GREGOR WIDHOLM

Antonio Stradivaris Ex Benvenuti 1727

Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung 2 Antonio Stradivaris "Ex Benvenuti" 1727

Dokumentation der Geschichte und der musikalischen Eigenschaften des Instruments

Diese Publikation basiert auf der von Mag.a Johanna Ensbacher verfassten Diplomarbeit: Antonio Stradivaris Violine “Ex Benvenuti, Ex Halphen” Eine Dokumentation der Geschichte und der akustischen Eigenschaften des Instruments

Inhalt und Layout: Univ.-Prof. Mag. Gregor Widholm Herausgeber: Mag. Hans Hammerschmied Copyright © 2011 by Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung ISBN 978-3-900914-08-0

3 Inhalt

Vorwort ...... 6

Antonio Stradivari - Sein Leben und Werk

Geburtsjahr und Geburtsort...... 8 Lehre und Arbeitsverhältnis ...... 8 Erste Ehe und Wohnsitz ...... 9 Zweite Ehe und Sterbejahre ...... 10 Erbe und Nachlass ...... 11 Schaffensperioden ...... 12

Das Instrument Ex Halphen, Ex Benvenuti

Die ersten 160 Jahre ...... 14 Fernand Halphen ...... 15 Halphen und die Stradivari ...... 16 Die Kaufabwicklung ...... 16 Die Halphenstiftung ...... 17 Verkauf der Stradivari an Joseph Benvenuti ...... 18

Joseph Benvenuti ...... 21 Diane Benvenuti ...... 24

Maurice Hasson ...... 26 Das Interview ...... 27 Studium und Ausbildung ...... 27 Venezuela ...... 28 Die Ex Benvenuti als Leihgabe und der spätere Kauf ...... 28 Name des Instrumentes ...... 29 Karriere und Repertoire ...... 29 Zum Klang der Ex Benvenuti ...... 30 Die Saiten und der Bogen ...... 30 Reparaturen, Änderungen und Empfindlichkeit ...... 31 Internationale Presse ...... 31 Diskographie: Maurice Hasson ...... 32 Anmerkungen zum Interview ...... 33

4 Inhalt

Die Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung ...... 34

Prof. Eckhard Seifert ...... 35 Eigenschaften der Violine ...... 35 Der Klang ...... 35 Die Saiten ...... 36 Der Bogen ...... 36 Änderungen ...... 36 Repertoire ...... 36

Echtheitszertifikate

W. Henry Hill, Arthur F. Hill, Alfred E. Hill, London ...... 37 Etienne Vatelot, ...... 38 David R. Hill and Son, London 2005 ...... 38 John and Arthur Beare, London 2005 ...... 40

Akustische Eigenschaften der Ex Benvenuti

Messmethoden ...... 41 Electronic Speckle Interfereometrie (ESPI) ...... 41 Vergleich mit der "Schreiber" Stradivari 1712 ...... 42 Die Admittanzmessung ...... 44 Antonio Stradivari - Jakob Stainer, ein Vergleich ...... 46 Die Klangfarbe - Virtueller Klang ...... 46

Bemerkenswertes und Kurioses ...... 48

ANHANG

Pressemeldungen ...... 50 Literatur und Dokumente ...... 57 Aufstellung der Stradivari Violinen - aktueller Stand ...... 58

5 Vorwort

ie vorliegende Arbeit befasst sich mit der Dokumentation der Geschichte und der akustischen Eigenschaften einer ViolineD (1727) von Antonio Stradivari. Seit dem Jahre 2005 befindet sich dieses Instrument im Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung.

Da die Geschichte dieser Violine viele Lücken aufwies, trat die Privatstiftung mit der Bitte um weitere Nachforschungen an das Institut für Wiener Klangstil (Universität für Musik und dar- stellende Kunst Wien) heran. Prof. Widholm informierte mich über den Forschungsauftrag, woraufhin ich wenig später mit großem Interesse mit der Arbeit begann.

Als Ziel der Arbeit wurde eine möglichst genaue Dokumen- tation des Instruments angestrebt. Es sollte sowohl die Ge- schichte des Instruments aufgearbeitet, als auch seine aku- stischen Eigenschaften untersucht werden. Die von Mag. Hammerschmied bereitgestellten Unterlagen und Informati- onen bildeten den Ausgangspunkt für die folgenden Nach- forschungen.

An dieser Stelle sei den vielen beteiligten Personen gedankt: Prof. Gregor Widholm, der mir als Leiter des Instituts und Be- treuer der Arbeit unermüdlich mit Rat und Tat, mit Korrekturen, mit Hilfestellung und Trost bei aussichtslosem Stillstand der For- schungen zur Seite stand.

Prof. Wilfried Kausel möchte ich für die Unterstützung bei den laserinterfereometrischen Untersuchungen danken.

Mag. Hans Hammerschmied für die Chance, mir eine solche Forschungsarbeit zu ermöglichen.

Johanna Ensbacher Wien, Dezember 2009

6 Vorwort

as Abenteuer begann mit einer der üblichen, ganz it der vorliegenden wissenschaftlichen Arbeit wurde normalen Anfragen an Universitätsinstitute: die Besit- der langjährige Wunsch der Dkfm. Angelika Pro- Dzerin einer wertvollen Stradivari Violine wollte mehr über Mkopp Privatstiftung nach Erforschung der Provenienz das Instrument wissen und schlug eine Recherche über der in ihrem Besitz stehenden, fast 300 Jahre alten Stra- das Instrument als Diplomarbeits-Thema vor. Eine kom- divari Violine (ex Halphen, ex Benvenuti) erfüllt. petente Geigerin als Diplomandin war bald gefunden und die Dokumentation der objektiven musikalischen Wenngleich in der Geschichte dieses Instruments natür- Qualität mit Hilfe modernster lasertechnischen Compu- lich noch viele weiße Flecke bestehen, so freut es uns ter-Methoden wurde in Angriff genommen. doch sehr, dass es Frau J. Ensbacher gelungen ist, die letzten 120 Jahre weitgehend vollständig aufzuarbeiten. Die Hürden lagen aber wo anders: der beim Ankauf von Wir kennen nun nicht nur die Vorbesitzer in London und Instrumenten der Top-Klasse notwendige sachverstän- Paris, sondern haben auch detaillierte Informationen zu dige Kaufvermittler blockte vollkommen ab und war deren Umfeld. nicht einmal bereit, den Aufenthaltsort des Vorbesitzers bekannt zu geben. Wir kannten nur seinen Namen und Die ex Benvenuti bildet den Grundstock der Instrumen- bekamen die Information, er lebe in Venezuela und wei- tensammlung unserer Stiftung; sie wurde noch zu Leb- gere sich, über die Violine befragt zu werden. zeiten von Frau Dkfm. Angelika Prokopp erworben und war für sie von ganz besonderer Bedeutung, sozusagen Diese Situation nahm Johanna Ensbacher –nach anfäng- ihr „Lieblingskind“. licher Ratlosigkeit- als Herausforderung an und nachdem es ihr gelang, mit dem Vorbesitzer persönlich in Kontakt Wir freuen uns, dass dieses großartige Instrument seit zu kommen, begann (auch für mich) eine faszinierende mehr als fünf Jahren auch in Wien einen wichtigen Platz Reise in das frühere Leben dieses in vielen Aspekten ein- im Musikleben gefunden hat. maligen Instrumentes. Der Vorstand der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung Die vorliegende Publikation kann international durchaus dankt Frau Johanna Ennsbacher und der Musikuniversi- als beispielgebend angesehen werden, da sie neben tät Wien ganz herzlich für diese hervorragende Arbeit. der historischen Aufarbeitung nicht wie bisher üblich, die Bauform des Instrumentes in herkömmlicher Art und Wei- se beschreibt, sondern erstmals auch ihre akustischen –und damit musikalischen- Eigenschaften mit modernsten Wien, Jänner 2011 Methoden umfassend und objektiv dokumentiert werden. Hans Hammerschmied Erich Simon Gregor Widholm Peter Csoklich Universität für Musik und darstellende Kunst Wien Dkfm.Angelika Prokopp Privatstiftung

7 Antonio Stradivari - Sein Leben und Werk

Geburtsjahr und Geburtsort Erst der Fund einer frü- hen Violine Stradivari's Antonio Stradivari entstammt einer angesehenen Cre- aus dem Jahre 1666 moneser Familie, deren Stammbaum bis ins 12. Jahrhun- beweist, dass er in der dert zurückreicht. Trotz des vorhandenen Stammbaumes Werkstatt von Amati (siehe Anhang) gibt es keine Aufzeichnungen über sein tätig war. Geburtsdatum oder den Geburtsort. Vermutlich verließ die Familie zu dieser Zeit Cremona wegen der herrschenden Auf ihrem Zettel steht: Pest und zog in einen kleineren Ort [Kolneder, S. 135]. "Alumnus Nicolai Amati, faciebat anno 1666". Die meisten Quellen geben das Jahr 1644 und eine Ne- benort von Cremona an. Aufgrund eines Zettels in einer Ab 1667 erwähnt dann Violine "fatto di anni 83" aus dem Jahre 1727 galt dieses Stradivari nicht mehr Geburtsjahr lange als richtig [Kolneder, S. 135]. Charles Amatis Namen, son- Beare spricht von der Geburt Stradivaris "in oder um dern verwendete seine 1644", da Stradivari in der letzten Schaffensperiode sein eigenen Geigenzettel Alter auf mehreren Geigenzetteln vermerkte und es da- [Hill, S. 25-27]. durch rückgerechnet werden konnte. Doch der genaue Geburtsort, die Umstände seiner Geburt und der Kind- Portrait Antonio Stradivari Ant. Campi pinx. Crem. 1681; heit sind bis heute nicht geklärt [Beare, S. 23] . Fréd. Hillemacher sc. 1886

Laut Aufzeichnungen der Volkszählung im Jahre 1668 bewohnten Signor Stradivari (28), Signora Francesca, seine Gattin (26)und Giulia Maria, deren Tochter (3 Monate Charles Beare findet hingegen keinerlei Hinweise, dass alt), das Haus "Casa del Pescatore" [Hill, S. 10]. Aufgrund die- Stradivari sich vor seinem 20. Lebensjahr mit dem Gei- ser Daten wäre das Geburtsjahr Stradivaris allerdings 1640. genbau beschäftigt hätte und spricht von der Ausübung eines anderen Berufs. Da aber Stradivari im Hause des Durch unterschiedliche Altersangaben bei nachfolgenden Handwerkers Pescaroli wohnte und die Werkstätten von Volkszählungen ergeben sich aber auch die Jahre 1647, Amati und Pescaroli nahe beieinander lagen, läge die 1646, 1648 und 1649 als mögliches Geburtsjahr [Hill, S. 286]. Vermutung nahe, dass Stradivari dadurch auch Kontakt mit Amati hatte [Beare, S.25].

Lehre und Arbeitsverhältnis Walter Kolneder wiederum favorisiert eine Überlieferung, welche besagt, dass Stradivari als Tischlerlehrling gear- Die Hills nehmen an, dass Stradivaris Karriere bei Nicolò beitet haben soll und nur in seiner Freizeit bei Amati aus- Amati in den Jahren 1656/58 begann, da damals eine geholfen hätte [Kolneder, S. 135]. Lehre üblicherweise zwischen dem 12. und 14. Lebens- jahr begonnen wurde. Dass aus dieser Zeit keine von Unklar ist auch die Dauer des Arbeitsverhältnisses bei Stradivari signierten Instrumente vorliegen, liegt an der Amati. Es existieren darüber keinerlei Aufzeichnungen. Tatsache, dass Amati großen Wert auf Genauigkeit legte Laut Hill könnte man aufgrund der fehlenden Instru- und alle aus seinem Hause kommenden Instrumente als mente aus dieser Zeit zu der Annahme kommen, dass Qualitätssiegel nur seinen Namen tragen durften. Stradivari möglicherweise bis zum Jahre 1680 in der Werkstatt Nicolò Amati's arbeitete [Hill, S. 31].

8 Antonio Stradivari - Sein Leben und Werk

Erste Ehe und Wohnsitz

Aus einer Anzeige aus dem Jahr 1667 geht hervor, dass Antonio Stradivari eine gewisse Francesca Ferabosca heiratete [Hill, S. 8]. Er zog mit ihr in das Haus „Casa del Pescatore“ in Cremona.

1680 interessierte sich Stradivari dann für das Haus Nr. 2 an der Piazza San Domenico (heute: Piazza Roma Nr. 1). Das Haus befand sich im Besitz der Cremoneser Familie Dicenardi und sein Preis betrug 7000 Lire. Laut Kaufver- trag zahlte Antonio Stradivari 2000 Lire in bar und den Rest auf 4 Jahre aufgeteilt. Mittlerweile hatte das Ehe- paar bereits 5 Kinder, wovon ein Sohn schon im Klein- kindalter verstorben ist [Hill, S. 10].

Stradivari beschreibt das Haus als schmal mit Erdge- schoß und 2 Stöcken, Dachboden und großen Kellerräu- men. Im Erdgeschoß befanden sich der Verkaufsraum, das Wohnzimmer und die Küche. Am anderen Ende des Hofes gab es einen Abstellraum. Im ersten Stock gab es 4 Zimmer und im 2. Stock 3 Zimmer. Der Dachboden un- ter dem Flachdach war zum Trocknen von Früchten und Stradivaris Haus an der Piazza S. Domenico, Hill, S. 9 Bettwäsche vorgesehen. Antonio Stradivari benützte ihn jedoch zum Trocknen der lackierten Instrumente [Hill, S. 10-13].

