Schachgesellschaft 1868-Aljechin Solingen E.V
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www.schachgesellschaft.de - Schachgesellschaft 1868-Aljechin Solinge... file:///C:/Users/Marius%20Fraenzel/Documents/Webpages/schachgesel... Schachgesellschaft 1868-Aljechin Solingen e.V. Reise-Tagebuch vom European Club Cup 2006 in Fügen von Oliver Kniest Samstag, 07.10.2006: Anreise nach Fügen Um 9.00 Uhr beginnt das Unternehmen »Europacup« für die Mannschaft der SG 1868-Aljechin Solingen. Erstmalig seit 1992 nimmt ein Team unseres Vereins an diesem Wettbewerb teil. Während sich in früheren Zeiten der Europacup in klassischem Hin- und Rückspielmodus über zwei Jahre hinzog, findet er seit 2000 als Turnier im Schweizer System innerhalb einer Woche statt und erfreut sich steigender Beliebtheit. Von absoluten Weltklasseteams mit einem Elo-Schnitt um 2700 bis hin zu reinen Amateurmannschaften ohne Elo-Träger ist alles vertreten. Aus Deutschland sind neben unserer Equipe noch Werder Bremen und die Schachfreunde Berlin am Start. Während die Werderaner fast mit ihrem besten Bundesligapersonal antreten und somit zu den Topmannschaften gehören, nutzen die Berliner den Europapokal traditionell zum Einspielen auf die Bundesligasaison. Unsere Mannschaft dürfte sich im Mittelfeld des Turniers bewegen. Mit Alexander ,aumann, Sipke Ernst und Michael Hoffmann stehen nur drei Bundesligaspieler im Kader, die durch Jörg Wegerle, Markus Schäfer, Martin Becker, Oliver Kniest und Andreas Peschel ergänzt werden. Auf diese Weise soll die Teilnahme an der »Champions League« des Schachs auch ein wenig als Belohnung für den sensationellen Erfolg im Deutschen Mannschaftspokal und die geleistete Organisationsarbeit für den Verein dienen. Dennoch sind natürlich auch sportliche Ziele vorhanden: Sipke Ernst (GM) sowie Jörg Wegerle und Martin Becker (IM) sind auf der Jagd nach der finalen Norm für den endgültigen Titelerwerb, da im Europapokal ausnahmsweise auch Titelnormen in einem siebenrundigen Turnier möglich sind. Als Team streben wir einen Platz unter den ersten 20 an und wollen vor allem ein schönes Turnier gegen starke Gegner mit einer Woche Urlaub im Zillertal verbinden. Dennoch gibt es natürlich unverbesserliche Optimisten im Team, die bereits im ICE nach München in Anlehnung an die beiden Europapokalsiege durch unseren Verein und im Vertrauen auf das Gesetz der Serie einen nicht ganz unbekannten WM-Song mit dem leicht abgewandelten Titel »76, 91, 2006« anstimmen und von einer Dokumentation mit dem Titel »Fügen – ein Herbstmärchen« träumen … In jedem Fall ist für exzellente Stimmung im Team gesorgt. Auch die Anreise per Zug verläuft über die Stationen Solingen-München-Jenbach absolut reibungslos. In den Zügen werden bereits weitere »Artgenossen« wie Wladimir Akopjan, Rafael Waganjan oder Michail Prusikhin gesichtet, und die Zillertal-Bahn dürfte auf der 20-minütigen Fahrt von Jenbach nach Fügen wohl noch nie mit so vielen Elo-Punkten beladen gewesen sein. So erreichen wir pünktlich um 17.43 Uhr das malerische Städtchen Fügen im Zillertal, das ca. 3.000 Einwohner hat und zusätzlich noch etwa 5.000 Betten für Touristen besitzt. 1 von 18 06.04.2009 20:55 www.schachgesellschaft.de - Schachgesellschaft 1868-Aljechin Solinge... file:///C:/Users/Marius%20Fraenzel/Documents/Webpages/schachgesel... Am Bahnhof machen wir allerdings dann erstmalig mit einer Fügener Eigenart Bekanntschaft: Offenbar gibt es in dieser Ortschaft nur eine Standard-Maßeinheit, was die Entfernungen und Distanzen von Zeit und Raum anbelangt. Auf die Frage nach unserer Unterkunft, dem »Kohlerhof«, werden uns nämlich am Bahnhof ein Weg von 1 km und eine Gehzeit von ca. 10 Minuten vorhergesagt. Als wir diese Strecke – natürlich immer nur bergauf – bereits deutlich hinter uns gebracht haben, wird uns auf erneutes Nachfragen von den Einheimischen stets die gleiche Antwort erteilt … So erreichen wir schließlich nach einem mehr als halbstündigen Gewaltmarsch bei Nieselregen mit Gepäck, Laptops etc. ziemlich erschöpft unser direkt an einer Bergbahnstation gelegenes Hotel, an dem bereits Spitzenbrett Alexander Naumann auf uns wartet, der zusammen mit seiner Freundin ,adine Ziemann mit dem PKW angereist ist. Das Mannschaftsquartier: Der »Kohlerhof« Das Hotel »Kohlerhof« entschädigt uns für die Strapazen des Anstiegs mit geräumigen Zimmern, einem großen Schwimmbad inklusive Wellnessbereich und vor allen Dingen seinem exzellenten Essen, das wir in der kommenden Woche dank der gebuchten Halbpension ausgiebig genießen werden. So besteht das Abendessen grundsätzlich aus vier Gängen, wobei im Hauptgang grundsätzlich aus drei Menüs ausgewählt werden kann. Nicht umsonst lautet das spätere Fazit von Sipke Ernst, dass er noch nie in einem Hotel so gutes Essen bekommen habe. Den einzelnen Mannschaften werden feste Tische zugeordnet, wobei auf