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 W 2 1 5 2 1 6 0 9 4 3 - 1 / 1 5 E

 IM NAMEN DER REPUBLI K!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. STARK über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Bundesrepublik , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.05.2017, Zahl 1068426207-150504375, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG, § 57 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), in der Fassung BGBl. I Nr. 110/2019, und § 55 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, als unbegründet abgewiesen.

B)

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Die Revision ist gemäß Art. 1 3 3 A b s . 4 B u n d e s - Verfassungsgesetz, B G B l N r . 1 / 1 9 3 0 ( B - VG), in der Fassu n g B G B l . I N r . 51/2012, nicht z u l ä s s i g .

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE :

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 13.05.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

In seiner Erstbefragung am 14.05.2015 sowie seiner niederschriftlichen Befragung am 04.08.2017 vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gab der Beschwerdeführer zusammengefasst an, dass er aus dem XXXX stamme und dem Clan der Hawiye angehöre. Er habe mit seinen Eltern, acht Brüdern und drei Schwestern in einem Haus in seinem Heimatdorf gelebt. Zu seinen Fluchtgründen führte er im Wesentlichen aus, dass er vor der Terrormiliz al-Schabaab geflüchtet sei. Al-Schabaab habe ihn und andere Kinder aus der Schule entführt und in ein Lager gebracht, um sie für den Krieg zu rekrutieren. Die Eltern der Kinder hätten sich daraufhin an die Regierung und AMISOM gewandt, die den Stützpunkt von al-Schabaab gestürmt und die Kinder befreit hätten. Die Truppen seien danach noch etwa zwei Wochen in XXXX stationiert worden, ehe sie wieder abkommandiert worden seien. Al-Schabaab habe danach im Radio die Kinder zurückgefordert und im Fall der Weigerung über die Schüler und ihre Eltern Todesurteile verhängt. Der Beschwerdeführer habe daraufhin mit drei Freunden beschlossen, das Land zu verlassen.

Mit Schriftsatz vom 07.03.2017 brachte der Beschwerdeführer durch seinen Vertreter Säumnisbeschwerde ein.

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.05.2017, Zahl 1068426207-150504375, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 14.05.2015 [gemeint wohl: 13.05.2015] gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bundesrepublik Somalia (Spruchpunkt II.) abgewiesen, gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52

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Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Bundesrepublik Somalia gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt III.). Die Frist für seine freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt IV.).

Gegen diesen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 18.05.2017, Zahl 1068426207-150504375, zugestellt am 22.05.2017, erhob der Beschwerdeführer am 06.06.2017 fristgerecht die gegenständliche Beschwerde. Darin wurde im Wesentlichen vorgebracht, dass dem Beschwerdeführer Verfolgungshandlungen vonseiten al-Schabaab drohen würden und eine innerstaatliche Fluchtalternative nicht bestehe, da sich die Verfolgung auf das gesamte Staatsgebiet beziehe. Ihm sei daher jedenfalls Asyl, aufgrund der in Somalia herrschenden Dürre zumindest aber subsidiärer Schutz zu gewähren.

2. Die Beschwerdevorlage vom 06.06.2017 langte am 09.06.2017 im Bundesverwaltungsgericht ein.

Zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde für den 13.03.2019 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt. Es erschienen der Beschwerdeführer und sein Vertreter. Das ordnungsgemäß geladene Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte sich mit E-Mail vom 06.09.2018 für die Verhandlung entschuldigt. Der Beschwerdeführer stimmte zu Beginn der Verhandlung ausdrücklich zu, dass diese ohne Rechtsberater, der nicht erschienen war, stattfinden sollte. In der Verhandlung wurden die Quellen der zur Entscheidungsfindung herangezogenen Länderinformationen dargetan. Der Beschwerdeführer und sein Vertreter verzichteten auf Einsichtnahme und Ausfolgung. Das Bundesverwaltungsgericht räumte den Verfahrensparteien vor Schluss der Verhandlung eine zweiwöchige Frist zur Abgabe von Stellungnahmen ein.

Mit Schreiben vom 30.04.2019 legte der Beschwerdeführer sein Zeugnis zur bestandenen Integrationsprüfung vom XXXX vor.

Mit Schreiben vom 25.05.2020 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer mehrere Fragen zu seiner aktuellen Situation in Österreich zum Parteiengehör und räumte ihm eine Frist zu Stellungnahme ein.

Am 09.06.2020 brachte der Beschwerdeführer seine schriftliche Stellungnahme im Bundesverwaltungsgericht ein. Darin zitierte er zur aktuellen Lage aus den UN OCHA Berichten update 04 vom 04.05.2020 sowie update 06 vom 24.05.2020, einem Accord

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Bericht vom 15.04.2020, einem erstinstanzlichen Bescheid - in einem Verfahren eines anderen Asylwerbers - vom 03.02.2020 und einem UNSC Bericht vom 13.05.2020 (siehe dazu Beweiswürdigung 5.).

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1. Die Identität des Beschwerdeführers kann nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Bundesrepublik Somalia, gehört dem moslemischem (sunnitischen) Glauben und dem Clan der Hawiye, Subclan Hawaadle, an. Er ist ledig und hat keine Kinder.

Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 13.05.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Der Beschwerdeführer hat nicht glaubhaft gemacht, dass er in der Bundesrepublik Somalia einer versuchten Zwangsrekrutierung oder physischer oder psychischer Gewalt durch al-Schabaab ausgesetzt war oder im Fall seiner Rückkehr sein wird.

3. Der Beschwerdeführer stammt aus XXXX , in der Bundesrepublik Somalia. XXXX liegt im Gebiet Mahas. Das Gebebiet XXXX . Dort lebte er gemeinsam mit seinen Eltern und seinen acht Brüdern und drei Schwestern in einem Haus, das im Eigentum der Familie steht. Die Familie verfügt des Weiteren noch über ein paar Felder für die Selbstversorgung.

Der Beschwerdeführer besuchte in der Bundesrepublik Somalia insgesamt von XXXX die Schule und war vor der Ausreise als XXXX /Variante: von XXXX von Verwandten tätig. Zum Zeitpunkt seiner Ausreise am XXXX war er bereits volljährig. Die Geschwister des Beschwerdeführers besuchten mit Ausnahme der vier jüngsten Geschwister, die zum Zeitpunkt der Ausreise des Beschwerdeführers sieben, sechs, fünf und drei Jahre alt waren, ebenfalls die Schule. Der Beschwerdeführer hat in der Bundesrepublik Somalia mehrere Freunde und Bekannte, mit denen er regelmäßig in Kontakt steht.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem gesunden Beschwerdeführer in der Bundesrepublik Somalia ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit droht oder er Gefahr läuft, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und er in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation gerät. Der Beschwerdeführer kann im Fall seiner Rückkehr jedenfalls mit der

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Unterstützung seiner zahlreichen Clanangehörigen rechnen. Die Hawiye leben vor allem in Süd- und Zentralsomalia und zählen zu den größten Clans in der Bundesrepublik Somalia. Sie haben in und um XXXX großen Einfluss und dominieren neben drei anderen großen Clans in der Bundesrepublik Somalia die Verwaltung, Politik und Gesellschaft. Angesichts der besonderen Bedeutung von Clanstrukturen ist daher davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer in XXXX von Angehörigen seines Clans entsprechende Hilfe beim Aufbau einer Existenz erhält.

4. In Österreich leben keine Familienangehörigen des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer legte am XXXX die Integrationsprüfung ab. Im Rahmen der nur XXXX davor anberaumten mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zeigte sich, dass der Beschwerdeführer etwas Deutsch sprach (siehe Verhandlungsschrift Seite 06f). Der Beschwerdeführer besucht Deutschkurse, nahm an diversen Fortbildungsmaßnahmen teil und übt seit 2015 regelmäßig gemeinnützige Tätigkeiten aus: Von 02.06. bis 09.07.2015 war er in einem Hochwasserschutzprojekt der Gemeinde als Müllsortierer tätig, im Juli 2016 verrichtete er in einer anderen Gemeinde gemeinnützige Tätigkeiten und wirkte als Statist im Rahmen der Sommerfestspiele mit. Im Jahr 2017 führt er in einem Klärwerk für 20 Wochenstunden Reinigungsarbeiten durch und seit 06.12.2017 ist der Beschwerdeführer für 20 Wochenstunden in einem Altenheim als Hilfskraft beschäftigt. Ferner war der Beschwerdeführer einige Male als Tänzer bei einer Aufführung tätig. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über soziale Kontakte, es liegen jedoch keine besonderen Abhängigkeitsverhältnisse zu Personen in Österreich vor und sind allfällige freundschaftlichen Beziehungen zu einem Zeitpunkt entstanden, in dem sich der Beschwerdeführer seiner unsicheren aufenthaltsrechtlichen Stellung bewusst sein musste. Der Beschwerdeführer ist nicht selbsterhaltungsfähig und lebt seit seiner illegalen Einreise von der Grundversorgung.

5. Zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wird festgestellt:

Allgemein In der Bundesrepublik Somalia werden bis Juli 2020 schätzungsweise mehr als 11,75 Millionen Menschen leben (CIA Factbook 11.06.2020). Die Bundesrepublik Somalia ist eine parlamentarische Demokratie mit starker Stellung des Präsidenten Mohamed Abdullahi Mohamed „Farmajo“. Premierminister ist Hassan Ali Khayre (AA Steckbrief Stand 30.09.2019, abgefragt am 15.06.2020).

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Am 15.04.2020 gaben die Sprecher beider Parlamentskammern ihre Entscheidung bekannt, den Beginn der nächsten Parlamentssitzung, die ursprünglich für den 10.04.2020 anberaumt war, aufgrund der COVID-19-Pandemie und gemäß den Empfehlungen des Gesundheitsministeriums zu verschieben, bis alternative virtuelle Vorkehrungen getroffen werden (UNSC 13.05.2020). Somalia ist ein Staat im Osten Afrikas, am Horn von Afrika. Nach dem Sturz des autoritären Regimes Siad Barres 1991 war das Land gekennzeichnet von Staatszerfall, Bürgerkrieg, Clanrivalitäten und islamistischem Terror. Im Nordwesten Somalias beansprucht das relativ stabile Somaliland seit 1991 internationale Anerkennung als eigenständiger Staat. Die Region Puntland besitzt weitgehende Autonomie, strebt aber keine Unabhängigkeit an und hat den Status eines föderalen Gliedstaats, wie auch die anderen Bundesstaaten Jubbaland, Südwest, Galmudug und Hirshabelle. Mit der Übergangsverfassung von 2012 schreitet der Staatsaufbau voran, Somalia gilt nunmehr als fragiler Staat. 2017 wurde Mohamed Abdullahi Mohamed zum Präsidenten gewählt. Seine Regierung verfolgt eine ehrgeizige Reformagenda in den Bereichen Politik, Wirtschaft und Sicherheit Offizielles Ziel der Regierung sind allgemeine Wahlen 2020 (AA politisches Porträt Stand 30.09.2019, abgefragt am 15.06.2020). Im Hinblick auf beinahe alle in diesem Bericht zu beleuchtenden Tatsachen ist Somalia faktisch zweigeteilt: a) Somalia In den föderalen Gliedstaaten Süd- und Zentralsomalias herrscht in vielen Gebieten Bürgerkrieg. Die somalischen Sicherheitskräfte kämpfen mit Unterstützung der vom VN- Sicherheitsrat mandatierten Friedensmission der Afrikanischen Union AMISOM (African Union Mission in Somalia) gegen die radikalislamistische, al-Qaida-affiliierte al-Schabaab- Miliz. Die Gebiete sind nur teilweise unter der Kontrolle der Regierung, wobei zwischen der im Wesentlichen auf Mogadischu beschränkten Kontrolle der somalischen Bundesregierung und der Kontrolle anderer urbaner und ländlicher Gebiete durch die Regierungen der föderalen Gliedstaaten Somalias, die der Bundesregierung de facto nur formal unterstehen, unterschieden werden muss. Weite Gebiete stehen unter der Kontrolle der al-Schabaab- Miliz oder anderer Milizen. Diese anderen Milizen sind entweder entlang von Clan-Linien organisiert oder, im Falle der moderaten Ahlu Sunna Wal Jama’a in Galmudug, auf Grundlage einer bestimmten religiösen Ausrichtung. Zumindest den al-Schabaab-Kräften kommen als de facto-Regime Schutzpflichten gegenüber der Bevölkerung in den von ihnen kontrollierten Gebieten zu. Der Gliedstaat Puntland im Norden des Landes, direkt an der Spitze des Horn von Afrika, hat sich bereits 1998 mit internationaler Unterstützung konstituiert. Puntland strebt nicht nach Unabhängigkeit von Somalia, erkennt die somalische

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Bundesregierung an und ist einer der fünf offiziellen föderalen Gliedstaaten Somalias, wenngleich mit größerer Autonomie. Es konnten einigermaßen stabile staatliche Strukturen etabliert werden. Al-Schabaab kontrolliert hier keine Gebiete mehr, sondern ist nur noch in wenigen schwer zugänglichen Bergregionen mit Lagern vertreten, ebenso wie der somalische Ableger des sogenannten „Islamischen Staats“. Stammesmilizen spielen im Vergleich zum Süden eine untergeordnete Rolle, wenngleich sie weiterhin präsent sind. Allerdings ist die Grenzziehung im Süden zu Galmudug sowie im Nordwesten zu Somaliland nicht eindeutig, was immer wieder zu kleineren Scharmützeln, in den Regionen Sool und Sanaag auch zu schwereren gewaltsamen Auseinandersetzungen führt. b) Somaliland Das Gebiet der früheren Kolonie Britisch-Somaliland im Nordwesten Somalias hat sich 1991 für unabhängig erklärt, wird aber bisher von keinem Staat völkerrechtlich anerkannt. Allerdings bemühen sich die Nachbarn in der Region sowie zunehmend weitere Staaten in Anerkennung der bisherigen Stabilisierungs- und Entwicklungsfortschritte um pragmatische Zusammenarbeit. Das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft wurde durch die mehrfache Verschiebung der Parlamentswahlen und schwerwiegende Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Abkommen zum Betrieb des Hafens von Berbera auf die Probe gestellt. Al-Schabaab kontrolliert in Somaliland keine Gebiete. Die Grenze zu Puntland ist allerdings umstritten, hier kam es vor allem im Jahr 2018 zu zum Teil heftigen militärischen Auseinandersetzungen zwischen somaliländischen und somalischen (puntländischen) Truppen. Die Lage bleibt weiterhin angespannt. Grundsätzlich gilt, dass die vorhanden staatlichen Strukturen in Somalia sehr schwach sind und wesentliche Staatsfunktionen von ihnen nicht ausgeübt werden können. Von einer flächendeckenden effektiven Staatsgewalt kann nicht gesprochen werden (AA 02.04.2020). Seit dem Ende der Übergangsperiode und dem Beginn des New Deal Prozesses 2013 wurde wiederholt der politische Wille zur umfassenden Reform des Staatswesens (Etablierung von Rechtsstaatlichkeit, Schutz von Menschenrechten, Demokratisierung, Föderalisierung) bekundet. 2016 und 2017 konnten mit der Gründung der Gliedstaaten und einem relativ demokratisch erfolgten Machtwechsel wichtige Weichen in Richtung Demokratisierung, legitimer Staatsgewalt und Föderalismus erreicht werden. In den anderen Bereichen ist die Situation nach wie vor mangelhaft. Insbesondere das Verhalten der Sicherheitskräfte, Aufbau, Funktionsweise und Effizienz des Justizsystems und die Lage im Justizvollzug entsprechen nicht den völkerrechtlichen Verpflichtungen des Landes (AA 02.04.2020). ad a) Somalia Seit Jahrzehnten haben keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder nationaler Ebene stattgefunden. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991

- 8 - entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen, insbesondere Clanstrukturen, in Selektionsprozessen vergeben. Traditionell benachteiligte Gruppen wie Frauen, Jugendliche, ethnische Minderheiten, LGBTI, Behinderte sowie auch Binnenflüchtlinge sehen sich somit nicht oder nicht hinreichend vertreten. Im November und Dezember 2016 wurde von über 14.000, von Clanältesten bestimmten Wahlmännern ein 275-köpfiges Parlament gewählt. Wenngleich dieser Prozess einen bemerkenswerten demokratischen Fortschritt darstellte, war er von erheblichen Korruptions- und Manipulationsvorwürfen überschattet. Die Präsidentschaftswahl fand am 08.02.2017 statt, als Gewinner ging der frühere Premierminister Mohamed Abdullahi Mohamed „Farmajo“ hervor, Premierminister ist seit März 2017 Hassan Ali Khayre. Für Ende 2020/Anfang 2021 sind erstmals allgemeine Parlamentswahlen in den Gebieten vorgesehen, in denen die Sicherheitslage solche Wahlen erlaubt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist noch nicht abzusehen, ob es tatsächlich dazu kommen oder ob stattdessen erneut ein clanbasierter Selektionsprozess wie 2016 stattfinden wird (AA 02.04.2020). (CIA, Central Intelligence Agency, The World Factbook, Somalia, last update 11.06.2020, abgefragt am 15.06.2020, https://www.cia.gov/library/publications/the-world- factbook/geos/so.html AA, Auswärtiges Amt, Somalia, politisches Porträt, Stand 30.09.2019, abgefragt am 15.06.2020, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/somalia-node/- /203162 AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2020, 02.04.2020 AA, Auswärtiges Amt, Somalia, Steckbrief, Stand 30.09.2019, abgefragt am 15.06.2020, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/somalia-node/somalia/203130 UNSC, UN Security Council, Bericht des UNO-Generalsekretärs, Bericht zur Lage in Somalia, S/2020/398, 13.05.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2030188/S_2020_398_E.pdf)

Parteiensystem ad a) Somalia Es gibt keine Parteien im westlichen Sinn. Die politischen Loyalitäten bestimmen sich in erster Linie durch die Clanzugehörigkeit oder religiöse Bindung an informelle Gruppierungen. Im September 2016 verabschiedete der Präsident ein Parteiengesetz, das die Grundlage für eine Parteienbildung werden soll. Trotz vorgesehener Mechanismen, die eine breite geografische Repräsentanz in den Parteien sicherstellen sollen, manifestiert sich das Clansystem auch in den neuen Parteien. Dutzende Parteien haben sich provisorisch

- 9 - registriert, weisen jedoch mehrheitlich keine erkennbaren inhaltlich-programmatischen Konzepte auf. Das nächste Parlament soll Ende 2020 erstmals in einer allgemeinen und freien Wahl – dort, wo die Sicherheitslage dies erlaubt – bestimmt werden. Ob eine solche Wahl tatsächlich und im vorgegeben Zeitrahmen stattfinden wird, ist aktuell noch nicht abzusehen. Dies gilt auch für die Frage, ob sich diese Wahlen erstmals an der Parteizugehörigkeit der Kandidaten orientieren werden (AA 02.04.2020). Eine Besonderheit der Politik und Geschichte Somalias liegt in der Bedeutung der Clans. Clans sind auf gemeinsame Herkunft zurückgehende Großfamilienverbände mit einer bis zu siebenstelligen Zahl von Angehörigen. Die Kenntnis der Clanstrukturen und ihrer Bedeutung für die somalische Gesellschaft ist ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis der politischen und historischen Entwicklungen in Somalia. Die übergeordneten Clans in Somalia sind die Hawiye, Darod, Issaq, Dir und der Clanverbund der Digil-Mirifle bzw. Rahanweyn. Aufgrund des jahrzehntelangen Bürgerkriegs ist es nicht möglich, die genauen Zahlenverhältnisse der einzelnen Clans anzugeben. Hawiye, Darod, Issaq und Digil-Mirifle stellen wohl je 20 bis 25 Prozent der Gesamtbevölkerung, die Dir deutlich weniger. Über 95 Prozent aller Somalier fühlen sich einem Sub-Clan zugehörig, der genealogisch zu einem der Clans gehört. Auch diese Sub-Clans teilen sich wiederum in Untereinheiten auf. Die Zugehörigkeit zu einem Clan bzw. Sub-Clan ist ein wichtiges Identifikationsmerkmal und bestimmt, welche Position eine Person oder Gruppe im politischen Diskurs oder auch in bewaffneten Auseinandersetzungen einnimmt (AA Innenpolitik Stand 05.03.2019, abgefragt am 13.11.2019). (AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2020, 02.04.2020 AA, Auswärtiges Amt, Somalia, Innenpolitik, Stand 05.03.2019, abgefragt am 13.11.2019, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/somalia-node/-/203162)

Hawaadle/Hawadle Die Hawaadle/Hawadle gehören zu dem einflussreichen, mächtigen Mehrheitsclan der Hawiye (IRB 02.09.2016). Laut dem leitenden somalischen Berater von Saferworld sind die Badi-Ade „als Clan nicht als sehr gewalttätig bekannt“. Dieselbe Quelle fügte hinzu, dass „jederzeit [Mitglieder des Badi- Ade-Clans] leicht Opfer anderer benachbarter Clans [wie etwa] der Gaaljecel, Jajeelo oder Hawaadle [Hawadle] werden könnten." Laut einem Bericht der Beobachtungsstelle für Binnenvertriebene (Internal Displacement Monitoring Centre, IDMC) und des Norwegischen Flüchtlingsrates (Norwegian Refugee Council, NRC), der einen Bericht der UN- Koordinierungsstelle und des Büros der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs,

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OCHA) vom August 2002 zitiert „leiden Bantu (Makane) in Beletweyne [Beledweyne; Beled Weyne; Belet Weyne] unter Misshandlungen und Gewalt durch die Clans Hawadle, Galjele, Badi Adde und Jijele. Die meisten von ihnen wurden von der Stadt Belet Weyne in ländliche Gebiete in der Region Hiran vertrieben." Laut einem Artikel von Voice of America (VOA) vom Juni 2017 haben „Clanmilizen, die zu den Habar Gidir und Hawadle (einem Subclan der Hawiye) gehören", in der Region von Belet Weyne „um Weiden und Land“ gekämpft (VOA 17. Juni 2017 [IRB 12.04.2018]). In einem im Rahmen des Projekts Conflict Early Warning and Response Mechanism (CEWARN) im September 2013 veröffentlichten Bericht der Intergovernmental Authority on Development (IGAD), einer regionalen Organisation von Staaten (Dschibuti, Eritrea, Äthiopien, Kenia, Somalia, Sudan und Uganda) mit Sitz in Dschibuti, wird erwähnt, dass in der Region die Clans der Biyamal (Dir), Digil (Rahanweyn), Koofi (Benadiri) und Wacdaan (Hawiye) als die ursprünglichen Bewohner („asal“) angesehen würden. Unterclans der Hawiye, darunter die Habar Gedir, Abgaal, Murusade und Hawadle aus Mogadischu und dem zentralen Landesteil würden als neue Siedler angesehen („farac“). Seit dem Zusammenbruch des Staates würden diese Farac-Gemeinschaften die Region militärisch, wirtschaftlich und politisch dominieren (Accord 03.02.2016). Die Hawiye leben hauptsächlich in Süd- und Zentralsomalia. Die wichtigsten Hawiye-Clans sind die Habr Gedir und die Abgaal, die beide in und um Mogadischu großen Einfluss haben (U.K. Jänner 2019). Die Hawiye findet man in Süd- und Zentralsomalia, und insbesondere die Habar Gedir und Abgaal-Gruppen dominieren in Mogadischu. In den anderen Regionen sind die Hawiye weniger präsent, und generell begnügen sie sich mit der Kontrolle über Süd- und Zentralsomalia. „Mukulal Madow“ bezeichnet die Knüpfung von Heiratsbeziehungen zwischen Rer Hamar-Haushalten (und anderen Benadiri-Gruppen) und den mächtigen „noblen“ Clans (insbesondere den Hawiye-Gruppen Abgaal und Habr Gedir). Daher stehen Rer Hamar-Haushalte, die ihre Tochter bzw. Töchter an mächtige Clans verheiratet haben, bis zu einem gewissen Grad unter dem den Schutz dieser Clans (Accord 15.05.2009). In Somalia gilt ferner das System von „hosts and guests“. Demnach sind Personen, die sich außerhalb des eigenen Clanterritoriums niederlassen, gegenüber Angehörigen des dort ansässigen Clans schlechter gestellt. In Mogadischu gelten etwa Angehörige der Isaaq, Rahanweyn und Darod als „Gäste“, die mit den dominanten Hawiye eine Vereinbarung treffen müssen (EJPD 31.05.2017). Im April 2016 haben Gemeinden im südlichen Hiiraan al-Schabaab Widerstand entgegengesetzt. Eine vereinigte Miliz von Hawadle-Subclans – die Macawuusley – haben seither al-Schabaab aktiv bekämpft, um die lokalen Gemeinden vor der systematischen Ausbeutung und Gewalt durch al-Schabaab zu schützen. In Hiiraan war es im Juni 2019