Dieses Haus blieb bis 1888 so erhalten, bis die Besitzer des benachbarten Cafes bauliche Änderungen vornahmen und einen Billard Raum im Erdgeschoß des Stradivari Hauses einrichteten. Bei den Umbauarbeiten wurde eine Truhe mit Stradivaris eingraviertem Namen, dessen Fami- lienwappen und ein kleines Stück Eisenerz in Form eines Eckzahns gefunden. Laut Hill verwendete es Stradivari wahrscheinlich zum Polieren. Diese beiden Funde und Grundriss: Piazza S. Domenico, die Brustwehr des Brunnens vom Garten sind heute im Hill, S. 11 Städtischen Museum in Cremona zu finden [Hill, S. 10-14].

9 Antonio Stradivari - Sein Leben und Werk

Am 20. Mai 1698 stirbt Francesca Ferabosca. Sie wurde Am 4. Mai 1737 verstarb Antonia Zambelli im Alter von 73 in der Kirche San Domenico beigesetzt. Den Aufzeich- Jahren und nur wenige Monate später, am 18. Dezember nungen zufolge war es eine sehr aufwändige, in dieser 1737 folgte ihr Antonio Stradivari im Alter von 93 Jahren. Zeit eher unübliche Begräbnis-Zeremonie [Hill, S. 15- 17]. Sein Leichnam wurde am Tag darauf im Familiengrab beigesetzt [Hill, S. 19- 21]. Leider ist das Grab der Familie Dem Begräbnis wohnten 14 Priester und ein Chorjunge, Stradivari heute nicht mehr erhalten, da die Kirche San 36 Dominikanische Patres, 16 Franziskaner Patres, 31 Pa- Domenico 1869 abgerissen wurde und die Gebeine zur tres aus der Gemeinde San Angelo, 27 Patres aus San "Entsorgung" vor die Stadt gebracht wurden. Luca, 21 Patres aus San Salvatore und 19 Patres aus San Francesco sowie Waisen, Bettler und Fackelträger bei.

Zweite Ehe und Sterbejahre

Im darauf folgenden Jahr (1699) heiratet Stradivari An- tonia Zambelli. Aus dieser zweiten Ehe gehen 5 Kinder hervor, 4 Söhne und eine Tochter. Anscheinend verlief seine zweite Ehe problemlos und unkompliziert, da er in dieser Zeit sehr intensiv an seinen Instrumenten arbeitete. Die beiden Söhne Ombono und Francesco aus erster Ehe wollten in die Fußstapfen ihres Vaters treten, standen jedoch immer in seinem Schatten [Hill, S. 17- 18].

Charles Beare kommt zu der Annahme, dass die beiden Söhne nur die groben Arbeiten verrichten durften. Die Kirche San Domenico beim Abriss 1869, Hill, S. 22 Feinarbeit und die Vollendung der Instrumente über- nahm Antonio Stradivari selbst [Beare, S. 28- 29]. Der Grabstein ist aber im Städtischen Museum Cremona zu finden. Anstelle der Kirche, im jetzigen Park, steht eine 1727 verlor Stradivari seinen 24 Jahre alten Sohn G. B. Gedenktafel mit folgender Inschrift: Martino. Laut Hill war das für ihn möglicherweise der Anlass sich um ein Familiengrab zu kümmern. Er erwarb eine kleine Kapelle in der Kirche San Domenico. Der HERE WHERE FORMERLY STOOD THE CONVENT AND Grabstein trägt den Namen der Familie der vormaligen CHURCH OF THE DOMINICAN INQUISITORS Besitzer (Familie Villani) aber das Wappen der Stradivaris THE TOWN COUNCIL HAVE PROVIDED A PLESANT [Hill, S. 18- 19]. PROSPECT OF TREES AND FLOWERS. 1878.

10 Antonio Stradivari - Sein Leben und Werk

Stradivaris Haus ist heute an der Piazza Roma in umge- In Simone F. Sacconi's Buch: "Die Geheimnisse Stradiva- bauter Form und mit einer Gedenktafel versehen, zu fin- ris" ist Antonio Stradivaris Nachlass umfassend dokumen- den. tiert.

Wie viele Instrumente Stradivari gebaut hat und wie viele Erbe und Nachlass heute noch erhalten sind, ist nicht wirklich geklärt. Es gibt Vermutungen bzw. Berechnungen von August Riechers, Der ältere Sohn Francesco (1671- 1743) führte gemeinsam der von 3000 Instrumenten spricht. Wiliam Henley gibt mit seinem Bruder Ombono (1679- 1742) die Werkstatt 1000 und die Brüder Hill geben 1116 Instrumente an. weiter. Doch die beiden wagten es nicht, Instrumente ohne einen Hinweis auf ihren Vater zu verkaufen. Ein Im Allgemeinen wird von insgesamt 1200 Instrumenten Beispiel dafür sind die Geigenzettel: "Hombonus Stradi- (600 Violinen, 12 Bratschen, 50 Celli, kein Kontrabass, varius/ sub disciplina A. Stradivari 1725" und "Revisto e Harfe, Gitarre und Pochette) gesprochen. Unterschied- Corretto da me Antonio Stradivari in Cremona 1720" liche Ansichten gibt es auch über die Zahl der registrier- (nachgesehen und korrigiert von…) [Kolneder, S. 143]. ten Instrumente. Ernest Doring gibt 509 Instrumente an, Henley spricht von 400 Violinen und die Brüder Hill spre- Nach dem Tod der beiden Brüder ging der gesamte chen in ihrem Buch von 600 Instrumenten und nehmen Nachlass an Paolo Stradivari (1708- 1776), den jüngsten an, dass noch weitere 100 existieren [Kolneder, S. 138]. Sohn aus zweiter Ehe. Im Nachlass befanden sich 91 Gei- gen, welche während der folgenden 30 Jahre allmäh- Ein Grund dafür, dass so ungewöhnlich viele Instrumente lich verkauft wurden. 1755 waren nur noch 10 Geigen noch erhalten und im Umlauf sind, könnte der Umstand übrig (davon 2 von Francesco Stradivari). sein, dass Stradivaris Instrumente aufgrund ihrer hohen Qualität schon zu einem frühen Zeitpunkt direkt in den Count Cozio di Salabue (1755- 1840), ein Edelmann und Besitz von Berufsmusikern kamen und damit eine ent- Sammler aus der Umgebung von Turin, erwarb die rest- sprechende Pflege erhielten. lichen Instrumente und außerdem noch Formen, Scha- blonen und Werkzeug aus dem Nachlass Stradivaris. In Geiger wie Alard, Auer, Baillot, Beriot, Böhm, Dancla, Da- weiterer Folge vererbte Count Cozio das Erworbene an vid, de Vito, Dushkin, Flesch, Heifetz, Joachim, Kreisler, seinen Neffen, den Marquis Dalla Valle. Kreutzer, Kubelik, Marsick, Menuhin, Milstein, Oistrach, Paganini, Rode, Rostal, Sarasate, Schneiderhan, Sevcik, Von der Familie des Marquis wurde der Nachlass an Spohr, Stern, Suk, Szeryng, Vieuxtemps, Viotti, Wieniawski, den Geigenbauer Guiseppe Fiorini weitergegeben und Ysaye,… spielten eine Stradivari [Kolneder, S. 140]. dieser wiederum gab Antonio Stradivaris Nachlass an die Stadt Cremona weiter. Dort sind diese Stücke heute Im Anhang findet sich eine aktuelle Aufstellung der der- noch im Palazzo Communale ausgestellt [Beare, S. 31]. zeit bekannten Violinen inklusive Besitzer und der darauf Ein weiterer Teil des Nachlasses ist im Ala Ponzone zu fin- spielenden Künstlerinnen und Künstler. den.

11 Antonio Stradivari - Sein Leben und Werk

Schaffensperioden Charakteristisch für diese Periode ist die besondere Be- rücksichtigung des Materialaspektes. Die mechanischen Die frühesten, heute noch erhaltenen Instrumente stam- und akustischen Eigenschaften des Holzes führten zu un- men aus den Jahren 1666, 1667 und 1669. Davor sind kei- terschiedlich ausgearbeiteten Decken- und Bodenstärken. ne Instrumente bekannt, welche die für Stradivari cha- rakteristische Merkmale aufweisen. Nur Hart vermerkt in In dieser Periode entstehen Violinen wie die "Vieuxtemps", seinem Buch „The Violin", (London, 1887), dass Lancetti "Dolphin", "Boissier", "Batta", "Alard", "Messie", "Dancla", erwähnt hätte, dass aus den Jahren 1665 und 1666 In- "Sarasate", "Titan", "Tartini", "Wieniawski", usw. In dieser strumente existieren die den Namen von Amati tragen, Zeit schuf Stradivari mehr Instrumente als in irgendeiner aber seiner Meinung nach von Stradivari angefertigt anderen seiner Schaffensperioden. Obwohl man über wurden [Hill, S. 29- 39]. Stradivaris Tagesablauf wenig weiß, muss man wohl durch die Fülle an Instrumenten zur Annahme kommen, Man kann also nur Vermutungen anstellen, wann er tat- dass er unermüdlich Tag für Tag daran gearbeitet hat. sächlich unter seinem eigenen Namen zu arbeiten be- gonnen hat. Sehr wahrscheinlich ist es das Jahr 1680, als "Die späte Periode". Der mittlerweile 77 jährige Gei- er das Haus an der Piazza Roma erwarb. Da aus dieser genbauer baut in den Jahren 1725 bis 1727 beeindru- Zeit sehr wenige Instrumente erhalten sind, gehen die ckende Violinen von höchster Qualität. Trotz der abneh- Hills davon aus, dass Stradivari Amati sehr lange noch zur menden handwerklichen Sicherheit arbeitet Stradivari Hand ging. Nach Amatis Tod soll dieser die Werkzeuge, unermüdlich weiter. Eines der Instrumente trägt sogar Modelle und Vorlagen nicht seinem Sohn Hieronymus, die Inschrift "fatto di anni 83" (gebaut im Alter von 83 sondern Antonio Stradivari vermacht haben [Hill, ebd.]. Jahren).

Die "Amatise". Bis 1684 arbeitete Stradivari mit kleineren "Die Altersperiode". In der letzten Schaffensperiode Modellen als sein Meister Amati dies tat. Vermutlich lag (1730- 1737) entstanden sehr unterschiedliche Instru- es daran, dass die damaligen Geiger einen strahlenden mente. Hill schreibt, dass Stradivari aufgrund des hohen und leichteren Ton bevorzugten. In den Jahren 1683-1689 Alters seine Arbeit nicht mehr so genau durchführen begann Stardivari die Dimensionen eher an das "Grand" konnte wie in den Jahren zuvor. Ein typisches Beispiel Amati Modell anzugleichen. Da der Einfluss Amatis im eines Spätwerks sei die "Muntz" Violine (1736). Hill weist weitesten Sinne in dieser Schaffensperiode noch nach- auf eine Entkräftung und Ungenauigkeit Stradivaris hin, zuweisen ist, wird sie als "Amatise" bezeichnet. In dieser obwohl seine langjährige Erfahrung unverkennbar ist. Zeit erlangte er die Perfektion seines Handwerks. Weitere Instrumente aus dieser Zeit sind die "Habeneck", "Experimentalphase". Im Jahre 1690 kreierte Antonio die Violine von M. Ysaye und die "Kreutzer" Stradivari. Die Stradivari "The long Strad". Innerhalb der nächsten 10 "Ungenauigkeiten" dieser Instrumente sind jedoch nur im Jahre experimentierte er mit langen Modellen in denen Vergleich mit den nahezu perfekten Instrumenten aus er über 19 verschiedene Formen entwarf. Beeinflusst den vorangegangenen Epochen erkennbar. wurde er wahrscheinlich von Magginis Instrumenten, die einen ausgesprochen strahlenden Klang, kombiniert mit Bei Niederheitmann [S. 128-130] ist nachzulesen, dass einer Fülle von Kraft aufweisen. Stradivari nun mehr als zuvor seine Gehilfen in die Arbeit mit einbezogen hätte. Doch die Fertigstellung der Instru- "Die goldene Periode". Nach dieser experimentellen mente wurde ausschliesslich von Stradivari vorgenom- Phase, in der Stradivari viel Erfahrung gesammelt hat, men. Einige wenige Instrumente dieser Periode tragen begann ab 1700 die „Goldenen Periode". die Bezeichnung "sub disciplina" oder "sotto la disciplina di Antonio Stradivari". Daraus geht hervor, dass er die 12 Frage der Urheberschaft sehr genau nahm. Das Instrument Ex-Benvenuti

13 Das Instrument Ex-Benvenuti

Die ersten 160 Jahre

Die Violine Ex Benvenuti (sie wird gelegentlich auch als Ex Halphen bezeichnet) wurde im Jahre 1727 von Antonio Stradivari in Cre- mona gebaut. Über ihren Verbleib von 1727 bis 1825 ist leider nichts bekannt.

Aufgrund einer Notiz von Alfred Hill steht fest, dass diese Geige von ca. 1825-1889 im Besitz einer sizilianischen Familie war. We- der der Name der Familie, noch der Ort ist in der Notiz vermerkt.

1889 brachte ein gewisser Signore Senderi die Violine nach Lon- don zu W. E. Hill and Sons, die sie um 600 Pfund erwarben.

1890 kaufte dann H.C. Silvestre, ein sehr angesehener Geigen- händler und Geigenbaumeister in Paris, die Stradivari um 800 Pfund (das waren ca. 20.000 frs.). Im selben Jahr wurde sie von ihm an Fernand Halphen weiterverkauft.

Details der Schnecke (Abbildung unten) und Seitenansicht (Abbildung rechts)

14 Fernand Halphen (1872 - 1917)

Fernand Halphen

Fernand Gustave Halphen, ein französisch-jüdischer Komponist, wurde am 18. Jänner 1872 in Paris geboren. Er entstammte einer wohlhabenden Familie. Sein Vater war George Halphen, ein Diamantenhändler, seine Mut- ter Henriette Antonia Stern (gestorben 1905) stammte aus einer Bankiersfamilie.

