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CHARA KTERISIERUNG DER NEUEN REBSORTE 'DONAUVELTLINER' ('KLBG. 1979')

Ferdinand Regner, Natascha Trimmel, Cornelia Eisenheld, Robert Hack, Andreas Rockenbauer, Christian Philipp, Stefan Nauer, Erich Ferschl und Christian Eitler

HBLA und BA für Wein- und Obstbau Klosterneuburg A-3400 Klosterneuburg, Wiener Straße 74 E-Mail: [email protected]

Die Rebsorte 'Donauveltliner' (DV) ist eine für den heimischen Weinbau zuletzt freigegebene Weißweinrebsorte mit erhöhter Pilzwiderstandsfähigkeit (Piwi). Die Sorte stellt eine genetische Kombination von 'Grüner Veltliner' (GV) und der mehltaufesten Sorte '' (SB) dar. Die Selektion des Genotyps aus der gewonnenen Popu- lation wurde unter Zuhilfenahme der Beobachtungen in der weinbaulichen Prüfung, der weinsensorischen Qualitä- ten sowie des genetischen Potentiales durchgeführt. Die weinbauliche Prüfung basiert auf jahrelanger Beobachtung zuletzt auch in den verschiedenen Weinbaugebieten. Besonders wurde auf das Ausmaß der Pilzwiderstandsfähigkeit geachtet. Das weinsensorische Potential der Sorte basiert auf der günstigen Zucker/Säure-Relation, den ausbalan- cierten Geschmacksstoff en und den wahrnehmbaren Aromakomponenten. Diese wurden für den 'Donauveltliner' auch im Vergleich zur Elternsorte 'Grüner Veltliner' ermitt elt. Chromosomale Selektion ermöglichte dann, jenen Genotyp auszuwählen, der die meisten Traminer-abstämmigen Allele vererbt bekommen hatt e. Die Rebe wurde bereits registriert und in einigen Bundesländern klassifi ziert. Seit 2018 kann aus der Rebe Rebsortenwein nach dem Weingesetz hergestellt werden. Die weitere Entwicklung der Rebsorte liegt nun vor allem bei den Winzern und deren Verbänden, aber letztendlich hängt der Erfolg von der Akzeptanz durch die Konsumenten ab. Schlagwörter: Neuzüchtung, Piwi, chromosomale Selektion, Aromatik

Characterisation of the new variety 'Donauveltliner (Klbg.1979)'. Th e grape variety 'Donauveltliner' (DV) is a recently approved white wine grape variety with increased fungus resistance (piwi). Th e variety represents a genetic combination of 'Grüner Veltliner' (GV) with the mildew-resistant variety 'Seyval blanc' (SB). Th e selection of the genotype from the obtained population was carried out with the help of observations in the viticultural exami- nation, the wine sensory qualities and the genetic potential. Th e viticultural examination is based on many years of observation, including the various wine regions. Particular att ention was paid to the extent of fungus resistance. Th e wine sensory potential of the variety is based on the favorable sugar-acid ratio, the balanced fl avors and the notice- able aroma components. Th ese were determined for the 'Donauveltliner' in comparison to the parent variety 'Grü- ner Veltliner'. Chromosomal selection then allowed to select the genotype that had inherited most Traminer-born alleles. Th e vine has already been registered and classifi ed insome federal countries. Since 2018 varietal wine can be produced from the variety according to the Wine Law. Th e further development of the grape variety is now mainly with the winemakers and their associations, but ultimately success depends on customers' acceptance. Keywords: new grapevine variety, fungus resistance (piwi), chromosomal selection, sensory quality

