Julius-Maximilians-Universität Würzburg Fakultät für Physik und Astronomie Lehrstuhl für Physik und ihre Didaktik

Schriftliche Hausarbeit zur Ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien

Physik im Freizeitpark Möglichkeiten und Vergleich von Beschleunigungs- und GPS-Messung sowie Videoanalyse

von Manuel Schüttler

Februar 2011

Prüfer und Betreuer: AR Dr. Thomas Wilhelm

Vorwort

In dieser Arbeit sollen der Einfachheit halber Begriffe wie Schüler, Lehrer etc. geschlechts- neutral verwendet werden. Es sind im Folgenden also immer Schülerinnen und Schüler bzw. Lehrerinnen und Lehrer gemeint. Bilder, Tabellen etc. sind selbst erstellt, falls nicht anders gekennzeichnet. Screenshots von verwendeten Programmen wurden in manchen Fällen nachbearbeitet, um Verständnis und Lesbarkeit zu fördern. Auf ausdrückliche Hinweise wird bei solchen Bildern verzichtet. Bei Zitaten von Internetseiten, welche nicht in gedruckter Version vorliegen, wird nach Möglichkeit der Anbieter der Seite angegeben, sowie die URL-Adresse mit dem Datum, an welchem die Seite aufgerufen wurde. Hierzu ist noch anzumerken, dass für Zitate aus Wikipedia-Artikeln zwar keine Garantie gegeben werden kann, jedoch aufgrund der Po- pularität von Internet-Enzyklopädien nicht darauf verzichtet wird. Sowohl für Schüler als auch für Lehrer ist es deshalb wichtig, sich mit den im Internet gefundenen Informationen kritisch zu befassen. Inhaltsverzeichnis

I Einleitung 1

II Hardware 2

1 GPS-Geräte 2 1.1 Garmin Foretrex 101 - Personal Navigator ...... 3 1.2 Pasco GPS Position Sensor (PS-2175) ...... 4

2 Beschleunigungssensoren 5 2.1 Pasco Acceleration Sensor (PS-2119) ...... 6 2.2 Phywe Cobra4 Sensor-Unit 3D-Acceleration ...... 7

3 Datenlogger 7 3.1 Pasco Xplorer GLX (PS-2002) ...... 8 3.2 Phywe Cobra4 Mobile-Link ...... 10

4 Videoaufnahmegeräte 11 4.1 Sony Cyber-shot DSC-T5 ...... 12 4.2 Panasonic Lumix FS 5 ...... 13

III Software 14

5 GPS-Programme 14 5.1 GPS Utility ...... 15 5.2 G7 to Win ...... 16

6 Programme zu den Beschleunigungssensoren 18 6.1 Pasco Data Studio ...... 18 6.2 Phywe measure ...... 19

7 Videoanalyseprogramme 21 7.1 Phywe measure dynamics ...... 21 7.2 CMA Coach6 Studio MV ...... 22

8 Sonstige Programme 23 8.1 Videobearbeitungsprogramme ...... 23 INHALTSVERZEICHNIS

8.2 Tabellenkalkulationen ...... 24

IV Theorie 25

9 Grundlagen zur Mechanik 25 9.1 Newtonsche Axiome ...... 26 9.2 Massepunkte und Schwerpunkt ...... 26 9.3 Kreisbewegung ...... 27 9.4 Pendelbewegung ...... 28 9.5 Gravitation, Gewichtskraft, Masse ...... 30 9.6 Bezugssysteme ...... 31 9.7 Energie ...... 31 9.8 Haftung und Reibung ...... 32

10 Einordnung in den Lehrplan 33 10.1 Fachprofil Physik ...... 34 10.2 Klasse 7 ...... 34 10.3 Klasse 8 ...... 35 10.4 Klasse 9 ...... 35 10.5 Klasse 10 ...... 35

V Praxis 38

11 Kreisbewegungen 38 11.1 Kolumbusjolle ...... 38 11.2 Wiener Wellenflieger ...... 42 11.3 Feria Swing ...... 46

12 Pendelbewegungen 53 12.1 London Bus ...... 53 12.2 Vindjammer ...... 65

13 Komplexe Bewegungen 76 13.1 Alpenexpress „Enzian“ ...... 76 13.2 Euro-Mir ...... 78 13.3 Blue Fire ...... 82 13.4 Silver Star ...... 93

III INHALTSVERZEICHNIS

VI Schlusswort 103

Literatur 105

Tabellenverzeichnis V

Abbildungsverzeichnis VI

Anhang XIII

Danksagung XIV

Selbstständigkeitserklärung XV

IV Teil I Einleitung

Die Begeisterung von Schülern für den Physikunterricht lässt im Laufe der Schuljahre nach. Dagegen erfreuen sich Vergnügungsparks immer größerer Beliebtheit. Diese Arbeit verbindet diese beiden Entwicklungen und stellt einen modernen Zugang zum Mechanik- Unterricht her. Die Aktualität solcher Verknüpfungen zeigt sich anhand der medialen Omnipräsenz von Begriffen wie Edutainment, Infotainment oder Entertainment. Als Bindeglied zwischen Physikunterricht und Vergnügungspark dienen in dieser Ar- beit einige der Fahr-Attraktionen des Europa-Parks in Rust, welche den Schüler ver- deutlichen sollen, dass sie auch in ihrer Freizeit mit physikalischen Problemen und Phä- nomenen konfrontiert werden können. Es wurden Messungen mit Beschleunigungs- und GPS-Sensoren sowie Videoanalysen durchgeführt, welche in Teil V vorgestellt werden. Die physikalische Analyse der Bewegungen bereitet hierbei oft weniger Probleme als der Um- gang mit den Messgeräten. Da Experimentieren in der Physik stets voraussetzt, Geräte bedienen zu können, werden deshalb zusätzlich in den Teilen II bzw. III die verwendeten Geräte und Programme vorgestellt. Ziel der Arbeit ist neben der Vermittlung von Kompetenzen beim Umgang mit Hard- ware und Software auch die korrekte Analyse der Messungen sowie deren geeignete Dar- bietung für die Schule zu bieten. Eine sicherlich aufwendige Möglichkeit sind Exkursionen zu kooperierenden Vergnügungsparks oder Schaustellern auf Volksfesten. Hier können die Schüler selbst Messungen durchführen und Videos drehen, um diese später im Unterricht zu analysieren und auszuwerten. Die Durchführung als Schülerexperiment wirkt motivie- render als eine Präsentation bereits durchgeführter Messungen während des Unterrichts. Jedoch kann es passieren, dass die Schüler dabei ihre Aufmerksamkeit auf die falschen Dinge fokussieren. Selbst wenn eine Exkursion nicht möglich ist, kann mit Messungen wie aus Teil V der „Umgang mit Wissen und Informationen“1 gefördert werden. Im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen dabei die Analyse von Schaubildern sowie das räumliche Vorstellungsvermögen, aber auch für den Umgang mit Medien und die Nutzung des Computers werden Ratschläge gegeben. Die Arbeit erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit und bietet Anregungen für weitere interessante Teilaspekte. Diese sind in Teil VI zusammengefasst. Es werden lediglich die markantesten Merkmale von Geräten und Programmen bzw. die wichtigsten Erkenntnisse der Messungen vorgestellt.

1[ISB 2010], 1. Teil II Hardware

In diesem Teil der Arbeit werden die verschiedenen Geräte behandelt, mit denen die Messungen aus Teil V aufgenommen und gespeichert wurden. Hierzu gehören neben den GPS-Geräten, den Beschleunigungssensoren und den Datenloggern auch Videokameras, mit denen die Clips für die Videoanalysen gedreht wurden. Zu jedem Punkt werden die verwendeten Alternativen vorgestellt und miteinander ver- glichen. Die Abwägung von Vor- und Nachteilen steht dabei im Vordergrund. Es soll aufgezeigt werden, welche Eigenschaften bei Kauf und Verwendung der Geräte besonders zu beachten sind. Die genaue Funktionsweise wird in dieser Arbeit nicht behandelt, es wird jedoch auf weiterführende Literatur verwiesen.

1 GPS-Geräte

Das Global Positioning System (kurz: GPS) erlangte in den letzten Jahren eine immer größere Bedeutung im Alltag. Seine Entwicklung begann 1973 und geht auf das amerikanische Verteidigungsministerium zurück. Die zivile Nutzung wurde bereits 1983 beschlossen, jedoch ist das System erst seit Juli 1995 vollständig betriebsbereit2. Wäh- rend das System zu Beginn vor allem dem Schiffs- und Flugverkehr zur Ortsbestimmung (und über die zeitliche Ableitung auch zur Geschwindigkeitsbestimmung) diente, ist die GPS-Technik mittlerweile in vielen Kraftfahrzeugen in Form von Navigationssystemen vertreten. Sogar in Mobiltelefonen der neueren Generation sind GPS-Sensoren integriert. GPS-Geräte kommunizieren mit Satelliten und bestimmen so ihre Position. Diese Po- sition kann man in verschiedenen Koordinatensystemen darstellen. Das bekannteste ist dabei das geographische Gitter (also die Einteilung der Erde in Längen- und Breiten- grade). Die Unterscheidung von Nord- und Südhalbkugel bzw. westlicher und östlicher Hemisphäre erschwert jedoch die Weiterverarbeitung der GPS-Daten. Deshalb nehmen viele GPS-Geräte ihre Messpunkte in anderen Koordinatensystemen auf. Eine gute Zu- sammenfassung über verschiedene Gitter bietet die Staatsexamensarbeit von Matthias Braun3, in welcher auch die Funktionsweise von GPS-Geräten erläutert wird4. Im Weiteren werden GPS-Geräte als Blackbox-Messgeräte behandelt. Es soll hier nur

2mehr dazu unter [Kowoma 2008] 3[Braun 2007], S. 2-9 4[Braun 2007], S. 36-40 II. HARDWARE 1 GPS-GERÄTE darauf Wert gelegt werden, dass ein GPS-Gerät zu verschiedenen Zeitpunkten die ermit- telte Position aufnimmt und speichert. Aus diesen Daten können unter anderem zurückge- legte Wege und Geschwindigkeiten errechnet werden. Je nach Gerät gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Datenpakete auf einen Computer zu übertragen und dort weiter zu verarbeiten (hierzu mehr in Teil III). Die beiden folgenden Abschnitte 1.1 und 1.2 befassen sich mit den GPS-Geräten Fo- retrex 101 von Garmin und GPS Position Sensor von Pasco. Dabei wird auch erklärt, wie man das jeweilige Gerät mit einem Computer verbinden kann.

1.1 Garmin Foretrex 101 - Personal Navigator

Das Foretrex 101 (siehe Abbildung 1) ist ein kleines GPS-Gerät, welches man sich wie eine Armbanduhr um das Handgelenk legen kann. Zu seinen Merkmalen gehören neben einem Speicher für 500 Wegpunkte und 20 Routen auch ein Tripcomputer, mit welchem unter anderem ein Kompass, zurückgelegte Entfernungen und die momentane Geschwin- digkeit angezeigt werden können. Man kann bis zu 10.000 Trackpunkte aufnehmen, wobei einstellbar ist, ob ein festes Zeitintervall (minimal eine Sekunde) oder eine definierte Stre- cke zwischen aufeinander folgenden Trackpunkten liegen soll. Die Bedienung erfolgt über fünf Tasten und ist einfach zu erlernen. Die wichtigsten Menüpunkte sind mit wenig Aufwand schnell zu erreichen und umfassen neben der Dar- stellung der Signalstärke und der Trackaufzeichnung auch den Tripcomputer. Dem Gerät liegt ein Verbindungskabel zum Computer bei. Allerdings benötigt man entweder einen Computer mit serieller Schnittstelle oder einen Adapter für einen verfüg- baren Anschluss (z. B. USB). Am Computer findet man die Verbindung als COM-Port vor. Die Nummer des Ports ist wichtig für die Software, mit der man die Daten schließlich vom GPS-Gerät auf den Computer übertragen will (siehe Kapitel 5).

Abbildung 1: Garmin Foretrex 1015

5[Garmin 2010], 1.

3 II. HARDWARE 1 GPS-GERÄTE

Vorteile: • am Handgelenk tragbar: Beide Hände bleiben frei. • Ortskurve kann direkt auf dem kleinen Display angezeigt werden: Überprüfung der Messung ist auch ohne Computer möglich. • Batterien zum Betrieb nötig: Einfach austauschbar.

Nachteile: • lange Kaltstartzeit: Benutzt man das Gerät eher selten oder an verschiedenen Orten, so sollte man eine gewisse Anlaufzeit einplanen. • Zeitintervall minimal eine Sekunde: Bei schnellen, kurvenreichen Bewegungen ist das zu lange. • Gerät ist überholt: Es können eventuelle Kompatibilitätsprobleme beim Ver- binden des Geräts mit einem Computer auftreten.

Weitere Informationen sowie das Handbuch des Geräts sind über die offizielle Seite des Herstellers erreichbar6.

1.2 Pasco GPS Position Sensor (PS-2175)

Der GPS Position Sensor von Pasco (siehe Abbildung 2) ist ein GPS-Gerät, welches neben Längen- und Breitengrad noch Höhe, horizontalen Geschwindigkeitsbetrag sowie die Anzahl der zur Messung beitragenden Satelliten bestimmt. Im Gegensatz zum Fo- retrex 101 speichert der Pasco-Sensor keine Messpunkte und Tracks. Man benötigt entweder den zugehörigen Datenlogger Xplorer GLX (siehe Kapitel 3.1) oder verbindet den Sensor beispielsweise über USB mit dem Computer und benutzt die Software Data Studio von Pasco (siehe Kapitel 6.1). Die Intervalle zwischen den einzelnen Messpunkten können minimal eine Sekunde, ma- ximal vier Stunden betragen. Dies lässt sich entweder am Datenlogger oder am Computer mit Hilfe der Software einstellen. Um die Messdaten zu verarbeiten, verbindet man den Sensor direkt mit einem Computer und startet die Messung mit dem Programm Data Studio. In einer Achterbahn ist dies jedoch nicht möglich. Man verwendet den Sensor deshalb mit Hilfe des Datenloggers, auf welchem die Messung gespeichert wird. Anschließend können die Messungen mit Hilfe des Verbindungskabels auf den Computer übertragen werden. Die Dateien können mit Data Studio bearbeitet werden. 6[Garmin 2010], 2.

4 II. HARDWARE 2 BESCHLEUNIGUNGSSENSOREN

Abbildung 2: Pasco GPS Position Sensor7

Vorteile: • geringe Startzeit: Bereits nach einer Minute kann die Messung beginnen.

Nachteile: • Gerät allein nicht verwendbar: Datenlogger bzw. Computer sind erforderlich. • Zeitintervall minimal eine Sekunde: Bei schnellen, kurvenreichen Bewegungen ist das zu lange. • Empfangsqualität nur bei liegendem Sensor optimal: Bei vielen Experimenten kann diese Lage nicht eingehalten werden.

Weitere Informationen sowie das Handbuch des Geräts sind über die offizielle Seite des Herstellers erreichbar8.

2 Beschleunigungssensoren

Beschleunigungssensoren sind im alltäglichen Leben weit verbreitet, jedoch nimmt sie kaum jemand bewusst wahr (beispielsweise werden Airbags mit Hilfe von Beschleuni- gungssensoren aktiviert). Es gibt piezoelektrische, piezoresistive und kapazitive Sensoren, wobei die Bezeichnungen auf ihre Funktionsweise zurückzuführen ist. Hierzu bietet die Staatsexamensarbeit von Stefan Scheler9 viele interessante Informationen, auf die in dieser Arbeit nicht eingegangen wird. Die Arbeit von Scheler beinhaltet neben einer ausführlichen Beschreibung von Funktionsweise und Bauart der Sensoren auch Hinweise auf ihre Verwendung als Blackbox. Analog zu den GPS-Geräten aus Kapitel 1 werden im Folgenden auch die Beschleunigungssensoren als Blackbox-Messgeräte behandelt.

7[Pasco 2010], 1. 8[Pasco 2010], 1. 9[Scheler 2009], S. 6-16

5 II. HARDWARE 2 BESCHLEUNIGUNGSSENSOREN

Die beiden verwendeten Geräte sind zum einen der Acceleration Sensor von Pasco und zum anderen die Cobra4 Sensor-Unit 3D-Acceleration von Phywe. Beide werden in diesem Kapitel vorgestellt, wobei nur auf die technischen Daten eingegangen wird. Die Sensoren zerlegen die Beschleunigung in drei Komponenten: lateral, vertikal und horizontal. Diese stehen jeweils senkrecht aufeinander und haben einen festen Bezug zum Passagier. Die laterale Achse verläuft parallel zu den Schultern, die vertikale entlang der Wirbelsäule und die horizontale entsprechend senkrecht.

2.1 Pasco Acceleration Sensor (PS-2119)

Der Beschleunigungssensor von Pasco (siehe Abbildung 3) kann Beschleunigungen in x-, y- und z-Richtung messen. Bei den Messungen in dieser Arbeit wurde der Sensor immer mit dem zugehörigen Datenlogger benutzt, welcher während der Aufnahme in einer Weste untergebracht war. Die Lage des Koordinatensystems des Sensors bleibt aus Sicht der Versuchsperson damit immer gleich: die x-Achse zeigt lateral nach links, die y-Achse vertikal nach oben, die z-Achse horizontal nach vorne.

Abbildung 3: Pasco Acceleration Sensor10

Es können Beschleunigungen bis zu ± 10 g (g steht für die Erdbeschleunigung; es gilt m g ≈ 9, 81 s2 ) gemessen werden, wobei die Messunsicherheit mit ± 0, 2 g angegeben wird. Die Abtastrate kann am Datenlogger eingestellt werden und maximal 100 Hz betragen. Wie beim GPS Position Sensor werden die Messdaten nicht im Sensor gespeichert, sondern müssen über den Xplorer GLX (Kapitel 3.1) oder direkt per USB-Verbindung mit einem Computer ausgelesen werden. Weitere Informationen sowie das Handbuch des Geräts sind über die offizielle Seite des Herstellers erreichbar11.

10[Pasco 2010], 2. 11[Pasco 2010], 2.

6 II. HARDWARE 3 DATENLOGGER

2.2 Phywe Cobra4 Sensor-Unit 3D-Acceleration

Der Cobra4-Beschleunigungssensor von Phywe (siehe Abbildung 4) ist ein 3D-Beschleu- nigungssensor. Auch hier werden die Messwerte nicht direkt im Sensor gespeichert, sondern per USB-Verbindung bzw. kabellos auf einen Computer übertragen oder auf dem Daten- logger Mobile-Link (Kapitel 3.2) gespeichert. Während der Messungen dieser Arbeit war der Sensor mit dem Mobile-Link verbunden und sicher in einer Weste verstaut. Damit ergibt sich die Lage des Koordinatensystems wie folgt: die x-Achse zeigt vertikal nach oben, die y-Achse lateral nach links und die z-Achse horizontal nach hinten. Der Messbereich lässt sich für jede der drei Komponenten x, y und z getrennt ein- stellen, jedoch kann man nur zwischen ± 2 g und ± 6 g wählen. Die Einstellung des Messbereichs geschieht bei einer Verbindung des Sensors mit einem Computer mit Hilfe des Programms measure oder bei Verwendung des Mobile-Links direkt im Menü des Datenloggers. Die Auflösung wird bei dem kleineren Messbereich mit 1 mg, bei dem grö- ßeren Bereich mit 5 mg angegeben. Die maximale Datenrate beträgt 100 Hz pro Kanal. Weitere Informationen sowie das Handbuch des Geräts sind über die offizielle Seite des Herstellers erreichbar12.

Abbildung 4: Phywe Cobra4 Sensor-Unit 3D-Acceleration13

3 Datenlogger

Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, Messwerte von Sensoren auf Computer zu über- tragen, um sie dort mit Hilfe diverser Programme zu bearbeiten. Die einfachste Verbin- dung kann mit Hilfe von Kabeln hergestellt werden. Dazu ist es jedoch notwendig, dass der Ort der Messung möglichst nahe am Computer liegt. Für die Messungen in dieser Arbeit ist die Kabelverbindung jedoch uninteressant, da es die Sicherheitsbestimmungen

12[Phywe 2010], 1. 13[Phywe 2010], 1.

7 II. HARDWARE 3 DATENLOGGER der Attraktionen nicht erlauben, einen Computer mit auf die Fahrt zu nehmen. Eine Ka- belverbindung zu einem festen Ort schließt sich allein schon aufgrund der Großflächigkeit der Bewegungen aus. Dies ist auch der Grund, warum die zweite Verbindungsmöglichkeit versagt: die Übertragung der Daten über Funksensoren. Scheler berichtet in seiner Ar- beit von Übertragungen per Funk über maximal 40 Meter unter idealen Bedingungen14. Weder sind im Freizeitpark ideale Bedingungen gegeben (Gebäude, Gebüsch, Parkbesu- cher etc. zwischen Sender und Empfänger), noch beträgt der Abstand zwischen Sender und Empfänger immer weniger als 40 Meter. Die Lösung für diese Problematik stellen sogenannte Datenlogger dar. Dies sind im Ver- gleich zu Computern handlich kleine Geräte, welche mit den Sensoren verbunden werden und die aufgenommenen Daten zwischenspeichern können. Mit einer geeigneten Weste können die Sensoren und Datenlogger unter Beachtung der Sicherheitsbestimmungen in Karussells, Achterbahnen etc. mitgenommen werden. Die während der Fahrt aufgenom- menen Messdaten werden auf den Datenloggern gespeichert und können danach über Kabelverbindungen oder Speicherkarten auf Computer übertragen werden. Im Folgenden werden die beiden Datenlogger Xplorer GLX von Pasco und Cobra4 Mobile-Link von Phywe vorgestellt, mit denen viele Messungen aus Teil V aufgenom- men wurden.

3.1 Pasco Xplorer GLX (PS-2002)

Der Xplorer GLX (siehe Abbildung 5) ist ein Datenlogger mit umfangreicher Ausstat- tung. Er besitzt neben einem Display zum Anzeigen von Graphen, Menüs, Messwerten etc. auch ein großes Tastenfeld, durch das die Bedienung erheblich vereinfacht wird. Man kann bis zu vier Sensoren an den Xplorer GLX anschließen und bis zu acht verschiedene Messgrößen gleichzeitig anzeigen lassen. Eine vollständige Beschreibung des Geräts ist auf der offiziellen Seite des Herstellers zu finden15. Deshalb soll in dieser Arbeit nur auf die wichtigsten Funktionen des Datenloggers eingegangen werden: die Fenster für Dateien, Digital, Graph und Sensoren, welche über das Hauptmenü zu erreichen sind.

Dateien: Hier werden die auf dem Xplorer GLX gespeicherten Dateien aufgelistet. Im oberen Bereich des Menüs kann man zwischen dem internen Arbeitsspeicher, der eingelegten Speicherkarte und einem eventuell angeschlossenen USB-Stick auswäh- len. Die einzelnen Dateien können mit den Funktionstasten (F1 bis F4) unterhalb

14[Scheler 2009], S. 16 15[Pasco 2010], 3.

8 II. HARDWARE 3 DATENLOGGER

Abbildung 5: Pasco Xplorer GLX16

des Bildschirms geöffnet, gespeichert, gelöscht, verschoben, kopiert oder auch um- benannt werden. So lassen sich beispielsweise Dateien vom Datenlogger über einen USB-Stick auf einen Computer übertragen.

