Samstag, 29. Dezember 2018 | Nummer 357 Sport 33 „Kraft darf nicht eingebremst werden“

Trotz Stotterstart bei den ÖSV-Skispringern räumt Alex Pointner Chancen auf den To urnee-Sieg ein. Jedoch sieht der erfolgreichste Trainer aller Zeiten die Konkurrenz in ab heute im Vorteil.

Von Susann Frank

Innsbruck – Norwegens Chef- trainer Alex Stöckl hat vor der Saison ein klares Ziel ausge- geben: den Sieg bei der Vier- schanzentournee. Ein Titel, der in der Erfolgs-Vita des St. Johanners noch fehlt. Auch sein Kollege in Deutschland, Werner Schuster, stellte in seiner zehnjährigen Tätig- keit am Ende der morgen be- ginnenden Traditionsveran- staltung (Qualifikation/16.30 Uhr, ORF eins live) noch kei- nen Gewinner. TT-Kolumnist Alex Pointner räumt seinen Ex-Kollegen Chancen ein, ju- beln zu dürfen. Der 47-Jähri- ge, der in seiner aktiven Zeit sechs ÖSV-Springer in Folge zum Triumph coachte, sieht andere noch weiter vorne. Die Einschätzungen des Innsbru- ckers: : „Für mich ist der Pole aufgrund seiner Er- fahrung, seiner zwei Tournee- Erfolge mit dem Grand Slam in der vergangenen Saison der Top-Favorit. Auf diesem Ter- rain fühlt er sich sicher. Der 31-Jährige versteht es, seine Bestleistungen abzurufen, Wird wieder Kamil Stoch am Schluss in die Höhe gestemmt? Oder lösen ihn Ryoyu Kobayashi, Johann Andre Forfang, Stefan Kraft, Piotr Zyla oder Karl Geiger ab? Fotos: gepa/Bachun (4), Steiner, imago wenn es darauf ankommt. Das hat der dreifache Olympiasie- derstand spüren lassen wird.“ absetzen. Beim Rückenwind- Platz in der Weltcupwertung ger auch schon diese Saison Johann Andre Forfang: springen vor der Weihnachts- unterstreicht. Bei der WM in bewiesen. Der Überflieger des „Dem Norweger traue ich bei pause ist er Vierter geworden. 2017 hat der 31-Jährige Ein Knopf soll aufgehen, vergangenen Winters hat sich dieser Tournee den ganz gro- Und wenn ein Norweger bei mit der Silbermedaille bewie- beim Auftakt im heimischen ßen Wurf zu. Der 23-Jährige solchen Bedingungen auf- sen, auch bei Großereignissen zwei Tiroler bei To urnee Wisla sowohl im Training hat sich seit November kon- zeigt, ist das ein Alarmzeichen bestehen zu können. Heuer als auch in der Qualifikation tinuierlich gesteigert. Dem für die Konkurrenz.“ zeichnet ihn besonders aus, Oberstdorf – ÖSV-Cheftrai- erklärte der Sportliche Lei- noch sehr schwer getan. Einen Mannschafts-Olympiasieger Stefan Kraft: „Wer schon die teamintern Superstar Stoch ner Andreas Felder reiste ter Mario Stecher gestern Tag später führte der Gesamt- ist ein unheimlich harmoni- Tournee gewonnen hat, Dop- schon die Stirn geboten zu gestern nach dem zweiten am Anfang der Auftakt- weltcupsieger sein Team zum scherÜbergangvomAbsprung pel-Weltmeister ist und diese haben. Ob er ein hundertpro- Continentalcup-Bewerb in pressekonferenz der ÖSV- Mannschaftssieg.“ in die Flugphase zu eigen. Er Saison schon die weitesten zentiger Winner-Typ ist, muss Engelberg mit dem Tiroler Skispringer, bei der nur die Ryoyu Kobayashi: „Mit kann sich in der Flugphase Sprünge gezeigt hat (u.a. Qua- er erst beweisen.“ Duo Philipp Aschenwald schon zuvor fixierten Star- seiner unbekümmerten Art lifikation), gehört zum Favori- Karl Geiger: „Der 25-Jährige und Manuel Fettner so- ter Stefan Kraft, Michael war der 22-Jährige bisher der tenkreis. Jetzt ist das Betreu- steht für mich für den ruhigen wie dem Oberösterreicher Hayböck und Daniel Hu- überragende Mann. Und es erteam gefordert, ihn vor den und kontinuierlichen Aufbau Markus Schiffner weiter ber anwesend waren. tut dem Skisprung-Zirkus gut, Fehlern der Vorsaison zu be- von Cheftrainer Werner Schus- nach Oberstdorf. Das Trio Wobei die drei die Erwar- dass der Japaner vorne mit- wahren, wo er für das gesamte ter. Ich kann mich an denWelt- hatte sich mit den besten tungen sehr drosselten. mischt. Die ganz große Frage Team Rede und Antwort ste- cup-Einstieg des Deutschen Ergebnissen bei den zwei Kraft, der 2017 die Tournee ist, ob der Weltcup-Führende hen musste. Ganz wichtig ist, 2012 erinnern. Seither habe ich Bewerben für die heute gewinnen konnte, betonte seine Unbekümmertheit auf dass der 25-Jährige seine Stär- das Gefühl, dass er nie verheizt beginnende Vierschan- mit Nachdruck, sich abso- allen vier Schanzen behalten ken ausspielen darf und nicht worden ist. Mit seinem Premi- zentournee qualifiziert. lut noch nicht im Stande kann. Bisher konnte er be- eingebremst wird, sonst ist erensieg bei der Generalprobe Der Zillertaler Aschenwald zu fühlen, die Tournee zu freit darauf losspringen und der Sieg verloren. Sprich: Soll- in der Schweiz hat der Olym- überzeugte gestern mit ei- gewinnen. „Es fühlt sich an seine Stärken gut ausspielen. te seine Energie einmal in eine pia-Silbermedaillengewinner nem Sieg, nachdem er sich wie ein Steigerungslauf“, Doch ich weiß aus Erfahrung: falsche Richtung gehen, muss rechtzeitig sein erstes Springen vorgestern nicht einmal für sagte der 25-Jährige. Und Wenn ein junger Springer den sie in die richtige umgeleitet gewonnen und ist berechtigt den zweiten Durchgang fügte einen Wunsch hinzu: ersten großen Titel gewinnen werden.“ die deutsche Hoffnung.“ qualifizieren konnte. „Die- „Ich möchte, dass mir end- will, passiert es meistens, dass Piotr Zyla:„Der Pole zählt zu se drei haben sich ganz lich auch im Wettkampf er seine Stärke verliert. Zumal Kamil Stoch ist für Alex Pointner den drei konstantesten Sprin- Lesen Sie zu diesem Thema den klar herauskristallisiert“, der Knopf aufgeht.“ (su) die Konkurrenz ihn nun Wi- der Top-Favorit. Foto: Forcher gern im Feld, was der zweite Kopf des Tages auf Seite 2. Wer soll die grüne Darts-Maschine stoppen? Michael van Gerwen liefert bei der Darts-WM eine Machtdemonstration nach der anderen ab. Erfolgsgarantie ist das (noch) keine.