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Der 'Grüne Veltliner' ist die mit Abstand wichtigste Reb- der Starkwüchsigkeit (Töpfer und Eibach, 2015) sorte für den österreichischen Weinbau. Etwa ein Dritt el weniger geschätzt und daher oft mals auch eliminiert. der Weinbaufl äche ist mit dieser Sorte bestockt. Auch 'Seyval blanc' ist die Sorte, die die Widerstandskraft die Vermarktung der Weine und da vor allem der Ex- gegen den Echten und Falschen Mehltau vererbt hat. port haben sich sehr positiv entwickelt (www.oester- Sie ist eine französische Sorte, die durch zahlreiche Hy- reichwein.at) Trotz dieser Erfolge bereitet die Sorte bridisierungen von Seibl gekennzeichnet ist. Nur der abhängig von der Witt erung regelmäßig Probleme mit letzte Züchtungsschritt wurde vom Betrieb Bertille den Mehltau-Krankheiten (Bauer et al., 2015). In den Seyve und seinem Schwiegervater Victor Villard niederschlagsreicheren Gebieten bereitet die Anfällig- ausgeführt (Zweigelt und Stummer, 1929). 'Seyval keit gegenüber Peronospora Schwierigkeiten, während blanc' wurde häufi g für Kreuzungen verwendet, und so in den pannonisch beeinfl ussten Regionen der Echte haben die Sorten 'Souvignier gris', 'Birstaler Muskat', Mehltau gravierender sein kann. In der biologischen Pro- 'Réselle', '', 'Cayuga White', '', 'Me- duktion bedarf es mit dieser Sorte daher eines erhöhten lody', '', 'St. Croix' und 'St. Pepin' diese Ge- Pfl anzenschutzaufwands. Auch die Stabilität der Sorte netik im Stammbaum. Sie hat bis heute weinbauliche während der Blüte, gegenüber hohem Kalkgehalt und Bedeutung in Frankreich, Brasilien, Kanada England, Trockenheit sind nicht vorteilhaft (Regner et al., 2018). Schweiz und USA. In England gehört sie zu den wich- Eine Weiterentwicklung einer Rebsorte durch konventi- tigsten Rebsorten (www.wine-searcher.com), aller- onelle Kreuzung geht aber auf Grund der Heterozygotie dings nimmt sie dort nur eine Fläche von ca. 90 ha ein. der Rebe davon aus, dass eine weitgehend neue Sorte Durch den starken Anstieg biologisch wirtschaft ender entsteht, bei der im günstigen Fall die sensorische As- Betriebe und den Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit soziation mit der Elternsorte möglich ist (Töpfer und wird auch die Sortenfrage im Weinbau neu beurteilt Eibach, 2015). Gewünscht wäre ein Typ oder Klon (ICV, 2015). Dabei lässt sich unschwer erkennen, dass der Sorte, der diese Schwächen der Sorte nicht mehr es bei den traditionellen Sorten vor allem Mängel in aufweist. Dies wäre möglicherweise mit molekularen der Stabilität gegenüber Mehltau gibt. Insbesondere Züchtungsmethoden erreichbar, wobei dann die Beibe- Betriebe mit biologischer Produktion interessieren haltung des angestammten Namens rechtlich dennoch sich für Piwi-Sorten (Basler und Scherz, 2011). nicht möglich ist (Malnoy et al., 2016). Jedenfalls wur- Folglich sind in vielen Betrieben Versuche aufgenom- den zahlreiche Züchtungsansätze mit der Sorte 'Grüner men worden, durch die geklärt werden soll, mit wel- Veltliner' verfolgt, jedoch keine der so geschaff enen Sor- chen Sorten in Zukunft der Weinbau betrieben werden ten konnte sich längerfristig etablieren, geschweige denn kann (Jörger et al., 2004). Da schwer abzuschätzen eine namhaft e Verbreitung erreichen. Der 'Donauvelt- ist, welche Geschmacksnuancen beim Konsumenten liner' ist eine sehr junge Rebsorte, die erst 1996 gekreuzt gut angenommen werden, ist der Vergleich mit den El- wurde, und entstammt einer Kombination 'Grüner Velt- ternsorten üblich (Sevenich, 2005). Im vorliegenden liner' × 'Seyval blanc' (Zuchtnummer 1979-10-1-24, Fall wurde die Neuzüchtung mit der Elternsorte 'Grü- Synonym: Klbg 1979) (Abb. 1) Die erstgenannte Sor- ner Veltliner' verglichen. te ist immer die Mutt ersorte, und sie wirkt sich auf die Nachkommenschaft massiver aus (Regner, 2016), da die Chloroplasten-Erbsubstanz im Gegensatz zur Kern- MATERIAL UND METHODEN substanz rein maternal vererbt wird. In diesem Fall wird Die Versuchspfl anzungen von DV betreibt die HBLA auch eine stärkere Annäherung an das weinbauliche und BA für Wein- und Obstbau Klosterneuburg am Bi- Verhalten der Mutt ersorte angestrebt. Außerdem tragen samberg in Langenzersdorf (nordwestlich von Wien) die Chloroplasten wesentlich zur Energieversorgung ei- in der Abteilung Rebenzüchtung (Götzhof) und außer- ner Pfl anze bei (Regner und Hack, 2017). Durch die dem an zahlreichen Standorten in den Weinbaugebie- teilweise Einbringung von Chromosomen anderer Vi- ten Weinviertel, Kamptal, Kremstal, Wagram, Wachau tis-Arten kommt es üblicherweise zu einer Art Hetero- und Th ermenregion. Der Boden der Versuchsfl äche in sis. Genotypen aus einer Population, die diesen Eff ekt Langenzersdorf ist ein Braunerdeboden, verwitt ert aus besonders stark erkennen lassen, werden aber auf Grund Flyschsandstein-Konglomeraten mit mitt lerer Grün-

