Madleine Riedenklau (Skarda)
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Zurich Open Repository and Archive University of Zurich Main Library Strickhofstrasse 39 CH-8057 Zurich www.zora.uzh.ch Year: 2020 Pro Memoria Æterna – Entstehung eines böhmischen Erinnerungsortes: Das symbolische Bezugssystem in Jan Blažej Santini-Aichels «Renovatio» der Klosterkirche in Sedlec Riedenklau, Madleine Posted at the Zurich Open Repository and Archive, University of Zurich ZORA URL: https://doi.org/10.5167/uzh-186856 Dissertation Published Version Originally published at: Riedenklau, Madleine. Pro Memoria Æterna – Entstehung eines böhmischen Erinnerungsortes: Das symbolische Bezugssystem in Jan Blažej Santini-Aichels «Renovatio» der Klosterkirche in Sedlec. 2020, University of Zurich, Faculty of Arts. Abhandlung zur Erlangung der Doktorwürde der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich PRO MEMORIA ÆTERNA Entstehung eines böhmischen Erinnerungsortes: Das symbolische Bezugssystem in Jan Blažej Santini-Aichels Renovatio der Klosterkirche in Sedlec vorgelegt von Madleine Riedenklau (Skarda) Angenommen im Herbstsemester 2015 auf Antrag der Promotionskommission bestehend aus Prof. Dr. Hubertus Günther Prof. Dr. Tristan Weddigen Zürich, 2019 2 Inhaltsverzeichnis Dank – Poděkování 3 Einleitung 4 I. Gebauter Raum – Das Kloster Sedlec 9 1. Die grüne Ader 9 2. Die grosse Klosterkirche 24 2.1. Die Westfassade 25 2.2. Der Innenraum 26 2.2.1. Die Wandgliederung 28 2.2.2. Das Gewölbe 32 II. Wissenschaftlicher Raum – Abstand von der Stilgeschichte 36 1. Methodischer Neuanfang 36 1.1. Zum Stand der Santini-Forschung 38 1.2. Gegen eine traditionelle Stilgeschichte 41 1.2.1. Maniera barbara – Das Gotikbild in der Renaissance 47 1.2.2. Maniera gottica – Vom Stil ohne Ordnung 52 1.3. Böhmischer Blick – Von der Kostbarkeit der alten Mauern 55 2. Unterstützung aus der Architektursoziologie 66 2.1. Zeitlichkeit – Habitus und architektonische Form 67 2.2. Schönheit – Emotionale Wirkung der Architektur 71 2.3. Genius loci – Atmospäre und Ortsbindung 75 2.4. Memoria – Erinnerung im architektonischen Raum 78 III. Historischer Raum – Geschichte des böhmischen Königreiches 86 1. Bohemia Sacra – Kaiser Karl IV., das goldene Zeitalter 86 2. Bohemia hussitica – Von der religiösen Krise in den Krieg 90 2.1. Kirchenkritik und Nationalbewusstsein 91 2.2. Im Namen des Kreuzes gegen Böhmen 99 2.3. Böhmen, das Reich und die Osmanen 106 3. Bohemia pia – Habsburgische Rekatholisierung 111 3.1. Habsburgisch katholische Machtübernahme 111 3.2. Bílá hora – Historische Zäsur und ihre Folgen 115 IV. Erinnerungsraum – Sedlec, zwischen Tradition und Neuerung 122 1. Böhmische Bautradition – Gebautes Erbe 123 2. Sedlec – Böhmens ältestes Zisterzienserkloster 136 2.1. Von der Gründung zur Brandschatzung – Sedlec und Kutná Hora 137 2.2. Die symbolischen Bezugssysteme 139 2.3. Die Renovatio der Klosterkirche 146 2.4. Vom Pro Memoria Æterna zum Phœnix Bohemiœ 153 Schlusswort 170 Abstrakt – Shrnutí 175 Bibliographie 179 Quellen 179 1. Archivalien 179 2. Edierte Quellen 179 Sekundärliteratur 182 Abbildungsnachweis 204 Abbildungen 205 3 Dank – Poděkování Diese Arbeit entstand im Andenken an eine Aufforderung: „Gehen Sie und finden Sie eine vernünftige Erklärung für das more gottico – ich habe keine Zeit dazu.