Da die Eltern Fernands innerhalb des wohlhabenden jü- dischen Bürgertums in Paris eine einflussreiche Stellung inne hatten, ließen sie traditionsgemäß die Familienmit- glieder durch zeitgenössische Künstler porträtieren.

Auguste Renoir (1841-1919) fertigte -wie viele andere sei- ner Zeitgenossen auch- zur Aufbesserung seines Lebens- unterhaltes Porträts auf Bestellung an. Diesem Umstand verdanken wir das Portrait Fernand Halphens.

Fernand‘s Eltern legten anscheinend wenig Wert auf dieses Gemälde, da sie es noch zu Lebzeiten einer ehe- maligen Gouvernante ihres Sohnes schenkten.

Diese verkaufte es offensichtlich, da das Gemälde über einen Kunsthändler schließlich bei Charles Pacquement, einem Kunstsammler landete, der es dann gegen Ende des ersten Weltkrieges der Witwe Fernand Halphen‘s schenkte. 1995 vermachte Sohn George das geerbte Gemälde dem Musée d’Orsay. Auguste Renoir 1880: Fernand Halphen als Kind http://www.musee-orsay.fr/de/kollektionen/kommentierte-werke/gema- elde/commentaire_id/fernand-halphen-als-kind Im Alter von 10 Jahren erhielt Fernand Gustave Halphen Privatunterricht in Komposition bei Gabriel Fauré, bevor er dann am Pariser Konservatorium bei , , und studierte.

Nach dem Tod von Guiraud im Jahre 1892 studierte er bei , der auch , , Fernand Halphen im Jahre 1896 und unterrichtete. anläßlich des Erhalts des 2. Platzes für sei- ne Kantate "Melusine" beim "Grand Prix de Fernand Gustave Halphen war Preisträger des "Grand Rome". ". Er erhielt den 1. Platz mit seiner Fuge im Jahr 1895 und im darauf folgenden Jahr den 2. Platz für (Photo Benque, Paris, coll. Georges Halphen) seine Kantate "Melusine". http://www.musimem.com/halphen.htm 15 Fernand Halphen (1872 - 1917)

Monsieur Halphen war zu seiner Zeit vor allem als Kom- ponist bekannt. Er schrieb mehrere Sinfonien die in Paris und Monte Carlo uraufgeführt wurden, eine Suite für Or- chester, eine Pantomime "Hagoseida", ein Ballett "Le Re- veil du faune" und zahlreiche Kammermusikwerke, wie zum Beispiel eine Sonate für Violine und Klavier, verschie- dene Lieder, Sonaten für Hoern und Klavier sowie Werke für Orgel. Aus Halphens Feder entstammt die Oper „Le Cor Fleuri“, die im „National Theatre Opera Comique“ am 10. Mai 1904 aufgeführt wurde.

Als Kapitän des 13. Infanterieregiments fiel er im 1. Welt- krieg am 16. Mai 1917 [Wikipedia].

Halphen und die Stradivari

Laut den Aufzeichnungen von Alfred Hill soll "Monsieur Halphen" ein begeisterter Geiger gewesen sein. Angeb- lich erhielt er Unterricht bei Martin Pierre Marsick, einem belgischen Geiger und Lehrer.

Martin Pierre Marsick (1847- 1924) Marsick hatte sein Studium in Brüssel mit einer Goldme- daille abgeschlossen und vervollständigte anschließend sein Studium am Pariser Konservatorium bei Lambert Massert. Neben der regen Konzerttätigkeit mit seinem Streichquartett, mit verschiedenen Orchestern und vie- len Konzertreisen in Europa und den USA unterrichtete er von 1892-1900 am Pariser Konservatorium [Wikipedia].

Die Kaufabwicklung

Im Jahre 1890 wurde die Stradivari von H.C. Silvestre an Hippolyte Chrétien Silvestre Fernand Gustave Halphen verkauft, wobei M.P. Marsick Geboren: 1. 4. 1845 Sommervillers, Meurthe, Frankreich als Vermittler auftrat. Bei Niederheitmann [S. 149] wird in Gestorben: 1913 in Neuilly- Plaisance, Seine-et-Oise. Als der Zusammenstellung von Stradivaris Instrumenten die Neffe von Pierre und Hippolyte Silvestre arbeitete er in Ex Benvenuti unter: "1727 Herr Halphen, London" an- deren Werkstatt mit und übernahm diese im Jahre 1865 geführt. [Lütgendorff, Ergänzungsband S. 564].

16 Fernand Halphen (1872 - 1917)

Als würdiger Nachfolger der beiden Onkel zog er mit Im Jahr 2004 waren alle Mieter ausgezogen (oder wur- einem Violoncello die Aufmerksamkeit bei der Wiener den gekündigt) und das Objekt wurde in ein luxuriöses Weltaustellung1873 auf sich. Apartmenthaus umgebaut. Als erstes ist das Mosaik über dem Eingang "Fondation Fernand Halphen 1926" ent- Ein Instrument "das durch die Fülle und den Adel des fernt worden. Heute erinnert nur mehr eine Gedenktafel Tones wie durch die Ausführung hervorragte. Ebenso gut an die Deportation der Bewohner dieses Mietshauses. waren seine Geigen und Violen, deren Lack an italie- nische Vorbilder erinnert" [Lütgendorff, S. 132]. 2006 wurden die fertig gestellten Ein-Raum-Apartments für je 600.000 € verkauft... 1884 verlegte Silvestre sein Geschäft nach Paris und war auch als Geigenbauer und Händler sehr bekannt.

Geigenzettel Silvestre (Lütgendorff, S. 132)

Die Halphenstiftung [Quelle: Wikipedia]

Am 15. Feber 1899 heiratete Halphen Alice Königswarter (1878-1963, angeblich mit der Rothschild Familie verwandt).

Sie rief die Halphen Stiftung ins Leben, welche jungen Kom- positionsstudenten des Konservatoriums helfen sollte, ihre Werke zu veröffentlichen und zur Aufführung zu bringen.

Darüber hinaus errichtete die Stiftung auch mehrere So- zialwohnbauten, z.B. auf der „Ile St.- Louis“ in Paris. Dieses Haus in der „Rue des Deux Ponts“ umfasste 50 Mietwoh- nungen. Dort wohnten 112 jüdische Mieter, davon 40 Kinder, welche im September 1942 alle nach Auschwitz- Birkenau deportiert wurden.

Einkommensschwache Mieter fanden dort bis 2003 ihre Unterkunft. Manche Familien lebten so über Jahrzehnte Wohnhaus 10- 12 Rue Deux Ponts, in einer der teuersten Gegenden von Paris. Foto: Albert Hammerschmied, Okt. 2008 17 Fernand Halphen (1872 - 1917)

Gedenktafel, 10-12 Rue Deux Ponts, Foto: Albert Hammerschmied, Okt. 2008

Verkauf der Stradivari an Joseph Benvenuti Bestätigung des Verkaufs von Henriette Halphen Schuhmann (im Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung) Fernand Gustave Halphen und Alice Königswarter hatten 2 Kinder. Die Tochter Henriette wurde am 26. Februar 1911 und der Sohn Georges wurde am 9. März 1913 geboren. Übersetzung: Nach dem Tod von Monsieur Halphen blieb die Violine noch im Besitz der Familie. Alice Königswarter vererbte 115, Avenue Henri- Martin. XVI 15. Juni 1965 die Stradivari an ihre Kinder Henriette und Georges. Die beiden verkauften die Geige im Jahre 1965 an Herrn Der Unterzeichnete bestätigt, dass die Stradivari-Violine Joseph Benvenuti, einen Bekannten der Mutter, wie aus aus dem Jahre 1727, die mein Bruder Georges Halphen einem Brief von Georges Halphen an Joseph Benvenuti und ich von meiner Mutter Madame Fernand geerbt ha- vom 19. Juni 1965 hervorgeht (siehe Seite 19). ben, Eigentum von Monsieur Benvenuti ist.

Zwei Briefe, die sich im Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Henriette Halphen Schumann Privatstiftung befinden, bestätigen und dokumentieren den Verkauf einer "Stradivari-Violine aus dem Jahre Neben dem oben angeführten Brief existiert ein weiterer 1727". Die Kinder des Ehepaares Halphen, Henriette und Brief von Georges Halphen an Joseph Benvenuti (siehe Georges, verkauften ihr Erbe an Herrn Benvenuti weiter. Seite 19).

18 Fernand Halphen (1872 - 1917)

Übersetzung:

La Chapelle en Serval (Oise) Tel. 3 19. Juni 1965

Lieber Freund,

Meine Schwester übergab mir ihren Scheck, ich danke Ihnen dafür aufrichtig. Ich bin überaus glücklich, dass Sie nunmehr Eigentümer der Stradivari meines Vaters wurden und ich bin sicher, dass meine Mutter, die Sie sehr schätzte, sehr zufrieden damit wäre, dass diese Geige somit von Ihren Schülern verwendet und von einem großen Musiker wie Ihnen be- wahrt wird.

Mit dem Ausdruck meiner Wertschätzung,

Georges Halphen

P.S.: Bitte übermitteln Sie Diane meine herzlichsten Grüße.

19 Fernand Halphen (1872 - 1917)

Die folgenden Adressen der Wohngebäude der Familie La Chapelle en Serval (Oise) Halphen wurden den beiden vorhin abgebildeten Brie- fen entnommen: Die Wohnadresse (1965) Georges Halphens.

1908 kaufte Fernand Halphen das Haus "la Chapelle- Wohnhaus in 115, Avenue Henri-Martin XVI en-Serval" nahe Chantilly (Oise) und beschloss an die- ser Stelle einen Neubau, der seiner Frau "einen entzü- ckenden, bezaubernden Ausblick" bieten sollte.

Nach einem Entwurf von errichtete der Architekt Wilhelm Isernhagen 1908-1911 für Fernand Halphen das als Jagd-Schloss konzipierte "Château Mont- Royal" inmitten des Waldes Chantilly, das laut Halphen "außerhalb der Jagd und im Inneren der Musik" dienen sollte.

Dem entsprechend enthielt das "Château Mont-Royal" auch ein Theater, eine verkleinerte Kopie der "Opéra- Comique" in Paris.

1989 kaufte J.P.Hermier das Schloss von den Nachfahren Fernand Halphens (vermutlich von Georges) und wan- delte es in ein 5-Sterne-Hotel mit dem Namen "Mont Ro- yal" um, das seit 1990 der "Tiara-Hotel-Kette" zugehört.

Foto: Albert Hammerschmied, Okt. 2008

Wohnadresse (1965) der Tochter Fernand Halphens, Frau Henriette Halphen-Schumann.

Es gibt derzeit keinerlei Anzeichen dafür, dass Henriette Halphen-Schumann und ihr Gatte oder deren Kinder noch unter dieser Adresse wohnen (Albert Hammer- schmied anlässlich eines Parisbesuchs im Oktober 2008).

Weitere Informationen unter: www.tiara-hotels.com/chantilly/default-fr.html http://fr.wikipedia.org/wiki/Ch%C3%A2teau_Mont-Royal http://en.wikipedia.org/wiki/Ch%C3%A2teau_Mont-Royal

20 Joseph Benvenuti (1898 - 1967)

Obwohl das Instrument "Ex Benvenuti" den Namen des Ausnahme: der Verfasserin der dieser Broschüre zugrunde Kammermusikers, Geigers und Pianisten Joseph Benvenuti liegenden Diplomarbeit, Mag.a Johanna Ensbacher ge- trägt, ist die eigentlich handelnde Person und Besitzerin lang es, eine in den USA lebende ehemalige Privatschü- des Instrumentes seine Frau Diane Benvenuti. lerin ausfindig zu machen und sie telefonisch zu kontak- tieren. Joseph Benvenuti wurde am 2. Oktober 1898 in Tunis ge- boren. Er unterrichtete am Pariser Konservatorium von Veronica Jochum von Moltke erhielt im Jahre 1958 Privat- 1945-1967, war dort zuerst Kammermusikprofessor (1945- unterricht bei Joseph Benvenuti. Sie bezeichnete ihn als 1952) und später dann bis zu seinem Tod Klavierprofessor. einen gestrengen, jedoch sehr humorvollen Menschen. Joseph Benvenuti verstarb am 17. August 1967. [Informati- Da sie als Privatschülerin bei ihm im Hause und nur für die on aus dem Archiv des CNSMDP, Sophie Levy] Dauer eines Jahres Unterricht erhielt, konnte sie über seine Unterrichtstätigkeit am "Conservatoire National Supérieur de Paris" keine Auskunft geben. Weitergehende Informa- tionen über Joseph Benvenuti wollte sie jedoch nicht ver- öffentlicht haben.

Joseph Benvenuti (links) beim Violinspiel in Louveciennes, (Nachlass von Diane Benvenuti, zur Verfügung gestellt von Frau Josso)

Über sein Leben und Wirken waren weder in den Archiven Kammermusik bei den Benvenutis (Joseph Benvenuti am Klavier) des Conservatoire National Supérieur de Paris, noch an- Nachlass von Diane Benvenuti, zur Verfügung gestellt von Frau Josso derweitig wesentliche Informationen zu finden - mit einer

21 Joseph Benvenuti (1898 - 1967)

Joseph Benvenuti mit seinen StudentInnen 1967, (Archives du CNSMDP. Droits réservés)

22 Joseph Benvenuti (1898 - 1967)

Joseph Benvenuti mit seinen StudentInnen 1966, (Archives du CNSMDP. Droits réservés)

23 Diane Benvenuti (1907 - 1996)

Diane Benvenuti (12. Dez. 1907- 17. Nov. 1996)

Tochter von Robert Philippe Gustave de Rothschild und Gabrielle Nelly Regine Beer.

