Deutscher Bundestag
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Plenarprotokoll 17/15 Deutscher Bundestag Stenografischer Bericht 15. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 20. Januar 2010 Inhalt: Tagesordnungspunkt 2 (Fortsetzung): Reiner Deutschmann (FDP) . 1291 A Erste Beratung des von der Bundesregierung Agnes Krumwiede (BÜNDNIS 90/ eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über DIE GRÜNEN) . 1292 B die Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2010 (Haushaltsge- setz 2010) Einzelplan 05 (Drucksache 17/200) . 1249 A Auswärtiges Amt . 1293 B Dr. Guido Westerwelle, Bundesminister Einzelplan 04 AA . 1293 B Bundeskanzleramt . 1249 B Dr. Rolf Mützenich (SPD) . 1296 D Anton Schaaf (SPD) . 1249 B Dr. Andreas Schockenhoff (CDU/CSU) . 1299 B Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin . 1250 D Michael Leutert (DIE LINKE) . 1301 C Dr. Gregor Gysi (DIE LINKE) . 1259 D Dr. Frithjof Schmidt (BÜNDNIS 90/ Birgit Homburger (FDP) . 1264 B DIE GRÜNEN) . 1302 C Volker Beck (Köln) (BÜNDNIS 90/ Dr. Rainer Stinner (FDP) . 1303 D DIE GRÜNEN) . 1267 D Dr. Angelica Schwall-Düren (SPD) . 1305 D Hubertus Heil (Peine) (SPD) . 1268 C Thomas Silberhorn (CDU/CSU) . 1307 D Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . 1270 B Alexander Ulrich (DIE LINKE) . 1309000 AC Volker Kauder (CDU/CSU) . 1273 D Gunther Krichbaum (CDU/CSU) . 1311 A Stefan Liebich (DIE LINKE) . 1277 B Jerzy Montag (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . 1312 A Volker Kauder (CDU/CSU) . 1277 C Manuel Sarrazin (BÜNDNIS 90/ Dr. Frank-Walter Steinmeier (SPD) . 1278 A DIE GRÜNEN) . 1313 B Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) (CDU/CSU) 1284 B Katrin Werner (DIE LINKE) . 1314 B Hubertus Heil (Peine) (SPD) . 1287 B Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof) (CDU/CSU) 1287 C Einzelplan 14 Brigitte Zypries (SPD) . 1287 D Bundesministerium der Verteidigung . 1315 A Bernd Neumann, Staatsminister bei der Dr. Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg, Bundeskanzlerin . 1289 A Bundesminister BMVg . 1315 A Dr. Lukrezia Jochimsen (DIE LINKE) . 1290 A Dr. Hans-Peter Bartels (SPD) . 1317 D II Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 15. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Januar 2010 Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . 1319 A Heike Hänsel (DIE LINKE) . 1338 A Paul Schäfer (Köln) (DIE LINKE) . 1320 C Thilo Hoppe (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . 1339 B Alexander Bonde (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) . 1322 C Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . 1341 B Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . 1323 C Dr. Sascha Raabe (SPD) . 1342 C Ernst-Reinhard Beck (Reutlingen) Lothar Binding (Heidelberg) (SPD) . 1343 D (CDU/CSU) . 1324 D Dr. h. c. Jürgen Koppelin (FDP) . 1345 B Bernhard Brinkmann (Hildesheim) (SPD) . 1326 D Elke Hoff (FDP) . 1328 A Dagmar Wöhrl (CDU/CSU) . 1346 A Ullrich Meßmer (SPD) . 1329 C Dr. Barbara Hendricks (SPD) . 1346 B Klaus-Peter Willsch (CDU/CSU) . 1330 D Niema Movassat (DIE LINKE) . 1348 B Volkmar Klein (CDU/CSU) . 1349 C Einzelplan 23 Dr. Sascha Raabe (SPD) . 1351 B Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung . 1332 A Dr. Barbara Hendricks (SPD) . 1352 A Dirk Niebel, Bundesminister BMZ . 1332 A Nächste Sitzung . 1352 D Dr. Bärbel Kofler (SPD) . 