überfielen Glatzen ein Konzert der Berliner Band Die Firma und der westdeutschen Band Element of Crime. Das Konzert fand in der Berliner Zionskriche statt und wurde lediglich mit 15 Plakaten und Mund-zu-Mund Propaganda beworben. Es waren 2.000 regimekritische Personen vor Ort. Nachdem Element of Crime die Show beendet hatte, versammelten sich Konzertbesucher*innen vor der Kirche, andere machten sich auf den Weg zur Straßenbahn. Gleichzeitig sprangen Glatzen aus dem öffentlichen Verkehrsmittel und überfielen die Wartenden. Der Rest der Glatzen lief zur Kirche. So- wohl in als auch vor der Kirche schlugen die Glatzen wahllos auf Besucher*innen ein und riefen Naziparolen. Die Polizei war vor Ort, schritt allerdings trotz einiger Notrufe nicht ein. Nach 30 Minuten beruhigte sich die Lage schlussendlich (vgl. Wittrock 2007: o.S.).

Solche Vorfälle wurden vom DDR-Regime in den meisten Fällen totgeschwiegen. Nach- dem jedoch westliche Medien über die Schlägereien berichteten, zogen die DDR-Medien nach und legten Gerichtsberichte offen (vgl. Lindner 2019: 112). Am 3. Dezember 1987 wurden der selbsternannte Sturmbannführer Ronny B. und drei weitere Glatzen für ein bis zwei Jahre verurteilt (vgl. Wittrock 2007: o.S.).

48 4.7. HAUSBESETZUNGEN

Während den 1970er-Jahren standen in der DDR mehrere 100.000 baufällige Wohnungen leer, denn die Verantwortlichen des Wohnungsamts setzten auf Plattenbauten und ließen renovierungsbedürftige Häuser verfallen. In Ostdeutschland nannte sich der Akt der Hausbesetzungen dieser baufälliger Wohnungen Schwarzwohnen. Während des größten Leerstands gab es in Ost-Berlin 25.000 unbewohnte Wohnungen (vgl. Sichtermann und Sichtermann 2017: 262). Einer der Gründe für die hohe Anzahl der leerstehenden Ge- bäude ist, dass ihre Bewohner*innen nach der Wende in den Westen auswanderten und ihre Wohnung zurückließen (vgl. Mohr 2017: 500).

Das Schwarzwohnen war lediglich eine Ordnungswidrigkeit, die Inbesitznahme verlief meisten friedlich und wurde geduldet. Manchmal kam es zu kleinen Geldstrafen – Raz- zien wurden nur dann durchgeführt, wenn es den Verdacht gab, dass sich mehrere sys- temkritische Schwarzwohner*innen zusammengetan haben. Zu Räumungen kam es le- diglich in Ausnahmefällen. Die in der DDR vorhandenen Neubauten deckten den Woh- nungsbedarf allerdings nicht. Außerdem sollte es lt. der kommunistischen Ideologie keine Obdachlosigkeit geben, d.h. Personen, die keine Unterkunft hatten, mussten nicht auf der Straße leben. Die Hausbesetzer*innenszene war mit mehreren 1.000 Beteiligten relativ groß. Grundsätzlich wurden nur einzelne Wohnungen besetzt, selten kam es dazu, dass ganze Häuserkomplexe schwarz bewohnt wurden (vgl. Sichtermann und Sichtermann 2017: 262f.). Sema Binia (2015: 267) berichtet darüber, wie sie in der DDR mit einer Freundin eine Wohnung besetzte:

„Durch die Berliner ‚Abendschau‘ im Westfernsehen haben wir die Hausbesetzungen in West-Berlin mitbekommen und fanden das toll. Das müsste man hier auch machen, fanden wir. Aber es gab ja keine politische Bewegung im Osten. Na klar, man wollte ‘ne eigene Wohnung haben und hat geguckt, was frei ist, und ist dann da einfach reingegangen. Das lief durch Flüsterpropaganda, da hat einer zum anderen gesagt: ‚Du, da ist ‘ne leerstehende Woh- nung.‘“

In der Ost-Berliner Punk-Szene vermittelte eine inoffizielle Wohnverwaltung leerste- hende Wohnungen an Personen aus der Szene. Mithilfe von Wachposten wurde sicher- gestellt, dass die Bewohner*innen rechtzeitig das Haus verlassen konnten, falls es zu Problemen mit der Polizei kam. Durch Gesetzeslücken konnte die kommunistische

49 Bürokratie umgangen werden und die Bewohner*innen waren rechtlich abgesichert (vgl. Mohr 2017: 326f.).

Nach der Wende herrschten ungeklärte Eigentumsverhältnisse verbunden mit einem Ver- waltungs- und Rechtsvakuum, was zu einer neuen Besetzungswelle der subkulturellen Szene führte. Zunächst wurden Häuser im Bezirk Prenzlauer Berg durch Ost-Berliner besetzt, später wurden immer mehr Bürger*innen aus dem Westen aktiv und schlussend- lich kam es zu einer Ost-West-Vermischung der Hausbesetzer*innen. So wie bereits in der DDR entwickelte sich ein Netzwerk der Hausbesetzer*innen. Es setzte sich aus dem Ost-Berliner telegraph, dem West-Berliner Interim und dem neu gegründeten BZ zusam- men. Im Februar 1990 gab es in Berlin 20 besetzte Häuser, im Mai waren es 50 und nach der Wiedervereinigung im Oktober 1990 waren es 120 bis 130 besetzte Häuser. Abseits von Berlin galt Potsdam als Hausbesetzer*innen-Hochburg: In der Stadt wurden 1993 über 30 Häuser besetzt und 1994 kam es zu Kämpfen mit Polizist*innen sowie einigen Festnahmen. Nur wenige der besetzten Häuser konnten gehalten werden. Zusätzlich än- derten sich die Interessen der Hausbesetzer*innen43. Der Hauptgrund, in der DDR eine Wohnfläche zu besetzen, war der Obdachlosigkeit zu entgehen. Von nun an waren be- setzte Häuser Kulturprojekte, deren Initiator*innen unterschiedliche Interessenslagen und Ideologien verfolgten. Ihr Hauptinteresse blieb jedoch immer dasselbe: gegen Zweckent- fremdung, Leerstand und zu teure Mieten (vgl. Sichtermann und Sichtermann 2017: 263ff.). Die Gebäude in der Köpenicker Straße 13744 und in der Kastanienallee 85/86 existieren heute noch als gemeinschaftliche Wohnprojekte (vgl. Mohr 2017: 497).

4.8. DDR-PUNKS IM ÖFFENTLICHEN RAUM

In Berlin ermahnten „normale“ DDR-Bürger*innen Punks regelmäßig, sich an die Norm zu halten und anzupassen. Die Jugendlichen wurden geschlagen, bedroht und beleidigt (vgl. Mohr 2017: 135). Gewaltbereite Personen fühlten sich dazu veranlasst, aggressiv vorzugehen, da sich die Punks abgrenzten, anders aussahen und ihnen medial Lügen

43 Andreas Baums Roman „Wir waren die neue Zeit“ handelt über die Berliner Hausbesetzer-Szene nach der Wende. In der fiktiven Erzählung geht Baum sowohl auf die Probleme unter den Hausbesetzer*innen ein, als auch auf jene mit der Polizei, Nazis und andere Besetzer*innen. 44 Außerdem befindet sich in dem Keller des Wohnhauses ein Club namens Køpi oder Köpi. Dort gibt es kein fließendes Wasser, Musik wird mittels Stromgeneratoren und kleinen Verstärkern abgespielt und Ge- tränke werden zu günstigen Preisen verkauft. Besucher*innen, die durch sexistisches, gewaltverherrlichen- des oder rechtes Gedankengut auffallen, werden höflich darum gebeten, den Ort zu verlassen.

50 zugeschrieben wurden. In weiterer Folge entstand das Gerücht, Punks wären Schläger*in- nen (vgl. Horschig 2013: 31). Die Beleidigungen waren zumeist Neonazi-Sprüche wie z.B. „So was wie euch müsste man vergasen“ und „Adolf hat euch wohl vergessen“ (vgl. Mohr 2017: 135).

Grundsätzlich waren Punks friedliche Personen, die für die Allgemeinheit der Gesell- schaft keine Gefahr darstellten (vgl. Horschig 2013: 32), allerdings war das gewaltfreie Vorgehen in manchen Situationen nicht möglich (vgl. Mohr 2017: 57). Sogar weibliche Punks wurden von Personen in der Überzahl gewaltvoll angegriffen, weshalb sie sich – wie die männlichen Jugendlichen – radikalisierten. In Berlin entstand eine Punk-Gruppe, die nur Mitglieder akzeptierte, die sich selbst verteidigen konnten. Durch die Schläge- reien und das Leben in Angst wuchs der Zusammenhalt in der Gruppe stark. Ab 1981 waren viele der Punks mit Messern, Eisenstangen und Pflanzstöcken bewaffnet, um in Einzelfällen handeln zu können – zumeist dienten die Waffen aber nur dazu, das Gegen- über einzuschüchtern (vgl. Horschig 2013: 32ff.).

Nicht nur die Bürger*innen übten Gewalt auf die Punks aus, sondern auch die Polizei ging gegen die Subkultur aggressiv vor (vgl. Mohr 2017: 250). Es kam zu Personenkon- trollen, Konfiszierungen von Kleidungsstücken sowie Accessoires, Inhaftierungen und Verhören. Zusätzlich versuchte das MfS Jugendliche aus der Szene als IM anzuwerben. Durch das Erfassen von Namen konnten auffällige Jugendliche statistisch erhoben und gleichzeitig diszipliniert sowie eingeschüchtert werden. Ein Beispiel für das strikte Vor- gehen gegen die Punks ist die Band Namenlos: Die Bandmitglieder setzten in Songtexten das MfS in einen nationalsozialistischen Kontext, weshalb sie bis zu einem Jahr und sechs Monaten inhaftiert wurden (vgl. Lipp: 2015: 233).

4.9. ANLAUFSTELLEN FÜR DDR-PUNKS

Grundsätzlich gab es in der DDR nur zwei Institutionen, die als Anlaufstelle für Jugend- liche fungierten: kommunistische Jugendorganisationen45 und die evangelische Kirche. Jugendliche mit staatskritischer Einstellung waren in kirchlichen Einrichtungen

45 Es existierten vereinzelt FDJ-Clubs, die Punks ansprachen und zu ihren Treffpunkten wurden (vgl. Otto und Wenzke 1992: 184), bis es zu einem Punk-Verbot in Clubs kam. Auch davor mussten die Jugendlichen in Clubs meistens lange auf einen Punk-Song warten (vgl. Katzorke und Schneider 1996: 00:17:23- 00:17:50).

51 anzutreffen, wo sie Gleichgesinnte kennenlernen konnten (vgl. Mohr 2017: 128). In Ber- lin waren die Punks jedoch nicht mehr zu verstecken: Sie wurden zum fixen Bestandteil des Stadtbilds, denn sie trafen sich regelmäßig auf dem Alexanderplatz, dem Rosa-Lu- xemburg-Platz oder im Plänterwald (vgl. ebd.: 54). Sie hielten sich auf Straßen und öf- fentlichen Plätzen auf, weil sie unter starker Repression litten: Sie durften keine Clubs und Kinos besuchen und hatten an Feiertagen Hausarrest. Club-Besitzer*innen erhielten Anweisungen, Punks keinen Zutritt zu gewähren (vgl. Katzorke und Schneider 1996: 00:36:37-00:37:38). Im Zuge bestimmter Maßnahmen gegen die Subkultur, um die poli- tischen Untergrundaktivitäten zu zerschlagen, griffen die Sicherheitskräfte ein, sobald sie Punks sahen, die sich versammelten – sie wurden körperlich sowie verbal bedroht und willkürlich verhaftet. Schulverweise und Jobverluste folgten (vgl. Mohr 2017: 54). Aus diesem Grund entschlossen sich kirchliche Führende dazu, den Jugendlichen Schutz zu gewähren (vgl. Katzorke und Schneider 1996: 00:37:49-00:37:54).

4.9.1. DIE OFFENE ARBEIT

In den 1970er-Jahren wurde in Thüringen z.B. eine neue Form der Kirchenarbeit entwi- ckelt, die sich mit Außenseitern*innen, darunter z.B. Kriegsverweigern*innen und Hip- pies, beschäftigte. Dieser alternative Ansatz nannte sich „Offene Arbeit“ (OA). Nach der Meinung der Pfarrer46 durften diese Jugendlichen nicht mehr in das System, das sie be- lastete, zurückgeführt werden. Auch wenn die Kirchenleitungen das neue Konzept nicht akzeptierten, bot der Ost-Berliner Stift ab 1976 eine spezielle Ausbildung für Sozialdia- kone an, die mit Problemjugendlichen arbeiten wollten. Ende der 1970er-Jahre etablierte sich dieses Konzept in größeren Städten. Die OA in Ost-Berlin fand hauptsächlich im Raum Friedrichshain statt und die Pfingstkirche wurde zu ihrem Zentrum (vgl. Mohr 2017: 79ff.). Den Punks wurden Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt und über Mund- propaganda wurde darüber berichtet – Flyer stellten ein zu hohes Risiko dar (vgl. Sobe 2008: 219). Bei kirchlichen Veranstaltungen waren Angebote für Punks keine Seltenheit mehr. Folglich übte das MfS durch Kirchenfunktionäre Druck auf Pfarrer aus und nutzten geheimdienstliche Methoden, um die Jugendlichen aus den evangelischen Kirchen zu vertreiben (vgl. Westhusen 2005: 39).

46 In der Literatur ist von männlichen Pfarrern und Sozialdiakonen die Rede. Aus dem Grund werden diese Begriffe in dem Kapitel nicht gegendert.

52 Der Berliner Diakon Lorenz Postler47 und der Stadtjugendpfarrer Siegfried Neher nah- men sich oppositionell denkender Jugendlicher an (vgl. Sobe 2008: 219). Postler arbeitete gemeinsam mit Diakon Lothar Rochau mit den Jugendlichen der Rochaus Kirchen- gruppe. Diese waren zwischen 20 und 30 Jahre alt, wirkten wie Hippies und die Rock- musik war eines ihrer gemeinsamen Interessen. Siegfried Nehers Kirche befand sich in einem Arbeiterviertel. Die Punk-Bewegung war für ihn eine Art Hilfeschrei der Jugend- lichen. Der Keller der Christuskirche stand den Punks für Konzerte48 offen (vgl. Mohr 2017: 155ff.).

4.9.2. DIE KIRCHE VON UNTEN

Ende der 1980er-Jahre wurden immer mehr kirchliche Veranstaltungen abgesagt. Sys- temkritischen Jugendlichen war es verboten, am offiziellen Kirchentag teilzunehmen (vgl. Mohr 2017: 375). Nach einiger Zeit distanzierten sich die Mitglieder der OA von der evangelischen Kirche, denn in ihren Augen war die Verbindung zwischen der Regie- rung und der Kirche mittlerweile zu stark. Die Jugendlichen der OA wollten Veranstal- tungen nach ihrem eigenen Ermessen gestalten und nicht auf die evangelische Kirche angewiesen sein. Da in der Kirchenleitung viele IM tätig waren, war es ausgeschlossen, dass die Forderungen der OA akzeptiert werden würden (vgl. ebd.: 377f.).

Verschiedene Jugendbewegungen arbeiteten zusammen und planten vom 24. bis zum 26. Juni 1987 einen „Kirchentag von Unten“ durchzuführen (vgl. Neubert 1998: 685). Das Organisationskomitee der Veranstaltung nannte sich „Kirche von Unten“ (KvU). Im Zuge der Planung des ersten Kirchentags von Unten kam es zu sieben weiteren Treffen. Die KvU wuchs von Sitzung zu Sitzung auf 150 Personen an (vgl. Mohr 2017: 378). Dazu wurden Gruppen aus Thüringen, Leipzig, Greifswald und Halle miteinbezogen (vgl. Neu- bert 1998: 685). Hinsichtlich der Gestaltung des Kirchentags von Unten orientierten sich die Unterstützer*innen an Veranstaltungen aus Polen, frühen Festivals in Rudolstadt und

47 Lorenz Postler erkannte, dass Ost-Punks von den SED-Führenden stark kriminalisiert wurden. Ihm war es wichtig, diesen Personen Räume als Schutz bieten zu können. Er kümmerte sich darum, dass Jugendliche Ansprechpartner*innen hatten und Eltern, deren Kinder in Heime gebracht wurden, über das weitere Vor- gehen aufgeklärt wurden. Inhaftierte Ost-Punks erhielten Hilfe, Rechtsanwälte wurden organisiert, Geld gesammelt und Konzerte veranstaltet (vgl. Katzorke und Schneider 1996: 00:37:57-00:38:35). 48 Im Zusammenhang mit der Kirche fanden Veranstaltungen auch außerhalb ihrer Räumlichkeiten statt. In Berlin wurden „Chaoten-Wanderungen“, Kranzniederlegungen und Wochenendaufenthalte in Jugendher- bergen angeboten (vgl. ebd.: 00:47:12-00:47:37).

53 Halle, Friedenswerkstätten und weiteren Ereignissen, an denen Punks beteiligt waren. Am Kirchentag von Unten sollten Konzerte, Lesungen, Theateraufführungen, Foto- und Kunstausstellungen sowie politischen Diskussionen angeboten werden. Außerdem waren zusätzliche Informationsstände geplant, die über Themen wie Umwelt, Umweltbibliothek und Anarchismus, Auskunft geben (vgl. Mohr 2017: 377ff.). Die Veranstaltung war ein Erfolg und die KvU etablierte sich landesweit. Ihre Mitglieder spielten im Zuge der fried- lichen Revolution 1989 eine große Rolle (vgl. Pietzsch 2005: 27).

Zusammengefasst betrachtet, hat sich die Subkultur Punk auch in der DDR entwickelt, allerdings, so wie alle anderen westlichen Subkulturen, zeitverzögert. Durch die schmale mediale Berichterstattung hinsichtlich des Phänomens, wussten Jugendliche lange Zeit nicht, was Punk ist und wie sich ein Punk zu kleiden hat. Als sich die ostdeutsche Punk- Bewegung etablierte, geriet sie bald schon ins Visier der Stasi und ihre Angehörigen wur- den verfolgt. Die evangelischen Kirche nahm sich den oppositionellen Jugendlichen an und gewährte ihnen Platz in den kirchlichen Räumlichkeiten, wo Konzerte und Treffen stattfanden. DDR-Punks wurden bis zum Fall der Mauer verfolgt, wenngleich das SED- Regime Lockerungen, wie z.B. offizielle Auftrittsmöglichkeiten für Underground-Bands, einführte. Doch wie sah der Kleidungsstil der ostdeutschen Punks im Detail aus?

5. DER OSTDEUTSCHE PUNK-STIL

Im vierten Kapitel konnte gezeigt werden, wie sich der ostdeutsche Punk entwickelt hat und mit welchen Problematiken die Angehörigen der Subkultur zu kämpfen hatten. Nun stellt sich die Frage, wie DDR-Punks sich kleideten und was sie damit aussagen wollten. Dazu wird in einem ersten Schritt speziell auf den Kleidungsstil der ostdeutschen Punks eingegangen. Danach wird Dick Hebdiges subkulturelle Analyse, die er im Artikel „Sub- culture – Die Bedeutung von Stil“ 1979 verfasste, vorgestellt und auf die ostdeutsche Punk-Szene angewendet.

5.1. AUSSEHEN UND KLEIDUNGSSTIL DER DDR-PUNKS

Zentrales Element der Punk-Bewegung war der Drang nach Andersartigkeit. Die Punks rebellierten, wie im Westen, gegen ihr Elternhaus und näheres Umfeld – politische

54 Thematiken entwickelten sich erst später (vgl. Lindner 2019: 108). Der neue Style gab den Jugendlichen die Möglichkeit, mit Tabus zu spielen und sich abzugrenzen (vgl. Fie- beler und Boehlke 2007: 6). Punk ließ Jugendliche hoffen, das Regime könnte zusam- menbrechen und enden. Mit Auftritten, Hausbesetzungen und Netzwerken schufen Punks ihre eigene Welt, in der sie Freiraum für sich gewinnen konnten (vgl. Mohr 2017: 182f.). Es entstand ein eigenes Gruppendenken (vgl. Fiebeler und Boehlke 2007: 7). Zunächst galt jedes Kleidungsstück, das nicht der Norm entsprach, als „punkig“. Erst in den 80er- Jahren etablierte sich der klassische Kleidungsstil der Punks (vgl. Sobe 2008: 220).

Als sich das Musikgenre in der DDR langsam entwickelte, kannten die Jugendlichen den zugehörigen Kleidungsstil der westlichen Szene noch nicht. Da die Informationsbreite in der DDR so gering war, schien der Punk-Stil für Interessierte zunächst undefinierbar (vgl. Westhusen 2005: 17f.). DDR-Punks waren auf die medialen Quellen angewiesen, die in den Osten sickerten. Aufgrund dessen konnten ostdeutsche Jugendliche Westmedien nicht kritisch reflektieren und verehrten utopische Idealbilder (vgl. Stock und Mühlberg 1990: 166). Durch die westdeutsche Fernsehsendung Szene 77 und einen Artikel in der DDR-Zeitschrift Neues Leben lernten musikbegeisterte Jugendliche Punk visuell kennen: Haarfrisuren und Kleidungsstile wurden kopiert (vgl. Westhusen 2005: 17f.).

DDR-Punks waren „schlichter“ gekleidet als die Punks aus dem Westen. In ihrem Er- scheinungsbild waren die ostdeutschen Punks zwar unordentlich aber niemals schmutzig und ungepflegt. Sie wollten sich damit von den Blueser*innen – die Nachfolger*innen der Hippies, auch „Penner“ genannt – distanzieren. Daher kommt der Spruch „Der dre- ckigste Punk ist immer noch sauberer als der sauberste Penner“ (vgl. Horschig 2013: 36f.). Jugendliche, die sich selbst Punks nannten und ein künstliches Auftreten aufwiesen, wurden von den eingefleischten Punks als Plastics bezeichnet, beschimpft, ausgeraubt und zusammengeschlagen (vgl. Fiebeler und Boehlke 2007: 7). Ob eine Person ein Punk sein durfte, wurde kollektiv beschlossen. Kam es zu dem Entschluss, dass das Individuum sich der Szene nicht anschließen durfte, musste es sich von den Punk-Accessoires trennen und ein „normales“ Leben führen (vgl. Katzorke und Schneider 1996: 00:12:39- 00:13:04).

DDR-Punks kleideten sich mit Jeans, Hochwasserhosen oder dunklen Anzugshosen, die öfter mit Hosenträgern kombiniert wurden. Dazu wurden Arbeitsschuhe getragen. Als Oberteile dienten gebrauchte Lederjacken, Trenchcoats, karierte oder dunkle Jacketts, weiße Hemden und selbstbemalte und -beschriftete T-Shirts. Die Kleidung wurde von

55 den Punks zerrissen und zusätzliche Reißverschlüsse wurden angenäht – in Anlehnung an die Punk-Band Hansaplast klebten die Jugendlichen Pflaster über die Risse in der Kleidung. Als Schmuck nutzten DDR-Punks einfache Ohrringe, Sicherheitsnadeln, Ge- brauchsketten, Hundehalsbänder, Armbinden und selbst hergestellte Patches, auf denen provokante Sprüche, Wörter oder Namen beliebter Subkultur-Bands geschrieben standen. Beispiele für die Provozierungen sind „antisozial“, „fuck off“, „Ich bin ein Staatsfeind“, „Anti-Nazi-Liga“ und das Anarchie-Zeichen (vgl. Horschig 2013: 34f.).

Das Färben der Haare war in der DDR schwierig: Die Farbpallette der Tönungen aus der Drogerie war klein und Textilfarben hatten eine kurze Haltbarkeit. Aus diesem Grund verwendeten Jugendliche Castellani, ein flüssiges Mittel gegen Bakterien und Fußpilz, mit dem Haare rot und lila verfärbt werden konnten. Auch sonst musste man im Arbeiter- und Bauernstaat erfinderisch sein, um optisch als Punk durchzugehen: Für den richtigen Haarstyle wurden unterschiedliche Produkte, wie z.B. Zuckerlösung, Eiweiß, Rasier- schaum, flüssiges Sprühpflaster und Haarlack genutzt (vgl. Lindner 2019: 107). Gesichts- bemalungen in Form von Katzenaugen, Spinnweben, schwarzen Lippen und Narben ver- stärkten die Abgrenzung zu anderen Gleichaltrigen (vgl. Horschig 2013: 34). Ihren Kör- per schmückten Punks mit selbstgestochenen Tattoos. Dazu nutzten sie schwarze und farbige Aufziehtinte, die sie mit Nähnadeln unter ihre Haut stachen (vgl. Lindner 2019: 107).

DDR-Punks, die nicht in Berlin oder anderen größeren Städten lebten, konnten ihren Style kaum ausleben, da sie in keiner Menschenmenge untertauchen konnten (vgl. Mohr 2017: 257). Am Beispiel Thüringen lässt sich aufzeigen, dass es während den frühen 1980er- Jahren keine eigenständige, unabhängige Punk-Szene gab. In Thüringen schlossen sich Anhänger*innen unterschiedlicher Subkulturen zu einer allgemeinen, größeren Szene zu- sammen (vgl. Wurschi 2007: 203).

5.1.1. PROVOKATION

Viele der DDR-Punks spielten mit Symbolen und verwendeten nationalsozialistische Zei- chen als Mittel der Provokation. Faschistische Symbole waren für einen antifaschisti- schen Staat das größte Tabu. Die ostdeutschen Punks steckten sich unter anderem gelbe Sterne, die den Judenstern symbolisierten, an die Kleidung (vgl. Mohr 2017: 83). Auf- grund der Ächtungen, Verfolgungen und Verhaftungen durch die Bevölkerung und den Staat, verglichen sich die DDR-Punks mit Juden*Jüdinnen während des

56 Nationalsozialismus (vgl. Horschig 2013: 44). Im Gegensatz dazu sollten rote Armbinden mit einem weißen Kreis, in dem in schwarzer Schrift „Chaos“ stand, an die SA erinnern. Damit wollten die DDR-Punks lediglich provozieren (vgl. ebd.: 35). Es ging den Jugend- lichen nicht um das Zur-Schau-Stellen einer politischen rechten Einstellung, sondern um eine Form des öffentlichen Protests gegen den Staat (vgl. ebd.: 38) und die elterliche Generation. Dieses Phänomen ist kein neues: Bereits Sid Vicious, Bassist der UK-Punk- Band Sex Pistols, trug T-Shirts, auf denen ein Hakenkreuz gedruckt war. Sein Ziel war es, die Gesellschaft zu provozieren. Die Band vertrat allerdings kein politisch rechts Image.

5.1.2. SCHUTZMAßNAHMEN UND KONSEQUENZEN

Das normabweichende Aussehen der Punks weckte die Aufmerksamkeit der SED-Füh- renden und hatte Konsequenzen. Aus diesem Grund verkleideten sich DDR-Punks und ergriffen andere Schutzmaßnahmen, um nicht aufzufallen. Jana Schlosser49 z.B. hatte ei- nen auffälligen Style, weshalb sie sich an ihrem Arbeitsplatz, einem Kinderkrankenhaus, verkleidete (vgl. Mohr 2017: 124). Um sich vor der Polizei zu verstecken, trug Schlosser ein Kopftuch und eine Brille, die ihr ganzes Gesicht vermummten (vgl. Mohr 2017: 133). Die Eltern von Punks schämten sich für das auffällige Auftreten ihrer Kinder und gingen ihnen in der Öffentlichkeit aus dem Weg (vgl. Katzorke und Schneider 1991: 00:17:23- 00:17:50).

Neben dem Verbot, sich mit anderen Punks zu treffen (vgl. Mohr 2017: 54), kam es in größeren Städten zu harten Maßnahmen gegen DDR-Punks. Sie wurden aus ihrer Hei- matstadt verbannt und mussten aufs Land ziehen, um dort zu arbeiten. Außerdem war es ihnen verboten, in andere größere Städte zu reisen. Zusätzlich durften sie sich nicht im Zentrum ihres Wohnortes aufhalten. Manchmal wurden sie in die BRD abgeschoben (vgl. Mohr 2017: 296).

49 In der Podcast-Serie „Wie war das im Osten?“ der deutschen Wochenzeitung Die Zeit interviewen Vale- rie Schönian und Michael Schlieben (vgl. 2019: o.S.) Jana Schlosser und sprachen mit ihr über DDR-Punk, Gefängnisaufenthalte und das MfS. Schlosser gründete die Band Namenlos und schrieb gesellschafts- so- wie politkritische Lieder. Schlosser lebte als Jugendliche in besetzten Häusern in Ost-Berlin. Die Stasi versuchte sie erfolglos als IM anzuwerben.

57 5.2. DICK HEBDIGE UND DIE BEDEUTUNG DES SUBKULTURELLEN STILS

Dick Hebdige analysierte 1979 im Artikel „Subculture – Die Bedeutung von Stil“ subkul- turelle Phänomene und ihre Bedeutungen. Dabei legte Hebdige besonderes Augenmerk auf die Punk-Szene. Der Auto geht im Laufe des Artikels auf die Konzepte der „Brico- lage“, „traditionellen Semiotik“ und „Polysemie“ ein. Im ersten Abschnitt des Textes „Stil als Bricolage“ hält Hebdige fest, dass Subkulturen hauptsächlich aus der Arbeiter- klasse heraus entstehen und sich zusätzlich in einem weiteren Punkt gleichen: Subkultu- ren haben eine „auffällige Konsumhaltung“, wenngleich sie sich gegen „bestimmte Kon- sumarten“ entscheiden. Diese „Konsumrituale“ stehen im Zusammenhang mit ihrer Indi- vidualität (vgl. Hebdige 1979: 317). Für die genauerer Betrachtung subkultureller Stile zieht Hebdige das Konzept der Bricolage, das auch „Wissenschaft des Konkreten“ be- zeichnet wird, heran. Die Bricolage, ist ein Vorgang, der

„die kleinsten Einheiten der physischen Welt in ihrer ganzen Fülle sorgfältig ordnet, einteilt und zu Strukturen zusammenstellt, [um] Homologien (Übereinstimmung) und Analogien zwischen der Ordnung der Natur und der Ordnung der Gesellschaft aufzustellen und so die Welt befriedigend zu ‚erklären‘ und bewohnbar zu machen.“ (ebd.: 318)

Im Zusammenhang mit Subkulturen bedeutet dies, dass der*die „Bricoleur“*„Bricole- use“50 das Objekt in seinem*ihrem Diskurs anders positioniert oder gänzlich neu zusam- menstellt, womit es eine neue Bedeutung erhält. Hebdige nennt die Subkultur der Mods als Beispiel, denn sie nahmen Gebrauchsgegenständen ihren eigentlichen Nutzen und ga- ben ihnen eine neue Rolle. Motorroller waren zu jener Zeit billige Transportmittel. Mods vereinnahmten die Roller und machten sie dabei zu einem Zeichen „ihrer Gruppensoli- darität“. Zusätzlich brachten sie den Union Jack an ihren Parkas an oder schneiderten sich Jacketts aus der britischen Flagge (vgl. Hebdige 1979: 318f.). An diesem Beispiel wird deutlich, wie Objekte durch Subkulturen entfremdet werden. Hebdige (vgl. 1979: 320) zufolge zeigt sich dieses Phänomen besonders in der Punk-Subkultur.

Hebdige führt zwei weitere Untersuchungsmethoden an: die traditionelle Semiotik und die Polysemie. Lt. Hebdige (vgl. 1979: 320f.) gestaltet sich die Untersuchung der Punk- Subkultur mittels „traditioneller Semiotik“ jedoch als schwierig. In der traditionellen

50 In dem Text ist lediglich die Rede von einem „Bricoleur“. Für diese Arbeit wird der französische Begriff gegendert.

58 Semiotik wird davon ausgegangen, dass Botschaften durch Zeichen vermittelt werden. Ein solches Zeichen besteht aus zwei Teilen: Ein Teil des Zeichens ist erkennbar und wird „das Bedeutende“ genannt, der zweite Teil hingegen weist auf das Bedeutende hin und wird als „das Bedeutete“ bezeichnet. Aus der Beziehung beider Teile resultiert die Botschaft. Sie ist eine „klare Aussage“, die eine endgültige Zahl an Bedeutendem vor- weist. Hinsichtlich des Punks lässt sich dies allerdings nicht anwenden, da die Subkultur willkürlich mit Zeichen spielt. Deshalb zieht Hebdige zur Analyse der Punks das (sprach- wissenschaftliche) Konzept der „Polysemie“ heran. Die Polysemie geht davon aus, dass ein Text möglicherweise unbegrenzt viele Bedeutungen hervorrufen kann. Im Zuge des- sen wird auf das Subjekt und auf den Prozess der Bedeutungsschaffung Wert gelegt.

Im weiteren Verlauf des Artikels geht Hebdige (vgl. 1979: 322f) auf den Punk-Stil ein. Seiner Meinung nach sind die Merkmale des Punks nicht zentral identifizierbar, weisen aber trotzdem zentrale Elemente auf. Ein solches ist z.B. das Gefühl des „Fehl-am-Platz- Seins“: Punks rebellierten absichtlich gegen ihre Eltern und verdeckten ihre Herkunft mittels Schminke, Masken und Pseudonymen. Ein weiteres Merkmal der Punks sei ihre „sexuelle Abartigkeit“, die vom Autor nicht näher definiert wurde. Durch das Ablehnen der Eltern und ihrer Gesellschaftsstellung spiegelten sie Problematiken des Bürgertums, wie z.B. Ungleichheit, wider. D.h. die Punks wollten die Ungleichheiten nicht lösen, son- dern zeigten sie anhand zerrissener Kleidung.

Im Punk-Stil existieren gemeinsame symbolische Objekte wie z.B. der Pogo, aus denen eine Einheit resultierte, allerdings ist diese Einheit des Punk-Stils durch seine Brüchigkeit gekennzeichnet. Szeneintern herrscht nicht unbedingt eine Einheit: Alteingesessene Punks wissen über die unterschiedlichen Bedeutungen Bescheid, junge Punks müssen sich dessen nicht zwingend bewusst sein. Daher kommen auch Namen wie „Plastik- Punks“ für all jene Anhänger*innen, die den Stil nur nachahmten. Außerdem kann die Mitgliedschaft der Punk-Subkultur unterschiedliche Zwecke erfüllen. Für die einen stellt das Punk-Sein den vollkommenen Lebensinhalt dar, für die anderen ist es eine bloße Ab- lenkung vom Alltag. Nichtsdestotrotz müssen alle Mitglieder einer Subkultur dieselbe Sprache sprechen (vgl. Hebdige 1979: 322ff.).

Im letzten Teil des Aufsatzes vergleicht Hebdige Punks mit Revival-Teddy-Boys. Die beiden Subkulturstile lassen sich anhand der inhaltlichen Ebene (Musik, Kleidung), dem Verhältnis zu den Eltern und der Gemeinschaftsgefühle nicht vereinen. Der bloße Aufbau beider Stile ist gegensätzlich. Teddy-Boys beharren auf traditionelle Werte und kritisieren

59 Punks, da sie den Kleidungsstil der 50er-Jahre, wie z.B. Röhrenjeans, für sich beschlag- nahmen. Die Intention der Punks war es, durch die Unordnung und Kategorieverwirrung rassistische und Geschlechterbarrieren aufzulösen. Allgemein formuliert wurden die Teddy-Boys nicht nur durch die Objekte der Punks provoziert, sondern auch durch die Art wie diese Objekte präsentiert und deren Bedeutungen neu ausgelegt wurden (vgl. ebd.: 324f.).

5.3. DDR-PUNK AM BEISPIEL DER BRICOLAGE

Im folgenden Unterkapitel wird nun das Prinzip der Bricolage51 auf den ostdeutschen Punk-Stil und die dazugehörige Subkultur angewandt. Dick Hebdige hat in seinem Arti- kel die Annahmen formuliert, dass Mitglieder einer Subkultur sich an Objekten bedienen und diese für ihren Gebrauch entfremden. Da in der DDR ein starker Mangel an Alltags- gegenständen herrschte und extravagante Güter sehr rar waren, wird nun davon ausge- gangen, dass die Bricolage an ostdeutschen Punks besonders deutlich wahrnehmbar ist. Um den Punk-Stil zu erzeugen, mussten die Mitglieder folglich mehr Gegenstände ent- fremden als ihre westlichen Kolleg*innen, die Hebdige in seinem Artikel analysiert. Demnach wird folgende These gebildet:

- Das Konzept der Bricolage ist am Beispiel des DDR-Punks besonders deutlich er- kennbar.

Dick Hebdige ist der Meinung, dass Mitglieder einer Subkultur dieselbe Sprache spre- chen sollten. Der Punk-Stil gab den Angehörigen Hoffnung auf ein Ende des DDR-Re- gimes. Zusätzlich entwickelte sich ein Gruppendenken und gemeinsame Aktivitäten wie z.B. geheime Band-Auftritte und Hausbesetzungen standen an der Tagesordnung. Außer- dem trafen sich die ostdeutschen Punks in Kirchen, wo sie im Zuge der OA über system- kritische Thematiken debattierten und Veranstaltungen organisierten. Sie standen für die- selben Ziele ein: Eine Überarbeitung des SED-Regimes, jedoch keine deutsche

51 Eine ausführliche Analyse mittels dem Konzept der Polysemie würde, zumal die verfügbaren Informati- onen hinsichtlich DDR-Punk hierfür nicht ausreichen, den Rahmen der vorliegenden Masterarbeit spren- gen.