Die folgenden Informationen stammen von Frau Josso, der Tochter von Diane Benvenuti aus erster Ehe mit Ana- thole Mühlstein (Übersetzung Albert Hammerschmied):

Abgesehen von ihrer schulischen Ausbildung bis zur Matu- ra, kam Diane Benvenuti vermutlich auch in den Genuss eines Klavierunterrichts.

Sie heiratete 1932 Anathole Mühlstein, mit dem sie 3 Töch- ter hatte, ließ sich jedoch von ihm scheiden um im Jahre 1950 Joseph Benvenuti zu heiraten, der damals Pianist und bereits Professor am Pariser Konservatorium war.

Laut den Informationen von Frau Josso stammt aus die- ser Zeit das rege Interesse an der Musik und dem musi- kalischen Leben in Paris. Diane Benvenuti unterstützte die Schüler ihres Mannes mit der Leihgabe von äußerst wert- vollen Instrumenten. In ihrem Besitz befanden sich unter anderem auch 2 Instrumente von Antonio Stradivari.

1970 (nach dem Tode von Joseph Benvenuti) verlieh sie die eine Violine (Ex Halphen) an Maurice Hasson, dem sie diese auf seinem Wunsch hin 1977 schließlich verkaufte, das zweite Instrument wurde erst nach ihrem Tod an den Geiger Kantorow in Lyon verkauft, der auf dieser Violine schon längere Zeit gespielt hatte.

Diane Benvenuti besuchte erwiesenermaßen regelmäßig Konzerte, spielte jedoch selbst kein Instrument. Sie ver- starb im November des Jahres 1996. Diane Benvenuti in ihrem Garten in Louveciennes, (Nachlass von Diane Benvenuti, zur Verfügung gestellt von Frau Josso) Leider konnte Frau Josso nur wenige Informationen über das Leben ihrer Mutter mit Joseph Benvenuti geben, da sie und ihre beiden Schwestern nach der Scheidung ih- rer Mutter mit der Pflege ihres leiblichen Vaters betraut waren und daher folglich nur sehr wenig Kontakt zu ihrer Mutter hatten.

24 Diane Benvenuti (1907 - 1996)

Diane Benvenuti und Arthur Rubinstein bei einem Konzert in Israel, Petah Tika

(Nachlass von Diane Benvenuti, zur Verfügung gestellt von Frau Josso)

Kammermusik im Hause Benvenuti (links Joseph Benvenuti) (Nachlass von Diane Benvenuti, zur Verfügung gestellt von Frau Josso)

25 Maurice Hasson (geb. 1935)

Maurice Hasson ist ein Geiger mit internationalem Na- men, bekannt für sein tiefgehendes musikalisches Feinge- fühl und seine scheinbar ganz einfache virtuose Technik. Nach seinem ersten Konzert in London wurde er von „The Times“ als „aristocrat among the violonists“ bezeichnet.

Maurice Hasson, 1935 in Frankreich geboren, lebte von 1960 bis 1973 in Venezuela, danach wählte er London als seinen Lebensmittelpunkt. Aufgrund seiner zahlreichen Konzertreisen erwarb er sich einen internationalen Ruf als Geigenvirtuose. Seine Tourneen führten ihn nach Nord- und Südamerika, durch ganz Europa, Israel, Südafrika, Japan, Australien und Neuseeland.

Sein Studium absolvierte Maurice Hasson am Pariser Konservatorium, wo er mit einem "First Prize for Violin", einem „Grand Prix for chamber music“ und mit dem „Prix d´Honneur“, welcher äußerst selten verliehen wird, ab- schloss. Er studierte bei Henryk Szeryng, der einen großen künstlerischen Einfluss auf ihn ausübte.

Sein Debüt in den USA gab er mit dem Cleveland Orche- stra und Lorin Maazel im Jahre 1978.

Maurice Hasson spielte unter den Dirigenten Sir Colin Davis, Sir Yehudi Menuhin, Eliahu Inbal, Sir Simon Rattle, Sir Neville Marriner, Kurt Masur, Michel Plasson, Eduardo Mata, Rafael Fruhbeck de Burgos, Sir Alexander Gibson, Sir Andrew Davis, Sachio Fujioka, Sir Raymond Leppard, Paavo Berglund, Sir Charles Groves, Gustavo Dudamel, Maurice Hasson, (Foto: Privatbesitz Hasson) Carlos Riazuelo, Pinchas Steinberg und Mark Wigglesworth, um nur einige zu nennen. sen prämiert worden, z.B.: das Paganini Konzert Nr. 1, das Hasson wurde von zahlreichen Radio- und Fernsehstati- Bach Doppelkonzert mit Henryk Szeryng und der Acade- onen zu Produktionen eingeladen. So zum Beispiel von my of St. Martin in the Fields unter Sir Neville Marriner, die der BBC, um das 200 jährige Jubiläum Paganinis mit einer "Virtuoso Violin" mit Ian Brown und Sonaten von G. Faurè, Live Übertragung seines 1. Konzerts für Violine und Orche- C. Franck und C. Debussy mit Christian Ivaldi. ster zu feiern. Bei der Gala "Stradivarius in Concert" in der Barbican Hall in London, übernahm er den Solopart in Seine Konzerttätigkeit führt ihn auch heute noch einmal Vivaldis Jahreszeiten. jährlich nach Venezuela, wo er mit dem "Orquesta Juve- niles y Fantiles de Venezuela" (Jugend- und Kinderorche- Für EMI, Pickwick, ASV und Philips spielte er zahlreiche CD´s ster Venezuela, ausgezeichnet mit dem Internationalen ein. Einige dieser Aufnahmen sind mit internationalen Prei- UNESCO Musikpreis) als Solist auftritt.

26 Maurice Hasson (geb. 1935)

Der Komponist Gonzalo Castellanos Yumar aus Venezue- la widmete Maurice Hasson das "Concierto para Violin y Orquesta" das er mit dem London Symphony Orchestra zur Uraufführung brachte.

Die Meisterklassen, die er bei internationalen Festivals (z.B. beim Festival Pablo Casals in Frankreich) hält, sind sehr gefragt.

Auszeichnungen und Ehrungen

• Professor und Ehrenmitglied der Royal Academy of Mu- sic, London

• "Order of Andres Bello". Die höchste Auszeichnung für Künstler in Venezuela

• Die „Medaille de Vermeil“ bekam Hasson 1966 von der Stadt Paris Maurice Hasson's USA-Debüt mit Lorin Maazel und dem Cleveland Orchestra, 1978 (Foto: Privatbesitz Hasson)

Das Interview

Am Freitag, den 29. August 2008 führte nach mehreren In dieser Zeit (13.-15. Lebensjahr) studierte er am "Conser- erfolglosen Kontaktversuchen Mag. Johanna Ensbacher vatoire National Supérieur de Paris" bei Joseph Benvenuti ein 2-stündiges Interview mit Maurice Hasson in Anwe- Kammermusik. Mit 15 schloss er das Studium in Rekordzeit senheit seiner Gattin. Der im Vorfeld entworfene Fra- ab und erhielt den: gebogen diente als Grundlage des Gesprächs, das in seiner Londoner Wohnung geführt wurde. Es wurde fast • 1. Preis für Violine, 2 Stunden lang über die Stradivari Ex Benvenuti, die ihn • den Grand Prix für Kammermusik und während seiner 35 jährigen Karriere begleitete, gespro- • den "Prix d´Honneur", der davor 60 Jahre lang nicht ver- chen. liehen wurde.

Sein Pariser Debut gab er 1950 mit dem Mendelssohn Studium und Ausbildung Violinkonzert in e-moll im Pleyel Saal unter Dean Dixon und dem Orchestre Lamoureux. Maurice Hasson erzählte, dass er seinen ersten Geigen- unterricht im Alter von 11 Jahren erhielt und zwei Jahre später sein Studium am begann.

27 Maurice Hasson (geb. 1935)

Venezuela

Nach dem Militärdienst entschloss er sich aufgrund einer Annonce am Pariser Konservatorium, einen Lehrposten an der Barquisimeto Musikschule in Venezuela anzuneh- men, weil er nicht das Leben eines Orchestermusikers führen wollte.

In Barquisimeto blieb er nur 6 Monate, denn bald erhielt er das Angebot einer Professur an der Universität in Meri- da (Hauptstadt der Venezolanischen Anden). Dort unter- richtete Maurice Hasson von Oktober 1960 bis Juni 1967.

Während dieser Jahre in Venezuela konzertierte er in zahlreichen Städten im ganzen Land, sogar in kleinen ab- gelegenen Orten. Durch seine intensive Konzerttätigkeit machte er das Geigenrepertoire in Venezuela bekannt und trug so zum heutigen Interesse für klassische Musik bei.

Maurice Hasson liebte das Land und die Menschen so sehr, dass er die venezolanische Staatsbürgerschaft be- antragte. Bis heute besteht noch eine sehr starke Bin- dung zu diesem Land. Nach wie vor wird er alljährlich von venezolanischen Orchestern eingeladen. Mittlerweile ist er ein großes Vorbild für die neue Musiker-Generation des Landes.

Die Ex Benvenuti als Leihgabe und der spätere Kauf Maurice Hasson, (Foto: Privatbesitz Hasson)

Nach 10 jähriger Unterrichtstätigkeit in Venezuela kehrte Sie stellte ihm 2 Violinen zur Wahl. Das Instrument sollte Maurice Hasson 1970 wieder nach Paris zurück. Dort traf auf Lebenszeit für seine Karriere zur Verfügung gestellt er Diane Benvenuti (Rothschild), die Witwe seines ehema- werden. Danach sollte Maurice Hasson eine/n würdige/n ligen Lehrers Joseph Benvenuti. Nachfolger/in suchen. Dies war der Wunsch des bereits verstorbenen Joseph Benvenuti. Benvenuti bat seine Frau, Maurice Hasson zu fördern und zu unterstützen sobald sich eine Gelegenheit dazu ergä- Hasson hatte die Wahl zwischen der „Ex Benvenuti, Ex be. (Ihre eigene Aussage, als sie Herrn Hasson wieder traf.) Halphen“ Stradivari und der "Long Pattern Stradivari" von So führten Diane Benvenuti und Herr Hasson ein Gespräch Leopold Auer. über die Leihgabe einer Violine.

28 Maurice Hasson (geb. 1935)

Die Wahl fiel ihm nicht schwer, denn er hatte vom ersten Moment an eine starke emotionale Beziehung zu der Ex Benvenuti ("My Expression"). Es war „Liebe auf den ersten Blick“ und er nennt die Stardivari immer noch liebevoll "my violin".

Im Jahre 1975 wollte Hasson die Violine von Diane Ben- venuti käuflich erwerben, da diese die Geige fallweise für kurze Zeit anderen jungen Talenten die sie um ihre Unterstützung baten, zur Verfügung stellen wollte. Durch die rege Konzerttätigkeit von Maurice Hasson und seine starke emotionale Beziehung zum Instrument war ein Ver- leih der Geige jedoch immer ein Problem. Nach einem klärenden Gespräch im Jahre 1977 mit Frau Benvenuti war sie mit einem Verkauf an Hasson einverstanden.

Name des Instrumentes

Während der Zeit in der Maurice Hasson auf dem Instru- ment spielte, wurde die Stradivari niemals mit dem Na- men "Halphen" bezeichnet. Die Geige bekam ihren Na- men "Ex Benvenuti" als Zeugnis der Dankbarkeit und im Andenken an Joseph Benvenuti und Diane de Rothschild Benvenuti für ihre großzügige Geste.

Der Name "Benvenuti" hat im Italienischen die äußerst tref- fende Bedeutung "Willkommen". Dies sollte auf Wunsch Übergabebestätigung der Stradivari 1727 von Diane Benvenuti an Maurice von Herrn Hasson, der über 35 Jahre täglich auf der Vi- Hasson (in Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung) oline gespielt hat und das Publikum in allen Kontinenten mit seiner Musik und dem Klang des Instrumentes ergriffen und bewegt hat, beibehalten werden. Nachdem die Violine in sein Eigentum übergegangen war, meinte sein Professor Henryk Szeryng: "Maurice, du spielst immer besser, seit die Geige dir gehört." Karriere und Repertoire Auf die Frage, ob er die Beziehung zu der Ex Benvenuti Mit der Aufnahme des Paganini und Prokofjew Violinkon- Stradivari beschreiben könnte, antwortete Hassons Frau zerts im Jahre 1973 wurde der Grundstein seiner Solisten- Janet: karriere in Europa gelegt. Hasson spielte in 35 Jahren über 2000 Konzerte mit dieser Violine. Sein Repertoire umfasst "Antonia Stradivari war seine erste Frau und ich seine über 35 Violinkonzerte und unzählige Sonaten. zweite."

29 Maurice Hasson (geb. 1935)

Zum Klang der Ex Benvenuti

Den Klang der Violine beschreibt Maurice Hasson als au- ßergewöhnlich. Die G-Saite sei sehr stark, ähnlich wie bei einer Guarneri und die E-Saite klingt für ihn wie ein Kolo- ratursopran.

Hasson (und nach seiner Aussage auch Etienne Vatelot) sind der Meinung, dass sie selten eine Stradivari mit sol- cher Klarheit auf der E-Saite gehört hätten. Weitere Be- griffe wie klar, nobel und rein treffen für ihn zur Beschrei- bung des Klanges zu.

Hasson betonte im Interview immer wieder, dass der Spieler den Ausdruck gestalten kann. Er erzählte, dass eine Stradivari relativ schwer zu spielen sei, da selbst der kleinste Fehler sofort hörbar sei und dass der Spieler selbst den Klang gestalten müsse. Der Klang könne sowohl weich oder auch stark sein, doch niemals hart.

