10 SCHWEIZ Neuö Zürcör Zäitung Dienstag, 3. September 2013  Nr. 203 Dienstag, 3. September 2013  Nr. 203 Neuö Zürcör Zäitung SCHWEIZ 11

Eine prägende Figur der Schweizer Sozialdemokratie: Robert Grimm um 1920 vor dem Bundeshaus. KEYSTONE Plakat zur AHV-Abstimmung von 1947. SOZIALARCHIV ZÜRICH und Elmar Ledergerber 1990 bei der Strahlenmessung in Tschernobyl. MARTIN RUETSCHI / KEYSTONE Plakatentwurf von J. Lämmler, 1980. SOZIALARCHIV ZÜRICH Die Nichtwahl von Christiane Brunner in den Bundesrat empörte 1993 die Massen. MICHAEL KUPFERSCHMIDT / KEYSTONE Den roten Faden nie verloren «Reformen müssen angegangen werden» Die SP ist 125 Jahre alt – ein Rückblick auf die letzten 25 Jahre einer bewegten Parteigeschichte Der ehemalige SP-Bundesrat Moritz Leuenberger über seine Partei, Besitzstandswahrung und Regierungsbeteiligung

In ihren ersten 50 Jahren hat lem und ökologischem Gewissen. In der lichen Verwaltung und beschloss – in Hansjürg Fehr als Sanierer in die Zen- was zudem durchaus nicht immer im Die SP müsse viel stärker in Doch, doch, die Debatten gibt es auch in eigenen Überzeugungen einsetzen, so- die SP um politischen Einfluss SP-Basis verschmelzen indes soziale rarem, dafür umso auffälligerem Ge- trale, straffte die Parteistrukturen, Interesse der Allgemeinheit geschehe. globalen Dimensionen denken, der SP. Besitzstandswahrer und Refor- gar wenn dadurch Verluste drohen. Werte durchaus mit individuellen Ei- gensatz zu den Grünen – die Abkehr stärkte den Einfluss der Fraktion gegen- Die Reformer packten auch die ganz mer diskutieren über die Zukunft der Geht diese Grundhaltung verloren, gerungen, in ihren zweiten 50 geninteressen: Bei der «Demokratisie- vom Grundsatz des Nullwachstums. über der Partei und deklassierte die bis heissen SP-Eisen an, etwa die Zuwan- sagt Moritz Leuenberger. Er ist Sozialwerke. Entscheidend ist für mich wird die Partei nur noch von PR-Leuten Jahren hat sie den Ausbau des rung der Wirtschaft» geht es jeweils pri- Die Wähler goutierten die Boden- dahin von der Basis legitimierte, starke derung oder den Service public, wo sie überzeugt, dass die Solidarität die Solidarität mit künftigen Generatio- gesteuert, die den Meinungsumfragen Sozialstaats forciert – und diese mär um den Ausbau des staatlichen mannsche Politik, in der Partei aber Funktion des Parteisekretärs zum An- ein «gutes Zusammenspiel zwischen zwischen den Generationen neu nen. Die Verantwortung ihnen gegen- hinterherrennen. Errungenschaften in den letzten Sektors, wo grosse Teile der SP-Basis stiess sein autokratischer Führungsstil gestellten der Geschäftsleitung. Markt und Staat» verlangten. geregelt werden muss. Auch über erheischt eine nachhaltige Umge- 25 Jahren erfolgreich verteidigt. ihre Brötchen verdienen. nicht nur auf Gegenliebe. Es verwun- Christiane Brunner liess all die hier solle seine Partei eine staltung der Sozialwerke. Sie haben nach 1968 den Gang durch die Zwar waren nach dem Ende des Kal- derte denn auch nicht, dass der Partei- Klassenkampf unter Genossen Strahms, Sommarugas, Maillards und Institutionen gemacht. War es richtig? ten Krieges auch in der SP Schweiz tag 1997 mit Ursula Koch gewisser- Rennwalds gegen aussen gewähren, Pionierrolle übernehmen. Noch einmal: Davon ist nichts zu sehen. Die SP will die Schweiz mitgestalten, Martin Senti immer wieder programmatische Ansät- massen die Antithese zu Bodenmann an Im Schosse der SP-Ikone Brunner kehr- rauchte gemütlich ihre Zigaretten und Die SP wird derzeit getrieben von Jung- und dies ist nur möglich, wenn sie in der ze in