60 Vereinigung. Die meisten von ihnen vertraten anarchistische Einstellungen und waren politisch links positioniert.

In erster Linie wollten DDR-Punks gegen ihre Eltern und die Gesellschaft rebellieren – etwas später ließen sich die Anhänger*innen der Subkultur von politischen Themen be- einflussen. Zusätzlich wollten sich die Punks von Blueser*innen und Hippies distanzie- ren, denn diese Subkulturen waren in ihren Augen heruntergekommen und schmuddelig. Ein wichtiges Hilfsmittel dabei war ihr ausgefallener Kleidungstil. Als die Jugendlichen Punk kennenlernten, kannten sie allerdings nur die zur Subkultur zugehörige Musik – den Style lernten sie anhand von aus dem Westen geschmuggelten Medien kennen. D.h. die DDR-Punks erfanden keinen neuen Stil, sondern adaptierten ihn.

In der Anfangszeit des ostdeutschen Punks sprachen alle Kleidungsstücke, die vom Mainstream abwichen, die Jugendlichen an. Sie enthoben die Kleidungsstücke ihrer ei- gentlichen Funktion und beanspruchten sie als ihr Erkennungsmerkmal. Punks bean- spruchten Arbeiter*innenkleidung für sich. Stiefel, im Westen Dr. Martens, wurden zu ihrem Erkennungsmerkmal. Weiters wurden Jeans und Hochwasserhosen zu einem fixen Bestandteil ihres Aussehens. Im Gegensatz dazu nutzten die Jugendlichen auch elegante Kleidung, wie z.B. Anzugshosen, für sich. Zusätzlich modifizierten sie diese durch Risse und Reisverschlüsse. T-Shirts wurden bemalt, um ihnen Ausdruck zu verleihen. Somit erlangten die Kleidungsstücke eine neue Bedeutung. Besonders bei Schmuck wird die Bricolage der ostdeutschen Punks deutlich: Sicherheitsnadeln, Gebrauchsketten und Hun- dehalsbänder wurden zweckentfremdet und als Halsketten eingesetzt. Auch hinsichtlich schriller Haarfarben wurde das Mittel Castellani, das gegen Pilze und Bakterien einge- setzt wurde, entfremdet, denn es erzeugte aufgrund einer chemischen Reaktion bunte Haare. Neben Kleidungsstücken und Haarfarben entfremdeten die Punks weitere Objekte wie z.B. elektronische Geräte, die sie zu Instrumenten oder Tonverstärkern umwandelten. Tinte, die eigentlich zur Befüllung von Schreibinstrumenten diente, nutzten sie als Farbe für Tätowierungen, die sie mit Nähnadeln unter die Haut brachten.

Besonders hervorzuheben ist das Spiel mit Symbolen. Bereits in Großbritannien trugen Punks der ersten Stunde T-Shirts, auf denen nationalsozialistische Symbole abgedruckt waren, um die elterliche Generation zu provozieren. Ostdeutsche Punks adaptierten die- ses Phänomen. Einerseits trugen sie einen gelben Davidstern, andererseits rote Armbin- den. Die eigentliche Bedeutung des Davidsterns war die Identifizierung von Juden*Jü- dinnen während dem Nationalsozialismus. In der DDR verwendeten Punks die gelben

61 Sterne, um zum Ausdruck zu bringen, dass sie sich so ausgeschlossen wie Juden*Jüdin- nen fühlten. Angehörige des nationalsozialistischen Regimes trugen zu jener Zeit rote Armbinden. Nun trugen sie Punks aus Ostdeutschland, um auf sich aufmerksam zu ma- chen. Im Gegensatz zu den westlichen Punks, provozierte dieses Vorgehen in einem kom- munistischen Regime umso stärker, denn in dem ostdeutschen Land durfte es kein natio- nalsozialistisches Gedankengut geben.

Dass die Subkultur der Punks sich an Objekten bedient und ihnen eine neue Bedeutung zuschreibt, ist in der Punk-Szene gang und gäbe. Zusammengefasst betrachtet zeigt sich allerdings, dass sich die ostdeutschen Punks besonders stark an den unterschiedlichsten Objekten bedienten und diese für ihren Nutzen umdefinieren. Dieses Phänomen könnte Resultat unterschiedlicher Ursachen sein. In der Zusammenfassung der Geschichte Ost- deutschlands52 wurde erwähnt, dass in der DDR viele Gegenstände des alltäglichen Ge- brauchs nicht verfügbar oder sehr teuer waren. Demnach könnte es sein, dass Güter, die über keinen Alltagsnutzen vorwiesen, gar nicht verfügbar waren. Eine weitere Ursache dafür, dass Subkultur-Kleidung in der DDR nicht verfügbar war, könnte sein, dass die SED-Führenden sich bewusst dazu entschlossen haben, eine solche nicht zu verkaufen, um zu vermeiden, dass Jugendliche durch westdeutsche Freiheiten beeinflusst werden. Wenngleich die ostdeutschen Punks ein passendes Beispiel für das Prinzip der Bricolage sind, kann anhand der Literatur nicht festgestellt werden, welche Objekte die DDR-Punks tatsächlich entfremdet haben und welche Verhaltensweisen blind aus westlichen Vorla- gen übernommen wurden. Es heißt, der DDR-Punk wäre schlichter als jener aus der Bun- desrepublik, doch wie hat sich das Phänomen Punk eigentlich entwickelt und wo ist es entstanden?

52 s. Kap. 2 „Die Deutsche Demokratische Republik“

62 6. PUNK IM WESTEN

Im folgenden Kapitel wird die westliche Punk-Szene genauer analysiert. Einführend wird die Entstehung des Punks als Musikgenre und Subkultur im angloamerikanischen Raum ausgearbeitet. Das Hauptaugenmerk des Kapitels liegt auf der Punk-Bewegung in der Bundesrepublik Deutschland.

6.1. DIE ENTSTEHUNG DER PUNK-BEWEGUNG

Es ist nicht klar definiert, wann und wo die Punk-Bewegung ihren Ursprung hat. Einer- seits könnte die Bewegung Ende 1960 in New York entstanden sein, andererseits Anfang der 1970er in Großbritannien bzw. London. Die New Yorker Punks erfanden das Musik- genre an sich und die britischen Punks beschäftigten sich neben der Musik mit Politik und dem Kleidungsstil (vgl. O’Hara 2008: 27). Allenfalls ist die Punk-Bewegung eine der auffälligsten Subkulturen der 1970er- und 80er-Jahre, die Jugendliche aller sozialen Schichten ansprach. Vor allem sozial schwache Jugendliche53 wurden von der Bewegung in Bann gezogen. Punk war der Ausdruck, der in den 70er-Jahren herrschenden schlech- ten Berufs- und Bildungschancen (vgl. Hafeneger, Stüwe und Weigel 1993: 14).

Zunächst war Politik für die Mitglieder der Subkultur eine reine Nebenangelegenheit. Personen, die sich mit politischen Themen beschäftigten, wurden von Punks als Hippies beschimpft. Für die Jugendlichen lag das nähere Umfeld im Fokus, wie z.B. das eigene Stadtviertel – internationale Themen standen nicht zur Debatte. Punk war in erster Linie ein Lebensgefühl. Die Bewegung stand gegen bürgerliche Werte, die Arbeit, den Konsum und jegliche Formen der Autorität. Ihre Ablehnung drückten sie in ausgefallenen Haar- schnitten und normabweichender, greller Kleidung aus. Umweltverschmutzung, Arbeits- losigkeit und der Kalten Krieg führten zu einem Gefühl der Aussichtslosigkeit bei den Jugendlichen und bildeten die Voraussetzungen zur Entstehung der Subkultur. Auf mu- sikalischer Ebene kritisierte die Subkultur die konsumorientierte Vermarktungspolitik der Branche und „stellte den Schalter zurück auf Null, und startete die Verstärker noch mal ganz von vorne“ (vgl. Hoekman 2011: 5-9).

53 Die ersten US-Protopunk-Bands stammen aus der Mittelschicht. Erst in Großbritannien traf das Musik- genre auf sozial schwache Personen und etablierte sich zu einer Subkultur (vgl. Hoekman 2011: 14).

63 6.1.1. US-PROTOPUNK UND DAS NEW YORKER CBGB‘S

In New York war Punk zunächst eine künstlerische Bewegung, die aus der von Andy Warhol beeinflussten Kunstrichtung Pop Art resultierte (vgl. Gericke 2018: 12). Die US- amerikanische Stadt war zu jener Zeit pleite sowie heruntergekommen und die Protest- bewegungen der 60er-Jahre radikalisierten sich. Es entwickelten sich nichtkommerzielle Gemeinschaften von Musiker*innen und Künstler*innen54 (vgl. Miller 2019a: 00:11:45- 00:13:04). Während der 1960er-Jahre wurde der US-Rock’n’Roll immer massentaugli- cher und ein Phänomen des Mainstreams. Seinerzeit entstand eine neue Art der Musik: Protopunk, der Vorläufer des Punks. Protopunk-Bands distanzierten sich durch zwei Vor- stellungen von der Norm. Erstens waren die Bandmitglieder der Meinung, dass man kein Supertalent sein muss, um ein Instrument spielen zu können. Zweitens spielten sie keine massentaugliche Musik, sondern ließen ihrer Kreativität freien Lauf (vgl. Hannon 2010: 13). Die musikalische Einfachheit und die harten Töne des Protopunks können mit Punk verglichen werden (vgl. Hugendick 2006: 1). Protopunk-Bands der ersten Stunde legten keinen Wert auf hochwertig produzierte Alben: The Stooges nahmen ihr erstes Album binnen zwei Tagen auf und die Ramones benötigten weniger als eine Woche dafür (vgl. Hannon 2010: 13).

Eine der ersten Bands, die das Genre Protopunk vertrat, war The Velvet Underground, denn ihre Musik unterschied sich auffallend vom Mainstream der 60er55. The Stooges mit Iggy Pop und die MC5s56 zählen zu weiteren Vertretern des Protopunks, welche die US- Musiklandschaft stark beeinflussten (vgl. ebd.: 14). Besonders Iggy Pop provozierte und richtete sich gegen den Massengeschmack (vgl. Miller 2019a: 00:20:34-00:2045). Wäh- rend eines Konzerts inszenierte er Selbstverletzungen und ritze sich mit Glasscherben (vgl. Meinert und Seeliger 2013: 16). Es entstand eine komplett neue Atmosphäre beglei- tet von einem damals noch völlig unbekannten Kontakt zwischen Band und Publikum (vgl. Miller 2019a: 00:23:32-00:14:00). Die New York Dolls (kurz: Dolls) überschritten die Grenzen der Geschlechter und trugen als heterosexuelle Männer Frauenkleidung

54 Der frühe Punk weist Ähnlichkeiten mit avantgardistischen Kunstformen, Dada und der Futuristischen Bewegung auf. Punk und avantgardistische Kunstformen ähneln sich unter anderem in der Provokation des Publikums und ungewöhnlichem Aussehen. Er kann als Weiterführung des Dadas gesehen werden. Futu- rismus und Punk haben die starke Integration des Publikums gemeinsam (vgl. O’Hara 2001: 34f.). 55 The Velvet Underground schockierte das Publikum mit Sado-Maso-Elementen während Konzerten (vgl. Meinert und Seeliger 2013: 16). 56 Die MC5s schrieben provozierende Songs und während Konzerten kam es öfters zu Polizeieinsätzen. Außerdem agierten sie später im linksextremen Spektrum (vgl. ebd.: 16).

64 sowie Schminke. Die US-amerikanische Musikszene war zu jener Zeit sehr androgyn (vgl. Miller 2019: 00:16:40-00:17:25). Obwohl das Schaffen der Dolls dem Genre Glam- Rock zugeordnet wurde, war ihre Musik nicht massentauglich und zog Verbindungen zu den Rolling Stones (vgl. Meinert und Seeliger 2013: 16).

In Manhattan etablierte sich der Club CBGB‘s57, der schnell zum Mittelpunk der Pro- topunk-Bands wurde, denn es durfte jede Band dort auftreten, solange keine Lieder gecovert wurden. Neben Künstler*innen wie Pattie Smith, Iggy Pop mit seinen Stooges und der Punk-Legende Johnny Thunders mit den Dolls, (vgl. Hoekman 2011: 10), gas- tierten im CBGB‘s die Bands Television, Talking Heads, Ramones, Blondie und The Dictators (vgl. Hannon 2010: 14). Besonders die Ramones58 schufen gemeinsam mit dem CBGB‘s einen Ort, wo sich viele Punk-Bands entwickeln konnten (vgl. Thompson 2004: 10). Ihre schnelle, einfache Musik fesselte Musikbegeisterte (vgl. Hitzler und Niederba- cher 2010: 119). Mit dem medial geschaffenen Begriff Punk59 wollten sich die Musi- ker*innen zu jener Zeit jedoch nicht identifizieren. Die Ramones wehrten sich und be- zeichneten sich selbst als eine Rock’n’Roll-Band. Der Begriff hielt sich allerdings und musste in weiterer Folge von den Musiker*innen akzeptiert werden (vgl. Miller 2019a: 00:36:20-00:36:38).

In den 1970ern verlor Punk in den USA seine Popularität, Tourneen wurden abgesagt und Bands nicht mehr gebucht. Punk schreckte die US-amerikanische Bevölkerung ab und DJs weigerten sich, Musik dieser Art aufzulegen (vgl. ebd.: 00:50:45-00:51:06). Lau (vgl. 1992: 19) sieht die Probleme des amerikanischen Punks in kulturellen Regeln, wie z.B. dem Alkoholverbot in der Öffentlichkeit, Altersbeschränkungen für Konzerte und das Fehlen von Szenen, die der Punkbewegung ähnelten, wie z.B. Hausbesetzer*innen.

57 CBGB‘s war eine Abkürzung für „Country, Bluegrass and Blues“. Der Zusatz des Clubnamens lautete OMFUG und bedeutete „Other Music for Uplifiting Gormandizers“. Bis sich das CBGB‘s zu einem Pro- topunk-Treffpunkt etablierte, gastierten dort vorwiegend Countrysänger*innen (vgl. Hoekman 2011: 10). 58 Im August 1974 fand das erste Konzert der Ramones im CBGB’s statt. Der dunkle Kleidungsstil der Bandmitglieder war neu: Lederjacken, Sonnenbrillen, zerrissene Hosen und in das Gesicht hängende Haare. Der Ramones-Rock’n‘Roll war für damalige Verhältnisse sehr schnell, auf instrumentelle Solis wurde ver- zichtet und die Texte handelten vom alltäglichen Leben in Queens – es wurden kaum politischen Themen angesprochen, die Texte verkörperten jedoch die subkulturelle Lebenseinstellung. Dee Dee Ramone, Bas- sist der US-amerikanischen Band, war das einzige Mitglied, das gelegentlich politische Inhalte in Songtexte aufnahm, wie z.B. in „Blitzkrieg Bob“ und „Bonzo goes to Bitburg“ (vgl. Hoekman 2011: 11ff.). 59 Der englische Ausdruck Punk war ein anderer Begriff für Prostituierte, Nichtsesshafte und Kleinkrimi- nelle. Personen, die als Punk bezeichnet wurden, waren für die Gesellschaft Abschaum. Die US-amerika- nischen Studenten Legs MC Neil und John Holmstrom nannten ihr Fanzine Punk. So erhielt die Bewegung ihren Namen (vgl. Hitzler und Niederbacher 2010: 119).

65 6.1.2. MUSIKGENRE UND SUBKULTUR PUNK

Erst in Großbritannien wurde Punk zu der Subkultur und Bewegung, unter der heutzutage Punk verstanden wird (vgl. Hoekman 2011: 10). In den 1970er-Jahren litt England an einer starken Rezension. Die Arbeitslosenzahlen im Juli 1975 waren seit dem WK2 nicht mehr so hoch – Schulabsolvent*innen waren von der Arbeitslosigkeit am stärksten be- troffen. Außerdem waren die öffentlichen Ausgaben so hoch, dass die gesamte Wirtschaft einzubrechen drohte (vgl. Savage 2016: 97ff). Zu jener Zeit lebten in London viele Schriftsteller*innen, Künstler*innen und Musiker*innen, die mehr Zeit als Geld hatten: Bandgründungen standen auf der Tagesordnung. Man traf sich auf Konzerten sowie in Wohnungen und lernte dort neue Leute kennen (vgl. Miller 2019b: 00:09:48-00:10:10). Lt. Gericke (2018: 12) war Punk „in London, überhaupt in Großbritannien, […] vor al- lem Rock und an eine noch aus dem 2. Weltkrieg resultierende soziale Erosion der ge- sellschaftlichen Fundamente gekoppelt“.

Malcolm McLaren, der spätere Manager der Sex Pistols, wurde von der Musik der Dolls inspiriert (vgl. Hugedick 2006: 1). Er sammelte in New York Eindrücke vom Kleidungs- stil der Szeneangehörigen im CBGB‘s. Besonders der Musiker Richard Hell beeindruckte den Modeschöpfer. McLaren brachte den Style nach Großbritannien. Dort verkaufte er gemeinsam mit seiner Freundin Vivienne Westwood Kleidung versehen mit Sicherheits- nadeln (vgl. Miller 2019a: 00:45:30-00:46:51) in einer Boutique mit dem für Durch- schnittsengländer*innen provokanten Namen Sex in der Londoner King’s Road.

Zunächst war die Subkultur eine einheitliche Bewegung, die von den Sex Pistols60 (kurz: Pistols) angeführt wurde. Den Sex Pistols schlossen sich unzählige Jugendliche aus Ar- beiter*innenfamilien an. Sie übernahmen den Kleidungsstil der Pistols: gebleichte Jeans, Nietenschmuck und Sicherheitsnadeln. Rebelliert wurde auf musikalischer Ebene gegen die Langeweile und mit dem Kleidungsstil wurde die Ästhetik der Reichen angefeindet (vgl. Hugedick 2006: 1). Außerdem ist den Pistols die massenmediale Aufmerksamkeit des Punks zu verdanken. Die für die damalige Zeit skandalösen Konzerte verschafften Punk internationale Beachtung (vgl. Hitzler und Niederbacher 2010: 119). Die Musik der

60 Die Pistols waren für ihre provozierenden Songtexte bekannt, die über Themen wie Anarchie, Abtrei- bungen, Antichristen und Zerstörung handelten. „God save the Queen“ brachte den Pistols besonders große Aufmerksamkeit. Die britische Monarchie wurde mit einem faschistischen Regime verglichen. Zum silber- nen Thronjubiläum der Queen fand ein Konzert der Punk-Band auf einem Dampfschiff auf der Themse statt (vgl. Hoekman 2011: 19f.).

66 Pistols unterschied sich stark von jener der Ramones. Hoekman (vgl. 2011: 17) ist der Meinung, dass dieser Unterschied aus der sozialen Herkunft beider Bands resultiert. Zum einen stammten die Bandmitglieder der Ramones aus der Mittelschicht, zum anderen hat- ten britische Punks zumeist härtere Lebensschicksale, wie z.B. Alkoholmissbrauch und Gewalt.

Der britische Punk61 zeichnete sich durch die musikalische Einfachheit und die Tatsache aus, dass jede Person, die was zu sagen hatte, eine Band gründen konnte (vgl. Hoekman 2011: 17). Aufgrund seines geschlechtsneutralen Charakters waren auch Frauen stark im Punk vertreten. The Slits war eine reine Mädchenband. Die Mitglieder hatten ihre Instru- mente nicht unter Kontrolle und waren sehr provokativ, weshalb es während Shows oft zu Gewalt kam (vgl. Miller 2019b: 00:20:41-00:22:25). Durch gewagte Songtexte konn- ten Inhalte wie die Lebenswelt der Punks, der Hass auf Reiche und die Arbeitslosigkeit thematisiert werden. Aufgrund der wachsenden Beliebtheit des neuen Musikgenres als Gegenstück zum unglaubwürdigen Rock, engagierten große Plattenlabels weitere Punk- Bands, wie z.B. The Clash, The Damned und die U.K. Subs (vgl. Hugedick 2006: 1).

The Clash stach aus der Masse heraus, denn ihre Musik war vielschichtiger und die Band- mitglieder bedienten sich an anderen Musikgenres, darunter Reggea und (vgl. ebd.: 1). Im Gegensatz zu anderen Punk-Bands beherrschten die Mitglieder ihre Instru- mente tatsächlich (vgl. Tröhler 2016: o.S.). Durch die Genre-Vielfalt gelang es den Mu- sikern das Interesse weißer und schwarzer Jugendliche zu wecken. Joe Strummer, der Sänger und Gitarrist der Band, war der Meinung, Lieder sollten eine Botschaft vermitteln. Er glaubte daran, dass Musik einen sozialen Wandel hervorrufen könne (vgl. Miller 2019b: 00:14:50-00:15:48).

Im Dezember 1976 lieferten die Pistols ein für die damalige Zeit skandalösen Interview durch den Fernsehmoderator Bill Grundy ab. Die Bandmitglieder waren als Ersatz der Band Queen eingeladen und fluchten während der Fernsehübertragung. Bill Grundy wurde daraufhin entlassen, die Reichweite der Pistols steigerte sich durch den „Vorfall“ deutlich (vgl. Meinert und Seeliger 2013: 22). Der medial negativ behaftete Begriff Punk verbreitete sich wie ein Lauffeuer und die Subkultur entwickelte sich zu einer Szene au- ßerhalb des Undergrounds. Es folgten Gewaltaktionen von „Punk-Hatern“ und es fanden

61 Der Vorreiter des britischen Punks war das Musikgenre Pub-Rock. Es setzte sich aus mehreren Genres zusammen und erklang vorwiegend in Pubs (vgl. Meinert und Seeliger 2013: 19).

67 Demonstrationen gegen Punk-Konzerte statt bis es zu einem landesweiten Auftrittsverbot kam. Johnny Rotten wurde zum Opfer von Messerattacken und verließ mit den Pistols Großbritannien (vgl. Miller 2019b: 00:34:41-00:36:40).

Als Antwort auf die Kommerzialisierung des Punks entstand eine zweite Generation, die maßgeblich von Skinheads beeinflusst wurde. Das Genre nannte sich Oi-Punk bzw. Streetpunk, war musikalisch härter als der klassische Punk und bearbeitete in den Song- texten Themen wie Fußball, Zusammenhalt und die Arbeiterklasse. Typische Oi-Punk- Bands sind Sham 69, Cockney Rejects und Cock Sparrer. Zu jener Zeit kam es häufiger zu Auseinandersetzungen zwischen Punks und Skinheads. Außerdem begannen politisch rechte Parteien wie die National Front und Oi-Punk-Fans abzuwerben. Glatzen engagierten sich in der Organisation „Rock Against Communism“ – die linke Antwort war die Organisation „Rock Against “. Nichtsdestotrotz waren nicht alle Bands im politisch rechten Milieu angesiedelt: Sham 69 spielten beispielsweise auf Rock- Aagainst-Racism-Veranstaltungen (vgl. Meinert und Seeliger 2013: 24).

Neben den Bands, die Verträge mit großen Plattenfirmen hatten, spielte Crass eine große Rolle. Die Bandmitglieder vertraten eine Do-It-Yourself-Haltung und gründeten ihren ei- genen Vertrieb. Sie waren das Vorbild für US-amerikanische Hardcore-Bands, wie z.B. Minor Threat und Fugazi (vgl. Hugedick 2006: 1). In den 80ern entwickelten sich aus Punk neue Musikgenres, wie z.B. New Wave sowie Post-Punk und alte Genres wie Ska und bekamen wieder Aufmerksamkeit. Einige Punk-Bands existierten weiter oder gründeten sich erneut (vgl. Meinert und Seeliger 2013: 24). Besonders die Subkultur der Mods erlebte Ende der 1970er-Jahre ein Revival. Die zweite Welle der Vespa- und Lam- bretta-Fahrer*innen wurde von The Jam angeführt. Die Musik von The Jam zeichnet sich durch Punk-Elemente aus (vgl. Lau 1992: 32f.).

6.2. PUNK IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND

6.2.1. DIE AUSGANGSLAGE IN DER BRD

Bevor sich die Punk-Szene in der BRD etablierte, gab es wenige Subkulturen, die Künst- ler*innenszene war nicht nennenswert groß und die Hippie-Bewegung nahm nicht das gleiche Ausmaß wie in der US-Szene an. Die einzige repräsentative politisch links orien- tierte Bewegung war der Protest-Rock, darunter Bands wie z.B. Ton Steine Scherben und Lokomotive Kreuzberg (vgl. Meinert und Seeliger 2013: 26f.). Während den 1970er-

68 Jahren unterlag die BRD einer wirtschaftlichen Krise, die vorwiegend ärmere Bevölke- rungsschichten betraf. Die bundesdeutsche Bevölkerung litt unter Zukunftsängsten und Jugend- sowie Protestkulturen erfuhren aufgrund der konservativen Wende sowie der starken Konsumorientierung Deutschlands eine politische Frustration (vgl. Wellmann 2018: 56f.). Einige Faktoren fielen zusammen:

„Auf der einen Seite standen die Erkenntnis des Endes des Nachkriegsbooms, das Aufkom- men von Dauer- und Jugendarbeitslosigkeit, entscheidende Kürzungen im Sozialsystem, R.A.F.-Terror und staatliche Repression […]. Auf der anderen Seite wurde aber vor allem die Musikindustrie von vielen als eine stagnierende, überdimensionierte und realitätsferne Verwertungsmaschinerie wahrgenommen. Disco und [Anm. der Autorin: Kraut Rock] […] schienen vielen Jugendlichen nicht mehr zugänglich, zu gesättigt und ab- gehoben und den sich wandelnden und angespannten sozialen und politischen Verhältnissen nicht adäquat Rechnung tragend.“ (Wellmann 2018: 58-59)

Punk konnte sich vor allem dadurch so gut in der Bundesrepublik entwickeln, da es weder Einfuhrverbote von Punk-Merchandise und -Tonträgern gab noch mediale Zensierungen hinsichtlich der Subkultur stattfanden. So konnte Punk aus dem englischsprachigen Raum in Deutschland problemlos adaptiert werden (vgl. Hecken 2013: 247).

6.2.2. DIE ANFÄNGE DES DEUTSCHEN PUNKS

Jugendliche erhielten Informationen hinsichtlich dem neuen Musikgenre und der Subkul- tur über das Radio, Fernsehübertragungen und Zeitschriften. Bereits 1976 publizierte das Jugendmagazin Bravo in Deutschland Artikel über die Punk-Bewegung, die sich zu jener Zeit noch auf den englischsprachigen Raum beschränkte. Der dafür zuständige Korres- pondent hatte Zugang zu Punk-Bands und verfasste Artikel, die Punk in Deutschland be- kannt machten (vgl. IG Dreck auf Papier 2008: 9). In einer Bravo-Ausgabe war ein Plakat der Pistols beigelegt und in einer anderen war dieselbe Band auf dem Zeitungscover ab- gebildet (vgl. Meinert und Seeliger 2013: 27). Der ehemalige Punk Meia berichtet dar- über, wie er die neue Bewegung kennenlernte:

69 „Ich kam durch die mediale Berichterstattung 1978 auf Punk: Als ich zum ersten Mal so ‚rumlief‘, kannte ich Punks nur von Bildern, es gab hier in der Gegend keine. Zu Beginn war ich also klar als Einzelperson unterwegs, notgedrungen, aber mit der Zeit lernten sich immer mehr Leute kennen, und als Anfang 1980 eine Punk-Szene in Bonn entstand – circa 20 Leute, die sich regelmäßig trafen, war ich mittendrin.“ (IG Dreck auf Papier 2008: 15)

Zu jener Zeit wiesen Hannover, Düsseldorf und Hamburg mit den Bands Razors und Punkenstein sowie Berlin mit Flurs und Tempo die ersten größeren Punk-Szenen der Bundesrepublik auf. Die Szenen setzten sich in der Regel aus Freund*innen zusammen und es gab nur selten Kontakt zu Szenen anderer Städte. Da keine städteübergreifende Bindung vorhanden war, entwickelten sich die Szenen unterschiedlich und unabhängig voneinander. In Berlin nannten sich vorwiegend Personen, die Platten sammelten und London regelmäßig besuchten bzw. von dort kamen, Punk. In Düsseldorf und Stuttgart entstand die Szene durch ortsansässige Jugendliche (vgl. IG Dreck auf Papier 2008: 10f.).

Die ersten deutschen Punk-Bands gründeten sich im Jahr 1977 und hatten Ähnlichkeiten mit englischsprachigen Bands (vgl. Hitzler und Niederbacher 2010: 119). Dabei spielten Konzerte der Bands The Stranglers, The Damned, The Clash und The Jam in deutschen Städten eine große Rolle. Durch solche Veranstaltungen verbreitete sich die Subkultur in Großstädten schneller als in der Provinz62. Die mediale Aufmerksamkeit richtete sich auf britische Bands. Eine eigenständige Szene entstand erst zu dem Zeitpunkt, als deutsche Songtexte geschrieben wurden (vgl. IG Dreck auf Papier: 11f.). Britische Punk-Bands gastierten an kommerziellen Veranstaltungsorten – kleine, deutschsprachige Bands hin- gegen fehlte es an Auftrittsmöglichkeiten. Die ersten Lokale, die von Punks eröffnet und genutzt wurden, waren das Parkhouse, SO36 sowie KZ36 in Berlin sowie die Markthalle und das Krawall in Hamburg. Zu jener Zeit waren Plattenlabels wenig interessiert an deutschen Punk-Bands, die deutsche Fanzine-Szene etablierte sich allerdings schnell (vgl. Meinert und Seeliger 2013: 28f.). 1977 wurde das erste deutsche Punk-Fanzine The Ost- rich in Hamburg gegründet. Fanzines wurden von Fans für Fans erstellt, um Informatio- nen über die Punk-Bewegung zu verbreiten, allerdings erreichten jene Medien in ihren Anfangszeiten nur Mitglieder der eigenen Punk-Szene (vgl. IG Dreck auf Papier: 12).

62 Man darf nicht vergessen, dass die Provinz von einzelnen wenigen Radio- und TV-Sendern abhängig war, da es weder Satelliten-TV noch Internet gab.

70 „Punk war in jenen Tagen noch neu, stand für Aufbruch, Frische, Direktheit, Energie, Ag- gressivität, Schock-Wirkung, Provokation. Die Deutungspalette reichte vom ästhetischen Experiment bis zum Energie geladenen, aufs Wesentliche reduzierten Rock’n’Roll.“ (IG Dreck auf Papier: 13)

6.2.3. DIE DIFFERENZIERUNG UND POLITISIERUNG DES DEUTSCHEN PUNKS

Resultat der Bedingungen in der Musik- und Veranstaltungsbranche war eine DIY-Ein- stellung der Punks: Es entstanden mehr Bands63, eigens produzierte Tonträger, unabhän- gige Plattenlabels in Berlin und Hamburg, neue Fanzines und Auftrittsorte, wie z.B. Schulen sowie ländliche Jugendzentren wurden erschlossen. Die regionale Vernetzung der Szenen nahm Gestalt an – das Magazin Sounds64 entwickelte sich zu einem Medium, das Kleinanzeigen zur Vernetzung der Punks druckte. Außerdem wurden immer mehr deutsche Songtexte geschrieben (vgl. IG Dreck auf Papier 33f.).

Die Vielfalt unterschiedlicher Punk-Bands führte zu einer langsamen Differenzierung des Musikgenres. Schlussendlich entstanden zwei Schienen des Punks: Art-Punk und Hard- core-Punk. Intellektuelle, experimentierfreudige Punks fühlten sich vom Art-Punk ange- zogen, der später in New Wave und der kommerziellen Neuen Deutschen Welle (NDW) mündete (vgl. Meinert und Seeliger 2013: 29). Art-Punk-Bands waren beispielsweise Ab- wärts und Fehlfarben (vgl. IG Dreck auf Papier: 37). Die anderen Punks, vorwiegend Jugendliche, bevorzugten härtere Musik, darunter Slime und Hass. Die Anhänger*innen des Hardcore-Punks und des Art-Punks distanzierten sich voneinander65. Unter dem Mu- sikgenre Hardcore wird heutzutage Deutschpunk verstanden. Der US-Hardcore erlangte in Deutschland erst Mitte der 80er-Jahre Aufmerksamkeit66. Zu jener Zeit entstanden ei- nige Alben, die maßgebend für die Bewegung waren und heute noch gehört werden. Hand in Hand mit dem deutschen Hardcore traten aggressive Jugendliche in Erscheinung und weckten die mediale Aufmerksamkeit. Im Zuge dessen wurden immer mehr negativ be- haftete Berichte über die Punk-Bewegung medial veröffentlicht (vgl. Meinert und

63 Dirk von Lowtzow (2019: 13f.) berichtet in seinem Roman „Aus dem Dachsbau“, dass er als Teenager Punk-Musik hörte und in den Punk-Bands Die Kranken und BIG LEGGY spielte. Danach gründete er in Hamburg Tocotronic, eine der bekanntesten Bands des Genres Hamburger Schule. 64 Das Magazin Spex war jahrzehntelang das intellektuelle Punk-Zentralorgan aus Köln. 65 Allgemein galten Punks aus Düsseldorf als „arty“ und die Hamburger Punks als energiegeladen. Letztere distanzierten sich vom Art-Punk (vgl. IG Dreck auf Papier: 35). Hardcore- und Art-Punk unterschieden sich in diversen Regeln, die z.B. den Kleidungsstil und das Verhalten betrafen (vgl. ebd.: 38). 66 In dieser Masterarbeit wird die frühe Deutsch-Punk-Szene als Hardcore bezeichnet und steht mit dem US-Hardcore nicht in Verbindung. Der US-amerikanische Hardcore wird als „US-Hardcore“ bezeichnet.

71 Seeliger 2013: 29f.). In den Augen der Journalist*innen waren Punks faule, betrunkene, dumme Jugendliche, welche die „normale“ Bevölkerung attackierten. Punks wurden von Gangs regelmäßig angegriffen und in Hamburg kam es zu Verhaftungen, Misshandlun- gen und Verschleppungen durch die Polizei (vgl. IG Dreck auf Papier 2013: 36).

Aufgrund der Repressionen durch die Staatsgewalt und der Zukunftsängste der Jugendli- chen politisierte sich die Subkultur der Bundesrepublik schnell und wurde ernsthafter – sie ähnelte anderen linken Bewegungen der damaligen Zeit sehr (vgl. Meinert und Seeli- ger 2013: 31). Manche Punks der ersten Stunde konnten sich mit der linken Szene kaum identifizieren und gingen eigene Wege. Andere schlossen sich der Oi-Bewegung an und wurden zu Skinheads, wovon einige im Laufe der Zeit in das rechte Milieu wechselten. Wie in anderen Ländern bestand die erste Skinhead-Generation aus ehemaligen Punks (vgl. IG Dreck auf Papier 2013: 70). Auf der anderen Seite standen deutsche Punks in Verbindung mit autonomen Linken. Frühe Punk-Bands wie z.B. Slime, Toxoplasma und ChaosZ schrieben politische Texte, die sich gegen die Polizei, rechtes Gedankengut und den Staat richteten. Obwohl sie sich optisch stark von Friedens- und Ökobewegungen unterschieden, vertraten einige Mitglieder dieselbe Haltung und setzten sich für ein ge- meinsames Ziel ein (vgl. Büsser 1995: Kap. 1, Abs. 4). Slime bekam aufgrund der gewag- ten Texte Probleme mit der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften. Die Songs „Polizei, SA, SS“ und „Keine Führer“ verursachten eine Indizierung des Samplers „Soundtracks zum Untergang“ und er durfte an Minderjährige nicht mehr verkauft wer- den (vgl. Hoekman 2011: 34). Nach Seyferth (2013: 67) sind Personen, die sich als Punk bezeichnen, nicht automatisch Anarchisten, aber „Widerspruch, Widerständigkeit, Häss- lichkeit, Abweichung und Devianz gehören“ dazu.

„Beispielhaft für die politische Zwiespältigkeit des Punk [sic!] waren die Ramones: Joey Ramone war ein gemäßigter Linker, Johnny Ramone ein Konservativer. Zum weitverbreite- ten Slogan ‚Punx not dead‘ kam bald ein (weit weniger verbreiteter, aber doch bemerkbarer) Slogan ‚Punx not red‘.“ (Seyferth 2013: 67)

Im Herbst 1981 wurde die Anarchistische Pogo-Partei Deutschlands (APPD) von den beiden Schülern Zewa und Kotze in Hannover gegründet (vgl. Meinert 2013: 92). Ob- wohl die Partei aufgrund ihrer fehlenden Ernsthaftigkeit einer Satirepartei ähnelte, wurde sie zu Land- sowie Bundestagswahlen zugelassen und setzte sich für die Legalisierung von Drogen und bezahlte Arbeitslosigkeit ein (vgl. Hoekman 2011: 42f.).

72 6.2.4. CHAOSTAGE UND DER RÜCKGANG DER SUBKULTUR

Neben der APPD traten Punks im Zuge von „Chaos-Tagen“ verstärket an die Öffentlich- keit. 1982 entstanden in Wuppertal „Punker-Treffs“, die Vorläufer der Chaos-Tage. Punks wurde es verboten, sich bei einem Brunnen in Wuppertal zu treffen. Als Reaktion auf die Anordnung trafen sich immer mehr Jugendliche dort. Die Treffen fanden jeden Samstag statt, erhielten große Resonanz und wurden in anderen Städten fortgeführt. Am 18. Dezember 1982 fand in Hannover ein „Chaos-Tag“ statt, während dem die Punks gegen das polizeiliche Erfassen von Namen normabweichender Bürger*innen demons- trierten. Daraus entwickelten sich die Chaos-Tage, die erstmals im Sommer 1983 veran- staltet wurden, um Punks und Skinheads zu vereinen. Allerdings wurde die Veranstaltung durch rechte Glatzen gestört und es folgten körperliche Auseinandersetzungen. 1984 fan- den die zweiten Chaos-Tage mit einer zusätzlichen antifaschistischen Demonstration statt. Chaos-Tage wurden danach regelmäßig bis in das 21. Jahrhundert abgehalten. Auch kleinere Städte wurden zu Veranstaltungsorten, die sogar außerdeutsche Punks besuchten (vgl. Klingenberg 2015: Kap. 5).

