Über Den Rasanten Aufstieg Der Elektronikindus
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A4-REPORT Vom Problemfall zum Selbstläufer Über den rasanten Aufstieg der Elektronikindus Dresden, die sächsische Metropole am östlichen Ende der Autobahn A4 bezeichnet sich als das größte Halbleiterzen- trum in Europa und fünfwichtigster Standort auf der Welt. Im Großraum Dresden, auch Silicon Saxony genannt, sind in der Mikroelektronik und Informationstechnologie 43 000 Mitarbeiter in 1500 Unternehmen beschäftigt. Ebenso wich- tig ist der Thüringer Teil der A4, hier sind rund 9000 Mitarbeiter in 160 Unternehmen tätig. elektronik industrie hat sich beide Wirtschaftsräume und wesentliche Elektronikfirmen einmal näher betrachtet. Der Report findet seine Fort- setzung in weiteren Ausgaben ab Mai 2007. [Worbis] .)%$%23!#(3%. +ASSEL "ERLIN ./2$(!53%. ! "!$ &2!.+%. (!53%. [Hermsdorf] (%33%. -e(,(!53%. ! -AINZ 3/--%2$! 3!#(3%. !.(!,4 "ERLIN %)3%.!#( ! %2&524 7%)-!2 "!$ 3!,:5.'%. *%.! ! !,4%."52' '%2! ! $RESDEN ! '2%): 3!#(3%. ! %)3&%,$ 3/..%"%2' !54/"!(. [Meiningen]7~RZBURG !54/"!(. )- "!5 (Karte: LEG Thüringen) )#% ). "!50,!.5.' "!9%2. [Lehesten] [Wutha-Farnroda] [Suhl] [Ilmenau] [Mellenbach-Glasbach] [Posterstein] 78 elektronik industrie 4 - 2007 Entdecken Sie weitere interessante Artikel und News zum Thema auf all-electronics.de! Hier klicken & informieren! A4-REPORT trie entlang der Autobahn A4 [Ottendorf-Okrilla] [Radeberg] [Radeberg-Rossendorf] [Bad Schandau] [Bannewitz] [Reinhardtgrimma] [Freiberg] [Gornsdorf] (Karte: Wirtschaftsförderung Sachsen GmbH) [Grünhain-Beierfeld] Weitere Firmen in Dresden: elektronik industrie 4 - 2007 79 A4-REPORT Es ist gerade drei Monate her, da ver- Rückblick buchte Sachsen einen wichtigen An- Die Geschichte der Halblei- siedlungserfolg: Am 3. Januar teilte das terindustrie Sachsens und Thü- britische Unternehmen Plastic Logic in ringens beginnt 1959, als Pro- London mit, dass es 2008 in Dresden die fessor Werner Hartmann in weltweit erste Fabrik für elektronisches Dresden von der Entwicklung Papier errichten werde. der ersten Integrierten Schal- Die Briten sind im Besitz einer Techno- tung in den Labors von Texas logie, die es möglich macht, die An- Instruments hört. Der ange- steuerungselektronik für TFT-Displays sehene Physiker bewertet die auf biegsame Plastik-Substrate zu dru- TI-Innovation als epochalen cken. In Verbindung mit Organischen Schritt – vergleichbar nur mit Leuchtdioden (OLEDs) lassen sich so Dis- der Erfindung des Rades. 1961 plays herstellen, die dünn und biegsam gründet er in Dresden die Ar- sind wie Papier. Die Plastig-Logic-Grün- beitsstelle für Molekularelek- der erwarten, dass vor allem Verlage von tronik (AME). Mit einer schnell Bild 1:Auf dieser Karte von 1981 kann man erkennen,dass schon der neuen Technik Gebrauch machen und zu DDR-Zeiten eine Massierung der Elektronikindustrie ent- wachsenden Mannschaft ent- ihren Lesern E-Paper-Ausgaben von Bü- lang der A4 gab. wickelt er die ersten inte- chern und Zeitungen anbieten werden. grierten Schaltkreise und Hand Experten sagen dem elektronischen Pa- in Hand damit die nötige Pro- pier einen gewaltigen Markt voraus.Ven- duktionstechnik. Das AME wird turecapital-Firmen wie die Bank of Ame- so zur Keimzelle der DDR-Chip- rica und Intel Capital sind groß in das industrie. Unternehmen eingestiegen – der Betrag Das westliche Technologie- von 100 Millionen Euro, mit dem sie Plas- embargo zwingt die DDR, sich tic Logic finanzieren, gilt als die höchste in der Mikroelektronik weit- Venturekapitalsumme, die je ein euro- gehend auf eigene Ressour- päisches Start-up akquirieren konnte. cen zu stützen. 