Bei Paganini ist es möglich, sehr brillant zu spielen und bei Debussy kann man den Klang sehr vielschichtig gestalten. Zu der Wärme des Tons meint Herr Hasson, dass sie nicht mit einer Guarneri zu vergleichen sei. Wenn der Spieler es jedoch geschickt anstelle, wäre es möglich, die ge- wünschte Wärme der Stradivari zu entlocken.

Er bezeichnet die Ex Benvenuti als sehr kraftvoll im Ton und das Pianissimo als außergewöhnlich weittragend. Man Maurice Hasson, (Foto: Privatbesitz Hasson) "höre es immer bis in die letzte Reihe". Im kleinen Raum zeige sich die Klangstärke nicht so deutlich, wohl aber im Zu Beginn, als er die Stradivari bekam, versuchte Hasson Konzertsaal. Pirastro Olive Saiten, doch diese waren im Halten der Stimmung nicht sehr verlässlich, weil sie vom klimatischen Wechsel zu stark beeinflusst werden. So blieb er bei der Die Saiten und der Bogen Marke Dominant-Medium der Wiener Firma Thomastik- Infeld für die G, D und A- Saite und einer "Kaplan Golden Zu der Frage, welche Saiten Maurice Hasson auf der Ex Spiral" mittlerer Stärke für die E-Saite. Benvenuti verwendet hätte, erzählte er, dass er viele Sai- ten ausprobiert habe, doch manche übten zu viel Druck Maurice Hasson benützte für die Stradivari einen "Domi- auf das Instrument aus. Er ist der Meinung, dass Thoma- nique Peccatte" Bogen, der, wie er meint einen sehr war- stik–Infeld Dominant Saiten für dieses Instrument die beste men, homogenen Klang erzeugt und den Ton sehr gut Wahl seien. weiter trägt.

30 Maurice Hasson (geb. 1935)

Reparaturen, Änderungen und Empfindlichkeit

Reparaturen und Änderungen wurden in seiner Zeit kei- ne durchgeführt, da Maurice Hasson der Meinung ist "The less you touch a violin the better".

Weiters nahm er dazu Stellung, dass manche Geiger die Geige immer verbessern wollen und oft Reparaturen in Auftrag geben, aber nicht immer das Instrument Schuld habe. "People accuse the violin; sometimes you should accuse the player."

Maurice Hasson bezeichnet die Geige als "sehr gesund" und spricht von einer relativen Unempfindlichkeit bezüg- lich Schwankungen der Temperatur und Luftfeuchtigkeit.

Seinen Kinnhalter und die Schulterstütze wechselte er öf- ters im Laufe seiner Karriere. Einerseits aus Gründen des Spielkomforts, vor allem aber aufgrund der physischen Veränderungen des Körpers.

Internationale Presse

Nachfolgend exemplarisch einige Sätze aus Pressestim- men, die speziell auf das Instrument Ex Benvenuti Bezug nehmen. Eine ausführlichere Sammlung von internatio- nalen Kritiken und Pressemeldungen aus dem Besitz von Maurice Hasson befindet sich im Anhang.

"Die Welt" (Berlin): Maurice Hasson mit Lady Diana, (Foto: Privatbesitz Hasson) Die dynamische Spannweite seines (Hassons) Spiels ist erstaunlich groß, vom verhauchten Pianissimo bis zum kräftigen, satten Forte - beides gibt seine Stradivarius “Uusi Suomi” (Helsinki): hervorragend tonschön her. In fact his performance on the 1727 Stradivarius continu- ally brought to mind the magic one attributes to Paga- "Express Wieczorny" (Warschau): nini. (Heikki Aaltola) …delighted the audience by this golden tone and va- riety of sound, partly due to his magnificent instrument. "The Jerusalem Post" (Jerusalem): (Janusz Ekiert) ...Performing on a most beautiful Stradivari of 1727… (Yohanan Boehm)

31 Maurice Hasson (geb. 1935)

"De Telegraaf" (Amsterdam): …The clear vibrant sound of the violin harmonized beau- tifully with his exciting interpretation.

"Carrefour" (Paris): When you listen to Maurice Hasson you have the feeling that the violin is about to reveal to you all its secrets,…

Diskographie: Maurice Hasson

Die nachfolgenden Daten stammen aus persönlichen Recherchen von Mag. Johanna Ensbacher in London, unterstützt durch eine Internetrecherche und die Anga- ben von Maurice Hasson selbst. Maurice Hasson bei einem Recital, (Foto: Privatbesitz Hasson)

Titel Label Jahr Paganini Violinkonzert No. 1, Prokofiev Violin Konzert No. 2, Classic For Pleasure 1973 Maurice Hasson, New Philharmonic Orchestra, Gerard Devos (LP, nicht mehr erhältlich) Brilliant showpieces of the violin, Maurice Hasson, Ian Brown ENIGMA 1977 Mit Henryk Szeryng, J.S. Bach, Die Violinkonzerte. Philips (Universal) 3. 5. 1988 Academy of St. Martin in the Fields, Sir Neville Marriner Die virtuose Violine Asv (CODAEX) 15. 6. 1990 BBC Classics, Live Recording, BBC Concert Orchestra, N.N. 1993 Barry Woodsworth, Ernest Chausson, Poeme for violin and Orchestra, Maurice Hasson J.S. Bach, Die Vier Orchestersuiten, Violinkonzerte Philips (Universal) 7. 11. 1995 Violin Favourites Gibclassic 1. 5. 1996 Perlen des Barock Philips (Universal) 13. 2. 1997 J.S. Bach, Sämtliche Orchesterwerke Philips (Universal) 6. 1. 1998 Johannes Brahms: Die Vier Sinfonien, Violinkonzert, Mauri- Classic for Pleasure 2002 ce Hasson, Halle Orchestra, James Loughran

32 Maurice Hasson (geb. 1935)

TV Produktionen

• BBC Scottish TV, Life Broadcast Maurice Ravel: Tzigane Maurice Hasson und das BBC Scottish Symphony Orchestra, Dirigent: Lois de Fremaux

• L. v. Beethoven: Violin Konzerte, Maurice Hasson, Ausstrahlung in Japan am 9. Juni 2002. Keine weiteren Angaben.

Anmerkung von Frau Mag.a Ensbacher zum Interview mit Maurice Hasson in London

Mit einer beeindruckend natürlichen Herzlichkeit emp- fing er mich in seiner Wohnung gemeinsam mit seiner Frau zu einem zweistündigen Gespräch über seine über- wältigende Liebe zur Musik und zu der "Ex Benvenuti" Stardivari.

Im Laufe des Gesprächs wurde mir klar, wie sehr Herr Hasson von Musik im Allgemeinen und dem Klang seiner Violine begeistert war. Seine Augen strahlten während Maurice Hasson unseres Gesprächs, gleichzeitig wirkte er sehr ausgegli- (Foto: Nachlass Diane Benvenuti, zur Verfügung gestellt von Frau Josso.) chen und doch von der Leidenschaft zur Musik gepackt und jederzeit bereit, sein Gegenüber dafür zu begei- stern. Sein Temperament, seine Leidenschaft und Herzlichkeit In der Folge kam ich in den Genuss eines "Privatkonzerts". waren nach dem Gespräch und in diesen wenigen Tak- Er führte mir seinen Peccatte Bogen vor und spielte aus ten unglaublich präsent. Ein Musiker mit Leib und Seele, dem Stegreif den Beginn des Brahms- und des Mendels- der seine Liebe zur Musik, zu den Menschen und zu seiner sohn-Konzerts. Ich war beeindruckt von der perfekten Violine "Antonio Stradivari" in sich trägt und durch seine Leichtigkeit und Technik seines Spiels, obwohl er vorher Offenheit und Natürlichkeit auf jeden in seinem Umfeld keine Möglichkeit hatte, sich "einzuspielen". überträgt.

33 Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung

Die Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung

Im Sommer 1999 wurde die Dkfm. Angelika Prokopp Die klangliche Demonstration von E. Seifert und W. He- Privatstiftung mit der Zielsetzung gegründet, einerseits denborg betörte die Stiftungsvorstandsmitglieder, die Kunst und Kultur und andererseits Wissenschaft und For- Stifterin und die Musiker selbst. Alle Anwesenden waren schung zu fördern. über die Qualität dieses Instruments in höchstem Maße entzückt. Im Laufe der Zeit wurde klar, dass das kulturelle Erbe und hier besonders die Musik einen Schwerpunkt darstellen 2005 wurde die Ex Benvenuti von der Dkfm. Angelika Pro- sollte. Folglich wurden Gespräche mit Künstlern und kopp Privatstiftung Wien angekauft. Kulturmanagern geführt um nachhaltige Möglichkeiten auszuloten. Es entstand der Wunsch alte Saiteninstru- Seit dem 20. Juli 2005 befindet sich die Violine als Leihga- mente anzukaufen und Wiener Musikern zur Verfügung be bei den Wiener Philharmonikern in den Händen von zu stellen. Prof. Eckhart Seifert.

Nachdem sämtliche Fragen wie z.B. wer auf den Instru- ment spielen sollte und wo man diese Instrumente kau- fen könne, geklärt waren, wurde ein Wiener Geigensolist beauftragt, bei John & Arthur Beare in London nach zwei geeigneten Instrumenten zu suchen. Zur Wahl standen die 1727 Stradivari "Ex Benvenuti" von Herrn Hasson und eine weitere Stradivari, die lange Zeit von einem der füh- renden Solisten des 20. Jahrhunderts gespielt worden war.

Dieses Instrument befand sich jedoch in einem wesentlich schlechteren Zustand und auf Empfehlung führender Ex- perten verzichtete man auf den bekannteren Namen des Vorbesitzers und gab der von Maurice Hasson gespielten Ex Benvenuti den Vorzug, da die klangliche Qualität als wesentlich höher eingeschätzt wurde. Darauf begann sich die Stiftung ernsthaft für die Ex Benvenuti zu interes- sieren.

Im Juni 2005 brachte Peter Beare, ein Mitglied von "John & Arthur Beare London", die 1727 Stardivari nach Wien um das Instrument von drei Wiener Geigenbauern unter- suchen, abmessen und inspizieren und auf Echtheit, Qua- lität und Zustand prüfen zu lassen sowie eine ungefähre Wertangabe zu machen.

Im Anschluss sollte die Klangqualität und Klangfarbe im Goldenen Saal des Wiener Musikvereins verifiziert werden.

34 Prof. Eckhard Seifert (geb. 1952)

Prof. Eckhard Seifert, Stimmführer der ersten Geigen bei den Wiener Philharmonikern, wurde 1952 in Weyer/ Obe- rösterreich geboren.

Bereits im Alter von 16 Jahren begann er sein Violinstu- dium an der Universität Mozarteum in Salzburg. Nach zwei Jahren wechselte er zu Prof. Franz Samohyl an die Universität für Musik und darstellende Kunst Wien und erhielt mit 21 Jahren sein Engagement an der Wiener Staatsoper als Primgeiger. 1975 wurde er zum Stimmfüh- rer der Primgeigen ernannt, 1976 erfolgte die Aufnahme als ordentliches Mitglied in den Verein der Wiener Philhar- moniker.

Künstlerisches Renommee erwarb sich Prof. Eckhard Sei- fert unter anderem als Primus des ehemaligen Seifert- Quartetts, als Konzertmeister der Wiener Streichersolisten sowie seit 1980 als Mitglied des Küchl-Quartetts und seit 1990 des Wiener Ring Ensembles. Prof. Eckhard Seifert gibt regelmäßig Konzerte als Solist und Kammermusiker im In- und Ausland.

Prof. Eckhard Seifert spielt seit Oktober 2005 auf der "Ex Benvenuti". Er setzt sie sowohl bei philharmonischen Konzerten, als auch für Kammermusik und für solistische Aufgaben und zum Teil bei Opernaufführungen an der Wiener Staatsoper ein.

Beurteilung der Eigenschaften der Violine Prof. Eckhard Seifert (Foto: Privatbesitz Seifert)

Die folgende Beurteilung der klanglichen und spieltech- nischen Eigenschaften der "Ex Benvenuti" entstand unter Zuhilfenahme eines detaillierten Fragebogens. Der Klang Seiner Meinung nach hebt sich die Violine von anderen Instrumenten sehr gut ab, er bezeichnet die Tragfähigkeit Zur Beschreibung des Klanges verwendet Prof. Eckhard des Instruments als hervorragend, doch könne sich die Seifert die Begriffe: hell, ausdrucksstark, brillant, warm, Violine nicht optimal mit anderen Instrumenten mischen. groß, edel, voluminös, intensiv, füllig, differenziert, nuan- Auf Temperaturunterschiede reagiere die „Ex Benvenuti“ cenreich, kernig und fein. Die Begriffe sandig und hart nicht außergewöhnlich empfindlich, auf Luftfeuchtigkeit treffen für ihn nicht ganz zu. jedoch schneller.