Großbritannien brachte härtere Musik und neue Bands, wie z.B. The Exploited, Discharge und GHB, nach Deutschland. Hand in Hand damit gingen Mode-Punks, die sich durch den Kleidungsstil und aggressive Handlungen auszeichneten. Art-Punk in Form des New Waves geriet in Vergessenheit, allerdings kommerzialisierte sich die NDW 1982 und es entstanden einige Geschäfte, die Punk-Kleidung und -Musik verkauften. Die 80er-Jahre waren auch in der BRD von staatlicher Repression der Punk-Szene geprägt und es kam zu Durchsuchungen, Verboten und Zensuren (vgl. IG Dreck auf Papier 2013: 70ff.). Nichtsdestotrotz entstanden in den frühen 80ern die bekanntesten deutschen Punk-Bands: Die Toten Hosen und Die Ärzte (vgl. Meinert und Seeliger 2013: 33).

Im Zuge des Niedergangs der NDW kam es auch zu einer Verkleinerung der Punk-Be- wegung. Mode-Punks vertraten immer härtere Regeln und verhielten sich aggressiv, in- dem sie z.B. ihre eigenen Konzerte zerstörten. Glatzen wurden immer rechter und atta- ckierten Punks. Einige Punks wandten sich der autonomen Szene zu. Zur selben Zeit etablierte sich das Maximum-Rock’n’Roll-Fanzine. Es stärkte die übriggebliebene Szene durch Artikel über ausländische Punk-Bewegungen und schuf damit Zukunftsperspekti- ven. Trotz des Rückgangs der Szene erschienen neue Tonträger deutscher Punk-Bands. Punk-Labels vertraten nun internationale Musiker*innen und andere Labels erweiterten ihre Interessen hinsichtlich Musikgenres: Rock-O-Rama produzierte von nun an

73 Rechtsrock und Aggressive Rockproduktionen Metal. Damit gab es Platz für neue Labels wie z.B. Destiny, Pogar Recors und Schrott/Starving Missile. Die Punk-Bewegung wurde durch die Anhänger der ersten Stunde zusammengehalten und es kam zur endgültigen Distanzierung von Glatzen (vgl. IG Dreck auf Papier 2013: 97ff.).

6.2.5. US-HARDCORE IN DEUTSCHLAND

Mitte der 1980er tourten US-Hardcore-Bands durch Deutschland und ihre Straight-Edge- Einstellung – die vollkommene Enthaltsamkeit aller Drogen – fand viele Anhänger*in- nen. In ihr sahen einige Punks, die von aggressiven, alkoholisierten und asozialen Ju- gendlichen enttäuscht waren, eine Alternative (vgl. Meinert und Seeliger 2013: 34). Alt- eingesessene Bands wie Normahl und Daily Terror blieben dennoch aktiv (vgl. IG Dreck auf Papier 2013: 109f.). Im Zuge dessen entstanden Fanzines, die vorwiegend US-Hard- core thematisierten. Neben dem Fanzine OX, wurde 1986 Trust gegründet. Letzteres spe- zialisierte sich auf Süddeutschland. Moses Arndt, ehemaliger Trust-Schreiber, gründete 1988 das Fanzine ZAP. Deutsche Hardcore-Labels waren unter anderem X-Mist, Double A und Funhouse (vgl. Meinert und Seeliger 2013: 36).

6.2.6. FUN-PUNK UND DER FALL DER BERLINER MAUER

Eine andere Unterart des Punks wurde immer moderner: Fun-Punk. Bands wie Die Toten Hosen und Die Ärzte gewannen eine hohe Reichweite. Beide Bands stammten aus der Szene, konnten jedoch im Vergleich zu anderen Musikgruppen auch kommerzielle Er- folge erzielen. Sie wurden zu wichtigen Vertretern des Punks, denn sie förderten das breite Interesse der Jugendlichen an der Szene. Aufgrund der nicht ernstzunehmenden Inhalte und der Kommerzialisierung verhöhnten Ur-Punks die Fun-Punk-Bands. Die To- ten Hosen stellten hierbei eine Ausnahme dar und wurden weithin geachtet (vgl. IG Dreck auf Papier 2013: 121).

Ende der 80er-Jahre bestand die Punk-Szene schließlich aus zwei Gruppen: Traditionel- len Punks und Hardcore-Punks. Die verschiedenen Szenen und ihre Distanz zueinander wurden in Fanzines und in der Musik sichtbar. Dennoch gab es aktive Mitglieder, die sich nicht auf ein Genre alleine spezialisierten (vgl. ebd.: 122f.). Durch den Fall der Berliner Mauer erfuhr die Szene einen erneuten Zulauf. Die Nachfrage nach deutscher Punk-Mu- sik stieg, denn ostdeutsche Punks hatten nun die Möglichkeit westdeutsche Tonträger zu

74 kaufen (vgl. Hitzler und Niederbacher 2010: 119). Besonders Sampler, d.h. zusammen- gestellte Songs unterschiedlicher Interpret*innen auf einem Tonträger, waren sehr be- gehrt (vgl. IG Dreck auf Papier 2013: 137).

6.2.7. AUSSEHEN DER PUNKS IN DEUTSCHLAND

Neben Zeitungsartikeln diente auch Bildmaterial von Szenefotographen zur Illustration des punkesken Kleidungsstils, so Hans Nieswandt (2018: 67): „In Friedrichshafen am Bodensee kam Punk so richtig im Jahr 1979 an. Ohne Fotos von ar/gee gleim und ande- ren frühen Fotografen der Bewegung, hätten wir gar nicht gewusst, was wir anziehen sollen“. Nach Laut (vgl. 1992: 83) existierten keine Unterschiede bzgl. des Kleidungsstils aufgrund des Geschlechts und der Nationalität des Punks. Punks wollten mit ihrem Auf- treten provozieren und auffallen. Sie trugen bewusst alte, heruntergekommene Kleidung (vgl. Hitzler und Niederbacher 2010: 121). Weibliche Punks kombinierten Röcke mit zerrissenen Strümpfen und Stiefeln. Zusätzlich dienten Nietengürtel und Stachelarmbän- der als Accessoires (vgl. Lau 1992: 91). Leder- und Jeansjacken gestalteten Punks selbst:

„Sehr häufig verwendet werden dabei das Anarchie-Symbol, Parolen (z. B. ‚Schieß doch Bulle‘), Schriftzüge von Bands oder Buttons. Ansonsten verwenden Punks oft ‚spöttisch‘ Alltagsgegenstände als Mode-Accessoires – so etwa Hundehalsbänder, Sicherheitsnadeln, Vorhängeschlösser und Ketten – hinzu gesellen sich z.T. provozierende Elemente wie Patro- nengurte und Galgenstricke.“ (Hitzler und Niederbacher 2010: 121).

Gemeinsames Haareschneiden stellte für die Punks ein gruppenbezogenes Ritual dar. Ausgefallene Frisuren hatten für die Punks eine wichtige Bedeutung: Besonders dann, wenn Jugendliche staatliche Einrichtungen besuchen mussten, achteten sie darauf, gestylt zu sein (vgl. Hafeneger et al. 1993: 47f.). Die Vielfalt an Punk-Frisuren war groß: Neben dem Aufstellen kurzer Haare zu Spikes, ließen sich Punks Irokesenhaarschnitte oder an- dere Frisuren mit Rasurelementen schneiden und färbten sich die Haare in auffälligen Farben. Punks betonten in der Anfangszeit ihre Augen mit schwarzer Schminke, aller- dings wurde schon bald auf Schminke verzichtet – als Ersatz dienten Wunden, denn sie stellten ein „sichtbares Dokument unerschrockenen Punk-Seins“ dar (vgl. Lau 1992: 86f.). Durch die Kommerzialisierung des Punks, gewöhnte sich die Bevölkerung an den Kleidungsstil und das Auftreten der Punks (vgl. Hitzler und Niederbacher 2010: 121).

75 Allgemein betrachtet, breitete sich das Phänomen Punk ausgehend vom angloamerikani- schen Raum wie ein Virus über Europa aus und entwickelte sich auch in der BRD. Die Subkultur hatte in der Bundesrepublik genügend Raum, um sich frei zu entfalten und einen eigenen Stil zu entwickeln, wenngleich die Bevölkerung von den Punks nicht im- mer begeistert war. BRD-Punk zeichnet sich durch eine große Anzahl an Bands und viel- seitigen Sub-Genres, darunter Fun- und Hardcore-Punk, aus. Besonders Konzerte natio- naler und internationaler Punk-Bands haben zu dieser Entwicklung beigetragen. Zusätz- lich fanden vereinzelt und später regelmäßig Punk-Treffen, wie z.B. die Chaos-Tage, statt und es bildeten sich Netzwerke, die die Jugendlichen nutzten, um Gleichgesinnte ken- nenzulernen. Bereits bei der Ausarbeitung der Punk-Geschichte beider deutschen Staaten fallen Gegensätze auf, doch wie unterscheiden sich die Subkulturen im Detail?

7. DDR- UND BRD-PUNK IM VERGLEICH

Im vierten und schsten Kapitel wurde die Entwicklung der Punk-Bewegung in beiden deutschen Staaten detailliert beschrieben. Punk in der DDR unterlag ganz anderen Bedin- gungen als Punk in der Bundesrepublik. Besonders als das MfS mit Erich Mielke Punks als politische Gegner sahen, änderte sich das Leben der Jugendlichen in Ostdeutschland schlagartig (vgl. IG Dreck auf Papier 2008: 72). Im vorliegenden Kapitel werden nun die Unterschiede zwischen beiden Punk-Szenen herausgearbeitet, um der Frage nachzuge- hen, inwiefern sich der ostdeutsche Punk vom Punk der Bundesrepublik unterscheidet. Dazu werden auf Basis der in dem vierten und fünften Kapitel zitierten Informationen und Arbeiten Zusammenfassungen, Vergleiche und eigenständige Überlegungen gebil- det.

7.1. DIE AUSGANGSLAGE

Punks aus beiden deutschen Ländern hatten das Bedürfnis, anders zu sein und sich von der Norm abzuheben, allerdings trafen beiden Szenen auf unterschiedliche Bedingungen, die maßgeblich durch den Staat geprägt waren. Die Jugendlichen in der BRD hatten Zu- kunftsängste und Langeweile. Mit dem Style und ihrer Attitüde wollten sie ihre Mitmen- schen schockieren, allerdings kam es im Zuge der Kommerzialisierung des Punks und der NDW zu einem Gewöhnungseffekt in der Gesellschaft hinsichtlich ihres Auftretens.

76 Die Punk-Szene der Bundesrepublik konnte sich frei entfalten, denn es gab kein Import- Verbot von Punk-Musik und -Kleidung. Der Kapitalismus des Westens förderte die Ent- wicklung der Szene. Punk zu sein hatte in der BRD keine schulischen oder beruflichen Folgen. Campino und Breiti, Bandmitglieder der Toten Hosen, konnten 1983, als sie be- reits aktive Punks waren und mit ihrer Band in Bochum Lieder aufnahmen, das Abitur abschließen (vgl. Oehmke 2015: 163).

In der DDR wurden Mitglieder von Subkulturen kontrolliert und in Ausnahmefällen to- leriert – Punks hingegen standen unter starker Beobachtung durch das MfS, da sie als Staatsfeinde wahrgenommen wurden. DDR-Punks hatten ähnliche Beweggründe, Punks zu werden: Auch sie wurden von Zukunftsängsten getrieben und wollten von der Norm abweichen. Zusätzlich setzten sie sich für mehr Freiheit ein. Allerdings gestaltete sich dieses Vorhaben im sozialistischen Staat schwer: Die SED hatte gemeinsam mit der FDJ ein einheitliches Bild und eine einheitliche Vorstellung von Jugendlichen – jegliches normabweichendes Verhalten bzw. Kritik am ostdeutschen System hatte Folgen wie z.B. Job-Verlust oder Schulverweis. Wenn sich eine Person dazu entschloss, Punk zu werden, musste sie sich darauf einstellen, ihr alltägliches Leben und Bildungschancen aufzuge- ben. Zusätzlich wurden die Jugendlichen regelmäßig von Polizist*innen misshandelt und unter Druck gesetzt – Verhaftungen und Inhaftierungen gehörten zum Alltag der ostdeut- schen Punks.

7.2. DER ZUGANG ZU PUNK ALS MUSIKGENRE UND SUBKULTUR

Der Zugang zum neuen Phänomen Punk ähnelt sich in beiden deutschen Staaten sehr. Sowohl in der BRD als auch in der DDR fand der Erstkontakt mit Punk zumeist durch die Medien statt. Das Aussehen der Punks wurde durch Fotos in Magazinen oder von Fotografen der Szene vermittelt. Eine weitere Prägung der Jugendlichen durch Konzerte internationaler Bands war in der DDR fast unmöglich – ostdeutsche Gruppen konnten nur unter erschwerten Bedingungen vor Publikum spielen.

In der BRD wurden in Jugend- und Musikzeitschriften Artikel über Punk veröffentlicht. Neben Radiosendungen wurden Jugendliche auf diesem Weg auf Punk als Subkultur und Musikgenre aufmerksam gemacht. Zusätzlich fanden im Westen Konzerte angloameri- kanischer Bands statt, die das Bewusstsein der Jugendlichen stark prägten. Neben Platten- und Kleidungsläden, die während der westlichen Kommerzialisierung des Punks entstan- den, etablierte sich das Medium der Fanzines – selbstgestaltete Magazine von Punks für

77 Punks – die auch als Vermittlungsmedium der Jugendlichen fungierten. Im Zuge der wei- teren Entwicklung des Punks erzielten Bands wie z.B. Die Ärzte oder Die Toten Hosen kommerzielle Erfolge und erreichten damit eine größere Masse junger Menschen.

Im Gegensatz dazu wurden in Ostdeutschland keine, und wenn nur wenige, Artikel über das Phänomen Punk publiziert. Jugendliche erhielten Informationen ausschließlich über illegal geschmuggelte westliche Medien. Zusätzlich hörten die Jugendlichen West-Radio und konnten so die musikalische Seite des Punks kennenlernen. In der DDR gab es weder punk-spezifische Geschäfte, noch wurden Platten von Interpret*innen aus dem Westen verkauft. Tonträger mussten im Westen erworben und illegal in die DDR transportiert werden. Im Vergleich zur BRD, fanden nur sehr selten Punk-Konzerte auf offiziellem Wege statt: Jugendliche hatten nicht die Möglichkeit, Konzerte von Bands aus dem eng- lischsprachigen Raum zu besuchen. Konzerte ostdeutscher, systemkritischer Bands wur- den zumeist im Untergrund, in Kirchen und besetzten Häusern veranstaltet. Fanzines wa- ren in der DDR verboten – die Magazine wurden illegal gedruckt und verteilt.

7.3. DER KLEIDUNGSSTIL

Wie bereits erwähnt, existieren keine nennenswerten länderspezifischen Unterschiede bzgl. des Kleidungsstils. Auch die Recherchen hinsichtlich des deutschen Punks führten zu keinen weiteren Erkenntnissen diesbezüglich: Weder durch Beschreibungen und Er- fahrungsberichten noch durch den Vergleich unterschiedlicher Bilder beider deutschen Szenen können auffällige Gegensätze festgestellt werden. Nichtsdestotrotz existieren Un- terschiede bzgl. der Beschaffung und des Tragens punkiger Kleidung in den beiden Län- dern.

DDR-Punks mussten ihren auffälligen Style verstecken und verkleideten sich, um mit der Staatsgewalt keine Probleme zu bekommen. Andersartigkeit hatte in dem realsozialisti- schen Staat Folgen wie z.B. Schulverweise. Im Gegensatz dazu, erfolgte in der Bundes- republik die Kommerzialisierung der Punk-Mode. D.h. Jugendliche aus dem Westen hat- ten im Vergleich zu DDR-Punks mehrere Möglichkeiten, um an auffallende Kleidung zu gelangen. Außerdem konnten Waren aus dem internationalen Raum importiert werden.

Aufgrund des Mangels an Punk-Utensilien wurden ostdeutsche Jugendliche kreativ und gestalteten ihre Kleidung selbst. In der DDR entstand ein DIY-Ethos, der im Vergleich zu anderen Punk-Szenen viel größer war. Im Gegensatz dazu bezog sich das DIY-

78 Phänomen in der BDR viel mehr auf eigene Plattenlabel und Vertriebe, da bis zum NDW- Boom die Aufmerksamkeit auf Tonträgern angloamerikanischer Bands lag. Im Zuge der Etablierung des US-Hardcores in Deutschland entstanden einige Plattenlabels und Ver- triebe, die von der kapitalistischen Kommerzialisierung Abstand halten wollten.

7.4. SZENENVIELFALT UND MUSIKGENRES

Die einzelnen Punk-Szenen entwickelten sich in allen größeren bundesdeutschen Städten und unterschieden sich voneinander. Erst später entstand eine übergreifende Szene, deren Mitglieder sich gegenseitig besuchten. In der DDR entschlossen sich einzelne Individuen dazu, Punks zu werden. Viele von ihnen waren der Meinung, die einzigen Punks zu sein, bis sie aus Zufall Gleichgesinnte trafen. Die Hauptzentren der DDR-Punks waren die Städte Berlin und Leipzig. DDR-Punks wiesen eine gemeinsame Szene auf, allerdings erhielten einige von ihnen ein ostdeutschlandweites Reiseverbot und konnten Freunde aus anderen Städten nur illegal und selten besuchen – andere DDR-Punks hatten ein Ber- lin-Verbot.

BRD-Punk entwickelte sich im Laufe der 70er- und 80er-Jahre in unterschiedliche Rich- tungen und wies deutlich mehr musikalische Unterformen als der ostdeutsche Punk auf. Zu Beginn teilte sich die Szene in harte und künstlerische Punk-Musik. Aus der künstle- rischen Schiene entstand in weiterer Folge New Wave. Letzterer mündete in die massen- taugliche NDW. Später folgten Oi-Punk sowie die szeneninterne Teilung zwischen Skin- heads, später Glatzen, und Punks. Die 80er-Jahre waren schlussendlich von US-Hardcore und Fun-Punk geprägt. Fun-Punk zeichnete sich durch seine Massentauglichkeit aus. Im Gegensatz dazu, änderte sich DDR-Punk lediglich in seiner Aussage: Die zunächst unpo- litischen Bands wurden im Zuge ihrer Kriminalisierung immer politischer. Außerdem entstand der Sammelbegriff „die anderen Bands“, unter dem auch Punk-Bands vertreten waren. All jene Band-Mitglieder verzichteten auf politische Aussagen, um eine Spieler- laubnis durch die Zulassungskommission zu erhalten.

Ein Grund für die minimale Genre-Entwicklung des DDR-Punks könnte der Mangel an Informationen sein. Ostdeutsche Jugendliche waren auf die geschmuggelten Zeitungsar- tikel und Tonträger angewiesen – die Fanzine-Dichte war minimal. Aufgrund dessen konnten sich DDR-Punks kaum weiterentwickeln und hatten weniger Inspirationsquel- len, im Vergleich zu Jugendlichen in der BRD. Eine weitere Ursache hierfür könnten die erschwerten Reise-Bedingungen der DDR-Punks und (inter-)nationale Konzertverbote

79 sein: Fehlender Freiraum und geringe Vernetzungsmöglichkeiten störten die kreative Weiterentwicklung der Szene womöglich. Zusätzlich hatten die Jugendlichen nicht die Mittel, um qualitative Musik zu produzieren. In vielen Fällen wurden sogar die Musikin- strumente selbst konstruiert.

7.5. TREFFPUNKTE DER SZENE

Sowohl DDR- als auch BRD-Punks versammelten sich auf Straßen und öffentlichen Plät- zen, wobei dieses Verhalten unterschiedliche Ursachen hatte. Punks in der DDR erhielten polizeiliche Verbote, Jugendzentren, -clubs und Lokale zu besuchen. Folglich suchten sie sich neue Treffpunkte wie z.B. öffentliche Plätze. Im Laufe der Zeit setzte sich die evan- gelische Kirche für „problematische“ Jugendliche ein und gewährte ihnen Unterschlupf in ihren Räumlichkeiten – dort durften sie sich treffen und es fanden Veranstaltungen statt.

Die Punks der Bundesrepublik hingegen wählten absichtlich öffentliche Plätze und Stra- ßen für ihre Treffen, um zu provozieren, schockieren und aufzufallen. Neben der Straße gab es in größeren Städten Lokale und Clubs, die Punks ansprachen. Punks, die in länd- lichen Regionen beheimatet waren, konnten sich in Jugendzentren treffen. Zusätzlich fan- den Punker-Treffen und Chaos-Tage statt, während denen Punks aus unterschiedlichen Städten zusammenkamen und sich austauschten.

7.6. POLITISCHE MAßNAHMEN GEGEN PUNKS

In beiden deutschen Staaten kam es zu Zensur-Maßnahmen bzgl. der Punk-Musik, aller- dings unterschieden sich diesen Maßnahmen stark voneinander. In der BRD wurden ein- zelne Lieder indiziert bzw. für den Verkauf an Minderjährige nicht freigegeben. Die Band Slime durfte die Lieder „Polizei, SA, SS“ und „Keine Führer“ nicht veröffentlichen, auf- grund potenzieller Gefährdung Jugendlicher. Auch WIZO durfte „Kein Gerede“ nicht ver- öffentlichen. All jene Lieder wiesen linksextremistische Texte auf. Im Vergleich dazu wurden in der DDR nicht einzelne Lieder verboten, sondern die ganze Band erhielt ein Spielverbot und ihre Bandmitglieder wurden polizeilich verhört und in U-Haft genom- men, weil sie als Gefährdung für den Staat gesehen wurden.

Beide Szenen spielten mit der Nazi-Symbolik und provozierten damit. DDR-Punks waren in der Regel Anarchist*innen, setzten sich für mehr Freiheit, die Überarbeitung des SED-

80 Regimes und gegen eine Wiedervereinigung ein. Punks aus der Bundesrepublik waren grundsätzlich gegen alles, hauptsächlich jedoch gegen Autoritäten, rechtes Gedankengut, die Polizei und den Staat. In der BRD war man allerdings als Punk nicht automatisch Anarchist*in. Fun-Punk bezieht beispielsweise wenig bis gar keine politische Stellung. In den Anfangszeiten wollten Punks in der DDR schlichtweg von der Norm abweichen, auffallen und provozieren. Als sie immer mehr Probleme mit der SED-Führung bekamen, schlugen sie politische Wege ein. Abgesehen von einzelnen Sparten, waren BRD-Punks grundsätzlich politisch aktiv, wobei sie sich im Laufe der Zeit ernsthafteren Themen wid- meten. Im Gegensatz zu den ostdeutschen Punks wurden die des Westens vom Staat we- niger unter Druck gesetzt.

Lorenz Schleyer (vgl. 2020: 17ff.) vergleicht in seiner wissenschaftlichen Hausarbeit „‚Macht aus diesem Staat Gurkensalat‘ – Punk in Ost- und Westdeutschland – ein Ver- gleich der politischen Ansichten“ Punk-Szenen beider deutschen Staaten und setzt den Schwerpunkt auf ihre politischen Ansichten. In seiner Arbeit kommt Schleyer zu ähnli- chen Ergebnissen. Beide Szenen drückten ihre Unzufriedenheit gegen den Staat aus. Hier ist die Reaktion auf beide unterschiedlichen politischen Systeme sehr gut zu erkennen: In der BRD richtete sich die erste Generation gegen das kapitalistische System und sah im Anarchismus eine Alternative. Die DDR-Punks der ersten Generationen hingegen setzten sich für mehr Freiheitsrechte ein. Da in der BRD keine Freiheitsrechte mehr erkämpft werden mussten, richtete sich die Kritik der BRD-Punks gegen das System. Die zweite Generation der BRD-Punks tätigte mehr politische Aussagen als die erste Generation und war politisch links gefestigt. Auch die DDR-Punks der zweiten Generation wandten sich aufgrund enger Kontakte mit oppositionellen Gruppen gegen das System, kämpften al- lerdings weiterhin für Freiheitsrechte.

Im Kern sind der BRD- und der DDR-Punk gleich: Beide Subkulturen kritisierten das sie umgebende politische Regime, hatten Zukunftsängste und wollten sich vom Mainstream distanzieren. Im Zuge des theoretischen Vergleichs konnte allerdings gezeigt werden, dass sich die Szenen auf verschiedenen Ebenen deutlich unterscheiden. Aufgrund des SED-Regimes hatten ostdeutsche Punks wenig Raum, um sich frei zu entwickeln. Sie lernten die Subkultur über einzelne wenige mediale Berichte kennen und versuchten das Gesehene in einer DIY-Manier wiederzugeben. Die Anhänger*innen in der DDR erfuh- ren durch ihre Andersartigkeit Konsequenzen, wie z.B. Schulverweise, Platzverbote und Inhaftierungen. Sie wichen auf kirchliche Räumlichkeiten aus und die Sub-Genre-Vielfalt

81 des DDR-Punks ist sehr gering. Im Gegensatz dazu wurden Punks in der Bundesrepublik toleriert. Aufgrund des gemäßigten Vorgehens gegen sie, entstanden einige deutsche Punk-Bands, Sub-Genres entwickelten sich, Konzerte (inter)nationaler Gruppen fanden statt und Lokale bzw. Veranstaltungsorte wurden eröffnet. Angesichts der Gegensätze stellt sich nun die Frage, ob diese Unterschiede auch in der Punk-Musik beider deutschen Staaten festgestellt werden können.

8. MUSIKALISCHER VERGLEICH DES DDR- UND BRD-PUNKS

Das Hauptaugenmerk des Kapitels liegt nun auf der musikalischen Wahrnehmung des BRD- und DDR-Punks. Dabei werden einerseits Songtexte der Bands Slime und Schleim- Keim mittels einer inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring untersucht. Andererseits werden auf der musiksoziologischen Ebene die unterschiedli- chen Klangformen der Songs analysiert. Dazu werden Paul Honigsheims Annahmen, die er 1964 im Artikel „Die Ähnlichkeit von Musik und Drama in primitiven und totalitären Gesellschaftsformen“ verfasste, adaptiert und an das Thema angepasst.

Hinsichtlich des Themas Punk in der BRD und der DDR wird nun angenommen, dass gesellschaftliche Problematiken in den Songtexten angesprochen werden, sich allerdings die Themen des DDR- und BRD-Punks unterscheiden. Auf wissenschaftlicher Ebene zeigt sich, dass Lieder Medien für kritische Aussagen sind – in ihnen werden gesellschaft- liche Probleme kreativ bearbeitet. Um zwei Beispiele aus der wissenschaftlichen Literatur zu nennen: Herbert Francis Mooney führte die Studie „Popular Music since the 1920“ durch und analysierte Texte von Liedern, die in Amerika zwischen 1890 bis Ende 1950 erschienen sind. Seine Annahme, dass die Songtexte Denkströmungen und Wertewandel wiedergeben, bestätigte sich (vgl. Mooney 1968, zitiert nach Frith 1986: 79). Auch Ravadrad Azam und Faeghi Sahar kommen im Zuge der Studie „Representation of Social Problems in Iranian Social Rap Music Case Study: Songtexts by Yas“, in der sie Rap- Texte mittels einer Textanalyse untersuchen, zu der Erkenntnis, dass gesellschaftliche Stimmungen und Problematiken in Songtexten bearbeitet werden (vgl. Ravadrad und Fa- eghi 2015: o.S.).

82 8.1. SONGTEXTANALYSE

Im folgenden Unterkapitel wird auf den Ablauf der Untersuchung genauer eingegangen. In einem ersten Schritt wird auf die inhaltlich strukturierende qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring Bezug genommen. Danach wird das zu untersuchende Material vorgestellt sowie begründet und Thesen werden auf Basis der vorab recherchierten Theorie gebildet. In weiterer Folge kommt es zur Erstellung des Kategoriesystems. Zum Schluss werden die Ergebnisse anhand der Thesen präsentiert.

8.1.1. QUALITATIVE INHALTSANALYSE NACH MAYRING

Die Inhaltsanalyse nach Mayring bietet den Vorteil des kommunikationswissenschaftli- chen Schwerpunkts, d.h. das Material „wird immer in seinem Kommunikationszusammen- hang verstanden“ und wird „innerhalb seines Kontextes interpretiert“ (vgl. Mayring 2015: 50). Mittels der Inhaltsanalyse wird Kommunikation anhand eines systematischen, regel- und theoriegeleiteten Vorgehens untersucht (vgl. ebd.: 13). Qualitative Inhaltsana- lysen zeichnen sich durch spezielle Analysetechniken und die Zerlegung in vorab festge- legte, einzelne Interpretationsschritte aus (vgl. ebd.: 61). Es gibt drei Grundformen der qualitativen Inhaltsanalyse: Zusammenfassung, Explikation und Strukturierung. Im Zuge der Zusammenfassung wird ein Abriss, der den Inhalt des Materials widerspiegelt, er- stellt. Die Explikation dient zur Erweiterung des zu untersuchenden Materials: Zusätzli- che Quellen werden herangezogen, um unklaren Stellen zu erläutern. Mittels der Struk- turierung werden vorab festgelegte Kriterien aus dem Material herausgefiltert, um „einen Querschnitt durch das Material zu legen oder das Material aufgrund bestimmter Krite- rien einzuschätzen“ (vgl. ebd.: 67). Die Strukturierung basiert im Vergleich zu der Zu- sammenfassung und Explikation auf einer deduktiven Kategorieanwendung, d.h. die Ka- tegorien werden vor dem Analyseprozess festgelegt (vgl. ebd.: 67f.). Die strukturierende Inhaltsanalyse kann wiederum vier verschiedene Formen annehmen: formal, inhaltlich, typisierend und skalierend (vgl. ebd.: 99).

Die inhaltlich strukturierende qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring ermöglicht es, Themen, Inhalte und Aspekte aus dem Material zu exzerpieren und zusammenzufassen. Welche Inhalte in die Analyse aufgenommen werden, wird durch vorab entwickelte Ka- tegorien festgelegt (vgl. Mayring 2015: 103). Für die Untersuchung der deutschen Punk- Musik anhand ihrer Songtexte wurde dieses Verfahren gewählt, da durch die detaillierte Theorie-Recherche bereits viel Vorwissen existiert, d.h. ein unvoreingenommener Blick

83 in das zu untersuchende Feld ist nicht möglich. Anhand der Theorie können allerdings Annahmen gebildet werden, die für die Analyse und Kategorienbildung von Vorteil sind. Unterkategorien und neue Kategorien werden während des Analyseprozesses induktiv hinzugefügt. Dieses Vorgehen ermöglicht es, weitere Aspekte, die während der Ausar- beitung des Kategoriesystems nicht bedacht wurden, zu beleuchten. Die Songtextanalyse wird mit dem Programm MAXQDA durchgeführt.

8.1.2. DAS UNTERSUCHUNGSMATERIAL

Für die Analyse der deutschen Punk-Musik werden Songtexte von Punk-Bands aus der DDR und BRD herangezogen. Die Blütezeit des Deutschpunks war in den 80er-Jahren, weshalb ausschließlich Alben und Singles, die in den 80er-Jahren erschienen sind oder in den 80er-Jahren produzierte Lieder beinhalten, in die Analyse eingehen. Sampler, d.h. Zusammenstellungen von Songs unterschiedlicher Künstler*innen, und Live-Alben wer- den in die Analyse nicht miteinbezogen.

8.1.2.1. Schleim-Keim

Die Auswahl der ostdeutschen Bands gestaltete sich schwierig. Aufgrund der Politisie- rung und Kriminalisierung der Punks, Verfolgungen durch die Stasi und fehlender Ton- studios sowie Verkaufsmöglichkeiten, entstanden nur wenige Punk-Bands und -Tapes in Ostdeutschland. Zumeist existiert heutzutage lediglich der Name der ostdeutschen Band, d.h. Alben, Songs sowie Songtexte sind (online) nicht verfügbar. Die Qualität der verfüg- baren Aufnahmen ist teilweise so schlecht, dass der Gesang akustisch schwer nachvoll- ziehbar ist. So sind beispielsweise unterschiedliche Alben der Bands Namenlos, Wutan- fall und ihres Nachfolgers L’Attentat auf der Online-Video-Plattform YouTube vorhan- den, die Songs sind jedoch so schlecht produziert, dass die Stimmen nicht klar sind und durch Rauschen übertönt werden. Zusätzlich ist keine schriftliche Dokumentation der Songtexte (im Internet) verfügbar. Folglich können nur Songtexte jener Bands analysiert werden, die akustisch nachvollziehbar sind bzw. schriftlich zur Verfügung stehen. Bereits während der Recherche nach passenden Alben, wurde ersichtlich, dass ostdeutsche Punk- Bands deutlich weniger Musik veröffentlichten als die der Bundesrepublik.

Die Band Schleim-Keim ist eine der wichtigsten DDR-Punk-Bands und erfüllt das Krite- rium der akustischen bzw. schriftlichen Nachvollziehbarkeit. Dieter Ehrlich (Otze),

84 Schleim-Keims Sänger, wurde von der Band Sham 69, John Peels Radiosendungen auf der BBC und der Sendung Zündfunk von Bayern 2 maßgeblich geprägt. Gemeinsam mit seinem Bruder Klaus spielten sie Musik im Kinderzimmer. Dazu nutzten sie selbstge- baute Instrumente und Verstärker: Dieter Ehrlichs erstes Schlagzeug war ein selbstge- schlagenes mit Lammfell bespanntes Becken und der Verstärker war ein altes Radio. An- dreas Deubach (Dippel) war Schleim-Keims Bassist (vgl. Teschner 2019: 9f.).

Die ersten Konzerte der ostdeutschen Band fanden bei der OA im Johannes-Lang-Haus in Erfurt statt. 1982 lernte Dieter Ehrlich während einer Veranstaltung Sascha Anderson kennen. Gemeinsam planten sie einen DDR-Sampler in Westdeutschland zu veröffentli- chen (vgl. ebd.: 10). Anfang 1983 begannen die Aufnahmen mit den Bands Rosa Extra, Zwitschermaschine und Schleim-Keim. Rosa Extra bekam allerdings Probleme mit dem MfS und entschloss sich dazu, ihre Lieder nicht zu veröffentlichen. Schleim-Keim ersetz- ten ihren Bandnamen durch Sau-Kerle (vgl. Preuß 2013: 131ff.). 1983 erschien der Samp- ler „DDR von unten/enDe“ bei dem West-Berliner Label Aggressive Rockproduktion (vgl. Teschner 2019: 10).

Nach Veröffentlichung des Samplers wurde Dieter Ehrlich regelmäßig verhaftet sowie inhaftiert und es kam oftmals zu Umbesetzungen von Schleim-Keim. Dieter Ehrlich war ein wichtiges Mitglied der ostdeutschen Punk-Subkultur und prägte die Szene maßgeb- lich: Er drängte niemanden seine Ideologie auf und schrieb in seinen Texten über die Freiheit, den Punk-Alltag sowie Probleme, mit denen DDR-Punks zu kämpfen hatten. Nach 1989 erschienen noch einige Alben von Schleim-Keim. Dieter Ehrlich begann Dro- gen zu konsumieren und in den 90er-Jahren starb seine Mutter. 1999 erschlug Dieter Ehr- lich seinen Vater, woraufhin er sein Leben in einer psychiatrischen Anstalt verbringen musste. Am 23. April 2005 starb er in einer forensischen Einrichtung aufgrund eines Herzversagens (vgl. ebd.: 10-14).

In der folgenden Tabelle werden die Alben der Band Schleim-Keim, die in den 80er-Jah- ren veröffentlicht wurden, aufgelistet.

Band Album Erscheinungsjahr DDR von unten 1983 Schleim-Keim Nichts gewonnen, nichts verloren 2000 Nichts gewonnen, nichts verloren Vol. 2 2002 Tabelle 1: Alben der Band Schleim-Keim

85

Für die Analyse werden alle drei Alben herangezogen. Die Lieder „Sieh dort“, „Unter- grund & Anarchie“, „Karnickel II“ und „Ich bleib hier“ werden in die Analyse nicht auf- genommen, da der Gesang durch die schlechte Qualität nicht verständlich ist.

8.1.2.2. Slime

Im Vergleich zur DDR existierten in den 1980ern in der Bundesrepublik mehr Punk- Bands. Diese Tatsache gestaltete die Auswahl der Band nicht einfach. Da Schleim-Keim eine bekannte Band in Ostdeutschland war, schien es naheliegend, eine ebenso bekannte Band aus der Bundesrepublik als Repräsentant für den BRD-Punk auszuwählen. Slime ist seit Beginn der deutschen Punk-Szene aktiv sowie bekannt, vertritt eine politisch extreme Einstellung und erregte bereits in den 80er-Jahren in der Bundesrepublik großes Aufsehen durch provokante Lieder, die bis heute indiziert sind – das erste Album „Wir wollen keine Bullenschweine“ ist beispielsweise auf dem Streamingdienst Spotify nicht verfügbar.

Elf, Eddie und Ball gründeten Slime 1979 in Hamburg. Dirk Jora wurde erst später Sänger der Band. 1980 wurde die erste Single „Bullenschweine“ veröffentlicht – zu jener Zeit trat Slime bereits auf Schulfesten und politischen Veranstaltungen auf. Mit dem ersten Album, das die Bandmitglieder ohne Label und Vertrieb eigenständig produzierten, er- hielt die Punk-Band erste Aufmerksamkeit aufgrund von Songs wie z.B. „Bullen- schweine“ oder „A.C.A.B.“. 1982 kam es immer häufiger zu szeneninternen Streitereien und Prügeleien mit alteingesessenen Punks und linken Autonomen. Auslöser dafür war Slimes steigende Popularität, in der sie kapitalistische Züge feststellten. Die radikalen Songtexte hatten allerdings Folgen: Es kam zu Anzeigen, Hausdurchsuchungen und Kon- fiszierungen des ersten Albums im gesamten Land. Die Songs „Deutschland“, „Bullen- schweine“ und „Polizei SA/SS“ wurden zensiert und durften nicht mehr vor Publikum gespielt werden (vgl. Slime o.J. a: o.S.).