1967 geht des- Mit seiner Entscheidung für Sachsen be- halb im VEB Spurenelemente findet sich Plastic Logic in bester Gesell- Freiberg die erste Anlage zur schaft. Die Briten wollen ihre Fabrik im Fertigung von Siliziumschei- Norden der Landeshauptstadt bauen – in ben in Betrieb. Das Kombinat Bild 2: Bei X-FAB in Erfurt werden auf der Grundlage hoch- einem Areal, wo sich inzwischen fast al- Carl Zeiss Jena beginnt mit der moderner modularer CMOS- und BiCMOS-Prozesse Mixed-Sig- les um die Mikroelektronik dreht: In einem nal-Wafer in Technologien von 1,0 bis 0,13 Mikrometern ge- Entwicklung fotolithografi- Radius von zehn Kilometern rund um fertigt. (Bild: X-FAB) scher Belichter. Der VEB Hoch- Dresdens internationalen Airport haben vakuum Dresden liefert Vaku- die Halbleiterhersteller Advanced Micro sammen 9000 Menschen; ihre Investi- umtechnik, das Dresdner Unternehmen Devices (AMD), Infineon und Qimonda tionen in Dresden summieren auf über Elektromat konstruiert ein breites Sorti- seit 1994 vier große Chipfabriken errich- neun Milliarden Euro! ment an Chipfertigungsmaschinen.Was tet. Ein Stück nördlich des Flughafens 250 Kilometer weiter westlich steuern in der DDR bzw. im Ostblock nicht zu ha- hat außerdem das Zentrum Mikroelek- die Manager der Erfurter X-Fab AG ei- ben ist, besorgt die Stasi:Tarnfirmen kau- tronik Dresden (ZMD) seinen Sitz – die Ur- nen weltweit operierenden Konzern. Im fen im Westen Chips und Maschinen zu zelle der Dresdner Halbleiterindustrie; vorigen Jahr schluckte der Spezialist für überteuerten Preisen und schaffen sie heute ein Spezialist für ASICs. Alle vier Mixed-Signal-ICs die malaysische 1st Si- auf Umwegen in die DDR. Dort integrie- Halbleiterhersteller beschäftigen zu- licon und verdoppelte damit seine Ka- ren Ingenieure die Technik in ihre Ferti- pazitäten. X-Fab betreibt Chipfabriken gungslinien. ˘ AUTOR in Erfurt, Großbritannien, den USA und 1971 löst Erich Honecker Walter Ulbricht Malaysia, beschäftigt weltweit 2.500 an der SED-Spitze ab und verkündet die Menschen – davon 600 in Erfurt – und tä- Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik. tigt mehr als 300 Millionen Dollar Jah- Während Ulbricht stets ehrgeizige tech- resumsatz. Die Chipindustrie bildet da- nologische Ziele verfolgt hat, betreibt Siegfried W. Best, (Mitte) Redaktion mit das Rückgrat der Elektronikindustrie Honecker eine Umverteilung der Inves- elektronik industrie entlang der Autobahn A4 – eine Bran- titionsmittel zugunsten des Konsums. Rainer Ihra (links), Ingolf Seifert che, die nach der Wende einen fast mär- Die SED beschließt ein gigantisches Woh- (rechts), Freie Journalisten, Dresden chenhaften Aufstieg erlebt hat. nungsbauprogramm und vernachlässigt 80 elektronik industrie 4 - 2007 A4-REPORT die Innovationsbasis des Landes. Wäh- Die