Richtung eines «dritten Wegs» die SP-Spitze wählte. Die vormalige te an der Personalfront zwar rasch wie- zog die Fäden diskret im Hintergrund. Herr Leuenberger, die Sozialdemokratie sozialisten, die im 19. Jahrhundert ver- Regierung ist. Die SP sei immer schon «von rechts be- spürbar, wie er etwa in Deutschland Zürcher Stadträtin versprach der Partei- der Ruhe ein. Der Richtungskampf zwi- Die vormalige Gewerkschafterin hatte hat ihre Ziele erreicht. Es gibt keine ent- haftet sind. Klassenkampf ist angesagt. kämpft und von links verspottet wor- oder Grossbritannien später umgesetzt basis sogleich eine «Grundwertediskus- schen linksliberalen «Reformern» und wenig Sinn für wirtschaftsliberale Posi- rechtete Arbeiterklasse mehr, der Wohl- Solche verbale Radikalisierung sehe ich Ist es nicht wahnsinnig frustrierend, den», schrieb Helmut Hubacher 1988 wurde. Bereits als 1990 der streitlustige sion» und zeigte wenig Interesse an gewerkschaftlich verankerten Etatisten tionen. Sie hat denn auch massgeblich fahrtsstaat ist Realität, und selbst politi- eher als Ringen um öffentliche Auf- wenn man ständig überstimmt wird? seiner Partei anlässlich ihres 100-jähri- Walliser Nationalrat Peter Bodenmann tagespolitischer Knochenarbeit. Bun- aber schwelte munter weiter. Unverges- auf die programmatisch einschneidende sche Gegner übernehmen sozialistische merksamkeit. Die Regierungsarbeit der Ein radikaler Irrtum, den übrigens auch gen Bestehens ins Jubiläumsbuch. Das das Parteipräsidium übernahm, suchte deshausfraktion und Parteisekretariat sen sind die steten spitzen Pfeile, die der Kehrtwende der SP-Fraktion beim Rezepte, wie etwa Bundeskanzlerin Mer- SP geht ja in eine andere Richtung, und viele Sozialdemokraten pflegen! Die sei eben die Folge des «Jahrhundertent- die SP nach einem etwas unverkrampf- fühlten sich vor den Kopf gestossen – es damalige Waadtländer Nationalrat und Elektrizitätsmarktgesetz hingearbeitet, kel in Deutschland. Nach 125 Jahren diese Verantwortung gehört ebenso zur Vorstellung ist ideologisch und voll- scheids der Sozialdemokratie» gewesen, teren Umgang mit Markt und Wachs- begann zu kochen in der SP, im wahrs- heutige Staatsrat Pierre-Yves Maillard wo sich die Partei gegen den eigenen könnte man die Parteibüros schliessen. Partei. Man muss die heutigen Wortfüh- kommen falsch. Es geht in einer Regie- so der damalige Parteipräsident: «Evo- tum. So war im 1995 vom Parteitag ver- ten Sinn des Wortes. Schliesslich dankte gegen sozialdemokratische Verantwor- Bundesrat Moritz Leuenberger stellte. Ralf Dahrendorf hat das 20. Jahrhun- rer zudem richtig verstehen: System- rung nicht nur um Arbeitgeber- und lution statt Revolution, Reformen statt abschiedeten SP-Wirtschaftsprogramm die Parteichefin im Jahr 2000 entnervt tungsträger in Regierung, Verwaltung Das Swissair-Debakel spielte Brunner dert als das sozialdemokratische Jahr- wechsel meint ein neues Wertesystem, Umsturz». Inzwischen ist die SP erneut keine Rede mehr von einer wie auch ab und verschwand von der Bildfläche. und bundesnahen Betrieben abschoss: in die Hände, und die SP-Reformer ver- hundert bezeichnet, also als Erfolg. Es denn wir leben leider in einer Gesell- um 25 Jahre gealtert. Beargwöhnt von immer gearteten «Überwindung des Wenig später musste auch ihr härtester Maillard legte diversen Mandatsträgern loren stark an Rückhalt in der Fraktion. gibt in der Schweiz heute keine ausge- schaft, in der ökonomische Werte ein- «Der liberale Geist soll sich rechts wird sie immer noch – der Spott Kapitalismus». Das sei