Digital: Im Menü Digital kann man sich die Messgrößen der angeschlossenen Sensoren digital anzeigen lassen. Die Funktionstasten unterteilen den Bildschirm in zwei, vier, sechs oder sogar acht Bereiche. Mit den Pfeiltasten kann man die Felder markieren und sowohl Messgrößen als auch Einheiten auswählen, in welchen diese dargestellt wer- den. Wichtig ist, dass die Einheiten bereits richtig eingestellt sind, bevor die Dateien vom Datenlogger auf externe Speichermedien übertragen werden. Im Nachhinein ist ein Ändern der Einheiten sehr umständlich.

Graph: Bei der graphischen Darstellung der aufgenommenen Messdaten können die Ach- sen des Schaubilds je nach Bedarf gewählt werden. Die Graphen sind ein nützliches Werkzeug, da man mit ihrer Hilfe entscheiden kann, ob eine Messung wiederholt werden muss. Ohne das Display würde man sonst eventuell erst nach dem Über- tragen der Dateien auf einen Computer erkennen, dass eine Messung erst zu spät gestartet wurde, mit den falschen Einstellungen durchgeführt wurde oder Ähnliches. Mit den Funktionstasten lässt sich in diesem Menü nicht nur die Skalierung ändern, es können auch mathematische Auswertungen durchgeführt werden.

16[Pasco 2010], 3.

9 II. HARDWARE 3 DATENLOGGER

Sensoren: Hier lassen sich die angeschlossenen Sensoren auswählen. Je nach Sensor befinden sich im unteren Teil des Fensters verschiedene Auswahlmöglichkeiten, beispielsweise Abtastrate, Einheit etc. Wichtig ist die Einstellung des automatischen Nullsetzens der Werte vor Beginn jeder Messung. Diese Funktion wurde bei den Messungen in Teil V nicht genutzt, weshalb die Lage des Sensors in den verschiedenen Attraktio- nen beachtet werden muss. Weiterhin kann man in diesem Menü die anzuzeigenden Messgrößen auswählen. Dies ist vor allem in Bezug auf eine spätere Weiterverarbei- tung der Daten am Computer von zentraler Bedeutung: Messgrößen, welche nicht angezeigt werden, können im Data Studio auch nicht ausgewählt werden. Es ist daher ratsam, alle Größen anzuzeigen, um später darauf zurückgreifen zu können.

3.2 Phywe Cobra4 Mobile-Link

Der Mobile-Link (siehe Abbildung 6) ist ein kompakter Datenlogger mit einem kleinen Display und einem überschaubaren Bedienfeld. Die Anzeige reicht nur für eine Mess- größe, jedoch kann sehr leicht zwischen verschiedenen Größen umgeschaltet werden. Die Daten werden auf einer SD-Karte gespeichert und sind so sehr einfach auf einen PC über- tragbar. Leider können die gespeicherten Dateien nicht umbenannt werden, weshalb die Reihenfolge der durchgeführten Experimente aufgeschrieben werden sollte. Die wichtigs- ten Einträge des Hauptmenüs werden im Weiteren noch knapp erläutert. Hier lassen sich unter anderem auch die Messwerte nullsetzen. Diese Funktion wurde bei den Messungen in Teil V nicht genutzt, weshalb die Lage des Sensors in den verschiedenen Attraktionen beachtet werden muss. Weitere Informationen sind auf der offiziellen Seite des Herstellers zu finden17.

Sensor: Hier kann man den Messbereich und die zugehörigen Einheiten einstellen.

Datenlogger: In diesem Menü kann man die Frequenz einstellen, mit der bei einer Messreihe Datenpunkte erstellt werden. Weiterhin kann man einzelne Messpunkte aufnehmen und den vorhandenen Speicherplatz überprüfen.

Einstellungen: Hier können unter anderem Datum, Zeit und Sprache eingestellt werden.

17[Phywe 2010], 2.

10 II. HARDWARE 4 VIDEOAUFNAHMEGERÄTE

Abbildung 6: Phywe Cobra4 Mobile-Link18

4 Videoaufnahmegeräte

Die Videoanalyse ist als Bestandteil des Physikunterrichts im Lehrplan verankert (siehe Kapitel 10). Man kann beliebige Videoclips oder auch selbst aufgenommene Filme benut- zen. Die Verwendung von eigenem Filmmaterial ist für die Schüler sicher motivierender, wenn sie bei den Aufnahmen selbst dabei waren oder sogar mitgewirkt haben. In der heutigen Zeit gibt es eine Fülle von verschiedenen Geräten mit Videoaufnahme- modus, angefangen bei professionellen Videokameras über Camcorder bis hin zu Fotoka- meras. Sie unterscheiden sich dabei in einer Vielzahl von Merkmalen, wie zum Beispiel Art der Aufnahme, Speichermedium und -größe, Aufnahmequalität, Format der Video- clips etc. Es ist zu empfehlen, die Dateigröße der Clips möglichst klein zu halten. Dies hängt neben der Videodauer auch von der Qualität ab, welche wiederum je nach Auflösung und verwendeten Codec (Komprimierung) variiert. Für einen Großteil der Experimente in der Schule sollte eine Standardkamera genügen, wobei die Bezeichnung Standardkamera sich hier auf die Bildrate bezieht. Die meisten Ka- meras nehmen pro Sekunde etwa 25 bis 30 Bilder auf19. Das menschliche Gehirn nimmt ab etwa 15 Bildern pro Sekunde eine scheinbare Bewegung wahr20, weshalb wir die auf- genommenen Bilder der Kameras auch als flüssigen Film sehen. Spielt man die Bilder langsamer ab, so entsteht der Eindruck einer Zeitlupe. Da aber nur diese 25 bis 30 Bilder in einer Sekunde zur Verfügung stehen, lassen sich mit normalen Kameras keine flüssigen, langsamen Zeitlupen erstellen. Problematisch wird dies dann bei schnellen Bewegungen, wenn die Unterschiede zwischen aufeinander folgenden Bildern zu groß werden. Außerdem

18[Phywe 2010], 2. 19[Wikipedia 2010], 3. 20[Wikipedia 2010], 4.

11 II. HARDWARE 4 VIDEOAUFNAHMEGERÄTE besteht die Gefahr, dass schnelle Bewegungen aufgrund der Belichtungszeit verschwimmen und man somit unscharfe Bilder erhält. Bei manchen physikalischen Versuchen sind deshalb mehr als 30 Bilder pro Sekunde nötig, um bei einer Videoanalyse sinnvolle Ergebnisse zu erzielen. Hierfür benötigt man so genannte Hochgeschwindigkeitskameras, deren Bildrate bis zu mehrere Tausend fps beträgt. Das Akronym fps steht für frames per second, wobei ein frame ein Einzelbild eines Videos ist. Das Problem bei großen Bildraten ist, dass die Bilder genauso schnell abgespeichert werden müssen, wie sie aufgenommen werden. Den ungewollten Effekt der Bewegungsunschärfe verhindert man dabei durch Verkürzen der Belichtungszeit. Grundsätzlich könnte man eine Videoanalyse auch bei Clips durchführen, die mit Han- dys aufgenommen wurden. Davon ist aber aufgrund der oftmals schlechten Qualität ab- zuraten. Die in dieser Arbeit benutzten Videoclips wurden mit zwei Digitalkameras mit Video- funktion aufgenommen, die im Folgenden noch genauer beschrieben werden sollen. Hierbei wurden Bildrate und Bildqualität als ausreichend empfunden. Die Verwendung eines Sta- tivs bei den Aufnahmen ist anzuraten. Die Clips wurden konvertiert (*.mov bzw. *.mpg zu *.avi), um mit beiden Videoanalyseprogrammen aus Kapitel 7 arbeiten zu können und um den benötigten Speicherplatz möglichst gering zu halten. Auf eine Aufnahme mit einer Hochgeschwindigkeitskamera wurde vollständig verzichtet. Bei den meisten Videoanalysen wurden nicht einmal alle aufgenommenen frames genutzt, um die Schwankungen durch ungenaues Markieren der Objekte zu verringern (siehe hierzu Kapitel 7 oder auch Teil V). Eine zusätzliche Aufnahme von unbenutzten Bildern würde die Dateigröße steigern, ohne einen Nutzen für die Analyse mit sich zu bringen. Es wäre noch zu klären, inwieweit Bildrate und Bildqualität Videoanalysen beeinflussen, was jedoch nicht Gegenstand dieser Arbeit sein soll. Eine umfangreichere Behandlung der Aufnahmeproblematik bietet die Staatsexamens- arbeit von Michael Benz21. Darin werden sowohl technische Eigenschaften wie Bildrate und Videoqualität erläutert, als auch Vor- und Nachteile der Videokomprimierung (siehe Kapitel 8.1) aufgezeigt.

4.1 Sony Cyber-shot DSC-T5

Die Cyber-shot DSC-T5 (siehe Abbildung 7) von Sony ist eine Digitalkamera mit einer Auflösung von 5,1 Megapixeln. Man kann Videoclips mit bis zu 640 x 480 Pixeln und 30 fps aufnehmen, welche als *.mpg-Dateien abgespeichert werden. Die Qualität

21[Benz 2008], S. 11-22

12 II. HARDWARE 4 VIDEOAUFNAHMEGERÄTE kann auch verringert werden. Da die aufgenommenen Bewegungen aber immer nur einige Sekunden andauern und die Videodateien deshalb nicht besonders groß werden, muss auf die bessere Qualität nicht verzichtet werden. Per USB-Verbindung können die Videos auf den PC übertragen werden und dort in andere Formate konvertiert werden, falls nötig. Die Clips können direkt mit Hilfe der Kamera zugeschnitten werden. Darauf wurde jedoch verzichtet, die Bearbeitung der Videos wurde erst am Computer mit den Pro- grammen aus Kapitel 8.1 durchgeführt.

Abbildung 7: Sony Cyber-shot DSC-T522

4.2 Panasonic Lumix FS 5

Bei der Lumix DMC-FS5 (siehe Abbildung 8) handelt sich um eine 10,1 Megapixel Digitalkamera. Die Videoclips besitzen eine Auflösung von 848 x 480 Pixeln und werden als *.mov-Dateien abgespeichert. Diese Dateien können beispielsweise an einem Standard- Windows-PC vom Videoanalyseprogramm measure dynamics (Kapitel 7.1) nicht geöff- net werden. Die Videoclips können per USB-Verbindung auf einen Computer übertragen werden.

Abbildung 8: Panasonic Lumix FS 523

22[Producto 2010], 1. 23[Producto 2010], 2.

13 Teil III Software

Die Messungen aus Teil V, die mit den Geräten aus Teil II aufgenommen wurden, müssen mit Programmen bearbeitet werden, damit die physikalischen Vorgänge deutlich werden. Im Folgenden wird die benutzte Software kurz vorgestellt. Neben den zentralen Programmen für Beschleunigungsmessungen, GPS-Messungen und Videoanalysen werden hier zusätzlich Videobearbeitungsprogramme und Tabellenkalku- lationen erwähnt, mit denen der Umgang mit den Messdaten um ein Vielfaches erleichtert wird.

5 GPS-Programme

Bei einer GPS-Messung werden Ort und Zeit direkt gemessen. Mit der richtigen Soft- ware lassen sich daraus durch numerische Differentiation sowohl Geschwindigkeit als auch Beschleunigung berechnen. Die Fehler der direkt gemessenen Größen werden dadurch bei den berechneten jedoch größer. Es gibt viele verschiedene Programme, die Daten von GPS-Geräten auslesen und aus- werten können. Besonders attraktiv für Schulen sind Freeware-Programme, welche man im Internet findet. Man benötigt keine Lizenz als Benutzer und kann sie einfach aus dem Netz herunterladen. Jedoch schon bei der Bedienung der Programme können die ersten Probleme auftreten. Befinden sich die Daten auf dem Computer (beispielsweise in Form von *.txt-Dateien), so können diese mit Hilfe der unten vorgestellten Programme geöffnet werden. Die Herstel- lung einer Verbindung zwischen GPS-Gerät und Computer und das Übertragen der Daten gestaltet sich dagegen meist komplizierter. Einer Lehrkraft ohne ausreichende Kenntnis am Computer kann dies Schwierigkeiten bereiten. Deshalb sollen im Folgenden die beiden Programme GPS Utility24 und G7 to Win25 vorgestellt werden, welche nur zum Übertragen der Daten des Garmin Fortrex 101 (Kapitel 1.1) auf einen Computer benötigt wurden. Die Messungen mit dem Pasco GPS Position Sensor (Kapitel 1.2) werden auf dem Xplorer GLX (Kapitel 3.1) bereits als *.glx-Dateien gespeichert und lassen sich mit Hilfe von Data Studio (Kapitel 6.1) öffnen.

24[GPSU 2010] 25[Henderson 2010] III. SOFTWARE 5 GPS-PROGRAMME

5.1 GPS Utility

Nachdem man GPS-Gerät und Computer mit den entsprechenden Kabeln verbunden hat, kann man das Programm starten. Zuerst ist das Interface Setup (siehe Abbildung 9) zu öffnen, welches man über den Menüleisteneintrag GPS > Setup ... oder mit der Tas- tenkombination Strg+G erreicht.

Abbildung 9: Interface Setup bei GPS Utility

In den mit 1, 2 und 3 markierten Feldern wird eingestellt, von welchem Gerät die Daten bezogen werden. Für das Garmin Foretrex 101 lauten die Einträge Garmin (Serial, USB/Serial) in Feld 1, other in Feld 2 und generic in Feld 3. In Feld 4 wird die COM- Port-Nummer eingetragen. Ein Klick auf Check zeigt die verfügbaren COM-Ports an. Das Ausprobieren der verfügbaren Port-Nummern kann umgangen werden, indem man im Geräte-Manager den zum GPS-Gerät gehörenden Eintrag sucht und die COM-Port- Nummer abliest. Sind alle Felder korrekt ausgefüllt, kann das Interface Setup mit einem Klick auf Ok wieder geschlossen werden. Die Verbindung wird über den Menüpunkt GPS > Connect hergestellt. Sobald sie steht, können Trackpunkte, Routen oder Wegpunkte eingelesen werden. Die Daten werden in

15 III. SOFTWARE 5 GPS-PROGRAMME

Tabellen abgelegt. Dabei kann ausgewählt werden, welche Datenpunkte benutzt werden und welche nicht. Abbildung 10 zeigt ein Beispiel, wie die Messwerttabelle aussehen könnte. Man erkennt den Unterschied zwischen inaktiven (Punkt 1) und aktiven (Punkt 2) Einträgen. Mit einem Klick auf die Buttons oberhalb der Tabelle ändert sich die Ansicht wie folgt:

3. Auflistung der gespeicherten Wegpunkte

4. Anzeige aller Routen

5. Messpunkte von allen eingelesenen Tracks

6. Auflistung der einzelnen Tracks

7. graphische Darstellung

Abbildung 10: Messwerttabelle bei GPS Utility

Die graphische Darstellung der Messwerte ist eine nützliche Funktion des Programms. Es ist zu beachten, dass nur die bzw. alle in den Tabellen als aktiv markierten Punkte angezeigt werden. Ersteres bedeutet, dass man überprüfen sollte, ob die zu zeigenden Messpunkte auch tatsächlich aktiv sind. Letzteres bedeutet, dass die Inaktivität aller anderen Messpunkte sichergestellt werden muss.

5.2 G7 to Win

Mit G7 to Win lassen sich zwar ebenfalls Messdaten von GPS-Geräten tabellarisch dar- stellen, jedoch benötigt man für die graphische Veranschaulichung der Bewegung andere Programme (wie zum Beispiel Microsofts Excel). Vor dem Übertragen der Daten

16 III. SOFTWARE 5 GPS-PROGRAMME

Abbildung 11: Options Setup bei G7 to Win muss die Software im Options Setup (siehe Abbildung 11) konfiguriert werden. Dieses wird über File > Configuration ... geöffnet. Die wichtigsten Felder befinden sich im Options Setup unter der Sparte General. Sie sind in Abbildung 11 markiert und haben folgende Funktionen:

1. Auswahl des Herstellers des verwendeten GPS-Geräts

2. Auswahl der Koordinatenformatierung (kann im Nachhinein noch geändert werden; empfohlene Einstellung ist UTM)

3. Angabe des COM-Ports, unter dem das angeschlossene Gerät zu finden ist (kann über den Geräte-Manager herausgefunden werden)

4. Auswahl der Einheiten, in denen die gespeicherten Größen dargestellt werden (kann im Nachhinein noch geändert werden)

Sind die richtigen Einstellungen eingegeben, kann das Options Setup geschlossen wer- den. Die Daten werden über den Menüpunkt GPS > Download from GPS oder mit den Einträgen Download Routes from GPS bzw. Download Tracks from GPS unter Routes bzw. Tracks auf den Computer übertragen. Es wird eine Tabelle wie in Abbildung 12

17 III. SOFTWARE 6 PROGRAMME ZU DEN BESCHLEUNIGUNGSSENSOREN erstellt, aus welcher die Daten herauskopiert werden können, um die aufgenommenen Bewegungen mit Hilfe anderer Programme graphisch darzustellen.

Abbildung 12: Messwerttabelle bei G7 to Win

6 Programme zu den Beschleunigungssensoren

Um die Dateien der Beschleunigungsmessungen zu bearbeiten, gibt es von Pasco und Phywe die dazugehörigen Programme Data Studio bzw. measure. Diese berechnen aus den gemessenen Beschleunigungswerten mit Hilfe numerischer Integration Geschwin- digkeit und Ort. Durch die Integration resultieren aus geringen Messfehlern der Beschleu- nigungswerte große Ungenauigkeiten für die berechneten Größen. Nach dem Übertragen der Dateien von den jeweiligen Datenloggern können die *.glx- Dateien mit Data Studio bzw. die *.mli-Dateien mit measure geöffnet und als Data Studio-Projekte (*.ds) bzw. als measure-Messungen (*.msr) abgespeichert werden.

6.1 Pasco Data Studio

Startet man das Programm Data Studio, so erscheint ein Willkommensfenster, in wel- chem man per Klick auf Aktivität öffnen eine bereits aufgenommene Messung öffnen kann. Die Benutzeroberfläche unterteilt sich in drei Felder (in Abbildung 13 blau, grün und rot markiert). Im blau markierten Bereich sind verschiedene Anzeigen aufgelistet. Für diese Arbeit reichen die Einträge für Graphen und Tabellen aus. Beispielsweise kann ein neues Graph- Fenster erstellt werden, indem man auf Graph klickt, die Maustaste gedrückt hält und den Zeiger in das rot markierte Feld zieht. Analog gilt das auch für die anderen Einträge. Sind bereits mehrere Fenster geöffnet, so werden diese aufgelistet.

18 III. SOFTWARE 6 PROGRAMME ZU DEN BESCHLEUNIGUNGSSENSOREN

Abbildung 13: Benutzeroberfläche von Data Studio

Ebenso kann mit den verschiedenen Datenreihen umgegangen werden, welche im grün markierten Bereich aufgelistet sind. Zieht man die Einträge auf die Achsen in einem Graph-Fenster, so werden die entsprechenden Daten angezeigt. Alternativ kann man per Klick auf die Achsenbeschriftung der Schaubilder zwischen den verfügbaren Daten wählen. Das rot markierte Feld nimmt den größten Teil der Oberfläche ein, da hier Schaubil- der, Tabellen etc. angezeigt werden. Jedes Fenster in diesem Bereich besitzt eine eigene Symbolleiste mit unterschiedlichen Funktionen (je nach Art des Fensters). Mit diesen Symbolleisten lassen sich unter anderem Ausschnitte eines Schaubildes vergrößern, die Messpunktdarstellung verändern oder die Daten in Tabellen bearbeiten. Eine genauere Beschreibung der Funktionen der Software Data Studio bietet die Staatsexamensarbeit von Jennifer Czuprat26.

6.2 Phywe measure

Das Programm measure wurde in dieser Arbeit zum Auswerten der mit dem Cobra4- Sensor (Kapitel 2.2) aufgenommenen Beschleunigungsmessungen verwendet. Die auf dem zugehörigen Datenlogger gespeicherten Dateien liegen im *.mli-Format vor. Diese Dateien sollten nicht umbenannt werden, da sie sonst eventuell nicht mehr geöffnet werden können. Statt mit einem Doppelklick, müssen die Dateien eventuell über Datei

26[Czuprat 2009], S. 120-123

19 III. SOFTWARE 6 PROGRAMME ZU DEN BESCHLEUNIGUNGSSENSOREN

> Messung öffnen ... geöffnet werden. Speichert man die Messungen als *.msr-Dateien sollten diese Probleme nicht mehr auftreten. Hier soll nur auf die Funktion des Kurvenglättens eingegangen werden, mit deren Hilfe aus den teilweise stark verrauschten Graphen besser zu interpretierende Linien werden. Über das rot markierte Feld in Abbildung 14 öffnet sich das Fenster Glätten. Man kann nicht nur die Komponente auswählen, die geglättet werden soll, sondern auch die Stärke des Glättens. Dabei ist zu beachten, dass zu starkes Glätten eventuell wichtige Informa- tionen der Kurve verfälscht. Mit den anderen Schaltflächen der Symbolleiste lassen sich unter anderem bestimmte Bereiche des Schaubildes markieren, vergrößern oder Hilfsfunktionen einfügen. Es soll wieder auf die Staatsexamensarbeit von Czuprat27 verwiesen werden, in welcher die Funktionen von measure umfangreicher beschrieben werden.

Abbildung 14: Benutzeroberfläche von measure

27[Czuprat 2009], S. 168-175

20 III. SOFTWARE 7 VIDEOANALYSEPROGRAMME

7 Videoanalyseprogramme

Im bayerischen Lehrplan wird für den Profilbereich in der zehnten Jahrgangsstufe explizit der Umgang mit Videoanalyseprogrammen erwähnt28. In diesem Kapitel soll weniger auf die Bedienung als auf Vor- und Nachteile der beiden verwendeten Programme eingegangen werden. Die Software berechnet aus den Messgrößen mittels numerischer Differentiation Ge- schwindigkeit und Beschleunigung der Bewegung. Die Messgrößen sind hierbei der Ort des Objektes in den frames des Videos und die zugehörige Zeit des frames. Ortsänderun- gen werden mit Hilfe der Skalierung von Pixeln in das metrische System umgerechnet. Die Fehler der Messgrößen sind hauptsächlich auf ungenaues Markieren der zu untersuchenden Objekte zurückzuführen und bewirken große Fehler bei den berechneten Werten.

7.1 Phywe measure dynamics

Die Software measure dynamics von Phywe bietet umfangreiche Möglichkeiten, auf- genommene Videoclips zu analysieren und die Ergebnisse darzustellen. In den Staats- examensarbeiten von Benz29 und Czuprat30 werden diese Möglichkeiten und die Bedie- nung des Programmes ausführlich beschrieben. Bei offenen Fragen steht ein integriertes Handbuch zur Verfügung, das über das Hilfe-Menü aufgerufen werden kann.