Leucht- rend die Mikroelektronik im Westen alle turmpolitik Wirtschaftszweige zu durchdringen be- Die neue Zeit be- ginnt, verharrt der DDR-Maschinenbau als ginnt mit einem wichtigster Exportzweig im Zeitalter der Kollaps. Am Tag der Mechanik und kann seine Produkte bald Währungsunion nur noch zu Schleuderpreisen absetzen. verlieren die DDR- 1977 sind der technologische Rückstand Chiphersteller ent- der DDR und das Loch in der Valutakas- lang der A4 (Bild 1) se so groß geworden, dass die SED um- über Nacht sämtli- steuern muss: Sie fasst den so genann- che Abnehmer. Um ten Mikroelektronik-Beschluss und hebt zu überleben, müs- das Kombinat Mikroelektronik Erfurt aus sen sie im Schnitt der Taufe. Das Funkwerk Erfurt avanciert drei Viertel ihrer zum Stammbetrieb des neuen Großun- Mitarbeiter entlas- Bild 3: Einer der Leuchttürme, die IC-Fabriken von AMD Fab 30 (200-mm) ternehmens. 1984 entsteht in Erfurt für sen. Wir berichte- und Fab 36 (300-mm). Fab 30 wird bis Ende 2008 auf 300 mm umgestellt, 500 Millionen Mark die erste Chipfabrik AMD in Dresden hat dann eine Gesamtkapazität von 45000 Wafer- ten in einer der der DDR für höchstintegrierte Schaltun- starts/Monat. (Bild: AMD) Herbstausgaben gen, 1986 die zweite. Mitte der 80er Jah- 1990 über rund 2 re zählt das Kombinat 22 Betriebe mit Mio. Arbeitslose, 60000 Beschäftigten, davon knapp 9000 die alleine in der in Erfurt. Elektronikindustrie Doch das Tempo, das die USA und Japan zu erwarten waren. vorlegen, lässt die DDR weiter zurück- Während sich die fallen. Und als Michael Gorbatschow 1985 Treuhandanstalt Glasnost und Perestroika verkündet und zunächst vergeb- die Sowjetunion plötzlich harte Valuta für lich um Käufer für ihre Rohstoffe verlangt, sitzt die SED- die ehemaligen Führung politisch und wirtschaftlich voll- DDR-Mikroelek- ends in der Patsche. Eine Offensive in der tronikbetriebe be- Mikroelektronik soll sie retten. müht, nimmt die Anfang 1986 beschließt die SED-Spitze das sächsische Landes- Projekt „Mikron“. Sie schlägt das AME in regierung 1992 Ver- Dresden,das inzwischen Zentrum für For- handlungen mit Te- schung und Technologie Mikroelektronik xas Instruments Bild 4:Eng vereint,die IC-Fabriken von Infineon,Quimonda und des CNT. (ZFTM) heißt, dem Kombinat Carl Zeiss zu (TI) über den Bau Links das 300-mm-Frontend von Quimonda,in der Mitte die beiden 200- und beauftragt dessen Chef Wolfgang Bier- mm-Frontends von Infineon und rechts das CNT,Center für Nanoelektronik einer Speicher- mann mit der Entwicklung des 1-Mega- Technologie. (Bild: Infineon) chipfabrik in Dres- bit-DRAM (1M). Biermann sperrt die Füh- den auf. In der rungsmannschaft des ZFTM zwei Wochen Hoffnung, dass die Investition Sogwir- in der Zeiss-Gästevilla in Jena ein und lässt kung entfalten wird, bietet sie TI die sie die Roadmap zum 1M-Speicher ausar- höchstmögliche Förderung an – eine beiten.Von 1986 bis 1990 setzt die DDR 14 Strategie, die den Beinamen Leucht- Milliarden Mark für die Entwicklung von Mi- turmpolitik erhält. Im Herbst 1993 stehen krochips und fast 16 Milliarden für den die Gespräche kurz vor ihrem erfolgrei- Ausbau der Fertigungstechnik ein – ein chen Abschluss – da meldet sich über- Kraftakt ohne Beispiel, der schon nach raschend