Respekt. Mehr Lohn. Mehr Zeit
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AZA 3000 BERN 15 NR. 8 | 26. APRIL 2019 | FR. 2.80 | www.workzeitung.ch DIE ZEITUNG DER GEWERKSCHAFT. Postauto-Erfolg: Endlich Endlich Schluss Schluss mit mit Gratisarbeit! Gratisarbeit! Seite 3 Was wo wann läuft am 1. Mai: Seite 13 Sisterhood! Respekt. Mehr Lohn. Mehr Zeit. 6 Seiten Frauen*streik: Geschichte, Gegenwart und Zukunft • Mitorganisatorin Dore Heim erinnert sich: «So war das 1991» • Grafi kerin Agnes Weber gestaltete schon das Frauenstreik-Logo 1991 und 2019 das Frauenstreik-Plakat • Streiks und Aktionen am 14. Juni: Alles, was Recht ist. Seiten 4 – 5, 14 – 15 und 18 FOTOS: SGB, PRADEE SHUKLA, NICOLAS ZONVI PRADEE SHUKLA, FOTOS: SGB, Die gefährlichsten Jobs der Welt Alte Hochseeschiffe sind Giftmüll. Wer sie abwracken muss, ist in steter Lebensgefahr. Die Schock-Reportage aus Indien. Seiten 10–11 2 work 26. April 2019 w o r kedito Neue Arbeitsverträge: Wer nicht unterschreibt, fl iegt raus Marie-Josée Kuhn Bis 45 Prozent weniger Lohn NOCH 49 MAL … ... schlafen bis zum Frauenstreik im Salt-Shop am 14. Juni. Dass es wieder einen Frauenstreik gibt, fi ndet auch Die Telekomfi rma Salt schockiert ihre Agnes Weber «einfach super». Sie Verkaufsmitarbeitenden mit einer Welle ist die Grafi kerin, die für den von Änderungskündigungen. Ein neues Gewerkschaftsbund das Frauen- Lohnsystem soll den Leistungsdruck streik-Plakat kreiert hat (siehe massiv erhöhen. work-Cover). Drei Frauen aus drei JONAS KOMPOSCH Generationen, mit verschränkten Auf eine solche Osterbescherung muss Armen, die uns fadengerade man erst mal kommen. Kurz vor den Fei- anschauen. Weber sagt: «Mit ertagen setzte die Salt Mobile SA (vormals Orange) ihren Verkaufsmitarbeitenden ihrem Blick und ihrer Körper- neue Arbeitsverträge vor – und eine Dro- haltung drücken die Frauen aus: hung: Wer nicht unterschreibt, fl iegt. ‹Hallo, da sind wir. Und jetzt Betroffen sind rund 400 Mitarbeitende VERSALZEN: Der neue Vertrag, den Salt seinen Mitarbeitenden vorsetzt, längt’s im Fall.›» Nicht «verbissen» in über 100 Salt Stores. ist ziemlich ungeniessbar. FOTO: KEYSTONE Mit den neuen Verträgen will die wollte sie sie haben, nicht «frus- Telekomfi rma individuelle, erfolgsab- triert», aber «entschlossen». Und hängige Verkaufsprovisionen durchset- das ist Weber auch gelungen: ein zen. Konkret sollen die Gehälter der Mit- wenig Sisterhood, ein bisschen arbeitenden künftig davon abhängen, wie viele Abos und Handys jeder und jede Ein- cooler Jazz. Etwa vierzig bis fünf- zelne verkauft hat. Schon heute unterteilen zig Stunden habe sie für diese sich die Gehälter in einen Fixlohn von 3000 Arbeit investiert, erzählte Weber Franken und in einen Bonusteil, der 35 Pro- work beim Besuch in ihrem Atelier zent des gesamten (Seite 18). Grafi k sei Handwerk Das neue Lohn- Gehalts ausmachen kann. Rund 4600 und nicht Kunst. system bedroht Franken brutto las- zusätzlich das DIESE AUGEN! Ein bisschen eine sen sich so in gut Betriebsklima. laufenden Stores das Verkaufs- lich 30 Mit- Kunst ist es aber schon, wenn eine verdienen. Doch für personal sofort. Im arbeitende, die Grafi kerin gleich zweimal mit die Provision ist bis- «Blick» liessen bereits et- den neuen