unsere Delegation ein Schild mit der Aufschrift »Schachgesellschaft 1886 Aljechin Solingen« wartet. Das Hotel ist übrigens komplett mit Schachspielern ausgebucht, was zum einen für das überaus freundliche und zuvorkommende Personal die eine oder andere Begegnung mit der »Spezies Schachspieler« beschert, zum anderen für uns den Nebeneffekt hat, z. B. am Frühstücksbüffet diversen Ausnahmekönnern wie etwa Peter Svidler oder Alexej Schirow und zudem zahlreichen hübschen Weltklassespielerinnen zu begegnen, die beim parallel ausgetragenen Damenwettbewerb am Start sind. 2 von 18 06.04.2009 20:55 www.schachgesellschaft.de - Schachgesellschaft 1868-Aljechin Solinge... file:///C:/Users/Marius%20Fraenzel/Documents/Webpages/schachgesel... Der Anreisetag klingt dann mit einem Mannschaftsspaziergang zum Spielort, der Fügener Festhalle, aus. Diese wirkt im Dunkeln so unscheinbar und klein, dass wir mehrfach an ihr vorbeilaufen, wobei sich ihre Größe am kommenden Tag tatsächlich noch als Problem herausstellen wird. Sonntag, 08.10.2006: ,ervenflattern gegen Monte Carlo Der erste Turniertag beginnt für Oliver Kniest bereits am Vormittag mit dem »Captains Meeting«. Was sich nach großer Schachorganisation auf europäischer Ebene anhört, entpuppt sich aber schnell als äußerst chaotische Veranstaltung mit nur minimalem Informationsgehalt. Am Start sind bei den Herren 56 Mannschaften aus 41 Ländern, die in 7 Runden Schweizer System in Sechser-Mannschaften (bei zwei möglichen Ersatzspielern) um den Europacup kämpfen werden. Glücklicherweise findet nicht die schreckliche alte FIDE-Bedenkzeit von 90 min/Partie + 30 sec/Zug Anwendung, sondern eine deutlich gemäßigtere Variante mit 90 min/40 Züge + 30 min/Rest + 30 sec/Zug. Zudem gibt es eine Demonstration über das neue – bei diesem Turnier testweise genutzten – elektronische Notationssystem »Monroi«, bei dem statt des Partieformulars die Züge in einen Minicomputer eingegeben werden, der diese dann sofort ins Internet übermitteln kann. Danach verliert sich die Veranstaltung in einem babylonischen Sprachgewirr und dem Warten auf die Auslosung, die wegen eines defekten Druckers (!) erst nach einstündiger Wartezeit bekannt gegeben wird. Unser Setzlistenplatz 21 beschert uns ein Amateurteam der unteren Hälfte des Teilnehmerfeldes und mit einem »Heimspiel« gegen den C.E. Monte Carlo ein überaus interessantes Los. Anders als in Deutschland bedeutet Heimspiel, dass wir die weißen Steine an den ungeraden Brettern haben. Hinter dem italienischen GM Igor Efimov (2412) besteht das Team der Monegassen ausschließlich aus lupenreinen Amateuren, so dass ein hoher Sieg angestrebt wird. Alexander verzichtet dabei freiwillig auf den Auftakt, um Sipke einen vernünftigen Gegner für sein GM-Norm-Vorhaben zu ermöglichen. Zudem drückt Oliver nach dem nervigen Meeting am Vormittag die Reservebank. An der Festhalle wartet bereits Bundesliga-Teamchef Herbert Scheidt auf die Mannschaft, der seine Kur am Tegernsee zu einem kurzen Abstecher ins Zillertal genutzt hat. Auch er ist – wie alle Spieler – über die vorgefundenen Spielbedingungen alles andere als begeistert. Die Halle vermittelt mit ihren Holzwänden zwar eine urige, typisch österreichische Atmosphäre, ist jedoch für 70 Mannschaften in beiden Turnieren schlichtweg zu klein. Somit sind die Bretter für die Zuschauer und die anderen Mannschaftsmitglieder nur schwer einsehbar, und auch die Spieler erfreuen sich einer an Openturniere erinnernden Platzknappheit. Die ersten sechs Kämpfe des Herrenturniers finden auf der Bühne statt, auf der jedoch außer den Spielern und Mannschaftsführern der dort agierenden Teams keine Zuschauer oder andere Spieler zugelassen sind. Zwar werden alle dortigen 36 Partien ins Internet übertragen, doch der in einer Turnhalle untergebrachte Presse- und Analyseraum enthält gerade einmal zwei Rechner, die ständig blockiert sind. Auf diese Weise wird man vor Ort kaum Fans für den Schachsport gewinnen können, auch wenn der Internet-Auftritt sicherlich als vorbildlich gelobt werden muss. 3 von 18 06.04.2009 20:55 www.schachgesellschaft.de - Schachgesellschaft 1868-Aljechin Solinge... file:///C:/Users/Marius%20Fraenzel/Documents/Webpages/schachgesel... Vor der ersten Runde gegen Monte Carlo Nach einigen Eröffnungsansprachen beginnt endlich mit leichter Verspätung die erste Runde, in der zunächst alles nach Plan für unser Europapokal-Debütantenteam läuft (lediglich der pausierende Alexander Naumann war bereits 2003 einmal mit seinem österreichischen Team Hohenems am Start). Als Herbert nach ca. zwei Stunden Spielzeit die Rückreise zum Tegernsee antritt und Alexander sich zu einem kleinen Spaziergang aufmacht, lautet die übereinstimmende Prognose 5:1. Wir sind an keinem Brett in Schwierigkeiten und Markus Schäfer sowie Andreas Peschel haben jeweils mit den schwarzen Steinen einen Mehrbauern bzw.