mittelfristig so- Gegenspieler, Generalsekretär Jean- offen den Parteiaustritt nahe. Umge- «Der Genosse Trend hat entschieden», beutete und darbende Arbeiterklasse fach das ganze Leben beherrschen. nicht nur auf wirtschaft- von links indes ist weitgehend versiegt. wieso nicht absehbar, wischte Boden- Fran¸cois Steiert, seinen Hut nehmen. kehrt zerpflückten SP-Reformkräfte im meinte Leuenberger damals lakonisch. mehr. Die Arbeiter, Arbeitnehmer, liche Fragen beschränken, mann solche Phrasen weg. Die SP nann- Sie sei vor «einem einzigen Scher- Umfeld der heutigen Bundesrätin Si- Um die Reformer ist es ruhig gewor- Immerhin will die SP den Kapitalismus sondern sich auch auf Bil- Wandel der Basis te sich nun eine «wirtschaftsfreundliche benhaufen gestanden», erinnerte sich monetta Sommaruga etwa mit dem so- den, als einsamer Rufer in der Wüste überwinden. Partei» und wollte neben dem Staat Koch-Nachfolgerin Christiane Brunner: genannten «Gurtenmanifest» die «kurz- strampelt sich gerade noch ein Ruedi «Entscheidend ist für Damit soll die Wertediskussion ange- dung oder Toleranz gegen- Die Welt hat sich seit 1989 stark verän- auch den Markt als Instrument der das «totale Chaos auf dem Parteisekre- atmige Klientelpolitik» der SP zuguns- Strahm ab. Es wurde ruhiger in der SP. mich die Solidarität mit stossen werden, nicht mehr und nicht über Fremden erstrecken.» dert, nicht aber die Schweizer Sozial- Wirtschaftssteuerung akzeptieren. Sie tariat» und «ein Desaster bei den Finan- ten bewegter Einzelgruppen. Die SP Auf Brunner folgte 2004 der glücklose künftigen Generationen. weniger. Alle in der SP wissen, dass wir demokratie: Sie liess sich vom Fall der sprach von mehr Effizienz in der öffent- zen». Brunner holte den Schaffhauser rufe allzu leichtfertig nach dem Staat, Hansjürg Fehr als Parteipräsident. Fehr in einem kapitalistischen System agie- Die Verantwortung ihnen Mauer in ihren Visionen nicht beirren...... initiierte eine langatmige Programm- ren. Es geht darum, wie wir den Kapita- Arbeitnehmerfragen, wir haben auch Hubacher stand der Partei von 1974 bis reform und versteifte sich kommunika- gegenüber erheischt eine lismus gestalten. andere Probleme. In den Regierungen 1990 vor. Die SP hatte in seiner Ära eine Zwischen Ideologie und Pragmatismus – 125 Jahre SP Schweiz tiv auf ein ermüdendes Blocher-Bashing nachhaltige Umgestaltung beeinflusst man sich gegenseitig, abge- der wohl bedeutsamsten Herausforde- und eine wenig stimmige Kampagne der Sozialwerke.» Die SP repräsentiert heute mehrheitlich stimmt wird selten. Und wenn, spielt die rungen der Parteigeschichte zu meis- se.  Die Schweizer Sozialdemokratie 1919: Die SP erreicht mit einer Volks- 1969: Die «Politica Nuova» wird aus der gegen eine angebliche «bürgerliche einen gut gebildeten und auch gut besol- regionale Herkunft oft die wichtigere tern: die Öffnung der verkrusteten Par- war von Anfang an eine evolutionäre initiative, dass der Nationalrat ab 1919 SP Tessin ausgeschlossen und formiert Wende» in der nationalen Politik. deten Mittelstand. Politisiert die SP- Rolle. Das entspricht ja auch der Idee tei der «alten» sozialen Arbeiterbewe- Klassenpartei, keine revolutionäre. Zu- im Proporz gewählt wird. Sie verdoppelt sich neu als «Partito socialista autonomo Mieter sind zu Citoyens geworden, die Rennleitung mit ihrer Klassenkampf- Schweiz: Anliegen der Minderheiten gung für die «neuen» sozialen Bewe- gleich war sie stets auch eine demokrati- die Zahl ihrer Mandate. Das Majorz-Sys- (PSA)». In den 1980er Jahren wird es Globaler Rückenwind