35 Prof. Eckhard Seifert (geb. 1952)

Die Saiten Repertoire

Prof. Eckhard Seifert verwendet für die G-, D-, und A- Saite Prof. Eckhard Seifert ist als Mitglied der Wiener Philhar- die blauen Thomastik- Infeld Saiten und für die E- Saite die moniker ein äußerst aktiver Musiker. Im Rahmen seiner Marke Kaplan (stark). Orchestertätigkeit bespielt er alle namhaften Konzertsäle der Welt. Er probierte auch Pirastro Synoxa Saiten, doch ist er der Meinung, dass die Thomastik- Infeld Saiten am Besten zu Die Literatur, die Städte und Konzertsäle mit dem entspre- der Ex Benvenuti Stradivari passen. Die angegebenen chenden Repertoire aufzulisten ist fast ein Ding der Un- Saiten verwendet Seifert für alle Besetzungen (Solo, Or- möglichkeit. chester und Kammermusik) und Epochen (Barock, Klassik, Romantik und Moderne). Besonders hervorzuheben ist die Tätigkeit im Küchl Quar- tett, das Spiel diverser Opernsoli in der Wiener Staatsoper und zahllose CD-Aufnahmen und TV-Produktionen. Der Bogen

Prof. Eckhard Seifert verwendet drei unterschiedliche Zur „Ex Benvenuti“ Stradivari meint Herr Seifert: Bögen. Bei Solokonzerten spielt er einen "Tourte Bogen", im Orchester einen "Nürnberger" und bei seiner Tätigkeit "Ich habe noch nie auf einem so tollen Instrument ge- als Kammermusiker einen "Peccatte-Bogen". spielt. Es lässt keinen Wunsch offen und hat einfach kei- nen Schwachpunkt. Wenn etwas nicht so klingt wie es Darüber hinaus ist für ihn die Wahl des Bogens abhängig soll, dann ist auf jeden Fall der darauf spielende Musiker von der Epoche. Für Barockmusik verwendet Seifert den schuld." "Nürnberger" Bogen, für Werke der Klassik den "Tourte" Bogen und für romantische Musik den "Peccatte" Bogen. Auf die Frage welcher Bogen seiner Meinung nach am Besten zu der "Ex Benvenuti" passe, nannte er den "Tourte" Bogen.

Änderungen

Korrekturen ließ er nur am Steg vornehmen. Es wurde die Neigung und der Abstand zum Griffbrett verändert. Diese Arbeiten wurden von Charles Beare (London) und Christi- ne Eriks (Wien) durchgeführt.

36 Echtheitszertifikate

Die Echtheit des Instrumentes wird durch die folgenden Es beinhaltet die Aufarbeitung des Lebens von Antonio Quellen und Zertifikate belegt: Stradivari und einen Katalog aller von ihm gebauten Instrumente. Auf Seite 81 der ergänzten Neuausgabe (Dover Publications, 1963) ist die "Halphen 1727" als re- W. Henry Hill, Arthur F. Hill, Alfred E. Hill, London präsentativ für Stradivari's Schaffen zwischen 1725 und 1730 angeführt. Im Jahre 1902 wurde die Erstausgabe des Buches "Antonio Stradivari - His Life and Work (1644- 1737)" von Wiliam E. Diese Angabe ist auf eine Notiz von Alfred Hill (siehe Ab- Hill and Sons veröffentlicht. Dieses Buch ist bis heute eine bildung) zurückzuführen, der die Violine im März 1931 in annerkannt wichtige und oft zitierte Quelle. Paris besichtigt und geschätzt hat.

Notiz von Alfred Hill aus dem Jahr 1931 (in Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung)

37 Echtheitszertifikate

Etienne Vatelot, Paris, 1978

Etienne Vatelot (geb. 1925 ) [Kolneder, S. 211] ein Pariser Die Decke besteht aus 2 Teilen Fichtenholz von mittelwei- Geigenbauer, erlernte seinen Beruf in der damals bereits tem und bei der Mittelfuge etwas engerem Wuchs. etablierten Werkstatt seines Vaters Marcel Vatelot im Die Zargen aus Ahorn haben eine sehr enge Flammung. Jahre 1942. Er studierte bei Amedee Dieudonne in Mi- Die Schnecke ist aus leicht geflammtem Ahorn. Der Lack recourt, bei Viktor Quenoil und bei Rudier in New York, ist von rot- oranger Farbe auf goldenem Grund. Die Län- kehrte aber bald nach Paris zurück, wo er sich der Re- ge beträgt 354 mm. stauration von Instrumenten widmete. "Ich, Etienne Vatelot, Geigenbausachverständiger in 1966 arbeitet Vatelot gemeinsam mit Claude Santelli an Paris, bestätige, dass die Violine, die Monsieur Maurice einem Filmprojekt um die Regierung von der Notwendig- Hasson gehört und die mit einem Zettel von Antonius keit einer Geigenbauerschule in Frankreich zu überzeu- Stradivarius in Cremona aus dem Jahr 1727 versehen ist, gen. Große Geiger wie Yehudi Menuhin, Isaac Stern und ein echtes Instrument dieses Geigenbauers ist. (…) Dieses David Oistrach unterstützten dieses Projekt indem sie Inter- bemerkenswerte Instrument ist ein typisches Exemplar der views für den Film gaben. Das Projekt war erfolgreich und von A. Stradivarius in der genannten Epoche gefertigten eine kleine Schule für 5 Studenten wurde eröffnet. Mittler- Violinen. Paris, am 6. Jänner 1978“ weile ist die Schule auf 20 Studierende erweitert worden und die Zahl der erfolgreichen AbsolventenInnen beträgt bereits 150. Eine von Etienne Vatelot gegründete Stiftung unterstützt Studierende mit Stipendien. Das Kapital dafür wurde bei Konzerten mit Freunden wie zum Beispiel Isaac Stern und Mstislav Rostropovitch eingespielt.

Auf die im Zuge der Interviews zum Film (zugegebener- David R. Hill and Son, London 2005 maßen) plakative Frage, ob Vatelot Stradivaris oder Gu- aneris Instrumente bevorzuge, antwortete er, dass diese David R. Hill and Son hat am 7. Juli 2005 folgendes Echt- Frage vergleichbar sei mit der Frage, wer die schönste heitszertifikat ausgestellt: Frau sei, die man je gesehen habe. Er meinte, dass es sehr viele schöne Frauen gibt, aber alle unterschiedliche Per- "Wir bestätigen, dass die Violine im Besitz von Dr. Hans sönlichkeiten seien. Hammerschmied in Wien, Österreich, unserer Meinung nach von Antonio Stradivari im Jahr 1727, wie am Zettel Etienne Vatelot ist nun pensionierter Geigenbauer, Sach- angegeben, gebaut wurde. verständiger beim Berufungsgericht und bei der franzö- sischen Zollbehörde. Im Rahmen seiner Arbeit erstellte er Beschreibung: Der Boden ist aus 2 Teilen mit kleiner hori- zahlreiche Echtheitszertifikate so auch für die "Ex Halphen, zontaler Flammung, das Holz der Zargen ist ähnlich und Ex Benvenuti". der Kopf weniger betont. Die Decke ist aus Fichtenholz mit feiner Maserung in der Mitte. Der Lack ist gold- rot- braun. Sein Gutachten: Das Instrument ist ein schönes und charakteristisches Bei- spiel von A. Stradivari und in sehr gutem Zustand. Früher Das Instrument hat einen Boden aus 2 Teilen Ahornholz, bekannt unter dem Namen "Ex Halphen" hat sie eine Län- mit deutlicher schmaler und enger, gegen die Ränder zu ge von 354 mm." leicht ansteigender Flammung. 38 Echtheitszertifikate

Echtheitszerifikat Etienne Vatelot. Im Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung. Beglaubigte Übersetzung von Mag. Andrea Hammerschmied

39 Echtheitszertifikate

John and Arthur Beare, London 2005

Die Wurzeln dieser Geigenhändler, Geigenbauer und Geigenrestaurateure gehen auf das Jahr 1892 zurück. Beare´s besitzt unter Geigern und Sammlern weltweit ei- nen sehr hohen Stellenwert.

Gutachten werden erstellt, Reparaturen vorgenommen und Instrumente werden von ihm geschätzt. Beare´s zeichnet sich durch seine internationale und durchaus berühmte Kundschaft aus. Musiker wie Jaqueline du Pré Heinrich Schiff, Nigel Kennedy, Yehudi Menuhin, Nathan Milstein, Isaac Stern, Pinchas Zukerman und Joshua Bell sind bzw. waren ihre Stammkunden [www.beares.com/ about_us.html].

Das Echtheitszertifikat von John and Arthur Beare wurde am 8. Juli 2005 ausgestellt.

"Wir bestätigen, dass die Geige, die die Dkfm. Angelika Prokopp Stiftung, Am Heumarkt 13, Wien, Österreich von uns erworben hat, unserer Beurteilung nach ein feines altes italienisches Instrument ist, das von Antonio Stradivari 1727 in Cremona gebaut wurde."

40 Akustische Eigenschaften der Ex Benvenuti

Messmethoden

Seit einigen Jahren ist es mittels hochentwickelter Laser- und Computertechnologie möglich, die akustischen Ei- genschaften und damit auch die "musikalische Qualität" von Saiteninstrumenten objektiv zu erfassen und zu be- urteilen.

Diese Methoden stoßen bei Gutachtern wie auch (manchen) Geigenbauern naturgemäß auf großes Miß- trauen, da sie objektive, belgbare Fakten schaffen und damit den individuellen (und zum Teil auch willkürlich genützten) Handlungsspielraum erheblich einschränken.

Obwohl im Bereich der Blasinstrumente mittlerweile weltweit erfolgreich zur Qualitätskontrolle, Qualitätsbe- urteilung und Qualitätsoptimierung eingesetzt, wird im Bereich des Geigenbaus aus verständlichen Gründen ESPI Messung des Bodens der Ex Benvenuti im Laserlabor des IWK (2008). derzeit noch versucht, die Entwicklung einfach zu negieren.

Stradivaris Ex Benvenuti ist daher die erste "Strad", deren Electronic Speckle Interfereometrie (ESPI) musikalische Qualität im Zuge einer Diplomarbeit umfas- send erfasst wurde. Auf einem speziell luftgefederten 0,5 Tonnen schweren Tisch wird die Violine am Hals auf einem Stativ fixiert. Die Untersuchungen wurden am Institut für Wiener Kl- Ebenfalls auf diesem Tisch befindet sich die Laser Einheit. angstil an der Universität für Musik und darstellende Kunst Der Laserstrahl wird durch eine Spezialoptik in einen Ob- Wien unter der Leitung von ao. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. jekt- und Referenzstrahl geteilt. Der Objektstrahl wird auf techn. Wilfried Kausel von Mag. Johanna Ensbacher das Instrument gelenkt, von diesem reflektiert und von durchgeführt. der am optischen Tisch montierten Videokamera er- fasst. Gleichzeitig wird der Referenzstrahl der Optik der Zum Einsatz kam eine Kombination von einer lasertech- Videokamera zugeführt. Über eine spezielle Messdaten- nischen Methode (Electronic Speckle Interfereometrie) erfassungskarte wird das Signal der Videokamera in den mit einer physikalisch-messtechnischen Methode (Trans- PC übertragen. Ein Spezialprogramm errechnet aus den fer- bzw. Admittanzmessung). beiden Bildern ein Interferenzmuster, das in Einzelbildern abgespeichert wird. Aus diesen Bildern errechnet dann Diese Kombination ist notwendig, da die lasertechnische ein weiteres Programm das entsprechende Video. Methode nur aufzeigt, bei welchen Frequenzen welcher Teil des Instrumentes wie schwingt (örtliche Lokalisation), Das Instrument selbst wurde mit einem Brüel&Kjaer Shaker aber nichts darüber aussagt, wieviel an "Klang" das In- an der Stegkante mit einem Sinus Sweep von 100–1500 Hz strument insgesamt abstrahlt (Klangfarbe). Diese Informa- zum Schwingen angeregt. Mit welcher Amplitude (wie tion liefert hingegen die Admittanzmessung unter Ausspa- stark) der Shakerstift den Steg zum Schwingen anregt, rung der örtlichen Lokalisation. hängt von der dem Shaker zugeführten Spannung ab.

41 Akustische Eigenschaften der Ex Benvenuti

In der nachfolgenden Aufstellung ist dieser Wert in mV (Millivolt) für jedes Video angegeben.

Nachdem die Anregung des Instrumentenkorpus in die- sem Fall nicht von der Saite selbst, sondern vom Steg er- folgt, müssen die Saiten abgedämpft werden.

Wie aus der Abbildung rechts ersichtlich, erfolgt dies mit ei- nem simplen Schaumstoffteil. Werden die Saiten nicht ab- gedämpft, so nehmen sie bei ihren Resonanzfrequenzen Schwingungsenergie auf und entziehen damit dem Korpus einen signifikanten Anteil der über den Shaker zugeführten Energie. Das hätte zur Folge, Screenshot der Schwingungsmoden des Bodens (oben) und der Decke dass zum Beispiel bei den Fre- (unten) der Ex Benvenuti bei verschiedenen Resonanzfrequenzen. quenzen der leeren Saiten der Korpus weniger stark schwin- gen würde als er es beim tatsächlichen Spiel tut. Daher ist Vergleich mit der "Schreiber" Stradivari 1712 ein Schaumstoff zur Dämpfung der Saiten während der Messung notwendig. Zwecks Anschaulichkeit wird ein Vergleich mit der 1712 gebauten "Schreiber" Stradivari (Le Brun) gezeigt. Die Videos, die das Schwingungsverhalten von Decke und Messungen wurden von Martin Schleske veröffentlicht. Boden der Ex Benvenuti über einen Frequenzbereich von 100 - 1500 Hz dokumentieren, finden sie unter: Martin Schleske, ein in Stuttgart geborener Geigenbau- http://iwk.mdw.ac.at/strad.htm er und Physiker eröffnete nach seiner Ausbildung in der berühmten Geigenbauschule Mittenwald und einem Boden Physikstudium in München, im Jahre 1996 sein eigenes Video 1 100- 300 Hz Meisteratelier und Akustiklabor nahe München. Video 2 200-600 Hz Video 3 500- 1250 Hz Seine Forschungen und Messungen an altitalienischen Video 4 1200- 1500 Hz Streichinstrumenten sowie seine "Klangkopien" haben in- ternational beträchtliches Aufsehen erregt. Regelmäßig Decke wird Martin Schleske als Referent zu Kursen und interna- Video 5 100- 300 tionalen Symposien für musikalische Akustik eingeladen. Video 6 200-600 Hz Er veröffentlicht seine Forschungsergebnisse in den be- Screenshot aus dem Video 9 als Video 7 500- 1500 Hz deutendsten internationalen Fachzeitschriften und Bü- Video 8 1000- 1500 Hz Beispiel für die Schwingungsmoden der Ex Benvenuti Decke bei 1460 Hz. chern und ist regelmäßig Gastvortragender in den USA Video 9 1200- 1500 Hz [www.schleske.de].