London – Unaufhaltsam mar- Aus gegen den späteren eng- schüttet. Das brachte den Fa- ist sehr hoch, aber das muss schiert Darts-Branchenpri- lischen Titelträger Rob Cross. milienvater ein wenig aus der so sein, wenn du ich bist.“ mus Michael van Gerwen im Trotzdem: Wer in einem Jahr Fassung. Allerdings nur kurz. James Wade wird van Ger- Londoner „Ally Pally“ von Er- 19 Titel (2018) gewinnt und Seither überrollt der 29-Jäh- wen nicht stoppen – der Euro- folg zu Erfolg. Im Achtelfinale seit vier Jahren an der Spitze rige seine Gegner nach Belie- pameister schied gestern ge- „vernaschte“ der Niederlän- der Darts-Rangliste rangiert, ben. gen Ryan Joyce aus, der statt der den zweimaligen Welt- der ist der Top-Favorit. Dem Titel wird alles unter- ihm auf van Gerwen trifft. meister Adrian Lewis (GBR) Und van Gerwen ist kei- geordnet. Sogar Weihnach- Heute steht aber nicht nur mit 4:1. Und nicht nur der ner, der sich vor dieser Rolle ten. „Wir haben bereits am der Niederländer im Viertelfi- österreichische Sport1-Co- drückt. Ganz im Gegenteil. 6. Dezember bei der Niko- nale, sondern auch Gary An- Kommentator Rowby-John Nach dem Einzug ins Viertel- laus-Feier etwas vorgefeiert“, derson. Und das nach einem Rodriguez stellte die Frage in finale posaunte das gelebte schenkte van Gerwen Einbli- „180“-Spektakel (4:3-Sieg) ge- den Raum: „Wer soll ‚MVG‘ in Selbstvertrauen beim Sport1- cke in sein Privatleben. „Das gen den Engländer Chris Do- der Form schlagen?“ Interview: „Ich habe den muss reichen.“ bey, bei dem der schottische Dabei stellt das Kapitel Jungs gezeigt, was los ist. Wer Bei der Sport1-Reportage Mit-Favorit abermals kurz vor Weltmeisterschaft noch kein mich schlagen will, muss gut zeigte sich die Entwicklung dem Aus stand und das nicht erfolgreiches Ergebnis dar. drauf sein.Wenn ich so spiele, des zweifachen Champions. ohne Grund: Der 48-jährige „Nur“zweimal(2014/17)wan- wird es für jeden schwer.“ Das heutige Mentalitäts- Anderson kämpft bei der WM derte der Pokal in die Hände Dass der aktuell beste monster hatte lange ein Pro- in London mit einem lädier- von „Mighty Mike“. Im Vor- Darts-Profi polarisiert, stellt blem damit, im entschei- ten Rücken: „Mein Rücken jahr dominierte „MVG“ ähn- keine Neuigkeit dar. Bei sei- denden Moment den Sack ist zerstückelt. Es fühlt sich lich wie heuer, im Halbfinale nen ersten Auftritten im „Ally zuzumachen. Doch das ist an, als ob ein Baby geboren Die Nummer eins der Darts-Weltmeisterschaft hat Lust auf noch mehr: der kam dann das überraschende Pally“ wurde er mit Bier über- Vergangenheit: „Meine Latte wird.“ (suki) Niederländer Michael van Gerwen. Foto: imago