1984 trennte sich die Band aufgrund der Vorwürfe, sie seien zu kommerziell geworden, allerdings spielte Slime zwischen 1985 bis 1989 auf Konzerten, wie z.B. im Lokal „Logo“ für einen Hafenstaßen-Soli-Gig. Obwohl Slime in den Jahren nur selten vor Publikum spielte und keine neuen Alben veröffentlichte, wuchs der Bekanntheitsgrad der Band ste- tig (vgl. Slime o.J. b: o.S.). Nach dem Fall der Berliner Mauer und einem Konzert im Stadion des Hamburger Fußballklubs St. Pauli vor 10.000 Besucher*innen, fassten die

86 Bandmitglieder den Entschluss, sich wiederzuvereinigen (vgl. Slime o.J. c: o.S.). Mitte der 1990er-Jahre kam es abermals zur Trennung, allerdings blieb auch danach das Inte- resse der Fans groß und es konnten auch neue Anhänger*innen gewonnen werden (vgl. Slime o.J. d: o.S.). Ab 2009 gab Slime wieder Konzerte und spielte auf Festivals. Ende 2010 ging die Band auf Tour durch Deutschland, Österreich und die Schweiz (vgl. Slime o.J. e: o.S.). Slime ist bis heute aktiv und brachte 2020 das Album „Wem gehört die Angst“ heraus. Mitte April teilte Slime auf der offiziellen Facebook-Seite mit, dass Dirk Jora, der Sänger von Slime, die Band aus gesundheitlichen Gründen verlässt und die für 2021 geplante Tour abgesagt werden muss.

In der folgenden Tabelle werden die Alben, die Slime in den 80er-Jahren veröffentlichten und die für die Analyse herangezogen werden, aufgelistet:

Band Album Erscheinungsjahr Wir wollen keine Bullenschweine 1980 Slime I 1981 Slime Yankees raus 1982 Alle gegen Alle 1983 Tabelle 2: Alben der Band Slime

8.1.3. THESEN

Bereits im sechsten Kapitel wurden die Unterschiede beider Punk-Szenen ausgearbeitet. Nun werden die Thesen, die im Zuge der Analyse der Songtexte beantwortet werden sol- len, vorgestellt. Sie werden allgemein formuliert und anhand der Songtextanalyse der vorher vorgestellten Bands überprüft. Das Kategoriesystem der inhaltlich strukturieren- den qualitativen Inhaltsanalyse basiert auf den nun folgenden theoretischen Annahmen.

- Im DDR-Punk wird inhaltlich auf fehlende Freiheitsrechte Bezug genommen. Im Ge- gensatz dazu, werden die Polizei, der Staat und rechtes Gedankengut von BRD-Punks stärker kritisiert.

DDR-Punks kämpften für mehr Freiheiten. BRD-Punks mussten sich keine Freiheits- rechte erarbeiten, also kritisierten sie die Polizei, den Staat und rechtes Gedankengut.

87 Allgemein formuliert, erkannten Punks aus beiden deutschen Staaten keine Autoritäten an, weshalb angenommen wird, dass sowohl DDR- als auch BRD-Punk-Texte anarchis- tische Züge aufweisen. Mittels der Inhaltsanalyse wird untersucht, ob diese Kampfflä- chen in den Liedern von Slime und Schleim-Keim wiedergegeben werden.

- Sowohl im DDR-Punk als auch BRD-Punk wird inhaltlich auf globale Probleme wie z.B. Umweltzerstörung eingegangen.

Die Punk-Bewegungen beider deutschen Staaten hatten mit Umweltgruppierungen Kon- takt. Durch die Inhaltsanalyse soll in Erfahrung gebracht werden, ob sich dieser Kontakt auf die Inhalte der Songtexte von Slime und Schleim-Keim ausgewirkt hat.

- Die DDR-Punks kritisieren das politische System, unter dem sie leben, mit der Phrase „Too much Future!“ – die BRD-Punks mit der Phrase „No Future!“.

Zu jener Zeit hatten es Jugendliche in der Bundesrepublik nicht leicht, denn es herrschte unter anderem hohe Arbeitslosigkeit. BRD-Punks hatten Zukunftsängste und sahen keine Perspektive im kapitalistischen System, das sie umgab – die Phrase „No Future!“ wurde zu ihrem Statement. Ostdeutsche Punks wurden ebenso von Zukunftsängsten gequält, kritisierten jedoch das System im Hinblick auf eine zu stark durchgeplante Zukunft. Aus dem Grund wurde „Too much Future!“ zu ihrem Leitspruch. Durch die Inhaltsanalyse wird untersucht, ob diese Statements in den Songtexten von Slime und Schleim-Keim wiedergegeben werden.

- DDR-Punks erwähnen in den Songtexten Kirchen nicht – BRD-Punks kritisieren sie.

Im Gegensatz zu BRD-Punks hatten Punks der DDR intensiven Kontakt mit Vertreter*in- nen der evangelischen Kirche, denn sie boten systemkritischen Jugendlichen zu jener Zeit, als sie starke Repressionen erfuhren, Unterschlupf an und die Möglichkeit Veran- staltungen durchzuführen. Kirchen spielten allerdings für die ostdeutsche Bevölkerung keine große Rolle. Aufgrund der besonderen Situation der DDR-Punks und der eher ge- ringen Wahrnehmung der Kirchen wird angenommen, dass ostdeutsche Punks, d.h. Schleim-Keim, Kirchen in ihren Songtexten weder erwähnen noch kritisieren. Da BRD-

88 Punks eine kritische Haltung gegenüber traditionellen Institutionen einnehmen, ist davon auszugehen, dass auch die Kirche Kritik erfährt.

8.1.4. KATEGORIESYSTEM

Im folgenden Unterkapitel wird das Kategoriensystem, das die inhaltlich strukturierende qualitative Inhaltsanalyse stützt, vorgestellt. Dazu werden Definitionen und Kodierre- geln, falls notwendig, ausgearbeitet. Ankerbeispiele dienen zur Veranschaulichung der jeweiligen Kategorien. In einem ersten Schritt werden die Kategorien auf Basis der The- orie und der aufgestellten Thesen gebildet. Danach wird das zu untersuchende Material anhand des vorläufigen Kategoriensystems gesichtet, um Ankerbeispiele und Unterkate- gorien festzulegen. Zum Schluss wird das Kategoriensystem nochmals auf das gesamte zu untersuchende Material angewandt.

8.1.4.1. Freiheitsaspekt

Das Thema Freiheit kann in Songtexten unterschiedlich zum Ausdruck kommen. Haupt- augenmerk liegt hierbei auf Textzeilen, die sich auf fehlende Freiheitsrechte und das Er- kämpfen von bzw. den Wunsch nach mehr Freiheit beziehen. In diese Kategorie fallen ausschließlich Texte von Schleim-Keim, denn nur in der DDR war dies relevant. Nach dem ersten Durchgang konnte festgestellt werden, dass Schleim-Keim zusätzlich Taktiken des Überwachungsstaats kritisiert.

Kategorie Unterkategorien Ankerbeispiele „Wir wollen nicht mehr, wie ihr wollt! / Wir Freiheit wollen unsere Freiheit!“ Freiheitsaspekt Schleim-Keim „Nacht und Tag, Tag und Nacht, / Sicherheit Überwachung wir stehen auf Wacht.“ Tabelle 3: Kategorie „Freiheitsaspekt“

89 8.1.4.2. Politische Aussagen

Mittels der Kategorie „Politische Aussagen“ wird Slimes Ablehnung von rechtem Gedan- kengut, dem Staat und der Polizei untersucht. Zusätzlich werden die Songtexte auf anar- chistische Tendenzen analysiert. Im Zuge der ersten Sichtung des zu untersuchenden Ma- terials konnte jedoch festgestellt werden, dass in Slimes Songtexten mehrere Themen an- gesprochen werden. Außerdem bearbeitet Schleim-Keim ähnliche Themen. Demnach ge- staltet sich die Kategorie wie folgt:

Kategorie Unterkategorien Ankerbeispiele Revolten/Demonstrati- „Gesetze sind zum Brechen da!“ onen Anarchismus/Ableh- „Keine Führer für dich und mich!“ nung von Autoritäten „Ich hasse alle Spießer, / morgens Gesellschaftskritik in der S-Bahn!“ Slime „Deutschland muss sterben, damit BRD-Kritik wir leben können!“ Politik-Kritik „I hate all their politics!“ „Sie prügeln Rote und schützen Faschismus Braune.“ Polizei-/Bundesheer- „All cops are bastards!“ Kritik Politische Aussagen Revolten/Demonstrati- „Stellt euch zusammen zu euren onen Freunden und schlagt endlich zu!“ Anarchismus/Ableh- „Chaos, Punk und Anarchie,“ nung von Autoritäten „Keiner macht das Maul auf, / Gesellschaftskritik wenn ihm was nicht gefällt.“ Schleim-Keim „Ich wär‘ so gern in Bayernlande / BRD-Kritik als Führer einer Nazi-Bande.“ „Schwarz-Rot-Gold, hab’s nicht ge- DDR-Kritik wollt, / dass Deutschland sich die Russen holt.“ „Die westdeutschen Touristen / sind Faschismus alles nur Faschisten“ Tabelle 4: Kategorie „Politische Aussagen“

90 8.1.4.3. Globale Probleme

Der Theorie zufolge sollten sowohl die Bandmitglieder von Slime als auch die von Schleim-Keim globale Probleme in ihren Songtexten bearbeiten. Demnach bezieht sich die Kategorie auf die Songtexte ost- und westdeutscher Punk-Musik. Unter „globalen Problemen“ werden alle Thematiken verstanden, die internationale Probleme darstellen, wie z.B. Klimaerwärmung und Umweltverschmutzung.

Kategorie Unterkategorien Ankerbeispiele Umwelt „wo Leben und Umwelt keinen interessieren,“ Industrie/ „Oh, Maschine, heiliges Gericht, / oh. / Unter- Technik drückungsapparat, / oh.“ Slime „Wo Raketen und Panzer den Frieden si- Krieg-Kritik chern,“ Kapitalismus- „Gold sind die Hände der Bonzenschweine“ Kritik Globale Probleme Umwelt „wir machen alles zu Schutt und Müll!“ Industrie/ „uns zerstört die Industrie.“ Technik Schleim-Keim „Kriege machen Menschen, Menschen ma- Krieg-Kritik chen Krieg.“ Kapitalismus- „Sie kümmert nur ihr fetter Bauch / Kritik und die Tasche voller Geld.“ Tabelle 5: Kategorie „Globale Probleme“

8.1.4.4. Zukunftsängste

Für die Untersuchung der Zukunftsängste werden zwei Kategorien festgelegt: „Too much Future!“ und „No Future!“. Durch das Statement „Too much Future!” brachten ostdeut- sche Punks ihre Unzufriedenheit mit dem DDR-Regime zum Ausdruck. Genauer geht es hier um eine zu stark vorgeplante Zukunft. Die Kategorie „Too much Future!“ (s. Tabelle 6) bezieht sich ausschließlich auf Songtexte von Schleim-Keim. Hierunter fallen Textzei- len, durch die der vorgeplante Weg in Bildung, Arbeit und Alltag kritisiert wird. Dabei wird hauptsächlich auf vorgeschriebene Gedanken, Normen und einen vorgeplanten Le- benslauf eingegangen. Schleim-Keim beschäftigt sich zudem mit den Folgen der Anders- artigkeit als Punk gegenüber der „normalen“ ostdeutschen Bevölkerung . Zusätzlich wird übermäßiger Alkoholkonsum erwähnt.

91 Kategorie Unterkategorien Ankerbeispiele

„Gedanken werden sterilisiert, / Vorgeschriebene Gedanken Worte durch Zensur kastriert,“ „Schaffst du keine Norm, / bist du Folgen der Andersartigkeit hier verloren.“ Vorgeschriebene/r Norm/ Lebens- „Norm, Norm, Norm, / du bist zur lauf Norm geboren.“ „Too much Schleim-Keim „Nichts gewonnen, nichts verlo- Future!“ Lebensunzufriedenheit ren. / Wozu werden wir gebo- ren?“ „Schwarz-weiß, schwarz-weiß, / Eintönigkeit was soll der ganze Scheiß?“ „Wenn ich mit dir wegfahr‘, trink‘ Alkohol ich auch kein‘ Alkohol!“ Tabelle 6: Kategorie „Too much Future!“

Das Statement „No Future!“ der BRD-Punks brachte die Unzufriedenheit der Punks mit der aktuellen Situation in der Bundesrepublik zum Ausdruck: Zukunftsängste und Ar- beitslosigkeit. Wenn Slimes Textpassagen Arbeitslosigkeit, Alkohol und Eintönigkeit thematisieren, werden sie in diese Kategorie aufgenommen.

Kategorie Unterkategorien Ankerbeispiele „You have to pay the cost, your job is gone and Arbeitslosigkeit lost.“ „Langeweile in der U-Bahn, Langeweile im Eintönigkeit Bus, / genervt von der Arbeit, ob das sein „No Future!“ Slime muss?“ „well, I wish I was someone, someone else, not Lebensunzufriedenheit me!“ „Der normalste Stand seit langer Zeit, / 1,7 Alkohol Promille.“ Tabelle 7: Kategorie „No Future!“

8.1.4.5. Religion

Unter Religionskritik werden alle Formen der Kritikausübung hinsichtlich religiöser The- men verstanden. Dabei wird nicht ausschließlich auf Religionen Bezug genommen,

92 sondern auch auf Kirchen, Geistliche und Gläubige. Die Kategorie bezieht sich auf west- deutsche Punk-Musik, denn es wird angenommen, dass DDR-Punks aufgrund ihrer be- sonderen Situation und der allgemein eher geringen Wahrnehmung der Kirchen in der DDR, religiöse Thematiken in ihren Songtexten weder erwähnen noch kritisieren. Im Zuge des ersten Analysedurchgangs konnte allerdings festgestellt werden, dass Schleim- Keim Religion, wenn auch nur minimal, in den Songtexten bearbeitet. Demnach wurden für die ostdeutsche Band eine weitere Unterkategorie gebildet.

Kategorie Unterkategorien Ankerbeispiele „Auch Jesus und Mohammed, / sie verhinderten nie einen Slime Kritik Krieg.“ Religion „Nun ist alles scheißegal, denn im Himmel gibt es keine Schleim-Keim Norm!“ Tabelle 8: Kategorie „Religion“

8.1.4.6. Unterdrückung

Die Kategorie „Unterdrückung“ wurde nach dem ersten Durchgang des Materials induk- tiv hinzugefügt und bezieht sich auf Unterdrückungs-Erfahrungen der DDR- und BRD- Punks. Im Gegensatz dazu werden mit der Kategorie „Freiheitsaspekt“ nur Textzeilen erfasst, die sich auf das Beklagen fehlender Freiheitsrechte und den Wunsch nach bzw. das Erkämpfen von mehr Freiheit beziehen.

Kategorie Unterkategorien Ankerbeispiele System „Oppression everywhere!“ Slime „They say it’s law an order, but we live in Polizei fear!“ Unterdrückung System „Rechtlose Chaoten!“ Schleim-Keim „Bullen holen dich von der Straße weg, / Polizei denn sie denken, du bist nur Dreck!“ Tabelle 9: Kategorie „Unterdrückung“

93 8.1.5. ERGEBNISSE DER INHALTSANALYSE

Im Zuge der qualitativen strukturierenden Inhaltsanalyse wurden nun Schleim-Keims und Slimes Alben (s. Tabelle 1 und Tabelle 2) analysiert. Im vorliegenden Kapitel werden die Ergebnisse im Hinblick auf die generierten Thesen vorgestellt.

8.1.5.1. Freiheitsrechte, politische Aussagen und Anarchie

In der ersten These wurde formuliert, dass sich der DDR-Punk in seinen Songtexten auf den Freiheitsaspekt konzentriert. Im Vergleich zu dem Punks aus der Bundesrepublik, die durch Slime repräsentiert werden, thematisiert Schleim-Keim aus Ostdeutschland den Freiheitsaspekt im Hinblick auf staatliche Maßnahmen in den Songtexten. In erster Linie wird auf das Erkämpfen von Freiheitsrechten Bezug genommen, wie z.B. die ersten Zei- len Schleim-Keims Lied „Schwarz-Weiß“ zeigen: „Sprengt die Ketten, die euch ketten, / sprengt die Ketten der Macht! / Zertrümmert die Mauern, die euch umgeben, / es wird Zeit, dass es kracht!“ Dabei könnten die Ketten das System, das für die fehlenden Frei- heitsrechte verantwortlich ist, symbolisieren. Außerdem werden Personen dazu aufgefor- dert, Freiheitsrechte zu erkämpfen, indem die „Ketten der Macht gesprengt werden“.

Im Lied „Fresst die Scheiße, die wir euch geben“ wirft die Band dem Staat fehlende Frei- heitsrechte vor: „Die Freiheit können wir euch nicht geben, / denn ein dummes, freies Volk bringt Gefahr“. In „Zu spät“ wird ein Vergleich zwischen dem SED-Regime und einer Diktatur aufgestellt: „Leben, Freiheit, schnell, vergiss es! / Diktatur herrscht, besser friss es!“. Zusätzlich werden die staatlichen Überwachungsmechanismen, die sich in übertriebenen Sicherheitsmaßnahmen zeigten, kritisiert. Mit „Spione im Café“ themati- sieren Schleim-Keim die ständige Überwachung, unter der sie litten: „Spione im Café, / wenn ich sowas seh‘, / tut mir alles weh, / von der Schnauze bis zum Zeh.“

Weiters wurde in der ersten These angenommen, dass BRD-Punks in ihren Songtexten politische Aussagen gegen den Staat, die Polizei und rechtes Gedankengut thematisieren, allerdings konnte im Zuge der Songtextanalyse festgestellt werden, dass sowohl Slime als auch Schleim-Keim politische Statements treffen. Im Gegensatz zu Schleim-Keim nimmt Slime jedoch auf politische Themen vielfältiger und aussagekräftiger Bezug. Beide Bands kritisieren nationalsozialistisches Gedankengut. So heißt es in Schleim-Keims Lied „Nichts verloren“ beispielsweise: „Wozu wurden wir geboren? / Geboren zum Bumsen? / Geboren zum Fressen? / Oder, um vergangene Schande zu vergessen?“. In „Wir wollen

94 keine Bullenschweine“ nimmt Slime mit den Zeilen „Der Faschismus hier in diesem Land, / nimmt allmählich Überhand.“ Bezug auf den Faschismus. Im Gegensatz zu Schleim-Keim zieht Slime oftmals Zusammenhänge zwischen nationalsozialistischem Gedankengut und der Polizei. So zeigt sich in „Polizei, SA, SS“ die Ablehnung der Poli- zei und zugleich der Vergleich zwischen Faschist*innen und Polizist*innen: „Ihr lieben Polizisten in der BRD, / ich will euch mal was sagen, hört mal alle her. / Ihr seid moderne Nazis, das steht für uns fest, / kommt, lasst uns doch in Ruhe, ihr seid schlimmer als die Pest!“. In „Ich hasse“ wird ein ähnlicher Vergleich herangezogen: „And I hate the Nazi pigs67! / I hate them all! / I hate, I hate, I hate them all!“.

Wie in der ersten These angenommen, trauen sich die Bandmitglieder von Slime, im Ge- gensatz zu jenen von Schleim-Keim, die Polizei auf textlicher Ebene anzugreifen. Dabei werden Verbindungen zwischen Nazis und Spießer*innen gezogen und es wird zur Ver- nichtung der Polizei aufgerufen. Besonders in „Wir wollen keine Bullenschweine“ wird aggressive Haltung der BRD-Punks gegenüber den Staatsorganen offensichtlich: „Ein Drittel Heizöl, zwei Drittel Benzin68, / wie ‘68 in Westberlin. / Diese Mischung ist wir- kungsvoll, / diese Mischung knallt ganz toll! / Wir wollen keine Bullenschweine!“. Auch in „A.C.A.B.“69 wird die Meinung der bundesdeutschen Punks ersichtlich: „See them walking down the streets all day, A.C.A.B.! / See them walking down the streets all night, A.C.A.B.! / Never heard of human dignity, A.C.A.B.! / Working for a fascist machinery, A.C.A.B.!”. Hier zeigt sich zusätzlich die Verbindung zwischen faschistischem Gedan- kengut und der Polizei.

Die Annahme, dass sowohl DDR- als auch BRD-Punks Autoritäten nicht anerkennen, konnte bekräftigt werden, denn es fanden sich in den Songtexten beider Bands anarchis- tische Tendenzen. Die Punks sprechen sich nicht direkt für den Anarchismus aus, erken- nen allerdings, wie vermutet, keine Autoritäten an. In Slimes Lied „Keine Führer“ wird die Ablehnung von Autoritäten deutlich: „Kein Chef für dich, kein Boss für mich, / keine

67 Das englische Wort „pig“ bedeutet im Deutschen „Schwein“ und wird in der US-Szene häufig als Syno- nym für Polizist*innen verwendet. 68 Der Inhalt eines Molotow-Cocktails besteht aus einem Drittel Heizöl und zwei Drittel Benzin. Die Flüs- sigkeit wird in eine Glasflasche gefüllt und die Öffnung wird mit einem herausstehenden Tuch verschlos- sen. In weiterer Folge wird das Tuch angezündet und die Flasche weggeschmissen. Aufgrund einer chemi- schen Reaktion explodiert die Falsche und das Feuer kann mit Wasser nicht gelöscht werden (vgl. Powell 1989: 148). 69 Die Abkürzung „A.C.A.B.“ steht für „All Cops Are Bastards“ und soll die Kritik an der Polizei verdeut- lichen. Als Synonyme werden „1312“ und „acht Cola, acht Bier“ verwendet (vgl. Miller-Idriss 2017: 58).

95 Früher für dich und mich!“. Schleim-Keim versetzt sich in „Der Diktator“ in einen Herr- scher: „Wenn ich erst der Herrscher bin, dann seid ihr alle dran, / dann schick ich euch alle zur Hölle, denn ich bin euer Mann! / Der Mann ganz oben an der Spitze da ist für mich die Macht. / Ich bin der Herrscher über alles, werde das Feuer entfachen!“. Zusätz- lich rufen Schleim-Keim und Slime zur Revolte auf. Schleim-Keim appelliert dabei in „Prügelknaben“ an die Bevölkerung „Wir sind das Volk, wir sind die Macht, / wir fordern Gerechtigkeit! / Wir sind das Volk, wie sind die Macht! /Es ist zu spät, wenn es erst mal kracht!“. Slime revoltiert in „Hey Punk“ gegen das System: „Hey, Punk, zeig‘ ihnen, wer du bist! / Hey, Punk, noch kein Terrorist! / Hey, Punk, spuck‘ ihnen ins Gesicht! / Hey, Punk, anders geht’s nicht! / Weg mit dem Scheißsystem!“.

Überdies konnte im Zuge der Songtextanalyse festgestellt werden, dass beide Bands die Gesellschaft und das politische System attackieren, allerdings kritisiert Schleim-Keim in den Texten das gesamte Deutschland, d.h. die BRD und die DDR – Slime thematisiert ausschließlich die BRD. Schleim-Keims „Keine Wut mehr im Wanst“ handelt von der Trägheit der Gesellschaft, Lebensumstände zu ändern: „Gemütlich an ‘nen Tisch hier setzen / und sich über ‘n Witz zerfetzen, / das Bier in Ruhe ausgetrunken, / Mann, seid ihr ein paar Halunken!“. In „ATA, Fit, Spee“ wird das ostdeutsche System sarkastisch kriti- siert, indem Schleim-Keim Alltagsprodukte, wie z.B. Spülmittel, aufzählen und so lob- preisen, als gäbe es all jene Produkte nur in der DDR: „ATA, Fit, Spee, RFT, / Boxerjeans, auf die ich steh‘, / Kittifix Kleber, der hält, / bei uns bekommt man was für sein Geld! / Das alles gibt es nur bei uns!“. In „Deutschland muss sterben“ erteilt Slime Deutschland eine Kampfansage: „Deutschland muss sterben, damit wir leben können!“. „D.I.S.C.O.“ stellt eine Beschreibung des Verhältnisses zwischen Punks und der Gesellschaft dar: „Hirnis, überall, wohin du siehst. / Sie sind geschniegelt, gebügelt und verspießt. / Sie sind hirnlos, machtlos, haben kein Gewissen. / Solche Typen haben bei uns verschissen!“.

8.1.5.2. Globale Probleme

In der zweiten These wird davon ausgegangen, dass sowohl DDR- als auch BRD-Bands globale Probleme thematisieren und wie die Analyse aufzeigt, bearbeiten sowohl Slime als auch Schleim-Keim Themen wie Umweltverschmutzung, Industrie sowie Technik und kritisieren Krieg sowie Kapitalismus. Kapitalismus ist für beide Bands ein Grund, wieso schlechte Lebensbedingungen herrschen und weshalb die Welt langsam verfällt, so Slime in dem Lied „Alptraum“: „Millionen Menschen sind am Verrecken, / doch wir leben in

96 der Fortschrittszeit. / Dieser Fortschritt ist der Anfang vom Ende, / denn der Untergang ist nicht mehr weit“. Slime bearbeitete weitere Motive der Kapitalismuskritik in den Songtexten, wie z.B. Geldgier, Konsum und die Technologisierung der Arbeitswelt, ein Resultat der Industrialisierung. Im Gegensatz dazu kritisiert Schleim-Keim die kapitalis- tische Welt zumeist nicht direkt, sondern auf symbolischer Ebene. Ein Beispiel dafür ist das Lied „Geldschein“: „Ein Geldschein sein, ein Geldschein sein, ein Geldschein sein, / heißt in gute und in böse Sachen verwickelt sein. / Heute kauft man mit mir Blumen für die Liebste ein, / doch morgen schon kann ich der Lohn für eine Untat sein“.

Punks erkannten Probleme, die aufgrund des Fortschritts in Industrie und Technik ent- standen sind, nahmen sich dieser Themen an und bearbeiteten sie in Songtexten. Schleim- Keim singen dazu in „Chaos, Punk & Anarchie“: „Uns zerstört die Industrie. / Industrie- gestank wie nie, / wir machen alles zu Schutt und Müll!“. Die Punks aus der Bundesre- publik reflektieren in dem Lied „Deutschland muss sterben“ die Umweltverschmutzung und setzen sie in Bezug zu Deutschland: „Schwarz ist der Himmel, Rot ist die Erde, / Gold sind die Hände der Bonzenschweine, / doch der Bundesadler stürzt bald ab, / denn Deutschland, wir tragen dich zu Grab!“. Auf der einen Seite sind die Farben Schwarz, Rot und Gold die Farben Deutschlands. Andererseits könnten die Farbe Schwarz die Luft- verschmutzung, Rot Waldbrände und Gold Geld symbolisieren.

Außerdem wird Krieg von den Punk-Bands beider deutscher Staaten nicht akzeptiert. Ne- ben der oppositionellen Einstellung gegenüber Krieg, lehnt Slime die Bundeswehr ab, wie das Lied „We don’t need the Army“ zeigt: „If you’re not a fool, a victim of insanity, / I’ll tell you something, just listen to me! / We don’t need the army! No, no, no! / We don’t want a war! No, no, no!”. In Slimes Krieg-Kritik wird zusätzlich auf andere Länder hin- gewiesen. So werden Verbindungen zwischen dem Krieg und US-Amerika sowie Viet- nam in „Yankees raus“ hergestellt: „USA, das Blut fließt durch sie jeden Tag! / USA, das Blut fließt durch sie seit dem Tag, seitdem es sie gibt!“ und „Tausende von Menschen: Männer, Frauen Kinder, / zerfetzt von Napalm in Vietnam“. Krieg wird in den ostdeut- schen Songtexten selten thematisiert und bezieht sich größtenteils auf eine allgemeine Ablehnung des Kriegs, wie z.B. „Kriege machen Menschen, / Menschen machen Krieg“ in „Kriege machen Menschen“ oder die Zeilen des Songs „Tag & Nacht“ „Sicherheit gleich Größenwahn, / aufgedreht den Rüstungshahn“, wenngleich hier Waffen abgelehnt und in Bezug zu den Sicherheitsmaßnahmen des DDR-Regimes gesetzt werden.

97 8.1.5.3. Zukunftsängste

In der dritten These wird davon ausgegangen, dass „Too much Future!“ das Statement der ostdeutschen Punks ist, mit dem sie ihre Lebensunzufriedenheit ausdrücken. Das Statement wird in den Songtexten nicht direkt erwähnt, allerdings wird eine mangelnde Lebensunzufriedenheit der DDR-Punks deutlich. Themen sind z.B. die vorgeschriebenen Normen und die Folge der Andersartigkeit der Punks. Besonders in Schleim-Keims Lied „Abfallprodukte der Gesellschaft“ wird die Situation der DDR-Punks beschrieben: „Du sollst vergessen, dass der Mensch selbst denkt! / Du sollst kapieren, du wirst gelenkt! / Du wirst gelenkt! / Du wirst gelinkt!“. In demselben Lied wird zusätzlich auf die Folgen der Andersartigkeit Bezug genommen: „Wir erfüllen nicht ihre verplanten Normen, / sind der Macht wehrlos ausgesetzt, / werden gegängelt, werden beschimpft, / werden von ihnen verfolgt und gehetzt“. Auch der Versuch des Staates der Bevölkerung Gedanken vorzuschreiben wird thematisiert, so im Song „Prügelknaben“: „Gedanken werden steri- lisiert, / Worte durch Zensur kastriert, / Bilder verfälscht, um den Schein zu wahren, / sich stärker zeigen nach langen Jahren“.

Auslöser für Unzufriedenheit mit dem Leben ist die Eintönigkeit des ostdeutschen All- tags, so Schleim-Keim in „Schwarz-Weiß“: „Schwarz-weiß, schwarz-weiß, / was soll der ganze Scheiß?“. Sie mündet in übertriebenem Alkoholkonsum: Die Lieder „Sigrun“, „Trink mit mir noch ein Bier“ und „In der Kneipe zur trockenen Kehle“ thematisieren Alkohol. In letzterem Lied kommt Schleim-Keim zum Schluss, dass sogar Abende in ei- ner Bar eintönig sind: „Vorabend in die Kneipe geh’n, / immer die gleichen Leute seh’n. / Acht, neun Bier in der Klause, / ‘nen Doppelten und nach Hause!“. Auch die bundes- deutschen Punks erwähnen das Statement „No Future!“ nicht direkt, thematisieren jedoch ihre Unzufriedenheit hinsichtlich der Lebensbedingungen in der BRD wie z.B. Slimes Lied „Etikette tötet“ zeigt: „Wer war das, der aus dem Fenster fiel? / Sprang er selbst oder zwang man ihn? / Er war so einer, der dem Volk nicht gefiel / und dem keine andre Lösung mehr schien“. Hauptauslöser für die Unzufriedenheit am Leben sind Arbeitslo- sigkeit und Eintönigkeit des Lebens in der BRD. In dem Lied „Robot Age“ wird über eine Person berichtet, die ihren Job aufgrund der Technologisierung der Fabriken, verlor: „But soon you get a letter, your boss is very sorry. / You have to pay the cost, your job is gone and lost. /. There’s a man of iron, a man of steel”. Die Unzufriedenheit zeigt sich in allen Lebenslagen, wie in „D.O.R.F.“ deutlich wird: „Langeweile in der U-Bahn, /

98 Langeweile im Bus, / genervt auf der Arbeit, ob das sein muss? / Hey, Hey! Das kotzt mich an!“.

Außerdem resultierte die Lebensunzufriedenheit der BRD-Punks, wie bei ihren ostdeut- schen Nachbar*innen, in übertriebenem Alkoholkonsum. Slime widmete dem Bier Karls- quell sogar einen gleichnamigen Song, in dem die Bandmitglieder dem Bier ihre Liebe gestehen: „Ich brauch‘ dich, am liebsten jeden Tag, / denn du päppelst mich auf, wenn ich down bin. / Ich glaub‘, es ist der Alkohol, den ich an dir mag. / Mit dir hat das Wo- chenende einen Sinn. / Karlsquell, Karlsquell, ah, yeah“. Sie tranken, um sich abzulenken und um auf andere Gedanken zu kommen wie der „1,7 Promille Blues“ zeigt: „Wir rau- chen ‘ne Rolle, dann ist eh alles einerlei, / dann hab‘ ich 1,7 Promille, 1,7 Promille. / Der normalste Stand seit langer Zeit, / 1,7 Promille“. Mit Alkohol versuchten sich die Ju- gendlichen die Zeit zu vertreiben, so „Untergang“: „Keine Zukunft, oder was? / Komm, wie gehen los und haben Spaß! / Mit ‘nem großen Haufen Dosen, / geht kaum was in die Hosen!“.

8.1.5.4. Religionskritik

Die vierte These bezieht sich darauf, dass DDR-Punks Kirchen und Religionen nicht kri- tisieren bzw. in ihren Songtexten nicht ansprechen. Tatsächlich bewahrheitete sich diese Aussage. Außer in den Liedern „Satan“ und „Norm“, erwähnt Schleim-Keim keine reli- giösen Thematiken. Sie sahen den Himmel sogar als einen normfreien Platz an, so das Lied „Norm“: „Kommst du dann in‘ Himmel: / Nun ist alles scheißegal, / denn im Himmel gibt es keine Norm!“. Allerdings konnte hinsichtlich jener Textzeile nicht festgestellt wer- den, ob ihr Inhalt ernst oder ironisch gemeint ist. Im Gegensatz sollten westdeutsche Punks gemäß These religiöse Thematiken kritisieren. In der Tat übt Slime starke Religi- onskritik aus und sieht in Religionen sogar einen Motivator für Kriege, wie der Song „Religion“ zeigt: „Erzählt mir nichts von euren Göttern, / denn die haben niemals exis- tiert. / Auch Jesus Christus oder Mohammed, / sie verhinderten nie einen Krieg. / Be- hauptet nicht, dass ihr die Antwort habt, / auf die Frage, die ihr niemals gewusst“. Die Punks aus der Bundesrepublik coverten das Lied „Wir müssen hier raus“ von der stark politischen Rock-Band Ton Steine Scherben. Auch dieses Lied beinhaltet religionskriti- sche Zeilen: „Für mich heißt das Wort zum Sonntag ‚Scheiße‘ / und das Wort zum Montag ‚Mach mal blau‘“.

99 8.1.5.5. Unterdrückung

Die Kategorie „Unterdrückung“ wurde nachträglich zum Kategoriensystem hinzugefügt: Während der ersten Anwendung des Kategoriensystems auf das Material fiel auf, dass sich die Mitglieder von Schleim-Keim und Slime durch das System und die Polizei unter- drückt fühlten. Dabei muss zwischen den Kategorien „Freiheitsaspekt“ und „Unterdrü- ckung“ unterschieden werden. In die Kategorie „Freiheitsaspekt“ fallen ausschließlich Textzeilen, welche die Thematiken des Forderns von, Erkämpfens von und des Wunsches nach Freiheit beinhalten. Außerdem bezieht sich die Kategorie lediglich auf Textzeilen der ostdeutschen Band Schleim-Keim. Demgegenüber steht die Kategorie „Unterdrü- ckung“, die von den beiden Bands auf unterschiedlichen Ebenen adressiert wird.

DDR-Punks wurden in erster Linie durch das System unterdrückt, so singt Schleim-Keim im Lied „Werkzeug der Macht“: „Und wenn du nicht willst, so gebrauchen sie Gewalt. / Sie machen dich fertig, sie machen dich kalt“. Zumeist ging die Unterdrückung des Sys- tems mit polizeilichen Maßnahmen einher. Das Lied „Faustrecht“ behandelt die polizei- liche Unterdrückung der DDR-Punks. Besonders die Zeilen „Bullen holen dich von der Straße weg, / denn sie denken, du bist nur Dreck!“, „Sie schlagen dir in die Schnauze rein, / denn sie wissen, du bist nur ein dreckiges Schwein!“ und „Sie machen mit dir, was sie wollen, / machen mit dir, was sie wollen“ verdeutlichen die Polizeigewalt gegen die DDR-Punks.

Slime geht auf Unterdrückung detailreicher ein, die Bandmitglieder bearbeiten allerdings dieselben Themen wie Schleim-Keim. Die Punk-Band der Bundesrepublik zweifelt im Lied „Demokratie“ das gleichnamige politische System an: „So, du denkst, du kannst mich täuschen, / mit deinem Begriff ‚Demokratie‘ – / ein System ohne Unterdrückung. / Ich sage dir, das klappt wohl nie!“. Auch in „Hey Punk“ wird auf die Unterdrückung durch das kapitalistische System eingegangen: „Überall wird man unterdrückt, / nur die Besten werden rausgepickt, / doch jeder hat das Recht zu leben, / sich gegen Unterdrü- ckung zu erheben!“. Mit dem Lied „Gerechtigkeit“ macht Slime darauf aufmerksam, dass das Verhalten der Polizei versus jenes von Punks ungleiche Konsequenzen nach sich zieht: „Bullen knallen wahllos Leute ab, / fast täglich tragen sie einen von uns zu Grab. / Und dich haben sie mal beim Sprühen gekrallt, / schon fordert zwei Jahre der Staatsan- walt“. Im Gegensatz dazu erhält das Staatsorgan eine viel geringere Strafe: „Doch was ihm droht, das ist so lächerlich. / Drei Wochen auf Bewährung sind schon viel zu lang / und du hast die Chance auf ‚lebenslang‘“. Zusätzlich geht Slime in „Viertes Reich“ auf

100 Zensur-Praktiken der BRD ein, durch die politisch linke Meinungen zensiert wurden: „Es ist bei uns wieder mal soweit, / nur ein kurzer Weg bis zum vierten Reich, / linke Zeitungen vom Staat zensiert, / Faschistenorgane werden toleriert. / Journalisten vor Gericht ge- stellt, / weil sie nicht das schreiben, was dem Staat gefällt“. Die Punks lassen sich ihre Meinung jedoch nicht nehmen, so „Nazis raus“: „Wir brauchen keine Wehrmacht / und wir brauchen keine Bullen! / Politik ist scheiße / und wir lassen uns nicht einlullen!“. Hier wird abermals der Vergleich zwischen Polizist*innen und Nationalsozialist*innen deut- lich.