1333 C Hartwig Fischer (Göttingen) (CDU/CSU) 1334 B Anlage Holger Haibach (CDU/CSU) . 1335 C Liste der entschuldigten Abgeordneten . 1351 A Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 15. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Januar 2010 1249 (A) (C) Redetext 15. Sitzung Berlin, Mittwoch, den 20. Januar 2010 Beginn: 9.01 Uhr Präsident Dr. Norbert Lammert: vereinbart. Sie sind immer noch dabei, Koalitionsver- Die Sitzung ist eröffnet. handlungen zu führen. Ich befürchte, bei der Zerstritten- heit dieser Koalition wird es noch 100, 200 oder Guten Morgen, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir 300 Tage dauern, bis Sie endlich einen Koalitionsvertrag setzen unsere Haushaltsberatungen – Tagesordnungs- unterschrieben haben. punkt 2 – fort: (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten Erste Beratung des von der Bundesregierung ein- der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE gebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die GRÜNEN) Feststellung des Bundeshaushaltsplans für das Haushaltsjahr 2010 Was sind die strittigen Punkte? Das Einzige, was im (Haushaltsgesetz 2010) Moment wirklich absehbar ist, ist, dass Sie an Steuer- – Drucksache 17/200 – senkungen festhalten wollen. Da wäre es ja nun wenigs- (B) tens redlich oder ehrlich, den Menschen zu sagen, wie (D) Überweisungsvorschlag: Haushaltsausschuss Sie diese Steuersenkungen finanzieren wollen. Das, was Sie jetzt an Geschenken an die Reichen verteilt haben, Für die heutigen Beratungen haben wir gestern eine haben Sie durch Schulden finanziert, in der falschen An- Redezeit von achteinhalb Stunden beschlossen. nahme, sie würden sich refinanzieren. Jeder Ökonom sagt Ihnen, dass das nicht funktioniert. Aber Sie wollen Wir beginnen mit dem Geschäftsbereich des Bundes- diese verfehlte Politik der Entlastung der Reichen zulas- kanzleramtes, Einzelplan 04. ten der Armen weitermachen, weil Sie sich davon Wirt- Ich darf als erstem Redner dem Kollegen Anton schaftsimpulse erwarten. Sie haben jedoch überhaupt Schaaf für die SPD das Wort erteilen. keine Ahnung davon, wie Sie das Ganze gegenfinanzie- ren wollen. Das lässt der Haushalt auch nicht zu, weder (Beifall bei der SPD) jetzt noch in den nächsten Jahren. Sie halten aber trotz- dem daran fest. Anton Schaaf (SPD): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Wir sind in der schwersten Krise unseres Landes in Kolleginnen und Kollegen! Gut 100 Tage ist die Bundes- der Nachkriegszeit. Eigentlich erwartet man, dass da Im- tagswahl her, knapp 100 Tage, meine Damen und Herren pulse für den Arbeitsmarkt und die Wirtschaft gesetzt von der Regierungskoalition, sind Sie im Amt. Für die- werden. Der Wirtschaftsminister aber setzt keine Im- ses Land, um das ganz vorneweg zu sagen, sind die pulse, sondern kann nur noch zwei Worte. Auf jede 100 Tage, die Sie im Amt agieren bzw. nicht agieren, Frage, die man ihm stellt, lautet die immer gleiche Ant- 100 verlorene Tage. wort: Steuern senken! Arbeitslosigkeit? – Steuern sen- ken! Wirtschaftswachstum? – Steuern senken! Ich be- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten fürchte, dass er auch, wenn man ihn nach Afghanistan der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE fragt, sagt: Steuern senken. Er kann nichts anderes, als GRÜNEN) sich selbst auf Steuersenkungen zu begrenzen. Meine Damen und Herren, Sie