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digkeit und ausreichender Nährstoff versorgung. Die Die genetischen Analysen für die chromosomale Selek- Lage ist ein Südhang mit 25 % bis 40 % Steigung. Die tion wurden mit 330 SSR-Markern (Thomas et al., Jahresdurchschnitt stemperatur während der Versuchs- 1993; Bowers et al. 1996; Bowers et al., 1999) ent- jahre betrug 11,3 °C bzw. in der Vegetationszeit 16,8 °C. wickelt. Die VRZAG- Marker (Sefc et al., 1999) und Der Pfl anzenschutz wurde nach biologischen Richtlini- VRG-Marker (Regner et al., 2006) waren selbst aus Vi- en, aber ohne Kupfereinsatz ausgeführt, und es wurden tis riparia entwickelt worden. Die UCH-, VVIP-, VVIV- jeweils drei Applikationen durchgeführt. Der Boden war und restlichen Marker stammen von einem Konsortium standardmäßig begrünt, wurde aber in der Regel zumin- für Rebenmarker (VMC), wobei die Daten unter der dest zweimal umgebrochen, um eine neue Begrünung URL www.ncbi.nlm.nih.gov verfügbar sind. einsäen zu können. Die Kultur basiert auf einer ortsüb- Die Aromaanalysen wurden mit GC-SIM-MS-Verfah- lichen Hochkultur-Erziehung mit ca. 90 cm Kordonhö- ren samt Probenvorbereitung für die Analyse von 108 he und einem Streckerschnitt . Der Standraum ist mit 3 fl üchtigen Substanzen durchgeführt. Alle detektierten × 1,1 m eher großzügig angelegt, aber vergleichbar mit Metaboliten wurden verwendet, um das Aroma der Anlagen der Elternsorte GV. Der Beobachtungszeitraum Neuzüchtung darzustellen bzw. einen Vergleich mit der ging über 20 Versuchsjahre. Dabei wurden jährlich Bo- Elternsorte herzustellen. Dabei wurden zur Quantifi zie- nituren auf Stockgesundheit und Trauben durchgeführt. rung die Protokolle von Philipp et al. (2018, 2019a) Phänologische Beobachtungen wurden an mehreren verwendet. 14 Monoterpene wurden mit GC-MS (Ga- Standorten durchgeführt. schromatographie-Massenspektrometrie) nach einer Die Widerstandskraft gegenüber den Mehltau-Erregern adaptierten Methode von Michlmayer et al. (2012) wurde auch mit Blatt scheibentests ermitt elt (Deglé- bestimmt. Zusätzlich konnten die Ester mitt els partiel- ne-Benbrahim et al., 2010). Der Weinausbau und die ler SIDA-HS-SPME-GC-MS-Technik (stable isotope sensorische Beurteilung waren wesentliche Kriterien im dilution assay headspace solid-phase microextraction Auswahlverfahren. Die sensorische Bewertung erfolgte gas chromatography mass spectroscopy) nach Philipp immer in verdeckter Verkostung von Kommissionen mit et al. (2019b) bestimmt werden. Die Methode von Gök acht oder mehr Personen. (2019) wurde verwendet, um C13-norisoprenoid (1,1,6 Trimethyl-1,2dihydroxynaphtalin) und Vitispiran zu quantifi zieren.

