DAVID BINNEY
SOUTH David Binney mit Chris Potter, Uri Caine, Adam Rodgers, Scott Colley, Brian Blade
ACT 9279-2
Es gibt nicht wenige Kritiker, die dem Jazz der Gegenwart ein eher mäßiges Zeugnis ausstellen: er halte sich nur noch mit längst ausgereizten Ideen über Wasser, ihm fehle der Abenteuergeist und die Kraft, um noch einmal eine Revolution anzuzetteln, wie er es im Laufe seiner Geschichte einst mehrfach getan hat. Gut, dass es immer wieder Musiker gibt, die die Jazz-Pessimisten verstummen lassen und uns daran erinnern, dass dieser schwer fassbare Stil durchaus den Anspruch erheben kann, die aufregendste Musik des 20. Jahrhunderts gewesen zu sein und darüber hinaus das Zeug dazu hat, auch das neue Millennium musikalisch ganz wesentlich zu beeinflussen. Zu diesen Musikern gehört der Saxofonist und Komponist David Binney aus New York, ein unerschrockener Geist, der, beeinflusst vom Jazz aller Epochen, aber auch von Rock und Funk bis hin zur modernen Klassik, Musik von ganz eigenwilliger, bislang ungehörter Schönheit schreibt und spielt.
David Binney wurde im Sonnenstaat Florida geboren, wuchs in Kalifornien auf und machte in New York Karriere. Sein Name mag noch nicht jedem Jazzfan ein Begriff sein, doch unter Musikern genießt der 39jährige bereits einen fabelhaften Ruf, was schon seine imposante Biographie belegt. In der haben sich Auftritte und Tourneen mit dem Gil Evans Orchestra, Maria Schneider, Cecil McBee oder Bobby Previte und CD-Einspielungen mit Uri Caine, Leni Stern, Drew Gress, Boomish, Lonnie Plaxico, The Jazzhole, Medeski, Martin & Wood oder Ed Simon verewigt. In seinem Lebenslauf findet sich auch die Mitgliedschaft in solchen Gruppen wie Lost Tribe, Lan Xang und Global Theory und ein eigenes kleines Label, Mythology Records. David Binney, der zwar auch Tenor- und Sopran-, aber hauptsächlich Altsaxophon spielt, hat im Laufe der Jahre einen Sound entwickelt, den man, einmal gehört, nicht mehr vergisst. Seine Saxofonstimme kann es mit dem Emotionsspektrum der menschlichen Stimme aufnehmen, kann ganz weich im Ansatz sein, dann markant, fordernd, schließlich bohrend, schreiend, flehend.
Alle diese Gefühlsfacetten finden sich auch auf seinem ACT-Debüt- „ “ Zu den Aufnahmen lud David Binney Musiker ein, die zu seinem engsten Umfeld gehören. Ein illustres Sextett hat er da zusammengestellt, eine Band der Bandleader: Chris Potter muss zu den wichtigsten Tenorsaxofonisten seiner Generation gezählt werden. Das Multi- Talent, das auch ausgezeichnet Sopran- und Altsaxofon, Bass-Klarinette und Piano beherrscht, ist zuletzt im Quintett von Dave Holland, aber auch an der Seite von Paul Motian, Steve Swallow, John Patitucci oder Antonio Farao sowie in der Mingus Big Band aufgefallen. Auf dem jüngsten Album der legendären Gruppe Steely Dan spielt er sämtliche Saxofon-Soli. Den Gitarristen Adam Rogers konnte man bereits in den Bands von Randy Brecker, Jacky Terrasson, Alexander Sipiagin und Bill Evans bewundern. Mit im hat David Binney auch in der Formation Lost Tribe zusammen gewirkt. Der Pianist Uri Caine gehört zu den vielseitigsten Pianisten der New Yorker Jazz-Szene und sorgte in der jüngeren Vergangenheit mit Bearbeitungen klassischer Werke für Furore: seine Gustav Mahler- und Richard Wagner- Adaptionen fanden sich genauso in den Schlagzeilen der Fachpresse wieder wie zuletzt seine Interpretation von Bachs Goldberg-Variationen. Bassist Scott Colley veredelte bislang Alben von Andrew Hill, Jim Hall, Carmen McRae, Fred Hersch oder Renee Rosness mit perfekter Intonation und ebensolchem Timing und leitet daneben eigene Gruppen. Der Schlagzeuger Brian Blade hat mit seinem feinnervigen Spiel schon Ikonen wie Bob Dylan, Joni Mitchell, Seal, Daniel „ “