- 11 - wegen Streitigkeiten um Wasser und Weide zu Auseinandersetzungen zwischen Subclans von Habr Gedir und Hawadle gekommen (BFA 17.09.2019). Im Juni 2019 kam es in der Region Hiran zu Zusammenstößen zwischen Habar Gidir und Hawadle-Unterclans um Weideland und Wasserressourcen, bei denen die Mitglieder beider Clans ums Leben kamen (EASO 02.12.2019). Es gibt keine Übersicht bezüglich der Clanzusammensetzung in Mogadischu, aber Quellen sind sich einig, dass die Stadt von Hawiye-Clans dominiert wird, insbesondere von den beiden Hawiye-Clans Abgal und Haber Gedir. Den Quellen zufolge stellen diese Clans einen bedeutenden Teil der Bevölkerung und der Regierungstruppen in Mogadischu. Nach Einschätzung von Landinfo ist es daher in erster Linie an den Hawiye-Clans Abgal und Haber Gedir, als Abschreckung für potenzielle Aggressoren in Mogadischu zu erscheinen (U.K. Jänner 2019). (U.K. Home Office, Country Policy and Information Note Somalia, Majority clans and minority groups in south and central Somalia, Version 3.0 Jänner 2019, https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_ data/file/773526/Somalia_-_Clans_-_CPIN_V3.0e.pdf BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.09.2019, Seite 33, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016944/SOMA_LIB_2019_09_17_KE.pdf IRB, Immigration and Refugee Board of Canada, Somalia, 12.04.2018, https://irb- cisr.gc.ca/en/country-information/rir/Pages/index.aspx?doc=457449&pls=1). Accord, Bericht, Clans in Somalia, Bericht zum Vortrag von Dr. Joakim Gundel beim COI- Workshop in Wien am 15.05.2009, https://www.ecoi.net/file_upload/90_1261131016_accord-bericht-clans-in-somalia- ueberarbeitete-neuausgabe-20091215.pdf Accord, Anfragebeantwortung zu Somalia, Informationen zu Konflikten zwischen Clans in der Stadt Merka (auch: Merca, Marka) in der Region Lower Shabelle, Zahl a-9478-2 (9479), 03.02.2016, https://www.ecoi.net/de/dokument/1393732.html EJPD, Schweizerische Eidgenossenschaft, Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement, Staatssekretariat für Migration SEM, Focus Somalia, Clans und Minderheiten, 31.05.2017, https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/afrika/som/S OM-clans-d.pdf IRB, Immigration and Refugee Board of Canada, Somalia, 02.09.2016, https://www.ecoi.net/de/dokument/1409472.html EASO, Anfragebeantwortung Somalia, Sicherheitslage in der Region Hiran Jänner bis 15.11.2019, 02.12.2019,

- 12 - https://www.ecoi.net/en/file/local/2021121/2019_11_SOMALIA_Query_Security_Situation_ Hiraan_Q37.pdf)

Sicherheitslage Sollten sie Hargeisa oder Berbera besuchen seien sie besonders Wachsam und Achtsam an öffentlichen Orten, an denen sich Menschen versammeln. Verfolgen sie lokale und internationale Medien, um Demonstrationen oder Unruhen zu meiden. Verlassen sie rasch alle Gebiete, in denen es zu Unruhen kommt und versuchen sie nicht diese zu beobachten oder zu fotografieren (U.K. Reisehinweise Stand 15.06.2020). Für westliche Staatsangehörige besteht in ganz Somalia (dies gilt auch für Somaliland und Puntland) ein sehr hohes Entführungsrisiko, ausländische Staatsangehörige werden auch immer wieder Opfer von Mordanschlägen. Außerordentlich gefährlich ist die Lage in Zentral- und Südsomalia, einschließlich des Großraums Mogadischu, wobei jedoch auch in den anderen Landesteilen wie Puntland (Nordosten) und Somaliland (Norden) mit extremer Unsicherheit, Entführungen sowie Terror- und Selbstmordanschlägen gerechnet werden muss. Im ganzen Land besteht die Gefahr von nicht explodierten Minen und Bomben. Sehr hohe Kriminalität (BMEIA Stand 15.06.2020). Somalia hat den Zustand eines failed state überwunden, bleibt aber ein sehr fragiler Staat. Es gibt keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind schwach und weiterhin im Aufbau befindlich. Die Autorität der somalischen Bundesregierung wird unter anderem vom nach Unabhängigkeit strebenden Somaliland (Regionen Awdaal, Wooqoi Galbeed, Toghdeer, Sool, Sanaag) im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen al-Schabaab-Miliz in Frage gestellt. Darüber hinaus bestehen politische Spannungen zwischen Mogadischu und den föderalen Gliedstaaten (02.04.2020). Zwischen November 2019 und Anfang Februar 2020 war die Sicherheitslage weiterhin volatil. Die Anzahl der sicherheitsrelevanten Zwischenfälle stieg von 239 im November 2019 auf 266 im Dezember 2019. Im Jänner 2020 wurden 235 Zwischenfälle verzeichnet. Bei den Zwischenfällen handelte es sich um Angriffe der al-Schabaab auf Sicherheitskräfte, Autobomben, Bomben- und Granatenanschläge sowie kriminelle Taten. In der Region kam es Anfang Februar 2020 zu Kämpfen zwischen Clans mit mindestens 20 Toten. Ende Dezember 2019 wurde ein Friedensabkommen zwischen zwei sich bekämpfenden Subclans in der Region Sanaag geschlossen. In den südlichen und zentralen Landesteilen wurden bei Angriffen der al-Schabaab im März 2020 mindestens 22 Angehörige der Sicherheitskräfte getötet. Bei einem Bombenanschlag der al-Schabaab am 25.03.2020 wurden fünf Zivilisten in Lower Juba getötet. In exekutierte die al-Schabaab am

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31.03.2020 sechs Zivilisten, die von der Gruppe der Spionage bezichtigt wurden. In Mogadischu griff die al-Schabaab ein UNO-Gelände mit Granaten an. Bei einem Selbstmordanschlag wurden am 25.03.2020 mindestens vier Personen getötet. In Puntland töteten al-Schabaab-Kämpfer zwischen 17. und 29.03.2020 drei örtliche Beamte. Zwischen 08. und 11.01.2020 tötete die al-Schabaab mindestens sechs Zivilisten in Mogadischu. Bei Zusammenstößen zwischen al-Schabaab und Sicherheitskräften und bei Angriffen der al- Schabaab zwischen 07. und 25.01.2020 wurden in den Regionen Lower Juba, Lower Shabelle und mindestens 16 Soldaten und Zivilisten sowie etwa 80 Aufständische getötet. In Hiraan töteten Sicherheitskräfte am 05.03.2020 acht al-Schabaab-Mitglieder. Am 16.03.2020 nahmen Sicherheitskräfte die Stadt Janaale ein. Zwischen 21. und 29.03.2020 töteten die Sicherheitskräfte mindestens 37 Aufständische in den Regionen Lower Juba und Lower Shabelle. Am 02.03.2020 kam es in der Stadt Bula Hawa erneut zu Zusammenstößen zwischen somalischen Truppen und Truppen Jubalands. Berichten zufolge wurden mindestens elf Zivilisten und Kämpfer getötet. Im Februar 2020 kam es nach den Wahlen in der Region Galmudug zur Stationierung von Truppen der somalischen Regierung. Am 04.02.2020 griffen Regierungstruppen die Städte und Bula Hawa an und nahmen diese ein. Bei Zusammenstößen zwischen Regierungstruppen und Streitkräften Jubalands wurden am 08.02.2020 mindestens zwei Personen getötet. Am 12.02.2020 kam es zudem zu Kampfhandlungen in Kismayo. Am 27. und 28.02.2020 kam es zu Zusammenstößen zwischen Streitkräften der somalischen Regierung und der paramilitärischen Gruppe Ahlu Sunnah Waa-Jama’a (ASWJ). Mindestens 22 Personen wurden getötet. In den südlichen und zentralen Landesteilen wurden zwischen 02. und 27.02.2020 mindestens 34 Soldaten und 61 Aufständische bei Sicherheitsoperationen und al-Schabaab-Angriffen getötet. Zwischen 02. und 28.02.2020 wurden zehn al-Schabaab-Kämpfer bei US-Luftangriffen getötet. Bei US- Luftangriffen wurden zwischen 03. und 27.01.2020 neun al-Schabaab-Mitglieder getötet. In Bosaso töteten Sicherheitskräfte am 06.01.2020 vier mutmaßliche IS-Mitglieder. Am 21.01.2020 erschossen mutmaßliche IS-Mitglieder in Bosaso einen ehemaligen Beamten Accord Sicherheitslage 15.04.2020). Am 08,02.2020, 02.03.2020 und 22.04.2020 kam es in Beledxaawo in der Region nahe der Grenze zwischen Somalia und Kenia zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen der somalischen Nationalarmee und Milizionären, die gegenüber dem Sicherheitsminister von Jubbaland, Abdirashid Hassan Abdinur „Janan“, loyal sind. Die Zusammenstöße verschärften die Spannungen zwischen Somalia und Kenia. Herr Farmajo und der Präsident Kenias, Uhuru Kenyatta, unternahmen Schritte zur Deeskalation der Spannungen, unter anderem durch ein Telefongespräch am 05.03.2020, gefolgt von hochrangigen Ministerbesuchen in Mogadischu und Nairobi. Am 23.04.2020 einigten sich der Präsident von Jubbaland, Ahmed Mohamed

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Islam „Madobe“, mit seinen politischen Gegnern des Jubbaland Council for Change in Nairobi darauf, seine umstrittene Wahl im August 2019 anzuerkennen und eine Koalitionsregierung zu bilden (UNSC 13.05.2020). ad a) Somalia In vielen Gebieten der fünf föderalen Gliedstaaten Somalias und der Bundeshauptstadt Mogadischu herrscht Bürgerkrieg. In den von al-Schabaab befreiten Gebieten kommt es weiterhin zu Terroranschlägen durch diese islamistische Miliz. Am 14.10.2017 kam es zu einem der verheerendsten Anschläge der Geschichte Somalias mit über 500 Todesopfern und zahlreichen Verletzten. Ein Lkw brachte eine Sprengladung in einer belebten Kreuzung in Mogadischu zur Detonation. Die al-Schabaab Miliz wird hinter dem Anschlag vermutet, hat sich jedoch nicht offiziell dazu bekannt Seitdem hat es wiederholt Anschläge im Stadtgebiet von Mogadischu gegeben. Ende Dezember kamen bei der Explosion einer Autobombe an einem Checkpoint am Stadtrand von Mogadischu bis zu 100 Personen ums Leben. Auch in anderen Landesteilen kommt es regelmäßig zu Anschlägen, Tötungen und Entführungen durch al-Schabaab (AA 02.04.2020). Mutmaßliche Kämpfer der islamistischen Terrorgruppe al-Schabaab haben am 12.12.2019 einen Militärstützpunkt 25 Kilometer nördlich der Hauptstadt Mogadischu angegriffen und mindestens sechs Menschen getötet. Nach Regierungsangaben handelt es sich bei den Opfern um zwei Soldaten und vier Zivilisten. Soldaten hätten die Angreifer zurückdrängen können. Wie viele der Extremisten getötet wurden, war zunächst unklar. Al-Schabaab beanspruchte die Tat im Radiosender Al-Andalus für sich. Erst zwei Tage zuvor hatten Kämpfer der Miliz ein Hotel in Mogadischu angegriffen, bei dem mindestens elf Menschen starben (BAMF 16.12.2019). Bei einem Bombenanschlag in Mogadischu am 28.12.2019 wurden knapp 100 Menschen getötet und Dutzende verletzt (Wiener Zeitung 28.12.2019, update 29.12.2019). Am 21.12.2019 wurde eine Autobombe vor dem Global Hotel in Galkayo in der Region gezündet, in dem sich Militärbeamte befanden. Es wird von sechs Toten und zehn Verletzten berichtet. Derartige Angriffe finden in der Hauptstadt der Region Mudug verhältnismäßig selten statt. Keine Gruppe hat die Verantwortung für den Vorfall übernommen, allerdings führt al-Schabaab regelmäßig Angriffe auf Hotels durch. Am 28.12.2019 explodiert eine Autobombe an einem vielbefahrenen Checkpoint in Mogadischu. Etwa 90 Personen sollen getötet und mindestens 125 Personen verletzt worden sein. Viele Betroffene waren Studenten, die nach dem Wochenende in die Stadt zurückkehrten. Die Terrorgruppe al-Schabaab hat die Verantwortung für den Angriff übernommen und verkündet, dass dieser auf einen feindlichen Konvoi der Türken abzielte. Hunderte Personen, inklusive Regierungsvertretern, versammelten sich am 02.01.2020 in Mogadischu, um

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Solidarität mit den Opfern und Angehörigen zu zeigen. Der Angriff ist der größte in Mogadischu seit dem Lastwagenangriff in 2017, bei dem mehrere hundert Personen getötet worden waren. Am 08.01.2020 explodierte eine Autobombe der al-Schabaab bei einem Checkpoint in der Nähe des Präsidentenpalastes und anderer wichtiger Regierungsgebäude in Mogadischu. Mehrere Personen wurden getötet oder verletzt - darunter auch zwei Regierungsvertreter (BAMF 13.01.2020) Mindestens drei somalische Soldaten wurden getötet und zwei weitere verletzt, als am 14.01.2020 eine Bombe in der Nähe von Elasha Biyaha, am Rande von Mogadischu, explodierte. Al-Schabaab übernahm die Verantwortung für den Angriff und teilte mit, dass er auf türkische Arbeiter in Somalia abzielte. Es wurden keine türkischen Opfer gemeldet. Am 18.01.2020 griff ein Selbstmordattentäter der al-Schabaab türkische Arbeiter auf einer Baustelle an einer Straße bei Afgoye (30 Kilometer von Mogadischu entfernt) an. Die meisten Opfer waren somalische Polizisten, die für die Sicherheit der türkischen Arbeiter sorgten, aber auch türkische Staatsangehörige befanden sich unter den Todesopfern. Insgesamt wurden vier Tote und viele weitere Verletzte gemeldet (BAMF 20.01.2020). Der ehemalige Sicherheitsminister von Jubbaland, Abdirashid Hassan Abdinur (auch bekannt als Abdirashid Janan), wurde am 31.08.2019 wegen Verbrechen gegen das Völkerrecht und anderen Menschenrechtsverletzungen, u.a. die Tötung von Zivilisten und die Behinderung humanitärer Hilfe, verhaftet. Am 28.01.2020 entkam er aus der Haft und soll anschließend nach Kenia geflohen sein. Am 04.02.2020 kehrte er aus Nairobi in seinen Heimatort in Jubbaland zurück. Amnesty International (ai) hat die kenianische Regierung aufgefordert Abdirashid zu verhaften und zur Strafverfolgung nach Somalia zurückzubringen. Abdirashid genießt die Unterstützung der regionalen Behörden in Jubbaland, die mit der somalischen Zentralregierung im Konflikt steht. Zusammenstöße zwischen Clans im Süden des Landes Berichten vom 04.02.2020 zufolge wurden bei Zusammenstößen zwischen zwei Clans am Rande von Kismayo in der Region Lower Jubba mindestens 20 Menschen getötet und weitere 20 verletzt. Die Regierung von Jubbaland habe versucht, die Kämpfe um Landressourcen zu beenden, sei aber bisher erfolglos geblieben (BAMF 10.02.2020). Am 19.02.2020 soll al-Schabaab zwei Militärstutzpunkte in der Region Lower Shabelle angegriffen haben. Bei einem Angriff stürmten die al-Schabaab die el-Salini-Militärbasis und besetzten sie kurzzeitig, wobei sie Waffen und Fahrzeuge erbeuteten. Der zweite Angriff fand auf einem Militärstützpunkt in der Stadt Qoryoley statt, wo somalische und ugandische AMISOM-Soldaten stationiert sind. Eine unbekannte Anzahl an Soldaten wurde getötet (BAMF 24.02.2020). Am 29.02.2020 soll sich die Milizgruppe Ahlu Sunnah Wal Jama’a (ASWJ) nach zweitägigen Zusammenstößen in den Städten Dhusamareb und Guriel (Region ) der

- 16 - somalischen Regierung ergeben haben. Mehrere Menschen sollen getötet worden sein. ASWJ spielt eine wichtige Rolle im Kampf gegen al-Schabaab und sollte in die staatlichen Sicherheitskräfte integriert werden. Die Präsidentschaftswahlen in Galmudug State Anfang 2020 haben allerdings zu Spannungen geführt, da drei rivalisierende Politiker von sich behaupteten, die Wahl gewonnen zu haben, darunter auch ein Vertreter der ASWJ. Mit der Kapitulation gab die ASWJ jedoch auch ihre politischen Bestrebungen auf (BAMF 02.03.2020). Seit dem 02.03.2020 kämpfen in der Region Gedo Einheiten der Somali National Army (SNA) und der regionalen Jubbaland-Kräfte gegeneinander. Die Kämpfe fanden zunächst rund um die Grenzstadt Bula Hawo in Somalia statt, haben sich aber auch auf die Stadt Mandera auf der kenianischen Seite der Grenze ausgebreitet. Tausende von Familien wurden zur Flucht aus dem Gebiet gezwungen. Die SNA will angeblich den ehemaligen Sicherheitsminister von Jubbaland, Abdirashid Hassan Abdinur, gefangen nehmen. Abdirashid wurde im August 2019 von der somalischen Regierung verhaftet, entkam aber am 28.01.2020 aus einem Gefängnis in Mogadischu. Am 04.02.2020 kehrte er nach Jubbaland zurück. Ein Beamter des regionalen Gerichts wurde am 03.03.2020 in der Hauptstadt der Region Sool in Somaliland, Las Anod, durch eine Autobombe getötet. Es ist nicht klar, wer hinter dem Anschlag stand. Solche Angriffe kommen in der Region relativ selten vor. Berichten zufolge wurden durch die Explosion einer Bombe am 01.03.2020 vier Regierungssoldaten getötet und viele weitere verletzt. Die Soldaten waren mit einem Militärkonvoi auf der Straße zwischen Wanlaweyn und Afgoye unterwegs. Für den Anschlag soll al-Schabaab verantwortlich sein. Am 01.03.2020 schoss al-Schabaab mit Mörsern in die stark befestigte sogenannte „Green Zone" in Mogadischu. Der Angriff zielte auf ein Gebiet, in dem sich Liegenschaften der UN und der Afrikanischen Union (AU) sowie mehrere westliche Botschaften befinden. Die „Green Zone“ gilt als eines der wenigen sicheren Gebiete in der Stadt und umfasst die Niederlassungen von humanitären und diplomatischen Organisationen sowie den internationalen Flughafen von Mogadischu. Es wurden keine Todesopfer gemeldet. Zuletzt wurde im November 2019 die somalisch-kanadische Menschenrechtsaktivistin Almaas Elman in der „Green Zone“ erschossen (BAMF 09.03.2020). Truppen der Somali National Army (SNA) und AMISOM haben am 16.03.2020 die Stadt Janaale in der Region Lower Shabelle von al-Schabaab zurückerobert. AFRICOM führte zur Unterstützung der Operation Luftangriffe durch. Al-Schabaab hatte Janaale seit 2015 kontrolliert (BAMF 23.03.2020). Am 25.03.2020 wurden der Gouverneur von Ras Kamboni, sein Fahrer und drei seiner Leibwächter bei einer Landminenexplosion in der Nähe von Ras Kamboni in der Region Lower Juba getötet. Al-Schabaab bekannte sich zu dem Angriff und teilte mit, dass sie auf die

- 17 - kenianischen Verteidigungskräfte zielten, die zusammen mit dem Gouverneur unterwegs waren. Am 29.03.2020 starb der Gouverneur der Region Nugaal nach einem Selbstmordanschlag der al-Schabaab. Der Angriff erfolgte auf eine Polizeistation. Selbstmordattentäter greifen Geschäft an. Ein Selbstmordattentäter sprengte sich am 25.03.2020 in einem Teeladen in der Nähe des Parlaments in Mogadischu in die Luft. Dabei wurden mehrere Menschen getötet und verwundet, darunter auch Zivilisten. Die al- Schabaab übernahm die Verantwortung für den Angriff und erklärte, dass Ziel die Streitkräfte der Somali National Army gewesen seien, die das Parlament bewachen. Der Polizeichef des Bezirks Afgoye und drei seiner Leibwächter wurden am 22.03.2020 bei einer Bombenexplosion in Hawa Abdi in der Nähe von Afgoye getötet. Niemand hatte unmittelbar nach dem Anschlag die Verantwortung übernommen (BAMF 30.03.2020). Das US-Afrika-Kommando (AFRICOM) führte am 06., 09. und 10.04.2020 Luftangriffe auf al-Schabaab in der Region Middle Juba durch. Al-Schabaab-nahe Medien berichteten, dass es sich bei der am 10.04.2020 getöteten Person um einen Zivilisten handelte, was von AFRICOM aber bestritten wird. AFRICOM erklärte, dass der Toten unmittelbar vor dem Luftangriff die ermordeten Leichen von Soldaten der Somali National Army (SNA) in einem Dorf zur Schau stellte, um die Bevölkerung einzuschüchtern. Am 14.04.2020 explodierte in Mogadischu eine gegen Soldaten der SNA gerichtete Landmine, vier Zivilisten wurden dabei verletzt. Offiziell bekannte sich niemand zu dem Angriff. Es ist jedoch bekannt, dass al- Schabaab regelmäßig Angriffe auf Soldaten der SNA durchführt. Al-Schabaab tötete am 10.04.2020 vor einer Moschee in Galkayo (Region Mudug) einen Beamten. Bei einer weiteren Landminenexplosion in der Stadt Awdheegle (Region Lower Shabelle) wurden am 09.04.2020 vier Zivilisten getötet und zwei weitere verletzt. Auch in diesem Fall hat sich niemand zu dem Anschlag bekannt. Die dem IS angegliederte Gruppe in Somalia gab an, am 07.04.2020 in der Nähe des Bakara-Marktes in Mogadischu zwei Polizisten getötet und einen verletzt zu haben (BAMF 20.04.2020). Nach Angaben verschiedener Quellen wurden am 24.04.2020 im Distrikt Bondhere in Mogadischu ein oder zwei Zivilisten von einem Polizisten erschossen, der die Einhaltung der Ausgangssperre (wegen der COVID-19 Pandemie) durchsetzen wollte. Berichten zufolge wurde der Polizeibeamte verhaftet, dennoch gab es am 25.04.2020 in Mogadischu große Proteste gegen Polizeigewalt (BAMF 27.04.2020). Berichten zufolge hat al-Schabaab am 28.04.2020 in der Stadt El Bur, Region Galguduud, drei Männer öffentlich hingerichtet. Den Männern wurde vorgeworfen, für westliche Geheimdienste spioniert zu haben. In einem neuen Bericht zur Bewertung der zivilen Todesfälle durch amerikanische Luftangriffe, der nun vierteljährlich erscheinen soll, gesteht das Afrikanische Kommando der Vereinigten Staaten (US AFRICOM) ein, dass im Februar