Donauveltliner

Gr. Veltliner Seyval blanc

St.Georgen x TR Seibl 5656 Seibl 4986

Seibl 4595 Seibl 4199Aramon du Gard Seibl 405

Seibl 85 I 32-11 Seibl 14 Ganzin 1 Seibl 451 Seibl 405 Seibl 2 Ganzin 1

Seibl 14 Ganzin 1 (V. rup x V linc.) x V. vinifera

Abb. 1: Abstammung der Rebsorte 'Donauveltliner'

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Aus diesen Weinen wurden auch fl üchtige Phenole und Blatt analysen als durchwegs im Bereich des Üblichen Lactone nach der Methode von Brandes et al. (2003) eingestuft werden (Tab. 5). Andererseits konnten die Be- bestimmt. Die Quantifi zierung von Rotundon erfolgte sonderheiten der Böden aber auch nicht ausgeklammert mitt els der Methode von Nauer et al. (2018). werden. Sehr früh wurde diese Sorte schon für Versu- Statistische Verrechnungen der sensorischen und ana- che in den verschiedenen Weinbaugebieten ausgewählt. lytischen Daten wurden mit SSPS (IBM. Version 22) Insbesondere die Ergebnisse in den Weinbauschulen durchgeführt. Krems und Mistelbach ermutigten, auch bei privaten Winzern Versuchspfl anzungen anzulegen. Dabei war die ERGEBNISSE UND DISKUSSION Konkurrenz mit anderen GV-Sämlingen auch aus ande- ren Populationen sehr stark. Zuletzt waren noch zehn Der 'Donauveltliner' entstammt einer Grüner Velt- Genotypen – abstämmig von 'Grüner Veltliner' – unter liner-Population, wo sich viele der Nachkommen vor al- Beobachtung. Einige davon wären ebenfalls weinbaulich lem durch eine besonders ausgeprägte Widerstandskraft gut zu gebrauchen, sind aber vorläufi g nicht freigegeben. gegenüber dem Echten Mehltau hervorgetan haben. Die Entscheidung fi el dann im witt erungsmäßig sehr 'Seyval blanc' fungierte als Vatersorte (Abb. 1) und Spen- schwierigen Jahr 2014. In diesem Jahr gab es von Mitt e der jener Chromosomen, wo die Resistenzabschnitt e August bis Mitt e September fast täglich Niederschlag. In gegen den Mehltau vermutet werden. Mit dieser Po- der Folge konnte sich Fäulnis, insbesondere auch Bot- pulation wurde auch eine intensive genetische Analyse rytis stark ausbreiten. Die Trauben von 'Donauveltliner' durchgeführt. Es wurden Kopplungsgruppen zu jedem blieben bis zu einer hohen Reife gesund, während an- Chromosom (Tab. 1) gebildet und die Vererbung die- dere Genotypen ähnlich wie die Mutt ersorte entweder ser Chromosomen in der Nachkommenschaft verfolgt. schon schwer gezeichnet von Fäulnis waren oder keine Dabei kam zu Tage, dass vor allem das am Chromosom besondere Qualität erreichen konnten. Jedenfalls war 15 sitzende Resistenzgen (Ren 3) für die Stabilität ge- auf Grund des günstigen Verhaltens eine Entscheidung genüber dem Echten Mehltau verantwortlich ist. Es liegt zugunsten der jetzigen Sorte 'Donauveltliner' möglich. in der Sorte 'Seyval blanc' homozygot vor, sodass alle Trotz dieser Beobachtungen benötigt der 'Donauvelt- Nachkommen eine deutlich höhere Stabilität gegenüber liner' einen minimalen Pfl anzenschutz, der garantiert, dem Echten Mehltau zeigten. Mit der chromosomalen dass die Sorte für längere Zeit nicht mit neuen Pilzstäm- Segregationsanalyse lässt sich auch feststellen, welche men in Kontakt kommt. Die bisherige Pfl anzenschutz- Chromosomen des GV von der Sorte 'Traminer' stam- strategie bei der Sorte war eine reduzierte biologische mend auf den 'Donauveltliner' übertragen wurden (Tab. Behandlung unter Vermeidung eines Kupfereinsatzes. 2). Diese genetische Erkenntnis wurde auch benutzt, um Konkret wurde eine Austriebsspritzung mit Schwefel die Entscheidung, welcher Genotyp aus dieser Popula- eine Vorblüte-Behandlung mit Schwefel und Mycosin tion ausgewählt wird, zu treff en. Phänologisch wurden Vin sowie eine Nachblüte-Behandlung mit Vitisan und der Austrieb, die Blüte und die Beerenreife beobachtet. Schwefel erfolgreich durchgeführt. Unter diesen Bedin- Dabei wurde gegenüber GV eine leichte Verfrühung des gungen kann GV nicht gesund erhalten werden und hat Austriebs (Abb 2.) und der Blüte festgestellt. Ebenfalls bei unseren Vergleichsanlagen vor allem schweren Oidi- früher erreicht DV die Vollreife, insbesondere wenn GV umbefall, aber auch Peronospora-Anfl ug sowie Spuren nicht entsprechend ausgedünnt wird (Tab. 3). Folglich von Schwarzfäule erkennen lassen (Tab. 6). Die Resis- eignet sich der 'Donauveltliner' vor allem für den Do- tenz gegenüber den wichtigsten Pilzkrankheiten wurde nauraum und nördlich davon. In jenen Weinbaugebie- auch mit einer Infektionsstudie in vitro überprüft . Dabei ten, wo 'Grüner Veltliner' zu früh reift , wird sich auch wurde der Blatt scheibentest angewandt und gegenüber 'Donauveltliner' nicht als Alternative anbieten. Oidium und Peronospora erfolgreich ausgeführt. Der Andererseits wurde die Weinqualität in Hinblick auf deutlichste Unterschied wurde in den Infektionsstudien Zuckerbildung, Säurestabilität und Reifeverlauf (Tab. mit Plasmopara viticola festgestellt. Während GV erheb- 4) analysiert. Dabei wurden auch die wichtigsten Mi- liche Symptome entwickelte, blieben die Elternsorte SB neralstoff e wie N, K und Ca im Traubensaft erfasst. Die und der DV gesund (Tab. 7). Aufnahme der Mineralstoff e konnte aber auch über Bei den Oidium-Versuchen zeigten sich Abstufungen