Arbeits- ihren Polit-Sujets voll ins Violette lang nicht die Leistung der einzelnen Ver- liche Mitarbeitende Dampf ab. Sie vertrag nicht unterzeichnen. trifft. Denn schon das Augenpaar kaufsperson ausschlaggebend, sondern der erwarten vom neuen Provisionssystem Lohn- Dann läge nämlich eine Massenentlassung Umsatz der jeweiligen Filiale. Das soll sich einbussen bis zu 45 Prozent und noch mehr vor, und Salt wäre als Grossunternehmen ge- vom Frauenstreik 1991 war ein jetzt ändern. Leistungsdruck. zwungen, einen Sozialplan auszuhandeln. Sujet made by Agnes Weber. Diese Das neue Individuallohnsystem bedroht Ohnehin ist fraglich, ob die Änderungskündi- Augen, die aus drücken, «wir MITARBEITENDE RECHNEN NACH zudem das Betriebsklima. Wenn nicht mehr gungen rechtlich etwas taugen. sehen euch, Frauen». Auch wenn Um das neue System durchzusetzen, machen die Leistung des gesamten Teams zählt, steigt Denn das Schreiben ist dermassen die Salt-Manager unter Chef Pascal Grieder der Druck auf die Einzelnen. Das Miteinander schludrig verfasst, dass nicht einmal das Kün- euch das Patriarchat nicht sieht. von einer altbekannten Herrschaftstechnik droht für einen ständigen Kampf aller gegen digungsdatum stimmt: Der Rausschmiss der Und schon gar nicht honoriert. Gebrauch. Mit einem Zückerchen versuchen alle zu zerfallen. Leute ist auf den 31. Juli 2018 (!) angesetzt. Aus- Überall tauchten sie damals auf, sie, den Mitarbeitenden die neuen Verträge serdem sollen die Verschlechterungen bereits diese wissenden, schwarzen schmackhaft zu machen. Tatsächlich beträgt DILETTANTISCHER WISCH am 1. Mai eintreten. Dass dies rechtlich mög- der in Aussicht gestellte Fixlohn künftig 4000 Änderungskündigungen zulasten der Mitar- lich ist, bezweifelt Christian Capacoel von der Augen. Auch auf dem Bundes- statt wie bisher 3000 Franken. Und: Die Ge- beitenden sind in der Schweiz grundsätzlich Gewerkschaft Syndicom: «Salt muss zumin- platz, als Tausende von streiken- haltsobergrenze wird mit phantastisch anmu- erlaubt. Trotzdem müssen sich die Verkäufe- dest die Kündigungsfrist respektieren.» Auch den Frauen plötzlich mit der tenden 8000 Franken angegeben. Ausserdem rinnen und Verkäufer noch nicht geschlagen dürften Angestellte nicht unter Druck zur Un- 700-Jahr-Feier der Eidgenossen- sollen neu auch Lernende in den Genuss eines geben. Sie können den Angriff auf ihre Ar- terschrift gedrängt werden. Zusammen mit Be- Bonussystems kommen. Also eine Gehaltsver- beitsbedingungen abwehren, wenn sie sich troffenen plant Syndicom nun die weiteren schaft zusammenprallten. Und besserung? Eher ein Lockvogel! Das erkannte gemeinsam organisieren. Es brauchte ledig- Schritte. alles aus dem Ruder lief. Doch lesen und sehen Sie doch selber, liebe Leserinnen und Leser, warum dieser erste Frauenstreik viel schöner war als ein Traum. Gegen Einhörner Dore Heim, damals Mitorganisa- torin des Streiks, erinnert sich. Stellen Sie sich mal vor, Sie wären Prostituier- haben. Und wenn sie von etwas viel Ahnung Und der Berner Fotograf Lukas te! Also keine Afängerin, sondern eine gestan- haben, von Kraftfahrzeugen, Computern, Fuss- Lehmann hat exklusiv für work dene Berufsfrau mit viel Erfahrung. Und ball oder anderen «Männersachen», dann erst