8.2. STILANALYSE

Im folgenden Unterkapitel wird der Musikstil der Bands Slime und Schleim-Keim analy- siert. Dazu werden Paul Honigheims Annahmen, die er 1964 im Aufsatz „Die Ähnlichkeit von Musik und Drama in primitiven und totalitären Gesellschaften“ erläuterte, adaptiert und an das Forschungsthema angepasst. Danach werden die Lieder der Punk-Bands an- hand der entsprechenden Annahmen untersucht und miteinander verglichen.

8.2.1. DER ANSATZ VON PAUL HONIGSHEIM

Paul Honigsheim schrieb 1964 den Aufsatz „Die Ähnlichkeit von Musik und Drama in primitiven und totalitären Gesellschaften“, der in der 16. Ausgabe der Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialwissenschaften veröffentlicht wurde. Im Artikel analysierte Ho- nigsheim die Technik und den Stil von Musik und Theater in totalitären und liberalen Gesellschaftsformen. Dabei kam er zu dem Schluss, dass liberale Gesellschaftsformen den Individuen hohe Bewertung zuschreiben. Die Musik zeichnet sich lt. Honigsheim durch Melodien, d.h. die Abfolge einzelner Töne, aus. Die Töne werden in bestimmten Tonarten wiedergegeben. Außerdem beinhalten diese Werke Solis, die es den Künst- ler*innen ermöglichen, ihr Können zu zeigen (vgl. Honigsheim 1946: 486f.).

Im Gegensatz dazu hat das Individuum in totalitären Gesellschaften keinen hohen Stel- lenwert und dient lediglich dem Nutzen des Staates. Die Musikformen totalitärer Staaten sind durch die Kombination von Körper, Worten und Instrumentalmusik geprägt und ver- fügen über einen rhythmischen Charakter – an wesentlichen Stellen werden Akzente ge- setzt (vgl. ebd.: 481f.). Ein Beispiel hierfür könnten die Heereschöre des nationalsozia- listischen Deutschlands und der Sowjetunion sein (vgl. ebd.: 485). Die DDR stellt eine

101 totalitäre Gesellschaftsform dar und die BRD ist ihr liberales Gegenstück. Es wird nun angenommen, dass die Punk-Musik der DDR rhythmische Klangformen annimmt und die Band als Ganzes im Mittelpunkt steht. Weiters zeichnet sich der DDR-Punk dadurch aus, dass Refrains und wesentliche Stellen der Lieder von Chören, d.h. von mehreren Mitgliedern der Band gesungen werden. Im Gegensatz dazu bezieht sich die Punk-Musik der BRD auf das Individuum. Sie ist geprägt von melodischen Klangformen, Solis und der Hervorhebung des Gesangs eines einzelnen Mitglieds – die individuelle Ebene der Musik steht in liberalen Gesellschaften im Vordergrund. Demnach wurden für die Stilanalyse Folgende Thesen gebildet:

- DDR-Punk charakterisiert sich durch rhythmische Klangformen und Chöre.

- BRD-Punk charakterisiert sich durch melodische Klangformen, Solis und die Her- vorhebung der Stimme.

Um die Punk-Musik beider deutschen Staaten zu analysieren, werden die Alben der Bands Slime und Schleim-Keim, die bereits für die Inhaltsanalyse verwendet wurden, her- angezogen (s. Tabelle 1 und Tabelle 2). Die Alben werden anhand der zuvor beschriebe- nen Merkmale angehört und miteinander verglichen.

8.2.2. SCHLEIM-KEIM

Die Annahme, dass die Melodie in ostdeutschem Punk durch rhythmische Klangformen gebildet wird, bewahrheitet sich hinsichtlich der Band Schleim-Keim. Die Bandmitglieder produzieren Melodien, indem sie abgehakte Töne mittels Instrumenten, die kurz nach dem Erklingen verstummen, erzeugen und in unterschiedlichen Taktarten wiedergeben – das schnelle Zusammenspiel der Takte erzeugt eine rhythmische Melodie. Zusätzlich wird der Gesang an den Rhythmus angepasst, sodass beides miteinander verschmilzt und eine Gesamtheit bildet. Im Lied „Norm“ wird dieser Zusammenhang deutlich hörbar, denn die Zeilen des Refrains „Norm, Norm, Norm, du bist zur Norm geboren.“ gehen einher mit einer Verschmelzung zwischen Wort und Klang. Das Wort „Norm“ wird gleichzeitig mit dem Takt gesungen.

102 Die Musik der Band Schleim-Keim spricht nicht für die Annahme, dass ostdeutsche Punk- Bands auf Chöre setzten. Schleim-Keim stellt die Stimme ihres Frontmanns, Dieter Ehr- lich, in den Mittelpunkt. Chöre durch Bandmitglieder sind ein seltenes Stilmittel. Auch hier nutzt Ehrlich seine Stimme, um Passagen zu betonen. Ehrlichs Stimme könnte ein vielseitig einsetzbares Instrument darstellen, denn durch unterschiedliche Betonungen von Wörtern erzeugt er mit seiner Stimme Melodien. Der Einsatz von heterogenen Ton- lagen und das Verstellen der Stimme bringen die Hörenden in unterschiedliche Stimmun- gen. Die Zeile „Wer hat denn nun die Schuld?“ des Songs „Spione im Café“ ist ein Bei- spiel für den starken Bezug zur Stimme als Instrument – die Bedeutung des Satzes variiert je nach Betonung. In „Schwarz-Rot-Gold“ erzeugt Ehrlich anhand seiner Stimme eine unheimliche, düstere Atmosphäre.

Der starke Einsatz der Stimme als Instrument kann unterschiedliche Ursachen haben. Auf der einen Seite stellt eine auffallende Stimme ein Stilmerkmal dar, das mit Wiedererken- nungswert Hand in Hand geht. Punks wollten einschüchtern und provozieren: Ehrlichs Stimme entspricht nicht jener von ausgebildeten Sänger*innen. Andererseits kann die Fokussierung auf die Stimme darauf beruhen, dass in Ostdeutschland einige Instrumente schwer zu erwerben waren und vieles in DIY-Attitüde erzeugt werden musste. Da selbst- gebaute Instrumente zumeist nicht dieselbe Qualität wie professionell erzeugte Instru- mente aufweisen, könnte in Schleim-Keims Fall auf die Stimme ausgewichen worden sein.

Abgesehen davon zeigt sich, dass im Laufe der 80er-Jahre eine musikalische Weiterent- wicklung hinsichtlich der Schleim-Keim-Lieder stattgefunden hat. Die Lieder, die in der Anfangsphase der DDR-Punk-Band entstanden sind, waren stark an unmelodiösen Hard- core-Punk angelehnt und stachen durch rhythmische Klangformen heraus. Je länger die Band existierte, desto melodiöser wurden ihre Songs. Die Lieder „Prügelknabe“, „Kriege machen Menschen“ und „Schläger“ weisen Gitarren-Solis und Melodien auf – „In der Kneipe zur trockenen Kehle“ erinnert durch melodiöse Passagen und Hintergrundchöre an klassischen UK-Punk aus den 70er-Jahren.

8.2.3. SLIME

Die Annahme, dass bei BRD-Punk-Bands das Individuum im Vordergrund steht, kann anhand der Band Slime nur zum Teil bestätigt werden, denn in Slimes Musik kommen sowohl Solis als auch Chöre zur Geltung. Im Vergleich zu Schleim-Keim werden Slime-

103 Songs von Solis, die zumeist durch Gitarren oder das Schlagzeug erzeugt werden, domi- niert. Sie erklingen am Ende eines Songs oder nach Refrains und stellen einen fließenden Übergang zur nächsten Strophe dar. Neben Solis sticht Slime durch die melodiöse Be- schallung stark heraus. Im Gegensatz zu den ostdeutschen rhythmischen Klangformen, setzt Slime auf eine schnelle Abfolge von Tönen, die, gesamt betrachtet, fließende, melo- diöse Klangformen erzeugen. Aufgrund der fließenden Melodien unterscheiden sich die Songs stark voneinander, bilden allerdings insgesamt einen Wiedererkennungswert.

Zusätzlich hatte Slime in den 80er-Jahren den Vorteil, über einen besseren Zugang zu Instrumenten zu verfügen als DDR-Punks. Dadurch konnte sich die Band alleine auf die musikalische Qualität der Lieder konzentrieren und musste sich nicht um die Beschaffung bzw. das Erstellen von Instrumenten kümmern. Die vergleichsweise hohe Qualität der Lieder zeigt sich zusätzlich im Adaptieren unterschiedlicher Musikgenres: Das Lied „Ich hasse“ beinhaltet Reggae-Elemente, der „1,7 Promille Blues“ ist ein Blues-Song und „D.I.S.C.O.“ ähnelt am Ende einem Volkslied. Allerdings ist dieses Phänomen kein neues. Bereits die Sex Pistols zeigten in dem Disco-Song „Black Arabs“, dass die Aussa- gen mit unterschiedlichen Stilmitteln transportiert werden können. Auch mit dem Lied „Friggin‘ in the Riggin‘“ prägten die Sex Pistols durch eine volkmusikalische Ähnlichkeit die Punk-Musik-Welt und provozierten damit die Gesellschaft.

Die Annahme, dass sich die westdeutsche Punk-Musik durch die Hervorhebung des Ge- sangs auszeichnet, trifft auf die Band Slime nicht zu. Slime nutzt in nahezu jedem Lied Chöre als Stilmittel. Chöre ermöglichen es den Bandmitgliedern, bestimmte Aussagen und Wörter hervorzuheben und zu verstärken, um ihnen Wichtigkeit zuzuschreiben. In dem Lied „We don’t need the Army“ wird der Refrain durch das Stilmittel verstärkt. Das „No, no, no!“ des Refrains „We don’t need the army! No, no, no! We don’t want a war! No, no, no!” wird im Chor gesungen. Auch in „D.O.R.F.“ kommen Chöre zum Einsatz – „Hey, Hey!“ in der Zeile „Hey, hey! Das kotzt mich an!“ wird durch gemeinsames Singen betont. D.h. die westdeutsche Punk-Musik bezieht sich einerseits auf kollektive Stilmittel, indem Chöre zum Einsatz kommen, um bestimmten Passagen Ausdruck zu verleihen. Auf der anderen Seite setzt Slime auf Solis, die am Ende oder nach einem Refrain positi- oniert sind. Dazu kommt die melodische Gestaltung der Lieder, die durch eine schnelle Abfolge von Tönen, die ineinander übergehen, erzeugt wird.

Abseits der adaptierten Annahmen von Honigheim widerspiegelt Slime in der Chronolo- gie die Geschichte des westdeutschen Punks. Bereits im Kapitel 5.2.2. „Die Anfänge des

104 deutschen Punks“ wurde erwähnt, dass sich der BRD-Punk in seiner Anfangsphase zu- nächst auf englischsprachige Musik konzentrierte. Die Punk-Bands, die zu jener Zeit ge- gründet wurden, coverten Lieder aus dem angloamerikanischen Raum und schrieben neue englischsprachige Songs. Erst nachdem sich Punks aus unterschiedlichen Städten ver- netzten, entstanden erste deutschsprachige Lieder. Auch bei Slime kann dieses Phänomen beobachtet werden. Die Songs des ersten Albums sind vorwiegend in englischer Sprache verfasst und ähneln im Stil ihren angloamerikanischen Vorbildern.

9. DISKUSSION UND AUSBLICK

Im Zuge dieser Masterarbeit wurde der Forschungsfrage, inwieweit sich der ostdeutsche Punk als Subkultur und Musikgenre von bundesdeutschem Punk unterscheidet, nachge- gangen. Ziel der Arbeit war es nicht nur, einen gesamten Überblick über die Geschichte der DDR im Zusammenhang mit dem subkulturellen sowie musikalischen Phänomen Punk herauszuarbeiten, sondern auch einen musikalischen Vergleich zwischen BRD- und DDR-Punk aufzustellen. Dazu wurde in einem ersten Schritt die Sozialgeschichte der DDR detailliert beschrieben. Zusätzlich wurde auf das MfS, Kirchen, Kunst, Kultur und Subkulturen spezifischer eingegangen. Die Geschichte des Punks im angloamerikani- schen Raum, der BRD und der DDR wurde in einem weiteren Schritt dargestellt. Zusätz- lich wurde der Kleidungsstil der ostdeutschen Punk-Bands genauer analysiert. Auf Basis dieser Informationen wurde ein Vergleich zwischen dem ost- und bundesdeutschen Punk aufgestellt. Für die Untersuchung des Punks als Musikform wurde die Band Slime als Vertreterin für den bundesdeutschen Punk gewählt – die Gruppe Schleim-Keim wurde stellvertretend für ostdeutsche Punk-Bands ausgewählt. Um die Unterschiede zwischen DDR- und BRD-Punk-Musik auf textlicher Ebene zu erforschen, wurden Slimes und Schleim-Keims Texte mittels einer inhaltlich strukturierenden qualitativen Inhaltsanalyse untersucht. Die Klangformen der Lieder wurden mittels eines musiksoziologischen Ver- gleichs analysiert. Dazu wurden Paul Honigheims Annahmen aus dem Jahr 1964 adap- tiert und an das Forschungsthema angepasst.

Einerseits ähnelt sich die Punk-Musik beider deutschsprachigen Staaten stark – Slime und Schleim-Keim sind Punk-Bands, werden auch als solche erkannt und dem Musikgenre Deutsch-Punk zugeordnet. Auf der anderen Seite zeigten sich im Zuge beider

105 Analyseverfahren deutliche Unterschiede zwischen ost- und bundesdeutscher Punk-Mu- sik. Sie sind durch das oberflächliche Konsumieren der Lieder nicht wahrnehmbar und konnten erst im Verlauf der Untersuchung festgestellt werden.

9.1. STILISTISCHE EBENE

Für die Analyse des Kleidungsstils ostdeutscher Punks wurden die Annahmen von Dick Hebdiges Artikel „Subculture – Die Bedeutung von Stil“ aus dem Jahre 1979 herangezo- gen. Darin beschreibt der Autor, dass sich Subkulturen unterschiedlicher Objekte bedie- nen und sie für ihren Nutzen entfremden. Im Zuge dieser Untersuchung konnte gezeigt werden, dass DDR-Punks besonders auffällige Träger*innen der Bricolage waren. Als problematisch stellte sich die Analyse anhand des Konzepts der Polysemie dar, da eine solche Analyse einen sehr hohen Aufwand und zusätzliche Informationen, beispielsweise Bildmaterial, erfordern würde. Es könnte aber Gegenstand einer weiteren Studie sein.

Es sei an dieser Stelle angemerkt, dass Hebdiges Beschreibung der Punk-Subkultur und die dazugehörigen Erklärungsversuche teilweise fragwürdig wirken. Um ein Beispiel zu nennen: Der Autor ist der Meinung, dass die Punk-Subkultur aus zwei zentralen Merk- malen besteht: Einerseits stechen Punks durch das „Fehl-am-Platz-sein“ heraus, anderer- seits durch ihre „sexuelle Abartigkeit“. Hebdige geht im weiteren Verlauf des Artikels nicht mehr auf die Thematik der sexuellen Abartigkeit ein und es können nur Vermutun- gen diesbezüglich angestellt werden. Hebdige könnte damit beispielsweise die für jene Zeiten noch ungewohnte Freizügigkeit der Punks zum Ausdruck bringen wollen, denn weibliche Punks kleideten sich unter anderem mit kurzen Röcken.

9.2. INHALTLICHE EBENE

Für die inhaltlich strukturierende qualitative Inhaltsanalyse wurden auf Basis der vorab recherchierten Theorie Thesen aufgestellt und ein Kategoriensystem entwickelt, das auf die zu analysierenden Texte angewandt wurde. Das Kategoriensystem erbrachte nach mehrmaliger Anwendung auf die zu untersuchenden Songtexte immer dasselbe Ergebnis. Somit ist die Intracoder-Reliabilität des Verfahrens gewährleistet, allerdings konnte nicht in Erfahrung gebracht werden, ob eine andere Person dasselbe oder ein ähnliches Kate- goriesystem erstellt hätte bzw. dieselben Textpassagen denselben Kategorien zugeordnet hätte (Intercoder-Reliabilität).

106 Auf inhaltlicher Ebene agieren Slime und Schleim-Keim stark gesellschaftskritisch. Beide Bands thematisieren Themenkomplexe, die der Punk-Musik zugeordnet werden können. Die unterschiedlichen Themen sind homogen auf beide Bands aufgeteilt, es zeigte sich allerdings, dass kritische Inhalte in den Texten von Slime stärker und häufiger als in denen von Schleim-Keim betont werden. Jugendliche im Osten lebten unter ständigem Druck durch das System, denn Punks galten in der DDR als Gefahr für das kommunistische System. Somit beschränkte sich Schleim-Keim auf textlicher Ebene auf das Wesentliche. Im Vergleich zu den DDR-Punks, hatten Punks in der Bundesrepublik „Narrenfreiheit“ und wurden nicht auf das gleiche Maß wie DDR-Punks bestraft. Punks hatten die Mög- lichkeit sich frei zu entfalten und konnten dies auch in der Musik zeigen. Ein weiterer Grund hierfür könnte sein, dass bundesdeutsche Punks in der BRD alle erdenklichen Frei- heiten hatten und demnach nicht dafür kämpfen mussten und ihren Fokus auf Gesell- schaft, Staat und Polizei legten.

Schleim-Keim konzentriert sich in den Songtexten auf das Erkämpfen sowie Fordern von Freiheitsrechten. Außerdem beklagen die DDR-Punks das politische System, in dem sie leben: Mit dem Spruch „Too much Future!“ wird der strikt vorgegebene – in den Augen der Punks langweilige – Weg des DDR-Regimes kritisiert. Unzufriedenheit und Zukunft- sängste mündeten in exzessiven Alkoholkonsum, Langeweile und Depressionen. Slime bearbeitet in den Songtexten ähnliche Thematiken, denn auch die Punks der Bundesre- publik lehnten das politische System ab. Mit dem Spruch „No Future!“ kritisierten sie allerdings die Perspektivlosigkeit der BRD, die die Jugendlichen der Bundesrepublik, ähnlich wie die DDR-Punks, in den Alkoholismus zwang.

Beide Bands fühlten sich dem Anarchismus hingezogen, beschäftigten sich mit globalen Problemen und tätigten politische Aussagen. Dabei standen Thematiken wie bspw. die Industrie, Umweltverschmutzung und Technologisierung im Vordergrund. Ebenso wur- den Krieg und Kapitalismus kritisiert. Zusätzlich lehnte Slime die Polizei radikal ab. Durch das System, die Gesellschaft und Polizei fühlten sich die Jugendlichen beider deut- schen Staaten gleichermaßen unterdrückt. Auf religiöse Thematiken nahmen beide Bands Bezug, allerdings beinhalten lediglich Schleim-Keims Lieder „Satan“ und „Norm“ religi- öse Inhalte, die das Ergebnis jedoch nicht beeinflussen. Im Gegensatz dazu kritisiert Slime jegliche kirchlichen sowie religiösen Aspekte stark. Eine Erklärung dafür, dass DDR- Punks Religionen tolerierten, könnte sein, dass ihnen in kirchlichen Einrichtungen Schutz

107 gewährt wurde. Im Gegensatz dazu stellen sich westliche Punks gegen viele traditionelle Institutionen, darunter auch die Kirche.

9.3. MUSIKALISCHE EBENE

Auf musikalischer Ebene konnten kleine Unterschiede festgestellt werden. Hinsichtlich der musiksoziologischen Analyse wurden zwei Thesen gebildet. Auf der einen Seite wurde davon ausgegangen, dass rhythmische Klangformen für DDR-Punk charakteris- tisch sind. Andererseits wurde angenommen, dass BRD-Punk sich durch melodische Klangformen, Solis und der Heraushebung der Stimme auszeichnen.

Die Annahme, dass BRD-Punk melodisch ist und Solis enthält, konnte, abgesehen von der professionellen Qualität der Songs von Slime, bestätigt werden: Solis und fließende Melodien dominieren ihre Musik. Ein Grund hierfür könnte sein, dass Punks im Westen größere Freiheiten und mehrere Möglichkeiten hatten, um an ihrer Musik zu arbeiten. Sie waren untereinander vernetzt, konnten Instrumente erwerben, eigene Platten-Labels gründen und Bands sowie Konzerte (inter)nationaler Gruppen besuchen. All diese Fak- toren prägten die Punk-Musik der Bundesrepublik und hatten einen Einfluss auf die Qua- lität der Lieder.

Die Vermutung, dass in bundesdeutscher Punk-Musik einzelne Stimmen von Bandmit- gliedern im Mittelpunkt stehen, konnte anhand der Band Slime allerdings nicht bestärkt werden, denn in der Musik lassen sich einige Textpassagen bzw. Wörter, die von mehre- ren Bandmitgliedern gleichzeitig gesungen wurden, finden. Ursache für vermehrtes Auf- kommen von Chören könnte sein, dass BRD-Punks zu jener Zeit, aber besonders während des NDW-Booms, in ihrem gesellschaftlichen Umfeld weder schockierten noch auffielen. Chöre könnten den Punks zu einem größeren Gemeinschaftsgefühl verholfen haben und ein Mittel darstellen, um nicht in der subkulturellen Masse unterzugehen, sondern wahr- genommen zu werden.

Im Gegensatz dazu stechen Schleim-Keim-Lieder durch eine individuelle Stimme heraus. D.h. die These, dass für Ost-Punk-Musik Chöre charakteristisch sind, konnte anhand der Band Schleim-Keim nicht bestätigt werden. Besonders auffallend hierbei ist, dass die Stimme des Sängers im Mittelpunkt steht. Eine Erklärung hierfür könnte sein, dass gerade für DDR-Jugendliche die Betonung von Individualität wichtig war, um sich gegen die überall herrschende Konformität, die durch das System vorgegeben war, aufzulehnen.

108 Dass DDR-Punk wenige Solis enthalten und durch taktvolle Instrumentalisierung ge- kennzeichnet sind zeigt sich an Schleim-Keim. Ursache hierfür könnte sein, dass Musik- instrumente in der DDR rar und sehr teuer waren, weshalb einige Instrumente von Schleim-Keim selbst erzeugt wurden – Schleim-Keim war nicht die einzige ostdeutsche Band, die Instrumente eigenständig konstruierte. D.h. die Bandmitglieder könnten in ers- ter Linie den Fokus auf die Stimme sowie den Inhalt der Lieder und nicht auf Qualität der Instrumentation gerichtet haben. Zusätzlich beeinflussten fehlende Aufnahme- sowie Vernetzungsmöglichkeiten die Qualität des ostdeutschen Punks sehr. Eine natürliche Weiterentwicklung der Musik war nur gering gegeben, denn DDR-Punks verfügten le- diglich über minimale Vernetzungsmöglichkeiten und Konzerte inter(nationaler) Punk- Bands waren in der DDR verboten.

9.4. AUSBLICK

Im Zuge der Analyse des Kleidungsstils wurde lediglich das Auftreten ostdeutscher Punks analysiert, da das Hauptaugenmerk auf dem DDR-Punk lag. In einer weiteren For- schungsarbeit könnte zusätzlich der westdeutsche Punk-Stil analysiert werden und die Ergebnisse könnten miteinander verglichen werden. Außerdem wurde lediglich das Kon- zept der Bricolage herangezogen. In einer längeren Studie könnte das Konzept der Poly- semie zur Anwendung kommen. Weiters können die Konzepte Bricolage und Polysemie als Vorlage eines Kategoriesystems dienen. Um ein Beispiel zu nennen: „Arbeitsklei- dung“ wäre eine potentielle Kategorie und die dazugehörige Unterkategorie wäre „Dc. Martens“. So könnten Dick Hebdiges Überlegungen systematisch angewandt werden.

Für die Inhalts- und Stilanalyse wurden lediglich zwei Bands betrachtet. Unter Umstän- den könnten die Ergebnisse nur auf Slime und Schleim-Keim zutreffen. In einer weiteren Forschungsarbeit könnte analysiert werden, ob die Annahmen auf mehrere Punk-Bands zutreffen. Eine Analyse mehrerer ostdeutscher Punk-Bands war im Zuge der Masterarbeit nicht realisierbar, da einige Aufnahmen im Internet nicht abrufbar waren oder aufgrund mangelnder Qualität akustisch nicht nachvollziehbar waren. In weiterer Folge könnten andere Musikgenres, wie z.B. New Wave, Gothic und Metal miteinander verglichen wer- den.

Weiters wurde für die Analyse ein qualitativer Forschungsansatz gewählt und es kam zu einer explorativen Annäherung an das Material. Für eine anschließende Forschungsarbeit könnte ein systematischerer Ansatz gewählt werden: Nach Sichtung des Materials

109 könnten für gewisse Themen Schlagwörter ausgewählt und im Zuge einer quantitativen Inhaltsanalyse untersucht werden. Zusätzlich könnten Zeitzeug*innen und (ehemalige) Bandmitglieder mittels eines quantitativen Fragebogens oder eines Leitfadeninterviews befragt werden.

Honigsheim verfasste die Annahmen in seinem Aufsatz „Die Ähnlichkeit von Musik und Drama in primitiven und totalitären Gesellschaften“ im Jahre 1964, die vorliegende Ana- lyse der Punk-Musik bezieht sich allerdings auf die 1980er-Jahre. In einer weiteren Studie könnte die Punk-Musik beider deutschen Staaten mittels neuerer musiksoziologischer Ansätze untersucht werden.

Die Punk-Subkultur existiert bis heute und weist im Laufe ihrer Geschichte unterschied- liche Generationen auf. Thema einer künftigen Untersuchung könnten die verschiedenen Generationen im Hinblick auf soziodemographische Merkmale sein. Dabei würden die Herkunft der Punks und ihre Probleme mit dem System beleuchtet werden. Neben sozia- len Faktoren könnten die unterschiedlichen Punk-Genres, d.h. Hardcore-Punk, Deutsch- Punk und Art-Punk beleuchtet werden.

Slime ist bis heute aktiv und veröffentlichte im Jahr 2020 das Album „Wem gehört die Angst“. Schleim-Keim produzierte nach dem Fall der Mauer weitere Lieder. In einer an- schließenden Forschungsarbeit könnte erforscht werden, wie sich neue Lieder von Slime von denen aus ihrer Anfangszeit unterscheiden. Hinsichtlich Schleim-Keim könnten die Inhalte der Lieder, die nach dem Mauerfall entstanden sind, mit den Texten, die in den 80er-Jahren verfasst wurden, verglichen werden. Zusätzlich sind kurz vor dem Fall der Berliner Mauer einige Punk-Bands entstanden. Wie unterschieden sich deren Inhalte von jenen der alteingesessenen DDR-Punk-Bands?

Gegen Ende des DDR-Regimes tolerierten die Zulassungsbehörden auch Punk-Bands und erteilten ihnen eine offizielle Spielerlaubnis. Die Bands wurden unter dem Sammel- begriff „die anderen Bands“ zusammengefasst. Interessant wäre, die Inhalte und musika- lische Technik der zugelassenen Bands jenen der Untergrundbands gegenüberzustellen. Das Hauptaugenmerk liegt hierbei auf der musikalischen Qualität der Lieder und deren Inhalten – haben „die anderen Bands“ kritische Inhalte, die beim bloßen Hören der Songs nicht auffallen, unbewusst transportiert?

110 ANHANG

ANHANG 1. SONGTEXTE DER PUNK-BANDS Hier sind die Songtexte, die für die inhaltlich strukturierende qualitative Inhaltsanalyse herangezogen wurden. Refrains werden gekennzeichnet und nur einmal ausgeschrieben. Wiederholungen werden gekennzeichnet. Befindet sich die Kennzeichnung über einem Absatz, bezieht sich die Wiederholung auf den ganzen Absatz, ist sie hingegen hinter einer Zeile positioniert, wird die Zeile dementsprechend oft wiederholt. Drei Punkte kennzeichnen Verständnisprobleme und das damit einhergehende Fehlen von Zeilen.

ANHANG 1.1. SCHLEIM-KEIM Die in den 80er Jahren produzierten Lieder von Schleim-Keim wurden auf den Alben „DDR von unten“, „Nichts gewonnen, nichts verloren“ und „Nichts gewonnen, nichts verloren Vol. 2“ veröffentlicht.

ANHANG 1.1.1. DDR VON UNTEN

- Sieh dort […]

- Norm Ah, ah, ah Lalala

[Refrain] Norm, [3x] du bist zur Norm geboren. Schaffst du keine Norm, bist du hier verloren.

In der Schule fängt es an, du musst stehen deinen Mann […]

111 [Refrain]

Kommst du dann zur Arbeit und glaubst du bist befreit […]

[Refrain]

Arbeit!

[Refrain]

Kommst du dann nach Haus: Deine Frau zieht sich aus, doch du fühlst dich nicht in Form. Wie schaffst du deine Norm?

[Refrain]

Kommst du dann in Himmel: Nun ist alles scheißegal, denn im Himmel gibt es keine Norm!

[Refrain]

- Untergrund & Anarchie […]

- Faustrecht [Refrain] [2x] Faustrecht, Faustrecht, hier regiert das Faustrecht!

112 [2x] Bullen holen dich von der Straße weg, denn sie denken, du bist nur Dreck! [Refrain]

Sie schlagen dir in die Schnautze rein, denn sie wissen du bist nur ein dreckiges Schwein! Sie schlagen dir in die Schnautze rein, denn für sie bist du nur ein meises Schwein! [Refrain]

Sie machen mit dir, was sie wollen, machen mit dir was sie wollen. […]

[Refrain]

- Spione im Café [Refrain] [2x] Spione im Café, wenn ich sowas seh‘, tut mir alles weh von der Schnauze bis zum Zeh.

Der Russe ist dran schuld. Der Ami ist dran schuld. Wer hat denn nun die Schuld? [2x]

[Refrain]

Wenn ich sowas seh‘, tut mir alles weh‘ [2x] von der Schnauze bis zum Zeh [2x]

113 Ende One, two, three, four

[Refrain 1] [2x] Ich schäme mich schon lang nicht mehr, für meine Heimat die DDR.

[Refrain 2] Die westdeutschen Touristen sind alles nur Faschisten. Uns halten sie für Kommunisten, unterdrückte Anarchisten.

[Refrain 1]

[Refrain 2]

Anarchisten, alle hier.

[Refrain 1]

[Refrain 2]

Rechtlose Chaoten! [2x] Chaoten! [3x]

Ende! [4x]

- Karnickel [2x] Ich wär‘ froh, wenn ich ein Karnickel wär‘. Sitz den ganzen Tag im Stall.

114 [2x] Sitz‘ den ganzen Tag in meinem Stall und mäste meinen fetten Bauch.

La, la, la, la, la, la, la.

Doch einen Haken hat die Sache: Den Menschen schmeck ich auch. Drum bleib ich lieber, wie ich war, denn als Karnickel lebe ich in ständiger Gefahr.

Drum bleib ich lieber ein Staubsauger und fress‘ nur Dreck und Müll, weil ich mich als Staubsauger am wohlsten fühl.

ANHANG 1.1.2. NICHTS GEWONNEN, NICHTS VERLOREN VOL. 1 - Tag & Nacht [Refrain1] [2x] Nacht und Tag, Tag und Nacht, Sicherheit, wir stehen auf Wacht. Sicherheit wird eingefroren, geplanter Tod, zum Tod geboren.

[Refrain 2] Sicherheit im Überfluss, viel zu kalt, kein Genuss. Sicherheit gleich Größenwahn, aufgedreht den Rüstungshahn.

[…]

[Refrain 1]

115

[Refrain 2]

Ah! [2x]

[Refrain 1]

[Refrain 2]

[…]

[Refrain 2]

Ah! [2x]

- Nichts aber auch Nichts Nichts, aber auch nichts, ja, nichts auf dieser Welt gibt es außer dir, was für mich zählt. Nichts, aber auch nichts, ja, nichts auf dieser Welt [2x] gibt es außer dir, was für mich zählt.

[Refrain] Keinen Luxus, nicht die Bank voller Geld, nichts, aber auch nichts, was für mich zählt. Keinen Luxus, nicht die Bank voller Geld, nichts, aber auch nichts, was für mich zählt. Keinen Luxus, nicht die Bank voller Geld, nichts, was für mich zählt.

116 Die Welt ist sowieso, war total zugeschissen. Bis zum Hals in der Scheiße tu ich dich noch küssen. Die Welt ist sowieso, war total zugeschissen. [2x] Bis zum Hals in der Schieße tu ich dich noch küssen.

[Refrain]

Komm, gib mir deine Hand, wir wollen zusammen verrecken. Nur mit dir kann mir Scheiße schmecken. Komm, gib mir deine Hand, wir wollen zusammen verrecken. Nur mit dir kann mir Scheiße schmecken. [2x]

[Refrain]

Nichts, was für mich zählt! [6x] Nichts! [4x]

- Spitzel [2x] Spitzel kriegen grüne Ohren, der General hat die Armee verloren. Zwei Minister glatt ihr Amt vergessen, der dritte überlebte nicht das Festtagsfressen. [2x]

Na, na, na, na, na, na, na, na, na

[2x]

117 Spitzel kriegen grüne Ohren, der General hat die Armee verloren. Zwei Minister haben glatt ihr Amt vergessen, der dritte überlebte nicht das Festtagsfressen. [2x]

Na, na, na, na, na, na, na, na, na

- Chaos, Punk & Anarchie Chaos, Punk und Anarchie, uns zerstört die Industrie. Industriegestank wie nie, wir machen alles zu Schutt und Müll!

Diese scheißverdammte Hektik, diese scheißverdammte Technik! […] Wir machen alles zu Schutt und Müll!

[alle zwei Teile wiederholen sich einmal]

- Ich liebte sie die ganze Nacht [2x] Ich liebte sie die ganze Nacht, mein Schwanz hing schlaff und sie hat gelacht.

Und zum Schluss sagte die alte Hure auch noch zu mir: [2x] „Hey, Macker, mach dich raus hier, was soll ich denn noch mit dir hier? Dein Schwanz hängt mir zwischen den Knien, tu dich besser verziehen!“

Tu dich besser verziehen! [5x]

118 [3x] „Hey, Macker, mach dich raus hier, was soll ich denn noch mit dir hier? Dein Schwanz hängt mir zwischen den Knien, tu dich besser verziehen!“

Tu dich besser verziehen! [5x]

- Ich Schau In Deine Augen [2x] Ich schau in deine Augen und seh‘ ‘nen fremden Mann. Ich riech an deiner Fotze und ich merk‘s, es war jemand dran. Und du sagst zu mir: „Es ist nichts an dem“. Das sagst du zu mir, Ohne dich zu schämen.

La, la, la, la, la

Ich schau in deine Augen und seh‘ ‘nen fremden Mann. Ich riech an deiner Muschi und ich merk‘s, es war jemand dran. Ja, und du sagst zu mir: „Es ist nichts an dem“. Das sagst du zu mir, Ohne dich zu schämen.

[2x] Ich schau in deine Augen und seh‘ ‘nen fremden Mann. Ich riech an deiner Fotze

119 und ich merk‘s, es war jemand dran. Und du sagst zu mir: „Es ist nichts an dem“. Das sagst du zu mir, Ohne dich zu schämen.

La, la, la, la, la

- Bretter Vorm Kopf [2x] Keiner Macht das Maul auf, wenn ihm was nicht gefällt. Sie kümmert nur ihr fetter Bauch und die Tasche voller Geld.

[Refrain] Bretter vorm Kopf, Scheiße statt Hirn, ich fass mich an die Stirn.

[2x] Du liegst im Bett und denkst daran, was müsste besser sein? Am Morgen dann willst du reden, doch dann fällt dir nichts mehr ein.

[Refrain]

[…]

[Refrain]

120 - Abfallprodukte der Gesellschaft Wir hätten angeblich Lärm und Dreck als Ideale doch die, die das sagen, sollen sich selbst erstmal betrachten. Wir wären geborene Verbrechergestalten und sollen für ewig im Gefängnis schmachten.

Wir hätten kein Ziel und auch keine Ehre, weil Geld für uns nicht das Wahre ist. Weil wir auf die ihre Ordnung scheißen, vergleichen sie dich mit dem Anti-Christ. Anti-Christ! [3x]

Wir erfüllen nicht ihre verplanten Normen, sind der Macht wehrlos ausgesetzt, werden gegängelt, werden beschimpft, werden von ihnen verfolgt und gehetzt. Und gehetzt! [2x]

Wir sind ihnen ein Dorn in den Augen, weil wir sagen, was uns nicht passt. Und sie sagen: „Du bist ein dreckiges Schwein“ und du wirst verachtet und gehasst. Und gehasst! [3x] Ja!

Sie sagen das, um dich niederzuzwingen. Du sollst vom fahrenden Zug abspringen! [2x] Du sollst vergessen, dass der Mensch selbst denkt! Du sollst kapieren, du wirst gelenkt!