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2019 bei einem Luftangriff Zivilisten getötet und verletzt worden sind. Die Ziele des Luftangriffes – zwei al-Schabaab-Mitglieder – wurden dabei ebenfalls getötet. AFRICOM wurde in der Vergangenheit beschuldigt, Zivilisten bei Luftangriffen getötet zu haben. Dies ist erst das zweite Mal, dass solche Anschuldigungen offiziell bestätigt werden (BAMF 04.05.2020). Ein in kenianischem Besitz befindliches African-Express-Flugzeug mit humanitären und medizinischen Hilfsgütern wurde am 04.05.2020 in Bardale, Region Bay in Somalia, abgeschossen. Die sechs Menschen an Bord wurden getötet. Das äthiopische Militär gab am 09.05.2020 zu, dass sie das Flugzeug abgeschossen haben. Sie erklärten, man habe geglaubt, es befinde sich auf einer „potentiellen Selbstmordmission“, da keine Informationen über das Flugzeug vorlagen und es im Tiefflug flog. Äthiopischen Truppen sind in einem Militärlager in Bardale stationiert. Am 03.05.20 soll Al-Schabaab einen Mann im Distrikt Adan Yabal, Region Middle Shabelle, öffentlich hingerichtet haben. Der Mann wurde der Spionage für die US Central Intelligence Agency (CIA) und das Militär beschuldigt (BAMF 11.05.2020). Bei einem Selbstmordanschlag der al-Schabaab wurde am 17.05.2020 der Gouverneur der Region Mudug in Puntland, Ahmed Muse Nur und drei seiner Leibwächter in Galkayo getötet. Bereits im März 2020 war der Gouverneur der Region Nugal in Puntland bei einem Selbstmordanschlag der al-Schabaab getötet worden (BAMF 18.05.2020). Mehrere Menschen, darunter auch Kinder, wurden am 24.05.2020 getötet und verletzt, als in Baidoa eine Bombe explodierte. Die Explosion soll sich auf einem Feld in der Nähe eines Lagers für Binnenvertriebene ereignet haben, die das Ende des Fastenmonats Ramadan mit traditionellen Tänzen feierten. Es wird vermutet, dass al-Schabaab hinter dem Anschlag steht (BAMF 25.05.2020). Mindestens zehn Menschen wurden getötet und zwölf verletzt, als am 31.05.2020 eine Landmine auf der Straße zwischen Mogadischu und Afgoye explodierte. Die Opfer befanden sich Berichten zufolge in einem Kleinbus auf dem Weg zu einer Beerdigung. Es ist nicht klar, wer hinter dem Anschlag steht. Am 28.05.2020 explodierte in Mogadischu in einem Auto eine Bombe, zwei Polizeibeamte wurden dabei getötet. Al-Schabaab erklärte sich als verantwortlich (BAMF 08.06.2020). (BMEIA, Bundesministerium Europäische und internationale Angelegenheiten Somalia (Bundesrepublik Somalia), unverändert gültig seit 08.05.2020, Stand 15.06.2020, https://www.bmeia.gv.at/reise- aufenthalt/reiseinformation/land/somalia BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 16.12.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2022112/briefingnotes-kw51-2019.pdf

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Wiener Zeitung, Knapp 100 Tote bei Bombenanschlag in Mogadischu, 28.12.2019, update 29.12.2019, https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/welt/2044269-Schwerer- Bombenanschlag-in-Mogadischu.html BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 13.01.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025539/briefingnotes-kw03-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 20.01.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025544/briefingnotes-kw04-2020.pdf AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2020, 02.04.2020 BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 10.02.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025555/briefingnotes-kw07-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 10.02.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025555/briefingnotes-kw07-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 24.02.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025566/briefingnotes-kw09-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 02.03.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2027815/briefingnotes-kw10-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 09.03.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2027817/briefingnotes-kw11-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 23.03.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2027822/briefingnotes-kw13-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 30.03.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2027825/briefingnotes-kw14-2020.pdf Accord, Themendossier zur Somalia, Sicherheitslage 15.04.2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2028082.html BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 20.04.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029411/briefingnotes-kw17-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 27.04.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029418/briefingnotes-kw18-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 04.05.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029426/briefingnotes-kw19-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 11.05.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029881/briefingnotes-kw20-2020.pdf UNSC, UN Security Council, Bericht des UNO-Generalsekretärs, Bericht zur Lage in Somalia, S/2020/398, 13.05.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2030188/S_2020_398_E.pdf

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BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 18.05.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2030331/briefingnotes-kw21-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 25.05.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2031012/briefingnotes-kw22-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 08.06.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2031179/briefingnotes-kw24-2020.pdf U.K. Government, Somalia travel advice, updated 11.06.2020, immer noch gültig am 15.06.2020, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/somalia) XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX

Sicherheitslage in Mogadischu Mogadischu bleibt weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM (AI 24.02.2016). Es ist höchst unwahrscheinlich, dass al Schabaab wieder die Kontrolle über Mogadischu erlangt (DIS 09.2015; vgl. UKUT 03.10.2014, EASO 02.2016). Der Rückzug der formalen Präsenz der al-Schabaab aus Mogadischu ist dauerhaft. Es gibt in der Stadt auch kein Risiko mehr, von der al-Schabaab zwangsrekrutiert zu werden. Es gibt in Mogadischu keine Clanmilizen und keine Clangewalt (UKUT 03.10.2014; vgl. EGMR 10.09.2015), auch wenn einzelne Clans angeblich noch in der Lage sein sollen, Angriffe führen zu können (EASO 02.2016).

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(BFA 10.2015; vgl. EASO 02.2016) In Mogadischu gibt es eine Präsenz von AMISOM, somalischer Armee und Polizei, sowie des Geheimdienstes NISA. Es besteht keine Angst mehr, dass in Mogadischu wieder Bürgerkrieg herrschen könnte (LI 01.04.2016). Die Situation in Mogadischu ist nicht derartig, dass jeder Mensch in der Stadt einem Risiko entsprechend Artikel 3 EMRK ausgesetzt wäre (EGMR 10.09.2015; vgl. UKUT 03.10.2014). Die Stadtbewohner sind normalerweise nur dann betroffen, wenn sie zur falschen Zeit am falschen Ort sind (LI 01.04.2016). Jeder Stadtbürger kann sein eigenes Risiko weiter minimieren, indem er Gebiete oder Einrichtungen meidet, die klar als Ziel der al-Schabaab erkennbar sind (UKUT 03.10.2014). EASO listet als angegriffene Ziel von Sprengstoffanschlägen der al-Schabaab vor allem Hotels (YSL Hotel, Central Hotel, Maka al-Mukarama Hotel, Jazeera Palace Hotel, Sahafi Hotel), Restaurants, Regierungseinrichtungen und -Konvois, Stellungen und Stützpunkte von Regierungskräften und AMISOM (EASO 02.2016). Im Jahr 2018 setzten somalische Exekutivorgane in Mogadischu und anderen Großstädten mehrere Maßnahmen, die Anschläge störten und zu Strafverfolgungen und Verurteilungen führten (USDOS Terrorismus 01.11.2019). Bei einem Bombenanschlag in Mogadischu am 28.12.2019 wurden knapp 100 Menschen getötet und Dutzende verletzt (Wiener Zeitung 28.12.2019, update 29.12.2019). Bei dem

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Anschlag mit einer Autobombe wurden mindestens 76 Personen getötet und 90 weitere verletzt (BBC 28.12.2019). In Mogadischu kam es zu Demonstrationen gegen al-Schabaab, nachdem mehr als 80 Personen bei einem Bombenanschlag am 28.12.2019 getötet wurden (BBC 02.01.2020). Am 28.12.2019 explodiert eine Autobombe an einem vielbefahrenen Checkpoint in Mogadischu. Etwa 90 Personen sollen getötet und mindestens 125 Personen verletzt worden sein. Viele Betroffene waren Studenten, die nach dem Wochenende in die Stadt zurückkehrten. Die Terrorgruppe al-Schabaab hat die Verantwortung für den Angriff übernommen und verkündet, dass dieser auf einen feindlichen Konvoi der Türken abzielte. Hunderte Personen, inklusive Regierungsvertretern, versammelten sich am 02.01.2020 in Mogadischu, um Solidarität mit den Opfern und Angehörigen zu zeigen. Der Angriff ist der größte in Mogadischu seit dem Lastwagenangriff in 2017, bei dem mehrere hundert Personen getötet worden waren. Am 08.01.2020 explodierte eine Autobombe der al- Schabaab bei einem Checkpoint in der Nähe des Präsidentenpalastes und anderer wichtiger Regierungsgebäude in Mogadischu. Mehrere Personen wurden getötet oder verletzt - darunter auch zwei Regierungsvertreter (BAMF 13.01.2020). Mindestens drei somalische Soldaten wurden getötet und zwei weitere verletzt, als am 14.01.2020 eine Bombe in der Nähe von Elasha Biyaha, am Rande von Mogadischu, explodierte. Al-Schabaab übernahm die Verantwortung für den Angriff und teilte mit, dass er auf türkische Arbeiter in Somalia abzielte. Es wurden keine türkischen Opfer gemeldet (BAMF 20.01.2020). Am 01.03.2020 schoss al-Schabaab mit Mörsern in die stark befestigte sogenannte „Green Zone" in Mogadischu. Der Angriff zielte auf ein Gebiet, in dem sich Liegenschaften der UN und der Afrikanischen Union (AU) sowie mehrere westliche Botschaften befinden. Die „Green Zone“ gilt als eines der wenigen sicheren Gebiete in der Stadt und umfasst die Niederlassungen von humanitären und diplomatischen Organisationen sowie den internationalen Flughafen von Mogadischu. Es wurden keine Todesopfer gemeldet. Zuletzt wurde im November 2019 die somalisch-kanadische Menschenrechtsaktivistin Almaas Elman in der „Green Zone“ erschossen (BAMF 09.03.2020). Ein Selbstmordattentäter sprengte sich am 25.03.2020 in einem Teeladen in der Nähe des Parlaments in Mogadischu in die Luft. Dabei wurden mehrere Menschen getötet und verwundet, darunter auch Zivilisten. Die al-Schabaab übernahm die Verantwortung für den Angriff und erklärte, dass Ziel die Streitkräfte der Somali National Army gewesen seien, die das Parlament bewachen (BAMF 30.03.2020). Die Regierung hat verschiedene Schritte unternommen, um die Ausbreitung der COVID-19- Pandemie zu stoppen. Alle internationalen und inländischen Flüge wurden mit Ausnahme

- 23 - von humanitären Flügen ausgesetzt. Die Hotels entlang des Lido-Strandes in Mogadischu, wo sich normalerweise Hunderte von Familien an den Wochenenden versammeln, wurden geschlossen. Öffentliche Schulen, religiöse Schulen und Universitäten wurden ebenfalls geschlossen. Hunderte von Gefangenen wurden freigelassen (BAMF 06.04.2020). Zwischen 08. und 11.01.2020 tötete die al-Schabaab mindestens sechs Zivilisten in Mogadischu (Accord 15.04.2020). Am 14.04.2020 explodierte in Mogadischu eine gegen Soldaten der SNA gerichtete Landmine, vier Zivilisten wurden dabei verletzt. Offiziell bekannte sich niemand zu dem Angriff. Es ist jedoch bekannt, dass al-Schabaab regelmäßig Angriffe auf Soldaten der SNA durchführt. Die dem IS angegliederte Gruppe in Somalia gab an, am 07.04.2020 in der Nähe des Bakara-Marktes in Mogadischu zwei Polizisten getötet und einen verletzt zu haben (BAMF 20.04.2020). Nach Angaben verschiedener Quellen wurden am 24.04.2020 im Distrikt Bondhere in Mogadischu ein oder zwei Zivilisten von einem Polizisten erschossen, der die Einhaltung der Ausgangssperre (wegen der COVID-19 Pandemie) durchsetzen wollte. Berichten zufolge wurde der Polizeibeamte verhaftet, dennoch gab es am 25.04.2020 in Mogadischu große Proteste gegen Polizeigewalt (BAMF 27.04.2020). Al-Schabaab hat seine Granatangriffe in Mogadischu deutlich verstärkt. Die Zone des internationalen Flughafens Aden Adde, in der sich das Gelände der Vereinten Nationen befindet, wurde am 17.02.2020, 01. und 18.03.2020 sowie am 19. und 26.04.2020 mit 60-mm-Granaten angegriffen, die höchste Zahl indirekter Brandanschläge auf die jemals registrierte Zone. Keiner der Granaten, die bei dem Angriff am 17.02.2020 landeten, detonierte. Bei dem Anschlag am 01.03.2020 wurde ein internationaler Auftragnehmer verletzt. Bei dem Anschlag am 18.03.2020 wurde ein internationaler Mitarbeiter leicht verletzt. Bei dem Anschlag am 19.04.2020 wurde ein internationaler Vertragspartner leicht verletzt. Bei dem Angriff am 26.04.2020 wurden fünf Zivilisten verletzt und ein Toter in der Nähe der Zone, wo einer die Granate landete. Bei einem separaten Vorfall am selben Tag detonierte ein improvisierter Sprengsatz in der Nähe eines der Tore zur Zone, ohne, dass es Opfer gab (UNSC 13.05.2020). Am 28.05.2020 explodierte in Mogadischu in einem Auto eine Bombe, zwei Polizeibeamte wurden dabei getötet. Al-Schabaab erklärte sich als verantwortlich (BAMF 08.06.2020). (AI , Amnesty International, Amnesty International Report 2015/16, 24.02.2016, The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/319738/445108_en.html

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BFA, BFA Staatendokumentation Analyse zu Somalia, Lagekarten zur Sicherheitslage, Oktober 2015, http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329638_soma-analyse- lagekarten-2015-10-12-endversion.pdf DIS , Danish Immigration Service Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process; Report from the Danish Immigration Service’s fact finding mission to Nairobi, Kenya and Mogadishu, Somalia; 2-12 May 2015, 09.2015,http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1443181235_somalia-ffm-report-2015.pdf, EASO European Asylum Support Office Somalia Security Situation, 02.2016 http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, EGMR, Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, R.H. v. Sweden, Application no. 4601/14, Council of Europe: European Court of Human Rights, 10.09.2015, http://www.refworld.org/docid/55f66ef04.html UKUT, United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) UK Country Guidance Case. MOJ & Ors (Return to Mogadishu) (Rev 1) (CG) [2014] UKUT 442 (IAC), 03.10.2014, http://www.bailii.org/uk/cases/UKUT/IAC/2014/[2014]_UKUT_442_iac.html USDOS, U.S. Department of State, Country Report, Terrorismus 2018, Somalia, 01.11.2019, https://www.state.gov/reports/country-reports-on-terrorism-2018/#Somalia Wiener Zeitung, Knapp 100 Tote bei Bombenanschlag in Mogadischu, 28.12.2019, update 29.12.2019, https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/politik/welt/2044269-Schwerer- Bombenanschlag-in-Mogadischu.html BBC News, Autobombe tötet Duzende in Somalias Hauptstadt, 28.12.2019, https://www.bbc.com/news/world-africa-50932130 BBC News, Anschlag in Somalia, Demonstrationen folgen in Mogadischu, 02.01.2020, https://www.bbc.com/news/world-africa-50971759 BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 13.01.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025539/briefingnotes-kw03-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 20.01.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025544/briefingnotes-kw04-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 09.03.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2027817/briefingnotes-kw11-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 30.03.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2027825/briefingnotes-kw14-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 06.04.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2027827/briefingnotes-kw15-2020.pdf Accord, Themendossier zur Somalia, Sicherheitslage 15.04.2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2028082.html

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BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 20.04.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029411/briefingnotes-kw17-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 27.04.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029418/briefingnotes-kw18-2020.pdf UNSC, UN Security Council, Bericht des UNO-Generalsekretärs, Bericht zur Lage in Somalia, S/2020/398, 13.05.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2030188/S_2020_398_E.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 08.06.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2031179/briefingnotes-kw24-2020.pdf) al-Schabaab Ziel der al-Schabaab ist es, die somalische Regierung und ihre Alliierten aus Somalia zu vertreiben und in Groß-Somalia ein islamisches Regime zu installieren (EASO Februar 2016). Je höher der militärische Druck auf al-Schabaab anwächst, je weniger Gebiete sie effektiv kontrollieren, desto mehr verlegt sich die Gruppe auf asymmetrische Kriegsführung (Entführungen, Anschläge, Checkpoints) und auf Drohungen. Al-Schabaab wird bei der Anwendung dieser Taktik immer besser und stärker. Dabei ist auch die al-Schabaab in ihrer Entscheidungsfindung nicht völlig frei. Die Gruppe unterliegt durch die zahlreichen Verbindungen z.B. zu lokalen Clan-Ältesten auch gewissen Einschränkungen. Die Regionalhauptstadt Buale (Middle Juba) sowie die Bezirkshauptstädte Saakow, Jilib (Middle Juba), Jamaame (Lower Juba), Sablaale, Kurtunwaarey (Lower Shabelle), Diinsoor (Bay), Tayeeglow (), Ceel Buur, Ceel Dheere (Galgaduud) befinden sich unter Kontrolle der al-Schabaab. Alle anderen Regional- und Bezirkshauptstädte werden von anti-al-Schabaab- Truppen gehalten. Viele der Städte sind gleichzeitig auch Garnisonsstädte der AMISOM (BFA August 2017). Die Gebiete der al-Schabaab werden als relativ sicher beschrieben. Dort herrscht Frieden und eine Absenz an Clan-Konflikten (UNSOM 18.09.2017). In den von ihr kontrollierten Gebieten verfügt al-Schabaab über effektive Verwaltungsstrukturen, eine Art von Rechtsstaatlichkeit und eine effektive Polizei. Die Verwaltung der al-Schabaab wurzelt auf zwei Grundsätzen: Angst und Berechenbarkeit (BFA August 2017). Die Armee war bis vor fünf Jahren sehr chaotisch organisiert und viele Soldaten sind zwischen 2009-2011 zu al-Schabaab übergelaufen. Derzeit gibt es 1-2 gute Spezialeinheiten, welche in Kooperation mit amerikanischen Spezialeinheiten herbe/erfolgreiche Schläge gegen al-Schabaab durchführen. Aktuell ist die al-Schabaab Führung auf der „Flucht“ in Teilen Südsomalias (Stand Januar 2018) und versucht, sich von diesen Spezialeinheiten und US-Drohnenschlägen zu schützen. Außerdem wurden in letzten Jahren zahlreiche Trainings für die somalische Armee durchgeführt, die möglicherweise nicht viel „Outcome“ haben, aber zumindest eine ganz gute Ausbildung bieten. Derzeit ist die somalische Armee

- 26 - jedenfalls auf einem besseren Weg als vor fünf bis sieben Jahren. Die angesprochene Dominanz von AMISOM (insbesondere am Flughafen) fundiert nicht nur auf geringer Kapazität der somalischen Armee, sondern weil (militärisch und nicht politisch) im Vorrang steht, strategische Punkte zu sichern (Flughafen = „Besitztum“ von AMISOM). Auch die internationale Gemeinschaft wird von AMISOM geschützt (EU, UK etc.). Am Flughafen sieht man kaum Somalier – dies beruht nicht unbedingt auf einem Machtwunsch von AMISOM, sondern fußt auf einem Deal mit den internationalen Akteuren, die sich durch die Kontrolle von AMISOM sicherer fühlen. Die vorherrschende Erfahrung der Bevölkerung mit al- Schabaab ist, dass zwar mehr Steuern zu zahlen und strengere Regeln einzuhalten sind, sie aber keinen täglichen Repressionen durch al-Schabaab ausgesetzt sind. Es ist somit relativ friedlich und herrscht keine Kriminalität. Oft ist Somaliern die Stabilität, die mit der Herrschaft der al-Schabaab einhergeht, nicht unrecht (Professor Dr. Höhne 26.01.2018). Al-Schabaab hat schätzungsweise zwischen 7.000 und 9.000 Mitglieder. Al-Schabaab hat die volle Kontrolle über die großen städtischen Zentren in Somalia verloren. Im September 2012 verlor die Gruppe die Kontrolle über Kismayo, einen wichtigen Hafen, den sie nutzte, um Lieferungen und Finanzierungen mithilfe von Steuern zu erhalten. Im Oktober 2014 verlor al- Schabaab einen weiteren strategischen Hafen in Baraawe an AMISOM und somalische Truppen. Trotz dieser Verluste kontrollierte al-Schabaab im Jahr 2018 große Teile ländlicher Gebiete in den Regionen Middle Juba und Lower Juba, sowie die Regionen Gedo, Bakol, Bay und Shabelle. Al-Schabaab hielt ihre Präsenz im Norden Somalias entlang der Golis-Berge und in größeren städtischen Gebieten Puntlands aufrecht und startete 2018 mehrere Angriffe auf Ziele in den Grenzregionen Kenias (USDOS Terrorismus 01.11.2019). Das United States Africa Command (US AFRICOM) erklärte am 03.06.2019, dass der Islamische Staat in Somalia (ISS) weiterhin rekrutiert und derzeit etwa 300 Kämpfer hat. Davon operieren die meisten in Puntland. AFRICOM hat seit April 2019 mehrere Luftangriffe gegen den ISS durchgeführt (BAMF 17.06.2019). In Somalia berichteten die Mitgliedstaaten, dass die bisherige beunruhigende Ruhe zwischen al-Schabaab und ISIL (Islamischer Staat im Irak und der Levante) nicht lange gedauert hat. In Puntland, wo der ISIL kleinere Überfälle gemacht hatte, und in Mogadischu kam es Anfang 2019 zu Zusammenstößen. Der ISIL in Somalia geriet sowohl wegen al-Schabaab, als auch wegen fortgesetzter Einsätze der AMISOM (African Union Mission in Somalia), unter Druck. Al-Schabaab war danach in der Lage, einige ISIL-Stützpunkte in Puntland zu besetzen und den ISIL in den Untergrund zu zwingen, sogar in seiner Hochburg Ceelasha Biyaha in der Nähe von Mogadischu. Ungeachtet dieser Rückschläge gelang es dem ISIL, einige operative Stützpunkte zu erhalten und er konnte immer noch begrenzt tödliche Anschläge gegen Geschäftsleute und Regierungsbeamte in Boosaaso durchführen (UNSC 31.07.2019).