“ Mit diesen Worten entliess mich der 2011 verstorbene Prager Professor Mojmír Horyna und übergab mir voller Freude ‘seinen’ Santini, dem er selbst viele Jahre der Forschung gewidmet hatte. Die vorliegende Dissertation beruht auf dem im Herbst 2015 an der Universität Zürich eingereichten und angenommenen Manuskript, das für die Publikation umfassend überarbeitet wurde. Das Projekt verdankt seine Vollendung der wohlwollenden Begleitung und Unterstützung zahlreicher Menschen und Institutionen: Allen voran gilt mein Dank meinem Doktorvater Prof. Dr. Hubertus Günther, der durch seine ‘einfachen’ Fragen zum Nachdenken anregte und manch einmal den Weg aus einer gedanklichen Sackgasse wies. Prof. Dr. Tristan Weddigen danke ich für das Zweitgutachten und die Möglichkeit, im Rahmen von Vorträgen am Lehrstuhlkolloquium die fortschreitende Arbeit zu überdenken. Das verbindende Interesse an der Böhmischen Kunst prägte die Zusammenarbeit mit Dr. Mateusz Kapustka – ihm danke ich für die kritische Lektüre der Rohfassung. Der Schweizer Nationalfonds und die Universität Zürich förderten die Arbeit durch Stipendien, welche mir die notwendige Freiheit gaben, zwischen Zürich und Prag hin- und herzupendeln und an Tagungen Aspekte der Forschungsarbeit einem internationalen Publikum vorzustellen. Den bereichernden Austausch über den böhmischen Tellerrand und über den barocken Horizont hinaus fand ich an den Barocksommerkursen im nahen Einsiedeln bei Prof. Dr. Werner Oechslin. Die Diskussionen nach den Vorträgen, während der Kaffeepausen oder unterwegs zu den Schönheiten der Schweiz waren für die Entstehung der Arbeit äusserst anregend. Die notwendige Ruhe und Zuflucht dagegen die Gedanken niederzuschreiben, bot die Bibliothek des Kunsthistorischen Instituts der Universität Zürich. Dem ganzen Team gilt mein Dank, da sie liebenswürdigerweise weggesehen haben, wenn hin und wieder das eine oder andere Buch über Nacht aufgeschlagen an ‘meinem’ Arbeitsplatz liegen blieb. In Tschechien standen mir die Mitarbeiter der Landesarchive in Třeboň und Litoměřice, sowie der Prager Nationalbibliothek und des Kunsthistorischen Instituts stets behilflich zur Seite. Auch ihnen allen sei hier für ihre freundliche Unterstützung gedankt. Allen Kollegen und Freunden schliesslich, die an dieser Stelle nicht namentlich genannt werden können, danke ich für die Diskussionen und für die manchmal hart geprüfte Geduld, mit welcher sie über die Jahre die Niederschrift abgewartet haben. Mein innigstes und herzlichstes Dankeschön gilt jedoch meinen Eltern – za vše nad tisíc díků! Sie haben mit ungebrochenem Interesse und stetiger Ermunterung die Forschungsarbeit begleitet und unterstützt. Ihnen sei deshalb in grosser Dankbarkeit dieses Buch gewidmet. Madleine Riedenklau 4 August 2019 Gebäude „seint das sichtbahre lebendige Zeichen und Gedechtnus, dan sie den Namen und Wapen des Structoris fieren und tragen, und verkinden allen, dass vor so villen hundert Jahren ein dergelichen Vornehmer und Mechtiger in disen und jehnen Geschlecht gewesen, so durch seinen hochen und diefsinnigen Verstandt und gehabte grosse Macht der Reichtumb dises vornehmste