Politik mitgestalten. In diesem Sinne rhetorik nicht an der Basis vorbei? sollen aufgenommen und der Kompro- gungen in den aufstrebenden Mittel- sche Volkspartei. Die Ambivalenz zieht tem hatte die SP zurückgebunden. Dazu aber auch zu Abspaltungen am rechten sind sie Bürger im besten Sinn des Wor- Ich bin zuversichtlich, dass auch in Zu- miss gesucht werden. schichten. Zwei Trends im Parteien- sich bis heute durch die SP-Geschichte. kommt, dass der stete Ausbau der Parteirand kommen (Demokratisch-So- Nach verlorenen Wahlen 2007 übergab tes geworden. kunft die Reformkräfte die Partei prä- system zwangen die SP zur programma- Direktdemokratie im jungen Bundes- ziale Partei in Basel-Stadt, Graubünden, Fehr das Zepter an den Freiburger Ge- gen werden. Sie sind noch immer stark, Das tönt nach Wischiwaschi. Alle mei- tischen Öffnung: Erstens waren ihr ge- 1888: Um 1850 werden erste kantonale staat die Herausbildung des konfrontati- Basel-Landschaft und Freiburg). werkschafter , führte Hat folglich die SP ihre historische Rolle auch wenn sie heute nicht die Schlag- nen es gut und wollen das Gleiche? wichtige Wähleranteile aus der Arbei- sozialdemokratische Parteien ins Leben ven Klassendenkens gehemmt hatte. selber aber noch die Programmarbeit zu erfüllt? zeilen bestimmen. Überhaupt nicht. Jeder bringt zunächst terschaft bereits im Zuge der Fremd- gerufen, die Gründung der Landespartei 1983: In der SP entbrennt eine intensive Ende. Das neue Programm blieb der Auf keinen Fall. Das soziale Element seine politische Überzeugung ein. Aber arbeiter-Debatte abhandengekommen. gelingt 1888 erst im dritten Anlauf. Auf- 1921: Abspaltung der Kommunistischen Debatte über die Regierungsbeteiligung, Klassenkampf-Rhetorik des Programms wird bei der Gestaltung des Staates und Leidet die SP nicht – wie andere Parteien wir sind ja nicht unversöhnlich. Die SP Kleine rechte Splitterparteien (sie sind bauen kann die SP auf dem 1873 gegrün- Partei, nachdem sich die SP gegen den nachdem statt der nominierten Lilian aus den 1980er Jahren treu und landete der Staatengemeinschaft immer eine auch – daran, dass sich potenziell gute und die FDP sind beide im liberalen Ge- mittlerweile in der SVP aufgegangen) deten Schweizerischen Arbeiterbund Beitritt zur Dritten Kommunistischen Uchtenhagen Otto Stich in den Bundes- rasch in der Schublade. Levrat ist nicht zentrale Rolle spielen. Die Partei muss Köpfe gar nicht mehr in der Partei enga- dankengut verankert. Die Sozialdemo- machten der traditionell von internatio- (ab 1880 Gewerkschaftsbund) und dem Internationalen entschieden hat. rat gewählt worden ist. Die erzürnte Par- an Papieren und langfristigen Visionen aber noch viel stärker in globalen Trat in die SP ein, um sie zu verändern, demokratischer zu organisieren und neuen gieren wollen? kratie kreist schwergewichtig um die nalistischen Idealen geprägten SP die radikal-demokratischen Grütliverein. teileitung verlangt den Austritt aus dem interessiert, dafür umso mehr an den Dimensionen denken. Die heutigen Ideen zu öffnen: Moritz Leuenberger. CHRISTOPH RUCKSTUHL / NZZ Seit 1968 hat sich diesbezüglich sehr viel soziale Verpflichtung der Gemein- unzufriedene Arbeiterbasis streitig. 