- 27 - ad a) Somalia In den von al-Schabaab befreiten Gebieten kommt es weiterhin zu Terroranschlägen durch diese islamistische Miliz. Puntland strebt nicht nach Unabhängigkeit von Somalia, erkennt die somalische Bundesregierung an und ist einer der fünf offiziellen föderalen Gliedstaaten Somalias, wenngleich mit größerer Autonomie. Es konnten einigermaßen stabile staatliche Strukturen etabliert werden. Al-Schabaab kontrolliert hier keine Gebiete mehr, sondern ist nur noch in wenigen schwer zugänglichen Bergregionen mit Lagern vertreten, ebenso wie der somalische Ableger des sogenannten „Islamischen Staats“. Stammesmilizen spielen im Vergleich zum Süden eine untergeordnete Rolle, wenngleich sie weiterhin präsent sind. Die Grundsätze der Gewaltenteilung sind in der Verfassung von 2012 niedergeschrieben. Allerdings ist die Verfassungswirklichkeit eine andere. In den unter Kontrolle der al- Schabaab-Miliz stehenden Gebieten wird das Prinzip der Gewaltenteilung gemäß der theokratischen Ideologie der al-Schabaab nicht anerkannt. Zu den anderen, weder von Regierung, noch von al-Schabaab, sondern von weiteren Clan- oder anderen Milizen kontrollierten Gebieten liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor. Es ist aber nach Einschätzung von Beobachtern davon auszugehen, dass Rechtsetzung, Rechtsprechung und Rechtsdurchsetzung zumeist in der Hand einer kleinen Gruppe von Notabeln (z. B. „Clanältesten“) liegen. Von Gewaltenteilung kann so nicht gesprochen werden. In den von al-Schabaab kontrollierten Gebieten werden Unterstützer der staatlichen Strukturen oder Mitarbeiter von Hilfsorganisationen zu militärischen Zielen erklärt und zur gezielten Tötung freigegeben. In den von al-Schabaab kontrollierten Gebieten wird oppositionelles Handeln nicht geduldet. Al-Schabaab geht brutal vor und schreckt auch vor Hinrichtungen von politischen Gegnern nicht zurück. Zu den von einzelnen Clan- oder anderen Milizen kontrollierten Gebieten liegen keine ausreichenden Erkenntnisse vor. In den von al-Schabaab gehaltenen Gebieten besteht keine Versammlungsfreiheit und keine Vereinigungsfreiheit (AA 02.04.2020). Berichten zufolge haben die Streitkräfte von SNA und AMISOM am 01.04.2019 das von al-Schabaab kontrollierte Dorf Sabiid, 40 Kilometer südwestlich von Mogadischu in der Region Lower Shabelle, erobert (BAMF 08.04.2019). Laut staatlichem Radio wurde Baschir Mohamed Qorgab, Anführer der al-Schabaab, bei einem Luftangriff in Sakow getötet (BBC 08.03.2020). Truppen der Somali National Army (SNA) und AMISOM haben am 16.03.2020 die Stadt Janaale in der Region Lower Shabelle von al-Schabaab zurückerobert. AFRICOM führte zur Unterstützung der Operation Luftangriffe durch. Al-Schabaab hatte Janaale seit 2015 kontrolliert (BAMF 23.03.2020).

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Neben Granatangriffen hat al-Schabaab die Fähigkeit, größere Angriffe auf Sicherheitskräfte im Süden Somalias durchzuführen. Am 19.02.2020 erfolgten in Shabelle Hoose zwei komplexe Angriffe mit improvisierten Sprengsätzen gegen AMISOM und die Stützpunkte der Somalischen Nationalarmee in Qoryooley und Ceel Saliini, im Bezirk Marka. Letzterer soll mehr als 20 Opfer unter Mitgliedern der somalischen Nationalarmee gefordert haben. Am 16.03.2020 befreiten die somalische Nationalarmee und die AMISOM die Stadt Jannaale. Als Reaktion darauf verstärkte al-Schabaab ihre Angriffe in der Region, unter anderem mit indirektem Feuer und einem improvisierten Selbstmordsprengsatz in einem Fahrzeug, gegen AMISOM-Truppen am 16.03.2020, wobei Berichten zufolge mindestens fünf Soldaten ums Leben kamen. Am 24.04.2020 ließ die Gruppe auf dieselbe Weise zwei weiter Fahrzeuge detonieren, das war bei einem vereitelten Angriff auf den Stützpunkt der AMISOM-Somali National Army in Baraawe, in der Region Shabelle Hoose; beiden Selbstmordattentäter wurden dabei getötet. Während ein allgemeiner Rückgang der Zahl von zivilen Opfer durch al-Schabaab-Aktivitäten beobachtet wurde, erhöhte die Gruppe ihrer öffentlichkeitswirksamen Angriffe (UNSC 13.05.2020). ad b) Somaliland Al-Schabaab hält derzeit in Somaliland keine Gebiete (AA 02.04.2020). (USDOS, U.S. Department of State, Country Report, Terrorismus 2018, Somalia, 01.11.2019, https://www.state.gov/reports/country-reports-on-terrorism-2018/#Somalia EASO, Country of Origin Information Report, Somalia, Security situation, Februar 2016, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/EASO-Somalia-Security-Feb2016.pdf BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Sicherheitslage in Somalia, Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, August 2017, http://www.ecoi.net/file_upload/5209_1502195321_ffm-report-somalia-sicherheitslage- onlineversion-2017-08-ke.pdf UNSOM, United Nations Assistance Mission in Somalia, Countering Al Shabaab Propaganda and Recruitment Mechanisms in South Central Somalia, 18.09.2017, https://unsom.unmissions.org/sites/default/files/countering_alshabaab_propaganda_and_r ecruitment_mechanisms_report_final__14_august_2017.pdf Professor Dr. Markus Virgil Höhne, promovierter Ethnologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Ethnologie Universität Leipzig, Autor vieler Publikationen zur Bundesrepublik Somalia und zum Horn von Afrika, Fragebeantwortung im Rahmen eines Vortrages bzw. eines Seminars für Richter des Bundesverwaltungsgerichts zur Bundesrepublik Somalia am 26.01.2018; [email protected]

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BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 08.04.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010660/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_un d_Flüchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_08.04.2019_%28deutsch%29.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 17.06.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010680/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_un d_Flüchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_17.06.2019_%28deutsch%29.pdf UNSC, UN Security Council, Berichte zur Gruppe Islamischer Staat und mit ihr verbündeter Gruppen, 31.07.2019, S/2019/612, https://undocs.org/S/2019/612 AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2020, 02.04.2020 BBC News, Al-Shabab's Bashir Mohamed Qorgab 'killed in air strike in Somalia, 08.03.2020, https://www.bbc.com/news/world-africa-51789724 BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 23.03.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2027822/briefingnotes-kw13-2020.pdf UNSC, UN Security Council, Bericht des UNO-Generalsekretärs, Bericht zur Lage in Somalia, S/2020/398, 13.05.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2030188/S_2020_398_E.pdf)

Justiz ad a) Somalia Die Grundsätze der Gewaltenteilung sind in der Verfassung von 2012 niedergeschrieben. Allerdings ist die Verfassungsrealität eine andere. In den tatsächlich von der Regierung kontrollierten Gebieten sind die Richter einer vielfältigen politischen Einflussnahme durch staatliche Amtsträger ausgesetzt. In den unter Kontrolle der al-Schabaab-Miliz stehenden Gebieten wird das Prinzip der Gewaltenteilung gemäß der theokratischen Ideologie der al-Schabaab nicht anerkannt. Zu den anderen, weder von Regierung, noch von al-Schabaab, sondern von weiteren Clan- oder anderen Milizen kontrollierten Gebieten liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor. Es ist aber nach Einschätzung von Beobachtern davon auszugehen, dass Rechtsetzung, Rechtsprechung und Rechtsdurchsetzung zumeist in der Hand einer kleinen Gruppe von Notabeln (z. B. „Clanältesten“) liegen. Von einer Gewaltenteilung ist nicht auszugehen (AA 02.04.2020). ad b) Somaliland Auch in Somaliland ist in der Verfassung eine horizontale Gewaltentrennung zwischen Legislative, Exekutive und Legislative vorgesehen, die weitgehend eingehalten wird (AA 02.04.2020). (AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2020, 02.04.2020)

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Sicherheitsbehörden ad a) Somalia Aufgrund des andauernden Bürgerkriegs spielen die Sicherheitsorgane eine herausgehobene Rolle. Sie arbeiten in der Regel in einem Kontext humanitären Völkerrechts. Ca. 80% der öffentlichen Stellen befinden sich im Sicherheitssektor, der zudem ein Drittel der Staatshausausgaben umfasst. Gleichwohl bleibt die tatsächliche zivile Kontrolle über die Sicherheitskräfte und insbesondere die justizielle Verantwortlichkeit einzelner Mitglieder der Sicherheitsorgane in den meisten Fällen schwach bis inexistent. Hinzu kommt, dass der Sold für die Sicherheitskräfte häufig sehr unregelmäßig ausgezahlt wird, was korruptes oder erpresserisches Verhalten befördert. Ausbildung und Training im Menschenrechtsbereich werden zwar zunehmend international unterstützt, für die Mehrzahl der regulären Kräfte muss jedoch weiterhin davon ausgegangen werden, dass ihnen die völkerrechtlichen Rahmenbedingungen ihres Handelns nur bruchstückhaft bekannt sind. Für die regierungsnahen Milizen gilt dies erst recht. Von Seiten der Kämpfer der al-Schabaab-Miliz wird ein völkerrechtlicher Rahmen als solcher nicht anerkannt. Militärgerichte in Somalia/Somaliland verhandeln und urteilen weiterhin über Fälle jeglicher Art (auch über zivilrechtliche Fälle), die nicht in ihrem Zuständigkeitsbereich liegen und missachten dabei teilweise international anerkannte Standards für faire Gerichtsverfahren. 2017 kam es mindestens zu 23 Verurteilungen durch Militärgerichte, die meisten aufgrund von Terrorismusanklagen. Sieben minderjährige Angeklagte, wurden am 13.02.2017 in Puntland wegen Verdacht auf Mord von einem Militärgericht schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt, größtenteils aufgrund von Geständnissen, die mutmaßlich unter Folter des Puntland Intelligence Service (PIS) erlangt wurden. Fünf von ihnen wurden im April 2017 durch ein Erschießungskommando hingerichtet. Zurzeit waren in Puntland mindestens vier Minderjährige im Zentralgefängnis von Bossaso inhaftiert (Stand September 2019 [AA 02.04.2020]). (AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2020, 02.04.2020)

Folter/Unmenschliche Behandlung ad a) Somalia Die Aktionen der staatlichen Sicherheitskräfte und insbesondere der Nachrichtendienst NISA entziehen sich oftmals der öffentlichen Kontrolle. Gleichzeitig bekennt sich die Regierung zu ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen. Vorwürfe aufgrund systematischer Verfolgung werden nicht erhoben. Jedoch kann im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden, dass Sicherheitskräfte den entsprechenden völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommen

- 31 - und bei Verstößen straffrei davonkommen. In den von al-Schabaab kontrollierten Gebieten ist regelmäßig von unmenschlicher Behandlung im Sinne des Übereinkommens auszugehen, wenn einzelne Personen gegen die Interessen von al-Schabaab handeln oder dessen verdächtigt werden (AA 02.04.2020). ad b) Somaliland Auch die dortigen Sicherheitskräfte entziehen sich in ihrem Handeln weitgehend der öffentlichen Kontrolle. Vorwürfe aufgrund systematischer Verfolgung werden nicht erhoben (AA 02.04.2020). (AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2020, 02.04.2020)

Korruption/Dokumente In den Jahren 2018 und 2019 belegte Somalia im Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International Platz 180 von 180 (TI 2018, TI 2019). Somalia steht auf dem letzten Platz des Korruptionswahrnehmungsindexes von Transparency International. Für Somalier ist es einfach, echte Dokumente (fast jeden) unwahren Inhalts zu besorgen. Das gilt auch für unrichtige Pässe der Nachbarländer Dschibuti, Äthiopien und Kenia. In Somalia selbst, aber auch in den von Somaliern bewohnten Enklaven, z. B. dem Stadtteil Eastleigh in Nairobi, werden gefälschte somalische Reisepässe ebenso wie zahlreiche andere gefälschte Dokumente zum Verkauf angeboten (AA 02.04.2020). (AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2020, 02.04.2020 TI, Transparency International, Corruption Perceptions Index 2018, Somalia, https://www.transparency.org/country/SOM TI, Transparency International, Corruption Perceptions Index 2019, Somalia, https://www.transparency.org/country/SOM)

Menschenrechte Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hat 1993 das Mandat des Unabhängigen Experten zur Beobachtung der Menschenrechtslage in Somalia geschaffen. Fast jedes Jahr gab es seither eine Besichtigungsreise. Seit 2014 wird das Amt von Herrn Bahame Nyanduga (TZA) bekleidet. Er besuchte fünf Mal das Land, zuletzt im Juli 2019. Weitere Special Procedure Visits nach Somalia waren: Walter Kälin, der Vertreter des Generalsekretärs für Binnenflüchtlinge (seit 2009 mehrere Besuche, zuletzt im Herbst 2018), Sonderberichterstatterin Rashida Manjoo zum Thema Gewalt gegen Frauen (2011), sowie die Arbeitsgruppe zu Mercenaries (Söldnern) (2012). 2019 besuchten darüber hinaus die

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Sonderbeauftragte des Generalsekretärs für sexualisierte Gewalt in Konflikten als auch die Beauftragte für Kinder in bewaffneten Konflikten das Land. Somalia wurde zum 01.01.2019 als ordentliches Mitglied des UN Menschenrechtsrates berufen und hat dort einen Sitz bis 2021 (AA 02.04.2020). ad a) Somalia Der Schutz der Menschenrechte ist in der Verfassung verankert, ebenso wie die prägende Rolle der Schari’a als Rechtsquelle. Somalia hat folgende Menschenrechtsabkommen ratifiziert: Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, ratifiziert am 26.08.1975 (CERD), Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte, ratifiziert am 24.01.1990 (CCPR), Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, ratifiziert am 24.01.1990 (CESCR), Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, ratifiziert am 24.01.1990 (CAT), Übereinkommen über die Rechte des Kindes, ratifiziert am 01.10.2015 (CRC), Abkommen und Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, ratifiziert am 06.08.2019 (CRPD), Konvention zu Schutz und Hilfe von Binnenvertriebenen in Afrika (Kampala Konvention der AU-Mitgliedsländer), ratifiziert am 26.11.2019 Am 31.12.2018 unterschrieb der somalische Präsident Mohamed Abdullahi Farmaajo ein nationales Gesetz zur Einrichtung einer unabhängigen Agentur für Menschen mit Behinderung. Diese soll durch staatliche Mittel finanziert werden und die Rechte körperlich behinderter Personen im Land wahren (AA 02.04.2020). (AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2020, 02.04.2020)

Religion ad a) Somalia Nach Angaben des Bundesministeriums für religiöse Angelegenheiten sind mehr als 99 Prozent der Bevölkerung sunnitische Muslime. Die vorläufige Bundesverfassung sieht vor, dass alle Bürger, unabhängig von ihrer Religion, vor dem Gesetz gleiche Rechte und Pflichten haben, etabliert aber den Islam als Staatsreligion und verlangt Gesetze, die den Grundsätzen der Scharia entsprechen (USDOS 10.06.2020).

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Repressionen aufgrund der Religion spielen in Somalia fast keine Rolle, da es außer den Entsandten, z.B. der Vereinten Nationen, praktisch keine Nicht-Muslime im Land gibt. Über 99% der Somalier sind sunnitische Muslime (AA 04.03.2019). Das nationale Strafgesetzbuch gilt in der Regel in allen Regionen des Landes. Es verbietet nicht die Bekehrung vom Islam zu einer anderen Religion, aber es kriminalisiert Blasphemie und „Diffamierung des Islam“, was Strafen bis zu zwei Jahre Gefängnis nach sich ziehen kann (USDOS 10.06.2020). (AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2019, 04.03.2019 USDOS, U.S. Department of State, Jahresbericht Religionsfreiheit, Beobachtungszeitraum 2019, Somalia 10.06.2020, https://www.state.gov/reports/2019-report-on-international- religious-freedom/somolia/)

Todesstrafe Die Todesstrafe wird in allen Landesteilen verhängt und vollzogen, allerdings deutlich seltener in Gebieten unter der Kontrolle der jeweiligen Regierung/Behörden und dort nur für schwerste Verbrechen. Im Jahr 2019 wurden mindestens 70 Personen zum Tode verurteilt. Insgesamt wurden nach Informationen von UNSOM im selben Jahr 17 Todesurteile vollstreckt. Damit nahm sowohl die Zahl der Todesurteile als auch der Vollstreckungen im Vergleich zum Vorjahr (31 bzw. 08) zu. Problematisch ist in allen Landesteilen die häufige Rechtsprechung durch Militärgerichtshöfe in sogenannten „Hochrisikofällen“, die relativ deutlich öfter zur Verhängung der Todesstrafe führt als dies bei zivilen Gerichten der Fall ist. In den von al-Schabaab beherrschten Landesteilen wird die Todesstrafe auch für Ehebruch und „Kooperation mit den Feinden des Islam“ (d. h. mit der Regierung, der AU-Mission AMISOM, den VN oder Hilfsorganisationen) verhängt und öffentlich, z. T. durch Steinigung, vollzogen. Eine Zusicherung der Nichtverhängung oder des Nichtvollzugs der Todesstrafe erreichen zu können erscheint im Hinblick auf die jeweiligen Regierungen sehr unwahrscheinlich, im Hinblick auf die von al-Schabaab kontrollierten Gebiete aussichtslos (AA 02.04.2020). Zusätzlicher Fokus auf Somaliland: Nachdem die Todesstrafe nach 9- jährigem Moratorium 2016 wiedereingeführt worden war, wurden im Januar 2020 erstmals seit 2016 wieder sechs Männer hingerichtet (AA 02.04.2020). Somalia hat seine Exekutionen halbiert, von 24 im Jahr 2017 auf 13 im Jahr 2018; davon erfolgten 10 in Jubaland und drei im Gebiet der Zentralregierung (AI 10.04.2019). Die Anzahl der verhängten Todesurteile im Jahr 2019 im gesamten Land betrug 24, jene der Exekutionen betrug 12 (21.04.2020).

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Ein Militärgericht in Mogadischu hat am 02.09.2019 einen Polizisten zum Tode verurteilt. Er wurde am 26.07.2019 in Mogadischu für schuldig befunden, einen Jugendlichen getötet zu haben. Somalische Militärgerichte verhängen und vollstrecken regelmäßig Todesurteile (BAMF 09.09.2019). In Somalia wird die Todesstrafe vor allem von Militärgerichten verhängt. Im vergangenen Jahr wurden in Somalia nach Angaben von Amnesty International 13 Menschen hingerichtet, halb so viele wie noch in 2017 (BAMF 11.11.2019). Zwei Männer wurden am 11.02.2020 in Bosaso, Puntland, für die Gruppenvergewaltigung und den Mord an einem zwölfjährigen Mädchen hingerichtet. Die Hinrichtung eines dritten Mannes soll sich verzögert haben. Das Mädchen, Aisha Ilyes Aden, wurde im Februar 2019 auf einem Markt in Galkayo entführt. Ihre Leiche wurde am nächsten Morgen in der Nähe ihres Hauses gefunden. Der Vorfall löste große Demonstrationen aus. Der Prozess war der erste in Somalia bei dem DNA zur Ermittlung der Täter verwendet wurde. Verurteilungen in Fällen von Gewalt gegen Frauen sind in Somalia allerdings immer noch selten (BAMF 17.02.2020). (AI, Amnesty International, Death Sentences and Executions 2019, 21.04.2020, https://www.amnesty.org/en/documents/act50/1847/2020/en/ BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 09.09.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016900/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_un d_Flüchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_09.09.2019_%28deutsch%29.pdf AI, Amnesty International, Death Sentences and Executions 2018, 10.04.2019, https://www.amnesty.org/download/Documents/ACT5098702019ENGLISH.PDF AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2020, 02.04.2020 BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 11.11.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2020352/briefingnotes-kw46-2019.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 17.02.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025562/briefingnotes-kw08-2020.pdf)

Grundversorgung IDP (Anmerkung: Binnenvertriebene) Haushalte hätten Ergebnissen des Joint Multi-Cluster Needs Assessment (JMCNA) zu Somalia zufolge einen geringeren Zugang zu Ernährungs- und Gesundheitsdiensten im Vergleich mit Nichtvertriebenenhaushalten, so UNOCHA (Accord 31.01.2020). Schwere Überschwemmungen, Konflikte, eine lahmgelegte Wirtschaft, drohende Wüstenheuschreckenschwärme und die exponentielle Ausbreitung von COVID-19

- 35 - bedrohen die Sicherheit und das Wohlergehen der 2,6 Millionen Binnenvertriebenen in Somalia (UNHCR 08.05.2020). Die Vereinten Nationen und die Weltbank koordinieren die Überprüfung der bestehenden Programmplanungen, während sie ihre Antworten auf COVID-19, unter Einbeziehung von humanitärer Entwicklung und Frieden, planen. Die Pläne konzentrieren sich auf die Beschleunigung oder Ausweitung bestehender Programme zur Abschwächung der sozioökonomischen Auswirkungen der Krankheit, während gleichzeitig andere Programme an sich verändernde Marktrealitäten angepasst und verändert werden (UNSC 13.05.2020). ad a) Somalia Die überdurchschnittliche Deyr-Ernte 2019, die Zunahme der Viehbestände und die nachhaltige humanitäre Nahrungsmittelhilfe haben eine Erholung von der vorausgegangenen Dürre 2018/2019 und den jüngsten Überschwemmungen in ländlichen Gebieten unterstützt. Im Februar 2020 war bei der Nahrungsmittelversorgung die Acute Food Insecurity Phase (IPC Phase) 2 (gelb: stressed) weit verbreitet. Es wurde aber auch die IPC Phase 3 (orange: crisis) in den von Überschwemmungen betroffenen Juba-Flussgebieten, der pastoralen Lebensgebietszone Addun in Zentralsomalia und mehreren Siedlungen Binnenvertriebener (IDP) festgestellt. Basierend auf den Ernährungssicherheitsdaten, die von FSNAU, FEWS NET und Partnern in der Bewertung der Ernährungssicherheit nach der Deyr (Anmerkung: Regenzeit Oktober bis Dezember) 2019 gesammelt wurden, befinden sich schätzungsweise 1,15 Millionen Menschen in einer Krise (IPC Phase 3) oder Notfall (IPC Phase 4). Trotz lokaler und begrenzter negativer Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit stellen neue Wüstenheuschreckenschwärme ein erhebliches Risiko der Ernährungsunsicherheit im Norden Somalias und in den südlichen zentralen Gebieten an der Grenze zu Äthiopien und zum nordöstlichen Kenias dar. Darüber hinaus ist laut Vorhersagen die Wahrscheinlichkeit von Flussüberschwemmungen auf Grund überdurchschnittlicher Niederschlägen im Süden, während der Gu-Regenzeit von April bis Juni 2020, hoch. Ernteverluste durch Wüstenheuschrecken und Flussüberschwemmungen dürften zu einem Defizit der Gu-Getreideproduktion von 10-25 Prozent führen. Obwohl günstige Gu- Regenfälle wahrscheinlich den Weideverlust von April bis Juni 2020 mildern werden, wird in den von Heuschrecken betroffenen Gebieten während der gesamten Xagaa-Trockenzeit von Juli bis September 2020 mit einer unterdurchschnittlichen Verfügbarkeit von Weiden gerechnet, was zu einer atypischen Viehwanderung und einem Rückgang der Viehproduktivität führen dürfte. Angesichts des seit 2016, auf Grund von wiederkehrenden Klimaschwankungen bestehenden, hohen Risikos der Ernährungsunsicherheit haben arme Haushalte in von Heuschrecken betroffenen Gebieten eine verminderte Fähigkeit, mit dem Verlust des landwirtschaftlichen Arbeitseinkommens, dem Verlust von selbst erzeugten

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Kulturen und den Kosten atypischer Viehwanderungen fertig zu werden. Von Februar bis September 2020 wird die Bevölkerung in den Krisengebieten (IPC Phase 3) oder Notfallgebieten (IPC Phase 4), die dringend humanitäre Hilfe benötigt, voraussichtlich um 40 Prozent auf 1,61 Millionen Menschen ansteigen. In der Zwischenzeit werden voraussichtlich mehr als 2,9 Millionen Menschen von der IPC Phase 2 (stressed) betroffen sein (FEWS NET, Nahrungsmittelversorgung Prognose Februar bis September 2020).