Vorteile: • übersichtlicher Aufbau des Programms • automatische Videoanalyse über Farb- und/oder Bewegungserkennung (Video muss geeignet sein, d. h. keine Bewegungen in der Umgebung des Objektes, das sich farblich vom Hintergrund abgrenzen muss) • Schrittweite der Videoanalyse einstellbar (zu viele fps bedeuten kleine Ortsän- derungen und damit größere relative Fehler beim Markieren der Objekte) • Anzeigegröße des Videoclips einstellbar • Wiedergabegeschwindigkeit des Videos einstellbar • vorgefertigte Objekte wie Geschwindigkeits-, Beschleunigungspfeile etc. (im Vi- deo darstellbar) • neue Fenster für zusätzliche Schaubilder

28[ISB 2010], 2. 29[Benz 2008], S. 23-47 30[Czuprat 2009], S. 197-211

21 III. SOFTWARE 7 VIDEOANALYSEPROGRAMME

Nachteile: • Programm kann keine *.mov-Videoclips öffnen • keine Perspektivenkorrektur (Video muss senkrecht zur Bewegung und in aus- reichender Entfernung aufgenommen werden)

7.2 CMA Coach6 Studio MV

Das Coach6 Studio bietet gute Ansätze eines Videoanalyseprogramms, offenbart jedoch auch einige Schwächen, die noch ausgebessert werden könnten. Eines der interessantesten Features ist die Perspektivenkorrektur, welche mit Vorsicht zu benutzen ist. Der Um- gang mit der Korrektur wird anhand von vorgefertigten Beispieldateien erklärt. Bei selbst aufgenommenen Videoclips sollte man darauf achten, die Verzerrung trotzdem möglichst gering zu halten. In Kapitel 13 ist am Beispiel der Blue Fire zu sehen, dass eine zu starke Perspektivenverzerrung zu fehlerhaften Analysen führt. Die Bedienung des Programms kann mit Hilfe der Vorlagen erlernt werden und wird im elektronischen Handbuch erläutert.

Vorteile: • viele Vorlagen, die den Einstieg in das Programm erleichtern • mehrere Videos importierbar (jedoch kann nur ein Clip analysiert werden) • unter anderem auch *.mov-Dateien verwendbar • beliebig viele Fenster (durch Ziehen der Ränder) • viele Einstellungsmöglichkeiten für Tabellen • Glättungsfunktion (Reduzierung von Fehlern beim Markieren der Objekte) • einzelne frames des Videoclips auswählbar (keine feste Schrittweite der Analyse vorgegeben)

Nachteile: • umständlicher Start neuer Videoanalysen über Vorlagen • keine automatische Analysefunktion • Tabellen auf acht Spalten begrenzt • begrenzter Platz (je mehr Fenster eingefügt werden, desto kleiner werden diese) • Koordinatensystem und Skalierung stören eventuell beim Markieren der Ob- jekte während der Analyse

22 III. SOFTWARE 8 SONSTIGE PROGRAMME

• keine Geschwindigkeits-, Beschleunigungspfeile oder sonstige graphischen Mit- tel im Video • Schaubilder entstehen nur zerstückelt, wenn die Analyse vorgeführt wird • lineare Verbindung von Teilen der graphischen Darstellung auch bei großen Bereichen ohne Messpunkte

8 Sonstige Programme

Neben den Programmen, welche den physikalischen Hintergrund liefern, braucht man als Lehrer diverse andere Programme für verschiedene Aufgaben. Hierzu gehören neben Tabellenkalkulationsprogrammen auch Videokonverter, denn möglicherweise liegt für eine Videoanalyse ein Clip im falschen Format vor. In diesem Kapitel folgen nun einige Tipps für die Programme Virtual Dub und Any Video Converter bezüglich der Konvertierung von Videos sowie für Microsofts Excel bezüglich der Auswertung von GPS-Daten.

8.1 Videobearbeitungsprogramme

Wie in Kapitel 4 schon erwähnt, mussten die aufgenommenen Videoclips für diese Arbeit teilweise bearbeitet werden. Hierfür wurden die beiden Freeware-Programme Virtual Dub und Any Video Converter genutzt. Mit beiden Programmen lassen sich aufgenommene Videos öffnen und auf die richtige zeitliche Länge zuschneiden. Das Abschneiden der frames vor Beginn bzw. nach Ende der Bewegung ist eine Möglichkeit die Videoclips möglichst klein zu halten. Eine andere Möglichkeit ist die Komprimierung der Dateien. Die Qualität des Videos darf dabei nicht zu sehr in Mitleidenschaft gezogen werden, da ansonsten die Markierung des (unscharfen) Objektes nur noch stark fehlerbehaftet möglich ist. Weiterhin muss das richtige Dateifor- mat gewählt werden: je nach Videoanalyseprogramm sind andere Formate verwendbar. Ein nützliches Feature der Programme ist das Ausblenden der Audiospur, da diese für die meisten Experimente ohnehin keine Rolle spielt. Da die Software Virtual Dub englischsprachig ist, sollen die Staatsexamensarbeiten von Benz31 und Mück32 erwähnt werden, welche als Hilfestellung beim Umgang mit dem Programm verwendet werden können.

31[Benz 2008], S. 12-17 32[Mück 2009], S. 15-16

23 III. SOFTWARE 8 SONSTIGE PROGRAMME

8.2 Tabellenkalkulationen

Tabellenkalkulationen sind mächtige Werkzeuge für den Umgang mit Messwerten. In die- ser Arbeit wurde Microsofts Excel verwendet, um die GPS-Daten des Foretrex 101 (Kapitel 1.1) zu verarbeiten. Die Messwerte können aus anderen Tabellen herauskopiert werden oder aus Textdateien importiert werden. Dazu müssen die einzelnen Spalten voneinander abgegrenzt werden, um die Zahlenwerte der verschiedenen physikalischen Größen voneinander zu trennen. Sind die Einträge richtig formatiert, lassen sie sich graphisch darstellen: die Messwerte, die aufgetragen werden sollen, sind zu markieren. Über Einfügen lässt sich das Schaubild erstellen. Bei der Veranschaulichung von Bewegungen mittels GPS muss hierfür ein Punkt- Diagramm gewählt werden. Eine Vertauschung der Achsen ist über Entwurf > Zeile/Spalte wechseln möglich. Alternativ kann man die Spalten mit den Messwerten einfach vertauschen. Natürlich gibt es auch Alternativen zu Excel, mit denen prinzipiell die gleichen Er- gebnisse erzielt werden können. Auf die Verwendung solcher Programme wurde in dieser Arbeit jedoch verzichtet.

24 Teil IV Theorie

Dieser Teil der Arbeit beschäftigt sich mit den theoretischen Hintergründen des Themas. Hierzu gehören sowohl die physikalischen Grundlagen für die Analysen in Teil V, als auch die Einordnung der jeweiligen Stoffgebiete in den Lehrplan.

9 Grundlagen zur Mechanik

„Die Mechanik ist ein Teilgebiet der Physik. Sie befasst sich mit der Bewegung von Kör- pern und der Einwirkung von Kräften.“33 In diesem Kapitel sollen die grundlegenden Begriffe der Mechanik geklärt werden. Hierbei beschränkt sich die Arbeit auf die für die Auswertungen in Teil V relevanten Größen. Glücklicherweise reicht der Schulstoff für die meisten der vorgestellten Ergebnisse aus, weshalb dieser auch nur knapp zusammengefasst werden soll. Hilfestellung geben hier das Schulbuch Fokus Physik 1034 und die Staatsexamensar- beit von Verena Heintz35. Zur Ergänzung werden die beiden Bücher Metzler Phy- sik36 und Physik für Wissenschaftler und Ingenieure37 genutzt. Besonders zu empfehlen ist das Kapitel über geführte Bewegungen und Zwangskräf- te aus Rainer Müllers Lehrbuch Klassische Mechanik - Vom Weitsprung zum Marsflug38, auf das in dieser Arbeit immer wieder verwiesen wird. Müller bietet darin unter anderem ausführliche Betrachtungen zu den Zwangskräften während Achterbahn- fahrten, Kreis- und Pendelbewegungen. Weiterhin werden die gesundheitlichen Aspekte von Achterfahrten und Loopings behandelt. In der vorliegenden Arbeit wird darauf nicht eingegangen. Im Folgenden werden Vektoren immer mit einem Vektorpfeil über dem Symbol gekenn- zeichnet (z. B. A~), das Symbol ohne Vektorpfeil bezeichnet dann den Betrag des Vektors

~ (also A = A ).

33[Wikipedia 2010], 2. 34[Fösel u. a. 2008] 35[Heintz 2008], S. 5-10 36[Grehn und Krause 2007] 37[Tipler und Mosca 2006] 38[Müller 2009], S. 407-452 IV. THEORIE 9 GRUNDLAGEN ZUR MECHANIK

9.1 Newtonsche Axiome

Das erste Newtonsche Axiom wird auch Trägheitsgesetz genannt. Es besagt, dass ein Körper entweder in Ruhe bleibt oder sich mit konstanter Geschwindigkeit bewegt, solange keine resultierende äußere Kraft auf ihn wirkt, d. h. solange sich alle angreifenden Kräfte zu Null addieren. Das zweite Newtonsche Axiom (oder auch Aktionsprinzip) stellt den Zusammenhang zwischen der auf den Körper wirkenden, resultierenden Kraft und seiner Beschleunigung her. Hierbei gilt: F~ = m~a, (1) wobei F~ die Summe aller auf den Körper wirkenden Kräfte und m die Masse des Körpers darstellt. Beim dritten Newtonschen Axiom spricht man vom Reaktionsprinzip, welches das paar- ~ weise Auftreten von Kräften erklärt: Wirkt ein Körper A eine Kraft FA→B auf einen ~ Körper B, so wirkt dieser auch eine Kraft FB→A auf Körper A. Die beiden Kräfte sind betragsmäßig zwar gleich, jedoch gegensätzlich gerichtet.

9.2 Massepunkte und Schwerpunkt

Ein Massepunkt wird festgelegt durch seine Masse m und den Ort, an dem er sich befindet. Bezüglich eines festgelegten (kartesischen) Koordinatensystems wird dieser Ort mit dem Ortsvektor   x     ~r =  y  (2)   z beschrieben. Die Länge r des Vektors ~r ist dann

 

x   q   2 2 2 |~r| =  y  = x + y + z . (3)  

z

Bewegt sich der Massepunkt, so ist der Ortsvektor (und damit die einzelnen Komponenten x, y und z) abhängig von der Zeit t. Seine Geschwindigkeit ergibt sich dann über die zeitliche Ableitung:   x˙ d~r   ˙   ~v = = ~r =  y˙  . (4) dt   z˙

26 IV. THEORIE 9 GRUNDLAGEN ZUR MECHANIK

Die Länge des Vektors ~v wird auch als Geschwindigkeitsbetrag, Tempo oder Schnelligkeit bezeichnet. Über die zweite zeitliche Ableitung des Ortsvektors (bzw. der ersten zeitlichen Ableitung der Geschwindigkeit) erhält man die Beschleunigung des Massepunkts:

  x¨ d2~r d~v     ˙ ¨ ~a = 2 = =  y¨  = ~v = ~r. (5) dt dt   z¨

Leitet man nun noch einmal nach der Zeit ab, ergibt sich der sogenannte Ruck:

 ...  x d3~r d2~v d~a  ...  ... ~  y  ˙ ¨ j = 3 = 2 = =   = ~a = ~v = ~r. (6) dt dt dt  ...  z

Diese Größe kommt in den wenigsten Lehrbüchern vor, ist jedoch für diese Arbeit in- teressant, da große Rücke eine schnelle Änderung der Beschleunigung implizieren. Das Problem von großen Rücken ist die Verletzungsgefahr für Menschen, was vor allem zu Beginn der Entwicklung von Achterbahnen nicht beachtet wurde39. Betrachtet man statt eines einzelnen bewegten Massepunkts einen Körper, also ein System von sich bewegenden Massepunkten, so ist es meistens möglich und einfacher die Problemstellung auf eine Bewegung des Schwerpunkts zu reduzieren. „Rein mathematisch wird dazu die Masse des Körpers vollständig im Schwerpunkt konzentriert.“40 Für dessen Ortsvektor gilt: m ~r R~ = X i i . (7) i M

Hierbei bezeichnet mi die Masse, ~ri den Ortsvektor des i-ten Massepunkts und M die Gesamtmasse des Körpers.

9.3 Kreisbewegung

Die Kreisbewegung ist eine Bewegung mit nicht-konstanter Beschleunigung. Im Folgen- den seien r der Radius der Kreisbahn, T die Periodendauer, ~v die Bahngeschwindigkeit und ~ω die Winkelgeschwindigkeit (siehe Abbildung 15). Weiterhin bezeichne ~az die Zen- tripetalbeschleunigung und ~at die Tangentialbeschleunigung. In der Schule wird nur die gleichmäßige Kreisbewegung behandelt. Dabei sind T , v, ω und az konstant, at ist Null.

39mehr dazu in [Heintz 2008], S. 11-16 oder [Müller 2009], S. 432-433, 437-443 40[Fösel u. a. 2008], S. 106

27 IV. THEORIE 9 GRUNDLAGEN ZUR MECHANIK

Abbildung 15: Größen der Kreisbewegung41

Aus der Länge der Kreisbahn U = 2πr und der Umlaufdauer T ergibt sich die Schnelligkeit

∆s 2πr v = = = 2πrf (8) ∆t T und mit der Beziehung zwischen Bahn- und Winkelgeschwindigkeit v = ωr gilt:

∆ϕ 2π ω = = = 2πf. (9) ∆t T

Für den Betrag der Zentripetalbeschleunigung, welche immer zum Mittelpunkt der Kreis- bahn zeigt, gilt dann: v2 a = vω = ω2r = . (10) z r

9.4 Pendelbewegung

Die Pendelbewegung ist eine periodische Bewegung. Das bedeutet, dass sich die Bewegung nach einer Zeit T (Periodendauer) wiederholt. Für die Frequenz der Bewegung gilt dann 1 h 1 i 1 f = T mit [f] = T = s = 1 Hz. Betrachtet wird hier nun das mathematische Pendel, bei dem eine Masse m an einem Faden der Länge l aus der Ruhelage ausgelenkt wird und dann eine Schwingung vollführt (siehe Abbildung 16). Auf die Pendelmasse m wirkt die Schwerkraft G~ = m~g (hierbei

41[Grehn und Krause 2007], S. 32

28 IV. THEORIE 9 GRUNDLAGEN ZUR MECHANIK

Abbildung 16: Größen der Pendelbewegung42 ist ~g die Erdbeschleunigung). Diese Kraft wird in eine Tangential- und eine Normalkom- ponente aufgespaltet. Bei einer Auslenkung um den Winkel α gilt für den Betrag der rücktreibenden Tangentialkomponente Fr = −G sin α (α im Bogenmaß). Der Grund für das negative Vorzeichen ist die gegensätzliche Richtung der Kraft zur Auslenkung y = lα. Es ergibt sich: F G sin α r = − . (11) y lα Aus dieser Gleichung folgt mittels Kleinwinkelnäherung (sin α = α):

G mg F = − y = − y = −Dy. (12) r l l

Der Proportionalitätsfaktor D zeigt, dass bei kleinen Auslenkungen die rücktreibende

Kraft Fr proportional zur Elongation y ist. Es kommt deshalb zu einer sogenannten har- monischen Schwingung. Dabei gilt dann für die Periodendauer:

rm s l T = 2π = 2π . (13) D g

42[Grehn und Krause 2007], S. 114

29 IV. THEORIE 9 GRUNDLAGEN ZUR MECHANIK

Für die Radialkomponente der Schwerkraft gilt FF = G cos α. Weiterhin gilt FZ ≥ FZ und Gleichheit nur in den beiden Umkehrpunkten. In diesen Punkten heben sich die radialen Kräfte auf, die resultierende Kraft wirkt tangential. Befindet sich das Pendel zwischen den

Umkehrpunkten, muss FZ durch die Spannkraft des Fadens überkompensiert werden, um die Masse auf der Kreisbahn der Pendelbewegung zu halten. In Abbildung 15 befindet sich die Kugel also nahe am Umkehrpunkt (FF ≈ FZ ). Angenommen FF und FZ wären immer ~ gleich groß, so würde m in Richtung Fr beschleunigt werden, was wiederum bedeutet, dass sich die Länge l des Fadens ändern müsste43.

9.5 Gravitation, Gewichtskraft, Masse

In dieser Arbeit taucht häufig der Begriff der Schwerkraft oder auch Gewichtskraft auf. Damit verbunden ist auch der Ortsfaktor g. Grundlage hierfür ist das Gravitationsgesetz

m m F~ = G 1 2 r,ˆ (14) G r2 −11 Nm2 ~r wobei G = 6, 672 · 10 kg2 eine Naturkonstante und rˆ = r der Einheitsvektor in Richtung ~r ist. Die Gewichtskraft ist die Kraft, welche die Erde auf einen Körper ausübt. Diese Kraft ist je nach Masse unterschiedlich, jedoch lässt sich die obige Formel mittels ~ m2 FG = m1~aG auch zu ~aG = G r2 rˆ vereinfachen. Setzt man hier für m2 nun die Masse der Erde und für r den Erdradius ein, so erhält man für den Ortsfaktor

m g = a = 9, 81 . (15) G s2 Da der Erdradius nicht konstant ist, ist g ortsabhängig. Auch die Beschaffenheit des Untergrunds nimmt Einfluss auf den Wert, jedoch sind die Schwankungen durch diese beiden Effekte so gering, dass g in dieser Arbeit als konstant angenommen werden kann.

• Die Gravitation ist die Fundamentalkraft, welche auf zwei Körper allein aufgrund ihrer Massen wirkt.

• Die Gewichtskraft ist eine Kraft. Die Gewichtskraft auf einen Körper der Masse m

wird von der Erde ausgeübt und beträgt FG = mg.

• Die Masse eines Körpers ist eine vom Ort unabhängige Größe.

43mehr dazu in [Müller 2009], S. 425-432

30 IV. THEORIE 9 GRUNDLAGEN ZUR MECHANIK

9.6 Bezugssysteme

Vollführt ein Fahrgast in einem Karussell eine Kreisbewegung (vereinfacht mit konstanter Winkelgeschwindigkeit), müsste ein außenstehender Beobachter folgendermaßen argumen- tieren: Auf den Fahrgast wirkt die Zentripetalkraft, welche ihn auf die Kreisbahn zwingt. Es wirkt nur eine Kraft in Richtung Mittelpunkt der Bahn. Der Fahrgast jedoch verspürt eine Kraft, die ihn nach außen zieht. Diese Kraft nennt man Zentrifugalkraft und sie ist eine Scheinkraft oder auch Trägheitskraft. Scheinkräfte treten in beschleunigten Bezugssystemen auf, in denen das Trägheitsgesetz nicht gilt. Ein System ohne Scheinkräfte heißt Inertialsystem44. Bei den Messungen in dieser Arbeit muss immer darauf geachtet werden, in welchem System man sich befindet. Dies fällt besonders bei Achterbahnfahrten auf. Hier ist die Lage der x-, y- und z-Achsen von der jeweiligen Bahnkurve abhängig. Die für einen au- ßenstehenden Beobachter immer in die gleiche Richtung wirkende Schwerkraft wirkt aus Sicht des Fahrgasts je nach Steigung und Verkippung immer in eine andere Richtung. Der Übergang zwischen verschiedenen Bezugssystemen gestaltet sich immer schwierig. Deshalb sollte den Schülern zuerst die Betrachtung der Bewegungen aus Sicht eines au- ßenstehenden Beobachters, also die Newtonsche Mechanik, dargelegt werden. Dies hat den Vorteil, dass die gemessene Beschleunigung nur mit tatsächlich existierenden Kräften erklärt werden kann. Hier kann die Analyse mancher Fahrten durch das Nullsetzten des Sensors erleichtert werden (siehe Teil V). Eventuelle Unklarheiten der Beschleunigungs- vorzeichen entstehen bei der Untersuchung aus Sicht des bewegten Beobachter. Beispiels- weise muss hier überlegt werden, ob ein Passagier die Kraft verspürt, die er auf seinen Sitz ausübt, oder die Kraft, die der Sitz auf ihn wirkt. Aufgrund dieser Gegensätzlich- keit müssen die Vorzeichen der Beschleunigungswerte genau betrachtet werden, um eine schlüssige Argumentation bei der Interpretation zu gewährleisten. Die Analyse aus Sicht des Passagiers und die damit verbundenen Trägheitskräfte sollten also nur als Vertie- fung dargeboten werden. Hauptziel der Lehrkraft muss die Vermittlung der Newtonschen Mechanik bleiben.

9.7 Energie

„Energie kann aus einer Form in eine andere umgewandelt werden. Bei der Achterbahn wird elektrische Energie, die vom Elektrizitätswerk bezogen wird, in potentielle Energie der Schwerkraft der Wagen und Mitfahrer umgewandelt. Anschließend wird die potentielle Energie der Schwerkraft in kinetische Energie

44mehr dazu in [Tipler und Mosca 2006], S. 125 oder [Grehn und Krause 2007], S. 37

31 IV. THEORIE 9 GRUNDLAGEN ZUR MECHANIK

umgewandelt, von der ein Teil daraufhin erneut in potentielle Energie der Schwerkraft umgewandelt wird. Schließlich wird die gesamte kinetische und potentielle Energie durch die Reibung in Wärmeenergie umgewandelt.“45

Energie kann also weder hergestellt noch vernichtet werden. Mit Hilfe der Energieerhal- tung Evorher = Enachher können verschiedene Berechnungen durchgeführt werden: Wie hoch kann beispielsweise eine Achterbahn mit Schnelligkeit v steigen, bevor sie zum Still- stand kommt? Hierzu benötigt man die Gleichungen für verschiedene Energiearten: Ein Körper der Masse m mit Schnelligkeit v besitzt die kinetische Energie

1 E = mv2. (16) kin 2

Hebt man einen Körper der Masse m auf eine Höhe h und hält ihn auf dieser Höhe, so besitzt der Körper die potentielle Energie

Epot = mgh. (17)

Die Summe aus kinetischer und potentieller Energie wird auch mechanische Energie ge- nannt und kann bei Vernachlässigung von Reibungsverlusten als konstant angenommen werden. Wie oben erwähnt, wird die Antriebsenergie für die Fahrgeschäfte vom Elektrizitätswerk bezogen. Für die elektrische Arbeit W ergibt sich aus der elektrischen Leistung P = UI (U ist die Spannung, I die Stromstärke)

W = P t = UIt, (18) wobei t für die Zeit steht.

9.8 Haftung und Reibung

Haft- und Reibkräfte treten aufgrund der mikroskopischen Beschaffenheit von aneinander grenzenden Oberflächen überall dort auf, wo sich Körper berühren. Übt man auf einen ~ Körper eine Kraft F aus, so bewegt er sich erst über seine Unterlage, wenn F > FR,h max. ~ FR,h max nennt man die maximale Haftreibungskraft. Sie ist proportional zur Normalkraft ~ ~ FN , welche der Körper auf die Unterlage ausübt und F entgegen gerichtet. Es gilt:

FR,h max = µR,hFN . (19)

45[Tipler und Mosca 2006], S. 171

32 IV. THEORIE 10 EINORDNUNG IN DEN LEHRPLAN

Dabei ist µR,h der Haftreibungskoeffizient und hängt vom Material der Körper ab. Hat man die Haftreibung erst überwunden, gleitet der Körper über die Unterlage, welche ~ dann eine Gleitreibungskraft FR,g auf den Körper ausübt. Wie die Haftreibungskraft ist diese proportional zur Normalkraft und wirkt entgegen der Bewegungsrichtung:

FR,g = µR,gFN . (20)

Hier ist µR,g der materialabhängige Gleitreibungskoeffizient. Es gilt: µR,g ≤ µR,h. In vielen Fällen ist Reibung unerwünscht (beispielsweise im Motor oder auch in Ge- lenken) und wird mittels Schmiermittel (z. B. Öl oder Knorpelmasse) möglichst gering gehalten. Ganz ohne Reibung kämen jedoch weder Autos, noch Menschen etc. von der Stelle.

