Thomas Tuchel Thomas Tuchel Daniel Meuren Tobias Schächter Die Biografie ZU DEN AUTOREN
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Daniel MeurenTobias Schächter Thomas Tuchel Die Biografie Thomas Tuchel Tobias Schächter Daniel Meuren ZU DEN AUTOREN Daniel Meuren, Jahrgang 1973, arbeitet als Sportredakteur bei der Frank- furter Allgemeinen Zeitung und hat Bücher zu fußballhistorischen Themen und Frauenfußball im Verlag Die Werkstatt veröffentlicht. Meuren sprach Thomas Tuchel erstmals als U19-Trainer von Mainz 05 rund um den Gewinn des deutschen A-Juniorenmeistertitels 2009. Tobias Schächter, Jahrgang 1970, ist nach freier Tätigkeit (u. a. für Süd- deutsche Zeitung, die tageszeitung) inzwischen Redakteur bei den Badischen Neuesten Nachrichten in Karlsruhe. Er hat ein Buch zum Fußball in der Türkei verfasst. Schächter begegnete Tuchel zuerst auf dem Rasen: Mitte der 1990er-Jahre spielte er in der Regionalliga mit dem VfR Mannheim gegen Tuchel und den SSV Ulm. INHALT „Es gibt keinen Spannungsabfall!“ ................................. 7 Das Prinzip Tuchel Plötzlich Bundesligatrainer ...................................... 12 Vom Jugend- zum Cheftrainer in der ersten Fußballbundesliga Mit Al Pacino zum Sieg über die Bayern .......................... 25 Psychotricks und Regeln brechen „This is an emergency case!“ .................................... 38 Weshalb der Spieler Tuchel es nicht nach oben schafft Ein Besessener, der Mittelmaß verabscheut ....................... 48 Erste Schritte hin zur Trainerbank Extremer Siegeswille, extremes Selbstbewusstsein ................. 57 ... und wie man Julian Nagelsmann zur Trainerkarriere überredet Die „Bruchweg Boys“ schlagen Bayern zur Wies’n-Zeit ............ 65 Holtby, Schürrle, Szalai und ein epochaler Sieg „Für manche Übungen braucht man Abitur“ ...................... 84 Sein Training – für viele zu herausfordernd, für andere genau richtig Ein Traum platzt ............................................... 101 Das schlimme Ende in Mainz. Ein Abschied ohne Emotionen Der Anti-Klopp ................................................ 139 Die Rolle als Dauer-Nachfolger eines übergroßen Volkshelden Aufprall auf die „Gelbe Wand“ .................................. 153 Zwei, die nicht wirklich zusammenpassen wollen: Tuchel und der BVB Die Sabbatjahre . 174 Wertvolle Auszeiten nach Mainz und Dortmund Hier ist Paris! .................................................. 178 Trainer bei Paris Saint-Germain und der Umgang mit Neymar und Mbappé Danke ........................................................ 192 „ES GIBT KEINEN SPANNUNGSABFALL!“ Das Prinzip Tuchel „Décompression?“ Das Wort geht Thomas Tuchel nicht so leicht über die Lippen. Was nicht an dem guten Französisch liegt, das sich der deutsche Trainer von Paris Saint-Germain in den letzten Monaten angeeignet und das ihm jenseits des Rheins viel Respekt verschafft hat. „Décompression“ kann man mit „Spannungsabfall“ übersetzen, und vielleicht ist es ja diese Bedeutung, die Tuchels Redefluss in der fremden Sprache für einen kleinen Moment unterbricht. Ein Blick nach links zu seinem Übersetzer und Sprach- lehrer Daniel Barsan, der sagt ihm das Wort einmal langsam vor – und schon versichert Tuchel mit fester Stimme: „Il n’y a pas de décompression!