(FEWS NET Nahrungsmittelkrise Prognosekarte Juni bis September 2020) Die Gu-Regenfälle (von April bis Juni) begannen in einigen Regionen mit mäßigen bis heftigen Schauern, was viele Landwirte dazu veranlasste, mit dem Anbau zu beginnen. Die Regenfälle dürften die Pflanzenproduktion ankurbeln und Weide- und Wasserquellen wieder auffüllen, haben aber in mehreren Regionen bereits zu Sturzfluten geführt. In Puntland hat

- 37 - ein heftiger Regenguss am 27.04.2020 acht Menschen das Leben gekostet und mehr als 22.000 weitere in der Stadt Qardho, Region Bari, vertrieben. Die Regenfälle erhöhen auch das Risiko von durch Wasser übertragene Krankheiten und schaffen Bedingungen, die der Heuschreckenvermehrung förderlich sind. Seit Januar 2020 wurden in Somalia mindestens 2.789 Fälle von akutem, wässrigem Durchfall und Cholera gemeldet, hauptsächlich in Hiraan, , Bay und Shabelle Hoose, vergleichbar mit dem Zeitraum im Jahr 2019 (UNSC 13.05.2020).

(FEWS NET Karte der von Wüstenheuschrecken befallenen Gebiete im Februar 2020 mit Prognose der potenziellen Ausbreitung von März bis Juni 2020) Es wird erwartet, dass die Zahlen steigen werden, sobald sich die Regenfälle verstärken. Der dreifache Schock, bestehend aus Überschwemmungen, Wüstenheuschrecken und COVID-19,

- 38 - dürfte die ohnehin schon prekäre Situation der 5,2 Millionen Bedürftigen verschärfen. Ende Februar 2020 deuteten wichtig Informationen von FAO, FSNAU und FEWS darauf hin, dass das Vorhandensein von reifen Wüstenheuschrecken in Somalia weitgehend auf die pastoralen Gebiete an der Grenze zu Äthiopien und Kenia beschränkt ist (siehe Karte FEWS NET Wüstenheuschrecke). Im wahrscheinlichsten Szenario wird erwartet, dass sich Wüstenheuschrecken während der vegetativen Wachstumsphase der Gu-Hauptsaison im April und Mai in agropastoralen und Flussgebieten ausbreiten, die ein hohes Risiko für Befall haben. Die Verluste werden wahrscheinlich nur lokal signifikant sein, aber nicht landesweit, da die meisten der hochproduktiven Gebiete Somalias – inklusive der südlichen Gebiete der Bay Region, Lower Shabelle und die Middle-Shabelle-Regionen, die bis zu 70 Prozent der Gu- Getreideproduktion ausmachen - außerhalb des potenziellen Verbreitungsgebietes liegen. Allerdings werden voraussichtlich, aufgrund überdurchschnittlicher Gu-Regenfälle, Ernteverluste durch Wüstenheuschrecken mit hochwasserbedingten Ernteverlusten in Flussgebieten zeitlich zusammenfallen. Auf Grund dieser Faktoren wird die landesweite Haupt- und Nebensaison Gu-Ernte von Juli bis September 2020 höchstwahrscheinlich 15-25 Prozent unter dem Durchschnitt liegen. Weiters ist gemäß einer Prognose wegen unterdurchschnittlicher Gu-Niederschlägen, aber nur örtlich beschränkt auf nordwestlich agropastorale Gebiete, eine unterdurchschnittliche Gu/Karan-Produktion wahrscheinlich. In pastoralen Gebieten wird erwartet, dass Gu-Regenfälle Verluste durch Heuschrecken in Hochrisikogebieten bis Juni abmildern, aber es wird eine schneller als übliche voranschreitenden Weideverschlechterung in der Xagaa-Trockenzeit von Juli bis September 2020 erwartet. Folglich wird die Viehwanderung voraussichtlich früh beginnen und sich bis September 2020 verstärken. Infolge der negativen Auswirkungen auf die pflanzliche und tierische Produktion in von Heuschrecken befallenen Gebieten wird erwartet, dass arme landwirtschaftliche Haushalte ein verringertes landwirtschaftliches Arbeitseinkommen erwirtschaften und bei selbst gepflanzte Kulturen mit einem Rückgang der Erträge zu rechnen haben. Arme pastorale Haushalte werden höhere Ausgaben für ihre Migration in entfernte Weidegebiete und einen reduzierten Zugang zu Milch haben. Frühere Entwicklungen zeigen, dass wenn die Verfügbarkeit von Weiden gering ist und Migration zunimmt, arme pastorale Haushalte oft schwierige Entscheidungen zwischen dem Kauf von Futter und Wasser für Nutztiere oder von Lebensmitteln für den menschlichen Verzehr treffen müssen. Dennoch ist es nicht wahrscheinlich, dass die nationale Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln und die Preise für Grundnahrungsmittel, angesichts der überdurchschnittlichen Deyr-Ernte 2019, der voraussichtlich nur limitierten Ernteausfälle in der Gu-Regenzeit 2020 und der Verfügbarkeit regionaler sowie internationaler Lebensmittelimporte, stark von Normalzustand abweicht. Für arme am Fluss gelegene

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Haushalte in Gedo und Hiiraan, arme pastorale Haushalte in nördlichen und zentralen Regionen und arme agropastorale Haushalte in Teilen von Bay, Bakool und im Nordwesten Somalias besteht angesichts der geringen Bewältigungskapazität nach seit 2016 wiederkehrenden Dürren und Überschwemmungen ein Höchstrisiko von Ernährungsunsicherheit. Infolgedessen wird erwartet, dass die Bevölkerung in Krisen- oder Notsituationen (IPC Phase 4) von 1,15 Millionen zwischen Februar bis September 2020 auf 1,6 Millionen steigen wird. Die Anzahl der Bevölkerung in der IPC Phase 2 (stressed), wird voraussichtlich 2,9 Millionen überschreiten (FEWS NET, Nahrungsmittelversorgung Prognose Februar bis September 2020). (UNHCR, UN High Commissioner for Refugees, Pressekonferenz des UNHCR Sprechers Charlie Yaxley in Genf, 08.05.2020, https://www.unhcr.org/news/briefing/2020/5/5eb50d2d4/conflict-heavy-floods-force-tens- thousands-people-flee-homes-somalia-amidst.html Accord, Anfragebeantwortung zur Somalia, Mogadischu: Sozioökonomische Lage, Zahl a- 11167, 31.01.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2030128/a-11167.pdf UNSC, UN Security Council, Bericht des UNO-Generalsekretärs, Bericht zur Lage in Somalia, S/2020/398, 13.05.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2030188/S_2020_398_E.pdf FEWS NET, Nahrungsmittelversorgung Prognose Februar bis September 2020, Somalia, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Somalia%20Food%20Security%20O utlook_022020_FINAL.pdf)

Medizinische Versorgung Die somalischen Behörden haben auf nationaler und lokaler Ebene eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die Ausbreitung von Covod-19 zu kontrollieren. In Mogadischu zählen dazu eine nächtliche Ausgangssperre sowie Maßnahmen in Zusammenhang mit öffentlichen Versammlungen, Schulen und Moscheen. Auch die Behörden in Somaliland haben zusätzliche Maßnahmen angekündigt, darunter die Schließung von Schulen und das Verbot großer Versammlungen. Zudem wurden Ramadan-Gebete in Moscheen abgesagt und die Behörden raten der Öffentlichkeit, alle Gebete zu Hause zu begehen. Auch die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel innerhalb und zwischen Städten wurde eingeschränkt. Die Behörden haben erklärt, dass die Nichteinhaltung dieser Maßnahmen zu Strafen einschließlich Geldstrafen oder Festnahmen führen kann. Man sollte die lokalen Medien bezüglich weiterer Aktualisierungen verfolgen und den Ratschlägen der lokalen Behörden folgen (U.K. Reisehinweise Stand 15.06.2020). Am 24.03.2020 genehmigte die Landesversammlung von Hirshabelle einen Haushalt in Höhe von 14 Millionen US-Dollar für 2020, mit der Möglichkeit eines Nachtragshaushalts im

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Hinblick auf die COVID-19-Pandemie. Im Einklang mit den Leitlinien der Vereinten Nationen zum Schutz der Menschenrechte während der COVID-19-Pandemie leistete die UNSOM den Regierungsbehörden technische Hilfe, um die Abschwächung der Auswirkungen der Pandemie auf die Menschenrechte, einschließlich der Rechte inhaftierter Personen, zu unterstützen. Um die Überbelegung der Gefängnisse zu erleichtern, begnadigten die somalischen Behörden im April 936 Häftlinge: 574 in Somaliland, 194 in Puntland, 148 in Mogadischu, 11 im Südwesten und 9 in Hirshabelle. Seit Januar wurden in Somalia mindestens 2.789 Fälle von akutem wässrigem Durchfall und Cholera gemeldet, hauptsächlich in Hiraan, Banaadir, Bay und Shabelle Hoose, verglichen mit dem gleichen Zeitraum im Jahr 2019. Es wird erwartet, dass die Zahlen steigen werden, wenn sich die Regenfälle verstärken. Der dreifache Schock von Überschwemmungen, Wüstenheuschrecken und COVID-19 dürfte die ohnehin schon prekäre Situation für die 5,2 Millionen Bedürftigen verschärfen (UNSC 13.05.2020). Am 16.03.2020 bestätigte Somalia seinen ersten Fall der Coronavirus-Krankheit (COVID-19). Die Behörden kündigten ein zweiwöchiges Flugverbot für alle internationalen Flüge ab dem 18.03.2020 an, das daraufhin auf unbestimmte Zeit verlängert wurde. Am 24.03.2020 genehmigte die Landesversammlung von Hirshabelle einen Haushalt in Höhe von 14 Millionen US-Dollar für das Jahr 2020, mit der Möglichkeit eines Nachtragshaushalts im Hinblick auf die COVID-19-Pandemie. Somalia verzeichnete bis 04.05.2020 722 COVID-19 Fälle. Zur Unterstützung der Regierungsbemühungen haben Einrichtungen der Vereinten Nationen und Partner am 23.04.2020 einen COVID-19 Vorbereitung- und Reaktionsplan beschlossen, der 689 Millionen US-Dollar, für direkte öffentliche Gesundheit und die indirekten unmittelbaren humanitären und sozioökonomischen Folgen dieser Krankheit, vorsieht (UNSC 13.05.2020). Die Regierung hat verschiedene Schritte unternommen, um die Ausbreitung der COVID-19- Pandemie zu stoppen. Alle internationalen und inländischen Flüge wurden mit Ausnahme von humanitären Flügen ausgesetzt. Die Hotels entlang des Lido-Strandes in Mogadischu, wo sich normalerweise Hunderte von Familien an den Wochenenden versammeln, wurden geschlossen. Öffentliche Schulen, religiöse Schulen und Universitäten wurden ebenfalls geschlossen. Hunderte von Gefangenen wurden freigelassen. Puntland hat eine Ausgangssperre von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang verhängt und Sicherheitskräfte in die größeren Städte zu ihrer Durchsetzung entsandt. Puntland kündigte zudem an, seine Grenzen zu Somaliland und Äthiopien für einige Wochen zu schließen. Bislang wurden in Somalia sieben Personen positiv auf das Virus getestet (BAMF 06.04.2020). Das Regional Durable Solutions Secretariat (ReDSS) erwähnt im April 2019, dass Mogadischu über 61 Referenzkrankenhäuser verfüge, davon seien aber nur 11 öffentlich (der Rest

- 41 - befinde sich in Privatbesitz). Zusätzlich zu diesen Krankenhäusern gebe es in der Stadt 91 Gesundheitszentren (74 private und 17 von internationalen NGOs unterstützte). Die wichtigsten Gesundheitsthemen seien Malaria und Durchfall. Obwohl sich viele Gesundheitszentren in Gehdistanz vieler Haushalte befänden, sei der Zugang von IDPs zu Gesundheitszentren herausfordernd. Insgesamt befänden sich IDPs Berichten zufolge in der schlimmsten Gesundheitssituation aller Bevölkerungsgruppen Mogadischus. Bei Beratungen mit der Gemeinschaft hätten IDPs hervorgehoben, dass sie weniger Zugang zur Gesundheitsversorgung als Rückkehrer hätten. Der Status als Rückkehrer biete Zugang zu humanitärer Hilfe, darunter Gesundheitsdienste, zu denen IDPs keinen Zugang hätten. Zentren zur Gesundheit von Müttern und Kindern seien aufgrund des Zugangs und der Leistbarkeit für Vertriebene die bevorzugten Anbieter von Gesundheitsdiensten für IDPs. Finanzielle Verluste aufgrund gesundheitsbezogener Lücken würden auf mehr als eine Million US-Dollar geschätzt, hauptsächlich aufgrund von Kosten die mit primärer Gesundheitsversorgung, Cholera und Masern in Verbindung stünden (Accord 31.01.2020). Die medizinische Versorgung ist im gesamten Land äußerst mangelhaft. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt nach Angaben der WHO 55 Jahre für Männer und 57 Jahre für Frauen. Mütter und Säuglingssterblichkeit sind laut UNICEF mit die höchsten weltweit. Erhebliche Teile der Bevölkerung haben keinen Zugang zu trinkbarem Wasser oder zu hinreichenden sanitären Einrichtungen. Die öffentlichen Krankenhäuser sind mangelhaft ausgestattet, was Ausrüstung/medizinische Geräte, Medikamente, ausgebildete Kräfte und Finanzierung angeht. Zudem behindert die unzureichende Sicherheitslage ihre Arbeit. Versorgungs- und Gesundheitsmaßnahmen internationaler Hilfsorganisationen mussten auch immer wieder wegen Kampfhandlungen oder aufgrund von Anordnungen örtlicher (islamistischer) Machthaber unterbrochen werden. Die Versorgungslücke, die der Abzug der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) im August 2013 hinterließ, ist nach wie vor nicht geschlossen. Im Mai 2017 hat MSF, zunächst begrenzt auf Puntland, seine Arbeit in Somalia wiederaufgenommen. Dagegen hat das IKRK im Zuge einiger Sicherheitszwischenfälle (u. a. die Entführung einer deutschen Mitarbeiterin im Mai 2018) seine Aktivitäten reduziert und setzt de facto kaum noch internationale Mitarbeiter in Somalia ein (AA 02.04.2020). Die Gesundheitsbehörden haben gestern in Puntland und Somaliland eine Polio-Kampagne gestartet, um mehr als 940 000 Kinder unter fünf Jahren zu impfen, um einen anhaltenden Ausbruch eines Poliovirus-Stamms zu stoppen. Die Kampagne läuft vom 24. bis 27.06.2019 mit Unterstützung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF). Es richtet sich an alle Kinder in den zwölf Distrikten in Somaliland und den neun Distrikte in Puntland (WHO 25.06.2019).

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Mehrere Gebiete in Somalia sind aufgrund langwieriger Konflikte, Klimaschock, Mangel an Wasser und Sanitäreinrichtungen und des schwachen öffentlichen Gesundheitssystems anfällig für Choleraepidemien. Das Bundesministerium für Gesundheit, die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und Partner setzen nachhaltige Lösungen zur Reduzierung von Ausbrüchen um. Im Jahr 2017 sah sich Somalia mit über 78.000 gemeldeten Fällen, darunter 1.159 Todesfällen, mit einem der größten Choleraausbrüche konfrontiert. Seitdem haben verbesserte Möglichkeiten innerhalb des Gesundheitssystems Cholera zu erkennen, zu behandeln und zu verhindern, die Cholera unter Kontrolle gehalten. In diesem Jahr wurden aus 25 Distrikten bisher nur 1.040 Fälle von Choleraverdacht in den Einzugsgebieten der Flüsse Juba und Shabelle gemeldet, darunter ein damit in Zusammenhang stehender Todesfall. Diese Fortschritte müssen jedoch durch Investitionen in nachhaltige Lösungen zur Minimierung wiederkehrender Cholera-Bedrohungen aufrechterhalten werden. Die Gesundheitsbehörden Somalias und die WHO führen, mit Unterstützung von UNICEF, Gavi, der Impfallianz und der Global Task Force für Cholerakontrolle, eine der größten Impfkampagnen Afrikas mit oralen Cholera-Impfstoffen (OCV) durch. In der ersten Runde der Kampagne, die vom 22.06 bis 28.06.2019 in Hochrisikogebieten durchgeführt wurde, wurden über 621.800 Kinder ab einem Jahr geimpft, um das Risiko der Krankheit bei gefährdeten Bevölkerungsgruppen zu eliminieren und ein Wiederauftreten von Choleraausbrüchen im Land zu verhindern (UN OCHA 31.07.2019). Vom 03. bis 12.05.2020 stieg die Zahl der COVID-19 Fälle von 722 auf 1.089 mit 52 Toten und 121 Genesenen. Die meisten neuen Fälle werden in der Region Banadir gemeldet, was sie zum Epizentrum der Pandemie macht. Allerdings gibt es immer mehr gemeldete Zahlen in Somaliland, Puntland, Galmudug, Hirshabelle, South West State und Jubaland. Im Bundesstaat Hirshabelle bestehen nach wie vor Bedenken hinsichtlich des Mangels an Isolationszentren, Tests, Beatmungsgeräten und anderen Geräten für Fallmanagementdienste und Schulungen für medizinisches Fachpersonal. Von Überschwemmungen betroffenen Menschen benötigen Identifikationsmaßnahmen inklusive „social distancing“ und COVID-19-Präventionsbotschaften. In den vom ICRC (Anmerkung: Internationalen Komitee vom Roten Kreuz) unterstützten medizinischen Versorgungskliniken wurden 19.470 Gesundheitsförderungssitzungen in Zehnergruppen von Gesundheitspersonal und religiösen Führern organisiert, wobei 186.004 Personen vor allem in Banadir, Lower Juba, Gedo, Hiraan, Lower Shabelle, Middle Shabelle und Galgadud teilnahmen; 1.035 Sitzungen, an denen 5.652 Personen teilnahmen, wurden auf Krankenhausebene abgehalten. In Haftanstalten bieten das ICRC und die Somalia Red Crescent Society (SRCS) Informationsveranstaltungen über COVID-19-Prävention, Plakate

- 43 - und andere Materialien für Häftlinge, Gefängnispersonal und Manager an. Telefone und SIM-Karten werden bereitgestellt, damit die Inhaftierten den Kontakt zu ihren Familien aufrechterhalten können, wenn Familienbesuche ausgesetzt wurden. In der Region Hiraan verteilte Save the Children 2.000 Hygiene-Pakete zur Bekämpfung von COVID-19 in IDP (Anmerkung: Binnenvertriebene) Standorten in Hawo Tako und Kooshin und chlorierte 44 Wasserquellen in der Stadt Belet Weyne (UN OCHA update 05 12.05.2020). Am 28.05.2020 gab es in Somalia 1.731 bestätigten COVID-19-Fälle mit 67 Todesfällen und 265 Genesenen. Die Region Banadir ist das Epizentrum der Pandemie mit 1.126 Fällen, 43 Todesfällen und 225 Genesenen; gefolgt von Somaliland mit 225 Fällen, 16 Todesfällen und 21 Genesenen. Der Staat Hirshabelle verzeichnete die bisher niedrigsten Zahlen: neun Fälle und einen Todesfall. Die Fälle nehmen während einer Zeit zu, in der Somalia mit Überschwemmungen zu kämpfen hat, von denen fast eine Million Menschen betroffen sind und von Wüstenheuschrecken, die in Somaliland, Puntland und Galmudug Ernten und Weiden verschlingen; womit eine dreifache Bedrohung gegeben ist. Es wächst die Sorge, dass sich das Virus auf IDP-Siedlungen und unter Gesundheitspersonal ausbreiten könnte. Laut UNHCR wurden am 17.05.2020 ein Binnenvertriebener und ein Flüchtling positiv auf COVID-19 getestet. Der Binnenvertriebene wurde zu Hause in einem IDP-Lager unter Quarantäne gestellt und der Flüchtling in ein Krankenhaus eingeliefert. Laut WHO hat das Virus Schwächen in der Fähigkeit des somalischen Gesundheitssystems offenbart, auf einen Ausbruch dieser Größenordnung zu reagieren. Obwohl verschiedene Maßnahmen ergriffen wurden, um die Auswirkungen zu mildern, hat sich die Rückverfolgung der Quellen lokal übertragener Fälle als schwierig erwiesen. Die Situation wird durch gesellschaftliche Normen, kulturelle Praktiken und eine hohe Bevölkerungsdichte in Großstädten kompliziert. Nach Angaben der WHO handelt es sich bei den meisten COVID-19-Todesfällen im Martini- Krankenhaus in Mogadischu um ältere Patienten und Menschen mit chronischen Erkrankungen, auf die das Virus zu Hause von anderen Familienmitgliedern übertragen wurde. Das Bundesministerium für Gesundheit und IOM habe #SomaliaRespons gestartet, eine Kampagne, um Spenden zu sammeln, um Leben zu retten und die Ausbreitung von COVID-19 einzudämmen. Mit dem Erlös werden das Martini-Krankenhaus und andere Gesundheitseinrichtungen mit Medikamenten, Laborgeräten, Prüfgeräten und Zubehör, persönlicher Schutzausrüstung (Personal Protection Equipments - PPEs), biomedizinischen Geräten (Beatmungsgeräten, Sauerstoffgeräten, …) Humanressourcen und Krankenwagen unterstützt. In Bundesstaat Südwest (South West State - SWS) wurden vier integrierte Reaktionsteams ausgebildet und eingesetzt: 50 Personen in der Bay-Region, 14 in Bakool und 25 in Lower Shabelle. Darüber hinaus wurden 89 integrierte Überwachungsteams der Gemeinschaft vom Gesundheitsministerium, der WHO und UNICEF ausgebildet und in den