42 Akustische Eigenschaften der Ex Benvenuti

Die folgende Abbildung zeigt die ersten 25 Eigenmoden der Stradivari 1712 nach Martin Schleske. Veröffentlicht in: Empirical Tools in Contemporary Violin Making: Part I. Analysis of Design, Materials, Varnish and Normal Modes CASJ Vol. 4, No. 5 (Series II), May 2002.

43 Akustische Eigenschaften der Ex Benvenuti

Die folgende Tabelle zeigt exemplarisch einige Unterschiede aber auch Gemeinsamkeiten der Eigenmoden der "Schreiber" Stradivari 1712 und der Ex Benvenuti 1727 im Bereich von 100 - 1500 Hz.

Stradivari 1712 Ex Benvenuti 1727 Trotz der "jeweils eigenen Persönlichkeit" der beiden Instrumente finden 117 Hz sich deutliche Gemeinsamkeiten. Wie akribisch genau Antonio Stradi- 131 Hz vari gearbeitet hat, zeigt sich in den beiden perfekt identischen Mo- 144 Hz 146 Hz den im Bereich der Hohlraumresonanz (254 Hz und 286 Hz). 167 Hz 172 Hz Auch im Bereich der ersten Decken- und Korpusresonanzen (ca. 450 Hz - 217 Hz 520 Hz und um 1000 Hz herum) können beide Instrumente ihre Herkunft 220 Hz nicht verleugnen. 254 Hz 254 Hz 286 Hz 286 Hz Die eben gegebenen Hinweise sind als Beispiel zu verstehen. An dieser 376 Hz Stelle muss festgestellt werden, dass die Frequenzen der Eigenmoden 396 Hz zwar sehr wesentlich sind, aber bei weitem nicht das alleinige Kriterium 409 Hz in Zusammenhang mit einer Qualitätsbeurteilung darstellen. Darüber 448 Hz hinaus sind noch einige weitere komplexe Zusammenhänge mitein- 454 Hz zubeziehen, deren Erklärung den Umfang dieser Broschüre sprengen 484 Hz würde. 513 Hz 524 Hz 520 Hz 575 Hz 675 Hz Die Admittanzmessung 713 Hz 769 Hz Während eine lasertechnische Untersuchung der Violine mit der Elec- 779 Hz tronic Speckle Interfereometrie (ESPI) zeigt, bei welchen Frequenzen 825 Hz Decke und Boden ausgeprägte Moden besitzen und an welcher Stelle 854 Hz sie genau schwingen (das ist besonders für Geigenbauer interessant), 884 Hz sagt eine solche Untersuchung nichts darüber aus, wieviel Schallener- 919 Hz gie insgesamt vom Korpus abgestrahlt wird. 930 Hz 985 Hz Um einen Rückschluss auf die klanglichen Eigenschaften einer Violine 1050 Hz zu bekommen, wird entweder eine Transferfunktionsmessung oder ei- 1060 Hz ner Admittanzmessung durchgeführt. 1090 Hz 1110 Hz Bei der Transferfunktionsmessung wird in einem schalltoten Raum die 1130 Hz Violine am Steg der Reihe nach mit allen Frequenzen angeregt und 1150 Hz der vom Instrument abgestrahlte Schall gemessen. Ein Nachteil dieser 1190 Hz Messung ergibt sich aus der starken Richtwirkung bei Violinen. Dadurch 1200 Hz ist das Resultat in hohem Maße von der Mikrophonposition abhängig. 1210 Hz 1280 Hz Aus diesem Grund hat sich international die Admittanzmessung als 1320 Hz Standard durchgesetzt. 1340 Hz 44 1470 Hz Akustische Eigenschaften der Ex Benvenuti

Hier wird die Violine ebenfalls am Steg angeregt, aber Die Abbildung unten zeigt die Admittanzkurve der Stra- nicht der abgegebene Schall, sondern an der gegenü- divari Ex Benvenuti. Deutlich erkennbar sind die für alti- berliegenden Seite des Steges die Reaktion des gesamt- talienische Geigen typischen Hauptresonanzen, die bei en Korpus gemessen. Das Resultat ist eine Kurve, die un- der Ex Benvenuti exakt beim A1 (440 Hz) und beim C2 abhängig vom Raum in dem gemessen wurde, angibt, (525 Hz) liegen. Weitere Maxima finden sich beim B2, wie viel Schall die Violine bei jeder Frequenz abstrahlt. Cis3 und G3.

Vorteil: es ist kein schalltoter Raum und kein Mikrophon Ebenfalls gut ausgeprägt und typisch für Violinen von nötig, auch die Richtwirkung des Instrumentes spielt kei- Antonio Stradivari sind die Resonanzen im Frequenzbe- ne Rolle. reich zwischen 2,5 kHz – 4 kHz. Dieser Bereich ist für die "Brillanz" des Violinklanges wesentlich. Nachteil: mit dieser Messung wird die Hohlraumresonanz nicht in ihrer Gesamtheit berücksichtigt. Daher wurde im Eine eher unangenehme Eigenschaft vieler wertvoller Zuge dieser Untersuchung die Hohlraumresonanz zusätz- altitalienischer Violinen ist ihre Neigung zu Wolftönen. Ein lich mit BIAS gemessen. solcher Wolfton wird in den meisten Fällen durch eine extrem starke Deckenresonanz oft im Bereich um 500 Hz Die Admittanzmessung wurde mit dem am Institut für verursacht. Wiener Klangstil entwickelten VIAS-System gemessen. Dabei wird an der rechten Stegoberkante bei der e-Sai- Die Ex Benvenuti besitzt zwar ebenfalls eine Deckenreso- te das Instrument mit einem kurzen Impuls angeregt und nanz in diesem Frequenzbereich, allerdings teilt sich die gleichzeitig an der Stegoberkante bei der g-Saite mit Energie auf 2 Resonanzspitzen (bei 440 Hz und 525 Hz) einem dort befestigten 0,1 Gramm leichten Beschleuni- auf. Dadurch reicht die Deckenresonanz nicht aus, eine gungsaufnehmer die Reaktion des Instrumentes erfasst. Wolftonsituation zu erzeugen. Die Saiten werden dazu mit einem Stück Schaumstoff abgedämpft. Die Ex Benvenuti besitzt keinen Wolfton!

Admittanzkurve der Stradivari Ex Benvenuti

45 Akustische Eigenschaften der Ex Benvenuti

Antonio Stradivari - Jakob Stainer, ein Vergleich

Jakob Stainer (1617-1683) war ein berühmter Tiroler Gei- Im Brillianz-Bereich zwischen 3000 Hz und 5000 Hz zeigt genbauer, dessen Instrumente bis um 1800 einen besse- sich hingegen die klare Überlegenheit der Stradivari Ex ren Ruf als die seiner italienischen Kollegen hatten. Benvenuti. Eine um 15-20 dB stärkere Klangabstrahlung belegt eindrucksvoll die für Stradivari-Instrumente so Die Abbildung unten zeigt einen Vergleich zwischen der typische Durchsetzungskraft. Ex Benvenuti und einer wertvollen, nicht umgebauten Jakob Stainer Violine (Besitz: American National Museum Bemerkenswert auch die starke Abstrahlung der Jakob Vermont). Die gelbe Kurve stammt von der Jakob Stainer, Stainer im nasalen Bereich zwischen 1kHz - 2 kHz. die rote Kurve von der Ex Benvenuti. Der "Hügel" ab 6500 Hz in der Jakob Stainer-Kurve ist auf Deutlich ist die extreme Deckenresonanz der Jakob Stai- die damalige Messanordnung (2001) zurückzuführen ner Violine bei 500 Hz zu erkennen. Dieses Instrument be- und nicht relevant. sitzt einen stark störenden Wolfton.

Admittanzkurven einer Jakob Stainer Violine (gelb) und der Stradivari Ex Benvenuti

Die Klangfarbe - Virtueller Klang

Aufgrund der Admittanzdaten weiß man, wieviel Schall Die Abbildung auf der nächsten Seite zeigt den simu- eine Violine bei welcher Frequenz abgibt. Nimmt man lierten Klang der Ex Benvenuti vom tiefsten Ton der g-Saite eine für Saitenschwingungen typische Sägezahnschwin- bis zum D6 bei 10.000 Hz in Form eines Spektrogramms. gung als Anregungssignal, so kann man den spezifischen Klang einer gemessenen Violine simulieren und hörbar Auf der waagrechten Achse sind die Töne (bzw. die Fre- machen. Daher kann dieser Klang auch in Form eines quenz) und auf der senkrechten Achse für jeden Ton die für Klangspektrums oder Spektrogamms optisch dargestellt die Klangfarbe wichtigen ersten 20 Teiltöne aufgetragen. werden.

46 Akustische Eigenschaften der Ex Benvenuti

Die Stärke jedes im Klang enthaltenen Teiltones ist in Far- Neben den stark "grundtönigen" a1, c2, b2 und g3 zeigt be codiert (von weiß über gelb, rot, blau und grün bis hin die Schallpegelkurve eine beeindruckend konstante zu schwarz). Je heller die Farbe, desto größer die Amplitu- Dichte im Brillanzbereich zwischen 2000 Hz und 4000 Hz. de des jeweiligen Teiltones. Die weiße Kurve stellt das "Harmonic Centroid" dar. Die- Die schwarze Kurve gibt den sogenannten RMS-Pegel se Kurve gibt für jeden Ton jene Frequenz an, bei der (=Schallpegel/Lautstärke) für jeden Ton (bei gleich starker dieser Ton seinen Klangschwerpunkt besitzt. Auch diese Anregung) an. Kurve ist mit Ausnahme der oben erwähnten vier Töne sehr konstant.

Virtueller Klang der Ex Benvenuti, errechnet aufgrund der gemessenen Admittanzdaten

Die Abbildungen (links) ermöglichen einen Vergeich der Ex Benvenuti beiden Instrumente auf optischem Wege (oben: die Ex Benvenuti, unten: die Jakob Stainer Violine).

Der von links oben hereinfallende "blaue Keil" im Ober- tonbereich der Jakob Stainer bis hin zum G3, zeigt ih- ren etwas näselnden Klangcharakter in diesem Register. Die Ex Benvenuti hingegen zeichnet sich dort mit den starken Rottönen durch ein volles, ausgewogenes Ober- Jakob Stainer tonspektrum aus. Mit Hilfe dieser Darstellung kann der Klangcharakter je- des einzelnen spielbaren Tones analysiert und dokumen- tiert werden.

47

Bemerkenswertes und Kurioses

1. Der Klang und die spieltechnischen Eigenschaften der Stradivari Ex Benvenuti wurden von Maurice Hasson und Eckhard Seifert unabhängig von einander gleich be- schrieben und beurteilt.

Beide sind international erfahrene Top Musiker, in ihrem individuellen emotionalen Zugang jedoch durchaus als unterschiedlich zu bezeichnen.

2. Die von den beiden Geigern gleichermassen festge- stellten klanglichen und spieltechnischen Besonderheiten sind durch objektive Messungen weitgehend belegt und nachgewiesen.

3. Das Instrument besitzt - im Gegensatz zu anderen Instru- menten dieser Preiskategorie - offensichtlich eine Eigen- schaft, die mit physikalischen Messungen nicht erfassbar ist: die Spieler bauen unbewusst innerhalb kürzester Zeit eine starke emotionale Beziehung zu diesem Instrument auf. Dies ist in den ausführlichen Interviews mit beiden Mu- sikern immer wieder zum Vorschein gekommen.

In ihren Aussagen beschreiben sie unabhängig von ei- nander eine Beziehung, welche nicht aufgrund des be- rühmten Namens oder des besonders hohen materiellen Wertes des Instrumentes, sondern ausschließlich auf sei- nen Eigenschaften beruht (Statement von Frau Hasson: "Antonia Stradivari war seine erste Frau und ich seine zweite.")

4. Die Ex Benvenuti ist vermutlich die erste (und einzige) Stradivari, die auf den Rumpf einer Boing appliziert, im- mer wieder innerhalb weniger Tage den Erdball umrun- det.