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von 'Seyval blanc' mit minimaler Infektion, 'Donauvelt- zahlreichen Verkostungen gezeigt, dass die Sorte 'Do- liner' mit geringfügiger Pilzentwicklung bis zur erhebli- nauveltliner' auf diesem Niveau zu liegen kommt (Tab. chen Beeinträchtigung von 'Grüner Veltliner' (Abb. 3). 8). Die wichtigste Hürde für eine Neuzüchtung stellt aber Eine Zuordnung zu bestimmten Aromabildern wurde das sensorische Gesamtbild dar. Es wird erwartet, dass von Kommissionen anhand von drei Weinen der Sorte der Gesamteindruck nicht schlechter bewertet wird als durchgeführt. Über den Standort- und Reifefaktor hin- der von bestehenden Qualitätsweinsorten. Es wurde in aus sind die Geschmacksrichtungen Kernobst (Apfel),

×

×

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exotische Früchte, Würze und Komplexität am stärksten lich ist und Unterschiede wenig Relevanz mit der Sorte wahrnehmbar (Abb. 4). Bei Konsumentenverkostungen haben (Tab. 10). GV zeigte höheren Flavonolgehalt, und wurde ebenfalls am stärksten reifer Apfel neben Birne, zumindest 2018 wies DV mehr Gesamtphenol auf. Bei Quitt e und auch Marille erkannt (Tab. 9). In der Regel Auft rennung der Phenole mitt els HPLC konnte erkannt sind die DV-Weine von Weinen der Sorte GV unter- werden, dass DV zumindest bei Tyrosol eine deutlich scheidbar, da sie unter gleichen Bedingungen reifer wer- geringere Menge entwickelt (Abb. 5). den und folglich auch höhere Alkohol- und Dichtewerte Das Vorkommen von Terpenen in Wein hängt von aufweisen. Wir haben aber versucht, die Weine von der zahlreichen Faktoren neben dem Genotyp ab. Große Elternsorte GV zu diff erenzieren. Im Bereich der Phen- Schwankungen sind daher eher die Regel als die Aus- ole haben wir einige Jahrgänge verglichen und konnten nahme. Wir haben jedenfalls beobachtet, dass DV eher feststellen, dass der Gesamtgehalt an Phenolen sehr ähn- höhere Mengen an Monoterpenen aufweist als GV

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(Abb.6). Insbesondere Hotrienol wurde im DV in deut- Interaktion verschiedenster Substanzen den qualitativen lich höheren Konzentrationen festgestellt. Andererseits Wert erbringt. konnten die Mengen von Alpha-Terpineol im Vergleich Bei den Hauptaromasubstanzen wurden in identen zu GV nicht immer mithalten, aber es ergab sich kein Weinen der beiden Sorten markante Unterschiede beständiger Unterschied (Abb. 7). Beim Sequisterpen festgestellt (Tab. 11). Komponenten, die wiederholt Rotundon wurden in GV Werte von 30 bis 40 ng/l ge- sehr unterschiedlich in den Weinen auft raten, waren: funden (Nauer et al., 2018), hingegen erreichten Wei- Isoamylacetat, Ethylhexanoat, Hexylacetat, Diacetyl, ne aus DV nur Werte von maximal 20 ng. Dabei konnte Ethyloctanoat, Ethyldecanoat, Butt ersäure, Hexanol, festgestellt werden, dass der Beitrag von GV in der Nach- Octansäure, Decansäure, Benzylalkohol und Ethyllactat. kommenschaft gleichbleibend ist, aber die Werte durch Eine wahrscheinliche Ursache dafür könnte eine unter- den Einfl uss von SB abnahmen (Regner et al., 2016). schiedliche Aminosäurenzusammensetzung im Most Dabei sollte aber klar sein, dass eine einzige Substanz sein (Styger et al., 2010). Auch die Ester (Tab. 12) nicht die Qualität eines Weines bestimmt, sondern die zeigten ein erhebliches Diff erenzierungspotential auf.