[2x] Du wirst gelenkt! Du wirst gelinkt!

121

[3x] Du wirst gelinkt!

- Nichts gewonnen, nichts verloren Nichts gewonnen, nichts verloren. Wozu wurden wir geboren? Geboren zum Bumsen? Geboren zum Fressen?

Oder, um vergangene Schande zu vergessen? Oder sind wir des Teufels Herde? Darauf, dass jeder dick und fetter werde, [2x] um in seinem Topf zu landen! Schon viele von der Welt verschwanden!

[Die zwei Strophen wiederholen sich zweimal.]

- Schwarz-Rot-Gold [Refrain] Schwarz-Rot-Gold, hab‘s nicht gewollt, dass Deutschland sich die Russen holt. Gold-Schwarz-Rot, [2x] Adolf Hitler ist längst tot!

Was kann denn deutsche Härte dafür, dass so Schweine regierten hier? Von Goebbels bis zum deutschen Kaiser alle waren sie miese Scheißer!

[Refrain]

122 Selbst die großen Philosophen, nichts unterschied sie von den Doofen. Sie haben alles in Gang gebracht, haben Deutschland kaputtgemacht!

[Refrain]

[2x] Wenige sind stehengeblieben, nur ein paar Hunde haben sie getrieben.

[2x] Nur wenige sind stehengeblieben, ein paar Hunde haben sie getrieben.

[Refrain]

- Karnickel II […]

- Zu spät [Refrain 1] Leben, Freiheit, schnell, vergiss es! Diktatur herrscht, besser friss es! Bühnenfreiheit ist Realität!

[Refrain 2] Die Zeit steht still, es ist zu spät Zu spät, zu spät, zu spät! [3x]

Leben, Freiheit, schnell vergessen! [4x]

Vergiss, vergiss, vergiss es! [3x]

123

[Refrain 1]

[Refrain 2]

- Werkzeug der Macht Du bist und bleibst ein Werkzeug der Macht. Du wirst von ihnen zur Marionette gemacht. Und wenn du nicht willst, so gebrauchen sie Gewalt. Sie machen dich fertig, sie machen dich kalt.

Sie schlagen dich, sie sperren dich ins Loch. Sie verlachen dich und sagen: „Wehre dich doch“. Und du bist schwach, denn du bist allein, doch du kannst doch nicht der einzige sein,

dem es so geht, so geht wie dir. Es sind doch auch noch andere hier. Ihr müsst euch nur finden und zusammenhalten, dann könnt ihr euch selbst verwalten,

müsst nicht mehr auf andere hören, müsst nicht mehr auf falsche Flaggen schwören, doch du bist und bleibst ein Werkzeug der Macht. [13x] Du bleibst ein Werkzeug der Macht. Du bist und bleibst ein Werkzeug der Macht. [2x]

- Vor Vielen Tausend Jahren Vor vielen tausend Jahren muss es gewesen sein, da tauchten unsere Vorfahren in die Atmosphäre ein. Sie fanden einen Planeten von Giften noch rein, darum sollte dieser Stern ihre neue Heimat sein.

124

Sie hatten alles im Gepäck für eine neue Welt: vom Computer bis zum Atomkraftwerk und genügend Geld. Autos, Häuser, Roboter sollten auch hierher, Flugzeuge für den Himmel und Schiffe für das Meer.

[2x] Doch einem gefiel es nicht, wie man sich‘s vorgestellt! Er wollte nicht so leben, wie in seiner alten Welt, wollte keinen Luxus, keine Autos und kein Geld, nur Blumen, Wälder und viele Tiere in seiner neuen Welt.

Er zerstörte, was sie mitgebracht, in einer Explosion, denn das Ende vom Lied kannte er damals schon. Es würde was passieren, was uns heute bevorsteht, wenn es weiter mit diesem Wahnsinn, wenn es weiter mit diesem Dreck so geht.

Der Drang zu sterben [4x] steckt in jedem Menschen!

- Prügelknaben Wir wollen nicht mehr, wie ihr wollt! Wir wollen unsere Freiheit! Wir sind das Volk, wir sind die Macht, wir fordern Gerechtigkeit! Wir sind das Volk, wir sind die Macht! Es ist zu spät, wenn es erst mal kracht!

[Refrain] Das ist die Realität und du merkst, wie die Zeit vergeht. Du merkst, wie du langsam hier verfaulst und wie eine kranke Katze jaulst.

125

Gedanken werden sterilisiert, Worte durch Zensur kastriert, Bilder verfälscht, um den Schein zu wahren, sich stärker zeigen nach langen Jahren.

Den Willen nehmen und verformen, in Normen durch genormte Normen. Aufbegehren durch Gewalt verwehren, sich nur um des Nachbars Fehler scheren.

[Refrain]

- Satan [Refrain] [2x] Satan, kannst du mir nochmal verzeihen, weil ich heute keine Sünde beging? Hab‘s versucht, doch konnt‘ mich nicht befreien, weil ich wie angekettet an ihr hing.

Oh, Herr der Hölle, ich kann dir nicht mehr dienen, die Liebe bläst mich weg von dir. [2x] Lass‘ mich los von allem Bösen, von Rache, Rache, Hass und Gier.

[Refrain]

Oh, Herr der Hölle, würdest du sie kennen, selbst du würdest mich verstehen. [2x] Ich würde, wenn sie es will, in Gottes Namen selbst zur Beichte gehen.

126

Satan! [8x]

[Refrain]

Weil ich wie angekettet an ihr hing. [2x]

- Wenn die Kinder weinen Nachts, wenn die Gräber sich öffnen und die Seelen der Toten erscheinen. Die Erwachsenen können sie sehen. Nur die Kinder, die Kinder, sie weinen. Die Kinder, die Kinder, sie weinen. [4x]

[Die erste Strophe wiederholt sich zweimal.]

- Fresst Die Scheiße Die Wir Euch Geben [Refrain 1] Fresst die Schieße, die wir euch geben, seid zufrieden, mit dem was ihr habt. Ihr habt doch alles Nötige zum Leben. Wozu ihr nur nach Schätzen grabt?

[Refrain 2] Die Freiheit können wir euch nicht geben, denn ein dummes freies Volk bringt Gefahr. Wir lassen euch hinter großen Gittern, geißeln euch Jahr für Jahr!

Ihr traut euch keinen Meter, denn ihr wisst, was ihr wirklich denkt. Vertrauen habt ihr nie gehabt und die Arbeit haben wir euch geschenkt.

127

[Refrain 1]

[Refrain 2]

La, la, la, la, la

[Refrain 1 2x]

[Refrain 2]

Ihr traut euch keinen Meter, denn ihr wisst, was ihr wirklich denkt. Vertrauen habt ihr nie gehabt und die Arbeit haben wir euch geschenkt.

Ba, ba, ba, ba, ba

[Refrain 1 4x]

[Refrain 2]

La, la, la, la, la

[Refrain 1]

ANHANG 1.1.3. NICHTS GEWONNEN, NICHTS VERLOREN VOL. 2 - Ata, Fit, Spee [Refrain 1] ATA, Fit, Spee, RFT, Boxerjeans, auf die ich steh‘, Kittifix Kleber, der hält, bei uns bekommt man was für sein Geld.

128 [Refrain 2] Karo, Club, F6 für jedermann, mit Riesa-Zündhölzern brennen sie schnell an. Lada, Wartburg und der Trabant, ein super Angebot bei uns im Land.

Das alles gibt es nur bei uns! [4x]

[Refrain 1]

Das alles gibt es nur bei uns! [4x]

[Refrain 2]

Das alles gibt es nur bei uns! [8x]

Ja, bei uns gibt‘s das nur. Das alles, gibt es nur bei uns, auf unsrer Seite. Das gibt es, das gibt es nur bei uns, in der DDR.

- Trink mit mir noch ein Bier Trink‘ mit mir noch ein Bier, es muss ja nicht das Letzte sein. Ruf‘ den Wirt zu unserm Tisch, er schenkt uns noch mal ein. Er bringt uns noch zwei Klare mit, er kennt uns ganz genau. [2x] Er bringt uns nichts mehr zu unserm Tisch, sind wir beide blau. Bier! [5x]

129 [Die erste Strophe wiederholt sich einmal.]

La, la, la, la, la

- Schwarz-Weiß Sprengt die Ketten, die euch ketten, sprengt die Ketten der Macht! Zertrümmert die Mauern, die euch umgeben, es wird Zeit, dass es kracht! Stellt euch zusammen zu euren Freunden und schlagt endlich zu! Mach kaputt, was dich kaputt macht, dann hast du deine Ruh! [2x]

[2x] Wir wollen nur unser Recht und gebt ihr‘s uns nicht, dann geht‘s euch schlecht!

[2x] Schwarz-weiß, schwarz-weiß, was soll der ganze Scheiß? [Die erste Strophe wiederholt sich noch einmal.]

- Bundesrepublik Ich wär‘ so gern in der Bundesrepublik als Manager bei Thyssen oder Flick. Millionär wär‘ ich dann. Für die Bundesrepublik bin ich der rechte Mann.

Ich wär‘ so gern im Bayernlande als Führer einer Nazi-Bande. Den Linken würde ich's schon zeigen, eins auf die Schnauze und sie schweigen.

130

Ich säß‘ so gern im Bundeskanzleramt als erster Mann im deutschen Land. Den Reichen würd‘ ich noch mehr geben, der Pöbel hat genug zum Leben.

Deutschland, Deutschland, Vaterland! Deutschland, Deutschland, längst abgebrannt! Deutschland, Deutschland, Vaterland! Deutschland, Deutschland! [2x]

[Die vier Strophen wiederholen sich einmal.]

[2x] Deutschland, Deutschland, Vaterland! Deutschland, Deutschland, längst abgebrannt!

- Kriege Machen Menschen [Refrain 1] Deutschland hat den Krieg verloren, ja, aus diesem Grund wurde ich geboren, denn beim Deutschland „sauber“ Krachen, konnt‘ mein Opa meine Mutter machen. Mein Vater hat den Rest gemacht, ich habe zuletzt gelacht, ha, ha.

[Refrain 2] Kaum aus diesem Alptraum erwacht, wirst du wieder zum Kübeln gemacht. Mit Stahl im Stiefel und Gewehr in der Hand, kämpfst du für ein freies Vaterland.

Für ein freies Vaterland. [3x]

131 [4x] Kriege machen Menschen, Menschen machen Krieg.

Für ein freies Vaterland. [4x]

[4x] Kriege machen Menschen, Menschen machen Krieg.

Krieg.

[Refrain 1]

[Refrain 2]

Für ein freies Vaterland [4x]

[4x] Kriege machen Menschen, Menschen machen Krieg.

Kriege machen Menschen, Menschen machen Krieg, Krieg, Krieg!

- Ich Bleib Hier […]

- Abfallprodukte Der Gesellschaft [Ist bereits auf „Nichts gewonnen, nichts verloren Vol. 1“ erschienen.]

- Geldschein Ich bin ein süßer Geldschein, geh‘ von Hand zu Hand,

132 wechsle ständig den Besitzer, nur nicht das aufgedruckte Land. Ich war schon in Hongkong und auch schon in Wien, selbst in einem Inter-Shop in Ost-Berlin.

Ich bin ein süßer Geldschein, bleib keiner Sache treu, ob ich heute Menschen schade und sie morgen wieder erfreu. Das liegt nicht in meiner Macht, das gäb‘ auch keinen Sinn, [2x] da ich nur ein Mittel zum Zwecke bin.

[Refrain] Ein Geldschein sein, [3x] heißt in gute und in böse Sachen verwickelt sein. Heute kauft man mit mir Blumen für die Liebste ein, doch morgen schon kann ich der Lohn für eine Untat sein. [2x]

Ba, ba, ba, ba, ba

[Refrain]

Ich bin ein süßer Geldschein, meine Heimat ist die Bank. Dort liegt fast jede Währung, sicher im Panzerschrank. Dollars aus den USA Und Franken aus der Schweiz.

133 Um so mehr man von uns hat, um so größer wird der Geiz.

Ich bin ein süßer Geldschein, ich steh voll im Verkehr. Ich bestimm die Richtung, der Rest läuft hinterher. Zuhältermensch, oh, schick mich auf den Strich. [2x] Zinsen nennt er den Gewinn, den kassiert er für mich.

[Refrain]

Ba, ba, ba, ba, ba

[Refrain]

Für alles was du brauchst musst du was geben, umsonst bekommst du nichts auf dieser Welt. Du kämpfst täglich ums Überleben, dein Helfer dabei ist das süße Geld. Keiner glaubt, dass Gegenstände leben, das ist doch so in der großen Welt, doch einen Gegenstand gibt es, der nicht dazu gehört. Wen ich meine, ist das süße Geld. [4x]

[Refrain]

- Sigrun Sigrun, Sigrun, ich hab‘s nicht so gemeint. Sigrun, Sigrun, ich hab‘ heute Nacht geweint.

134 Sigrun, Sigrun, bitte verzeihe mir und ich verspreche dir:

[2x] Wenn ich mit dir wegfahr‘, hey, hey, nehm ich mir nur für dich Zeit! Wenn ich mit dir wegfahr‘, trink‘ ich auch kein‘ Alkohol!

Wenn ich mit dir wegfahr‘, hey, seh‘ ich nur dich und all die schönen Mädchen sind nichts für mich, [4x] denn ich lieb nur dich! [4x] Denn ich lieb nur dich! [4x]

[Die drei Strophen wiederholen einmal.]

Wenn ich mit dir wegfahr‘, hey, hey! [4x]

- Nein, Nein, Nein Neulich fuhr ich mit der Straßenbahn. Plötzlich kam der Schaffner an, hatte vergessen, ‘ne Karte zu drücken, musst‘ nun 20 Märker zücken.

[Refrain] [2x] Nein, [6x] warum muss immer ich es sein?

Letztens saß ich in einem Bierlokal

135 und der Kellner kam und sagte: „Bezahl!“. Ich griff in die Jacke, Geld war weg, wieder mal hat‘ ich den Dreck!

[Refrain]

Letztens sah ich die Gudrun steh’n, ich wollt an ihr vorüber geh’n. Sie rief „Halt!“, ich hab‘ gelacht, sie rief „Du Schuft, du hast mich dick gemacht!“.

[Refrain]

[4x] Nein, nein, nein, warum muss immer ich es sein?

In Der Kneipe Zur Trockenen Kehle Let’s go!

In der Kneipe zur trockenen Kehle, zog ich durstig ein. Drinnen saß schon mein Kumpel besoffen wie ein Schwein. Setzte mich zu ihm, bestellte mir ein Bier, fragte ihn „Was ist denn los?“ und er erzählte mir,

und er erzählte mir „Jeden Morgen früh aufstehen, den ganzen Tag an der Maschine steh’n. Tag ein Tag aus die gleiche Scheiße, da bekommt doch jeder Mensch ‘ne Meise!

Vorabend in die Kneipe geh’n, immer die gleichen Leute seh’n.

136 Acht, neun Bier in der Klause, ‘nen Doppelten und nach Hause!“

[Die drei Strophen wiederholen sich einmal.]

- Ach, Mathilde [Refrain] Ach Mathilde, ach Mathilde, mach doch deine Beine breit! Ach Mathilde, ach Mathilde, ja, es ist soweit!

Er ist so hart wie Stein! Komm Mathilde, lass mich rein, er ist so hart wie Stein!

[Refrain 2x]

Er ist so hart wie Stein! Komm Mathilde, lass mich rein, er ist so hart wie Stein!

[Refrain]

Er ist so hart wie Stein! Komm Mathilde, lass mich rein, er ist so hart wie Stein! [8x]

- Wohnzimmer-Revolutionär Ich sitz vor meiner Glotze und sehe fern, fern, fern, fern, seh‘ ich gern. Wenn‘s geht muss es was Brutales sein, beim Wet-Wet-Wetterbericht schlaf ich ein! [2x] One, two, three, four!

137

[Refrain] [4x] Es gibt nichts, was mich aus der Ruhe bringt Es gibt nichts, was mich anstinkt

Mord und Totschlag den ganzen Tag, es gibt nichts, was ich lieber mag. Bombenterror, noch viel mehr, ich bin ein Wohnzimmer-Revolutionär! [2x] Eins, zwei, drei, vier!

[Refrain]

In der Zeitung stehen auch viele, viele Dinge, die andere Leute aus der Ruhe bringen, doch mir geht alles am Arsch vorbei, schlagt ihr euch tot, das ist mir einerlei! [2x] Eins, zwei, drei, vier!

[Refrain]

- Haben, Haben, Haben Was will der mit seiner Ideologie? Was will der mit ‘ner Herde Vieh? Was will der mit ‘ner Bank voll Geld? Was will er mit der ganzen Welt?

[Refrain] Haben! [5x] Jeder will was haben, bloß um es zu vergraben! Für die nächste Generation wird sich das Leben lohnen, ja!

La, la, la, la, la

138

[Refrain]

Was will der mit seiner Ideologie? Was will der mit ‘ner Herde Vieh? Was will der mit ‘ner Bank voll Geld? Was will er mit der ganzen Welt?

[Refrain]

La, la, la, la, la

- Schläger bedrohen unser Leben Letztens ging ich auf der Straße spazieren, da fing so 'n Kunde an wie ein Pferd zu wiehern. Ich schlug ihm sofort die Schnauze rein, er brach sich sofort sein Nasenbein.

Schläger bedrohen unser Leben! [4x]

[2x] Ich trat ihm sogleich zwischen die Knie, der Hoden platzte – so gut war ich noch nie!

Schläger bedrohen unser Leben! [16x]

- Mein Garten [2x] Mein Garten erblüht jedes Jahr, betreten auf eigene Gefahr!

Diesteln mit spitzen Zacken dran! Diesteln so hoch wie ein Mann!

139 [beide Teile wiederholen sich einmal]

Diesteln mit spitzen Zacken dran! [3x]

Diesteln so hoch wie ein Mann!

- Mein Weg Bisher hat mir der Mut gefehlt, den ersten Schritt zu tun. Meinen Weg, meinen, meinen Weg, meinen Weg zu geh’n. Ich konnt‘ mich immer auf euch verlassen, doch ich blieb steh’n! Es tut mir leid, ich musste raus, macht's gut, auf Wiedersehn! Auf Wiedersehn!

[2x] Der Tod, steht und fällt, er verseucht die ganze Welt. Der Tod verlangt Tribut, auch von mir, und das ist gut! Der Tod, ist nicht schlecht, er verlangt nur sein Recht, nur sein Recht, nur sein Recht, er verlangt nur sein Recht!

- Der Diktator [Refrain 1] Wenn ich erst der Herrscher bin, dann seid ihr alle dran, dann schick ich euch alle zur Hölle, denn ich bin euer Mann! Der Mann ganz oben an der Spitze da ist für mich die Macht. Ich der Herrscher über alles, werde das Feuer entfachen!

140 [Refrain 2] Ich steche euch die Augen aus, ich schlage euch den Schädel ein, ich, der Herrscher über alles werde euer Richter sein! Keine Gnade lass ich walten, nur die Rache wird bestehen, von mir aus kann alles, was kreucht und fleucht, zur Hölle gehen! [4x]

[Refrain 1]

[Refrain 2]

Ich hab‘ Hass, will mich rächen, will euch alle niederdreschen! Hass ist mein Leben, Leben ist Hass! Vernichten, vernichten, Tod in Massen!

Morden, morden, was ich befehle! Ich fühl mich wohl, wenn ich Menschen quäle! Ich fühl mich wohl, wenn ich Blut vergieße! Ich werd‘ geil, wenn ich Menschen schieße!

[Refrain 1]

Das Feuer entfacht! [2x] Entfacht!

- Keine Wut Mehr Im Wanst [Refrain] Habt ihr keine Wut mehr im Wanst? Seid ihr wirklich schon zufrieden? Habt ihr keine Wut mehr im Wanst Lasst ihr euch nur alles bieten?

Gemütlich an ‘nen Tisch hier setzen

141 und sich über ‘n Witz zerfetzen, das Bier in Ruhe ausgetrunken, Mann, seid ihr ein paar Halunken!

[Refrain]

Bald seid ihr alt und grau, seid jetzt schon wie ‘ne Spießersau! Freut euch über jeden Tag, hauptsache, dass euch jeder mag.

[Refrain]

Keine Wut mehr! [6x] Habt ihr keine Wut mehr im Wanst? [4x]

ANHANG 1.2. SLIME Slime veröffentlichte im Zuge der 80er-Jahre folgende Alben: „Wir wollen keine Bullen- schweine“, „Slime I“, „Yankees raus“ und „Alle gegen Alle“.

ANHANG 1.2.1. WIR WOLLEN KEINE BULLENSCHWEINE - Wir wollen keine Bullenschweine Der Faschismus hier in diesem Land, nimmt allmählich Überhand. Wir müssen was dagegen tun, sonst lassen die uns nicht in Ruh‘! Wenn ich die Bullen seh‘ mit Knüppeln und Wummen, jedes Mal sind wir die Dummen. Die nehmen uns fest, stecken uns in den Knast, doch das steigert nur unseren Hass!

[Refrain]

142 Ein Drittel Heizöl, zwei Drittel Benzin, wie ‘68 in Westberlin! Diese Mischung ist wirkungsvoll, diese Mischung knallt ganz toll! Wir wollen keine Bullenschweine! [2x]

Dies ist ein Aufruf zur Revolte! Dies ist ein Aufruf zur Gewalt! Bomben bauen, Waffen klauen, den Bullen auf die Fresse hauen! Haut die Bullen platt wie Stullen, stampft die Polizei zu Brei! Haut den Pigs die Fresse ein, denn nur ein totes ist ein gutes Schwein!

[2x] [Refrain]

Bullen sind Schweine!

- Iran Iran, Iran, zieht Mörderschweine an. Panzer, Panzer, Apokalypse der Landser.

[Refrain] Iran, Iran, mörderisch brutal! Revolution, Revolution, Freiheit auch nicht dieses Mal.

Koran, Koran, Bibel von Faschisten.

143 Schah und Khomeini, ab in die Kisten!

[Refrain]

Iran, Iran!

- Hey Punk Alle reden von Terroristen, die Spießerschweine und Halbfaschisten. Wenn du keine BILD-Zeitung liest, bist du gleich ein Terrorist! In der S-Bahn starren sie dich an, als hättest in der Tasche ‘ne Tommy-Gun, dabei bist du nur ein innocent Punk! Wer weiß, was daraus werden kann?

[Refrain] Hey, Punk, zeig‘ ihnen, wer du bist! Hey, Punk, noch kein Terrorist! Hey, Punk, spuck‘ ihnen ins Gesicht! Hey, Punk, anders geht‘s nicht! [4x] Weg mit dem Scheißsystem!

Sie nennen uns Punk-Chaoten, weil sie nichts wissen, diese Vollidioten! Wir sind intolerant und zerstörungswütig, stimmt sogar, doch wir haben genug Gründe! Überall wird man unterdrückt, nur die Besten werden rausgepickt, doch jeder hat das Recht zu leben, sich gegen Unterdrückung zu erheben!

144 [Refrain]

Hey, Punk! [7x] Zeig ihnen, wer du bist!

- Ich hasse I hate all the countries! I hate all the nations! I hate all their politics! And I hate the Nazi pigs! I hate them all [3x] Hate! Hate by hate them all!

I hate all the countries! I hate all the nations! I hate all their politics! And I hate the Nazi pigs! I hate them all! [3x] I hate, I hate, I hate them all!

I hate all the fascists! But I ain't no communist! Policy is fucking piss, no-one is an anarchist! I hate them all! [3x] Hate, Hate, I hate them all!

[2x] Ich hasse all die Spießer, morgens in der S-Bahn! Hinter ihrer BILD-Zeitung lauert Springers Nazi-Wahn!

145 Ich hasse sie alle! [3x] Ich hasse, hasse, ich hasse sie alle!

ANHANG 1.2.2. SLIME I - We Don’t Need the Army Millions of people dying in war, they just don’t know why. Soldiers fighting for god and country, war does make them high. Nobody can do anything, because nobody understands. Troops are marching for a crazy leader, for the rules of their land.

[Refrain 1] If you’re not a fool, a victim of insanity, I’ll tell you something, just listen to me! [2x] We don’t need the army! No, no, no! We don’t want a war! No, no, no! Destroy your government, fight their fucking war!

[Refrain 2] Government saying, we need defense, but it’s nothing less than war. No where’s peace in this dirty world, they’re fighting more and more. War for money, war for fame, never seen a bigger crime. Fighting for a crazy leader, but I don’t wanna die!

[Refrain1 2x]

[Refrain 2]

[Refrain 1 2x]

- Artificial You are just a concept, you are just a dream! You are just a reflection of the new regime! You are just a symbol, you are just a theme!

146 You are just a constitution of the murder machine!

You can dance and you can sing, You can even do anything. You can talk and you can tell, You can even go to hell!

Because you’re artificial! You’re artificial! You’re artificial! In your artificial life!

[Die drei Strophen wiederholen sich dreimal.]

- A.C.A.B. A.C.A.B.! [4x]

[Refrain 1] See them walking down the streets all day, A.C.A.B.! See them walking down the streets all night, A.C.A.B.! Never heard of human dignity, A.C.A.B.! Working for a fascist machinery, A.C.A.B.!

[Refrain 2] They say it’s law and order, but we live in fear! Fuck off cops, get out of here! All cops are bastards! [3x]

See them driving with their blue lights on, A.C.A.B.! See them holding their tommy-guns, A.C.A.B.! Beating up people without any reason, A.C.A.B.! Supported by the law and the politicians, A.C.A.B.!

[Refrain 2]

147

[Refrain 1 2x]

All cops are bastards! [4x]

- I Wish I Was Well, I wish I was a cat, sitting on a rug, pretty girls would pick me up and give me a hug. They stroke me and pet me on my head, and all those wonderful things I see sleeping on a bed.

[Refrain] [2x] Well, I wish I was, well, I wish I could be, well, I wish I was someone, someone else, not me!

Well, I wish I was a mirror on a girl's bedroom wall, all those mucky things, I would see them all. She walks around in a flimsy little nighty, and when she takes that nighty off, oh gosh, oh lord, how mighty!

[Refrain]

Well, I wish I was a brassier and spend my life in lust, ride on the girls jumper and round the girls bust! I would be a hold-up man, like Butch Cassidy, and over the shoulder hold a brassier life for me!

[Refrain 3x]

They Don’t Give A Fuck Go!

148 Politics are wasting time, it’s always the same old lie. Tomorrow will be better than today, all our troubles will soon go away.

Oppression everywhere! Bullets in the air! But now it’s up to you! They don’t give a fuck about me and you! [2x] But now we gonna do, what we wanna do!

Yeah!

Korea and Vietnam, Chile and Iran, United Kingdom, Germany, and the goddamn fucking USA, Oppression everywhere.

[Refrain]

Yeah!

Nobody needs a war! So what’s the A-Bomb for? Their peace is just a farce, they can stick it up their arse!

[Refrain]

They don’t give a fuck! [3x] They don’t give a fuck about me and you!

- Robot Age [Refrain 1] You’re working like an asshole to get a little money. Your wife is working with you to make your life funny. But soon you get a letter, your boss is very sorry.

149 You have to pay the cost, your job is gone and lost. There’s a man of iron, a man of steel, he hasn’t got a heart to feel. He’s always there, night and day, the bosses don’t have so much to pay. He’s never ill, he’s never sick, just because of his plastic head!

[Refrain 2] We’re living in a robot age, Men got anything to do. We’re living in a robot age, an iron man works for you. Everyone is unemployed, your life will be destroyed. We’re living in a robot age, everyone is unemployed.

[Refrain 1]

[Refrain 2 2x]

- Streetfight [2x] Have you ever been fighting in the streets? Did you ever hurt one of the pigs? Did you ever throw a stone into a window, or a Molotov-Cocktail out of the shadow? C’mon and do the streetfight, streetfight! [3x]

C’mon and do the streetfight, streetfight! [3x] Streetfight!

150

C’mon and do the streetfight, streetfight! [4x]

- Deutschland muss sterben [Refrain] Wo Faschisten und Multis das Land regieren, wo Leben und Umwelt keinen interessieren, wo alle Menschen ihr Ich verlieren, da kann eigentlich nur noch eins passieren! Deutschland muss sterben, damit wir leben können! [4x]

Schwarz ist der Himmel, Rot ist die Erde, Gold sind die Hände der Bonzenschweine, doch der Bundesadler stürzt bald ab, denn Deutschland, wir tragen dich zu Grab!

[Refrain]

Deutschland muss sterben, damit wir leben können! [4x]

Wo Raketen und Panzer den Frieden sichern, AKWs und Computer das Leben verbessern, bewaffnete Roboter überall, doch Deutschland, wir bringen dich zu Fall!

Deutschland muss sterben, damit wir leben können! [4x]

Deutschland, verrecke, damit wir leben können! [4x] Deutschland?!

- Hey Punk [Ist bereits auf „Wir wollen keine Bullenschweine“ erschienen.]

151 - D.I.S.C.O. Weißes Jackett und weiße Hose, Pomade auf dem Kopf und in der Hose, sie tragen teures Plastik und oben ohne, das sind die Horrornächte in der Disco-Zone!

[Refrain] Samstagnacht, Discozeit! Girls, Girls, Girls zum Ficken bereit! Eltern überall in großer Not, die Disco-Wichser tanzen sich tot!

Disco befreit von allen Zwängen. Nebeneffekt: Man vergisst zu denken. Die Plastik-Musik dröhnt dir in die Ohren, Alptraum danach am Sonntagmorgen.

[Refrain 2x]

Hirnis überall, wohin du siehst. Sie sind geschniegelt, gebügelt und verspießt. Sie sind hirnlos, machtlos, haben kein Gewissen. Solche Typen haben bei uns verschissen!

[Refrain]

Hirnis überall, wohin du siehst. Sie sind geschniegelt, gebügelt und verspießt. Sie sind hirnlos, machtlos, haben kein Gewissen. Solche Typen haben bei uns verschissen!

[Refrain]

152 - D.O.R.F. Morgens um sechs, Frühstückszeit, Kaffee trinken, Schulbrot bereit. Langeweile in der U-Bahn, Langeweile im Bus, genervt auf der Arbeit, ob das sein muss? Hey, hey! Das kotzt mich an! [4x]

Abends um acht, Fernsehzeit, Fernseh-Deutschland, konsumbereit. Das Bier auf dem Tisch, die Chips daneben. Die beste Frage ist die Freude am Leben. Hey, hey! Das kotzt mich an! [4x]

Abends um acht, Ausgehzeit, machen sich Spießer und Kontros bereit. Feldstraße raus, in die Marktstube rein, Synthie und Gedröhne, ich steh‘ auf Berlin!

[2x] Hamburg, du kotzt mich an! Du Dorf, du kotzt mich an!

- Karlsquell Irgendwann musste es raus, ich muss es dir sagen, ich hab‘ mich höllisch in dich verknallt! Mit dir werde ich mich immer vertragen und auch mit dir werde ich nicht alt.

[Refrain] Ich brauch‘ dich, am liebsten jeden Tag, du päppelst mich auf, wenn ich down bin. Ich glaub‘, es ist der Alkohol, den ich an dir mag. Mit dir hat das Wochenende einen Sinn.

153 [4x] Karlsquell, [2x] ah, yeah! [4x]

Der Weg zum Aldi-Markt ist nicht weit, ich bin sofort bei dir! Für zehn Mark zieh ich mir ‘ne Palette rein vom hirnwegfetzenden Bier.

[Refrain]

Nach dem fünften Bier, ich spür‘s sofort, du bist ein ganz schöner Brecher! Und nicht nur das, wenn du alle bist, bist du ein geiler Aschenbecher!

[Refrain]

- 1,7 Promille Blues Seit zwei Stunden sitz‘ ich hier und trink‘ mein Bier, laber‘ über Gott und die Welt mit ihnen und ihr und dir, da kommt noch einer, bringt ‘n Pickel Shit vorbei.

Wir rauchen ‘ne Rolle, dann ist eh alles einerlei, dann hab‘ ich 1,7, 1,7 Promille. Dann haben wir 1,7, 1,7 Promille. [2x] Der normalste Stand seit langer Zeit, 1,7 Promille.

Dann setz‘ ich mich in meine Kiste und dann fühle mich wie Niki Lauda, nur der war wohl nie so voll wie ich.

154 Ich fahr‘ wie ein Weltmeister, glaub‘s mir, ey, Mann!

Doch da sind die Bullen schon und sie halten mich an. Der Bulle grinst und sagt: „Halt auf, du hast ja mindestens 1,7 Promille!“ Denn wir haben 1,7, 1,7 Promille. [2x] Der normalste Stand seit langer Zeit, 1,7 Promille.

[Die letzten drei Strophen wiederholen sich einmal.]

- Wir wollen keine Bullenschweine [Ist bereits auf „Wir wollen keine Bullenschweine“ erschienen.]

- Polizei SA SS Ihr lieben Polizisten in der BRD, ich will euch mal was sagen, hört mal alle her. Ihr seid moderne Nazis, das steht für uns fest, kommt, lasst uns doch in Ruhe, ihr seid schlimmer als die Pest!

Bullenschweine [2x], in der ganzen Welt, Söldner aller Staaten, Schläger für wenig Geld, verteidigt euren scheiß Staat, wisst selber nicht, warum. Die Scheiß-Politiker freuen sich, verkaufen euch für dumm!

[2x] Polizei SA-SS! GSG9 und BGS!

155

Jedes Mal, wenn ‘ne Demo ist, gebt ihr uns was drauf, aber den Faschisten lasst ihr freien Lauf! Baader, Meinhof hingerichtet im Stammheimer KZ, Polizei SA-SS, immer hilfsbereit und immer nett.

[Die letzten drei Strophen wiederholen sich einmal.]

Bullenschweine [2x], in der ganzen Welt, Söldner aller Staaten, Schläger für wenig Geld, verteidigt euren scheiß Staat, wisst selber nicht, warum. Die Scheiß-Politiker freuen sich, verkaufen euch für dumm!

Polizei SA-SS!

- Bundeswehr Du hast ‘ne hübsche grüne Uniform, du tust nichts außerhalb der Norm, du hast dich ganz gut angepasst, denn sonst gehst du auch gleich in ‘n Knast.

[Refrain 1] Du sollst töten lernen für‘s Vaterland, doch Vaterland ist abgebrannt! Bevor du einen abknallen kannst, hat der Feind es schon zerstört.

Du lässt dich herumkommandieren von ‘nem alten Nazi-Offizier, doch was schert dich die Moral?

156 Tu deine Pflicht, alles andere ist egal!

[Refrain 1]

[Refrain 2] Links zwo, drei, links zwo, drei, marschiert, Soldaten, marschiert! Links zwo, drei, links zwo, drei, auf dass ihr im Schlamm krepiert! Links zwo, drei, links zwo, drei, ob ihr da seid oder nicht, euer scheiß Vaterland ist als erstes im Arsch, wenn der Krieg ausbricht!

Eine eigene Meinung hast du nicht, du tust am liebsten deine Pflicht. Das Hirn voll Scheiße, in der Hand das Gewehr, ja, das ist die Bundeswehr!

[Refrain 1]

[Refrain 2]

- Iran [Ist bereits auf „Wir wollen keine Bullenschweine“ erschienen.]

- Keine Führer [Refrain 1] Wenn ich in der Stadt rumgehe und da all die Spießer sehe, Aktentasche unterm Arm, Schinkenwurst mit Senf lauwarm. Wenn ich was im Fernsehen sehe über unsre BRD, Bullenschweine mit Pistolen, bald kommt euch der Teufel holen. Gesetze sind zum Brechen da!

157 [Refrain 2] Kein Chef für dich, kein Boss für mich! Keine Führer für dich und mich!

Überall wirst du kontrolliert, eingetippt und chiffriert, Staatsorgane überall entscheiden über deinen Fall. Ich habe keinen Bock zum Arbeiten, ich will nur meinen Spaß haben! Wir sind die letzte Generation, was dann kommt, der reine Hohn. Ich scheiß auf Pflichten und Moral!

[Refrain 2 2x]

[Refrain 1]

[Refrain 2 2x]

Kein Chef! Scheißdreck-Staat!

ANHANG 1.2.3. YANKEES RAUS - Yankees raus Tausende von Menschen: Männer, Frauen, Kinder, zerfetzt von Napalm in Vietnam. Tausende von Menschen: Rote und Schwarze, gejagt und getötet vom Ku-Klux-Klan.

[Refrain] USA, das Blut fließt durch sie jeden Tag! USA, das Blut fließt durch sie seit dem Tag, seitdem es sie gibt! [2x] Yankees raus! [2x] Wir sind Millionen und wir schreien es raus!

158 Amis raus!

Imperialisten, Kriegsriskierer, Friedenswille stößt euch vom Thron. Zu viel Schrecken droht dem Verlierer, eure Gegner schreien an die Nation.

[Refrain 2x]

Ghettos in Frisco, Slums in L.A., das ist der American Way. Im Land der Freiheit sind alle gleich, so gleich wie damals im Dritten Reich!

[Refrain]

Yankees raus! [5x]

- Kauf oder stirb Wirtschaftswunder in den Wehen, todgeweiht, noch nicht gesehen. Wirtschaftswunder wird geboren, Konsum gewandert, schon verloren. Tote Fische im Dash-Benzin schwimmen auf dem Fluss dahin. Chemie und Haushalt wird dasselbe, ein Leichenhemd liegt auf der Elbe. Kauf oder stirb, [3x] auch wenn die Erde draufgeht, ist doch scheißegal!

Freiheit wird zum Verdruss, Konsum im Überfluss. Die Mutanten der Nationen singen: „Der Atompilz leuchtet schon“.

159

[Die zwei Strophen wiederholen sich einmal.]

Kauf oder stirb, [3x] auch wenn die Erde draufgeht, ist doch scheißegal!