haben gesagt, Sie hät- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten ten Koalitionsverhandlungen geführt. Na ja, am Ende des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) von Koalitionsverhandlungen steht ja ein Ergebnis, wird eine Perspektive aufgezeigt, die den Menschen Hoff- Das ist keine Wirtschaftspolitik; vielmehr macht es deut- nung und Zuversicht gibt. Ich sage Ihnen etwas: Sie ha- lich, dass in dieser Regierungskoalition gnadenlose Per- ben nur einen Fahrplan für Koalitionsverhandlungen spektivlosigkeit herrscht. 1250 Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode – 15. Sitzung. Berlin, Mittwoch, den 20. Januar 2010 Anton Schaaf (A) Der Wahlkampf der Union war völlig inhaltsleer. Er GRÜNEN – Sigmar Gabriel [SPD]: Dass sie (C) beschränkte sich auf eine Person: auf die Bundeskanzle- billig sind, wussten wir schon länger!) rin. Sie haben keine Idee entwickelt, kein Thema besetzt. Sie sind auch ziemlich skrupellos, was die entspre- So gingen Sie in vermeintliche Koalitionsverhandlungen chende Benennung angeht. und wurden von der FDP marktliberal über den Tisch gezogen. Genau das ist passiert, meine Damen und Her- Herr Koppelin, Sie waren jahrelang dafür zuständig, ren. In Ihrem sogenannten Koalitionsvertrag stehen nur hier Sparbücher vorzulegen. Dieses Sparbuch der FDP Forderungen der FDP, sonst steht dort nichts. habe ich in diesem Jahr vermisst. Das ist ja auch kein (Beifall bei der FDP – Lachen bei der SPD – Wunder. Sie hätten es nur dann vorlegen können, wenn Thomas Oppermann [SPD]: Da freuen sie Sie zumindest die Seiten herausgerissen hätten, auf de- sich!) nen es um das Entwicklungshilfeministerium und die Einsparung von Parlamentarischen Staatssekretären und – In der Tat, so ist es. Staatssekretären geht. Aber Sie wollten nicht mehr ein- sparen, weil Sie jetzt selbst an der Macht partizipieren Frau Bundeskanzlerin, an Ihrer Stelle würde ich noch können. Es ist auch kein Wunder, dass das Thomas- einmal sehr gründlich darüber nachdenken, was das zu Dehler-Haus, die FDP-Zentrale, kaum noch besetzt ist; bedeuten hat. Sie haben die Kraft verloren, selber Im- denn alle sind in der Regierung. Darum kommt der Ge- pulse zu setzen. Sie schaffen keine Perspektive für die neralsekretär, den Sie gesucht haben, jetzt aus NRW, Menschen in diesem Land, aber das sehr konsequent. nämlich der Kollege Lindner. Diese Konsequenz sieht so aus: Sie sagen den Menschen in diesem Lande vor der Nordrhein-Westfalen-Wahl Durch Herrn Lindner wird noch einmal sehr deutlich nicht, wie Sie Ihre Steuerpolitik, Ihre Steuersenkungs- und offenbar, welches Staatsverständnis Sie haben. politik, finanzieren wollen. Erst danach werden die so- Wenn Herr Lindner vom Staat als einem „teuren zialen Ungerechtigkeiten, die sozialen Grausamkeiten Schwächling“ spricht – ausgerechnet Herr Lindner, der von Ihnen formuliert. Sie wollen Rüttgers über den jetzt 31 Jahre alt ist und schon mit 21 Jahren im Parla- Wahltermin im Mai retten. Das ist die Perspektive der ment war, also bereits seit zehn Jahren von den Steuer- Koalition. Das sind weitere 100 verlorene Tage in die- zahlern bezahlt wird, stellt den Staat infrage! –, dann ist sem Land, in denen wir eigentlich Antworten und Per- das schon bezeichnend für das, was dahintersteckt. spektiven brauchten. Aber diese Regierung liefert sie nicht, weil sie Rüttgers vor einer Wahlniederlage schüt-