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Distrikten Baidoa, Baraawe, Marka und Ceel Barde eingesetzt. Darüber hinaus wurden Isolationszentren in Baidoa (65 Betten), Afgooye (12 Betten), Hudur (zwei), Marka (15) und Baraawe (20) eingerichtet. In den Bezirken Buur Hakaba und Ceel Barde werden weitere Isolationszentren eingerichtet. In den Isolationszentren mangelt es jedoch an wichtigen medizinischen Hilfsgütern und -ausrüstungen, insbesondere Sauerstoffgeräten. Mit Unterstützung des UNDP und des Büros des Premierministers führte die somalische Nationalarmee in Mogadischu eine einwöchige Aufklärungskampagne mit speziell ausgebildeten Armeesanitätern, Lautsprechern und einem COVID-19-Bus in IDP-Lagern, Märkten und anderen überfüllten Gebieten durch. Sanitäter verteilten auch Masken und führten COVID-19-Tests durch. Das UNDP kündigte auch die Teilnahme des somalischen Prominenten Aar Manthaa an der COVID-19-Sensibilisierungskampagne an, veröffentlichte das erste COVID-19-Gedicht des berühmten Dichters Naima und begann, Botschaften von hochrangigen religiösen Persönlichkeiten auf 28 Radiosendern landesweit zu senden. Fast 1.400 COVID-19 Sicherheitsinformationsbroschüren wurden für die somalische Polizei in Banadir gedruckt, einschließlich Empfehlungen, wie die Ausbreitung unter den Beamten verhindert und die Zahl der Festnahmen verringert werden kann. Darüber hinaus unterstützte das UNDP das Bundesministerium für Stiftungen und religiöse Angelegenheiten bei der Einführung seiner ersten Website, neuer Richtlinien für sichere Bestattungen und Phase 2 der Sensibilisierungskampagne „Geistliche gegen COVID-19“. Gemeinsam mit der Generalstaatsanwaltschaft in Somaliland arbeitet das UNDP an Kriterien für die Freilassung humanitärer Gefangener. Das Bundesgesundheitsministerium hat in Partnerschaft mit WhatsApp und Infobid einen kostenlosen Coronavirus-Informationsdienst gestartet. Benutzer können auf den Dienst zugreifen, indem sie die Nummer +252613600700 zu ihren Telefonen hinzufügen oder auf htps://bit.ly/MoHSomalia klicken. Im ganzen Land wurden auf 21 Radiosendern Radiospots ausgestrahlt, die COVID-19-Präventionsmaßnahmen hervorheben und laut UNICEF schätzungsweise 10 Millionen Menschen erreichen. Darüber hinaus wurden 25.000 Plakate zur COVID-19-Prävention in Mogadischu verteilt und über 30 Plakatwände im ganzen Land aufgestellt. Zwei TV-Talkshows wurden über COVID-19 Prävention und Kontrolle Bewusstsein durchgeführt, und Gerüchte und Stigmatisierung zu einzudämmen. Der Camp Coordination and Camp Management (CCCM)-Cluster (hat etwa eine Million Binnenvertriebene in 852 IDP-Camps von über 2.000, die in Somalia mit COVID- 19-Informationen existieren, erreicht. Eine Folgebewertung ergab, dass 98 Prozent der befragten Binnenvertriebenen von COVID-19 und der Bedeutung der Verhinderung der Übertragung des Virus gehört haben. Angesichts der Tatsache, dass das Übertragungsrisiko in den überlasteten Binnenvertriebenen-Standorten am höchsten ist, hat das UNHCR 260 Führungskräfte im Binnenvertriebenensystem geschult, um ihre Kapazitäten zur Vermeidung

- 45 - und Reaktion auf Ängste wegen COVID-19 in ihren IDP-Standorten zu erhöhen. UNHCR verwaltet auch 10 Telefonleitungen, die Menschen anrufen können, um Hilfe zu beantragen oder mehr Informationen über COVID-19 zu erhalten. Der Schutzcluster hat mit Unterstützung nationaler NGOs und Radio Ergo Leitlinien für die Risikokommunikation mit marginalisierten Gemeinschaften entwickelt. Inzwischen hat IOM 1.671 Menschen erreicht, die mit COVID-19-Nachrichten nach Somalia ein- und ausreisen. Am Wajale-Einstiegspunkt an der somalisch-äthiopischen Grenze wurden sechs Gesundheitsfachleute geschult, um COVID-19-Sensibilisierungskampagnen durchzuführen. Die Ergebnisse einer Bewertung, die am 13. und 16. April von Save the Children International mit dem Titel „Somali Risk Communication and Community Engagement Rapid Assessment Report“ durchgeführt wurde, zeigen, dass 94 Prozent der Befragten von COVID-19 gehört haben. Die meisten haben über Funk, Familie und Freunde und Community-basierte Netzwerke von dem Virus gehört und das Händewaschen als die wichtigste Form der Prävention identifiziert. Es gab jedoch bedenkend, dass Kinder und Menschen mit Behinderungen von Sensibilisierungskampagnen und Zugang zu Informationen über COVID-19 ausgeschlossen wurden. Etwa 10 Prozent der Menschen, die in IDP-Umgebungen (IDP, Flüchtlinge oder Rückkehrer) lebten, gaben an, nichts von COVID-19 gehört zu haben. Die WHO hat Gesundheitspersonal im Martini-Krankenhaus in Mogadischu in der Fallverwaltung und Infektionskontrolle geschult und hilft bei der Automatisierung von Patientenregistrierungssystemen. Das Krankenhaus hat auch Lieferungen erhalten, einschließlich PPEs von IOM, UNFPA und USAID. Es verfügt über 20 Intensivstationen. Die WHO unterstützt außerdem 13 weitere Isolationszentren im ganzen Land mit medizinischer Versorgung, Ausbildung und Budgets für Gehälter. UNICEF und WHO bildeten 205 Partner des Gesundheitsclusters (27 weibliche, 143 männliche) in COVID-19 und kommunalen Gesundheitspersonal-Fallmanagement, Infektionsbekämpfungsmaßnahmen und der Fortsetzung wesentlicher Gesundheitsdienste aus. Die UNICEF-Partner haben seitdem die Schulungen in Gesundheitseinrichtungen für 322 Mitarbeiter (149 weiblich, 173 männlich) kaskadiert und weitere 89 medizinische Mitarbeiter an vorderster Front (45 weibliche, 44 männlich) in den Protokollen zur Bekämpfung von Infektionen geschult. UNICEF erhielt 3.375 Flaschen Handdesinfektionsmittel und 10.983 Riegel Seife, die an Gesundheitseinrichtungen zur Unterstützung der Infektionsprävention verteilt werden sollen. Die IOM übergab PPEs, einschließlich Thermometern, Handschuhen, Gesichtsmasken, Kleidern und Desinfektionsmitteln, an das Gesundheitsministerium des Bundesstaates Südwest, die von Mitarbeitern, die an den Eingangsstellen überprüft werden, verwendet werden können. Es lieferte auch Sauerstoffgeräte für die Referral (Anmerkung: Überweisung) Isolationseinheit. UNICEF hat seit dem Aufkommen der Pandemie 559.747 Menschen in ganz Somalia erreicht,

- 46 - die kritische Wasch-Versorgung haben, da dies die Einsätze verstärkt. Die Zahl umfasst 310.800 Menschen, die in den letzten zwei Wochen mit Hygiene-Kits und Notwasserversorgung erreicht wurden. UNHCR berichtet, dass über 1.700 Frauen und Mädchen im reproduktiven Alter Sanitärmaterialien erhalten haben, um ihre Bewegung und Exposition gegenüber COVID-19 zu minimieren. NRC hat Bargeld für den Kauf von Hygiene- Kits für 2.135 Haushalte in den Distrikten Dhuusamarreeb und Cadaado im Bundesstaat Galmudug zur Verfügung gestellt. Die unmittelbaren Wasch-Lücken im Baidoa Isolation Centre wurden durch Wassertransporte, den Bau eines erhöhten Turms, die Bereitstellung von Seife/Chlor und Unterstützung bei der Abfallbewirtschaftung behoben. Bislang fehlt es in fünf der sechs Isolationszentren im Südwesten des Bundesstaates an ausreichenden Wasch-Einrichtungen (UN OCHA update 07 28.05.2020). (UNSC, UN Security Council, Bericht des UNO-Generalsekretärs, Bericht zur Lage in Somalia, S/2020/398, 13.05.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2030188/S_2020_398_E.pdf Accord, Anfragebeantwortung zur Somalia, Mogadischu: Sozioökonomische Lage, Zahl a- 11167, 31.01.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2030128/a-11167.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 06.04.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2027827/briefingnotes-kw15-2020.pdf UN OCHA, UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia, update 05, Covid-19 Auswirkungen 12.05.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029898/COVID+- 19+Impact+Update+5+o.pdf WHO, World Health Organization, WHO und UNICEF rufen Somalier zur Impfung ihrer Kinder gegen Kinderlähmung auf, 25.06.2019, http://www.emro.who.int/som/somalia-news/who- and-unicef-somalia-and-partners-call-on-all-somalis-to-vaccinate-children-against-polio.html AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2020, 02.04.2020 UN OCHA, UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia, Humanitarian Bulletin, 01.07.2019 bis 31.07.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2014046/July+2019+Humanitarian+Bulletin-Final.pdf UN OCHA, UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia, COVID-19 Auswirkungen, update 07, 28.05.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2030571/Impact+Update+26+May+2020+-+publish.pdf U.K. Government, Somalia travel advice, updated 11.06.2020, immer noch gültig am 15.06.2020, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/somalia)

Rückkehr

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Bis 29.02.2020 sind 91.673 Flüchtlinge in die Bundesrepublik Somalia zurückgekehrt. Diese Zahl umfasst 84.974 freiwillige Rückführer aus Kenia und 5.221 unterstütze, spontane Rückkehrer aus dem Jemen sowie 1.478 Rückkehrer aus anderen Staaten, wie etwa Dschibuti, Libyen, Sudan, Eritrea, Angola, Tunesien, Gambia, China, Kambodscha sowie weiteren Ländern. Somalische Flüchtlinge aus diesen oder anderen Ländern, die spontan ohne Unterstützung von UNHCR zurückkehren, wurden mitgezählt (UNHCR 30.03.2020). ad a) Somalia Die Zahl der von westlichen Staaten zurückgeführten somalischen Staatsangehörigen nimmt stetig zu. Mit technischer und finanzieller Unterstützung haben sich verschiedene westliche Länder über die letzten Jahre hinweg für die Schaffung und anschließende Professionalisierung eines speziell für Rückführung zuständigen Returnee Management Offices (RMO) innerhalb des Immigration and Naturalization Directorates (IND) eingesetzt. Das RMO hat für alle Rückführungsmaßnahmen nach Somalia eine einheitliche Prozedur festgelegt, die konsequent zur Anwendung gebracht wird. Nach vorliegenden Erkenntnissen werden Rückkehrer vom RMO/der IND grundsätzlich mit Respekt behandelt. Das RMO führt mit den rückgeführten Personen nach deren Ankunft in Mogadischu grundsätzlich ein Interview durch, um deren Identität, Nationalität, Familienbezüge sowie den gewünschten zukünftigen Aufenthaltsort zu klären. Ggf. werden eine Unterkunft und ein innersomalischer Weiterflug organisiert und bezahlt, die Rechnung begleichen die rückführenden Staaten. Staatliche Repressionen sind nicht die Hauptsorge der Rückkehrer, sondern – wie oben beschrieben – die allgemeine Sicherheits- und Versorgungslage sowie mögliche Übergriffe von bewaffneten Gruppen, unter anderem von al-Schabaab. Es gibt keine Aufnahmeeinrichtungen für unbegleitete Minderjährige. Es gibt nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes Rückübernahmeabsprachen (MoUs) mit Belgien, Norwegen und Großbritannien, wobei die beiden letzteren Vereinbarungen nicht öffentlich kommuniziert werden. Der erste Entwurf einer Nationalen Strategie für Migranten, Asylwerber und Flüchtlinge nimmt Bezug auf mögliche Rückübernahmeabkommen im Rahmen des Khartum- Prozesses und Valetta Aktionsplans (AA 02.04.2020). In Mogadischu seien dem IOM-Bericht von Februar 2016 zufolge alle somalischen Clans vertreten, jedoch werde die Stadt von den Hawiye dominiert, insbesondere von den Subclans der Habargidir und Abgaal. Die Hawiye würden die größten Firmen betreiben und den Großteil der 17 Bezirke der Hauptstadt verwalten. IDP-Siedlungen seien entlang von Clanlinien organisiert. Den Großteil der IDPs würden Angehörige der Rahanweyn und von Minderheitenclans bilden. Der IIED-Bericht vom Oktober 2019 erwähnt, dass in Mogadischu die ethnische Identität gegenüber den anderen beiden untersuchten Städten am wichtigsten sei. Die somalische Gesellschaft sei in eine komplizierte Clan-Hierarchie unterteilt.

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Verschiedene Clans würden Bezirke, Grundstücke und Geschäfte kontrollieren und die meisten Aspekte des somalischen Lebens beeinflussen. Jedoch gebe es innerhalb der somalischen Gesellschaft außerhalb des Clansystems verschiedene ethnische Minderheiten, die von bedeutender Diskriminierung betroffen seien (etwa Bantu). In Mogadischu seien die Verbindungen zwischen Ethnizität und der räumlichen Verteilung der Bevölkerung zentral für die Spannungen betreffend Sicherheit des Besitzes („security of tenure“), urbane Entwicklung und Räumungen. Der Kern des Themas sei der Status der Langzeit-IDPs innerhalb der Stadt, da viele von diesen Minderheitenclans und ethnischen Minderheiten angehören würden. IDPs, die in Mogadischu ankommen würden, würden im Allgemeinen in Gebiete ziehen, wo sie über Verwandte und Netzwerke verfügen würden (und daher über Verbindungen zu Clans oder Ethnien). Empfehlungen und Mundpropaganda seien ein entscheidender Faktor hinsichtlich des Ortes, wo sich IDPs niederlassen würden. Der Influx von IDPs werde in der Form wahrgenommen, als dass er an einigen Orten zu einem demographischen Wandel geführt habe. Die Clan-Konzentration habe sich verringert und die Bevölkerung sei „durchmischter“ als vor der Befreiung der Stadt im Jahr 2011. Einige Interviewpartner in Mogadischu hätten angegeben, dass die Akzeptanz von IDPs als Bewohner Mogadischus potentiell die politischen Aussichten der Stadt beeinflusse könnte, insbesondere hinsichtlich laufender Schritte in Richtung allgemeines Wahlrecht. Laut dem im Jänner 2019 veröffentlichten Artikel von IIED würden Bewohner der Siedlungen in Mogadischu angeben, dass sie vom formalen Banksektor ausgeschlossen seien. Sie würden nicht auf Banken zurückgreifen, um Zugang zu den Mitteln zu erhalten, mit denen sie ihre Häuser bauen würden. Auch Mikrofinanzprogramme mit fünf- bis zehnprozentigen Gebühren seien keine Option. Stattdessen würde sich die große Mehrheit dieser Bevölkerungsgruppe auf persönliche Netzwerke verlassen. Sie würden von der Familie, Freunden, Verwandten im Ausland und innerhalb Somalias, entweder Bar oder über mobile Dienste, Geld borgen, um für Hausbaumaterialien aufzukommen. „Connections“ seien in der somalischen Gesellschaft zentral und würden formale Institutionen übertreffen, die für einen großen Teil der allgemeinen Bevölkerung nicht zugänglich seien. Laut dem IOM- Bericht vom Jänner 2019 würde der Großteil der befragten Rückkehrer (75 Prozent) über kein Produktionsvermögen verfügen und nur 10 Prozent würden Land besitzen. Folglich würden viele (49 Prozent) finanzielle Unterstützung aus ihrem persönlichen Netzwerk erhalten. Von den 21 Prozent, die sich Geld borgen würden, komme dieses Großteils von Freunden oder der Gemeinschaft. In dem im Jänner 2019 von IOM veröffentlichten und von Altai Consulting verfassten Bericht zu Rückkehrern wird erwähnt, dass, obwohl Arbeitgeber nicht explizit Rückkehrern diskriminieren würden, diese dennoch damit zu kämpfen haben könnten, Arbeit zu finden. Erstens würden Arbeitgeber dazu tendieren, Ausbildung und

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Fertigkeiten zu schätzen, über die Rückkehrer nicht verfügen könnten. Zudem würden sich Unternehmen oftmals auf informelle Rekrutierungskanäle verlassen, die kürzlich Zurückgekehrte davon abhalten könnten, von Arbeitsmöglichkeiten zu erfahren. Jedoch würden an allen untersuchten Orten die wichtigsten Bereiche (Einzelhandel, Dienste und Baugewerbe) oftmals nicht-ausgebildete Arbeiter benötigen und könnten daher für Rückkehrer passend sein. Zusätzlich scheine Selbstständigkeit und Unternehmertum trotz eingeschränktem Zugang zu Finanzierung in der Startphase großes Potential zu bieten. In Mogadischu gebe es den höchsten Prozentsatz von Unternehmen, die gegenwärtig einstellen würden (57 Prozent). Es gebe aber geringeren Zugang zu Einrichtungen. Dies stehe mit dem Thema Netzwerke in Verbindung. Es gebe mehr Internship-Programme. Es gebe weniger Kontakt mit technischen und beruflichen Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen. Es gebe mehr permanente Verträge, geringere Löhne und weniger Möglichkeiten für Arbeitern ohne Ausbildung. Obwohl die Aussichten für eine Anstellung von Rückkehrern ähnlich wie jene der allgemeinen Bevölkerung seien, seien sie nichtsdestotrotz gering, da die Hälfte nicht beschäftigt sei, so der IOM-Bericht weiter. Es gebe bedeutende regionale Unterschiede. In Kismayo seien 80 Prozent der Rückkehrer beschäftigt, während dieser Anteil in Mogadischu nur 10 Prozent betrage. Der Bericht weist jedoch darauf hin, dass dies möglicherweise an der unterschiedlichen Auswahl der Stichprobe liege. Zudem gebe es geschlechtsspezifische Unterschiede. Der Anteil der nicht beschäftigten Einzelpersonen liege für Frauen bei 55 Prozent, während jener von Männern bei 38 Prozent liege. Von jenen, die arbeiten würden, seien nur 19 Prozent Lohnarbeiter. Die restlichen seien selbstständig mittels Haushaltsunternehmen oder Farmen. Während der Großteil nur einen Job habe, dauere der durchschnittliche Arbeitstag neun Stunden und die Löhne seien gering. Das monatliche Medianeinkommen liege bei etwa 50 US-Dollar, was viel geringer als die 250 US- Dollar von Angestellten der befragten Unternehmen sei. Von jenen, die Lohnarbeiter seien, würden 69 Prozent im informellen Sektor arbeiten und Jobs wie Bauarbeiter, Reinigungskraft und Verkäufer ausüben. Ihre prinzipiellen Tätigkeitsfelder seien dieselben wie für Unternehmen (Bau, Einzelhandel und Dienste). Bildung und Alphabetisierung würden sich je nach Ort signifikant unterscheiden. Ein Großteil der Rückkehrer in Hargeisa, Kismayo und Mogadischu seien alphabetisiert. Es gebe keinen klaren Trend zwischen Bildung und Beschäftigung, obwohl dies damit in Zusammenhang stehen könnte, dass der Großteil der Rückkehrer im informellen Sektor arbeiten würde, wo Bildung nicht notwendigerweise so wichtig sei. Obwohl Rückkehrer über einige Fähigkeiten verfügen würden, sei die Beschäftigung gering, was darauf hindeute, dass ihre Fähigkeiten nicht vermarktbar seien. Rückkehrer seien sich bewusst, dass ihr Mangel an vermarktbaren Fähigkeiten ihre Wettbewerbsfähigkeit am Arbeitsmarkt verringere. 91 Prozent würden gerne weitere

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Fähigkeiten erwerben und dahingehend ausgebildet werden. Wirtschaftliche Wiedereingliederung sei vor dem Hintergrund der hohen Arbeitslosigkeit die Komponente mit dem geringsten Ausmaß. Nur 30 Prozent der Rückkehrer seien zufrieden oder sehr zufrieden mit ihrer wirtschaftlichen Lage. Dies scheine an mehreren Faktoren zu liegen, die zu einer Benachteiligung von Rückkehrern am Arbeitsmarkt führen würden. Trotz grundlegender Fähigkeiten würden Rückkehrer nicht über jenen Grad an Expertise verfügen, der von den Arbeitgebern gefordert werde. Rückkehrer hätten zudem aufgrund ihres eingeschränkten Zugangs zu informellen Rekrutierungskanälen Probleme, ihre Fähigkeiten zu vermarkten. Analphabetismus könne Rückkehrern ebenfalls hinsichtlich bestimmter Positionen disqualifizieren und sie davon abhalten, Zugang zu Arbeitsplätzen zu erlangen, die in Printmedien annonciert würden. Einige Rückkehrer hätten erwähnt, dass sie gesundheitliche Probleme hätten, die sie vom Arbeiten abgehalten hätten. Schließlich könnten auch Schwierigkeiten, sich in die Rückkehrgemeinde einzugliedern, Auswirkungen auf die Fähigkeit von Rückkehrer haben, Zugang zu Arbeitsmöglichkeiten zu erlangen. Jedoch würden jene, die ihre Rückkehrgemeinschaft in Bezug auf die Arbeitsaussichten gewählt hätten, wahrscheinlicher eine Beschäftigung haben (54 Prozent), im Gegensatz zu jenen, die das nicht getan hätten (46 Prozent). Obwohl der Unterschied statistisch nicht signifikant sei, könne dies ein Hinweis sein, dass der Zustand der örtlichen Wirtschaft bei der Arbeitssuche wichtiger sei als ein enges Unterstützungsnetzwerk. Hinsichtlich der Wiedereingliederung von Rückkehrern in Mogadischu erwähnt der Bericht folgende wichtigste Ergebnisse: In Mogadischu gebe es die geringste Integration hinsichtlich Beschäftigung und wirtschaftlicher Situation. Die Rückkehrer würden über weniger Fähigkeiten verfügen, jedoch sei der Zugang zu sozialen Diensten am höchsten. Die größte Nichtübereinstimmung gebe es bei beruflichen Fähigkeiten wie Unternehmensentwicklung und Management. Es herrsche eine Unterversorgung mit diesen Fähigkeiten, obwohl diese unter den häufigsten der Rückkehrer seien. Dies deute auf eine sehr hohe Nachfrage hin. Zudem seien Rückkehrer mit diesen Fähigkeiten wahrscheinlicher selbstständig, als dass sie für ein Unternehmen arbeiten würden. Es gebe zudem eine wachsende Nachfrage nach IT-Fähigkeiten, da Unternehmen in Somalia auf elektronische Aufzeichnungen umstellen würden. Quantitative Fähigkeiten, wie Rechenkenntnisse und Buchhaltung, seinen ebenso nachgefragt. Es gebe ein Überangebot an allgemeinen Profilen, da viele Rückkehrer grundlegende Kenntnisse in der Zubereitung von Nahrungsmitteln, von Näharbeiten und in der Landwirtschaft besitzen würden. Regional würden die allgemeinen Trends gelten, da Arbeitgeber nach Unternehmens- und IT- Fähigkeiten, sowie Fähigkeiten im Umgang mit Zahlen und Daten suchen würden (Accord 31.01.2020).