Abbildung 17: Reibungskraft46

10 Einordnung in den Lehrplan

Dieses Kapitel zeigt auf, inwieweit die physikalischen Kenntnisse aus Kapitel 9 im Lehr- plan verankert sind. Hierbei dienen beispielhaft die Lehrpläne für den Freistaat Bayern, welche im Internet eingesehen werden können47, als Anhaltspunkt.

46[Tipler und Mosca 2006], S. 106 47[ISB 2010]

33 IV. THEORIE 10 EINORDNUNG IN DEN LEHRPLAN

10.1 Fachprofil Physik

Physik soll individuelle Kompetenzen fördern. Dazu gehören „sorgfältiges Beobachten, selbstständiges Forschen und Experimentieren sowie der sichere Umgang mit Informatio- nen“48. Im Zusammenhang mit dieser Arbeit sollen die Schüler die nach Möglichkeit selbst durchgeführten Messungen bewusst als physikalische Experimente wahrnehmen, und die daraus erhaltenen Informationen richtig interpretieren können. Die geforderte Zusammenarbeit zu anderen Fächern ist hierbei gerade zur Mathematik unvermeidlich. Einerseits sollen die Experimente als motivierende Anwendungsbeispiele den Umgang mit mathematischen Werkzeugen fördern, andererseits kann der Nutzen einer mathematischen Beschreibung von physikalischen Experimenten aufgezeigt werden. „Aus zeitökonomischen und didaktischen Gründen“49 müssen Abstriche in der Ausführ- lichkeit der Inhalte gemacht werden. Die zentrale Thematik in dieser Arbeit fördert sowohl „das Einüben physikalischer Arbeitsmethoden sowie die Bezüge zur Lebenswelt der Ju- gendlichen, zur Natur, zur Technik und zur Gesellschaft“50, welche als grundlegende Ziele des Physikunterrichts angesehen werden. Weitere Ziele sind der Umgang mit Medien und die Nutzung des Computers, was durch die Programme aus Teil III gefördert wird.

10.2 Klasse 7

Kräfte in der Natur und der Technik

Bereits in der siebten Klasse lernen die Schüler Geschwindigkeit und Beschleunigung als physikalische Größen, sowie die damit zusammenhängende Bewegungsänderung aufgrund von Krafteinwirkung kennen. Es werden verschiedene Arten von Kräften thematisiert, unter anderem auch die oben genannte Gravitationskraft. Dieses Themengebiet wird mit ca. 22 Stunden veranschlagt. In dieser Zeit sollen die genannten Größen und ihre Zusam- menhänge jedoch nur qualitativ behandelt werden. Die Thematisierung von Diagrammen und Bewegungsfunktionen folgt in den höheren Klassenstufen, in denen diese Grundlagen der Mechanik wieder aufgegriffen werden.

48[ISB 2010], 1. 49[ISB 2010], 1. 50[ISB 2010], 1.

34 IV. THEORIE 10 EINORDNUNG IN DEN LEHRPLAN

10.3 Klasse 8

Energie als Erhaltungsgröße

In der achten Klasse wird die Energie als Erhaltungsgröße behandelt. Hierfür stehen etwa 20 Stunden zur Verfügung. In dieser Zeit bekommen die Schüler einen Überblick über verschiedene Energiearten, darunter auch die verschiedenen mechanischen Energieformen. Mit Hilfe der durchgeführten Experimente (siehe Teil V) können qualitative Aufgaben für Energieumwandlungen gefunden werden. Anhand solcher lebensnaher Beispiele wird die Erhaltung der Energie als fundamentales Naturprinzip aufgezeigt.

Elektrische Energie

Für die elektrische Energie stehen etwa 18 Stunden zur Verfügung. Es werden die Er- kenntnisse aus der siebten Klasse wieder aufgegriffen, um damit elektrische Leistung und Energie sowie deren Zusammenhang mit Stromstärke und Spannung zu erklären. Mit Hilfe der ebenfalls in Klasse 8 behandelten Energieerhaltung können Aufgaben zur Umwand- lung von elektrischer Energie in andere Energiearten berechnet werden.

10.4 Klasse 9

Geradlinige Bewegungen

In der neunten Klasse werden die Kinematik und Dynamik geradliniger Bewegungen in ca. 16 Stunden behandelt. Dafür greift man auf die Grundbegriffe aus der siebten Klas- se zurück. Die Schüler lernen Bewegungsgleichungen für Bewegungen unter konstanter Krafteinwirkung kennen. Dabei sollen die Vorteile mathematischer Beschreibungen von idealisierten Bewegungen deutlich gemacht werden. Weiterhin sollen der Kraftbegriff aus der siebten Klasse vertieft und über die Analyse von Bewegungsdiagrammen das Ver- ständnis von Bewegungen gefördert werden.

10.5 Klasse 10

Newtonsche Mechanik

Die Newtonsche Mechanik nimmt mit ungefähr 32 veranschlagten Stunden einen Großteil des Physikunterrichts in der zehnten Klasse ein. In diesem Zeitraum sollen behandelt werden:

• die Newtonschen Axiome als Grundlage für die Erklärung von Bewegungsabläufen

35 IV. THEORIE 10 EINORDNUNG IN DEN LEHRPLAN

• eindimensionale Bewegungen

• der Impuls als Erhaltungsgröße

• der waagerechte Wurf

• die gleichmäßige Kreisbewegung

Außerdem lernen die Schüler ein einfaches numerisches Verfahren zum Lösen der Be- wegungsgleichungen kennen, das auch Lösungen für realistische Bewegungen liefert. Als Anwendung dazu dient die harmonische Schwingung. In diesem Zusammenhang kann auch auf physikalische Pendel eingegangen werden. Die Pendelbewegung dient als Beispiel zum Lösen der Bewegungsgleichungen und vollführt bei kleinen Auslenkungen eine harmoni- sche Schwingung. Am Beispiel der Schaukel (siehe Kapitel 12) erkennt man außerdem, dass aus der beinahe eindimensionalen Bewegung für kleine Auslenkungen fast eine halb- kreisförmige Bewegung werden kann. In diesem Fall ist die zweite Dimension nicht mehr vernachlässigbar. Dank der Numerik können auch Bewegungen mit Reibung berechnet werden. Der freie Fall mit Luftreibung ist ein Beispiel für die „Anwendung des numerischen Verfahrens auf eine weitere, eindimensionale Bewegung mit nicht konstanter Krafteinwirkung“51. Die Reibung an sich wird in der Schule jedoch meist recht oberflächlich behandelt. Man beschränkt sich hauptsächlich auf die Unterscheidung verschiedener Begriffe (Haft-, Gleit-, Rollreibung) und auf die Einführung von Koeffizienten, welche je nach Wert für kleinere oder größere Verluste stehen.

Profilbereich am NTG

In diesem Bereich des Lehrplans sind für diese Arbeit vor allem die Probleme aus der Dynamik interessant. Hier ist nicht nur die Videoanalyse von Bewegungsabläufen verankert, mit Hilfe derer die Schüler neben den physikalischen Hintergründen auch den Umgang mit Programmen am Computer lernen. Auch Kräfte im beschleunigten Bezugssystem bilden einen Themenblock, in welchem die Zentrifugalkraft von Bedeutung für diese Arbeit ist. Diese Scheinkraft spielt bei vielen der Messungen aus Teil V eine Rolle. Ein besonderes Augenmerk gilt dem Abschnitt Physik auf dem Jahrmarkt. Die „Mes- sung von Geschwindigkeiten und Beschleunigungen bzw. Kräften bei Fahrgeschäften“52

51[ISB 2010], 2. 52[ISB 2010], 2.

36 IV. THEORIE 10 EINORDNUNG IN DEN LEHRPLAN ist ein Teilbereich dieser Arbeit. Dabei ist der Zusammenhang zwischen Beschleunigun- gen und Kräften zu betrachten: Sowohl Analogien als auch Unterschiede zwischen Erd- beschleunigung und Gewichtskraft oder Zentripetalbeschleunigung und Zentripetalkraft sind genau zu behandeln.

37 Teil V Praxis

Dieser Teil der Arbeit behandelt die durchgeführten Messungen. Dabei sind die aufgenom- menen Messdaten bereits verarbeitet. Erläuterungen zu den verwendeten Messgeräten und Programmen sind in den Teilen II und III nachzulesen. Anhand der vorliegenden Beispiele sollen mögliche Analyseansätze aufgezeigt werden und dazu passende Aufgaben für den Physikunterricht erstellt werden. Die Messungen wurden im Europapark in Rust durchgeführt, welcher mit einem breiten Angebot verschiedener Attraktionen aufwartet. Sie beinhalten karussellartige und schaukelartige Fahrgeschäfte, sowie Achterbahnen, bei denen die Beschleunigungswerte hinreichend groß sind, um nicht im allgemeinen Rauschen der Messwerte unterzugehen.

11 Kreisbewegungen: Karussells

Der Vorgang einer Kreisbewegung ist in Freizeitparks vorwiegend bei Karussells zu fin- den. Dabei muss die Bewegung nicht nur in einer Ebene stattfinden, es können auch noch Überlagerungen in vertikaler Richtung oder Rotationen des Passagiers mit eingebaut wer- den.

11.1 Kolumbusjolle

Das Karussell Kolumbusjolle vollführt eine wellenförmige Kreisbewegung im Uhrzei- gersinn. Die Passagiere sitzen dabei in schiffsförmigen Gondeln, welche um ihre vertikale Achsen drehbar sind. Die x-z-Ebene liegt während der kompletten Fahrt näherungswei-

Abbildung 18: Kolumbusjolle V. PRAXIS 11 KREISBEWEGUNGEN se horizontal. Das Karussell behält in dieser Zeit seine Drehrichtung bei, jedoch werden die einzelnen Gondeln einige Male um jeweils 180◦ um die y-Achse gedreht, sodass die Passagiere sowohl vorwärts, als auch rückwärts fahren.

Eröffnet 1995 theoretische Kapazität ca. 900 Personen/h Fahrzeit ca. 90 s Anzahl der Boote 20 Personen pro Boot 2

Tabelle 1: Technische Daten Kolumbusjolle53

11.1.1 Messungen

Sensor: Pasco Acceleration Sensor (PS-2119) (Kapitel 2.1)

Datenlogger: Pasco Xplorer GLX (PS-2002) (Kapitel 3.1)

Software: Pasco Data Studio (Kapitel 6.1)

Auf den GPS-Sensor wurde bei der Messung verzichtet, weil die Attraktion überdacht ist und deshalb kein Signal empfangen werden kann.

Abbildung 19: ay(t) und az(t) bei der Kolumbusjolle (Data Studio)

Es wird angenommen, dass sich das Karussell nach dem Anfahren mit einer konstanten Winkelgeschwindigkeit ω dreht. Die z-Komponente der Beschleunigung müsste deshalb

53[Europapark 2010], 2.

39 V. PRAXIS 11 KREISBEWEGUNGEN die meiste Zeit verschwinden. Für die y-Komponente wird aufgrund der wellenförmigen Bewegung eine Schwingung erwartet. Betrachtet man die Messwerte in Abbildung 19, so erkennt man in beiden Komponenten eine Schwingung. Dies liegt daran, dass der Passagier und damit der Beschleunigungs- sensor leicht schräg in der Gondel liegt. Die vom Sensor gemessenen ay- und az-Werte sind Anteile der senkrechten Komponente der Beschleunigung. In den ersten zehn Sekun- den der Messung ist die Gondel noch in Ruhe. Mit den abgelesenen Werten kann man q q 2 2 2 2 m m aG(t = 0) = ay(t = 0) + az(t = 0) = 9 + (0, 4 · 9, 81) s2 = 9, 82 s2 ≈ g berechnen. Sobald die Fahrt beginnt, vollführt die Gondel eine vertikale Schwingung (die Drehge- schwindigkeit wird nach der Anfahrphase wieder als konstant angesehen). Dies macht sich aufgrund der Lage des Sensors also sowohl in y- als auch in z-Richtung bemerkbar.

Abbildung 20: ax(t) bei der Kolumbusjolle (Data Studio)

In Abbildung 20 sieht man an den Messwerten für die x-Komponente die Zeitpunk- ◦ te, zu denen sich die Gondeln um 180 drehen. Die Fahrt beginnt vorwärts, bei tA dreht sich die Gondel. Die vom Sensor angezeigte Zentripetalbeschleunigung ändert deshalb das Vorzeichen (Kreisbewegung im Uhrzeigersinn und Blickrichtung in Bewegungsrichtung ⇒

Zentripetalbeschleunigung nach rechts, also negative ax-Werte; Kreisbewegung im Uhrzei- gersinn und Blickrichtung entgegen der Bewegungsrichtung ⇒ Zentripetalbeschleunigung nach links, also positive ax-Werte). Zwischen den Zeitpunkten tA und tB fährt der Passa- ◦ gier rückwärts. Der Vorzeichenwechsel bei tB bedeutet eine weitere Drehung um 180 ; die

Fahrt verläuft wieder vorwärts. Der gleiche Vorgang wiederholt sich bei tC bzw. tD.

Die Schwingung der ax-Werte ist wieder mit der leicht schiefen Lage des Bewegungs- sensors während der Fahrt zu erklären. Das heißt, die vertikale Schwingung macht sich auch in der x-Komponente bemerkbar.

40 V. PRAXIS 11 KREISBEWEGUNGEN

11.1.2 Aufgaben

Aufgabe 3:

Berechne mit Hilfe der Werte für ay bzw. az zum Zeitpunkt t = 0 den Winkel α, um den der Passagier zur Vertikalen verkippt ist.

ay az Lösung: ay = ag cos α ⇔ α = arccos bzw. az = ag sin α ⇔ α = arccos , wobei aG aG m aG = g ≈ 9, 81 s2 ; die Werte für ay und az kann man aus Abbildung 19 ablesen. Aufgabe 4: Analog zu Aufgabe 1: Gegeben sei die Winkelgeschwindigkeit ω, der Radius r sowie die Masse m von Gondel und Insassen. Berechne daraus die Bahngeschwindigkeit v, sowie Umlaufdauer T und Frequenz f der Kreisbewegung. Welche Kraft ist nötig, um den Passagier auf der Kreisbahn zu halten? In welche Richtung muss diese zeigen? Lösung: Man benötigt die Gleichungen 1, 8, 9 und 10 aus Kapitel 9. Die Kraft zeigt radial nach innen.

Aufgabe 5:

Bestimme aus dem Verlauf von ax (Abbildung 20, Abschnitt um tA vergrößern) die Winkelgeschwindigkeit ω, mit der sich die Gondel um ihre eigene Achse dreht. Vergleiche diese Winkelgeschwindigkeit mit der Winkelgeschwindigkeit der Kreisbe- wegung. Lösung: Die Gondel dreht sich um ∆α = 180◦ = π. Die Zeitdifferenz ∆t wird aus Abbildung 21 abgelesen. Dazu wurde in einen Bereich um die Linien A, B, C oder ∆α D aus Abbildung 20 eingezoomt. Für die Winkelgeschwindigkeit gilt dann ω = ∆t . Die Winkelgeschwindigkeit der Kreisbewegung muss angegeben werden oder lässt sich mit Hilfe der Dauer für eine Runde berechnen.

Abbildung 21: Ausschnitt der Lateralbeschleunigung bei der Kolumbusjolle (Data Studio)

41 V. PRAXIS 11 KREISBEWEGUNGEN

11.2 Wiener Wellenflieger

„Der Wellenflug oder Wellenflieger (engl.: Wave Swinger) ist ein Kettenkarussell mit einer wellenförmigen Drehbewegung der Fahrgastträger.“54

Eröffnet 2006 theoretische Kapazität ca. 510 Personen/h Sitze 32 Fahrzeit ca. 120 s

Tabelle 2: Technische Daten Wiener Wellenflieger55

Abbildung 22: Wiener Wellenflieger

Beim Wiener Wellenflieger sitzen die Passagiere in Sitzen, welche über Ketten mit einer Scheibe verbunden sind, die sich um zwei verschiedene Achsen dreht. Dies soll in Abbildung 23 angedeutet werden. Die beiden Achsen rotieren gegensätzlich und die Winkelgeschwindigkeit von Drehung 1 ist größer als die von Drehung 2, wodurch die Wellenbewegung entsteht. Die Bewegung des Wellenfliegers ist im Vergleich zu einem normalen Karussell ungleich komplizierter. Das sensoreigene Koordinatensystem rotiert für einen außenstehenden Be- obachter gleich um mehrere Achsen. Die Bahnkurve lässt sich als eine Überlagerung von Kreis-, Pendel- und Wellenbewegung auffassen.

54[Academic 2010], 1. 55[Europapark 2010], 3.

42 V. PRAXIS 11 KREISBEWEGUNGEN

Abbildung 23: Drehachsen des Wiener Wellenfliegers

11.2.1 Messungen

Es wurden Messungen mit Beschleunigungssensoren und mit GPS-Geräten durchgeführt. Die Bahnkurve entsteht durch die Überlagerung der lateralen und horizontalen Schwin- gung sowie der wellenförmigen Drehbewegung. Dementsprechend schwer sind die Be- schleunigungswerte zu interpretieren. Auch die GPS-Messungen erbrachten keine brauch- baren Ergebnisse. Es ist somit genau zu überlegen, ob diese Attraktion in der Schule behandelt werden sollte.

Beschleunigungsmessung Pasco

Sensor: Pasco Acceleration Sensor (PS-2119) (Kapitel 2.1)

Datenlogger: Pasco Xplorer GLX (PS-2002) (Kapitel 3.1)

Software: Pasco Data Studio (Kapitel 6.1)

In Abbildung 24 ist zu erkennen, dass lateral nur sehr kleine Beschleunigungen auftreten. In dieser Komponente spielen der Anteil der Erdbeschleunigung aufgrund der wechselnden Verkippung des Sensors sowie eine laterale Schwingung eine Rolle. Es ist nicht erkennbar, zu welchem Zeitpunkt die Verkippung oder die laterale Auslenkung maximal bzw. minimal ist. Ein vermuteter, zeitlicher Zusammenhang zwischen den beiden Einflüssen kann mit den Messwerten nicht bestätigt werden. Die Erdbeschleunigung und die Beschleunigung aufgrund der Wellenbewegung machen sich hauptsächlich in horizontaler und vertikaler Richtung bemerkbar. Hierbei ist darauf zu achten, dass in der Abbildung die horizontale m Komponente in Einheiten des Ortsfaktors g, die vertikale Komponente hingegen in s2 aufgetragen ist.

43 V. PRAXIS 11 KREISBEWEGUNGEN

Abbildung 24: ax(t), ay(t) und az(t) beim Wiener Wellenflieger (Data Studio)

Beschleunigungsmessung Phywe

Sensor: Phywe Cobra4 Sensor-Unit 3D-Acceleration (Kapitel 2.2)

Datenlogger: Phywe Cobra4 Mobile-Link (Kapitel 3.2)

Software: Phywe measure (Kapitel 6.2)

In Abbildung 25 kann man den Beginn der Fahrt gut erkennen: Der Ausschlag von az zwischen t = 15 s und t = 25 s bedeutet, dass die Winkelgeschwindigkeit ansteigt. Da die z-Achse aus Sicht des Passagiers nach hinten zeigt, lässt sich der positive Ausschlag folgendermaßen deuten: Der Sitz wirkt eine Kraft nach vorne, die den Passagier beschleu- nigt. Dieser merkt jedoch nur die Scheinkraft, welche er auf den Sitz ausübt (Passagier ist im beschleunigten Bezugssystem). Diese Kraft und damit die gemessene Beschleunigung zeigt nach hinten, also in positive z-Richtung. Bei genauerer Betrachtung lässt sich diese Argumentation jedoch leicht widerlegen. Aus dem Schaubild kann man für rund 10 s eine etwa konstante Beschleunigung von ungefähr v m 0, 4g in z-Richtung ablesen. Man berechnet damit: t = a ⇔ v = at = 0, 4g · 10 s ≈ 40 s2 , was ein viel zu großer Wert für das Kettenkarussell ist. Der Ausschlag der az-Werte muss also anderweitig begründet werden, höchstwahrscheinlich mit der Lage des Sensors. Nach dem Anfahren beginnt die Wellenbewegung, erkennbar an der Schwingung der x- Komponente. Die Wellenbewegung macht sich hier hauptsächlich in der vertikalen Kompo-

44 V. PRAXIS 11 KREISBEWEGUNGEN

Abbildung 25: ax(t), ay(t) und az(t) beim Wiener Wellenflieger (measure) nente bemerkbar. Vergleicht man dieses Ergebnis mit der Beschleunigungsmessung Pas- co, so fragt man sich, warum measure nur in einer Komponente eine Schwingung anzeigt. Dies könnte an einer anderen Lage des Sensors oder einer anderer Position des Sitzes lie- gen. Möglich wäre auch eine Fehlfunktion des Sensors, da die az-Werte während der Fahrt nicht sinnvoll erklärt werden können.

GPS-Messung Pasco

Sensor: Pasco GPS Position Sensor (PS-2175) (Kapitel 1.2)

Datenlogger: Pasco Xplorer GLX (PS-2002) (Kapitel 3.1)

Software: Pasco Data Studio (Kapitel 6.1)

In Abbildung 26 wurde der relative Breitengrad über dem relativen Längengrad aufge- tragen, also die Bewegung des GPS-Sensors aus der Vogelperspektive. Die Ortskurve ist sehr chaotisch und mit einer Fläche von etwa 100 m mal 50 m auch viel zu groß. Dies lässt sich mit dem unteren Schaubild aus der gleichen Abbildung erklären, das die Satel- litenanzahl während der Fahrt darstellt. Man kann erkennen, dass das GPS-Signal immer wieder abreißt, also die Satellitenanzahl auf Null abfällt. Dies ist ein Grund für die Unge- nauigkeit der Ortskurve. Weiterhin nimmt der GPS-Sensor nur einmal pro Sekunde einen Messpunkt auf, was bei einer schnellen Kreisbewegung deutlich zu wenig ist.

45 V. PRAXIS 11 KREISBEWEGUNGEN

Abbildung 26: Bewegung und Satellitenzahl beim Wiener Wellenflieger (Data Studio)

11.2.2 Aufgaben

Aufgabe 6:

Analog zu Aufgabe 3: Berechne mit Hilfe der Werte für ay bzw. az zum Zeitpunkt t = 0 den Winkel α, um den der Passagier zur Vertikalen verkippt ist.

ay az Lösung: ay = ag cos α ⇔ α = arccos bzw. az = ag sin α ⇔ α = arccos , wobei aG aG m aG = g ≈ 9, 81 s2 ; die Werte für ay und az kann man aus Abbildung 24 ablesen.

11.3 Feria Swing

Bei der Attraktion Feria Swing handelt sich um ein Kutschenkarussell, dessen Kreis- bahn wellenförmig ist. Die Passagiergondeln sind frei schwenkbar und schlagen bis zu 90◦ aus der Ruhelage aus. In einer Runde fährt der Fahrgast über drei Hügel (jeweils im Abstand von 120◦).

Eröffnet 1994 theoretische Kapazität ca. 900 Personen/h Fahrzeit ca. 90 s Anzahl der Gondeln 20 Personen pro Gondel 2

Tabelle 3: Technische Daten Feria Swing56

56[Europapark 2010], 1.