“ Es gibt keinen Spannungsabfall! Straßburg, November 2018. Seit vier Monaten ist Thomas Tuchel Trainer von Paris Saint-Germain. Das 1:1 seines Starensembles bei Racing Straßburg nimmt der deutsche Trainer entspannt an. Tuchel hat mit Paris die ersten 14 Saisonspiele in der Ligue 1 gewonnen, das hat vor ihm noch nie ein Trainer mit einer Mannschaft in den fünf Topligen Europas geschafft. Der Vorsprung auf den Tabellenzweiten Lille beträgt 14 Punkte. Und ob Paris die Meister- schaft nun mit zehn oder 20 Zählern Vorsprung gewinnt, dürfte den Klub- besitzern aus Katar ziemlich egal sein. Was zählt, ist die Champions League. Trotz aberwitziger Investitionen ist PSG in der Königsklasse des europäischen Vereinsfußballs nie über das Viertelfinale hinausgekommen. Für den größten Titelgewinn im europäischen Vereinsfußball hat Klubboss Nasser Al-Khelaifi im Sommer 2018 den 44 Jahre alten ehemaligen Trainer von Mainz 05 und Borussia Dortmund verpflichtet. Nach ein paar Wochen nennt Al-Khelaifi Tuchel „den besten Trainer der Welt“. Paris hat da gerade den FC Liverpool mit 2:1 geschlagen und so das drohende vorzeitige Aus in der Champi- ons-League-Vorrunde verhindert. Sichern wird das Weiterkommen ein paar Tage nach dem Auftritt in Straßburg ein 6:1 bei Roter Stern Belgrad. 7 An dem Abend in Straßburg wirkt Tuchel bereits siegessicher. Nach der Pressekonferenz im Elsass ist er freundlich und bleibt trotz leichten Nieselre- gens noch lange zum Gespräch vor dem Mannschaftsbus stehen. Das Kompli- ment für sein schon nach kurzer Zeit fließendes Französisch nimmt er wahr. Aber es ist nur eine Selbstverständlichkeit für diesen Trainer, der seinen Job in allen Facetten perfekt beherrschen will. „Das muss sein, die Sprache muss man sprechen“, sagt er bestimmt. Sein Übersetzer Daniel Barsan ist schon länger nicht mehr rund um die Uhr mit ihm unterwegs, er kommt noch zu den Spielen, aber längst nicht mehr zu allen. Die zehn neuen Vokabeln, die er Tuchel immer als neue Aufgabe für das nächste Treffen aufgibt, sind diesem zu wenig – er kann immer ein paar mehr. Tuchel ist auf dem Weg, ein „Welttrainer“ zu werden, wie es sein ehema- liger Mentor Hansi Kleitsch sagt. Kleitsch hat den Nachwuchstrainer Tuchel einst in der Jugend des VfB Stuttgart gefördert. Von da an ging Tuchels Weg steil nach oben. Dieses Buch will den Weg und die Trainerwerdung eines so außer- gewöhnlichen wie mitunter rätselhaften Fußballlehrers nachzeichnen. Es erzählt die Geschichte von der Karriere des Spielers Thomas Tuchel, die ihm zwei prägende Trainerpersönlichkeiten bescherte: den autoritären Rolf Schaf- stall bei den Stuttgarter Kickers und den perfektionistischen Ralf Rangnick in Ulm. Und nach dem verletzungsbedingten Ende der aktiven Laufbahn dann die Anfänge von Tuchels Coachingkarriere in Stuttgart und Augsburg, wo er seinen Schützling Julian Nagelsmann dazu ermutigt, ebenfalls Trainer zu werden. Der schnelle Aufstieg in Mainz vom Meistertrainer der Junioren zu einem der aufregendsten Versprechen in der deutschen Trainerbranche. 