- Alptraum In jedem Land, an jeder Grenze, steht Kanonenfutter schon bereit. Gewehre, Panzer und Raketen, Tag und Nacht allzeit bereit. Und die Spannung wächst, der Krieg ist nah. Und für dich gibt‘s keine Chance, du kannst nur warten, bis die Bombe fällt, dann gibt‘s nur noch Tod und Asche!

[Refrain] Wir leben in einem Alptraum, oh, das Erwachen wird der Selbstmord sein. Nur der Tod reibt sich die Hände, oh, denn nur er alleine wird der Sieger sein.

Und sie da oben in ihren Palästen, spielen Poker um die Welt, denn sie haben ihre Bunker, wenn der Bombenteppich fällt. Millionen Menschen sind am Verrecken, doch wir leben in der Fortschrittszeit. Dieser Fortschritt ist der Anfang vom Ende, denn der Untergang ist nicht mehr weit.

[Refrain 2x]

160

- Pseudo [Refrain] Ich bin ein Pseudo, das ist mir so bewusst, doch wer ist das Original, hätt‘ ich gerne mal von dir gewusst. Ich bin ‘ne Kopie, das ist mir so klar, doch weiß ich immer noch nicht, wer der Erste war. Ich bin ein Pseudo, kein Individualist, doch ich hätt‘ gern den gekannt, der von euch nicht einer ist. Ich bin ‘ne Kopie, keine Idee ist von mir, doch du willst mir weismachen, sie kämen von dir.

Ich bin ein Pseudo, die Mode hat mich erfasst, doch in den Scheiß-Modesack habt ihr alle reingepasst. Ich bin ein Pseudo! [6x]

[Refrain]

Doch man hebt sich immer noch ab, auch wenn nicht ganz allein. Ich bin lieber ein sogenannter Pseudo als ein ganz normales Schwein.

Ich bin ein Pseudo! [6x] Pseudo! Ich bin ein Pseudo! [6x]

- Wieder breit [Refrain] Wieder breit, [2x] wir sind wieder breit, schon wieder breit!

Ich sitz schon wieder hier mit kleinen Pupillen, für irgendwelche Action fehlt mir Energie und Willen. Es ist schon wieder soweit!

161 Ich bin mir zwar sicher, Langeweile zu killen, dafür gibt‘s nicht nur diese Möglichkeit, doch die Ideen geh‘n heute nicht sehr weit!

[Refrain]

Gesichter verschwimmen, der Magen rumort, der Alk hat sein Messer in mein Gehirn gebohrt. Es ist schon wieder soweit! Ich frag‘ mich manchmal wirklich, ob‘s das Optimale ist, denn je später der Abend, desto mehr sich der Verstand verpisst. Für ‘ne Betäubung auf Zeit, abzuhauen von der Wirklichkeit.

[Refrain]

Wieder breit [5x]

- Greensleeves [Enthält keinen Songtext.]

- Bundeswehr [Ist bereits auf „Slime I“ erschienen.]

- Gerechtigkeit Bullen knallen wahllos Leute ab, fast täglich tragen sie einen von uns zu Grab. Und dich haben sie mal beim Sprühen gekrallt, schon fordert zwei Jahre der Staatsanwalt. Und dann steht der Bulle vor Gericht, doch was ihm droht, das ist so lächerlich. Drei Wochen auf Bewährung sind schon viel zu lang und du hast die Chance auf „lebenslang“.

162

[Refrain] [4x] Ich glaube eher an die Unschuld einer Hure, als an die Gerechtigkeit der deutschen Justiz!

Es gibt keine Folter, nur Zwangsernährung. Es gibt keine Folter, nur Iso-Haft. Polizisten töten doch nur aus Versehen, und aus Pflichtgefühl, das kann man ja verstehen. Freiheit wird eingesperrt! Wahrheit wird zerschlagen! Gerechtigkeit wird brutal ermordet! Nur wer Macht hat, der hat das Sagen!

[Refrain]

Freiheit wird eingesperrt! Wahrheit wird zerschlagen! Gerechtigkeit wird brutal ermordet! Nur wer Macht hat, der hat das Sagen!

[Refrain]

- Gewinnen werden immer wir Ab jetzt gewinnen immer wir!

Nur, weil du niemand bist, bist du noch lange nicht schlecht! Nur, weil du unten stehst, sind die oben noch lange nicht im Recht!

[Refrain] Und sie wissen ganz genau,

163 dass du nicht alleine bist! Und sie werden es bald sehen, wozu ein Niemand fähig ist! Ab jetzt gewinnen immer wir, [4x] gewinnen immer wir!

Nur, weil der Bulle stärker ist, bist du noch lange nicht schwach. Und wenn wir uns zusammentun, werden vielleicht bald alle mal wach.

Denn auch du weißt ganz genau, dass du nicht alleine bist! Und sie werden es bald sehen, wozu ein Niemand fähig ist! Ab jetzt gewinnen immer wir, [4x] gewinnen immer wir!

[Refrain]

Gewinnen immer wir, immer wir! [4x]

- Block E Montag morgen, neue Woche und ab geht‘s wieder zur Maloche. Dieselben Fratzen, dasselbe Gelaber, ja, du liebst dein Arbeitslager.

[Refrain] Doch Freitagabend, da geht es los, du fühlst dich stark, jetzt bist du mal groß! Die ganze Nacht wird durchgesoffen, Sonnabend dann wieder bangen und hoffen!

164

Hier regiert der HSV! [4x] Oh, Block E! [3x]

Nur in der Kurve bist du wer, du prügelst dich gern, hier ist das nicht schwer! Einmal die Woche, da kriegst du Gefühl, denn außer dem Verein hast du nicht viel!

[Refrain]

[2x] Oh, Block E! [3x]

Hier regiert der HSV! [3x] Tod und Hass dem FCP!

- Denken ist der Tod Was hat‘s noch für einen Sinn, jetzt, wo die Verzweiflung gewinnt? In diesem meinen Leben, im Warten auf den Tod.

[Refrain] Was sollen noch Fragen nach dem Sinn, die Antwort fehlt doch ohnehin. Vegetieren oder denken, doch Denken ist der Tod, ist der Tod! [3x] Denken ist der Tod!

Zwischen Freunden, isolierte Freude, Gedanken bleiben eingesperrt.

165 Hoffen ohne Hoffnung auf die Wende und warten, warten auf das Ende.

[Refrain]

- Legal, illegal, scheißegal Sie sagen dir: „Halt auf, bleib stehen!“ Sie sagen dir: „Es hat keinen Sinn!“ Sie sagen dir: „Legal verändern!“ Sie sagen dir „Gewaltfrei verändern!“ Legal, die Gesetze der Herrschenden. Legal, der Hunger der Verreckenden. Legal, der Wahnsinn der Gefolterten.

[Refrain] Legal, illegal, scheißegal! Legal? Illegal? Legal, illegal, scheißegal! [4x]

Sie sagen dir: „Halt auf, bleib stehen!“ Sie sagen dir: „Es hat keinen Sinn!“ Sie sagen dir: „Legal verändern!“ Sie sagen dir „Gewaltfrei verändern!“ Illegal, jeder Widerstand. Illegal, mit dem Rücken an die Wand. Illegal, jedes Aufbegehren. Illegal, jeder Versuch sich zu wehren.

[Refrain 2x]

- Nichts [Enthält keinen Songtext.]

166 - Demokratie So, du denkst, du kannst mich täuschen, mit deinem Begriff „Demokratie“ – ein System ohne Unterdrückung. Ich sage dir, das klappt wohl nie!

[Refrain] Politisch rechts, politisch links, das hat doch alles denselben Klang. Regierung bleibt Regierung und Regierung, das heißt Zwang. Politisch rechts, politisch links, das hat doch alles denselben Klang. Regierung bleibt Regierung und Regierung, das heißt Zwang. Demokratie! Demokratie, die klappt wohl nie!

Wir haben keine Möglichkeit zur Veränderung, denn der Politikerkreis ist zu. Nur ein kleiner Teil hat das Sagen, ich nenne das eine Diktatur!

[Refrain]

Die Staatsideen von „Recht und Freiheit“ sind zwar Rentnern frei genug, doch das demokratische System ist ein einziger Betrug! [2x]

Demokratie! Demokratie, die klappt wohl nie!

167 - Wenn der Himmel brennt Total frustriert, wir sind inaktiviert, jedes andere Leben hätte mehr gegeben, doch der Tag wird kommen, an dem alle schreien. Ja, der Tag wird kommen und alles wird gut sein. In tausenden von Jahren ist alles gleichgeblieben, nichts hat sich geändert, nur die Namen sind verschieden, doch ich weiß ganz genau, was mir nicht gefällt und ich bin nicht allein auf dieser Welt.

[Refrain] Wenn der Himmel brennt! [4x] Wenn der Himmel brennt, dann wach ich auf! Wenn der Himmel brennt, dann hau‘ ich drauf! Wenn der Himmel brennt, dann bin ich da! Wenn der Himmel brennt, dann ist alles klar!

Total frustriert, wir sind inaktiviert, jedes andere Leben hätte mehr gegeben, doch der Tag wird kommen, an dem alle schreien. Ja, der Tag wird kommen und alles wird gut sein. Wenn wir nur rumhängen, lahm und frustriert und nicht endlich, endlich mal was passiert, dann können wir genauso unser Maul halten und weitermachen, so wie unsere Alten.

[Refrain]

ANHANG 1.2.4.: ALLE GEGEN ALLE - Linke Spießer Ihr seid Lehrer und Beamte, seid Gelehrte sogenannte. Ihr schreibt Bücher, seid im Fernsehen und ihr glaubt, dass wir euch gern sehen.

168 Immer kritisch und politisch, Marx und Lenin auf dem Nachttisch. Doch ihr habt was gegen Rabatz und macht den Bullen gerne Platz.

[Refrain] Ihr seid nichts als linke Spießer! Ich frag‘ mich, was wart ihr früher? Ihr seid nichts als linke Spießer, ihr habt nichts dazugelernt! Ihr seid nichts als linke Spießer, eigentlich wart ihr es schon immer! Und werden wir mal aggressiv, seid ihr auf einmal konservativ!

Sozialarbeiter und Studenten, ihr seid so frei und unverklemmt. Ihr seid sozial auch sehr gut drauf, doch ihr habt eure Seele dem System verkauft! Und falls euch doch mal alles stinkt, euer Gelaber euch selbst zum Hals raushängt, dann fahrt ihr einfach nach Indien. Als Backwahn-Jünger ist jeder in.

[Refrain 2x]

- Störtebecker Vor 600 Jahren ward er geboren, ein großer Pirat zu sein. Er war stolz und stark und hatte Mut und er wurde ein zweiter Robin Hood. Er beklaute die Reichen und beschenkte die Armen, doch die Mächtigen kannten kein Erbarmen und er verlor seinen Kopf.

169

[Refrain 1] Störtebeker, wir vergessen dich nicht! Störtebeker, und wir trinken auf dich! Störtebeker, du warst der beste Mann deiner Zeit! Haifisch nanntest du dein Schiff und es stand immer für dich bereit.

[Refrain 2] Und nun singt der Likedeeler Lied: „Wo unsre Fahne weht, ist es für jedes Schiff zu spät. Wir sind im Kampfe vereint, des lieben Gottes Freund und aller Welt Feind!“

Seinen Becher trank er leer in einem Zug, dafür war er überall bekannt. Seinen letzten Becher trank er wohl als die bunte Kuh ihn fand. Und sie brachten ihn nach Hamburg zurück, das Beil stand schon bereit. Klaus und seine 150 Mann, vorüber war ihre Zeit.

[Refrain 1]

[Refrain 2 2x]

- Untergang Geh‘ los und sammle Helme! Geh‘ los, grab‘ Steine aus! Geh‘ los und spalte Schilder Nicht nach Haus‘! [2x]

170 Keine Zukunft, oder was? Komm, wir gehen los und haben Spaß! Mit ‘nem großen Haufen Dosen, geht kaum was in die Hosen!

[4x] Eins, zwei, drei, vier, für den Untergang sorgen wir!

[Die zwei Strophen wiederholen sich einmal.]

Fütter‘ deinen Kopf oder stress‘ deine Leber! Kleid‘ dich rot oder sauf‘ dich tot!

[4x] Eins, zwei, drei, vier, für den Untergang sorgen wir!

- Zu kalt Selten habt ihr mich verstanden, kaum verstand ich euch. Doch wenn wir in der Scheiße sitzen, so verstehen wir uns gleich.

[Refrain] Keine Gefühle, jeder ist mal dran, dass man vor Kälte kaum noch sitzen kann! Zu kalt, oh, zu kalt!

Wenn das Geschwür groß wird

171 und man kein Gegenmittel hat, holt man sich gleich um die Ecke, eine Portion Wärme ab.

[Refrain]

Keine Gefühle, keine Blöße, ein Schrei, der nur verhallt. Keiner hat den Mut zu reden, wo man ist, es ist zu kalt.

[Refrain]

Zu kalt! [2x]

- Ihr seid schön [Refrain 1] Sie sitzen da im Dunkeln, in den Augen spiegelt Licht, ängstlich und verloren, sie bewegen sich nicht. Sie wissen nicht wohin, sind eigentlich gar nicht da, ein Leben ohne Sinn, das Bild ist sehr unklar. Doch dann kommt der Meister mit der tollen Idee, [3x] setzt sie ihnen ins Hirn wie eine gute Fee.

[Refrain 2] Ihr seid schön, so fantastisch, individuell, doch oft spastisch! Ihr seid schön! [2x] Ihr seid schön, so fantastisch, individuell, doch oft spastisch!

[Refrain 1]

[Refrain 2]

Sieh doch nur, sie stehen auf, sprengen alle Rahmen, ziehen sich alle dasselbe an, aber haben ja jetzt einen Namen.

172 Sieh doch nur, sie stehen auf, sprengen alle Rahmen, ziehen sich alle dasselbe an, aber haben ja jetzt einen Namen, denn dann kam der Meister mit der tollen Idee, [3x] setzte sie ihnen ins Hirn wie eine gute Fee.

[Refrain 2]

- Religion [Refrain 1] Erzählt mir nichts von euren Göttern, denn die haben niemals existiert. Auch Jesus Christus oder Mohammed, sie verhinderten nie einen Krieg. Behauptet nicht, dass ihr die Antwort habt, auf die Frage, die ihr niemals gewusst. Behauptet nicht, dass ihr die Wahrheit sagt, weil eure Wahrheit gelogen ist!

[Refrain 2] Religion bedeutet Unterdrückung! Religion ist Opium für das Volk! Religion hat Millionen von Menschen getötet! Religion – doch die Kirchen sind immer noch voll!

Ihr habt die Bombe gesegnet, die auf Hiroshima fiel! Auch mit Hitler und Mussolini habt ihr euch solidarisiert. Es ist egal, wer an der Macht ist, denn ihr seid immer dabei. Ihr nehmt den Menschen das Denken ab mit eurer Heuchelei!

[Refrain 2]

173

[Refrain 1]

[Refrain 2]

- Nazis raus Wir brauchen keine Wehrmacht und wir brauchen keine Bullen! Politik ist scheiße und wir lassen uns nicht einlullen!

Nazis in der Wirtschaft, Nazis in Bonn und schon ist unsere Freiheit nur noch fucking stonz! Braune Ratten kriechen aus ihren Löchern, um die Freiheit einzuäschern.

Töte die Ratte, wo du sie siehst! Zeig‘ ihr, dass du sie nicht liebst!

[Die drei Strophen wiederholen sich einmal.]

Bullen und Strauß, alle raus! Stern und Strauß, Nazis raus! Bullen und Strauß, alle raus! Bullen und Strauß, Nazis raus! Nazis raus! [4x]

- Sand im Getriebe Putsch von Rechts der CDU, das Grundgesetz sieht grinsend zu. Willkür tritt Freiheit mit Füßen, Minderheiten müssen büßen.

Ah, ah, ah, ah

174

[Refrain] Oh, Maschine, heiliges Gericht, oh. Unterdrückungsapparat, oh. Ein großer Sandsack im Getriebe, oh. Das wäre Mut zur Tat. Ha, ha, ha, Gerechtigkeit! [4x]

Sie prügeln Rote und schützen Braune. Das Grundgesetz ist noch bei Laune, die erste Kugel für Christian Klar, große Fete im BKA.

Ah, ah, ah, ah

[Refrain]

Braune Ratten in den Gerichten, das Grundgesetz kümmert nicht Geschichte. Wer hat schon Grund zur Manipulation? Sonst geht‘s schon gut, wen kümmert‘s schon?

Ah, ah, ah, ah

[Refrain]

- Alle gegen Alle Der große Rädelsführer, der den Samen sät, der hilft dir auf der Suche nach einer Identität. Du weißt nicht, was zu tun, oh, große Langeweile, anstatt dich auszuruhen, oh, greifst dir ‘ne Baseballkeule!

175

[Refrain] Ideen brauchst du nicht viel, die Lösung in diesem Falle, das ist das neue Spiel, es heißt „Alle gegen alle“!

Die Politik als Ausweis, verfolgt ihr euer Ziel? Ein Blick hinter die Fassade, was bleibt, ist nicht mehr viel! „Welchen Mantel nehmen wir heute?“ – „Ich glaub, heut‘ ist der braune dran!“ In diesem Schutz verhaut ihr Leute, was alles aus Dummheit wachsen kann!

[Refrain]

Ihr wart so hart, als ihr in der Gruppe wart, doch jetzt allein bist du ein kleines Schwein! So klein mit Hut, verlierst den Mut, du toller Hecht, oh, mir wird schlecht!

[Refrain]

Es heißt: „Alle gegen alle“! [5x]

- Die Letzten Klopf‘ an Türen, sie bleiben verschlossen. Die dich führen werden erschossen. Sie holen Gewehre, die Jagd beginnt, Flucht in die Leere, die Macht gewinnt.

[Refrain] Das Wesen wird entfernt, Widerstand versiegen. Doch sie haben gelernt,

176 die Letzten werden euch kriegen. Wer glaubt ihr, werden die Letzten sein, ihr, Mann? [2x] Letzter Rest, sie werden euch kriegen! Letzter Rest, sie werden siegen! Letzter Rest, werden Rächer sein! Letzter Rest, sie werden euch kriegen! Letzter Rest, sie werden siegen! Letzter Rest, sie werden euch verzeihen!

Klopf‘ an Türen, sie bleiben verschlossen. Die dich führen werden erschossen. Versuch zu fliehen, nichts, um dich zu decken. Nirgends kannst du dich verstecken.

[Refrain]

[2x] Letzter Rest, sie werden euch kriegen! Letzter Rest, sie werden siegen! Letzter Rest, sie werden euch verzeihen!

- Etikette tötet Wer war das, der aus dem Fenster fiel? Sprang er selbst oder zwang man ihn? Er war so einer, der dem Volk nicht gefiel und dem keine andre Lösung mehr schien.

[Refrain 1] Keiner hat den Brief gelesen, den er schrieb, bevor er sprang. Er hatte nie versucht, sich auszuschließen, sondern reinzukommen, sein Leben lang!

Die Spiele, die man lernen muss, hat er nie gelernt.

177 Was er auch tat, es war verkehrt. Er hatte nie der Gesellschaft seinen Rücken zugedreht, doch sie hatte ihm ihren zugekehrt.

[Refrain 1]

[Refrain 2] Er war krank, [4x] das war allen klar. Etikette tötet! [4x]

Für ihn war‘s unmöglich, Kontakt zu finden, denn wenn er weinte oder lachte, zur falschen Zeit, wurde er verachtet. Ein Idiot, mit dem man Späße machte.

[Refrain 1]

[Refrain 2]

Etikette tötet! [4x]

- Ich will nicht werden Wenn ich nach Hause komme, sitzt da ein alter Typ, der meint, er wär‘ mein Vater, und ich glaub‘ auch, dass er‘s ist. Wir sehen uns nur manchmal und dann reden wir nicht viel, doch wenn wir reden, sagt er: „Junge, aus dir wird mal nicht viel. Alles, was du anfängst, hörst du gleich wieder auf. Du kannst doch nie ‘ne Familie ernähren und du kriegst auch keine Frau. Du musst arbeiten, du musst schuften so wie ich!“

[Refrain] Aber ich will nicht werden, was mein Alter ist! Ich will nicht werden, was mein Alter ist!

178 Ich möchte aufhören und pfeifen auf das Geld! Ich weiß, wenn das so weitergeht, bin ich fertig mit der Welt. Arbeit macht das Leben süß, so süß wie Maschinenöl. Ich mach den ganzen Tag nur Sachen, die ich gar nicht machen will. Ich möchte gern mal meinem Chef die Möbel geradeziehen, doch ich krieg die Faust nicht aus der Tasche, ich weiß nicht mehr, was ich will. Ich möchte am liebsten abhauen, wenn‘s zu Hause wieder kracht. Ich warte jeden Montagmorgen schon auf Freitagnacht, doch mein Alter sagt: „Du musst arbeiten, du musst schuften so wie ich!“

[Refrain]

Aber ich will nicht werden, was mein Alter ist! Ich will nicht werden, was mein Alter ist! Ich möchte aufhören und pfeifen auf das scheiß Geld! Ich weiß, wenn das so weitergeht, dann bin ich fertig mit der Welt.

- Tod Jetzt liegst du da, in der Hand deinen Arm. Er blutet noch, er ist noch warm. Du siehst auf die Straße, Dreck vermischt mit rot. Du siehst die Sterne und fühlst den Tod.

[Refrain] Das ist dein Tod! [4x]

Passanten schreien, die Luft wird schal. Es kommt die Nacht, alles ist egal.

179 Die Schwere ist hin, du fühlst dich famos, doch der ganze Wahnsinn, geht von vorne los.

[Refrain 2x]

- Junge, Junge [Refrain 1] All of my love, all of my kissing, you don’t know what you been a-missing! Oh, boy, when you’re with me, oh, boy, the world will see, that you were meant for me.

[Refrain 2] All my life I’ve been awaiting, tonight there’ll be no hesitating. Oh, boy, when you’re with me, oh, boy, the world will see, that you were meant for me.

[Refrain 1]

Stars appear and a shadow’s a-falling, you can hear my heart a-calling. A little bit of love makes everything alright, I’m gonna see my baby tonight Damdidadamdam. Oh, boy. Damdidadamdam. Oh, boy, [2x] oh, oh boy!

180

[Refrain 2]

- Guter Rat ist teuer Schluss mit Militanz um jeden Preis! Schluss mit eurem No-Future-Scheiß! Schluss mit den wehenden roten Fahnen! Schluss mit A's an die Wand malen! [2x] Guter Rat ist teuer, [4x] aber nötig!

Schluss mit Militanz um jeden Preis! Schluss mit eurem No-Future-Scheiß! Schluss mit den wehenden roten Fahnen! Schluss mit A's an die Wand malen! Guter Rat ist teuer, [4x] aber nötig!

- A.C.A.B. [Ist bereits in „Slime I” erschienen.]

- Karlsquell [Ist bereits in „Slime I“ erschienen.]

- Wir müssen hier raus Im Bett ist der Mensch nicht gern alleine und in meinem Bett ist grad‘ noch Platz für dich, doch mein Alter ist fast jeden Tag zu Hause und ich glaub‘, er hat was gegen dich. Für mich ist die Welt nicht mehr in Ordnung, nicht früh um sieben und auch nicht nach der Tagesschau. Für mich heißt das Wort zum Sonntag „Scheiße“

181 und das Wort zum Montag „Mach mal blau“.

[Refrain] Wir müssen hier raus! Das ist die Hölle! Wir leben im Zuchthaus! Wir sind geboren, um frei zu sein, wir sind zwei von Millionen, wir sind nicht allein! Und wir werden es schaffen! [2x]

Mein Alter meint, die Welt wird sich nicht ändern, dabei weiß er ganz genau, was läuft, doch er glaubt, er vergisst die ganze Scheiße, wenn er abends in der Kneipe hängt und säuft. Er sagt: „Der schönste Platz ist immer an der Theke.“, da hat er recht, zu Haus‘ ist kaum noch Platz für drei, darum bin ich auch den ganzen Tag auf Arbeit, man kann sagen, ich bin so frei!

[Refrain 1]

Und was kann uns hindern? Kein Geld, keine Waffen! Wenn wir es wollen, wir werden es schaffen!

[4x] Wir sind geboren, um frei zu sein, wir sind zwei von Millionen, wir sind nicht allein!

Wir sind geboren, um frei zu sein! Frei! [4x]

182 - Viertes Reich Es ist bei uns wieder mal soweit, nur ein kurzer Weg bis zum vierten Reich, linke Zeitungen vom Staat zensiert, Faschistenorgane werden toleriert.

Journalisten vor Gericht gestellt, weil sie nicht das schreiben, was dem Staat gefällt. Großdeutsche Träume, Deutschland erwacht, 45 Jahre später haben wir‘s wieder geschafft.

Es ist nicht mehr weit bis zum vierten Reich! [3x]

Abschreckung ist ihre Strategie, doch Wahrheit verwischen konnten sie noch nie. Exempel statuieren wird wieder modern, aus der Vergangenheit haben sie nichts gelernt.

Das vierte Reich ist nicht mehr weit, es drohen die Schatten der Vergangenheit. ein leichter Wind weht über das Land, der Sturm des Faschismus ist noch nicht gebannt.

Es ist nicht mehr weit bis zum vierten Reich! [6x]

ANHANG 2. KATEGORIEN UND KODIERUNGEN

ANHANG 2.1. FREIHEITSASPEKT

ANHANG 2.1.1. FREIHEIT - „Leben, Freiheit, schnell, vergiss es!“ - „Leben, Freiheit, schnell vergessen!“ - „Wir wollen unsere Freiheit!“

183 - „Die Freiheit können wir euch nicht geben, denn ein dummes freies Volk bringt Gefahr.“ - „Sprengt die Ketten, die euch ketten, sprengt die Ketten der Macht! - „Zertrümmert die Mauern, die euch umgeben, es wird Zeit, dass es kracht!“

ANHANG 2.1.2.: ÜBERWACHUNG - „Spione im Café, wenn ich sowas seh‘, tut mir alles weh von der Schnauze bis zum Zeh.“ - „Nacht und Tag, Tag und Nacht, Sicherheit, wir stehen auf Wacht.“ - „Sicherheit wird eingefroren“ - „Sicherheit im Überfluss, viel zu kalt, kein Genuss.“ - „Spitzel kriegen grüne Ohren“

ANHANG 2.2. POLITISCHE AUSSAGEN

ANHANG 2.2.1. SLIME Anhang 2.2.1.1. Revolten/Demonstrationen - „Wir müssen was dagegen tun, sonst lassen die uns nicht in Ruh‘!“ - „Ein Drittel Heizöl, zwei Drittel Benzin, wie ‘68 in Westberlin! Diese Mischung ist wirkungsvoll, diese Mischung knallt ganz toll! Wir wollen keine Bullenschweine!“ - „Dies ist ein Aufruf zur Revolte! Dies ist ein Aufruf zur Gewalt! Bomben bauen, Waffen klauen,“ - „Revolution, Revolution, Freiheit auch nicht dieses Mal.“

184 - „Hey, Punk, zeig‘ ihnen, wer du bist! Hey, Punk, noch kein Terrorist! Hey, Punk, spuck‘ ihnen ins Gesicht! Hey, Punk, anders geht‘s nicht!“ - „Wir sind intolerant und zerstörungswütig, stimmt sogar, doch wir haben genug Gründe!“ - „doch jeder hat das Recht zu leben, sich gegen Unterdrückung zu erheben!“ - „Hey, Punk! Zeig ihnen, wer du bist!“ - „But now it’s up to you! They don’t give a fuck about me and you! But now we gonna do, what we wanna do!” - „Have you ever been fighting in the streets?“ - „Did you ever hurt one of the pigs? Did you ever throw a stone into a window, or a Molotov-Cocktail out of the shadow? C’mon and do the streetfight, streetfight!“ - „doch Deutschland, wir bringen dich zu Fall!“ - „Gesetze sind zum Brechen da!“ - „Ich scheiß auf Pflichten und Moral!“ - „Ab jetzt gewinnen immer wir!“ - „Und sie wissen ganz genau, dass du nicht alleine bist! Und sie werden es bald sehen, wozu ein Niemand fähig ist!“ - „Nur weil der Bulle stärker ist, bist du noch lange nicht schwach. Und wenn wir uns zusammentun, werden vielleicht bald alle mal wach.“ - „Sie sagen dir: ‚Halt auf, bleib stehen!‘ Sie sagen dir: ‚Es hat keinen Sinn!‘

185 Sie sagen dir: ‚Legal verändern!‘ Sie sagen dir ‚Gewaltfrei verändern!‘“ - „Legal, illegal, scheißegal! Legal? Illegal? Legal, illegal, scheißegal!“ - „Illegal, jeder Widerstand.“ - „Illegal, jedes Aufbegehren.“ - „doch der Tag wird kommen, an dem alle schreien. Ja, der Tag wird kommen und alles wird gut sein.“ - „doch ich weiß ganz genau, was mir nicht gefällt und ich bin nicht allein auf dieser Welt.“ - „Wenn der Himmel brennt! Wenn der Himmel brennt, dann wach ich auf! Wenn der Himmel brennt, dann hau‘ ich drauf! Wenn der Himmel brennt, dann bin ich da! Wenn der Himmel brennt, dann ist alles klar!“ - „Wenn wir nur rumhängen, lahm und frustriert und nicht endlich, endlich mal was passiert, dann können wir genauso unser Maul halten und weitermachen, so wie unsere Alten.“ - „Geh‘ los und sammle Helme! Geh‘ los, grab‘ Steine aus! Geh‘ los und spalte Schilder Nicht nach Haus‘!“ - „Eins, zwei, drei, vier, für den Untergang sorgen wir!“ - „Keiner hat den Mut zu reden, wo man ist, es ist zu kalt.“ - „Töte die Ratte, wo du sie siehst! Zeig‘ ihr, dass du sie nicht liebst!“ - „Ideen brauchst du nicht viel, die Lösung in diesem Falle, das ist das neue Spiel, es heißt ‚Alle gegen alle‘!“

186 - „Wir sind geboren, um frei zu sein, wir sind zwei von Millionen, wir sind nicht allein! Und wir werden es schaffen!“

Anhang 2.2.1.2. Anarchismus/Ablehnung von Autoritäten - „Policy is fucking piss, no-one is an anarchist!“ - „Destroy your government, fight their fucking war!“ - „Fighting for a crazy leader, but I don’t wanna die!“ - „Kein Chef für dich, kein Boss für mich! Keine Führer für dich und mich!“ - „Kein Chef!“ - „Und sie da oben in ihren Palästen, spielen Poker um die Welt, denn sie haben ihre Bunker, wenn der Bombenteppich fällt.“ - „Nur, weil du unten stehst, sind die oben noch lange nicht im Recht!“ - „Legal, die Gesetze der Herrschenden.“ - „Nur ein kleiner Teil hat das Sagen, ich nenne das eine Diktatur!“ - „doch die Mächtigen kannten kein Erbarmen und er verlor seinen Kopf.“ - „Klopf‘ an Türen, sie bleiben verschlossen. Die dich führen werden erschossen.“ - „Ich möchte meinem Chef die Möbel geradeziehen, doch ich krieg die Faust nicht aus der Tasche, ich weiß nicht mehr, was ich will.“

Anhang 2.2.1.3. Gesellschaftskritik - „Alle reden von Terroristen, die Spießerschweine und Halbfaschisten.“ - „Wenn du keine BILD-Zeitung liest, bist du gleich ein Terrorist!“

187 - „In der S-Bahn starren sie dich an, als hättest in der Tasche ‘ne Tommy-Gun, dabei bist du nur ein innocent Punk!“ - „Sie nennen uns Punk-Chaoten, weil sie nichts wissen, diese Vollidioten!“ - „Ich hasse all die Spießer, morgens in der S-Bahn!“ - „Weißes Jackett und weiße Hose, Pomade auf dem Kopf und in der Hose, sie tragen teures Plastik und oben ohne, das sind die Horrornächte in der Disco-Zone!“ - „Samstagnacht, Discozeit! Girls, Girls, Girls zum Ficken bereit! Eltern überall in großer Not, die Disco-Wichser tanzen sich tot!“ - „Disco befreit von allen Zwängen. Nebeneffekt: Man vergisst zu denken. Die Plastik-Musik dröhnt dir in die Ohren, Alptraum danach am Sonntagmorgen.“ - „Hirnis überall, wohin du siehst. Sie sind geschniegelt, gebügelt und verspießt. Sie sind hirnlos, machtlos, haben kein Gewissen. Solche Typen haben bei uns verschissen!“ - „Die beste Frage ist die Freude am Leben.“ - „Wenn ich in der Stadt rumgehe und da all die Spießer sehe, Aktentasche unterm Arm, Schinkenwurst mit Senf lauwarm.“ - „Doch man hebt sich immer noch ab, auch wenn nicht ganz allein. Ich bin lieber ein sogenannter Pseudo als ein ganz normales Schwein.“ - „Die Staatsideen von „Recht und Freiheit“ sind zwar Rentnern frei genug,“ - „Ihr seid Lehrer und Beamte, seid Gelehrte sogenannte. Ihr schreibt Bücher, seid im Fernsehen und ihr glaubt, dass wir euch gern sehen.

188 Immer kritisch und politisch, Marx und Lenin auf dem Nachttisch. Doch ihr habt was gegen Rabatz und macht den Bullen gerne Platz.“ - „Ihr seid nichts als linke Spießer! Ich frag‘ mich, was wart ihr früher? Ihr seid nichts als linke Spießer, ihr habt nichts dazugelernt! Ihr seid nichts als linke Spießer, eigentlich wart ihr es schon immer! Und werden wir mal aggressiv, seid ihr auf einmal konservativ!“ - „Sozialarbeiter und Studenten, ihr seid so frei und unverklemmt. Ihr seid sozial auch sehr gut drauf, doch ihr habt eure Seele dem System verkauft! Und falls euch doch mal alles stinkt, euer Gelaber euch selbst zum Hals raushängt, dann fahrt ihr einfach nach Indien. Als Backwahn-Jünger ist jeder in.“ - „Selten habt ihr mich verstanden, kaum verstand ich euch. Doch wenn wir in der Scheiße sitzen, so verstehen wir uns gleich.“ - „Sieh doch nur, sie stehen auf, sprengen alle Rahmen, ziehen sich alle dasselbe an, aber haben ja jetzt einen Namen.“ - „Er hatte nie versucht, sich auszuschließen, sondern reinzukommen, sein Leben lang!“ - „Er hatte nie der Gesellschaft seinen Rücken zugedreht, doch sie hatte ihm ihren zugekehrt.“ - „Er war krank, das war allen klar. Etikette tötet!“

189 - „Für ihn war‘s unmöglich, Kontakt zu finden, denn wenn er weinte oder lachte, zur falschen Zeit, wurde er verachtet. Ein Idiot, mit dem man Späße machte.“ - Aber ich will nicht werden, was mein Alter ist! - Schluss mit Militanz um jeden Preis! Schluss mit eurem No-Future-Scheiß! Schluss mit den wehenden roten Fahnen! Schluss mit A's an die Wand malen!

Anhang 2.2.1.4. BRD-Kritik - „Weg mit dem Scheißsystem!“ - „Deutschland muss sterben, damit wir leben können!“ - „Schwarz ist der Himmel, Rot ist die Erde, Gold sind die Hände der Bonzenschweine, doch der Bundesadler stürzt bald ab, denn Deutschland, wir tragen dich zu Grab!“ - „Scheißdreck-Staat!“ - „Wirtschaftswunder in den Wehen, todgeweiht, noch nicht gesehen. Wirtschaftswunder wird geboren, Konsum gewandert, schon verloren.“ - „So, du denkst, du kannst mich täuschen, mit deinem Begriff ‚Demokratie‘ – ein System ohne Unterdrückung. Ich sage dir, das klappt wohl nie!“ - „Wir haben keine Möglichkeit zur Veränderung, denn der Politikerkreis ist zu. Nur ein kleiner Teil hat das Sagen, ich nenne das eine Diktatur!“ - „doch das demokratische System ist ein einziger Betrug!“ - „Demokratie! Demokratie, die klappt wohl nie!“

190 - „Nazis in der Wirtschaft, Nazis in Bonn und schon ist unsere Freiheit nur noch fucking stonz! Braune Ratten kriechen aus ihren Löchern, um die Freiheit einzuäschern.“ - „Putsch von Rechts der CDU, das Grundgesetz sieht grinsend zu. Willkür tritt Freiheit mit Füßen, Minderheiten müssen büßen.“ - „Sie prügeln Rote und schützen Braune. Das Grundgesetz ist noch bei Laune, die erste Kugel für Christian Klar, große Fete im BKA.“ - „Braune Ratten in den Gerichten, das Grundgesetz kümmert nicht Geschichte. Wer hat schon Grund zur Manipulation? Sonst geht‘s schon gut, wen kümmert‘s schon?“ - „Die Politik als Ausweis, verfolgt ihr euer Ziel? Ein Blick hinter die Fassade, was bleibt, ist nicht mehr viel! „Welchen Mantel nehmen wir heute?“ – „Ich glaub, heut‘ ist der braune dran!“ In diesem Schutz verhaut ihr Leute, was alles aus Dummheit wachsen kann!“ - „Es ist bei uns wieder mal soweit, nur ein kurzer Weg bis zum vierten Reich, linke Zeitungen vom Staat zensiert, Faschistenorgane werden toleriert.“ - „Journalisten vor Gericht gestellt, weil sie nicht das schreiben, was dem Staat gefällt. Großdeutsche Träume, Deutschland erwacht, 45 Jahre später haben wir‘s wieder geschafft.“ - „Das vierte Reich ist nicht mehr weit, es drohen die Schatten der Vergangenheit. ein leichter Wind weht über das Land, der Sturm des Faschismus ist noch nicht gebannt.“

191 Anhang 2.2.1.5.: Politik-Kritik - „Iran, Iran, zieht Mörderschweine an.“ - „Iran, Iran, mörderisch brutal! - „I hate all the countries! I hate all the nations! I hate all their politics!“ - „But I ain't no communist!” - „Politics are wasting time, it’s always the same old lie. Tomorrow will be better than today, all our troubles will soon go away.“ - „Korea and Vietnam, Chile and Iran, United Kingdom, Germany, and the goddamn fucking USA, Oppression everywhere.“ - „Die Scheiß-Politiker freuen sich, verkaufen euch für dumm!“ - „USA, das Blut fließt durch sie jeden Tag! USA, das Blut fließt durch sie seit dem Tag, seitdem es sie gibt!“ Yankees raus! Wir sind Millionen und wir schreien es raus!“ - „Amis raus!“ - „Ghettos in Frisco, Slums in L.A., das ist der American Way.“ - „Politisch rechts, politisch links, das hat doch alles denselben Klang.“ - „In tausenden von Jahren ist alles gleichgeblieben, nichts hat sich geändert, nur die Namen sind verschieden.“ - „Politik ist scheiße!“

Anhang 2.2.1.6. Faschismus - „Der Faschismus hier in diesem Land, nimmt allmählich Überhand.“ - „And I hate the Nazi pigs!“ - “I hate all the fascists!”