Abb. 2: Die phänologische Entwicklung läuft bei 'Donauveltliner' (DV) früher bzw. schneller als bei 'Grüner Veltliner' (GV). Zu allen vier Zeitpunkten ist die Sorte DV in der Entwicklung vor dem GV.

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Abb. 3: Oidium-Anfälligkeit bei in vitro-Infektionsversuchen; Einstufung von 0 bis 9 nach OIV-Deskriptor (OIV 455)

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Abb. 4: Aromagramm von drei Weinen der Sorte 'Donauveltliner'

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Außerdem können die Rebsorten 'Grüner Veltliner' und aber die Lockerbeerigkeit der Traube. Im Gegensatz zu 'Donauveltliner' mitt els ampelographischer Deskripto- den Elternsorten von 'Donauveltliner' – 'Grüner Velt- ren (Tab. 13) sehr gut unterschieden werden. Die Sorte liner' und 'Seyval Blanc' – ist die Traube bei 'Donauvelt- 'Donauveltliner' lässt sich anhand des Blatt es gut erken- liner' deutlich lockerer und damit auch stabiler bei sehr nen. 'Grüner Veltliner' weist eine U-förmige Stielbucht feuchter Herbstwitt erung. Die Trauben- und Beerengrö- und ein 5- bis 7-lappiges Blatt auf. Der 'Donauveltliner' ße ist bei DV geringer als bei GV. Allerdings kann der hingegen zeigt eine V-förmige Stielbucht und ein 3- bis Verrieselungsgrad unter zu wüchsigen Bedingungen 5-lappiges Blatt . Außerdem sind die Seitenbuchten beim stärker als gewünscht sein. Damit ist 'Donauveltliner' für GV tiefer eingeschnitt en als bei DV. Auch an den Ranken eine Massenproduktion weniger geeignet, sondern kann wird der Unterschied erkennbar. GV hat kürzere Ranken für gehaltvolle, wertige Weine unter reduziertem Pfl an- als DV. Der wahrscheinlich wichtigste Unterschied ist zenschutz eingesetzt werden.

Phenole 20 18 16 14 12 10 mg/ll 8 6 4 2 0

GV 1 GV 2 DV 1 DV 2

Abb. 5: Aufgetrennte Phenole aus Wein von DV und GV im direkten Vergleich

Terpengehalt μg/l 10,0 9,0 8,0 7,0 6,0 5,0 4,0 3,0 2,0 1,0 0,0

DV GV

Abb. 6: Vergleich Monoterpengehalt GV und DV mit Wiederholung; ein Standort im Weinviertel und ein Jahrgang

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Terpengehalt (μg/l) 30,0

25,0

20,0

15,0

10,0

5,0

0,0 cis- trans- cis- trans- - alpha- Hotrien Neroloxi Citronell Linalool Linalool Linalool Rosenox Rosenox Terpine Terpine Nerol Geraniol ol d ol oxid oxid id id ol ol DV 5,0 2,3 6,0 24,4 0,1 0,017 0,2 1,0 2,9 0,8 7,7 7,7 GV 2,0 0,7 3,3 7,5 0,1 0,003 0,1 0,5 2,7 0,7 2,7 6,3

DV GV

Abb. 7: Vergleich Terpene – Durchschnitt von drei Standorten und Wiederholungen

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Danksagung: Wir wollen hiermit vor allem unseren wollen wir die Kollegen Deim und Holzmann ohne Versuchsanstellern herzlichen Dank für ihre Bemühun- deren Wirken die Sorte Donauveltliner nicht in die- gen um die Sortenentwicklung aussprechen. Erwähnen ser Form möglich geworden wäre.

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LITERA TUR

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