2015 der Wechsel zu Borussia Dortmund, Tuchel trainiert seinen ersten großen Verein – und steht sich selbst im Weg: als Fachmann unantastbar, als Mensch schwierig, so die Diagnose. Statt eine Ära zu prägen, muss Tuchel nach zwei Jahren im Streit gehen. Dann also Paris: Neymar, Mbappé, Cavani und Co. Mit diesen Stars besiegt er zu Beginn der Coronakrise am letzten Spieltag vor Aussetzung des Spielbetriebs in der Champions League den BVB. Nach einer 1:2-Niederlage in Dortmund gewinnt PSG am 11. März 2020 unter Aus- schluss der Öffentlichkeit das Rückspiel im Prinzenpark mit 2:0. In diesem „Geisterspiel“ besiegt Tuchel auch seine bösen Geister – und vor allem die Vergangenheit beim BVB. 8 Einen ähnlichen Geist hatte Tuchel bereits vor jenem Spiel in Straßburg besiegt: Beim Plaudern vor dem Stade de la Meinau ist Tuchel die Erlösung anzumerken, gegen den alten Rivalen Jürgen Klopp, dem er einst in Mainz und Dortmund folgte, ein frühes Aus in der Champions League vermieden zu haben. Immer wieder lächelt er zwischen seinen Sätzen. Man könne, so Tuchel, nicht in jedem Spiel dieselbe Einstellung erwarten wie gegen Liver- pool. Gegen die Engländer rannten, grätschten und spielten elf Pariser tat- sächlich, als ginge es um alles oder nichts. Die Stars agierten unter Anleitung ihres Trainers als: Mannschaft. Die Erleichterung sei bei allen im Klub riesig gewesen, gibt Tuchel zu und schwärmt vom Können Mbappés: „Der ist der Beste.“ Zu Beginn seiner Amtszeit, sagt Tuchel, habe PSG Spiele vor allem über individuelle Klasse gewonnen, mittlerweile erziele man auch als Mannschaft Erfolge. Er hat die Akzeptanz der Könner im Kader gewonnen, weil er sofort gezeigt habe, wer die Richtung vorgibt. Den Fehler, sich zu sehr anzupassen oder abzuwarten, wie die Spieler auf bestimmte Dinge reagieren, hat er nicht begangen. In der Sache coacht Tuchel in Paris so unnachgiebig wie in Mainz und Dortmund. Neymar nannte ihn nach kurzer Zeit schon einen „Gewin- nertypen, der PSG etwas Neues gibt“. Tuchels Arbeit fußt noch immer auf dem Ansatz aus den Tagen seiner unverhofften Beförderung vom Nachwuchstrainer zum Chef des Bundesli- gateams bei Mainz 05 im August 2009: An jenem Anfang war der Pass. Zu Beginn seiner ersten Einheit als Trainer des Fußballbundesligaklubs lässt Tuchel seine Spieler im zuvor exakt abgemessenen Abstand einander gegen- über aufstellen. Drei Spieler auf der einen Seite, drei Spieler auf der anderen. Eine Übung, wie sie ambitionierten D-Juniorentrainern mit ihren Zehn- bis Zwölfjährigen zu simpel wäre. Gut 20 Minuten lang geht es nur darum, den Ball sauber zum Gegenüber zu spielen und dann im lockeren Trab auf die andere Position zu laufen. Dabei müssen die Spieler die Namen ihres Gegen- übers, dem sie den Ball zuspielen, laut rufen. „Andy!“, „Tim!“, „Miro!“ oder „Niko!“ schallt es über den Trainingsplatz am Bruchwegstadion. Dazwischen hört man immer wieder ein knappes „Schärfer!“. Tuchel schaut sich pedan- tisch die Zuspiele mit der Innenseite an und moniert, wenn der Ball nicht fest genug oder unpräzise gespielt wird. Schon die ersten Minuten des Profitrainers Thomas Tuchel weisen den Weg in eine Karriere, die einen damals 35 Jahre alten Fußballlehrer, der zuvor 9 ein gutes Jahrzehnt im Nachwuchsfußball gearbeitet hat, binnen weniger Jahre hinaufkatapultieren wird in die erste Reihe von Europas Spitzentrai- nern. Thomas Tuchel wird sich und seine Spielphilosophie