48 Anhang

ANHANG

49 Pressemeldungen

LONDON The Times

50 Pressemeldungen

51 Pressemeldungen

52 Pressemeldungen

53 Pressemeldungen

54 Pressemeldungen

55 Pressemeldungen

LONDON The Daily Telegraph

56 Literatur und Dokumente

Beare, Charles Kolneder, Walter Capolavori di Antonio Stradivari Das Buch der Violine Cremona, Palazzo Comunale, Atlantis Musikbuch-Verlag, Zürich und Mainz, 1933 Arnoldo Mondadori Editore, 1987 Lütgendorff, Willibald Leo Freiherr von Beare, Charles Die Geigen- und Lautenmacher Stradivari Violin, 1727, Vom Mittelalter bis zur Gegenwart A brief history, 2005 Frankfurt am Main in Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung Verlag von Heinrich Keller, Frankfurt am Main, 1913

Beare, John and Arthur Lütgendorff, Willibald Leo Freiherr von Echtheitszertifikat, Original Ergänzungsband von Thomas Drescher 8. Juli 2005 Die Geigen- und Lautenmacher in Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung Vom Mittelalter bis zur Gegenwart Verlegt bei Hans Schneider Tutzing, 1990 Finscher, Ludwig und Blume, Friedrich Die Musik in Geschichte und Gegenwart Niedereitmann, Friedrich Personenteil Band 15: Schoo- Stran Cremona, Eine Charakteristik der italienischen Bärenreiter Verlag 2006, Kassel Geigenbauer und ihrer Instrumente Leipzig, Verlag von Carl Merseburger, 1922 Fuchs, Albert Taxe der Streichinstrumente Sacconi, Simone F. Anleitung zur Einschätzung von Geigen, Violoncelli, Die „Geheimnisse“ Stradivaris Kontrabässen usw. nach Herkunft und Wert, 13. Auflage Verlag Erwin Bochinsky, 1977 Musikverlag Friedrich Hofmeister, Hofheim am Taunus Schleske, Martin Hill, Alfred Empirical Tools in Contemporary Violin Making Notiz zur Stradivari „Ex Halphen“ 1727 Catgut Acoustical Society Journal in Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung Vol. 4, No. 5, (Series II), May 2002

Hill, David R. and Son Schleske, Martin Echtheitszertifikat, Original 7. Juli 2005 www.schleske.de in Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung Vatelot, Etienne Hill, W. Henry, Arthur F., Alfred E.; Echtheitszerifikat der Violine von Maurice Hasson, Antonio Stradivari, His life and work (1644- 1737) Stradivari aus dem Jahr 1727, Dover Publications, Inc. New York, 1963 in Besitz der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung

Kaden, Patricia Artikel aus dem Strings Magazine http://www.stringsmagazine.com/issues/strings90/ newsprof.shtml31.8. 08, 19.30

57 Stradivari's Violinen - aktueller Stand

Modell Baujahr Eigentümer Bemerkungen

Aranyi Stradivarius 1667 ex Captain Saville Stradivarius 1667 André Rieu

Amatese Stradivarius 1668

gestohlen Mai 1996, wird noch immer Oistrakh Stradivarius 1671 David Oistrach [5] vermisst

Paganini-Desaint Stradivarius [6] verliehen an Kikuei Ikeda vom Tokyo String 1680 Nippon Music Foundation (Paganini-Quartett) Quartet

gestohlen im Mai 2007 in Wien - wenige Tage ex Giovanni Battista Viotti 1680 Christian Altenburger [7] darauf sichergestellt und retourniert

Fleming Stradivarius 1681 Stradivari Society [8] verliehen an Cecily Ward

Bucher Stradivarius 1683

Cipriani Potter Stradivarius 1683

Cobbett ex Holloway Stradivarius 1683

Vermutlich im Auftrag des englischen Königs gefertigt, kam die Violine im 19. Jahrhundert in den Besitz der Countess of Seafield, die sie 1884/85 an William Croall of Edinburgh weiter verkaufte. 1906 erwarb Frederic Smith das ex Croall Stradivarius 1684 WestLB Instrument, 1998 kam es über einen Schweizer Händler an die WestLB. Sie wurde zunächst leihweise an Frank Peter Zimmermann vergeben, nach dem Musikwettbewerb der WestLB 2006 leihweise vergeben an Alexander Gilman[9] . ex Arma Senkrah Stradivarius 1685 ex Castelbarco Stradivarius 1685

Golden Bell 1686 Schweizer Privatbesitz verliehen an Simone Zgraggen Quelle: www.wikipedia.org ergänzt durch Dokumente der Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung 58 Stradivari's Violinen - aktueller Stand

Patrimonio Nacional, Spanisch Stradivarius I [10] 1689 Palacio Real, Madrid, Baujahren 1687-1689 (del Cuarteto Real) Spanien

Patrimonio Nacional, Spanisch Stradivarius II [10] 1689 Palacio Real, Madrid, Baujahren 1687-1689 (del Cuarteto Real) Spanien

Auer Stradivarius 1689 Stradivari Society verliehen an Vadim Gluzman

Arditi Stradivarius 1689

Baumgartner Stradivarius 1689

Bingham Stradivarius 1690

Bennett Stradivarius 1692 Winterthur-Versicherungen verliehen an Hanna Weinmeister

Falmouth Stradivarius 1692 Leonidas Kavakos

Baillot-Pommerau Stradivarius 1694

Fetzer Stradivarius 1695 Stradivari Society verliehen an Ruggero Allifranchini

Dima Bilan gewann mit Hilfe von Jewgeni Antonio Stradivarius 1697 Edvin Marton Pljuschtschenko, Edvin Marton und dessen Violine den Eurovision Song Contest 2008 [11]

Cabriac Stradivarius 1698 ex Baron Knoop Stradivarius 1698 ex La Rouse Boughton Österreichische verliehen an Boris Kuschnir vom Wiener 1698 [12] Stradivarius Nationalbank Brahms Trio

auf einer Auktion von Christie's in New York für Lady Tennant Stradivarius 1699 [13] über 2 Millionen US-Dollar versteigert

Longuet Stradivarius 1699

Countess Polignac Stradivarius 1699 Gil Shaham

Castelbarco Stradivarius 1699

Cristiani Stradivarius 1700 Prof. Alexander Scriba

59 Stradivari's Violinen - aktueller Stand

Taft ex Emil Heermann 1700 Stradivarius

Dushkin Stradivarius 1701 Stradivari Society verliehen an Frank Almond

wird gespielt durch den 1982 in St. Petersburg geborenen Musiker Kirill Troussov. Dieses Instrument ist nach seinem früheren Besitzer, The Brodsky 1702 den Violinisten Adolf Brodsky benannt und wurde 1878 in Wien bei der Uraufführung von Tschaikowskis Violinkonzert gespielt, dirigiert durch Hans Richter

The Irish Stradivarius 1702 OKO Bank, Finnland verliehen an Réka Szilvay

Conte di Fontana Stradivarius, ex Oistrach spielte das Instrument ab ca. 1953 für 1702 Oistrach etwa acht Jahre

King Maximilian Joseph um 1702 Stradivari Society verliehen an Berent Korfker Stradivarius

Lyall Stradivarius 1702 Stradivari Society verliehen an Stefan Milenkovich

Bundesrepublik Antonio Stradivari 1703 Musikinstrumentenmuseum, Berlin Deutschland

Dancla Stradivari 1703 L-Bank verliehen an Linus Roth

Allegretti Stradivarius 1703

Alsager Stradivarius 1703

Emiliani Stradivarius 1703 Anne-Sophie Mutter v.a. auf den Aufnahmen mit Karajan zu hören

Betts Stradivarius 1704 ex Marsick Stradivarius, auch eine James Ehnes Fulton für diese Violine tauschte Oistrach seine 1705 ex Oistrach Collection „Fontana-1702“ ein

erworben für Frank Peter Zimmermann, der ex Dragonetti 1706 West LB jetzt die Lady Inchiquin spielt

Österreichische ab 2006 verliehen an David Frühwirth; bis 2006 ex Brüstlein Stradivarius 1707 [14] Nationalbank an Benjamin Schmid

60 Stradivari's Violinen - aktueller Stand

61 Stradivari's Violinen - aktueller Stand

früher gespielt von Fritz Kreisler. Das Instrument wurde 1889 vom Londoner Händler Hill an eine Miss Foster verkauft. 1949 war sie im Besitz von Lady Inchiquin in Irland. Das Instrument kam nach Amerika und kam in den 1960er Jahren an den Sammler C. M. Sin aus Lady Inchiquin 1711 West LB Hongkong. 1978 verkaufte Sin das Instrument über den Chicagoer Händler Bein & Fushi an Walter Scholefield, Geiger bei den Berliner Philharmonikern. Im Jahr 2002 erwarb die WestLB das Instrument und stellte es Frank Peter Zimmermann zur Verfügung.[17] [18]

Liegnitz Stradivarius 1711

Leonardo da Vinci 1712

Gibson ex Hubermann 1713 Joshua Bell Stradivarius

Dolphin Stradivarius 1714 Nippon Music Foundation verliehen an Akiko Suwanai[19]

Soil Stradivarius 1714 Itzhak Perlman ex Berou ex Thibaud Stradivarius 1714

gestohlen am 9. April 2002, wird noch immer Le Maurien Stradivarius 1714 vermisst

Leonora Jackson Stradivarius 1714

Österreichische Wiener Philharmoniker, verliehen an Rainer ex Smith-Quersin 1714 Nationalbank Honeck

Lipinski Stradivarius 1715 wird seit 1962 vermisst

Cremonese, ex Joachim 1715 Stadt Cremona Stradivarius

Titian Stradivarius 1715

Tartini Stradivarius 1715 Yamei Yu

Alard Stradivarius 1715

62 Stradivari's Violinen - aktueller Stand ex Bazzini Stradivarius 1715

Cessole Stradivarius 1716

Berthier Stradivarius 1716

verliehen an Arabella Steinbacher, früher Booth Stradivarius 1716 Nippon Music Foundation gespielt von Julia Fischer

gestohlen am 3. November 1998, wird noch Colossus Stradivarius 1716 immer vermisst

Monasterio Stradivarius 1716

Österreichische ex Baron Oppenheim 1716 Alexander Janiczek Nationalbank

Provigny Stradivarius 1716

Gehört zur Hill-Collection im Ashmolean- Messiah Stradivarius 1716 Museum, Oxford

The Canada Council for the ex Windsor Weinstein Stradivarius 1716 Arts Musical Instrument Bank[20] ex Wieniawski Stradivarius 1717

"Kochanski" Stradivarius 1717 Pierre Amoyal

Sasserno Stradivarius 1717 Nippon Music Foundation verliehen an Viviane Hagner

noch im Besitz der Talbot San Lorenzo Stradivarius 1718 gespielt von David Garrett Stiftung Aachen

Österreichische Wiener Philharmoniker, verliehen an Volkhard Viotti Stradivarius / Rose 1718 Nationalbank Steude

Firebird ex Saint Exupéry 1718 Salvatore Accardo Stradivarius

Universität der Künste [21] Stradivarius 1719 gestohlen im Juni 1945 in Babelsberg Berlin

Madrileño Stradivarius 1720

63 Stradivari's Violinen - aktueller Stand ex Beckerath Stradivarius 1720

Red Mendelssohn Stradivarius 1720 gespielt von Elizabeth Pitcairn

Artot Stradivarius 1722

geliehen früher an Midori Goto, heute an Erik Jupiter Stradivarius 1722 Nippon Music Foundation [22] Schumann

Laub Petschnikoff Stradivarius 1722

Jules Falk Stradivarius 1722 Viktoria Mullova

verliehen an Philippe Quint, der sie am 21. April 2008 in einem Taxi liegen liess. Der ehrliche Taxifahrer brachte das Instrument Kiesewetter Stradivarius 1723 Stradivari Society jedoch am nächsten Tag zurück. Aus Dankbarkeit gab Quint ein Exklusivkonzert für Taxifahrer am Flughafen Newark.

früher Musikhochschule Le Sarasate Stradivarius 1724 Paris, jetzt Cité de la Musique

verliehen bis 2007 an Prof. Lukas Hagen vom Österreichische ex Rawark Stradivarius 1724 Hagen-Quartett, jetzt an Wiener Nationalbank Philharmoniker Tibor Kovacz

Brancaccio Stradivarius 1725

Barrere Stradivarius 1725 Stradivari Society verliehen an Janine Jansen

Österreichische Wiener Philharmoniker, verliehen an Rainer Chaconne 1725 Nationalbank Küchel

Wilhelmj Stradivarius 1725 Nippon Music Foundation verliehen an Baiba Skride

(ehem. Besitzerin: Erica gestohlen am 18. Oktober 1995, wird noch Davidoff Morini Stradivarius 1727 [23] Morini) immer vermisst ex General Dupont Stradivarius 1727 verliehen an Jennifer Koh

Holroyd Stradivarius 1727

Kreutzer Stradivarius 1727

64 Stradivari's Violinen - aktueller Stand

Hart ex Francescatti Stradivarius 1727 Salvatore Accardo

Paganini Comte Cozio di Salbue verliehen an Martin Beaver vom Tokyo String 1727 Nippon Music Foundation Stradivarius (Paganini Quartett) Quartet

Dkfm. Angelika Prokopp Wiener Philharmoniker, verliehen an Eckhard Halphen Violine 1727 Privatstiftung Seifert

Dragonetti; Milanollo 1728 Giovanni Battista Viotti Corey Cerovsek

vererbt an die Los Angeles Philharmonic Benny Stradivarius 1729 Jack Benny [24] Association

Der Käufer wurde von am 2. April 2007 um 2,728 Mio. US Dollar bei Solomon, ex-Lambert Stradivarius 1729 Christie's nicht Christie’s in New York versteigert bekanntgegeben

Lady Jeanne 1731 Donald Kahn Foundation verliehen an Benjamin Schmid[25]

Herkules Stradivarius 1732 Eugène Ysaye gestohlen 1908, wird noch immer vermisst

Des Rosiers Stradivarius 1733

Rode Stradivarius 1733

Khevenhüller, Ex-Menuhin 1733

(Besitzer: Roman Anfang 1980 bei einem Konzert gestohlen, wird Ames Stradivarius 1734 Totenberg) noch immer vermisst ex Baron von Feilitzsch 1734 Stradivarius

Habeneck Stradivarius 1734 Royal Academy of Music

in den 1960er gestohlen, wird noch immer Lamoureux Stradivarius 1735 (Besitzer: Efrem Zimbalist) vermisst

Muntz Stradivarius 1736 Howard Gottlieb

Comte d'Amaille Stradivarius 1737

Lord Norton Stradivarius 1737

Chant du Cygne - Swan Song 1737 Stradivarius

65 66 67 Gregor Widholm: Antonio Stradivaris Ex Benvenuti Schriftenreihe des Instituts für Wiener Klangstil, Band 10 Herausgeber: Hans Hammerschmied Copyright © 2011 by Dkfm. Angelika Prokopp Privatstiftung ISBN 978-3-900914-08-0

68