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(Accord, Anfragebeantwortung zur Somalia, Mogadischu: Sozioökonomische Lage, Zahl a- 11167, 31.01.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2030128/a-11167.pdf AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2020, 02.04.2020 UNHCR, UN High Commissioner for Refugees, Refugee returnees to Somalia at 29.02.2020, 30.03.2020, https://www.unhcr.org/news/press/2019/10/5db8299e4/somali-refugees- return-home-yemen-latest-unhcr-facilitated-departure.html)

2. Beweiswürdigung:

1. Die Identität des Beschwerdeführers (siehe Feststellungen 1.) kann mangels Vorlage eines staatlichen Identitätsdokuments mit Lichtbild nicht festgestellt werden. Die Feststellungen zu Staatsangehörigkeit, Glaube, Clanzugehörigkeit und Familienstand (siehe Feststellungen 1.) beruhen auf den Angaben des Beschwerdeführers.

Dass der Beschwerdeführer illegal in das Bundesgebiet einreiste und am 13.05.2015 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte (siehe Feststellungen 1.) ergibt sich aus den im Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl einliegenden Berichten österreichischer Behörden.

2. Die Feststellungen wonach der Beschwerdeführer in der Bundesrepublik Somalia keiner versuchten Zwangsrekrutierung oder physischer oder psychischer Gewalt durch al-Schabaab ausgesetzt war oder sein wird (siehe Feststellungen 2.), beruhen auf den insgesamt nicht glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers.

Der Beschwerdeführer machte sowohl hinsichtlich seiner Fluchtgeschichte als auch im Zusammenhang mit seinen Lebensumständen und seiner Ausbildung mehrfach nicht nachvollziehbare und unstimmige Aussagen und konnte aufgetretene Widersprüche nicht plausibel erklären bzw. entkräften.

Die Widersprüche im Vorbringen zeigten sich bereits zu Beginn der niederschriftlichen Befragung am 27.04.2017 als der Beschwerdeführer beispielsweise angab, alleine ausgereist zu sein, nur um kurz danach widersprüchlich zu behaupten, dass er mit einem Cousin und Freunden ausgereist sei: „…Am XXXX verließ ich allein mein Heimatland mit einem LKW nach Äthiopien […] Die Freunde mit denen ich ausreiste, einer war mein Cousin XXXX , kam aus einer sehr reichen Familie, die anderen beiden […]

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F: Haben Sie in Ihrem Heimatland derzeit Angehörige, wenn ja, geben Sie eine Erklärung dazu ab, in welchem Verwandtschaftsgrad Sie zu diesen Personen stehen? A: Ja, meine Familie lebt noch in Somalia…“ (niederschriftliche Befragung am 27.04.2017). Bei einem dermaßen dramatischen Umstand wie einer Flucht aus der Heimat weiß man, ob man diese alleine oder mit Verwandten/Freunden durchleben musste, wenn die Angaben der Wahrheit entsprechen würden.

Es erscheint nicht nachvollziehbar, dass lediglich der Beschwerdeführer als Einziger unmittelbar nach dem behaupteten Vorfall das Land verlassen haben soll, während seine ebenfalls von der al-Schabaab bedrohte Eltern und Geschwister im Heimatort verblieben. Der Beschwerdeführer gab dazu in seiner niederschriftlichen Befragung am 14.05.2013 an, dass sich seine Familienangehörigen weiterhin in seinem Dorf aufhalten würden und führte auf die Frage nach seinen Rückkehrbefürchtungen an, dass sowohl er als auch seine Familie von al-Schabaab zum Tode verurteilt worden seien. Auch in der niederschriftlichen Befragung im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wiederholte der Beschwerdeführer die gegen ihn und seine Familie gerichtete Todesdrohung: „…Angaben über Familienangehörige im ‚Herkunftsland oder Drittstaat: Mutter […] Vater […] Bruder […] Schwester […] alle in Somalia, XXXX […] Wann und womit haben Sie Ihre/n Heimat/Herkunftsstaat verlassen? Am XXXX […] Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat? Die Terror Miliz AL SHABAAB hat uns zum Tode verurteilt und zwar mich und meine Familie…“ (niederschriftliche Befragung am 14.05.2015). „…Dies ist der zweite Grund, dass Al Shabaab über uns und unsere Eltern das Todesurteil verhängt hat…“ (niederschriftliche Befragung am 27.04.2017). Vor diesem Hintergrund ist es nicht plausibel, dass die Eltern des Beschwerdeführers bei gleicher Gefährdungslage nicht einmal ihr Dorf verlassen haben sollen, während dies für den Beschwerdeführer der Anlass war auf einen anderen Kontinent zu reisen.

Auf diesbezügliche Rückfrage in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht fiel auf, dass der Beschwerdeführer die konkrete Frage zuerst nicht beantwortete, dann zum Wiederholen seiner Fluchtgeschichte ansetzte und schließlich – neu und widersprüchlich zu seinen bisherigen Angaben – vorbrachte, dass zunächst nur er zum Tode verurteilt worden sei und al-Schabaab nach seiner Ausreise seinen Vater aufgesucht und gewollt hätten, dass seine drei jüngeren Brüder mit ihnen mitgehen: „…R: Sie haben in der niederschriftlichen Befragung am 14.05.2015, in Gegenwart eines Dolmetschers Ihrer Muttersprache Somali, angegeben, dass Sie am XXXX Ihren

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Herkunftsstaat verlassen haben, Ihrer Eltern und 11 Geschwister aber immer noch in der Bundesrepublik Somalia in XXXX leben. Wenn die al-Schabaab nun aber Ihre ganze Familie zum Tode verurteilt hat, warum sind alle, außer Ihnen, zu Hause in XXXX geblieben? […] P: Ich habe im Februar 2015 das Land verlassen und bis zu meiner Ersteinvernahme hatte ich keinen Kontakt zu meiner Familie, daher wusste ich das damals noch nicht … R: Ich unterbreche Sie. Was ich nicht verstehe ist, warum Ihre Familie nicht sofort weggegangen ist, wenn sie von al-Schabaab zum Tode verurteilt wurde? P: al-Schabaab Wollte mich rekrutieren, aber … R: Ich unterbreche Sie. Bitte konzentrieren Sie sich auf meine Frage und beantworten Sie diese. Sie dürfen in Ruhe nachdenken. Meine Frage lautet: Warum ist Ihre Familie nicht sofort aus XXXX weggegangen, so wie Sie auch am XXXX ? P: al-Schabaab hat mich allein zuerst zum Tode verurteilt. Da ich dort weggegangen bin gingen sie zu meinem Vater und wollten, dass meine drei jüngeren Brüder mit ihnen mitgehen. Mein Vater hat sich geweigert…“ (Verhandlungsschrift Seite 13).

Diese Angaben stehen allerdings im Widerspruch zu den früheren Aussagen des Beschwerdeführers, der bis zu der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht zunächst gleichbleibend angegeben hatte, dass sowohl er als auch seine Familie von al-Schabaab zum Tode verurteilt worden wären. Auf weitere Unstimmigkeiten in seinem Vorbringen angesprochen, gab der Beschwerdeführer auf einmal an, dass er nicht glaube, dass er eine solche Äußerung bei seiner damaligen Einvernahme getätigt habe. An dieser Stellte wird allerdings angemerkt, dass der Beschwerdeführer die Rückübersetzung der damaligen Niederschrift mit seiner Unterschrift bestätigt, Verständigungsprobleme verneint und jede Seite der Niederschrift paraphiert hat. Es ist somit davon auszugehen, dass dem Beschwerdeführer etwaige unrichtige Angaben im Zusammenhang mit seinen Rückkehrbefürchtungen oder dahingehende Übersetzungsfehler aufgefallen wären: „…R: Zuvor haben Sie gesagt, dass Sie seit Ihrer Ausreise, bis zum ersten Interview keinen Kontakt zu Ihrer Familie hatten. Dennoch haben Sie bereits damals behauptet, im Gegensatz zu heute, dass Ihre Familie zum Tode verurteilt worden war. Jetzt geben Sie an das ist erst nach Ihrer Abreise passiert. P: Ein Freund von mir, namens Yussuf, hat den Kontakt zwischen mir und meiner Familie hergestellt, das war am 20.05.2015. R: Genau das ist das Problem. Ihr Interview war am 14.05.2015. Somit hätten Sie das noch gar nicht wissen können, wenn ich Ihren heutigen Angaben folge.

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P: Ich glaube nicht, dass ich damals am 14.05.2015 gesagt habe, dass ich und meine Familie zum Tode verurteilt wurden. R: Ich habe doch genau das zuvor vorgelesen und Sie haben es auch noch in der zweiten Befragung bestätigt. „…Was befürchten Sie bei einer Rückkehr in Ihre Heimat? Die Terror Miliz AL SHABAAB hat uns zum Tode verurteilt und zwar mich und meine Familie…“ (niederschriftliche Befragung am 14.05.2015 Seiten 03 und 06 bzw. Akt BFA Seiten 75 und 81) „…Dies ist der zweite Grund, dass Al Shabaab über uns und unsere Eltern das Todesurteil verhängt hat…“ (niederschriftliche Befragung am 27.04.2017 Seite 08 bzw. Akt BFA Seite 156) Anmerkung: P wird immer nervöser, rutscht auf dem Stuhl hin und her und leckt die Lippen. P: Ich weiß es nicht, aber ich glaube bei der Ersteinvernahme habe ich gesagt, dass nur ich Angst vor der al-Schabaab habe. Nachdem ich mit meiner Familie Kontakt hatte, habe ich vor dem BFA gesagt, dass wir, meine Familie und ich, zum Tode verurteilt wurden…“ (Verhandlungsschrift Seite 13f).

Auch in Zusammenhang mit dem Aufenthaltsort seiner Familie machte der Beschwerdeführer widersprüchliche Angaben. So führte er in der niederschriftlichen Befragung am 27.04.2017 noch aus, dass sich seine Familie noch in der Bundesrepublik Somalia, genauer in XXXX , aufhalte und er am 05.04.2017 mit seinen Eltern telefoniert habe. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung führt er aus, dass sich seine Familie seit Juni 2017 in Äthiopien aufhalte und gab – auf weitere Nachfrage – dann widersprüchlich an, dass diese bereits im Juni 2015 nach Äthiopien gefahren sei: „…R: Wissen Sie wo sich Ihre Familie derzeit aufhält? P: Ja, in Äthiopien. R: Seit wann? P: Seit Juni 2017. R: Wann ist Ihre Familie von XXXX weggegangen? P: Ein Monat nach meiner Ausreise. Sie sind nach XXXX gegangen, dort lebten sie in einem Lager namens XXXX . Von März 2015 bis Juni 2015 haben sie in diesem Lager gelebt, und im Juni 2015 sind sie nach Äthiopien gefahren…“ (Verhandlungsschrift Seite 11f).

Schließlich fällt auf, dass der Beschwerdeführer noch in seiner niederschriftlichen Befragung im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zum Grund für den Wegzug aus ihrem Heimatdorf davon sprach, dass diese aufgrund der Dürre Tiere verloren hätten und in einem Flüchtlingslager seien, wo sie auf internationale Hilfe angewiesen seien: „…Wo hält sich Ihre Familie genau auf? Können Sie die genaue Adresse bekannt geben?

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A: Ich habe gehört, dass sie in einem Flüchtlingslager in XXXX sind das XXXX heißen soll. Nachgefragt gebe ich an, dass mir das einer meiner Freund erzählt hat, der in XXXX lebt, über Facebook erzählt hat. […] Den letzten Kontakt zu meiner Familie hatte ich am 05.04.2017, da sprach ich mit meinen Eltern über das Telefon eines Freundes. Sie schilderte mir, dass sie aufgrund der Dürre ihre Tiere verloren hätten und nun auf internationale Hilfe angewiesen sind…“ (niederschriftliche Befragung am 27.04.2017). Dass die Familie das Dorf wegen al-Schabaab verlassen habe, ergibt sich aus diesen Angaben nicht. Erst auf diesbezüglichen Vorhalt wiederholte der Beschwerdeführer sein neues Vorbringen, wonach sein Vater das Dorf aufgrund der Weigerung, drei Söhne der al-Schabaab zu überlassen, verlassen habe: „…R: Sie haben in der niederschriftlichen Befragung am 27.04.2017 angegeben, dass Ihre Familie wegen der Dürre in XXXX sei und nicht wegen al-Schabaab: […] P: Mein Vater hat das Dorf verlassen, weil er sich weigerte meine 3 Brüder al-Schabaab zu überlassen…“ (Verhandlungsschrift Seite 14).

Abgesehen von diesen unstimmigen Angaben machte der Beschwerdeführer zahlreiche widersprüchliche Angaben betreffend seinen Schulbesuch. So führte er unterschiedliche Namen der angeblich von ihm besuchten Schulen an, erwähnte den jahrelangen Besuch einer Koranschule zunächst gar nicht, gab dann an, er sei von seinem Onkel zu Hause unterrichtet worden und konnte schließlich nicht gleichbleibend angeben, ob er und seine Geschwister teilweise gemeinsam in einer Klasse gewesen seien oder unterschiedliche Klassen besucht hätten.

Auch wenn der Rechtsanwalt des Beschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung einen Zeitungsbericht vom 28.02.2018 vorlegte, wonach der Heimatort des Beschwerdeführers durch somalische Streitkräfte von al-Schabaab befreit wurde, ohne dass daraus hervorgeht, wie lange sich al-Schabaab davor dort aufhielten, ist dieser nicht geeignet das unglaubwürdige Vorbringen des Beschwerdeführers zu angeblichen Ereignissen im Jahr 2015 zu unterstützen, da darin nicht auf das konkrete Vorbringen des Beschwerdeführers Bezug genommen wird.

In einer Gesamtbetrachtung geht das Bundesverwaltungsgericht sohin davon aus, dass der Beschwerdeführer nie Kontakt zu bzw. Probleme mit al-Schabaab hatte und von al-Schabaab zu befürchten hat. Dem gesamten Vorbringen zu den angeblichen fluchtauslösenden Vorfällen in der Bundesrepublik Somalia ist angesichts der (oben exemplarisch dargestellten) Widersprüche in seinem Vorbringen die Glaubwürdigkeit zu versagen und es ist davon

- 56 - auszugehen, dass der Beschwerdeführer dieses als Vorwand wegen seiner Ergreifung nach seiner illegalen Einreise in Österreich bzw. zur Umgehung der fremdenrechtlichen Vorschriften erfunden hat.

3. Die Feststellungen zur Situation des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat (siehe Feststellungen 3.) ergeben sich aus seinen Angaben im Rahmen der niederschriftlichen Befragung vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl und der Beschwerdeverhandlung. Hatte er in der niederschriftlichen Befragung am 14.05.2015 noch angegeben, dass sein zuletzt ausgeübter Beruf XXXX , war, gab er am 27.04.2017 an, dass er von XXXX von Verwandten gearbeitet habe. Dass dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit drohen würde oder er Gefahr liefe, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten, muss nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht befürchtet werden. Der Beschwerdeführer brachte zu keinem Zeitpunkt vor, dass er in der Bundesrepublik Somalia an Hunger gelitten oder Schwierigkeiten gehabt habe, notwendige Lebensbedürfnisse zu befriedigen.

Wenn eine angespannte Versorgungssituation, auch in der Region XXXX , vorliegt, so gehört der Beschwerdeführer als junger und gesunder Mann, der dem Mehrheitsclan der Hawiye zugehörig ist, keiner vulnerablen Personengruppe an, weshalb angesichts seiner individuellen Umstände nicht erkannt werden kann, dass sich die angespannte Versorgungslage gerade in Bezug auf seine Person in einem Ausmaß auswirken wird, welches ihn in eine als unmenschlich oder erniedrigend zu bezeichnende Lebenssituation versetzen würde. XXXX ; siehe dazu auch zu Spruchpunkt II.

4. Die Feststellungen zur Situation des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gründen sich auf seine Angaben im Verfahren, den vorgelegten Unterlagen sowie auf Abfragen in den entsprechenden amtlichen österreichischen Registern (Zentrales Melderegister, Zentrales Fremdenregister, Grundversorgungs-Informationssystem, Strafregister). Von den beim Beschwerdeführer vorhandenen Deutschkenntnissen konnte sich das Bundesverwaltungsgericht ferner in der Beschwerdeverhandlung überzeugen; siehe dazu auch zu Spruchpunkt III.

5. Die Feststellungen zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers (siehe Feststellungen 5.) beruhen auf dem in der Beschwerdeverhandlung dargetanen Dokumentationsmaterial und etwas aktuelleren Berichten derselben Quellen. Die Parteien

- 57 - des Beschwerdeverfahrens haben keinen Einwand gegen die Heranziehung dieser Informationsquellen (deren Inhalt sich seit der letzten Beschwerdeverhandlung nicht entscheidungswesentlich geändert hat) erhoben. Die herangezogenen Berichte und Informationsquellen stammen hauptsächlich von staatlichen Institutionen oder diesen nahestehenden Einrichtungen und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, Zweifel an deren Objektivität und Unparteilichkeit aufkommen zu lassen. Die inhaltlich übereinstimmenden Länderberichte befassen sich mit der aktuellen Lage in der Bundesrepublik Somalia.

In seiner schriftlichen Stellungnahme vom 09.06.2020 zitiert der Beschwerdeführer zur aktuellen Lage aus den UN OCHA Berichten update 04 vom 04.05.2020 und update 06 vom 24.05.2020. Dazu ist anzuführen, dass die genannten Berichte gerichtsbekannt sind, das Bundesverwaltungsgericht jedoch in seinen Länderfeststellungen auch das update 05 12.05.2020 herangezogen hat, vor allem aber den aktuelleren UN OCHA Bericht update 07 vom 28.05.2020 sowie ebenfalls aus dem Accord Bericht vom 15.04.2020 zitiert (siehe dazu Länderfeststellungen 5.). Wenn zudem aus einem erstinstanzlichen Bescheid vom 03.02.2020 im Verfahren eines anderen Asylwerbers zitiert wird, ist dazu auszuführen, dass darin aus Länderfeststellungen aus dem Jahr 2018 zitiert wird und jeder Einzelfall konkret und individuell zu prüfen ist, weshalb diese zusammenhanglos zitierten Auszüge nicht einfach für dieses Verfahren übernommen werden konnten. Zudem berücksichtigt das Bundesverwaltungsgericht in den Länderfeststellungen ohnehin den in der Stellungnahme genannten UNSC Bericht vom 13.05.2020, allerdings im Gegensatz zum kurzen englischsprachigen Zitat des Beschwerdeführers, viel ausführlicher in der Amtssprache Deutsch (siehe auch dazu Länderfeststellungen 5.).

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Zu Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl

In Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen.

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten

- 58 - zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definiert, dass als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind (§ 11 Abs. 1 AsylG).

Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt (siehe Beweiswürdigung 2.), entspricht das Vorbringen des Beschwerdeführers zu sämtlichen angeblichen Vorfällen im Herkunftsstaat nicht den Tatsachen. Da der Beschwerdeführer keine wohlbegründete Furcht vor asylrelevanter Verfolgung in seinem Herkunftsstaat glaubhaft machen kann, ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des gegenständlichen Bescheides abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl

In Spruchpunkt II. des Bescheides wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bundesrepublik Somalia gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen.

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigen einem Fremden zuzuerkennen,

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1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder 2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden (§ 8 Abs. 2 AsylG).

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

Der Verwaltungsgerichthof hat in seinem Erkenntnis vom 21.05.2019, 2019/19/0006-3, unter Bezugnahme auf das Erkenntnis vom 06.11.2018, 2018/01/0106, zusammengefasst klargestellt, dass § 8 Abs. 1 AsylG, auch wenn er nicht der Statusrichtlinie entspricht, anzuwenden ist.

Vor dem Hintergrund der genannten Erkenntnisquellen und den darauf basierenden Feststellungen finden sich weder Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat mit der in diesem Zusammenhang maßgeblichen Wahrscheinlichkeit einer Gefährdungssituation im Sinne des § 8 Abs. 1 AsylG ausgesetzt sein wird noch, dass „außergewöhnliche Umstände“ der Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat entgegenstehen. Es lässt sich in diesem konkreten Fall nicht ersehen, dass es dem Beschwerdeführer in der Bundesrepublik Somalia an der notdürftigsten Lebensgrundlage fehlen würde (siehe dazu auch Beweiswürdigung 3.).

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt keineswegs die generell angespannte Lage in der Bundesrepublik Somalia (siehe Länderfeststellungen 5.), allerdings reicht die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art. 3 EMRK nicht aus.

Wenn in der Stellungnahme vom 09.06.2020 auf die COVID-19 Situation verwiesen wird, ist dazu unter Berücksichtigung der Länderfeststellungen (siehe Feststellungen 5. medizinische

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Versorgung), in diesem konkreten Fall nicht davon auszugehen, dass der Gesundheitszustand des jungen, gesunden Beschwerdeführers dadurch automatisch lebensbedrohlich beeinträchtigt würde. Wie aus den Feststellungen zusammengefasst hervorgeht, wurde in der Bundesrepublik Somalia, einem Staat mit ca. 11, 7 Millionen Einwohnern, am 16.03.2020 der erste Fall der COVID-19 bestätigt und am 28.05.2020 gab es in der Bundesrepublik Somalia 1.731 bestätigten COVID-19 Fälle mit 67 Todesfällen und 265 Genesenen. Zur Unterstützung der Regierungsbemühungen haben Einrichtungen der Vereinten Nationen und Partner am 23.04.2020 einen COVID-19 Vorbereitung- und Reaktionsplan beschlossen, der 689 Millionen US-Dollar, für direkte öffentliche Gesundheit und die indirekten, unmittelbaren, humanitären und sozioökonomischen Folgen dieser Krankheit, vorsieht. Die Regierung hat verschiedene Schritte unternommen, um die Ausbreitung der COVID-19- Pandemie zu stoppen. Flüge wurden mit Ausnahme von humanitären Flügen ausgesetzt, Hotels entlang des Lido-Strandes in Mogadischu, wo sich normalerweise hunderte von Familien an den Wochenenden versammeln, wurden geschlossen. Öffentliche Schulen, religiöse Schulen und Universitäten wurden ebenfalls geschlossen. Die Region Banadir ist das Epizentrum der Pandemie mit 1.126 Fällen, 43 Todesfällen und 225 Genesenen, der Beschwerdeführer stammt aber nicht von dort, sondern aus der mehr als XXXX entfernten Region XXXX .