1935: Der Parteitag bekennt sich zur Lan- Bundesrat, der Parteitag entscheidet sich taktischen Spielen der sozialdemokrati- Herausforderungen betreffen weltweite verändert. Die politische Priorität ist schaft, die Freisinnigen kreisen um Ei- Zweitens stellte sich der SP in den 1911: Eine eigenständige sozialdemokra- desverteidigung, was eine Vorbedingung aber 1984 gegen den Ausritt. schen Tagespolitik. Statt Kräfteverhält- Armut, Migration und Nachhaltigkeit einem moralischen, individualistischen genverantwortung und wirtschaftliche 1980er Jahren die grüne Herausforde- tische Fraktion wird gegründet. für den späteren Einzug der SP in die nisse anzuprangern wie Fehr, benutzt und müssen global angegangen werden. chen Kindern oder Homosexuellen. Vor einem SP-Bundesrat liberalisiert. Wir Einsatz gewichen. Das muss nicht zwin- Freiheit. Da finden sich Kompromisse. rung. Mit der Verfestigung der GPS in Landesregierung sein wird. 1983: Mit den Grünen erwächst der SP in Levrat die Pattsituation im nach wie vor Jene Kräfte sind glaubwürdig, die dazu 40 Jahren gab es noch Schicksale, die waren der Überzeugung, dass diese Re- gend schlecht sein. So wollen sich viele parteilichen Strukturen erwuchs der SP 1914: Bei Kriegsausbruch stimmt die SP- den 1980er Jahren eine neue Konkur- stark polarisierten Parlament geschickt. Antworten bringen und eine gute Poli- heute niemand mehr glauben würde. In formen im Endeffekt dem sozialen Zu- Menschen unmittelbar engagieren und Bei den Sozialdemokraten sind aber nur eine neue Konkurrenz, was denn auch Fraktion fast einstimmig dem Vollmach- 1943: Die SP wird stärkste Fraktion im renz. Das Wählerpotenzial von SP und Er hat wenig Berührungsängste, wenn tik entwickeln. diesen letzten Jahren hat sich unglaub- sammenhalt und dem flächendeckenden arbeiten deshalb bei einer NGO oder noch die im Parteiprogramm erwähnten zu harten programmatischen Debatten tenregime des Bundesrates zu und be- Nationalrat und erhebt Anspruch auf Grünen überschneidet sich heute stark. es darum geht, moderate Reformen in lich viel verändert. Was damals noch Service public besser dienen. In diesen einem Hilfswerk und weniger in der Grundwerte liberal. Alles andere ist führte. Unter Hubacher fand die SP schliesst einen «Burgfrieden» mit den eine Zweiervertretung im Bundesrat. unheiliger Allianz mit der nationalkon- Gut, aber bleiben wir noch einen Mo- Skandale auslöste, gehört heute Gott sei Fragen schwingt das Pendel in der SP Partei. Auch die FDP leidet ja darunter, Sozialismus, nicht? zwar den Übergang ins postindustrielle Bürgerlichen. 1917 lehnt der Parteitag Ernst Nobs wird als erster Sozialdemo- 1993: Es kommt erneut zu einer turbulen- servativen SVP zu versenken. ment im Inland. Wie hat sich die SP seit Dank zur Normalität. gegenwärtig allerdings zurück. Doch gibt dass sich ihr Humanpotenzial lieber in Das sind keine unversöhnlichen Gegen- bzw. «postmaterielle» Zeitalter: Die dann aber die Landesverteidigung ab. krat in den Bundesrat gewählt. ten Bundesratswahl. Die SP tritt nach Und so hat die SP also in den 125 Jah- 1968 verändert? es neue Felder, in denen die SP wieder- der Wirtschaft verwirklicht. Die SP sätze. Im Zuge von 1968 sind viele aus Wählerbasis wurde bunter. Im program- dem Rücktritt von Ren´e Felber mit ren den roten Faden nie verloren. Sie Die SP war vor 1968 in vielen Fragen Wenn wir allerdings auf die heutige SP um eine Pionierrolle übernehmen kann. steht im sozialen Bereich einer ähn- freisinnigem Hause der SP beigetreten matischen Kern aber blieb die SP rot. 1916: Der Grütliverein tritt aus der SP 1953: SP-Bundesrat Max Weber tritt nach Christiane Brunner an, gewählt wird in- profitiert heute von fehlgeleiteten Ban- konservativ. Wir sind damals in die SP blicken, ist von einem solchen, auch libe- Beispielsweise wird die Solidarität zwi- lichen Entwicklung gegenüber. in der Überzeugung, hier das ursprüng- Bis heute singen die Genossen an ihren aus, mit der er sich 1901 vorübergehend der Ablehnung der Bundesfinanzreform des Francis Matthey. Es kommt zu Pro- ken, «Abzockern», opportunistischen eingetreten, um sie zu verändern, um sie ralen, Geist wenig zu sehen. schen den Generationen neu geregelt liche radikale, liberale Gedankengut Parteitagen die «Internationale», und vereinigt hatte. durch das Volk als Bundesrat zurück. testveranstaltungen; Matthey schlägt die Bürgerlichen und insgesamt von einer demokratischer zu organisieren und Der liberale Geist soll sich nicht nur auf werden müssen. Heute unterstützt ein Nach 125 Jahren ist die SP national bei besser verwirklichen zu können als im selbst das unlängst «erneuerte» Partei- Die SP ist wieder in der Opposition. Wahl aus, wird gewählt. stark veränderten globalen Grosswet- neuen Ideen zu öffnen. Wir hatten zum wirtschaftliche Fragen beschränken, son- immer kleinerer Teil von Aktiven einen einem Wähleranteil von nur noch 18,7 Freisinn, der nur noch der Wirtschaft programm atmet noch den antiquierten 1918: Das «Oltner Komitee» aus SP und terlage. Allein in Sachen Steuerpolitik Teil Mühe mit den Gewerkschaften, die dern sich auch auf Bildung oder Toleranz immer grösseren Teil Rentner. Diese Prozent angelangt. Was muss die SP tun, dient. Dass die SP zuweilen an etatisti- Geist der Arbeiterselbstverwaltung. Gewerkschaften ruft zum Generalstreik 1959: Die Katholisch-Konservativen nut- 2000: Putsch an der SP-Spitze: Partei- und Finanzmarktpolitik überrollen heu- wir als autoritär und konservativ emp- gegenüber Fremden erstrecken. Das ist Reformen müssen angegangen werden. damit sie wieder wächst? sche Lösungen glaubt, hat auch einen Dabei ist die SP natürlich längst auf. Die Lage spitzt sich zu; der Streik zen eine Mehrfachvakanz, um der SP präsidentin Ursula Koch überwirft sich te Reformen das Land, von denen die SP fanden. Die Bildungspolitik störte uns, eine Priorität der SP. Und es gab übri- Ein Parteipräsident muss sich auf solche kulturellen Hintergrund: Die Idee vom keine Arbeiterpartei mehr. Sie ist viel- wird wenige Tage nach einem Ultima- den Wiedereintritt in den Bundesrat in mit dem Sekretariat sowie Teilen der trotz ihren kühnsten Visionen nie ernst- denn sie begünstigte Akademikerkin- gens auch in der SP eine starke Bewe- Innovative Debatten finden heute aber Ziele ausrichten. Für mich ist aber Wäh- «Vater Staat», der alles regeln soll, ist in mehr eine Partei des gehobenen und ge- tum des Bundesrats abgebrochen. Noch Doppelbesetzung zu ermöglichen. Es Fraktion und tritt von allen Ämtern zu- haft zu träumen gewagt hätte. Erstaunt der. Es ging uns auch darum, Diskrimi- gung für mehr Wettbewerb und Liberali- nicht in der SP statt. Die Partei ist struk- lerwachstum nicht das primäre Ziel, Frankreich und der Romandie breit ver- bildeten Mittelstands. SP-Wähler sind 1919 kommt es zu lokalen Streiks, die geht darum, den immer noch dominie- rück. Christiane Brunner reformiert als stellt man fest: Die Finanzkrise macht nierungen zu überwinden, sei es gegen- sierung. Immerhin wurden Post, Tele- turkonservativ, blockt Reformen ab und sondern eine ethische und verantwor- ankert, nicht nur in der SP. mehrheitlich Gutverdienende mit sozia- Armee wird aufgeboten. renden Freisinn zu schwächen. neue Präsidentin die Parteistrukturen. sozialdemokratische Visionen wahr. über Frauen, Geschiedenen, uneheli- kommunikation und Strommarkt unter macht auf Besitzstandswahrung. tungsvolle Politik. Man muss sich für die Interview: Michael Schoenenberger