sein (vordigitales) Archiv geöffnet FOTO: YVES THOMI dann kommt so ein Schnurri und recht. Und wehe, die Frau kommt selber gut (Seiten 4–5). erklärt Ihnen live am Fernsehen, Der Mann denkt, er draus und zeigt streikt! IN EIGENER SACHE 1: Seit Künzi dass Sie wohl eine schlimme Kind- weiss es besser, das sogar, dann 15 Jahren schreibt Jean Ziegler heit hatten, sonst wären Sie ömel quasi von Natur aus. gibt das eine ganz die Kolumne «La Suisse existe» im nicht Prostituierte geworden. Ein sen- schlechte Stim- work. Am 19. April ist der wohl dungsbewusstes Mannli, das alles besser mig. Dann wird die deutsche Fussball-Kom- berühmteste und gleichzeitig ange- weiss, weil … äh, wieso eigentlich? Der Mann mentatorin während der WM 2018 auf den feindetste Schweizer 85 geworden. denkt, er weiss es besser, weil er immer asozialen Medien fertiggmacht. Dann erklärt work-Chefredaktorin alles besser weiss, quasi von Natur aus. Herr B. ausführlich die Begriffe Vulva und Marie-Josée Kuhn gratu- Drum fällt er Ihnen auch dauernd ins Wort. Vagina, aber falsch (und als ihn eine Gynäko- liert ihm zum Geburtstag Sie können keinen Satz … Päng. Und der login korrigiert, legt er erst recht los). mit einem Text Seite 7. Mann ist nicht allein. IN EIGENER SACHE 2: Für die SCHNAUZE! Dann belehrt ein Angestellter die Chauffeure war der Postauto- VULVA & VAGINA. Das sind noch Einhörner, Chefi n, warum ihr Plan falsch ist und dass er Skandal ein Schlag ins Gesicht. Bärli, Elefäntli, Pingus, Bagger und Schwamm- es gaaanz anders machen würde. Dann lässt Doch dann beschlossen sie, sich köpfe. Alles Männer. Moll sicher: 87 Prozent die Security die Schlagzeugerin nicht ins Back- künftig nicht mehr alles bieten zu der Phantasiefi guren im Kinderfernsehen stage, weil man ihr nicht glaubt, dass sie die Sandra Künzi lassen, was «von oben» kommt. Mit lebt und büglet sind männlich. Da kann man natürlich schon Schlagzeugerin der Band ist, sondern «nur ein durchschlagendem Erfolg, wie in Bern. Sie mag grinsen, aber hey, damit wachsen Kinder Groupie». Dann erklärt ein Mann einer Frau work-Redaktor Jonas Komposch Jassen, Schafe, heute auf. Heute – nicht anno 1960! Wenn während des ersten Dates, wie man ihren Feuer und Bier. zeigt (Seite 3). Mit diesem Artikel Zurzeit bereitet sogar die Einhörner männlich sind, wo doch Nachnamen richtig ausspricht. Ja sicher, es gibt der 30jährige Journalist und sie sich und uns vor allem Meitli Einhörner-Filme luegen, muss gibt auch Frauen, die einem ungefragt Dinge Historiker seinen Einstand in auf den Frauen- man sich öppe nicht wundern, wenn Männer erklären, die man selber (besser) weiss. unserer Zeitung. Komposch hat streik vom 14. Juni 2019 (und Frauen) meinen, die Männer wissen es Aber nur öppe 13 Prozent. Also: Schnauze bisher schwerpunktmässig zum vor: Ahoi! besser, sogar wenn sie gar keine Ahnung Schnurri! Und: mehr weibliche Elefäntli im TV. Landesstreik geforscht und publiziert. Herzlich willkommen an Bord, lieber Jonas! Die nächste Ausgabe von work erscheint am 17. Mai 2019. 26. April 2019work3 Nach -Skandal, Gratisarbeit und Sparwut: «Wir haben eine historische Situation!» zungsmonteur ständig auf Achse, Aufbruchstimmung transportierte Gefahrengut oder bei den Postauto- machte