Sollte der Beschwerdeführer nicht wieder über Äthiopien (zurück)reisen wollen, könnte auch – sobald die Einschränkungen des Flugverkehrs wegen COVID-19 wieder aufgehoben werden - über den internationalen Flughafen in XXXX in seine Heimat zurückkehren und dort auf Grund der für ihn sehr günstigen Clanstrukturen bleiben bzw. sich von seinem in XXXX mächtigen und dominanten Clanangehörigen beim Aufbau einer Existenz unterstützen lassen. Er könnte aber auch von dort weiter zum XXXX reisen.

Wenn der Beschwerdeführer nach Aufhebung der Flugbeschränkungen wegen COVID-19 über XXXX , in seinen Heimatort in XXXX zurückkehren, oder stattdessen lieber in XXXX bleiben und dort eine Existenz aufbauen sollte, ist zu berücksichtigen, XXXX handelt (siehe Feststellungen 5. medizinische Versorgung). Das Bundesministerium für Gesundheit und IOM haben eine Kampagne gestartet, um Spenden zu sammeln, um Leben zu retten und die Ausbreitung von COVID-19 einzudämmen. Mit dem Erlös werden das Martini-Krankenhaus und andere Gesundheitseinrichtungen mit Medikamenten, Laborgeräten, Prüfgeräten und Zubehör, persönlicher Schutzausrüstung (Personal Protection Equipments - PPEs), biomedizinischen Geräten (Beatmungsgeräten, Sauerstoffgeräten, …) Humanressourcen und Krankenwagen unterstützt. Mit Unterstützung des UNDP und des Büros des Premierministers führte die somalische Nationalarmee in Mogadischu eine einwöchige

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Aufklärungskampagne mit speziell ausgebildeten Armeesanitätern, Lautsprechern und einem COVID-19-Bus in IDP-Lagern, Märkten und anderen überfüllten Gebieten durch. Sanitäter verteilten auch Masken und führten COVID-19-Tests durch. Das UNDP kündigte auch die Teilnahme des somalischen Prominenten Aar Manthaa an der COVID-19- Sensibilisierungskampagne an, veröffentlichte das erste COVID-19-Gedicht des berühmten Dichters Naima und begann, Botschaften von hochrangigen religiösen Persönlichkeiten auf 28 Radiosendern landesweit zu senden. Fast 1.400 COVID-19 Sicherheitsinformationsbroschüren wurden für die somalische Polizei in Banadir gedruckt, einschließlich Empfehlungen, wie die Ausbreitung unter den Beamten verhindert und die Zahl der Festnahmen verringert werden kann. Darüber hinaus unterstützte das UNDP das Bundesministerium für Stiftungen und religiöse Angelegenheiten bei der Einführung seiner ersten Website, neuer Richtlinien für sichere Bestattungen und Phase 2 der Sensibilisierungskampagne „Geistliche gegen COVID-19“. Das Bundesgesundheitsministerium hat in Partnerschaft mit WhatsApp und Infobid einen kostenlosen Coronavirus-Informationsdienst gestartet. Benutzer können auf den Dienst zugreifen, indem sie die Nummer +252613600700 zu ihren Telefonen hinzufügen oder auf htps://bit.ly/MoHSomalia klicken. Im ganzen Land wurden auf 21 Radiosendern Radiospots ausgestrahlt, die COVID-19-Präventionsmaßnahmen hervorheben und laut UNICEF schätzungsweise 10 Millionen Menschen erreichen. Darüber hinaus wurden 25.000 Plakate zur COVID-19-Prävention in Mogadischu verteilt und über 30 Plakatwände im ganzen Land aufgestellt. Zwei TV-Talkshows wurden über COVID-19 Prävention und Kontrolle Bewusstsein durchgeführt, und Gerüchte und Stigmatisierung zu einzudämmen. UNHCR verwaltet auch 10 Telefonleitungen, die Menschen anrufen können, um Hilfe zu beantragen oder mehr Informationen über COVID-19 zu erhalten. Der Schutzcluster hat mit Unterstützung nationaler NGOs und Radio Ergo Leitlinien für die Risikokommunikation mit marginalisierten Gemeinschaften entwickelt. Inzwischen hat IOM 1.671 Menschen erreicht, die mit COVID-19-Nachrichten nach Somalia ein- und ausreisen. Die WHO hat Gesundheitspersonal im Martini-Krankenhaus in Mogadischu in der Fallverwaltung und Infektionskontrolle geschult und hilft bei der Automatisierung von Patientenregistrierungssystemen. Das Krankenhaus hat auch Lieferungen erhalten, einschließlich PPEs von IOM, UNFPA und USAID. Es verfügt über 20 Intensivstationen. Die WHO unterstützt außerdem 13 weitere Isolationszentren im ganzen Land mit medizinischer Versorgung, Ausbildung und Budgets für Gehälter. UNICEF und WHO bildeten 205 Partner des Gesundheitsclusters (27 weibliche, 143 männliche) in COVID-19 und kommunalen Gesundheitspersonal-Fallmanagement, Infektionsbekämpfungsmaßnahmen und der Fortsetzung wesentlicher Gesundheitsdienste aus. Die UNICEF-Partner haben seitdem die

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Schulungen in Gesundheitseinrichtungen für 322 Mitarbeiter (149 weiblich, 173 männlich) kaskadiert und weitere 89 medizinische Mitarbeiter an vorderster Front (45 weibliche, 44 männlich) in den Protokollen zur Bekämpfung von Infektionen geschult. UNICEF erhielt 3.375 Flaschen Handdesinfektionsmittel und 10.983 Riegel Seife, die an Gesundheitseinrichtungen zur Unterstützung der Infektionsprävention verteilt werden sollen. Die IOM übergab PPEs, einschließlich Thermometern, Handschuhen, Gesichtsmasken, Kleidern und Desinfektionsmitteln, an das Gesundheitsministerium des Bundesstaates Südwest, die von Mitarbeitern, die an den Eingangsstellen überprüft werden, verwendet werden können. Es lieferte auch Sauerstoffgeräte für die Referral (Anmerkung: Überweisung) Isolationseinheit. UNICEF hat seit dem Aufkommen der Pandemie 559.747 Menschen in ganz Somalia erreicht, die kritische Wasch-Versorgung haben, da dies die Einsätze verstärkt. Die Zahl umfasst 310.800 Menschen, die in den letzten zwei Wochen mit Hygiene-Kits und Notwasserversorgung erreicht wurden. Bezüglich seiner Heimatregion XXXX , ist auf Grund der Länderfeststellungen (siehe Länderfeststellungen 5. Gesundheitsversorgung) zusammengefasst davon auszugehen, dass XXXX

Der Beschwerdeführer ist ein gesunder junger Mann, leidet somit an keiner, die hohe Schwelle des Art. 3 EMRK überschreitenden, lebensbedrohlichen Krankheit und es ist auch nicht davon auszugehen, dass sein Gesundheitszustand wegen seiner Rückkehr in die Bundesrepublik Somalia lebensbedrohend beeinträchtigt wird oder der Beschwerdeführer durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben.

Aus den aktuellen Länderfeststellungen geht unter anderem hervor, dass sich in der Bundesrepublik Somalia die politischen Loyalitäten in erster Linie durch die Clanzugehörigkeit bestimmen. Eine Besonderheit der Politik und Geschichte des Landes liegt in der Bedeutung der Clans. Clans sind auf gemeinsame Herkunft zurückgehende Großfamilienverbände mit einer bis zu siebenstelligen Zahl von Angehörigen. Die Kenntnis der Clanstrukturen und ihrer Bedeutung für die somalische Gesellschaft ist ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis der politischen und historischen Entwicklungen in der Bundesrepublik Somalia (siehe Feststellungen 5. Parteiensystem). Der Beschwerdeführer hat im Verfahren nicht detailliert und konkret dargelegt im Fall der Rückkehr keine Lebensgrundlage vorzufinden bzw. dass seine Grundbedürfnisse nicht gedeckt werden könnten. Der Beschwerdeführer gehört einem Mehrheitsclan in der Bundesrepublik Somalia an, der nicht nur in seiner Heimatregion, sondern insbesondere auch in XXXX beheimatet ist und hat angegeben, während seines Aufenthaltes in der Bundesrepublik Somalia gearbeitet

- 63 - zu haben. Er hatte immer eine Unterkunft und litt nie an Hunger. Es ist dem XXXX , gesunden Beschwerdeführer zuzumuten, wieder Kraft eigener Arbeit zu seinem Lebensunterhalt beizutragen. Aus den aktuellen Länderfeststellungen (siehe Länderfeststellungen 5. XXXX

Aus den Länderfeststellungen (siehe Länderfeststellungen 5. Sicherheitslage XXXX Truppen der Somalia National Army (SNA) und der AMISOM haben Berichten zufolge am 25.08.2019 die Stadt Burweyn in der Region Hiran von al-Schabaab übernommen. In Hiran war es im Juni 2019 wegen Streitigkeiten um Wasser und Weide zu Auseinandersetzungen zwischen Subclans von Habr Gedir und Hawadle gekommen, aber in der Region Hiran hielt weiterhin ein am 17.07.2019 von Clanältesten der Hawadle und Habar Gidir Subclans ausgehandelter Waffenstillstand und es kam zu keinen weiteren Gewalttaten. Bis 29.02.2020 sind 91.673 Flüchtlinge in die Bundesrepublik Somalia zurückgekehrt. Nach Hiran sind 42 Personen aus Kenia zurückgekehrt, fünf aus dem Jemen und 22 aus anderen Ländern. In Hiran töteten Sicherheitskräfte am 05.03.2020 acht al-Schabaab-Mitglieder. Die Granatenangriffe nahmen landesweit, verglichen mit sieben zwischen November 2019 und Januar 2020, zu, zwischen Februar und April 2020 waren es insgesamt 29. Die Angriffe richteten sich vor allem gegen die Mission der Afrikanischen Union in Somalia (AMISOM) und lokale Sicherheitskräfte in Bari, Hiran, Shabelle Dhexe, Shabelle Hoose und Juba Hoose. Das gesamte Vorbringen des Beschwerdeführers zu angeblichen Problemen mit al-Schabaab war frei erfunden (siehe Beweiswürdigung 2.), die XXXX , es sind nach wie Regierungskräfte und AMISOM in der Region an der Macht und die Situation ist aktuell jedenfalls nicht derart, dass jeder Mensch in der Herkunftsregion des Beschwerdeführers automatisch einem Risiko entsprechend Artikel 3 EMRK ausgesetzt wäre, vielmehr richten sich die Angriffe von al-Schabaab in der Region XXXX vor allem gegen AMISOM und lokale Sicherheitskräfte.

Selbstverständlich übersieht das Bundesverwaltungsgericht nicht, dass es mittlerweile auch Überschwemmungen in der Bundesrepublik Somalia, darunter in XXXX (siehe Feststellungen 5. Grundversorgung). Der Beschwerdeführer stammt aber nicht von dort, vielmehr war sein Heimatort nie von Überschwemmungen betroffen: „…R: Haben Sie immer nur in XXXX in der XXXX Region in XXXX gelebt, also dort Ihr gesamtes Leben bis zur Ausreise verbracht, oder haben Sie auch noch an anderen Orten in der Bundesrepublik Somalia gelebt? P: Ja, immer nur dort. R: In welchem Distrikt innerhalb der XXXX Region liegt XXXX ? P: Das ist ein kleines Dorf, ich kann umliegende Ortschaften nennen.

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R wiederholt die Frage P: In XXXX . R: Wissen Sie wie viele Distrikte es in der XXXX Region gibt und wie diese heißen? P: XXXX besteht aus 5 Bezirken; XXXX . R: Gibt es auch eine Ortschaft namens XXXX ? P: Es ist die Hauptstadt von XXXX . R: Wie weit ist XXXX von XXXX entfernt? P: Ca. 145 Kilometer…“ (Verhandlungsschrift Seite 08). Wie aus den Länderfeststellungen hervorgeht (siehe Länderfeststellungen 5. Grundversorgung), wird laut Prognosekarte der Nahrungsmittelversorgung Juni bis September 2020 die Lage im Großteil der Region XXXX bewertet. Der Beschwerdeführer kommt aus XXXX prognostiziert. Zudem kann der Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr wieder auf die Unterstützung seiner nach wie vor in der Region XXXX lebenden Clanangehörigen zählen und allgemein ist die Lage in dieser Region somit nicht so schlecht, dass der Beschwerdeführer automatisch von Unterernährung betroffen wäre. Die Probleme mit Wüstenheuschrecken - über die im selben aktuellen Bericht, in dem auch die Prognosekarte der Nahrungsmittelversorgung Juni bis September 2020 enthalten ist, berichtet wird -, werden voraussichtlich nur lokal signifikant sein, aber nicht landesweit, da die meisten der hochproduktiven Gebiete außerhalb des potenziellen Verbreitungsgebietes liegen; laut Prognosekarte wird die Herkunftsregion des Beschwerdeführers davon nicht betroffen sein, weil sie im XXXX liegt. Zudem geht aus den Länderfeststellungen hervor, dass es auch nicht wahrscheinlich ist, dass die nationale Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln und die Preise für Grundnahrungsmittel stark von Normalzustand abweichen werden. Außerdem geht das Bundesverwaltungsgericht, wie weiter oben ausgeführt, davon aus, dass der Beschwerdeführer stattdessen auch XXXX kann; dieser Ort ist bzw. war nicht von Überschwemmungen betroffen bzw. gibt es dort keine Probleme mit Wüstenhauschrecken.

Dass der Beschwerdeführer Hunger leiden müsste, hat er zu keinem Zeitpunkt nachvollziehbar dargelegt. In XXXX bewertet (siehe Feststellungen 5. Grundversorgung FEWS NET Nahrungsmittelkrise Prognosekarte Juni bis September 2020). Der Beschwerdeführer kann jedenfalls in XXXX zurückkehren, wo der Clan der Hawiye dominant ist (siehe Feststellungen 5. Hawaadle/Hawadle). Allgemein ist die Lage weder in der XXXX , noch in XXXX , so schlecht, dass der Beschwerdeführer automatisch von Unterernährung betroffen wäre (siehe Feststellungen 5. Grundversorgung).

Der Beschwerdeführe hat bis zur Ausreise in im XXXX gelebt. Er ist persönlich unglaubwürdig und sämtliche Ausreisegründe sind frei erfunden (siehe dazu Beweiswürdigung 2.). Wenn

- 65 - auch eine angespannte Versorgungssituation vorliegt, so gehört der Beschwerdeführer als gesunder Mann mit einflussreichen Clanangehörigen in der XXXX keiner vulnerablen Personengruppe an, weshalb er bei seiner Rückkehr von diesen unterstützt und aktuell keine Gefahr einer Binnenvertreibung erkannt werden kann. Angesichts der individuellen Umstände kann nicht erkannt werden, dass sich die angespannte Versorgungslage gerade in Bezug auf die Person des Beschwerdeführers in einem Ausmaß auswirken wird, welche ihn in eine als unmenschlich oder erniedrigend zu bezeichnende Lebenssituation versetzen würde. Er hat im Verfahren nicht glaubhaft machen können im Fall der Rückkehr keine Lebensgrundlage vorzufinden bzw. dass seine Grundbedürfnisse nicht gedeckt werden könnten. Es ist es dem XXXX Beschwerdeführer jedenfalls zuzumuten Kraft eigener Arbeit seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Somit ist insgesamt nicht davon auszugehen, dass der gesunde, arbeitsfähige, Beschwerdeführer bei einer Rückkehr von Unterernährung betroffen sein wird.

Irgendein besonderes „real risk“, dass es durch die Rückführung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat zu einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen wird, kann nicht erkannt werden, außergewöhnliche Umstände im Sinne der Judikatur des EGMR, die gegen eine Abschiebung in die Bundesrepublik Somalia sprechen, sind nicht erkennbar, weshalb im Ergebnis spruchgemäß zu entscheiden ist.

Zu Spruchpunkt III. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl

In Spruchpunkt III. des Bescheides wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus Berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Bundesrepublik Somalia gemäß § 46 FPG zulässig ist.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 des § 10 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird.

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Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, liegen gegenständlich nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt gemäß § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, wurde.

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG). Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ist der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen: 1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, 2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, 4. der Grad der Integration, 5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit, 7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, 8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, 9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

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Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre. (§ 9 Abs. 3 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015).

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

Betreffend Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers war Folgendes zu erwägen:

Da keine Verwandten des ledigen, kinderlosen Beschwerdeführers in Österreich leben, kann im Fall seiner Rückkehr kein Eingriff in ein Familienleben erkannt werden.

Geht man im vorliegenden Fall von einem bestehenden Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich aus, fällt die gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes zu Lasten des Beschwerdeführers aus und die Ausweisung stellt jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK dar.

Der Beschwerdeführer hielt sich nach seiner illegalen Einreise und der erfolgten Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz, nachdem er wegen seines illegalen Aufenthaltes in Österreich betreten wurde, bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides knapp zwei Jahre im Bundesgebiet auf. Die Verfahrensdauer war nicht der Sphäre des Beschwerdeführers zuzurechnen. Der Aufenthalt im Inland war dem Beschwerdeführer aber lediglich auf Grund des gegenständlichen Antrages erlaubt, der sich auf Grund der bewusst

- 68 - unwahren Behauptungen des Beschwerdeführers als unberechtigt erwiesen hat. Der Beschwerdeführer verfügte nie über Aufenthaltsrechte außerhalb seines Asylverfahrens. Der mittlerweile fünf Jahre dauernde Aufenthalt im Bundesgebiet steht zudem in keinerlei Verhältnis dazu, dass der Beschwerdeführer den bei weitem überwiegenden Teil seines Lebens in der Bundesrepublik Somalia verbracht hat. Der Beschwerdeführer ist nicht aus Furcht vor Verfolgung(sgefahr) aus seinem Herkunftsstaat ausgereist, sondern hat hinsichtlich seiner Fluchtgründe während des Verfahren unwahre Angaben gemacht. Bewusst unwahre Angaben vor einer österreichischen Behörde und bis zuletzt in der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht bilden keine solide Basis für die Integration des Beschwerdeführers bzw. konnte er schon deshalb nie auf die Erteilung eines dauernden Aufenthaltsrechtes vertrauen und musste sich von Anbeginn der Unsicherheit des Aufenthaltsstatus bewusst sein.

Der XXXX Beschwerdeführer hat keine zum dauernden Aufenthalt berechtigten Angehörigen im Bundesgebiet. Er verfügt nach wie vor über sehr starke Bindungen zum Herkunftsstaat, ist er doch erst als volljähriger ausgereist und hat den bei weitem überwiegenden Teil seines Lebens im Herkunftsstaat verbracht. Der Beschwerdeführer beherrscht seine Muttersprache Somali, nunmehr zusätzlich etwas Deutsch und hat laut eigenen Angaben im Herkunftsstaat Berufserfahrung. Es ist daher davon auszugehen, dass er sich wieder in die dortige Gesellschaft eingliedern kann, wobei er auf die Unterstützung seiner Clanangehörigen zählen kann, womit er nicht völlig auf sich alleine gestellt ist. Nach alledem kann nicht gesagt werden, dass der Beschwerdeführer seinem Kulturkreis völlig entrückt wäre und sich in seiner Heimat überhaupt nicht mehr zurechtfindet.

Der Beschwerdeführer legte am 04.05.2019 die Integrationsprüfung ab und konnte sich im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht gebrochen auf Deutsch ausdrücken. Der Beschwerdeführer besucht Deutschkurse, nahm an diversen Fortbildungsmaßnahmen teil und übt seit 2015 regelmäßig gemeinnützige Tätigkeiten aus: Von 02.06. bis 09.07.2015 war er in einem Hochwasserschutzprojekt der Gemeinde als Müllsortierer tätig, im Juli 2016 verrichtete er in einer anderen Gemeinde gemeinnützige Tätigkeiten und wirkte als Statist im Rahmen der Sommerfestspiele mit. Im Jahr 2017 führt er in einem Klärwerk für 20 Wochenstunden Reinigungsarbeiten durch und seit Dezember 2017 ist der Beschwerdeführer für 20 Wochenstunden in einem Altenheim als Hilfskraft beschäftigt bzw. ist er laut Bestätigung derselben Einrichtung vom 02.06.2020 seit 17.10.2019 im Hausdienst im Rahmen der für Asylwerber möglichen gemeinnützigen Beschäftigung tätig. Ferner war der Beschwerdeführer einige Male als Tänzer bei einer Aufführung tätig. Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über soziale Kontakte, es

- 69 - liegen jedoch keine besonderen Abhängigkeitsverhältnisse zu Personen in Österreich vor und sind allfällige freundschaftlichen Beziehungen zu einem Zeitpunkt entstanden, in dem sich der Beschwerdeführer seiner unsicheren aufenthaltsrechtlichen Stellung bewusst sein musste. Der Beschwerdeführer lebt seit seiner Asylantragstellung ausschließlich von der österreichischen Grundversorgung.

Die Integrationsbemühungen des Beschwerdeführers sind anzuerkennen und es ist dem illegal eingereisten, in Österreich auf Dauer nicht selbsterhaltungsfähigen, Beschwerdeführer nicht verwehrt, bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG bzw. NAG in Zukunft legal in das Bundesgebiet einzureisen. Es kann ein durch Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften und Missbrauch des Asylverfahrens erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen.

Nach Maßgabe einer Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sein persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die Anordnung einer Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung gemäß § 46 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist.

Gemäß § 50 Abs. 1 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, ist die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre. Das entspricht dem Tatbestand des § 8 Abs. 1 AsylG. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wurde bereits verneint (siehe zu Spruchpunkt II. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl).

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Gemäß § 50 Abs. 2 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG). Das entspricht dem Tatbestand des § 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016. Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu den behaupteten Ausreisegründen ist als nicht glaubhaft zu werten (siehe Beweiswürdigung 2.) und es bestehen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass das Leben oder die Freiheit des Beschwerdeführers aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre, weshalb kein Fall des § 50 Abs. 2 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, vorliegt (siehe zu Spruchpunkt I. des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl).

Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009, unzulässig, solange dieser die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht für die Bundesrepublik Somalia nicht.

Insgesamt ist daher die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides abzuweisen.

Zu Spruchpunkt IV. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl

In Spruchpunkt IV. wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011, wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt gemäß § 55 Abs. 2 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der

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Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Da derartige besondere Umstände von dem Beschwerdeführer nicht behauptet wurden, ist die Frist zu Recht vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit 14 Tagen festgelegt worden und auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des Bescheides abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 (VwGG), in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im konkreten Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. In der Beweiswürdigung wurde ausgeführt, dass den Angaben des Beschwerdeführers keine Glaubwürdigkeit zuzubilligen ist (siehe Beweiswürdigung 2.) und sämtliche Angaben zu den behaupteten Ausreisegründen nicht den Tatsachen entsprechen. Dieses Erkenntnis beschäftigt sich vor allem mit der Erforschung und Feststellung von Tatsachen und es ergaben sich im Lauf der Verfahren keine Hinweise auf das Vorliegen von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung.