Programmheft 19.08.2021 Junge Elite: Sào Soulez Larivière
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Programmheft 19.08.2021 Junge Elite: Sào Soulez Larivière Finanzgruppe Mecklenburg-Vorpommern Donnerstag, 19.08.2021, 19:30 Uhr · Groß Schwansee, Pferdestall Junge Elite: Sào Soulez Larivière Verleihung des Fanny Mendelssohn Förder- preises an Sào Soulez Larivière Sào Soulez Larivière Viola Mana Oguchi Klavier Die Festspiele Mecklenburg-Vorpommern loben in jedem Festspielsommer drei Nachwuchspreise aus: den WEMAG-Solistenpreis, den NORDMETALL-Ensemblepreis sowie den Publikumspreis (ermöglicht durch das »C. F. Holtmann-Stipendium«). Die Preise werden unter den Musikerinnen und Musikern der Konzertreihe »Junge Elite« vergeben. Die Konzertreihe »Junge Elite« wird ermöglicht durch die CENTOGENE GmbH. Mit freundlicher Unterstützung des Fanny Mendelssohn Fördervereins Rebecca Clarke (1886–1979) Sonate für Viola und Klavier Impetuoso Vivace Adagio — Allegro Paul Hindemith (1895–1963) Sonate F-Dur für Viola und Klavier op. 11 Nr. 4 Fantasie. Ruhig Thema mit Variationen. Ruhig und einfach, wie ein Volkslied Finale (mit Variationen). Sehr lebhaft (Alla breve) pause Claude Debussy (1862–1918) Sonate d-Moll für Viola und Klavier L 135 (orig. für Violoncello und Klavier) Prologue. Lent, sostenuto et molto risoluto Sérénade. Modérément animé Finale. Animé Tōru Takemitsu (1930–1996) A Bird came down the Walk für Viola und Klavier Verleihung des Fanny Mendelssohn Förderpreises George Enescu (1881–1955) Konzertstück für Viola und Klavier Bild- & Tonaufnahmen — auch mit dem Handy — sind untersagt. programmeinführung Rebecca Clarke (1886–1979) Sonate für Viola und Klavier Als Tochter eines Amerikaners und einer Deutschen wurde die Komponistin und Bratscherin Rebecca Clarke 1886 im englischen Harrow geboren. Heute zählt sie zu den wichtigs- ten Musikerinnen des vergangenen Jahrhunderts. Schon früh entdeckte man ihr musikalisches Talent: Zunächst wurde sie im Geigenspiel unterrichtet und begann schließ- lich 1903 ein Studium an der Royal Academy of Music in London. Kompositionsunterricht erhielt sie hier u. a. von Charles Villiers Stanford, der ihr ebenfalls dazu riet, von der Geige zur Bratsche zu wechseln. 1910 überwarf sich Clarke mit ihrem autoritären Vater und musste fortan selbst für »... und Sie hätten ihre Gesichter ihren Lebensunterhalt sorgen. Dies tat sie als Bratscherin, sehen sollen als sie feststellten, entweder als Solistin oder als Mitglied verschiedener, nur aus dass es sich um eine Frau han- Frauen bestehender Ensembles. 1912 wurde sie im Queen’s delt.« Hall Orchestra eine der ersten professionellen Orchester- Elizabeth Sprague Coolidge, musikerinnen überhaupt. Stifterin des Coolidge Internatio- Internationale Aufmerksamkeit zog Rebecca Clarke nal Prize, nach der Bekanntgabe während eines Aufenthalts in den USA auf sich: Neben zahl- von Clarkes zweitem Preis reichen Auftritten als Bratscherin komponierte sie auch ihre Sonate für Bratsche und Klavier, die sie für den Coolidge International Prize in Berkshire einreichte. Die sechsköpfige Jury sprach Clarke hier nur knapp den zweiten Preis zu, der erste Preis ging an Ernest Bloch. In der Folge gab es absurd erscheinende Spekulationen darüber, dass dieses Stück unmöglich von einer Frau geschrieben worden sein könne. Die Komponistin erinnerte sich später: »Da hörte ich von dem Gerücht, ich hätte das Stück gar nicht selbst geschrie- ben, sondern das hätte jemand anders für mich getan. Ich habe auch ein paar kleine Zeitungsausschnitte, in denen es heißt, ich könne das unmöglich selbst geschrieben haben.« programmeinführung Inhaltlich zeigen sich in der Bratschensonate Einflüsse etwa von Claude Debussy oder César Franck: Man meint Francks Violinsonate herauszuhören oder eine Fortspin- nung von Debussys Spätstil zu hören. Besonderes Augen- merk scheint Clarke auf die Ausgewogenheit zwischen Brat- sche und Klavier gelegt zu haben: Beide Parts sind anspruchsvoll und hochgradig virtuos angelegt. isabel schubert Paul Hindemith (1895–1963) Sonate F-Dur für Viola und Klavier op. 11 Nr. 4 Paul Hindemith begann als Geiger, wechselte aber bald zur Viola. Sie blieb zeitlebens sein Lieblingsinstrument. Die Sonate für Viola und Klavier op. 11 Nr. 4 entstand 1919 und steht noch deutlich in der spätromantischen Tradition eines Max Reger oder Johannes Brahms. Hindemith stellt ihr fol- gende Bemerkung voran: »Die Sonate wird ohne Pause zwi- schen den Sätzen gespielt, besonders sollen der zweite und »Weißt Du, dass ich fast gar dritte Satz so gut verbunden sein, dass der Zuhörer nicht die nicht geige? Ich habe mich ganz Empfindung hat, ein Finale zu hören, sondern den letzten auf die Bratsche geworfen und Satz lediglich als Fortsetzung der Variationen auffassen geige nur noch in Fällen drin- muss.« Die Fantasie mit der eindringlichen Melodielinie in gender Not.« der Viola dient als Einleitung für die beiden folgenden Varia- Paul Hindemith im Jahr 1919 tionssätze. Der zweite Satz mit vier Variationen über ein Thema soll zwar »wie ein Volkslied« klingen, stammt jedoch von Hindemith selbst. Die Variationenfolge setzt sich im dritten Satz fort und wird dort mit Elementen des Sonaten- satzes — ohne Durchführung und Coda — kombiniert. markus treier programmeinführung Claude Debussy (1862–1918) Sonate d-Moll für Viola und Klavier L 135 Als Claude Debussy sich im Jahr 1915 an die Komposition mehrerer Instrumentalsonaten machte, hatte er nichts mehr zu verlieren. Er hatte als moderner Künstler nicht nur re- üssiert, sondern wurde gefeiert; er hatte die Musik seiner Zeit beeinflusst, ja sogar verändert. Doch der 52-Jährige wusste auch, dass ihm nicht mehr viel Zeit blieb. 1908 war bei ihm Darmkrebs festgestellt worden, doch erst jetzt, sieben »Was ist Ihre Vorstellung von Jahre später, entschloss er sich zu einer Operation, die sich Glück? — Zu lieben. Vom Un- jedoch bereits als nutzlos erwies. Ob es dieses Wissen seines glück? — Es zu heiß zu haben. nahenden Todes war oder einfach die Gewissheit, dass er sich Was wären Sie am liebsten als Künstler alles erlauben konnte — die Sonate lotet die geworden? — Maler. Wenn Extreme des frühen 20. Jahrhunderts aus. Hier steht alles nicht Sie selbst, wer würden Sie nebeneinander: die Verwendung von historischen Elementen sein wollen? — Ein Seemann.« — etwa Pralltriller und punktierte Rhythmen der französischen Auszüge aus einem Fragebogen, Ouvertüre zu Beginn des ersten Satzes — wie auch ein rauer, den Claude Debussy im Jahr scheinbar unverbildeter Ton des Cellos, der sich in die Weiten 1889 ausfüllte der Moderne vorwagt. Beinahe simpel, dabei immer dem eigenen Ton nachlauschend, erscheint die Cellopartie dieses Satzes, die mit einer offenen Quinte, einem Flageolettklang, beendet wird. Dass diese Vermengung verschiedener Stile und Ele- mente grundlegend für die Sonate ist, zeigt sich auch in Debussys Überlegungen, das Werk mit einem Motto zu ver- sehen. So spielte er eine Zeit lang mit dem Gedanken, »Pierrot faché avec la lune« (Pierrot im Streit mit dem Mond) als Untertitel hinzuzufügen. Die Figuren der italienischen Commedia dell’Arte waren ja in dieser Zeit bei den europäi- schen Künstlern äußerst beliebt. Er hätte also nicht nur die bisweilen schrille Anlage des Werkes so gerechtfertigt, sondern sich gleichzeitig auch mit vielen Komponisten seiner Zeit von Schönberg bis Ravel auf eine Stufe gestellt. programmeinführung An den frühen Jazz genauso gemahnend wie an die Pizzicato-Szenen spanischer Barockmusik beginnt der zweite Satz. Auch hier spielt Debussy mit Elementen, die er vollkommen aus dem Zusammenhang reißt, ohne eine neue, fixe Struktur aufzubauen. So etwas kann nur jemand wagen, der den Zenit seines Schaffens erklommen hat. Attacca geht es in den letzten Satz, der nun gelegentlich mit der Freund- lichkeit des perlenden Klavierklangs aufwartet, den Debussy in seinen Préludes geprägt hat. Letztlich setzt sich jedoch der archaisch anmutende Grundton des Werkes durch. mirjam schadendorf Tōru Takemitsu (1930–1996) A Bird came down the Walk für Viola und Klavier Das gleichnamige Gedicht der amerikanischen Lyrikerin Emily Dickinson diente dem japanischen Komponisten Tōru Takemitsu als Inspirationsquelle für A Bird came down the Walk. Die Begegnung von Mensch und Natur hat Dickinson »Ich kann mir Tōru Takemitsu unzählige Male zum Ausgangspunkt für ihre Werke genom- vorstellen, wie er durch Japan men. Im Gedicht »A Bird came down the Walk« verspeist ein reist, nicht um verschiedene Vogel zunächst einen Wurm, trinkt anschließend Tau von Ansichten des Mondes zu er- einem Grashalm und hüpft zur Seite, um einen Käfer vorbei- halten, sondern um, sagen wir, krabbeln zu lassen. Das lyrische Ich bietet dem Vogel schließ- den Wind durch unterschied- lich eine Brotkrume an, doch er erhebt sich in die Luft und liche Bäume wehen zu hören fliegt leise in den Himmel hinauf. Takemitsu zeichnet in sei- und mit einer Gabe in die Stadt ner Komposition den Verlauf des Gedichtes nicht genau zurückzukommen. Diese Gabe nach, dennoch gibt er dessen Stimmung und auch einzelne besteht in der Umwandlung Momente der Gedichthandlung mit liebevoller Sorgfalt wie- von Natur in Kunst.« der. Die Darstellung von Vogelrufen erinnert an die Kompo- Komponist John Cage über sitionen Olivier Messiaens, der sich immer wieder vom seinen Kollegen Takemitsu Gesang der Vögel zu Werken hat inspirieren lassen. Take- mitsu aber komponiert zarter als sein französischer Kollege und zeichnet so ein scheinbar pastellfarben leuchtendes Bild. isabel schubert programmeinführung George Enescu (1881–1955) Konzertstück für Viola und Klavier Der Rumäne George Enescu galt als Violinwunderkind und kam bereits mit sieben