Werk und Structur hat inventiert, dirigiert und durch seine Reichtumben hat verfertigen lassen“ Fürst Karl Eusebius von Liechtenstein Einleitung In der Sedlecer Talsenke unter der alten Silberstadt Kutná Hora1 schimmert die sandfarbene Fassade golden in der späten Abendsonne. Majestätisch ragt die riesige Kirche des ehemaligen Zisterzienserklosters hinter Bäumen hervor. Die mittelalterlich anmutenden, atypisch zusammengesetzten Bauelemente ziehen den Blick des Betrachters automatisch auf sich, wirken im ersten Moment majestästisch und gleichzeitig irritierend und verunsichernd. Wer vorher oben in der Stadt die Barbarakirche besucht hat, wird auch im Inneren der Sedlecer Kirche von einer unerwarteten Helligkeit überrascht. Der schlichte, lichtdurchflutete Raum scheint trotz der steilen Proportionen und Spitzbögen, der ebenmässigen Rationalität der Frührenaissance ähnlicher als gotischen Kathedralen. Wandert der Blick nach oben zerschellt dieses Gefühl an der pulsierenden Struktur im Gewölbe. Dieser erste scheinbar widersprüchliche Eindruck der Kirche ist geprägt durch ein unentschlossenes Hin- und Herschwanken zwischen einem offenkundigen Schein und dem tatsächlichen Sein. In der Theorie heisst es, dass jede architektonische Form neben ihrer raumbegrenzenden auch abstrakte, symbolische Funktionen besitzt. Üblicherweise spricht man von einem Spiegel, über welchen Ideen und Werte einer bestimmten Zeit und Gesellschaft reflektiert und so Macht, Reichtum oder technisches Know-how des Auftraggebers und Architekten verkörpert werden. Fürst von Liechtensteins Traktat, zwischen 1670-1675 niedergeschrieben, führt dies eindrücklich vor Augen.2 Um diesen abstrakten Phänomenen gerecht zu werden, reicht eine Rekonstruktion der Baugeschichte oder Einpassung des Gebäudes ins Œvre des Architekten jedoch nicht aus. Dieser erweiterte Funktionsbereich erschliesst sich erst aus mannigfachen Bezügen unter Anderen zurück zur Gesellschaft und verlangt einen interdisziplinären Ansatz. Die Aufgabe des Kunsthistorikers sollte deshalb die Rekonstruktion jener kontextuellen Wirklichkeit sein, in welcher das 1 Bis auf wenige Ausnahmen verwende ich ausschiessich die tschechische Schreibweise von Namen. Deutsch geschrieben werden nur Heilige, Karl (Karel), Sigismund (Zigmund), die habsburgischen Herrscher sowie Prag (Praha) und die schlesischen Orte. Davon abgesehen, greife ich bei Kutná Hora (Kuttenberg), wenn als Adjektiv verwendet, ebenfalls auf die deutsche Schreibweise zurück. 2 LIECHTENSTEIN, Werk von der Architektur, S. 89. Dazu STEKL, Architektur und Gesellschaft, S. 9-13; REINLE, Zeichensprache der Architektur; MACEK / BIEGEL, Barokní architektura, S. 113, 605. 5 Objekt entstand. Darin liegt nach Günter Bandmann die Anweisung zum Verständnis des Werkes und insbesondere der notwendige Schlüssel, wenn erklärt werden soll, warum eine Form in ihrer Ausprägung vorhanden ist, wie sie aus dem gegebenen Bestand überlieferter Formen ausgewählt wurde und welche Zusammenhänge damit betont werden sollten.3 Der historische Kontext ist für die Aufschlüsselung der symbolisch aufgeladenen Formen also unumgänglich, der nicht nur die Gegenwart von Jan Blažej Santini-Aichel umfasst, sondern tief in die böhmische