192 - „Hinter ihrer BILD-Zeitung lauert Springers Nazi-Wahn!“ - „Working for a fascist machinery, A.C.A.B.!” - “Wo Faschisten und Multis das Land regieren,“ - „Ihr lieben Polizisten in der BRD, ich will euch mal was sagen, hört mal alle her. Ihr seid moderne Nazis, das steht für uns fest,“ - „Polizei SA-SS! GSG9 und BGS!“ - „Jedes Mal, wenn ‚ne Demo ist, gebt ihr uns was drauf, aber den Faschisten lasst ihr freien Lauf!“ - „Baader, Meinhof hingerichtet im Stammheimer KZ, Polizei SA-SS, immer hilfsbereit und immer nett.“ - „Du lässt dich herumkommandieren von ‘nem alten Nazi-Offizier,“ - „Tausende von Menschen: Rote und Schwarze, gejagt und getötet vom Ku-Klux-Klan.“ - „Ghettos in Frisco, Slums in L.A., das ist der American Way. Im Land der Freiheit sind alle gleich, so gleich wie damals im Dritten Reich!“ - „Auch mit Hitler und Mussolini habt ihr euch solidarisiert.“ - „Wir brauchen keine Wehrmacht“ - „Nazis in der Wirtschaft, Nazis in Bonn und schon ist unsere Freiheit nur noch fucking stonz! Braune Ratten kriechen aus ihren Löchern, um die Freiheit einzuäschern.“ - „Nazis raus!“ - „Sie prügeln Rote und schützen Braune.“ - „Braune Ratten in den Gerichten, das Grundgesetz kümmert nicht Geschichte.“ - „‚Welchen Mantel nehmen wir heute?‘ – ‚Ich glaub, heut‘ ist der braune dran!‘ In diesem Schutz verhaut ihr Leute, was alles aus Dummheit wachsen kann!“

193 - „Es ist bei uns wieder mal soweit, nur ein kurzer Weg bis zum vierten Reich,“ - „linke Zeitungen vom Staat zensiert, Faschistenorgane werden toleriert.“ - „Großdeutsche Träume, Deutschland erwacht, 45 Jahre später haben wir‘s wieder geschafft.“ - „Es ist nicht mehr weit bis zum vierten Reich!“ - „Exempel statuieren wird wieder modern, aus der Vergangenheit haben sie nichts gelernt.“ - „Das vierte Reich ist nicht mehr weit, es drohen die Schatten der Vergangenheit. ein leichter Wind weht über das Land, der Sturm des Faschismus ist noch nicht gebannt.“

Anhang 2.2.1.7. Polizei-/Bundesheer-Kritik - „Wir wollen keine Bullenschweine!“ - „den Bullen auf die Fresse hauen! Haut die Bullen platt wie Stullen, stampft die Polizei zu Brei! Haut den Pigs die Fresse ein, denn nur ein totes ist ein gutes Schwein!“ - „Bullen sind Schweine!“ - „And I hate the Nazi pigs!“ - „Policy is fucking piss, no-one is an anarchist!“ - „You are just a concept, you are just a dream! You are just a reflection of the new regime! You are just a symbol, you are just a theme! You are just a constitution of the murder machine!“ - „You can dance, and you can sing, You can even do anything. You can talk and you can tell, You can even go to hell!“

194 - „Because you’re artificial! You’re artificial! You’re artificial! In your artificial life!“ - „A.C.A.B.!“ - „See them walking down the streets all day, A.C.A.B.! See them walking down the streets all night, A.C.A.B.! Never heard of human dignity, A.C.A.B.! Working for a fascist machinery, A.C.A.B.!“ - „Fuck off cops, get out of here!“ - „All cops are bastards! [3x]“ - „See them driving with their blue lights on, A.C.A.B.! See them holding their tommy-guns, A.C.A.B.! Beating up people without any reason, A.C.A.B.! Supported by the law and the politicians, A.C.A.B.!“ - „Did you ever hurt one of the pigs?“ - “Ihr seid moderne Nazis, das steht für uns fest, kommt, lasst uns doch in Ruhe, ihr seid schlimmer als die Pest!“ - „Bullenschweine, in der ganzen Welt, Söldner aller Staaten, Schläger für wenig Geld, verteidigt euren scheiß Staat, wisst selber nicht, warum.“ - „Baader, Meinhof hingerichtet im Stammheimer KZ, Polizei SA-SS, immer hilfsbereit und immer nett.“ - „Du hast ‘ne hübsche grüne Uniform, du tust nichts außerhalb der Norm, du hast dich ganz gut angepasst, denn sonst gehst du auch gleich in ‘n Knast.“ - „Du sollst töten lernen für‘s Vaterland, doch Vaterland ist abgebrannt! Bevor du einen abknallen kannst, hat der Feind es schon zerstört.“

195 - „Du lässt dich herumkommandieren von ‘nem alten Nazi-Offizier, doch was schert dich die Moral? Tu deine Pflicht, alles andere ist egal!“ - „Links zwo, drei, links zwo, drei, marschiert, Soldaten, marschiert! Links zwo, drei, links zwo, drei, auf dass ihr im Schlamm krepiert! Links zwo, drei, links zwo, drei, ob ihr da seid oder nicht, euer scheiß Vaterland ist als erstes im Arsch, wenn der Krieg ausbricht!“ - „Eine eigene Meinung hast du nicht, du tust am liebsten deine Pflicht.“ - „Das Hirn voll Scheiße, in der Hand das Gewehr, ja, das ist die Bundeswehr!“ - „Wenn ich was im Fernsehen sehe über unsre BRD, Bullenschweine mit Pistolen, bald kommt euch der Teufel holen.“ - „Bullen knallen wahllos Leute ab, fast täglich tragen sie einen von uns zu Grab. Und dich haben sie mal beim Sprühen gekrallt, schon fordert zwei Jahre der Staatsanwalt. Und dann steht der Bulle vor Gericht, doch was ihm droht, das ist so lächerlich. Drei Wochen auf Bewährung sind schon viel zu lang und du hast die Chance auf ‚lebenslang‘.“ - „Ich glaube eher an die Unschuld einer Hure, als an die Gerechtigkeit der deutschen Justiz!“ - „Wir brauchen keine Wehrmacht und wir brauchen keine Bullen!“ - „‚Welchen Mantel nehmen wir heute?‘ – ‚Ich glaub, heut‘ ist der braune dran!‘ In diesem Schutz verhaut ihr Leute, was alles aus Dummheit wachsen kann!“ - „Ihr wart so hart, als ihr in der Gruppe wart, doch jetzt allein bist du ein kleines Schwein!

196 So klein mit Hut, verlierst den Mut, du toller Hecht, oh, mir wird schlecht!“

ANHANG 2.2.2. SCHLEIM-KEIM Anhang 2.2.2.1. Revolten/Demonstrationen - „Keiner Macht das Maul auf, wenn ihm was nicht gefällt.“ - „Am Morgen dann willst du reden, doch dann fällt dir nichts mehr ein.“ - „Und du bist schwach, denn du bist allein, doch du kannst doch nicht der einzige sein, dem es so geht, so geht wie dir.“ - „Es sind doch auch noch andere hier. Ihr müsst euch nur finden und zusammenhalten,“ - „müsst nicht mehr auf andere hören, müsst nicht mehr auf falsche Flaggen schwören,“ - „Er zerstörte, was sie mitgebracht, in einer Explosion, denn das Ende vom Lied kannte er damals schon.“ - „Wir wollen nicht mehr, wie ihr wollt!“ - „Wir sind das Volk, wir sind die Macht, wir fordern Gerechtigkeit!“ - „Es ist zu spät, wenn es erst mal kracht!“ - „Aufbegehren durch Gewalt verwehren,“ - „Sprengt die Ketten, die euch ketten, sprengt die Ketten der Macht!“ - „Zertrümmert die Mauern, die euch umgeben, es wird Zeit, dass es kracht!“ - „Stellt euch zusammen zu euren Freunden und schlagt endlich zu!“ - „Mach kaputt, was dich kaputt macht, dann hast du deine Ruh!“ - „Wir wollen nur unser Recht und gebt ihr‘s uns nicht, dann geht‘s euch schlecht!“

197 - „Bisher hat mir der Mut gefehlt, den ersten Schritt zu tun. Meinen Weg, meinen, meinen Weg, meinen Weg zu geh’n.“ - „Habt ihr keine Wut mehr im Wanst? Seid ihr wirklich schon zufrieden?“ - „Habt ihr keine Wut mehr im Wanst Lasst ihr euch nur alles bieten?“

Anhang 2.2.2.2. Anarchismus/Ablehnung von Autoritäten - „Uns halten sie für Kommunisten, unterdrückte Anarchisten.“ - „Anarchisten, alle hier.“ - „Chaos, Punk und Anarchie,“ - „Von Goebbels bis zum deutschen Kaiser alle waren sie miese Scheißer!“ - „Selbst die großen Philosophen, nichts unterschied sie von den Doofen.“ - „Was will der mit seiner Ideologie?“ - „Wenn ich erst der Herrscher bin, dann seid ihr alle dran, dann schick ich euch alle zur Hölle, denn ich bin euer Mann!“ - „Der Mann ganz oben an der Spitze da ist für mich die Macht. Ich der Herrscher über alles, werde das Feuer entfachen!“ - „Ich steche euch die Augen aus, ich schlage euch den Schädel ein, ich, der Herrscher über alles werde euer Richter sein!“ - „Keine Gnade lass ich walten, nur die Rache wird bestehen, von mir aus kann alles, was kreucht und fleucht, zur Hölle gehen!“ - „Ich hab‘ Hass, will mich rächen, will euch alle niederdreschen!“ - „Hass ist mein Leben, Leben ist Hass! Vernichten, vernichten, Tod in Massen!“ - „Morden, morden, was ich befehle! Ich fühl mich wohl, wenn ich Menschen quäle!

198 Ich fühl mich wohl, wenn ich Blut vergieße! Ich werd‘ geil, wenn ich Menschen schieße!“

Anhang 2.2.2.3. Gesellschaftskritik - „Bretter vorm Kopf, Scheiße statt Hirn, ich fass mich an die Stirn.“ - „Wir hätten angeblich Lärm und Dreck als Ideale doch die, die das sagen, sollen sich selbst erstmal betrachten.“ - „Wenn‘s geht muss es was Brutales sein, beim Wet-Wet-Wetterbericht schlaf ich ein!“ - „Bombenterror, noch viel mehr, ich bin ein Wohnzimmer-Revolutionär!“ - „doch mir geht alles am Arsch vorbei, schlagt ihr euch tot, das ist mir einerlei!“ - „Letztens ging ich auf der Straße spazieren, da fing so 'n Kunde an wie ein Pferd zu wiehern.“ - „Gemütlich an ‘nen Tisch hier setzen und sich über ‘n Witz zerfetzen, das Bier in Ruhe ausgetrunken, Mann, seid ihr ein paar Halunken!“ - „Bald seid ihr alt und grau, seid jetzt schon wie ‘ne Spießersau!“ - „Freut euch über jeden Tag, hauptsache, dass euch jeder mag.“

Anhang 2.2.2.4. BRD-Kritik - „Die westdeutschen Touristen sind alles nur Faschisten.“ - „Ich wär‘ so gern in der Bundesrepublik als Manager bei Thyssen oder Flick. Millionär wär‘ ich dann. Für die Bundesrepublik bin ich der rechte Mann.“

199 - „Ich wär‘ so gern im Bayernlande als Führer einer Nazi-Bande. Den Linken würde ich’s schon zeigen, eins auf die Schnauze und sie schweigen.“ - „Ich säß‘ so gern im Bundeskanzleramt als erster Mann im deutschen Land. Den Reichen würd‘ ich noch mehr geben, der Pöbel hat genug zum Leben.“ - „Deutschland, Deutschland, Vaterland! Deutschland, Deutschland, längst abgebrannt!“

Anhang 2.2.2.5. DDR-Kritik - „Der Russe ist dran schuld. Der Ami ist dran schuld. Wer hat denn nun die Schuld?“ - „Ich schäme mich schon lang nicht mehr, für meine Heimat die DDR.“ - „Schwarz-Rot-Gold, hab‘s nicht gewollt, dass Deutschland sich die Russen holt.“ - „Sie haben alles in Gang gebracht, haben Deutschland kaputtgemacht!“ - „Diktatur herrscht, besser friss es!“ - „Bühnenfreiheit ist Realität!“ - „Aufbegehren durch Gewalt verwehren, sich nur um des Nachbars Fehler scheren.“ - „bei uns bekommt man was für sein Geld.“ - „ein super Angebot bei uns im Land.“ - „Das alles gibt es nur bei uns!“ - „Ja, bei uns gibt‘s das nur.“ - „Das alles, gibt es nur bei uns, auf unsrer Seite.“ - „Das gibt es, das gibt es nur bei uns, in der DDR.“

200 - „Deutschland, Deutschland, Vaterland! Deutschland, Deutschland, längst abgebrannt!“

Anhang 2.2.2.6. Faschismus - „Die westdeutschen Touristen sind alles nur Faschisten.“ - „Oder, um vergangene Schande zu vergessen?“ - „Gold-Schwarz-Rot, Adolf Hitler ist längst tot!“ - „Was kann denn deutsche Härte dafür, dass so Schweine regierten hier? - „Von Goebbels bis zum deutschen Kaiser alle waren sie miese Scheißer!“ - „als Führer einer Nazi-Bande.“ - „Den Linken würde ich's schon zeigen, eins auf die Schnauze und sie schweigen.“

ANHANG 2.3. GLOBALE PROBLEME

ANHANG 2.3.1. SLIME Anhang 2.3.1.1. Umwelt - „wo Leben und Umwelt keinen interessieren,“ - „Schwarz ist der Himmel, Rot ist die Erde,“ - „Tote Fische im Dash-Benzin schwimmen auf dem Fluss dahin. Chemie und Haushalt wird dasselbe, ein Leichenhemd liegt auf der Elbe.“ - „Kauf oder stirb, auch wenn die Erde draufgeht, ist doch scheißegal!“ - „Die Mutanten der Nationen singen: ‚Der Atompilz leuchtet schon‘“

Anhang 2.3.1.2. Industrie/Technik

201 - „There’s a man of iron, a man of steel, he hasn’t got a heart to feel. He’s always there, night and day, the bosses don’t have so much to pay. He’s never ill, he’s never sick, just because of his plastic head!” - „We’re living in a robot age, an iron man works for you. ” - „ AKWs und Computer das Leben verbessern, bewaffnete Roboter überall,“ - „Oh, Maschine, heiliges Gericht, oh. Unterdrückungsapparat, oh. Ein großer Sandsack im Getriebe, oh.“

Anhang 2.3.1.3. Krieg-Kritik - „Iran, Iran, zieht Mörderschweine an. Panzer, Panzer, Apokalypse der Landser.“ - „Millions of people dying in war, they just don’t know why. Soldiers fighting for god and country, war does make them high. Nobody can do anything, because nobody understands. Troops are marching for a crazy leader, for the rules of their land.“ - „We don’t need the army! No, no, no!” - „We don’t want a war! No, no, no! ” - „Government saying, we need defense, but it’s nothing less than war. No where’s peace in this dirty world, they’re fighting more and more. War for money, war for fame, never seen a bigger crime. Fighting for a crazy leader, but I don’t wanna die!” - „Bullets in the air!“

202 - „Nobody needs a war! So what’s the A-Bomb for? Their peace is just a farce, they can stick it up their arse!“ - „Wo Raketen und Panzer den Frieden sichern,“ - „Du sollst töten lernen für‘s Vaterland, doch Vaterland ist abgebrannt!“ - „Links zwo, drei, links, zwo, drei, ob ihr da seid oder nicht, euer scheiß Vaterland ist als erstes im Arsch, wenn der Krieg ausbricht!“ - „Tausende von Menschen: Männer, Frauen, Kinder, zerfetzt von Napalm in Vietnam.“ - „USA, das Blut fließt durch sie jeden Tag! USA, das Blut fließt durch sie seit dem Tag, seitdem es sie gibt!“ - „Imperialisten, Kriegsriskierer, Friedenswille stößt euch vom Thron. Zu viel Schrecken droht dem Verlierer, eure Gegner schreien an die Nation.“ - „In jedem Land, an jeder Grenze, steht Kanonenfutter schon bereit. Gewehre, Panzer und Raketen, Tag und Nacht allzeit bereit. Und die Spannung wächst, der Krieg ist nah. Und für dich gibt‘s keine Chance, du kannst nur warten, bis die Bombe fällt, dann gibt‘s nur noch Tod und Asche!“ - „Auch Jesus Christus oder Mohammed, sie verhinderten nie einen Krieg.“ - „Religion hat Millionen von Menschen getötet!“ - „Ihr habt die Bombe gesegnet, die auf Hiroshima fiel!“ - „Kein Geld, keine Waffen!“

203 Anhang 2.3.1.4. Kapitalismus - „War for money, war for fame, never seen a bigger crime.“ - „Fighting for a crazy leader, but I don’t wanna die!” - „You’re working like an asshole to get a little money.” - „He’s never ill, he’s never sick, just because of his plastic head!“ - „Wo Faschisten und Multis das Land regieren,“ - „Gold sind die Hände der Bonzenschweine,“ - „Abends um acht, Fernsehzeit, Fernseh-Deutschland, konsumbereit.“ - „Wirtschaftswunder wird geboren, Konsum gewandert, schon verloren.“ - „Kauf oder stirb, auch wenn die Erde draufgeht, ist doch scheißegal!“ - „Konsum im Überfluss.“ - „Millionen Menschen sind am Verrecken, doch wir leben in der Fortschrittszeit.“ - „Legal, der Hunger der Verreckenden.“ - „Ich möchte aufhören und pfeifen auf das Geld!“ - „Er beklaute die Reichen und beschenkte die Armen,“ - „Kein Geld, keine Waffen!“

ANHANG 2.3.2. SCHLEIM-KEIM Anhang 2.3.2.1. Umwelt - „wir machen alles zu Schutt und Müll!“ - „Sie fanden einen Planeten von Giften noch rein,“ - „vom Computer bis zum Atomkraftwerk und genügend Geld.“ - „nur Blumen, Wälder und viele Tiere in seiner neuen Welt.“

Anhang 2.3.2.2. Industrie/Technik - „uns zerstört die Industrie.“ - „Industriegestank wie nie,“ - „diese scheißverdammte Technik!“ - „vom Computer bis zum Atomkraftwerk und genügend Geld.“

204 - „Autos, Häuser, Roboter sollten auch hierher,“ - „Flugzeuge für den Himmel und Schiffe für das Meer.“ - „wollte keinen Luxus, keine Autos und kein Geld,“

Anhang 2.3.2.3. Krieg-Kritik - „Sicherheit gleich Größenwahn, aufgedreht den Rüstungshahn“ - „Mit Stahl im Stiefel und Gewehr in der Hand, kämpfst du für ein freies Vaterland.“ - „Kriege machen Menschen, Menschen machen Krieg.“

Anhang 2.3.2.2. Kapitalismus-Kritik - „Keinen Luxus, nicht die Bank voller Geld, nichts, aber auch nichts, was für mich zählt.“ - „Sie kümmert nur ihr fetter Bauch und die Tasche voller Geld.“ - „Wir hätten kein Ziel und auch keine Ehre, weil Geld für uns nicht das Wahre ist.“ - „Darauf, dass jeder dick und fetter werde, um in seinem Topf zu landen!“ - „vom Computer bis zum Atomkraftwerk und genügend Geld.“ - „wollte keinen Luxus, keine Autos und kein Geld, nur Blumen, Wälder und viele Tiere in seiner neuen Welt.“ - „Ich wär‘ so gern in der Bundesrepublik als Manager bei Thyssen oder Flick. Millionär wär‘ ich dann.“ - „Den Reichen würd‘ ich noch mehr geben, der Pöbel hat genug zum Leben“ - „Ich bin ein süßer Geldschein, bleib keiner Sache treu, ob ich heute Menschen schade und sie morgen wieder erfreu.“

205 - „da ich nur ein Mittel zum Zwecke bin.“ - „Ein Geldschein sein, heißt in gute und in böse Sachen verwickelt sein. Heute kauft man mit mir Blumen für die Liebste ein, doch morgen schon kann ich der Lohn für eine Untat sein.“ - „Um so mehr man von uns hat, um so größer wird der Geiz.“ - „Für alles was du brauchst musst du was geben, umsonst bekommst du nichts auf dieser Welt.“ - „Du kämpfst täglich ums Überleben, dein Helfer dabei ist das süße Geld.“ - „Was will der mit ‘ner Bank voll Geld?“ - „Haben! Jeder will was haben, bloß um es zu vergraben! Für die nächste Generation wird sich das Leben lohnen, ja!“

ANHANG 2.4. „TOO MUCH FUTURE!“

ANHANG 2.4.1. LEBENSUNZUFRIEDENHEIT - „Ich wär‘ so froh, wenn ich ein Karnickel wär‘. Sitz den ganzen Tag im Stall.“ - „Drum bleib ich lieber ein Staubsauger und fress‘ nur Dreck und Müll, weil ich mich als Staubsauger am wohlsten fühl.“ - „Nicht, aber auch nicht, ja, nicht auf dieser Welt gibt es außer dir, was für mich zählt.“ - „Die Welt ist sowieso, war total zugeschissen.“ - „Bis zum Hals in der Scheiße tu ich dich noch küssen.“

206 - „Komm, gib mir deine Hand, wir wollen zusammen verrecken.“ - „Nur mit dir, kann mir Scheiße schmecken.“ - „Diese scheißverdammte Hektik,“ - „Du liegst im Bett und denkst daran, was müsste besser sein?“ - „Nichts gewonnen, nichts verloren. Wozu wurden wir geboren?“ - „Der Drang zu sterben, steckt in jedem Menschen!“ - „Fresst die Schieße, die wir euch geben, seid zufrieden, mit dem was ihr habt.“ - „Ihr hab doch alles Nötige zum Leben. Wozu ihr nur nach Schätzen gräbt?“ - „Nein, warum muss immer ich es sein?“ - „Es tut mir leid, ich musste raus, macht's gut, auf Wiedersehn! Auf Wiedersehn!“ - „Der Tod verlangt Tribut, auch von mir, und das ist gut!“

ANHANG 2.4.2. EINTÖNIGKEIT - „Das ist die Realität und du merkst, wie die Zeit vergeht.“ - „Schwarz-weiß, schwarz-weiß, was soll der ganze Scheiß?“ - „und er erzählte mir ‚Jeden Morgen früh aufstehen, den ganzen Tag an der Maschine steh’n. Tag ein Tag aus die gleiche Scheiße, da bekommt doch jeder Mensch ‘ne Meise!“ - „Vorabend in die Kneipe geh’n, immer die gleichen Leute seh’n.“

207

ANHANG 2.4.3. ALKOHOL - „Trink‘ mit mir noch ein Bier, es muss ja nicht das Letzte sein. Ruf‘ den Wirt zu unserm Tisch, er schenkt uns noch mal ein. Er bringt uns noch zwei Klare mit, er kennt uns ganz genau.“ - „Er bringt uns nichts mehr zu unserm Tisch, sind wir beide blau. Bier!“ - „Wenn ich mit dir wegfahr‘, trink‘ ich auch kein‘ Alkohol!“ - „Acht, neun Bier in der Klause, ‘nen Doppelten und nach Hause!“

ANHANG 2.4.4. VORGESCHRIEBEN GEDANKEN - „Du sollst vergessen, dass der Mensch selbst denkt! Du sollst kapieren, du wirst gelenkt!“ - „Du wirst gelenkt!“ - „Du wirst gelinkt!“ - „Gedanken werden sterilisiert, Worte durch Zensur kastriert, - Bilder verfälscht, um den Schein zu wahren, sich stärker zeigen nach langen Jahren.“ - „Den Willen nehmen und verformen“

ANHANG 2.4.5. FOLGEN DER ANDERSARTIGKEIT - „Schaffst du keine Norm, bist du hier verloren.“ - „wir wären geborene Verbrechergestalten und sollen für ewig im Gefängnis schmachten.“

208 - „Weil wir auf die ihre Ordnung scheißen, vergleichen sie dich mit dem Anti-Christ. Anti-Christ!“ - „Wir erfüllen nicht ihre verplanten Normen, sind der Macht wehrlos ausgesetzt, werden gegängelt, werden beschimpft, werden von ihnen verfolgt und gehetzt.“ - „Wir sind ihnen ein Dorn in den Augen, weil wir sagen, was uns nicht passt.“ - „Und sie sagen: ‚Du bist ein dreckiges Schwein‘ und du wirst verachtet und gehasst.“ - „Und wenn du nicht willst, so gebrauchen sie Gewalt. Sie machen dich fertig, sie machen dich kalt.“ - „Sie schlagen dich, sie sperren dich ins Loch. Sie verlachen dich und sagen ‚Wehre dich doch‘“

ANHANG 2.4.6. VORGESCHRIEBENE/R NORM/LEBENSABLAUF - „Norm, Norm, Norm, du bist zur Norm geboren.“ - „doch du fühlst dich nicht in Form. Wie schaffst du deine Norm?“ - „Sicherheit wird eingefroren, geplanter Tod, zum Tod geboren.“ - „Wir erfüllen nicht ihre verplanten Normen,“ - „Geboren zum Bumsen? Geboren zum Fressen?“ - „Du bist und bleibst ein Werkzeug der Macht.“ - „Du wirst von ihnen zur Marionette gemacht.“ - „in Normen durch genormte Normen.“

ANHANG 2.5. „NO FUTURE!“

ANHANG 2.5.1. ARBEITSLOSIGKEIT

209 - „But soon you get a letter, your boss is very sorry. You have to pay the cost, your job is gone and lost.“ - „We’re living in a robot age, Men got anything to do.“ - „Everyone is unemployed,“

ANHANG 2.5.1. LEBENSUNZUFRIEDENHEIT - „Well, I wish I was a cat, sitting on a rug, pretty girls would pick me up and give me a hug.“ - „Well, I wish I was, well, I wish I could be, well, I wish I was someone, someone else, not me!“ - „Well, I wish I was a mirror on a girl's bedroom wall, all those mucky things, I would see them all.“ - „Well, I wish I was a brassier and spend my life in lust, ride on the girls jumper and round the girls bust!“ - „your life will be destroyed.“ - „Hey, hey! Das kotzt mich an!“ - „Hamburg, du kotzt mich an! Du Dorf, du kotzt mich an!“ - „Der normalste Stand seit langer Zeit, 1,7 Promille.“ - „Freiheit wird zum Verdruss“ - „Wir leben in einem Alptraum, oh, das Erwachen wird der Selbstmord sein. Nur der Tod reibt sich die Hände, oh, denn nur er alleine wird der Sieger sein.“ - „Ich sitz schon wieder hier mit kleinen Pupillen, für irgendwelche Action fehlt mir Energie und Willen.“ - „Ich frag‘ mich manchmal wirklich, ob‘s das Optimale ist, denn je später der Abend, desto mehr sich der Verstand verpisst. Für ‘ne Betäubung auf Zeit, abzuhauen von der Wirklichkeit.“

210 - „Einmal die Woche, da kriegst du Gefühl, denn außer dem Verein hast du nicht viel!“ - „Was hat‘s noch für einen Sinn, jetzt, wo die Verzweiflung gewinnt? In diesem meinen Leben, im Warten auf den Tod.“ - „Was sollen noch Fragen nach dem Sinn, die Antwort fehlt doch ohnehin. Vegetieren oder denken, doch Denken ist der Tod, ist der Tod!“ - „Hoffen ohne Hoffnung auf die Wende und warten, warten auf das Ende.“ - „Total frustriert, wir sind inaktiviert, jedes andere Leben hätte mehr gegeben,“ - „Wer war das, der aus dem Fenster fiel? Sprang er selbst oder zwang man ihn? Er war so einer, der dem Volk nicht gefiel und dem keine andre Lösung mehr schien.“ - „Ich weiß, wenn das so weitergeht, bin ich fertig mit der Welt.“ - „Ich mach den ganzen Tag nur Sachen, die ich gar nicht machen will.“ - „Ich warte jeden Montagmorgen schon auf Freitagnacht,“ - „Du siehst die Sterne und fühlst den Tod.“ - „und das Wort zum Montag „Mach mal blau“.“ - „Wir müssen hier raus! Das ist die Hölle! Wir leben im Zuchthaus!“

ANHANG 2.5.2. EINTÖNIGKEIT - „wo alle Menschen ihr Ich verlieren,“ - „Langeweile in der U-Bahn, Langeweile im Bus, genervt auf der Arbeit, ob das sein muss? Hey, hey! Das kotzt mich an!“

211 - „Ich hab keinen Bock zum Arbeiten, ich will nur meinen Spaß haben!“ - „Montag morgen, neue Wochen und ab geht’s wieder zur Maloche. Dieselben Fratzen, dasselbe Gelaber, ja, du liebt dein Arbeitslager.“ - „Du weißt nicht, was zu tun, oh, große Langeweile, anstatt dich auszuruhen, oh, greifst dir ‘ne Baseballkeule!“

ANHANG 2.5.3. ALKOHOL - „Irgendwann musste es raus, ich muss es dir sagen, ich hab‘ mich höllisch in dich verknallt! Mit dir werde ich mich immer vertragen und auch mit dir werde ich nicht alt.“ - „Ich brauch‘ dich, am liebsten jeden Tag, du päppelst mich auf, wenn ich down bin. Ich glaub‘, es ist der Alkohol, den ich an dir mag. Mit dir hat das Wochenende einen Sinn.“ - „Für zehn Mark zieh ich mir ‚ne Palette rein vom hirnwegfetzenden Bier.“ - „Nach dem fünften Bier, ich spür‘s sofort, du bist ein ganz schöner Brecher! Und nicht nur das, wenn du alle bist, bist du ein geiler Aschenbecher!“ - Seit zwei Stunden sitz‘ ich hier und trink‘ mein Bier, laber‘ über Gott und die Welt mit ihnen und ihr und dir, da kommt noch einer, bringt ‘n Pickel Shit vorbei. - „Wir rauchen ‘ne Rolle, dann ist eh alles einerlei, dann hab‘ ich 1,7, 1,7 Promille. Dann haben wir 1,7, 1,7 Promille.“ - „Wieder breit, wir sind wieder breit, schon wieder breit!“

212 - „Gesichter verschwimmen, der Magen rumort, der Alk hat sein Messer in mein Gehirn gebohrt. Es ist schon wieder soweit! Ich frag‘ mich manchmal wirklich, ob‘s das Optimale ist, denn je später der Abend, desto mehr sich der Verstand verpisst. Für ‘ne Betäubung auf Zeit, abzuhauen von der Wirklichkeit.“ - „Keine Zukunft, oder was? Komm, wir gehen los und haben Spaß! Mit ‘nem großen Haufen Dosen, geht kaum was in die Hosen!“ - „Fütter‘ dein Kopf, oder stress‘ deine Leber! Kleid‘ dich rot oder sauf dich tot!“ - „doch er glaubt, er vergisst die ganze Scheiße, wenn er abends in der Kneipe hängt und säuft.“

ANHANG 2.6. RELIGION

ANHANG 2.6.1. SLIME Anhang 2.6.1.1. Kritik - „Koran, Koran, Bibel von Faschisten. Schah und Khomeini, ab in die Kisten!“ - „Erzählt mir nichts von euren Göttern, denn die haben niemals existiert. Auch Jesus Christus oder Mohammed, sie verhinderten nie einen Krieg. Behauptet nicht, dass ihr die Antwort habt, auf die Frage, die ihr niemals gewusst. Behauptet nicht, dass ihr die Wahrheit sagt, weil eure Wahrheit gelogen ist!“

213 - „Religion bedeutet Unterdrückung! Religion ist Opium für das Volk! Religion hat Millionen von Menschen getötet! Religion – doch die Kirchen sind immer noch voll!“ - „Ihr habt die Bombe gesegnet, die auf Hiroshima fiel! Auch mit Hitler und Mussolini habt ihr euch solidarisiert. Es ist egal, wer an der Macht ist, denn ihr seid immer dabei. Ihr nehmt den Menschen das Denken ab mit eurer Heuchelei!“ - „Für mich heißt das Wort zum Sonntag ‚Scheiße‘“

ANHANG 2.6.2. SCHLEIM-KEIM - „Kommst du dann in Himmel: Nun ist alles scheißegal, denn im Himmel gibt es keine Norm!“ - „Weil wir auf die ihre Ordnung scheißen, vergleichen sie dich mit dem Anti-Christ. - „Anti-Christ!“ - „Oder, sind wir des Teufels Herde?“ - „Satan, kannst du mir nochmal verzeihen, weil ich heute keine Sünde beging?“ - „Oh, Herr der Hölle, ich kann dir nicht mehr dienen, die Liebe bläst mich weg von dir.“ - „Lass‘ mich los von allem Bösen, von Rache, Rache, Hass und Gier.“ - „Ich würde, wenn sie es will, in Gottes Namen selbst zur Beichte gehen.“ - „Satan!“

214 ANHANG 2.7. UNTERDRÜCKUNG

ANHANG 2.7.1. SLIME Anhang 2.7.1.1. System - „Überall wird man unterdrückt, nur die Besten werden rausgepickt,“ - „Oppression everywhere!” - „Korea and Vietnam, Chile and Iran, United Kingdom, Germany, and the goddamn fucking USA, Oppression everywhere.“ - „Überall wirst du kontrolliert, eingetippt und chiffriert,“ - „Denken ist der Tod!“ - „mit deinem Begriff „Demokratie“ – ein System ohne Unterdrückung.“ - „Regierung bleibt Regierung und Regierung, das heißt Zwang.“ - „Willkür tritt Freiheit mit Füßen, Minderheiten müssen büßen.“ - „Oh, Maschine, heiliges Gericht, oh. Unterdrückungsapparat, oh.“ - „Journalisten vor Gericht gestellt, weil sie nicht das schreiben, was dem Staat gefällt.“

Anhang 2.7.1.2. Polizei - „Wenn ich die Bullen seh‘ mit Knüppeln und Wummen, jedes Mal sind wir die Dummen.“ - „Die nehmen uns fest, stecken uns in den Knast, doch das steigert nur unseren Hass!“ - „They say it’s law and order, but we live in fear!” - „Beating up people without any reason, A.C.A.B.!” - „Der Bulle grinst und sagt: ‚Halt auf, du hast ja mindestens 1,7 Promille!“

215 - „Jedes Mal, wenn ‘ne Demo ist, gebt ihr uns was drauf, aber den Faschisten lasst ihr freien Lauf!“ - „Bullen knallen wahllos Leute ab, fast täglich tragen sie einen von uns zu Grab.“ - „Drei Wochen auf Bewährung sind schon viel zu lang und du hast die Chance auf ‚lebenslang‘.“ - „Es gibt keine Folter, nur Zwangsernährung. Es gibt keine Folter, nur Iso-Haft. Polizisten töten doch nur aus Versehen, und aus Pflichtgefühl, das kann man ja verstehen. Freiheit wird eingesperrt! Wahrheit wird zerschlagen! Gerechtigkeit wird brutal ermordet! Nur wer Macht hat, der hat das Sagen!“ - „Legal, der Wahnsinn der Gefolterten.“ - „Illegal, mit dem Rücken an die Wand.“ - „Illegal, jeder Versuch sich zu wehren.“ - „Braune Ratten kriechen aus ihren Löchern, um die Freiheit einzuäschern.“ - „Sie prügeln Rote und schützen Braune.“

ANHANG 2.7.2. SCHLEIM-KEIM Anhang 2.7.2.1. System - „Uns halten sie für Kommunisten, unterdrückte Anarchisten.“ - „Rechtlose Chaoten!“ - „sind der Macht wehrlos ausgesetzt,“ - „Sie sagen das, um dich niederzuzwingen. Du sollst vom fahrenden Zug abspringen!“ - „Wie lassen euch hinter Gittern, geißeln euch Jahr für Jahr!“ - „Ihr traut auch keinen Meter, denn ihr wisst, was ihr wirklich denkt.“

216 Anhang 2.7.2.2. Polizei - „Faustrecht, Faustrecht, hier regiert das Faustrecht!“ - „Bullen holen dich von der Straße weg, denn sie denken, du bist nur Dreck!“ - „Sie schlagen dir in die Schnautze rein, denn sie wissen du bist nur ein dreckiges Schwein!“ - „Sie machen mit dir, was sie wollen, machen mit dir was sie wollen.“

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