46 V. PRAXIS 11 KREISBEWEGUNGEN

Abbildung 27: Feria Swing

11.3.1 Messungen

Sensor: Pasco Acceleration Sensor (PS-2119) (Kapitel 2.1)

Datenlogger: Pasco Xplorer GLX (PS-2002) (Kapitel 3.1)

Software: Pasco Data Studio (Kapitel 6.1)

Auf den GPS-Sensor wurde bei der Messung verzichtet, weil die Attraktion überdacht ist und deshalb kein Signal empfangen werden kann. Gleich zu Beginn muss betont werden, dass diese Attraktion extrem schwer zu analysie- ren ist. Daher ist es nicht zu empfehlen, in der Schule darauf einzugehen. Ein Grund für die Schwierigkeiten ist die chaotische Bewegung der Gondeln. Deren Auslenkung hängt von vielen Parametern ab und sorgt für eine unvorhersehbare Lage des Sensors. Damit ist unklar, wie sich die Erdbeschleunigung in die einzelnen Komponenten aufteilt. Wei- terhin überlagern sich bei diesem Karussell eine Kreisbewegung und zwei Schwingungen, die voneinander abhängen. Im Folgenden ist der Versuch einer Analyse dargestellt. Aufgrund von Vereinfachungen oder Fehlinterpretationen kommt es jedoch immer wieder zu widersprüchlichen Ergebnis- sen. Die Gondeln schwingen während der Fahrt sehr chaotisch. Parameter für die Auslen- kung sind dabei neben der Geschwindigkeit und der Position der Gondel (ob in einem Tal, auf einem Berg oder dazwischen) auch die Masse der Insassen. Daraus folgen Schwie- rigkeiten bei der Analyse der Messwerte in Abbildung 28: die einzelnen Peaks der Kurve sind in ihrer Höhe sehr unterschiedlich und treten auch in unregelmäßigen Abständen auf. Aus dem Schaubild kann man trotzdem noch gewisse Informationen ablesen. Beim Pas- co-Beschleunigungssensor zeigt der positive Ast der x-Achse lateral nach links. Da die Drehachse der Gondeln oberhalb des Passagiers (und damit auch oberhalb des Sensors)

47 V. PRAXIS 11 KREISBEWEGUNGEN

Abbildung 28: ax(t) bei Feria Swing (Data Studio) liegt, bedeuten die negativen Werte, dass die Gondeln nach links ausschlagen bzw. das Koordinatensystem nach rechts wegkippt, was in Abbildung 29 skizziert wird. Weiterhin erkennt man einen Anfahr- und einen Abbremsvorgang, erkennbar an den verhältnismä- ßig kleinen Rücken (also kleine Beschleunigungsänderungen) in den Zeiträumen zwischen t = 20 s und t = 30 s bzw. t = 105 s und t = 112 s.

Abbildung 29: Auslenkung der Gondeln bei Feria Swing

Nun soll die x-Komponente und damit die laterale Auslenkung der Gondel vernach- lässigt werden. Betrachtet man die Schaubilder der y- und z-Komponente (lateral und horizontal) in Abbildung 30, so kann man Schwingungen erkennen, bei denen die Am- plituden wesentlich weniger schwanken als bei den ax-Werten. In Abbildung 31 wurde in

48 V. PRAXIS 11 KREISBEWEGUNGEN

Abbildung 30: ay(t) und az(t) bei Feria Swing (Data Studio) die Schaubilder hinein gezoomt. Man kann eine konstante Phasendifferenz erkennen. Um diese Verschiebung erklären zu können, werden mit Hilfe von Abbildung 32 die Lage des Beschleunigungssensors sowie die auftretenden Beschleunigungskomponenten aufgezeigt. Hierbei werden Anfang und Ende der Messung vernachlässigt und mit einer konstanten Drehgeschwindigkeit gerechnet, was für einen außenstehenden Beobachter dem Verschwin- den der Beschleunigung in horizontaler Richtung entspricht. Die Gondeln verändern ihren Abstand zueinander nicht. Deshalb muss ihr Geschwin- digkeitsbetrag konstant sein. Aufgrund der Wellenbewegung oszilliert die vertikale Ge- schwindigkeitskomponente und mit der Konstanz des Tempos folgt eine Schwingung der horizontalen Schnelligkeit. Die Annahme einer konstanten Drehgeschwindigkeit ist also aufgrund der Dreidimensionalität der Bewegung fehlerhaft. Für die Bezeichnungen in Abbildung 32 gilt:

• ~aG: Erdbeschleunigung,

• ~aN : Beschleunigung aufgrund der Normalkraft(immer senkrecht zur Oberfläche)

• ~aH : Beschleunigung aufgrund der Hangabtriebskraft(immer parallel zur Oberfläche)

Es gilt ~aG + ~aN = ~aH , aN = aG cos α und aH = aG sin α (dabei ist α der Winkel zwi- schen Oberfläche und Horizontalen). Durch Multiplikation mit der Masse erhält man die ~ jeweiligen Kräfte. Auf die Gondeln und ihre Insassen wirken die Schwerkraft FG und die

49 V. PRAXIS 11 KREISBEWEGUNGEN

Abbildung 31: Zusammenhang zwischen y- und z-Komponente bei Feria Swing (Data Studio)

~ ~ Normalkraft FN . Die resultierende Hangabtriebskraft FH sorgt damit für eine resultieren- de Beschleunigung ~aH , was wiederum bedeutet, dass die Gondeln in den Tälern schneller sind, als auf den Bergen. Wie oben beschrieben, kann dies nicht sein, da die Gondeln ihren relativen Abstand zueinander nicht verändern. Das konstante Tempo setzt die Exis- tenz einer externen Beschleunigung voraus, die ~aH kompensiert, damit die Tangential- beschleunigung verschwindet. Es verbleibt eine Radialbeschleunigung. Diese zeigt nach unten bzw. oben, wenn sich die Gondel oberhalb bzw. unterhalb der Wendepunkte der vom wellenförmigen Untergrund vorgegebenen Bahn befindet und steht immer orthogonal zur Trajektorie.

Abbildung 32: Ausrichtung des Sensors während der Fahrt mit Feria Swing

50 V. PRAXIS 11 KREISBEWEGUNGEN

Eine Erklärung der Messwerte wird durch Betrachtung zweier Bewegungskomponen- ten versucht. Die horizontale Beschleunigung wird hierfür vernachlässigt, die Messwerte hängen deshalb nur noch von der vertikalen Schwingung und der Rotation des Sensors um die laterale Achse durch die Wellenfahrt ab. Diese Rotation wird in Abbildung32 mit dem Koordinatensystem veranschaulicht. In Abbildung 33 werden beide Einflüsse auf die gemessene Beschleunigung in y- bzw. z-Richtung qualitativ betrachtet. Die Rotation wirkt sich nur geringfügig auf die y-Komponente der gemessenen Beschleu- nigung aus, da die y-Achse des Sensors nur unwesentlich aus der vertikalen Lage gekippt

∂ay ∂(a cos α) wird ( ∂α = ∂α ≈ 0 für kleine Winkel α). Deshalb kann Zeile 5 in Abbildung 33 ignoriert werden. Dagegen werden die ay-Werte stark von der vertikalen Schwingung be- einflusst, denn Auslenkung und y-Achse des Sensors sind durchgehen fast parallel. Dies ist auch der Grund dafür, dass sich die vertikale Schwingung der Gondeln kaum in der z-Komponente der gemessenen Beschleunigung bemerkbar macht: Die z-Achse des Sen- sors verläuft etwa horizontal. Daraus folgt jedoch ein starker Einfluss der Rotation auf

∂az ∂(a sin α) die Werte von az ( ∂α = ∂α ≈ a für kleine Winkel α). Es genügt also, in Abbildung 33 die Zeilen 3 und 6 zu betrachten: Die ay-Werte erreichen ihre Maxima eine viertel Periode früher als die az-Werte. Dies ist auch in Abbildung 31 zu erkennen. Die roten Linien wurden zur besseren Veranschaulichung eingefügt.

Abbildung 33: Deutung der y- und z-Werte bei Feria Swing

51 V. PRAXIS 11 KREISBEWEGUNGEN

In den Abbildungen 30 bzw. 31 kann man erkennen, dass die z-Werte immer wieder auf Null fallen. Dies liegt daran, dass die z-Achse des Beschleunigungssensors gerade dann horizontal liegt, wenn die Gondel einen Hang hinab fährt. Von dieser Stellung aus schwenkt das Koordinatensystem immer nur in eine Richtung und wieder zurück (siehe wiederum Abbildung 33). Deshalb wird die gemessene Komponente in z-Richtung nie negativ.

11.3.2 Aufgaben

Aufgabe 1: Gegeben sei die Winkelgeschwindigkeit ω, der Radius r sowie die Masse m von Gon- del und Insassen. Berechne daraus die Bahngeschwindigkeit v, sowie Umlaufdauer T und Frequenz f der Kreisbewegung. Welche Kraft ist nötig, um den Passagier auf der Kreisbahn zu halten? In welche Richtung muss diese zeigen? Lösung: Man benötigt die Gleichungen 1, 8, 9 und 10 aus Kapitel 9. Die Kraft zeigt radial nach innen.

Aufgabe 2:

Gegeben sei die Masse m von Gondel und Insassen, sowie verschiedene Winkel αi

für die jeweilige Lage der Gondel. Berechne die Gewichtskraft FG, die Normalkraft

FN und die Hangabtriebskraft FH .

Lösung: FG = maG = mg, FN = maN = maG cos α und FH = maH = maG sin α.

52 V. PRAXIS 12 PENDELBEWEGUNGEN

12 Pendelbewegungen: Schaukeln

Die Pendelbewegung wird in der Schule meist nur eindimensional betrachtet. Dabei lernen die Schüler das Federpendel oder das Fadenpendel bei kleinen Auslenkungen kennen. Betrachtet man ein Fadenpendel für größere Auslenkungswinkel, so zeigt sich eine Ähn- lichkeit zur Kreisbewegung. Der Körper am Ende des Fadens (im Fall der Schiffschaukel das Schiff am Ende der Stange) fährt den Teil einer Kreisbahn ab. Die Schiffschaukel ist damit ein schönes Anwendungsbeispiel für eine Kreisbewegung mit nicht konstanter Winkelgeschwindigkeit.

„Eine Schiffschaukel ist ein auf Volksfesten weit verbreitetes Fahrgeschäft. Die Schaukel selbst ist üblicherweise nicht an Seilen, sondern an einer Stahl- konstruktion aufgehängt. Die schaukelnden Plattformen für die Fahrgäste ha- ben traditionell die Form von Schiffen. Kleinere Schiffschaukeln werden von Muskelkraft, größere durch Elektromo- toren angetrieben. Bei letzteren erfolgt der Antrieb mit Hilfe eines stationären Reifens, der die glatte Unterseite der Schiffschaukel antreibt. [. . . ] Manche Schiffschaukeltypen können sich auch überschlagen. [. . . ] Über- schlag-Schiffschaukeln[,] bei denen der Fahrgast stets mit dem Kopf nach oben sitzt, werden auch als Fliegender Teppich bezeichnet.“57

12.1 London Bus

Beim London Bus handelt es sich nach obiger Definition um einen Fliegenden Teppich. Die Attraktion vollführt eine Kreisbewegung, die in der Horizontal-Vertikal-Ebene liegt. Die Bewegung wird sowohl vorwärts als auch rückwärts vollzogen. Mit Hilfe der Messungen

Abbildung 34: London Bus

57[Academic 2010], 2.

53 V. PRAXIS 12 PENDELBEWEGUNGEN kann gezeigt werden, dass die Winkelgeschwindigkeit die meiste Zeit konstant bleibt. Im Unterricht sollte der London Bus unter dem Thema der Kreisbewegung mit konstanter Winkelgeschwindigkeit eingebracht werden.

12.1.1 Messungen

Die Fahrt wurde mit Beschleunigungssensoren gemessen und mit einer Videokamera auf- genommen. Auf die Verwendung von GPS-Geräten wurde verzichtet, da die Ortsänderun- gen der Bewegung sehr klein sind (vergleichbar mit dem Wiener Wellenflieger aus Kapitel 11, bei dem die Daten auch keine vernünftigen Ergebnisse geliefert haben).

Beschleunigungsmessung Pasco

Sensor: Pasco Acceleration Sensor (PS-2119) (Kapitel 2.1)

Datenlogger: Pasco Xplorer GLX (PS-2002) (Kapitel 3.1)

Software: Pasco Data Studio (Kapitel 6.1)

Die Messwerte für die laterale Beschleunigung ax (siehe Abbildung 35) sind im Vergleich zu den Werten der anderen beiden Komponenten sehr klein. Dies ist damit zu erklären, dass die Bewegung nur in der y-z-Ebene stattfindet. Es treten also kaum laterale Kräfte auf. Die x-Achse des Sensors muss orthogonal zur Kreisbewegung stehen, da auch keine Schwingung der Werte erkennbar ist.

Abbildung 35: ax(t) beim London Bus (Data Studio)

In den Schaubildern der y- und z-Komponente (siehe Abbildung 36) erkennt man Be- reiche, in denen die Messwerte oszillieren. Die roten Hilfslinien verdeutlichen die Phasen-

54 V. PRAXIS 12 PENDELBEWEGUNGEN

π differenz von 2 , welche bei einer Kreisbewegung zwischen den orthogonalen Komponenten auftritt. Zu Beginn ist der Passagier in Ruhe und spürt nur die Erdbeschleunigung. Diese wird vom Sensor sowohl horizontal als auch vertikal registriert, also ist der Sensor leicht gekippt. Mit den Anfangswerten der Beschleunigung lässt sich, wie in Aufgabe 3 beschrieben, der Neigungswinkel des Sensors bestimmen. Die Fahrt besteht aus zwei Teilen. Nach dem Anfahren vollführt der Bus eine Kreisbe- wegung mit konstanter Winkelgeschwindigkeit. Dabei erreicht die y-Komponente ihre Ma- xima eine viertel Periode vor der z-Komponente, was mit den eingezeichneten Hilfslinien verdeutlicht werden soll. Bei t ≈ 75 s erreichen die Komponenten wieder ihre Anfangs- werte, die Fahrt stoppt kurzzeitig. Nach erneutem Anfahren vollführt der Bus wieder eine Kreisbewegung mit konstanter Winkelgeschwindigkeit. Nun erreicht die y-Komponente ihre Maxima aber erst eine viertel Periode nach der z-Komponente. Das bedeutet, dass die Kreisbewegung in der zweiten Hälfte der Fahrt die Drehrichtung geändert hat. Weiterhin kann man aus Abbildung 36 ablesen, dass die Amplituden der beiden Kom- m ponenten in etwa gleich groß sind. Hierbei ist zu beachten, dass die y-Werte in s2 , die z-Werte jedoch in Einheiten des Ortsfaktors g angegeben sind. Die Werte schwanken um m etwa ± 0, 25 g bzw. ± 2, 5 s2 um die jeweiligen Anfangswerte. Die Fahrt beginnt im unteren Umkehrpunkt der Kreisbahn. In der ersten Hälfte der Fahrt durchläuft der Bus diesen Punkt aus Sicht des Passagiers immer rückwärts. Es werden nacheinander der hintere, der obere, der vordere und der untere Umkehrpunkt passiert. Die y-Achse des Sensors zeigt nach oben, die z-Achse nach vorne. Damit lassen sich die Messwerte folgendermaßen interpretieren:

t ≈ 40, 0 s Vor Beginn der Fahrt verspürt der Passagier nur die Schwerkraft. Die dadurch erwar- tete Beschleunigung müsste sich, aufgrund der Verkippung des Sensors, in negativer y- und z-Richtung aufteilen. Der Sensor zeigt jedoch positive Werte an. Dies ist auf die Normalkraft zurückzuführen, die der Sitz auf den Insassen wirkt.

t ≈ 50, 0 s Der Bus durchfährt erstmals den hinteren Umkehrpunkt. Zu diesem Zeitpunkt zeigt die y-Achse tangential in Bewegungsrichtung, die z-Achse radial nach innen. Das

Minimum der az-Werte wird durch Addition des Anteiles der Normalbeschleunigung in z-Richtung (positiv) und der vom Sensor registrierten Zentrifugalbeschleunigung erreicht. Diese zeigt nach hinten und damit in negative z-Richtung.

55 V. PRAXIS 12 PENDELBEWEGUNGEN

Abbildung 36: ay(t) und az(t) beim London Bus (Data Studio)

t ≈ 51, 5 s Beim Durchfahren des oberen Umkehrpunkts verschwindet die Zentrifugalbeschleu-

nigung in z-Richtung (z-Achse tangential). Dagegen erreicht ay ein Maximum. Die Normal- und die Zentrifugalbeschleunigung zeigen in die gleiche Richtung, der Pas- sagier fühlt sich leichter.

t ≈ 53, 0 s Ein Maximum der z-Komponente wird beim Passieren des vorderen Umkehrpunkts erreicht. Hier addieren sich der Anteil der Normalbeschleunigung in z-Richtung und die Zentrifugalbeschleunigung.

t ≈ 55, 0 s Erreicht der Bus wieder den unteren Umkehrpunkt, so addieren sich Zentrifugal- und Erdbeschleunigung. Als Folge fühlt sich der Passagier schwerer. Die vom Sensor an- gezeigte Beschleunigung ist die Summe aus Zentrifugal- und Normalbeschleunigung,

welche zu diesem Zeitpunkt entgegengesetzt gerichtet sind. Deshalb erreicht ay hier ein lokales Minimum.

56 V. PRAXIS 12 PENDELBEWEGUNGEN

Dieser Ablauf wiederholt sich in der ersten Hälfte der Messung. In der zweiten Hälfte läuft er genau andersherum ab, da sich die Drehrichtung ändert. Bei dieser Attraktion wäre es möglich, im Nachhinein den Sensor zu Nullen: Aufgrund der festen Ausrichtung sind die Anteile der Erdbeschleunigung in den Kompoenenten konstant. Diese Anteile lassen sich mit Hilfsfunktionen von den Werten abziehen. Der Vorteil einer solchen Darstellung offenbart sich bei Betrachtung der Bewegung aus Sicht eines Außenstehenden. Vor Beginn der Fahrt ist der Passagier in Ruhe. Die Beschleunigungswerte müssten also alle gleich Null sein, was durch Nullen des Sensors oder oben genannte Hilfsfunktionen erreicht wird. Dies erspart der Lehrkraft eine Diskussion über die Kompensation der Schwerkraft durch die Normalkraft.

Beschleunigungsmessung Phywe

Sensor: Phywe Cobra4 Sensor-Unit 3D-Acceleration (Kapitel 2.2)

Datenlogger: Phywe Cobra4 Mobile-Link (Kapitel 3.2)

Software: Phywe measure (Kapitel 6.2)

In Abbildung 37 sind die gemessenen Beschleunigungen dargestellt. Im Gegensatz zur Beschleunigungsmessung Pasco ist zu beachten, dass beim Cobra4-Sensor die x-Achse vertikal und die y-Achse lateral liegt. Die z-Achse zeigt jetzt aus Sicht der Versuchsperson nach hinten. Die Werte der vertikalen und horizontalen Komponente schwingen um ca. ± 0, 25 g um die Anfangswerte. Aus diesen kann man ablesen, dass der Sensor hier leicht seitlich verkippt ist (laterale Komponente der Beschleunigung ungleich Null während der Mes- sung). Dies ist auch der Grund für die Schwingung der ay-Werte, welche auf den Anteil der Zentripetalbeschleunigung in y-Richtung zurückzuführen ist. Der wesentlich größere An- teil dieser Beschleunigung zeigt jedoch in x- bzw. z-Richtung, weshalb die y-Komponente ignoriert werden kann. Betrachtet man die Verläufe der ax- und az-Werte genauer, kann man Rückschlüsse auf die Bewegung ziehen: Vor der Fahrt zeigt der Sensor eine Be- schleunigung von etwa 1 g in negativer x-Richtung (also nach unten) an, also kann die Verkippung der x-Achse aus der Vertikalen bzw. der z-Achse aus der Horizontalen ver- nachlässigt werden. Nach dem Anfahren erreicht die vertikale Komponente bei t ≈ 18 s ein Maximum. Zu diesem Zeitpunkt befindet sich der Bus am oberen Umkehrpunkt der Kreisbahn. Die vom Sensor registrierte Zentrifugalbeschleunigung wirkt gerade entgegen der Erdbeschleunigung, welche damit zum Teil kompensiert wird. Der Passagier fühlt sich leichter. Wenig später zeigt die Zentripetalbeschleunigung aus Sicht des Fahrgasts nach

57 V. PRAXIS 12 PENDELBEWEGUNGEN

Abbildung 37: ax(t), ay(t) und az(t) beim London Bus (measure)

vorne. Gleichbedeutend damit sind die Werte für az negativ. Fährt der Bus in den unteren Umkehrpunkt, so addieren sich Erd- und Zentrifugalbeschleunigung zu einer maximalen Beschleunigung in negativer x-Richtung, der Passagier fühlt sich schwerer. Die Verbindung der Messwerte mit der Bewegung erfolgt analog zur Beschleunigungs- messung Pasco. So kann über die Abfolge der vier Umkehrpunkte die Drehrichtung be- stimmt werden.

Videoanalyse measure dynamics

Es wurden zwei Videoanalysen mit measure dynamics durchgeführt. Als Objekt wur- de der hintere Reifen des Busses gewählt, welcher im Video immer gut sichtbar ist. Der Ursprung des Koordinatensystems wurde dabei sinnvollerweise in den Mittelpunkt der Kreisbewegung gelegt, welche dieser Reifen vollführt. Bei der ersten Analyse wurde ei- ne Schrittweite von 1 gewählt: Jedes frame wird analysiert. Die geringen Ortsänderun- gen der markierten Objekte in aufeinander folgenden frames führen jedoch zu extremen Schwankungen bei den Geschwindigkeits- und Beschleunigungswerten. In Abbildung 38 sieht man die Graphen für Ort, Horizontal- und Vertikalgeschwindigkeit sowie für den Geschwindigkeitsbetrag (von oben nach unten). Auf die Graphen für die Beschleunigung wurde verzichtet und auch die Geschwindigkeits- und Beschleunigungsvektoren sind im Video auf der rechten Seite der Abbildung nicht eingezeichnet. Diese Vektoren springen aufgrund des kleinen Abstands der einzelnen Messpunkte hin und her und sind nicht aussagekräftig.

58 V. PRAXIS 12 PENDELBEWEGUNGEN

Abbildung 38: Videoanalyse London Bus mit vielen Messpunkten (measure dyna- mics)

Deshalb wurde eine zweite Analyse durchgeführt. Hierbei wurde eine größere Schritt- weite der Bilder gewählt, damit der Abstand der einzelnen Messpunkte im Vergleich zu den Fehlern beim Markieren des Objekts groß wurde. In Abbildung 39 sind die entstan- denen Vektoren für Geschwindigkeit und Beschleunigung zu verschiedenen Zeitpunkten der Kreisbewegung bei konstanter Winkelgeschwindigkeit zu sehen. Der Geschwindigkeits- vektor zeigt immer tangential, der Beschleunigungsvektor immer radial nach innen. Die unterschiedlichen Längen der Geschwindigkeitspfeile bzw. der Beschleunigungspfeile sind auf kleine Ungenauigkeiten beim Markieren des Objekts zurückzuführen.

Abbildung 39: Vektoren für Geschwindigkeit und Beschleunigung beim London Bus mit konstanter Winkelgeschwindigkeit (measure dynamics)

59 V. PRAXIS 12 PENDELBEWEGUNGEN

Abbildung 40: Vektoren für Geschwindigkeit und Beschleunigung beim London Bus mit abnehmender Winkelgeschwindigkeit (measure dynamics)

Eine weitere Veranschaulichung der Vektoren ist in Abbildung 40 zu sehen. Es wurde eine Folge von Bildern gewählt, die den Abbremsvorgang des London Bus zeigen. In der ersten Reihe sind die Vektoren noch etwa gleich lang wie diejenigen aus Abbildung 39. Man kann jedoch schon erkennen, dass die Beschleunigungsvektoren nicht mehr zum Mit- telpunkt des Kreises zeigt: Der Winkel zwischen den beiden Vektoren ist größer geworden. Der Bus wird auf der Kreisbahn immer langsamer, der Geschwindigkeitsvektor wird also immer kürzer. Ab einem gewissen Zeitpunkt werden selbst bei einer großen Schrittweite

60 V. PRAXIS 12 PENDELBEWEGUNGEN die Abstände aufeinander folgender Messpunkte so klein, dass die Ungenauigkeiten beim Markieren wieder mehr Einfluss auf die Vektoren nehmen. Dieser Einfluss ist besonders in der letzten Zeile am Beschleunigungsvektor zu sehen. In Abbildung 41 sind nun die entstandenen Schaubilder zusammengestellt. Da der re- lative Fehler für die Orte der Messpunkte bei einer größeren Schrittweite kleiner wird, sind die Fluktuationen der Geschwindigkeitswerte, welche sich aus Ortsdifferenz und Zeit- differenz berechnen lassen (siehe Gleichung 4 aus Kapitel 9), wesentlich geringer als in Abbildung 38. Erst bei der weiteren Berechnung der Beschleunigung (zeitliche Ableitung, Gleichung 5 aus Kapitel 9) treten stärkere Schwankungen auf. Das oberste Schaubild in Abbildung 41 zeigt die Beträge von Geschwindigkeit und Beschleunigung. Es ist deutlich erkennbar, dass die Winkelgeschwindigkeit während dem Großteil der Fahrt konstant bleibt. Weiterhin sieht man, dass die Kreisbewegung sowohl vorwärts als auch rückwärts mit der gleichen Winkelgeschwindigkeit vollführt wird. Eine Blick auf die Amplituden der Beschleunigungen zeigt, dass diese mit den Werten übereinstimmen, welche mit den Beschleunigungssensoren gemessen wurden (≈ ± 0, 25 g). Man könnte noch die Beschleunigungsschaubilder für beide Achsen übereinanderlegen und könnte so leicht die Richtung der Kreisbewegung bestimmen (analog zu den Beschleuni- gungsmessungen Pasco bzw. Phywe).

Abbildung 41: Schaubilder für Ort, Geschwindigkeit und Beschleunigung beim London Bus (measure dynamics)

61 V. PRAXIS 12 PENDELBEWEGUNGEN

Videoanalyse Coach6

Als Objekt dient wieder der hintere Reifen des Busses und auch das Koordinatensystem wurde analog zur Videoanalyse measure dynamics gewählt. Die Videoanalyse Coach6 ergibt deshalb im Vergleich zu den Schaubildern aus Abbildung 41 logischerweise ähnliche Schaubilder für Ort, Geschwindigkeit und Beschleunigung (siehe Abbildung 42). Dank der gemeinsamen Darstellung von Ort (P1X bzw. P1Y), Geschwindigkeit (vx bzw. vy) und Beschleunigung (ax bzw. ay) erkennt man auch den Phasenbezug zwischen diesen Größen sehr gut. Es fällt auf, dass die Amplituden bis auf Einheiten gleich sind. Dies ist im Allgemeinen nicht der Fall! Hierauf wird in Aufgabe 8 genauer eingegangen.

Abbildung 42: Schaubilder für Ort, Geschwindigkeit und Beschleunigung beim London Bus (Coach6)

In Abbildung 43 wurden die y-Komponenten von Ort, Geschwindigkeit und Beschleuni- gung gegenüber der jeweiligen x-Komponente aufgetragen. Damit entsteht für den Ort die Ortskurve, also ein Kreis. Auch bei den Schaubildern für Geschwindigkeit und Beschleu- nigung entstehen Kreise. Die Trajektorie verläuft hier aber nicht nur auf einer Kreisbahn, sondern bewegt sich spiralähnlich zum Ursprung und wieder zurück. Grund hierfür ist das Anfahren bzw. Abbremsen des Busses. Bei einer Kreisbewegung mit konstanter Winkel- geschwindigkeit wäre das Innere der Kreise leer.

62 V. PRAXIS 12 PENDELBEWEGUNGEN

Abbildung 43: Auftragung der y-Komponenten über den x-Komponenten beim London Bus (Coach6)

In Abbildung 44 sind schließlich noch die Wertetabellen mit deren Hilfe die Schaubil- der erstellt wurden zu sehen. Das Schaubild für die Beträge von Geschwindigkeit und Beschleunigung erlaubt dieselben Folgerungen wie bei der Videoanalyse mit measure dynamics. Im Videofenster ist auch das Koordinatensystem zu erkennen (gelbes Faden- kreuz), dessen Ursprung mit dem Mittelpunkt des Kreises übereinstimmt.

Abbildung 44: Geschwindigkeitsbetrag, Beschleunigungsbetrag und Wertetabellen beim London Bus (Coach6)

63 V. PRAXIS 12 PENDELBEWEGUNGEN

12.1.2 Aufgaben

Aufgabe 7: Nimm an, dass die Winkelgeschwindigkeit ω während der Fahrt konstant ist. Be- stimme aus dem x(t)-Graphen die Periodendauer T und berechne damit die Win- kelgeschwindigkeit. Lösung: Man bestimme ∆t von einem Maximum zu einem anderen (entweder beide in der ersten Hälfte der Fahrt oder beide in der zweiten). Von ∆t rechnet man mit Hilfe der Anzahl der Perioden zurück auf die Dauer einer Periode. Die Winkelge- schwindigkeit berechnet sich nach Gleichung 9.

Aufgabe 8:

Es gelte x(t) = x0 sin(ωt). Berechne v(t) und ω mit Hilfe der Schaubilder. Alternativ

kann ω auch wie in Aufgabe 7 und mit Hilfe des Wertes für x0 die Geschwindigkeit-

samplitude v0 berechnet werden.

Lösung: Ableiten nach der Zeit ergibt v(t) = x0ω cos(ωt) = v0 cos(ωt). ω ist dann

v0 der Quotient . x0 und v0 werden aus den Graphen abgelesen. x0 Bei den vorgestellten Messungen ist T ≈ 2π s; damit wird ω ≈ 1 Hz. Folglich sind die Werte für die Amplituden von Ort, Geschwindigkeit und Beschleunigung ungefähr gleich.

Aufgabe 9:

Es gelte y(t) = y0 sin(ωt). Berechne Geschwindigkeit und Beschleunigung. Lies aus

den Schaubildern x0 ab, bestimme ω und berechne v0 und a0. Welche Kraft wirkt auf dich in den Umkehrpunkten? Zu welchen Zeitpunkten fühlst du dich am leichtesten (bzw. schwersten) wenn die y-Achse nach oben zeigt? Begründe deine Antwort. Lösung: Geschwindigkeit und Beschleunigung erhält man durch einmaliges bzw. 2 zweimaliges Ableiten nach der Zeit. Weiterhin gilt v0 = x0ω und a0 = x0ω . Die ~ wirkende Kraft berechnet sich zu Fy = ±ma0~ey, wobei m die eigene Masse und ~ey der Einheitsvektor in y-Richtung ist. Am schwersten fühlt man sich, wenn man sich im unteren Umkehrpunkt der Bewe- gung befindet (Zentripetalkraft wirkt in positive y-Richtung, Zentrifugalkraft wirkt entgegen und damit in die gleiche Richtung wie die Schwerkraft). Dies ist genau dann der Fall, wenn sin(ωt) = −1. Analog fühlt man sich am leichtesten, wenn sin(ωt) = +1 (im oberen Umkehrpunkt).

64 V. PRAXIS 12 PENDELBEWEGUNGEN

12.2 Vindjammer

Bei diesem Fahrgeschäft handelt es sich um eine Schiffschaukel. Der Antrieb geschieht mit einem Reifen unterhalb des Schiffrumpfes. Als Referenzpunkt der Messung wurde in allen vier Fällen die Mitte des Schiffes gewählt, um Analogien zum Fadenpendel herstellen zu können. Die Bewegung der Schiffschaukel kann jedoch auch als Teil einer Kreisbewegung mit nicht konstantem Geschwindigkeitsbetrag angesehen werden58.

Eröffnet 1993 theoretische Kapazität ca. 1080 Personen/h Fahrzeit ca. 120 s Sitze 56

Tabelle 4: Technische Daten Vindjammer59

Abbildung 45: Vindjammmer

12.2.1 Messungen

Die Messung wurde mit Beschleunigungssensoren durchgeführt und mit einer Videokame- ra aufgenommen. Auf die Verwendung von GPS-Geräten wurde verzichtet, da die Ortsän- derungen der Bewegung sehr klein sind (vergleichbar mit dem Wiener Wellenflieger aus Kapitel 11, bei dem die GPS-Daten keine vernünftigen Ergebnisse geliefert haben).

58mehr dazu in [Müller 2009], S. 425-432 59[Europapark 2010], 4.

65 V. PRAXIS 12 PENDELBEWEGUNGEN

Beschleunigungsmessung Pasco

Sensor: Pasco Acceleration Sensor (PS-2119) (Kapitel 2.1)

Datenlogger: Pasco Xplorer GLX (PS-2002) (Kapitel 3.1)

Software: Pasco Data Studio (Kapitel 6.1)

Abbildung 46: ax(t) beim Vindjammer (Data Studio)

Die Bewegung der Schiffschaukel spielt sich in der y-z-Ebene ab. Die Beschleunigungswerte der x-Komponente (siehe Abbildung 46) sind gering und deshalb vernachlässigbar. In Abbildung 47 wurden die vertikale und horizontale Komponente aufgetragen. Hierbei wurden einige Stellen markiert, welche genauer betrachtet werden sollen.

(A) Die rote Linie veranschaulicht den Anteil der Normalbeschleunigung in y-Richtung bevor die Fahrt beginnt. Während der Schwingung ändert sich dieser Anteil auf- grund der Auslenkung aus der Ruhelage und der damit verbundenen Verkippung des Sensors. Zu den Zeitpunkten, bei denen die Messwerte unterhalb der roten Linie liegen, ist die Schaukel gerade ausgelenkt. Bei den Minima befindet sich die Schaukel in den Umkehrpunkten und es wird nur die Erdbeschleunigung in den Komponen- ten y und z registriert (keine Zentripetal- oder Zentrifugalbeschleunigung). Aus dem

Absinken der ay-Werte auf weniger als die Hälfte kann man schließen dass die Aus- ◦ lenkung mehr als 60 erreicht. Dagegen werden die Werte für ay maximal, wenn das Schiff den Scheitelpunkt der Pendelbewegung passiert (tiefster Punkt der Bewe- gung). Hier verschwindet die Tangentialkomponente der Beschleunigung (Maximum des Geschwindigkeitsbetrags) und die aufzubringende Zentripetalbeschleunigung ist maximal. Der Passagier verspürt im beschleunigten Bezugssystem die Zentrifugal- beschleunigung und fühlt sich beim Durchlaufen des Scheitelpunkts am schwersten

(ay-Werte über der roten Linie).

66 V. PRAXIS 12 PENDELBEWEGUNGEN

Abbildung 47: ay(t) und az(t) beim Vindjammer (Data Studio)

(B) Beim Durchlaufen der Scheitelpunkte der Pendelbewegung erkennt man ein kurzes Rauschen der Messwerte (sowohl in der y- als auch in der z-Komponente). Dies ist auf den Antrieb der Schaukel zurückzuführen. Zu diesen Zeitpunkten trifft der Rumpf des Schiffes auf einen sich drehenden Reifen, der das Schiff beschleunigt bzw. abbremst.

(C) Die Minima der ay-Werte weisen einen alternierenden Verlauf auf. Dies ist auf die Position des Sensors zurückzuführen: Da der Passagier nicht in der Mitte des Schif- fes sitzen kann, ist die Auslenkung auf einer Seite größer als auf der anderen. Das bedeutet der Anteil der Erdbeschleunigung in y-Richtung ist in den beiden Umkehr-

punkten unterschiedlich groß. Analog gilt dies für die az-Werte. Als weitere Gründe für den Verlauf sind eine asymmetrische Gewichtsverteilung und der Antrieb der Attraktion anzuführen.

(D) Der Einbruch der Messwerte der Horizontalkomponente im Bereich von t = 70 s bis t = 105 s erscheint physikalisch nicht sinnvoll und kann nur mit einem fehlerhaften Arbeiten des Sensors erklärt werden, wobei verwunderlich ist, dass sich dies nicht auch in der y-Komponente bemerkbar macht.

67 V. PRAXIS 12 PENDELBEWEGUNGEN

Beschleunigungsmessung Phywe

Sensor: Phywe Cobra4 Sensor-Unit 3D-Acceleration (Kapitel 2.2)

Datenlogger: Phywe Cobra4 Mobile-Link (Kapitel 3.2)

Software: Phywe measure (Kapitel 6.2)

Die Messung mit dem Beschleunigungssensor von Phywe ergibt die gleichen Ergebnisse wie oben schon erläutert. In Abbildung 48 sind die unbearbeiteten Messwerte, in Abbil- dung 49 wurden die Kurven mit dem Programm measure geglättet.

Abbildung 48: Beschleunigungen beim Vindjammer (measure)

Die laterale Komponente zeigt, anders als bei der Beschleunigungsmessung Pasco, leichte Schwingungsanteile. Das bedeutet, der Sensor war leicht verkippt. Da beim Phy- we-Sensor die Scheinkraft angezeigt wird, ist die vertikale Komponente nun genau hori- zontal gespiegelt. Auch hier sind das Rauschen der Werte beim Durchlaufen des Schei- telpunkts und der alternierende Verlauf der Maxima (unterschiedliche Auslenkung in den Umkehrpunkten) zu erkennen. Im Gegensatz zur Beschleunigungsmessung Pasco tritt hier kein Einbruch der Werte der horizontalen Komponente auf, was den Verdacht auf eine Fehlfunktion des Pasco- Sensors bestärkt.

68 V. PRAXIS 12 PENDELBEWEGUNGEN

Abbildung 49: geglättete Beschleunigungen beim Vindjammer (measure)

Videoanalyse measure dynamics

Bei der Videoanalyse wurde als Objekt etwa die Position gewählt, an der auch die Be- schleunigungsmessungen durchgeführt wurden. In Abbildung 50 ist der zeitliche Verlauf der vertikalen Koordinate des Objektes dargestellt. Man kann erkennen, dass die Aus- lenkung tatsächlich nicht symmetrisch ist. Mögliche Gründe hierfür sind eine ungleiche Gewichtsverteilung oder ein asymmetrischer Antrieb durch den Reifen unterhalb des Schif- fes. Es ist noch darauf hinzuweisen, dass die y-Werte in Abbildung 50 nicht aussagekräftig sind, da die Skalierung im Video nur geschätzt wurde.

Abbildung 50: y(t) beim Vindjammer (measure dynamics)

69 V. PRAXIS 12 PENDELBEWEGUNGEN

Abbildung 51: mechanische Energie beim Vindjammer (measure dynamics)

Daraus folgt auch für Abbildung 51 eine Unsicherheit für die Energiewerte, die über der Zeit aufgetragen wurden. Deshalb wurde auf die Achsen verzichtet. In dieser Abbildung kann man trotzdem den Wechsel der Energieformen erkennen: In den Umkehrpunkten verschwindet die Geschwindigkeit und damit auch die kinetische Energie. Dafür erreicht die potentielle Energie an diesen Stellen aufgrund der Maxima der y-Werte auch ihre Ma- xima (siehe Gleichung 17 aus Kapitel 9). Die alternierende Höhe dieser Maxima resultiert aus der Asymmetrie der Pendelbewegung. Durchläuft die Schaukel den Scheitelpunkt der Bewegung, so ist die Geschwindigkeit und auch die kinetische Energie maximal (siehe Glei- chung 16). Der Scheitelpunkt ist am tiefsten Ort der Bewegung, weshalb die potentielle Energie an diesen Punkten auch minimal ist. Die gesamte mechanische Energie steigt in der ersten Hälfte der Messung stetig an, da der Schiffschaukel über den Reifen Energie zu- geführt wird. Das Abbremsen in der zweiten Hälfte der Fahrt führt zu einer Verringerung der mechanischen Energie. In Abbildung 52 wurden Screenshots aus der Videoanalyse herauskopiert. Als Zeitraum wurde eine Schwingungsperiode im mittleren Teil der Fahrt gewählt. Die roten Pfeile veranschaulichen die Momentangeschwindigkeit, die grünen die Beschleunigung. Da die Pendelbewegung auf einem Teilstück eines Kreises stattfindet, zeigt die Geschwindigkeit in Tangentialrichtung. Kleine Abweichungen sind auf Ungenauigkeiten beim Markieren des Objekts zurückzuführen. Die Länge der Pfeile ist ein Maß für den Geschwindigkeitsbetrag. Man kann erkennen, dass diese beim Durchlaufen des Scheitelpunkts maximal ist und in den Umkehrpunkten verschwindet. Für die Beschleunigung bei der Pendelbewegung sind die Übergänge zwischen der linea- ren, beschleunigten Bewegung (in einem kleinen Bereich um die Umkehrpunkte) und der Kreisbewegung mit konstanter Winkelgeschwindigkeit (in einem kleinen Bereich um den Scheitelpunkt) zu beachten. In den Umkehrpunkten verschwindet die Radialkomponen- te der Beschleunigung, beim Scheitelpunkt verschwindet die Tangentialbeschleunigung. Das Verhältnis zwischen maximaler Radial- und Tangentialbeschleunigung hängt vom Radius der Kreisbahn, der maximal erreichten Winkelgeschwindigkeit und der Winkelge- schwindigkeitsänderung ab. Letztere hängt bei der Pendelbewegung mit dem Ortsfaktor zusammen.

70 V. PRAXIS 12 PENDELBEWEGUNGEN

Abbildung 52: Vektoren für Geschwindigkeit und Beschleunigung beim Vindjammer (measure dynamics)

71 V. PRAXIS 12 PENDELBEWEGUNGEN

Videoanalyse Coach6

Die Videoanalyse mit Coach6 liefert im Großen und Ganzen dieselben Ergebnisse wie die Videoanalyse measure dynamics. Es wird deshalb auf andere Zusammenhänge ein- gegangen.

Abbildung 53: Ausschnitt der Graphen für Ort, Geschwindigkeit und Beschleunigung (komponentenweise) beim Vindjammer (Coach6)

In Abbildung 53 wurde ein Ausschnitt aus den Graphen für Ort, Geschwindigkeit und Beschleunigung gewählt, bei dem die Amplitudenänderung der Schwingung durch Be- schleunigen bzw. Abbremsen des Schiffes vernachlässigt werden kann. Der ideale Fall der harmonischen Schwingung lässt sich mit Hilfe der trigonometrischen Funktionen bearbei- ten. Vor allem der Graph für die x-Komponente der Beschleunigung weicht jedoch stark von einer Sinus-Form ab. Vom Verlauf von ax kann man auf die horizontale Geschwindig- keitskomponente schließen, deren Werte linearer zwischen Minima und Maxima verlaufen als bei der bekannten Sinus-Funktion. Aus dem quasi-linearen Verlauf der Geschwindigkeit folgt für die x-Komponente bei maximaler Auslenkung eine Ähnlichkeit zu einer Parabel. Die Unterschiede der Ergebnisse der Messung zu einer harmonischen Schwingung kön- nen mit verschiedenen Ursachen begründet werden. Die harmonische Näherung gilt bei- spielsweise nur für kleine Winkel. Die Auslenkungen der Schiffschaukel überschreiten die- sen kleinen Bereich jedoch. Weiterhin ist die Schwingung der Schaukel nicht als reibungs- frei anzusehen. Reibungsverluste treten unter anderem an der Aufhängung der Schaukel oder auch durch den Antriebs- bzw. Abbremsreifen unter dem Rumpf des Schiffes auf.

72 V. PRAXIS 12 PENDELBEWEGUNGEN

Eine zusätzliche Fehlerquelle stellt die ungenaue Markierung des Objektes bei der Video- analyse dar, welche besonders in den Umkehrpunkten zu großen relativen Fehlern führen kann. Hier kann mit einer besseren Kamera entgegengewirkt werden, was eine genauere Markierung ermöglicht.

Abbildung 54: Phasendiagramme für Geschwindigkeit und Beschleunigung beim Vind- jammer (Coach6)

Wie beim London Bus (siehe Abbildung 43) lohnt es sich bei der Schiffschaukel, die Phasendiagramme zu zeichnen. Diese sind in Abbildung 54 für Geschwindigkeit (links) und Beschleunigung (rechts) zu sehen. Die wichtigsten Punkte wurden markiert und sind folgendermaßen zu interpretieren:

(A) Beide Geschwindigkeitskomponenten verschwinden gleichzeitig. Dies ist in den bei- den Umkehrpunkten der Fall. Eine Unterscheidung von linkem und rechtem Umkehr- punkt ist in diesem Schaubild aufgrund der vielen Überlagerungen nicht möglich.

(B) Die x-Komponente der Geschwindigkeit ist maximal negativ, die y-Komponente

verschwindet. Die Schaukel durchläuft also gerade den Scheitelpunkt. Da vx negativ

ist, kommt das Schiff vom rechten Umkehrpunkt (vx-Achse zeigt von links nach

rechts). Die vielen verschiedenen Schnittpunkte der Trajektorie mit der vx-Achse entstehen aufgrund des Anfahrens und Abbremsen des Schiffes.

(C) Analog zu (B), jedoch durchläuft die Schaukel den Scheitelpunkt hier von links nach rechts.

(D) Die Beschleunigung in y-Richtung ist maximal während die x-Komponente ver- schwindet. Dies geschieht gerade beim Durchlaufen des Scheitelpunkts. Zu diesen Zeitpunkten verschwindet die Tangentialkomponente der Beschleunigung. Die Ra-

73 V. PRAXIS 12 PENDELBEWEGUNGEN

dialkomponente ist gerade maximal und zeigt in y-Richtung (Zentripetal- und Nor- malbeschleunigung sind gerade parallel).

(E) ay ist lokal minimal und ax negativ. Das Schiff befindet sich gerade im rechten Umkehrpunkt. Die Radialkomponente verschwindet, die Tangentialkomponente ist betragsmäßig maximal und teilt sich in einen x- und einen y-Anteil auf.

(F) ay ist lokal minimal und ax positiv. Analog zu (E) ist die Schaukel hier gerade im linken Umkehrpunkt.

Zuletzt wurde in Abbildung 55 der zeitliche Verlauf des Geschwindigkeitsbetrags aufge- tragen. In den Umkehrpunkten verschwindet die Geschwindigkeit, weshalb der Verlauf immer wieder auf Null abfällt. Die Minima erreichen die Null jedoch nicht immer, was darauf zurückzuführen ist, dass aufgrund der Schrittweite der Videoanalyse nie genau der Umkehrpunkt getroffen wurde. Weiterhin erkennt man in der Abbildung das Zuführen von Energie bzw. das Abbremsen gegen Ende der Fahrt.

Abbildung 55: Geschwindigkeitsbetrag beim Vindjammer (Coach6)

12.2.2 Aufgaben

Aufgabe 10: Berechne die Dauer T einer Schwingung aus der Länge l des Pendels. l lässt sich mit Hilfe der Videoanalyse bestimmen. Vergleiche den Wert mit der aus dem Schaubild abgelesen Periodendauer.

Lösung: Mit der Längenmessung in measure dynamics wird als Pendellänge l ≈ 17 m abgelesen. Daraus erhält man mittels Gleichung 13 eine Periodendau- er von T ≈ 8, 3 s. Betrachtet man die Schaubilder der Videoanalysen liest man eine Periodendauer von knapp 8 s ab. Die geringe Abweichung lässt sich mit der Unsicherheit der Skalierung erklären.

74 V. PRAXIS 12 PENDELBEWEGUNGEN

Aufgabe 11: Eine Schiffschaukel mit l = 17 m hat leer eine Masse von m, voll besetzt m + ∆m. Berechne die Dauer einer Schwingung. Angenommen der Vergnügungspark befände sich auf dem Mond. Wie würde sich die Schwingungsdauer verändern? Lösung: Die Periodendauer berechnet sich wie in der obigen Aufgabe. Sie ist un- √ abhängig von der Masse und auf dem Mond um den Faktor 6 größer.

Aufgabe 12: Sei die Schiffschaukel samt Passagieren nun auf einen Punkt zusammengezogen. Lies aus dem Schaubild ab, auf welche Höhe dieser Massepunkt bei der Schwingung maximal angehoben wird. Welche Energie ist dafür nötig? Woher erhält die Schaukel diese Energie? Angenommen, der Schaukel wird bei weniger Insassen die gleiche Energie zugeführt, welche Auswirkungen hätte dies auf die Bewegung? Lösung: Den höchsten Punkt erreicht die Schaukel im mittleren Teil der Messung. Mit Gleichung 17 erhält man die notwendige Energie, die über den Antriebsreifen zugeführt wird. Bleibt die Energie konstant, so könnte die Schaukel bei weniger Masse weiter aus- gelenkt werden. Hierbei spielt das Verhältnis der Masse der Schaukel zur Masse der Passagiere eine Rolle. Mit Hilfe der maximalen potentiellen Energie kann über Energieerhaltung die maxi- mal erreichbare Geschwindigkeit berechnet werden (Gleichungen 16 und 17). Diese wäre bei einer beinahe leeren Schaukel größer als bei einer voll besetzten Fahrt.

75 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN

13 Komplexe Bewegungen: Achterbahnen

Die Auswertung der Messungen von Achterbahnenfahrten ist für die Schule nur bedingt zu empfehlen. Den größten Nutzen kann man hier im Lernen des Interpretierens von Schaubildern sehen.

13.1 Alpenexpress „Enzian“

Bei dieser Attraktion handelt es sich um einen sogenannten Powered Coaster. Anders als bei klassischen Achterbahnen vollführen die Wagen hierbei die Bewegung nicht aufgrund ihrer potentiellen Energie, sondern besitzen einen dauerhaften Antrieb60. Für die Fahrt steht ein Zug mit zehn Wagen bereit.

„In jedem Wagen befindet sich ein Elektromotor, der mittels Schleifkontak- ten Drehstrom aus zwischen den Schienen befindlichen Kontaktschienen ent- nimmt. Die Elektromotoren treiben Räder an, die auf einer Laufschiene neben den Kontaktschienen fahren und so den Zug beschleunigen oder abbremsen.“61

Abbildung 56: Alpenexpress „Enzian“62

60mehr dazu unter [Academic 2010], 3. 61[Academic 2010], 4. 62[Academic 2010], 4.

76 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN

Eröffnet 1984 theoretische Kapazität ca. 1050 Personen/h Fahrgeschwindigkeit ca. 45 km/h Sitze 38 Streckenlänge ca. 250 m

Tabelle 5: Technische Daten Alpenexpress „Enzian“63

13.1.1 Messungen

Sensor: Pasco Acceleration Sensor (PS-2119) (Kapitel 2.1)

Datenlogger: Pasco Xplorer GLX (PS-2002) (Kapitel 3.1)

Software: Pasco Data Studio (Kapitel 6.1)

Der Zug fährt die Strecke zweimal ab, was sich in den Messwerten widerspiegelt. In Abbil- dung 57 wurden die Vertikal- und Horizontalkomponente dargestellt. Die blau hinterlegten Bereiche zeigen sich stark ähnelnde Verläufe der Beschleunigungswerte. Die Anfahrts- bzw. Abbremsphase lässt sich mit der Durchfahrt durch den Bahnhof zwischen Runde 1 und Runde 2 nicht vergleichen, da der Zug mit voller Geschwindigkeit durch die Haltestelle fährt.

13.1.2 Aufgaben

Aufgabe 13: Vergleiche verschiedene Schaubilder für Beschleunigungen und ordne sie den jewei- ligen Attraktionen zu. Lösung: Im Gegensatz zu den meisten Achterbahnen fährt der Alpenexpress die gleiche Strecke zweimal ab. Das Schaubild muss also zwei ähnliche Perioden aufzei- gen. Die Messung sollte daher sowohl von anderen Achterbahnfahrten und komplett periodischen Fahrten (Karussells, Schaukeln) unterschieden werden können.

Aufgabe 14: Berechne die Durchschnittsgeschwindigkeit der Fahrt. Lösung: Die Dauer der Fahrt liest man aus den Schaubildern ab (ca. 90 s), die Länge einer Runde wird mit etwa 250 m angegeben. Man berechnet eine Durch- 500 m km schnittsgeschwindigkeit von v = 90 s ≈ 20 h .

63[Europapark 2010], 5.

77 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN

Abbildung 57: Beschleunigungsmessung Alpenexpress „Enzian“ (Data Studio)

13.2 Euro-Mir

Die Wagen der Euro-Mir können sich um ihre laterale Achse drehen und werden per Spirallift auf eine Höhe von 28 m gebracht. Bei anfangs leicht abfallender Streckenführung umkreisen die rotierenden Wagen fünf verspiegelte Türme, bevor sie arretiert werden und die rasante Abfahrt beginnt.

Eröffnet 1997 theoretische Kapazität ca. 1600 Personen/h Passagiere pro Zug 16 Anzahl der Züge 9 Gesamtlänge der Strecke 984 m maximale Höhe 28,30 m Höchstgeschwindigkeit ca. 80 km/h Fahrzeit ca. 4,47 min

Tabelle 6: Technische Daten Euro-Mir64

64[Europapark 2010], 6.

78 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN

Abbildung 58: Euro-Mir

13.2.1 Messungen

Die Achterbahn wurde mit beiden Beschleunigungssensoren (siehe Kapitel 2) abgefah- ren. Mit den Geräten von Pasco und der zugehörigen Software kann der resultierende Beschleunigungsbetrag angezeigt werden (siehe Abbildung 59). Man kann einen Maximal- wert von etwa 4 g ablesen. Dieser Wert kann mit Hilfe diverser Internetseiten65 bestätigt werden. Anhand der Messwerte identifiziert man das Tal nach der ersten Abfahrt als den Ort maximaler Beschleunigung. Hier fühlt sich ein Passagier beinahe viermal so schwer wie

Abbildung 59: Resultierender Beschleunigungsbetrag bei der Euro-Mir (Data Studio)

65[Academic 2010], 5. oder [Marden 2010]

79 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN normal. Der Betrag der resultierenden Beschleunigung unterschreitet selten einen Wert von 0, 8 g, woraus man schließen kann, dass in dieser Achterbahn kaum Floating Airtime besteht. Floating Airtime bedeutet, der Passagier fühlt sich schwerelos.

Abbildung 60: Euro-Mir, Modell66

Wie oben bereits erwähnt, beginnt die Abfahrt um die fünf verspiegelten Türme auf et- wa 28 m Höhe erst gemächlich mit sogenannten Mauskurven. Solche Kurven sind speziell so konstruiert, dass sie als unkomfortabel empfunden werden67. Der entsprechende Teil der Strecke wurde in Abbildung 60 gekennzeichnet. Die zugehörige Lateralbeschleunigung wurde mit measure in Abbildung 61 dargestellt. In der rechten Hälfte dieses Schaubilds erkennt man eine Art Stufenverlauf der Lateralbeschleunigung. Grund hierfür ist die Kur- venführung um die letzten beiden Türme bevor die rasante Abfahrt beginnt: Zu diesem Zeitpunkt sind die Wagen bereits arretiert und der Einfluss der Rotation der Wagen auf die gemessenen Beschleunigungswerte verschwindet. Die vorletzte Kurve ist eine Rechts- kurve, die letzte eine Linkskurve. Da der Phywe-Sensor die Scheinkraft misst, welche der Passagier erfährt, und die Lateralbeschleunigungswerte in der vorletzten Kurve positiv, in der letzten Kurve negativ sind, kann man schließen, dass der Passagier vorwärts gefahren ist (Lateralachse zeigt nach links). In der linken Hälfte der Abbildung erkennt man eine Überlagerung des Stufenverlaufs von dem Rotationsanteil durch die Drehung der Wagen: Durchfährt der Wagen eine Kur- ve, so zeigt die Scheinkraft immer nach außen (Geschwindigkeit etwa konstant, deshalb Tangentialkomponente der Beschleunigung vernachlässigbar); aufgrund der Rotation der Wagen in dieser Kurve wird die Zentrifugalkraft jedoch abwechselnd in horizontaler und lateraler Richtung gemessen.

66erstellt mit Google Earth, bearbeitet mit Corel Painter 67mehr dazu in [Müller 2009], S.448-449

80 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN

Abbildung 61: Ausschnitt der lateralen Beschleunigung bei der Euro-Mir (measure)

Eine weitere Betrachtung der Messwerte erscheint als wenig sinnvoll, da die Beschleuni- gungen aufgrund der komplizierten Bahnkurve (schneller Wechel von Gefälle und Neigung) sehr chaotisch verlaufen.

13.2.2 Aufgaben

Aufgabe 15: Welchen Geschwindigkeitsbetrag müssten die Wagen nach der ersten Talfahrt aus 28 m Höhe erreichen? Reibungsverluste seien vernachlässigbar.

m 1 2 Lösung: Gleichsetzen der Gleichungen 16 und 17 ergibt 9, 81 s2 · 28 m = 2 · v . km Man erhält v ≈ 84, 4 h . Ein Vergleich mit Tabelle 6 bestätigt die Glaubwürdigkeit dieses Werts.

Aufgabe 16: Mit welchem Geschwindigkeitsbetrag fährt der Zug durch die letzte Kurve vor der Abfahrt? Auf welcher Höhe müsste sich die Kurve befinden, wenn man annimmt, dass die Fahrt auf einer Höhe von 28 m mit v = 0 beginnt? (Reibung vernachläs- sigbar) Lösung: Die letzte Kurve kann als Teil eines Kreises aufgefasst werden, welchen der Zug mit annähernd konstantem Geschwindigkeitsbetrag durchfährt. Aus Ab- bildung 61 kann bei t ≈ 240 s der Betrag der wirkenden Lateralbeschleunigung abgelesen werden. Der Durchmesser der Kreisbewegung kann mit Hilfe von Goo- gle Earth auf etwa 11 m abgeschätzt werden. Mit Gleichung 10 erhält man nach Umstellen den Geschwindigkeitsbetrag der Wagen in der letzten Kurve. Die Höhe dieser Kurve erhält man durch Gleichsetzen von kinetischer und potentieller Energie unter der Annahme der Erhaltung der mechanischen Energie.

81 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN

13.3 Blue Fire

Die Achterbahn Blue Fire ist ein sogenannter Launched Coaster.

„Als Launched Coaster (dt. Katapult-Achterbahn oder Abschuss-Achter- bahn) bezeichnet man eine Achterbahn, bei der der Zug nicht einen Hügel (Lifthill) hinaufbefördert wird, um dann durch Lageenergie zu beschleunigen, sondern auf einer ebenen geraden Strecke katapultartig beschleunigt wird.“68

Abbildung 62: Blue Fire

km Bei der Blue Fire wird für eine Beschleunigung von 0 auf 100 h in 2, 5 s (≈ 1 g) ein synchroner Linearmotor (LSM; Linear Synchron Motor) verwendet:

„Das Geheimnis verbirgt sich in den weißen Blöcken, die entlang der Ab- schussstrecke auf der Schiene montiert sind. In diesen sogenannten Statoren wird durch elektrische Energie ein wanderndes Magnetfeld erzeugt. Unter den Zügen sind Permanentmagnete montiert, die zwischen die Statoren eintau- chen. Der Permanentmagnet wandert nun mit dem in den Statoren erzeugten Magnetfeld synchron mit. Daher auch die Bezeichnung Synchron Motor. Die Funktionsweise ähnelt einem Elektromotor, nur das die Energie nicht in eine Rotations- sondern in eine lineare Bewegung umgewandelt wird. Die Geschwin- digkeit des Zuges kann direkt mit der Frequenz des elektrischen Stromes, also mit der Wandergeschwindigkeit des Magnetfeld[s] in den Statoren kontrolliert werden. Was hier einfach klingt, ist in der Installation vor Ort sehr aufwändig und benötigt eine große Menge Energie. Jeder Zug bringt schließlich stolze zehn Tonnen Gewicht auf die Waage, welches in Bewegung gesetzt werden

68[Academic 2010], 6.

82 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN

muss. Ein Vorteil ist, dass das System kontaktlos funktioniert und kaum ei- nem Verschleiß unterworfen ist. Auch auf der Blockbremse nach dem Looping wurden statt herkömmlichen Bremsen Statoren eingesetzt, die den Zug bei Bedarf abbremsen und wieder beschleunigen können. In der Schlussbremse vor dem Bahnhof werden wiederum die Permanentmagnete unter den Zügen genutzt, die zwischen zwei Metallschwerter eintauchen[,] woraufhin ein Wir- belstromfeld entsteht, welches den Zug nahezu bis zum Stillstand abbremst. Stromlos, kontaktlos, selbst regelnd und ausfallsicher.“69

Eröffnet 2009 theoretische Kapazität ca. 1720 Personen/h Passagiere pro Zug 20 Anzahl der Züge 5 Gesamtlänge der Strecke 1056 m maximale Höhe 38 m Höchstgeschwindigkeit ca. 110 km/h Fahrzeit ca. 3,3 min maximale Beschleunigung ca. 3,8 g Masse pro Zug ca 10 t (voll besetzt)

Tabelle 7: Technische Daten Blue Fire70

Abbildung 63: Blue Fire, Vogelperspektive71

69[Lifthill 2010] 70[Europapark 2010], 7. und [Academic 2010], 7. 71erstellt mit Google Earth, bearbeitet mit Paint

83 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN

Die Strecke wurde in Abbildung 63 gekennzeichnet, um bei den Messungen auf die jeweilige Position der Züge eingehen zu können. Um den Zusammenhang der Messwerte mit der Position der Achterbahn aufzeigen zu können, wurden mit Hilfe von Videos72 die Zeiten für Tabelle 8 bestimmt.

Punkt Zeit (in s) Streckenabschnitt 1 0 Bahnhof, Einstieg in die Züge 2 6 erste Linkskurve im Gebäude 3 14 zweite Linkskurve im Gebäude 4 37 Beginn der Beschleunigung nach einem kurzen Countdown 5 42 Ende der Geraden, Beginn der Auffahrt zum ersten Hügel 6 45 höchster Punkt der Bahn, Beginn der Abfahrt zum Looping 7 50 tiefster Punkt der Bahn, kurz vor Einfahrt in den Looping 8 53 höchster Punkt des Loopings auf 32 m 9 56 Ausfahrt aus dem Looping, Beginn einer langen Rechtskurve 10 61 Auffahrt zur Blockbremse 11 65 Abfahrt nach der Blockbremse zur ersten Schraube 12 70 Scheitelpunkt der ersten Schraube 13 73 Steilkurve zwischen erster und zweiter Schraube 14 75 Scheitelpunkt der zweiten Schraube 15 81 Hump durch den Looping 16 88 Beginn der Heartlinerolle 17 93 Ausfahrt aus der Heartlinerolle, letzte Steilkurve 18 97 Beginn der Bremsstrecke 19 116 Einfahrt in den Bahnhof

Tabelle 8: Fahrt mit der Blue Fire

13.3.1 Messungen

Die Attraktion wurde insgesamt viermal gefahren, je zweimal in den vorderen und zweimal in den hinteren Reihen. Neben den Beschleunigungssensoren wurden auch die GPS-Geräte verwendet, diese haben jedoch während der kurzen Fahrt und aufgrund des Starts der Achterbahn innerhalb eines Gebäudes keine Verbindung zu Satelliten herstellen können. Die Beschleunigungsmessung soll hier nur für die Messung mit dem Phywe-Sensor in der vorderen Reihe des Zuges analysiert werden. Die Auswertung der anderen Messungen wären analog durchzuführen. Ein Vergleich zwischen den Fahrten in der ersten bzw. letzten Reihe wird beispielhaft bei der Videoanalyse des Loopings gezogen. Die Unterschiede der Beschleunigungswerte werden in Aufgabe 24 angesprochen.

72[E-Coasters 2010], 1. oder 2.

84 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN

Es wurden drei Phasen der Fahrt mit Kameras aufgenommen und Videoanalysen durch- geführt: Die Beschleunigung zu Beginn der Fahrt konnte leider erst nach Verlassen des Gebäudes gefilmt werden. Weiterhin wurden die Durchfahrt des Loopings und die Fahrt über die Blockbremse aufgenommen.

Beschleunigungsmessungen

Anhand der Messwerte einer Fahrt im vorderen Teil des Zuges sollen die auftretenden Be- schleunigungen mit der Position des Zuges erklärt werden. Hierzu wurden in Abbildung 64 Markierungen eingefügt, welche sich auf die Nummern in Abbildung 63 bzw. Tabelle 8 beziehen. Die Erklärungen für die markanten Punkte der Fahrt sind in Tabelle 9 aufge- führt.

Punkt Erklärung der Beschleunigungswerte zwischen 1 und 2 Lateralbeschleunigung aufgrund der Linkskurve zwischen 2 und 3 Lateralbeschleunigung aufgrund der Linkskurve 4 horizontale Beschleunigung von etwa 1 g durch den Linearmo- tor 5 Beginn der Auffahrt zum ersten Hügel, Passagier fühlt sich kurz schwerer (Ausschlag der vertikalen Komponente) 6 Bahn stark geneigt, kaum noch vertikale Beschleunigung 7 Passagier wird aufgrund der Addition von Schwerkraft und Trägheitskraft in den Sitz gedrückt (Ausschlag der vertikalen Komponente) 8 Bahn steht auf dem Kopf, Schwerkraft und Trägheitskraft ent- gegengesetzt (vertikaler Beschleunigungsbetrag wird lokal mi- nimal) 10 und 11 Airtime vor und nach dem Durchfahren der Blockbremse, kurz- zeitig geradlinige Bewegung 12 und 14 Bahn steht auf dem Kopf, wieder kurze Airtime aufgrund der Schrauben 15 Airtime beim Hump durch den Looping (Schwerkraft und Träg- heitskraft entgegengesetzt) zwischen 16 und 17 Während der Heartlinerolle werden Passagiere nur durch Bügel in den Sitzen gehalten (maximaler Ausschlag der vertikalen Komponente in positive Richtung) 18 Vollbremsung (maximaler Ausschlag der horizontalen Kompo- nente in negative Richtung)

Tabelle 9: Erklärung der Beschleunigungen einer Fahrt mit der Blue Fire

85 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN

Abbildung 64: Beschleunigungswerte der Blue Fire (measure)

Videoanalysen

Die Beschleunigungsstrecke (zwischen Punkt 4 und 5 in Abbildung 63) wurde aus zwei verschiedenen Perspektiven aufgenommen, wobei in beiden Fällen die vertikale Achse vernachlässigt werden kann.

Abbildung 65: Beschleunigungsstrecke der Blue Fire (schräg) ohne Perspektivenkorrek- tur (measure dynamics)

Es soll zuerst ein Videoclip betrachtet werden, der nahe an der Strecke gedreht wur- de. Analysiert man den Clip ohne Perspektivenkorrektur erhält man Schaubilder wie in Abbildung 65. Hier erkennt man, dass die Ortsdifferenz zwischen dem vorderen und dem hinteren Ende des Zuges nicht immer gleich ist. Weiterhin scheint das hintere Ende des

86 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN

Abbildung 66: Beschleunigungsstrecke der Blue Fire (schräg) mit Perspektivenkorrek- tur (Coach6)

Zuges zu jedem Zeitpunkt schneller als das vordere zu sein. Dies kann natürlich nicht sein, da der Zug eine konstante Länge besitzt. Damit ist die Schnelligkeit zu einem festen Zeit- punkt für jeden Teil des Zuges gleich. Aufgrund der immer größer werdenden Entfernung des Zuges von der Kamera interpretiert das Videoanalyseprogramm measure dynamics die Bewegung des Zuges als Abbremsen. Man erkennt ein Abfallen der Geschwindig- keitskomponente, was einer Beschleunigung entgegen der Bewegungsrichtung entspricht. Tatsächlich wird der Zug auf dieser Geraden jedoch immer schneller. Ein Versuch, den Perspektiveneffekt zu korrigieren, gelingt nur teilweise mit dem Videoanalyseprogramm Coach6. In Abbildung 66 erkennt man die extreme Bildverzerrung durch Perspektiven- korrektur. Man erkennt einen etwa linearen Verlauf der Position des Zuges. Die Geschwin- digkeit ist damit näherungsweise konstant und die Bahnbeschleunigung ungefähr Null. Die Schwankungen der Werte lassen sich hier durch die Unsicherheiten beim Markieren des Objektes und die eventuell nicht korrekte Perspektivenkorrektur erklären. Beispielsweise ergeben sich für eine andere Perspektivenkorrektur eine abfallende Geschwindigkeit und damit eine Beschleunigung entgegen der Bewegungsrichtung (siehe Abbildung 67). Es ist

Abbildung 67: Beschleunigungsstrecke der Blue Fire (schräg) mit falscher Perspekti- venkorrektur (Coach6)

87 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN anzumerken, dass die Perspektivenkorrektur bei dem vorliegenden Videoclip sehr schwer korrekt durchzuführen ist. Die extrem schräge Lage zur Bewegung konnte jedoch leider nicht umgangen werden und dient damit als Warnung für zukünftige Durchführungen: Nach Möglichkeit sollte die Bewegung immer aus einiger Entfernung gefilmt werden.

Abbildung 68: Beschleunigungsstrecke der Blue Fire aus einiger Entfernung (measure dynamics)

Die Beschleunigung wurde ein zweites Mal aus größerer Entfernung und etwa orthogonal zur Bewegung aufgenommen. Hierbei trat das Problem auf, dass nur eingeschränkte Sicht auf das Objekt möglich war. In einigen frames des Videoclips ist das Objekt nicht im Sichtfeld, was unproblematisch ist, solange die Zeiträume klein genug bleiben (Beispiel für längere Zeiträume ohne Information zur Bewegung bei der Achterbahn Silver Star). In Abbildung 68 erkennt man das Fehlen der Messpunkte, wenn die Objekte hinter einem Felsen verschwinden. Aus dem Schaubild lassen sich trotzdem interessante Schlüsse ziehen:

1. xvorne(t)−xhinten(t) bleibt für alle Zeitpunkte t konstant. Das bedeutet, der Abstand zwischen der ersten und letzten Reihe bleibt erwartungsgemäß immer gleich.

2. Da der Abstand der beiden Objekte (erste und letzte Reihe) konstant bleibt, muss die Geschwindigkeit beider zu jedem Zeitpunkt gleich sein. Dies kann aus dem mitt- leren Teil des Schaubildes abgelesen werden (kleinere Abweichungen aufgrund von Ungenauigkeiten beim Markieren der Objekte).

88 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN

3. Da die Geschwindigkeit beider Objekte zu einem festen Zeitpunkt gleich ist, können

die beiden Kurven für vx zusammen betrachtet werden: Man erkennt ein Ansteigen m km m km der Geschwindigkeit des Zuges von etwa 19 s ≈ 68 h auf 25 s = 90 h in einem Zeitraum von rund 1, 6 s. Dies ergibt eine durchschnittliche Beschleunigung 6 m m von 1,6 s2 ≈ 4 s2 < 0, 5 g. Aus Abbildung 64 kann nach Linie 4 ein Abfallen der horizontalen Beschleunigung von 1 g auf 0, 5 g abgelesen werden. Der berechnete Wert liegt deutlich unter dem erwarteten. Dies kann unter anderem mit Ablese- Ungenauigkeiten sowie den üblichen Fehlerfaktoren von Videoanalysen begründet werden: Fehler beim Markieren der Objekte, möglicherweise ungenaue Skalierung. Letzteres ist bei dieser Auswertung besonders wahrscheinlich, da die Länge des Zuges nicht exakt bekannt war.

Der Looping (um Punkt 8 in Abbildung 63) wurde ohne perspektivische Verzerrung ge- filmt. Als Objekte wurden die Spitze des Zuges (vorne unten, blau), der Fahrgast in der ersten Reihe (vorne oben, grün) sowie der Fahrgast in der letzten Reihe (hinten oben, rot) gewählt. Die Geschwindigkeiten sind in Abbildung 69 aufgetragen.

Abbildung 69: Geschwindigkeitskomponenten und -beträge im Looping der Blue Fire (measure dynamics)

89 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN

Im rechten Schaubild erkennt man, dass der Geschwindigkeitsbetrag beim Einfahren in den Looping abnimmt (kinetische Energie wird in potentielle Energie umgewandelt). Das Minimum der Geschwindigkeit wird erreicht, wenn der Zug den obersten Punkt des Loopings passiert (maximale potentielle Energie). Danach wird die potentielle Energie wieder in kinetische umgewandelt, der Zug wird schneller. Die blaue Linie liegt dauerhaft über den anderen beiden, da das mit blau markierte Objekt am unteren Ende des Zuges zu finden ist. Es beschreibt damit eine Klothoidenbahn mit größeren Radien als die beiden anderen Punkte. Analog zur Kreisbahn ist die Bahngeschwindigkeit bei größeren Radien größer (v = ωr), da die Winkelgeschwindigkeit für alle Objekte gleich ist. Betrachtet man die Kurven für v_y in den linken Schaubildern, so sieht man einen leichten Knick an den jeweiligen Nulldurchgängen. Die Nulldurchgänge stehen für das Passieren des oberen Umkehrpunkts des Loopings. Für das Objekt hinten folgt aus der Kurve ein langsameres Einfahren in den Looping und ein schnelleres Herausfahren (flacher Verlauf vor dem Nulldurchgang, steiler Verlauf danach). Ein Punkt am vorderen Ende des Zuges hingegen fährt schneller in den Looping hinein, langsamer wieder heraus (steiler Verlauf vor dem Nulldurchgang, flacher Verlauf danach). Analog kann man für die x- Komponenten argumentieren, bei denen die Nulldurchgänge gerade das Passieren des linken und des rechten Umkehrpunktes darstellen. In Abbildung 70 wurden für alle drei Objekte Geschwindigkeits- und Beschleunigungs- vektoren beim Durchfahren des Loopings eingezeichnet. Man kann erkennen, dass die Geschwindigkeit immer tangential zeigt, die Beschleunigung jedoch nicht immer radial. Zu dem radialen Anteil der Beschleunigung addiert sich beim Einfahren in den Looping ein Tangentialanteil, der dem Geschwindigkeitsvektor entgegen zeigt, bei der Ausfahrt aus dem Looping zeigt die Tangentialkomponente in Bewegungsrichtung. Das kann man am Winkel zwischen den Geschwindigkeits- und Beschleunigungsvektoren erkennen: In der ersten Hälfte der Bilder ist der Winkel stumpf, nach Passieren des Scheitelpunkts des Loopings ist der Winkel spitz. Dies ist auf das Umwandeln von kinetischer Energie in potentielle Energie (und umgekehrt, siehe oben) und der damit verbundenen Änderung des Geschwindigkeitsbetrags zurückzuführen. Die Videoanalyse mit Coach6 liefert die gleichen Ergebnisse. Es lassen sich jedoch keine Vektoren im Video anzeigen, weshalb hier nur auf die Analyse mit measure dynamics eingegangen wurde. In den Videoclips fällt die Klothoidenform des Loopings auf. Hierbei kann darauf ein- gegangen werden, dass kreisförmige Loopings aufgrund der Unstetigkeit des Beschleuni- gungsbetrages gesundheitsschädlich sind73.

73mehr dazu in [Müller 2009], S. 432-433 bzw. 437-448

90 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN

Abbildung 70: Geschwindigkeits- und Beschleunigungsvektoren im Looping der Blue Fi- re (measure dynamics)

Die Blockbremse (zwischen Punkt 10 und 11 in Abbildung 63) kontrolliert das Tempo der Bahn nach dem Looping. Die Bewegung verläuft hier ein paar Sekunden lang linear, sodass die y-Komponente bei der Videoanalyse wieder vernachlässigt werden konnte. Es ist zu beachten, dass im Video die x-Achse nach rechts zeigt, die Bahn jedoch von rechts nach links fährt. Mit Hilfe der Videoanalyseprogramme lässt sich das Koordinatensystem zwar drehen, jedoch wurde darauf verzichtet, da die Schüler damit lernen können, mit negativen Geschwindigkeitswerten umzugehen. m In Abbildung 71 erkennt man das Abbremsen des Zuges auf etwa 7 s , sowie das erneu- te Beschleunigen durch die Abfahrt zur ersten Schraube. Im linken Teil der Abbildung wurde der Geschwindigkeitsbetrag mit Coach6 aufgetragen, im rechten Teil dagegen die x-Komponente mit measure dynamics. Dies erklärt den umgekehrten Verlauf der

91 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN

Abbildung 71: Geschwindigkeitsbetrag bzw. vertikale Geschwindigkeitskomponente bei der Blockbremse der Blue Fire (Coach6 bzw. measure dynamics)

Schaubilder. Die zwei Kurven im rechten Bild entstehen durch die Analyse beider Enden des Zuges. Aufgrund der konstanten Zuglänge dürfen die beiden Kurven zusammengefasst werden (analog zur Videoanalyse der Beschleunigungsstrecke).

13.3.2 Aufgaben

Aufgabe 17: Welche mittlere Leistung wird beim Beschleunigen der Züge aufgebracht? Welcher Strom müsste fließen, wenn man einer Steckdose in der gleichen Zeit dieselbe Ener- gie entnehmen möchte? Wie lange könnte eine Glühbirne (P = 60 W ) oder eine Energiesparlampe (P = 12 W ) brennen, bis die gleiche elektrische Arbeit verrichtet wurde? Lösung: Die Leistung ist der Quotient aus Arbeit und Zeit. Die kinetische Energie der Züge nach dem Beschleunigen hat den gleichen Wert wie die benötigte Arbeit, man muss also die Masse der Züge (10 t, siehe oben) und das Tempo am Ende der km Beschleunigungsstrecke (100 h , siehe oben) kennen. Der Zeitraum beträgt 2, 5 s (siehe oben). Die elektrische Energie ist nach Gleichung 18 das Produkt aus Span- nung, Stromstärke und Zeit. Der Wert der Energie ist gleich dem der kinetischen Energie der Züge, die Zeit ist die Beschleunigungszeit und für die Spannung einer Steckdose gilt U = 230 V . Die Brenndauer der Lampen folgt ebenfalls aus Glei- chung 18. Alternativ kann nach der Anzahl von Glühbirnen bzw. Energiesparlampen gefragt werden, die in 2, 5 s dieselbe elektrische Arbeit verrichten.

Aufgabe 18: Wie groß ist die mittlere Beschleunigung beim Katapultstart? Vergleiche den be- rechneten Wert mit den Werten aus den Messungen.

92 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN

Lösung: Die Beschleunigung kann entweder mit den vom Hersteller angegebenen Werten oder per Videoanalyse berechnet werden. Die Angaben vom Hersteller sind dabei die sicherere Variante.

Aufgabe 19: km Die Achterbahn erreicht eine Geschwindigkeit von v0 = 100 h und fährt danach reibungsfrei auf eine Höhe von h = 38 m. Wie schnell ist sie an diesem Punkt?

m 2 m 2 Lösung: Mit Hilfe der Energieerhaltung gilt 2 v0 = mgh + 2 v1. Für den Geschwin- q 2 km digkeitsbetrag im höchsten Punkt der Bahn erhält man v1 = v0 − 2gh ≈ 18 h . Aufgabe 20: Der höchste Punkt des Loopings erreicht eine Höhe h = 32 m. Wie schnell ist die Achterbahn in diesem Punkt? Reibungsverluste seien vernachlässigbar. Vergleiche den berechneten Wert mit dem Wert aus den Videoanalysen.

m Lösung: Analog zu Aufgabe 19 erhält man v1 ≈ 12 s . Dieser Wert ist viel grö- m ßer als der aus den Videoanalysen bestimmte (ca. 8 s ). Dies kann man teilweise mit Reibungsverlusten begründen. Achterbahnen werden aber so konstruiert, dass die Reibung minimiert wird. Weitere Fehlerquellen sind bei der Durchführung der Videoanalysen zu suchen.

13.4 Silver Star

Beim Silver Star fiel die Auswertung der Messungen gegenüber den anderen Achter- bahnen wesentlich leichter. Dies fällt vor allem bei den Beschleunigungsmessungen auf und ist auf die Bahn zurückzuführen (siehe unten).

Abbildung 72: Silver Star74

74[Academic 2010], 8.

93 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN

Eröffnet 2002 theoretische Kapazität ca. 1620 Personen/h Passagiere pro Zug 36 Anzahl der Züge 3 Gesamtlänge der Strecke 1620 m maximale Höhe 73 m Abfahrt (First Drop) 67 m Höchstgeschwindigkeit ca. 130 km/h Fahrzeit ca. 3 min maximale Beschleunigung ca. 4 g maximales Gefälle 68,5◦

Tabelle 10: Technische Daten Silver Star75

Zur Veranschaulichung der Bahnkurve wurde ein dreidimensionales Modell der Achter- bahn (mit kleinen Fehlern) aus Google Earth herauskopiert, die Bahn nachgezeichnet und durchnummeriert (siehe Abbildung 73). Die entsprechenden Markierungen in den Schaubildern wurden mit Hilfe von Videoclips76 eingefügt.

Abbildung 73: Modell der Silver Star-Bahnkurve77

75[Europapark 2010], 8. und [Academic 2010], 9. 76[E-Coasters 2010], 3. oder 4. 77erstellt mit Google Earth, bearbeitet mit Corel Painter

94 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN

Zu dem Modell der Achterbahn ist noch folgendes anzumerken:

• Das Tal zwischen Punkt 3 und 4 ist weniger langgestreckt.

• Der Hügel bei Punkt 4 ist parabelförmig.

• Die Kurven bei Punkt 6 und 9 sind Steilkurven.

• Bei Punkt 8 ist eine Blockbremse, der Schienenverlauf ist einige Meter lang gerade (keine Steigungsänderung).

• Die Steilkurve bei Punkt 9 geht aufwärts, zwischen Punkt 10 und 11 fährt der Zug in ein zusätzliches Tal.

• Bei Punkt 12 sind zwei gegensätzliche Verkippungen aneinander gereiht.

13.4.1 Messungen

Die Attraktion wurde insgesamt viermal gefahren, je zweimal in den vorderen und zweimal in den hinteren Reihen. Neben den Beschleunigungssensoren wurden auch die GPS-Geräte verwendet, jedoch ist die einzige verwertbare GPS-Messung stark fehlerbehaftet. Weiter- hin wurden für die Hügel Videoanalysen durchgeführt.

GPS-Messung Garmin

Der GPS-Sensor von Pasco lieferte bei der Messung keine Daten. Die Messung mit dem Foretrex 101 von Garmin wurde mit Hilfe eines Tabellenkalkulationsprogramms aus- gewertet. Die Ergebnisse sind in Abbildung 74 zu sehen. Links wurde ein Höhenprofil (Höhe über Strecke) erstellt, rechts die Koordinaten übereinander aufgetragen (Fahrt aus der Vogelperspektive). Die Achsen wurden nicht skaliert, da beide Schaubilder stark feh-

Abbildung 74: GPS-Messung Silver Star

95 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN lerbehaftet sind, was auf eine schlechte Satellitenverbindung und die schnelle Bewegung zurückzuführen ist. Die GPS-Messung ist daher nicht für den Unterricht geeignet. Auf eine weitere Untersuchung wird deshalb verzichtet.

Beschleunigungsmessungen

Anhand der Messwerte einer Fahrt im vorderen Teil des Zuges sollen die auftretenden Beschleunigungen mit der Position des Zuges erklärt werden. Hierzu wurden in den Abbil- dungen 75 und 76 Markierungen eingefügt, welche sich auf die Nummern in Abbildung 73 beziehen.

Abbildung 75: Beschleunigungskomponenten Silver Star (measure)

In Abbildung 75 kann man die einzelnen Komponenten der wirkenden Beschleunigung sehen. Betrachtet man die Lateralkomponente, so bemerkt man nur wenige Ausschläge. Die Achterbahn hat kaum Stellen, an welchen die Bahn seitlich verkippt ist und verläuft auch meistens gerade. Die einzelnen Peaks der Lateralkomponente können folgendermaßen erklärt werden:

• Vor der Auffahrt zu Punkt 4 macht die Bahn eine leichte Linkskurve (großer Radius). Die Bahn kippt auch nach links. Durch die Kreisbewegung registriert der Sensor eine die Zentrifugalbeschleunigung in negativer y-Richtung (nach rechts), die Verkippung der Bahn sorgt dagegen für einen Ausschlag in positiver y-Richtung (Anteil der Erdbeschleunigung in y-Richtung).

96 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN

• Der Peak bei Linie 6 entsteht wegen der Steilkurve. Die Bahn kippt wieder nach links, die Erdbeschleunigung sorgt für einen Ausschlag in positiver y-Richtung. Da der Zug jedoch gleichzeitig eine Linkskurve (kleiner Radius) durchfährt, überwiegt die vom Sensor in negativer y-Richtung registrierte Zentrifugalbeschleunigung.

• Dieselbe Argumentation gilt für die Ausschläge bei Linie 12 (Rechts-Links-Kombi- nation).

Abbildung 76: Resultierender Beschleunigungsbetrag Silver Star (Data Studio)

Abbildung 76 zeigt den resultierenden Beschleunigungsbetrag während der Fahrt. An- hand dieses Schaubildes kann man eine Behauptung überprüfen: „Erlebt der Fahrgast über 20 Sekunden −0, 2 g“78? Diese Zeit nennt man auch Airtime. Sie bezeichnet Zeiträu- me, in denen der Passagier einer Achterbahn sich schwerelos fühlt oder nur von den Sicherheitsbügeln im Zug gehalten wird. Dies wird mit parabelförmigen Hügeln erreicht. Die Wagen der Achterbahn müssen beim Überfahren eines solchen Hügels ein bestimmtes Tempo haben damit der Eindruck der Schwerelosigkeit einsetzt79.

78[Academic 2010], 9. 79mehr dazu in [Müller 2009], S. 436-437

97 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN

Betrachtet man den Beschleunigungsbetrag, so gibt es natürlich keine negativen Werte. Es werden jedoch Zeiträume gesucht, zu denen die Beschleunigung möglichst gering ist. Dies ist nicht nur beim Passieren eines Hügels der Fall, sondern auch beim First Drop (erste Talfahrt). Addiert man nun die Zeiten, in denen die resultierende Beschleunigung kleiner als 0, 4 g beträgt, so erhält man rund 20 Sekunden. Die Grenze von 0, 4 g liegt höher als 0, 2 g und wurde gewählt, da ein Rauschen der Werte in allen Komponenten den Beschleunigungsbetrag bei kleinen Werten stark beeinflusst. Im Rahmen dieser Einflüs- se und unter Berücksichtigung der Messfehler kann die obige Behauptung als bestätigt angesehen werden. Eine weitere Behauptung ist das Erreichen einer Beschleunigung von maximal 4 g. Be- trachtet man die resultierende Beschleunigung in Abbildung 76, so erkennt man maximale Beschleunigungsbeträge zu den Zeitpunkten, in denen der Zug gerade die Täler der Bahn passiert. Hier addieren sich Erdbeschleunigung und Zentrifugalbeschleunigung zu maxi- malen Werten. Im Tal nach dem First Drop ist die Geschwindigkeit des Zuges und damit die Zentrifugalbeschleunigung maximal. In Abbildung 76 kann man einen Wert von etwa 3, 6 g ablesen. Per Runden des Wertes wird die Behauptung bestätigt.

Videoanalysen

Es wurden Videoanalysen mit measure dynamics (First Drop, Hügel 2 und 3, Hügel 5 und 6) und mit Coach6 (Hügel 2 und 3) durchgeführt. Die Auswertung wird nur für den First Drop und die Hügel 2 und 3 durchgeführt. Diese Nummern beziehen sich auf die Dateinamen (siehe Anhang). Im Zusammenhang mit den Markierungen in Abbildung 73 ist der First Drop bei Punkt 3, die Hügel 2 und 3 bzw. 5 und 6 sind mit den Punkten 4 und 5 bzw. 7 und 8 gekennzeichnet.

Abbildung 77: Geschwindigkeit und Beschleunigung beim First Drop des Silver Stars (measure dynamics)

98 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN

Für den First Drop wurden zwei Objekte analysiert. Gewählt wurden die beiden Enden des Zuges, um eine maximale Anzahl von frames auswerten zu können. Aus der konstanten Länge des Zuges folgt, dass die Geschwindigkeiten beider Objekte zum selben Zeitpunkt gleich sein müssen. Somit lassen sich die Graphen jeweils verlängern. In Abbildung 77 kann man erkennen, dass der Zug mit konstanter Geschwindigkeit über den Lifthill gezogen wird. Die potentielle Energie wird in kinetische Energie umgewandelt und der Zug erreicht m km eine Geschwindigkeit von knapp 40 s = 144 h . Dieser Wert ist größer als vom Hersteller m angegeben, und auch die Beschleunigung erreicht zu große Werte (ca. 12 s2 ). Daraus kann man schließen, dass die Skalierung fehlerhaft ist (Länge eines Zuges wurde nur abgeschätzt). Eine weitere Fehlerquelle sind die Ungenauigkeiten beim Markieren der Objekte: Bei dieser Videoanalyse war die Qualität des Clips nicht ausreichend, um den Zug gegenüber dem gleichfarbigen Hintergrund genau abgrenzen zu können. Auf diese Dinge muss bei einer eigenen Durchführung geachtet werden. Die Fahrt über die Hügel 2 und 3 wird in Abbildung 78 veranschaulicht. Auch hier wurden zwei Objekte (Enden des Zuges) gewählt. Mit measure dynamics wurden y- Koordinaten und Geschwindigkeitsbeträge der Objekte dargestellt. Man kann erkennen, dass der Betrag der Geschwindigkeit des Zuges beim Überfahren einer Hügelkuppe mini- mal ist. Das Passieren eines Tals und die damit verbundenen Maxima der Geschwindig- keitsbeträge können aufgrund von Sichthindernissen nicht dargestellt werden. Bei mea- sure dynamics fällt der Graph an diesen Stellen auf Null. Das Videoanalyseprogramm Coach6 dagegen verbindet die Punkte vor und nach dem Informationsabriss linear.

Abbildung 78: Ort und Geschwindigkeit bei Hügel 2 und 3 des Silver Stars (measure dynamics und Coach6)

99 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN

In Abbildung 79 sind die Größen vektoriell dargestellt. Die Geschwindigkeit zeigt im- mer tangential. Bei den Beschleunigungsvektoren zeigt der Tangentialteil je nach Position des Zuges in die gleiche (Bewegung bergab) oder in die entgegengesetzte (Bewegung berg- auf) Richtung. Die Radialbeschleunigung zeigt nach oben, wenn der Zug durch ein Tal fährt, bzw. nach unten beim Überfahren eines Hügels. Sie ist betragsmäßig lokal am größ- ten, wenn der Zug eine Hügelkuppe oder eine Talsohle passiert, und gleich Null in den Wendepunkten der Bahn. Die Hügel weichen geringfügig von einer exakten Parabelform ab, um die oben bereits angesprochene Airtime zu erreichen. Hierbei spricht man von Floating Airtime, bei der „eher leichte Kräfte um die 0 g-Grenze“80 auftreten. Wären die Hügel flacher (bei glei- cher Fahrtgeschwindigkeit), so würde die Schwerkraft die Trägheitskraft überwiegen. Die Fahrgäste fühlten sich zwar leichter, würden jedoch keine Schwerelosigkeit empfinden. Bei engeren Parabelformen der Hügel verspürte man hingegen bei gleicher Bahngeschwindig- keit größere negative Kräfte (negativ bedeutet hier, die Kraft zeigt himmelwärts). Man spricht dann von Ejecting Airtime, bei der die Trägheitskräfte den „Mitfahrer ein kurzes Stück aus dem Sitz katapultieren[,] bis er vom Rückhaltebügel gehalten wird.“81

Abbildung 79: Geschwindigkeits- und Beschleunigungsvektoren bei Hügel 2 und 3, Silver Star (measure dynamics)

80[Academic 2010], 10. 81[Academic 2010], 10.

100 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN

Das Auftreten von Floating Airtime hängt im Wesentlichen aus dem richtigen Verhält- nis von horizontaler Geschwindigkeit und Parabelform ab. Beispielsweise ist die Form eines Parabelflugs im Vergleich zur Bahn des Silver Stars viel flacher, die auftretenden Kräfte jedoch ähnlich groß. Dies ist auf die größere Geschwindigkeit des Flugzeuges beim Parabelflug zurückzuführen.

13.4.2 Aufgaben

Aufgabe 21: „Berühmt ist der Silver Star für seine langen Airtimes: Werbebroschüren sprechen von bis zu 4 s. Überlege, ob das Werbeversprechen eingehalten werden kann. Gehe dabei auf die spezielle Architektur der Achterbahn ein. Beschreibe, wie ein Passagier Airtimes erlebt.“82 Lösung: Die Dauer der Airtime wurde oben schon überprüft. Hier bezieht man sich lediglich auf die einzelnen Airtime-Intervalle. Auch die spezielle Architektur wur- de oben bereits erwähnt und erläutert (Parabelform der Hügel). Das Erlebnis wird damit beschrieben, „dass man während der Airtime schwebt oder sogar abhebt“83. An dieser Stelle kann auch der Unterschied von Floating und Ejecting Airtime an- gesprochen werden.

Aufgabe 22: Beim Wurf zeigt die Beschleunigung immer senkrecht nach unten, der geworfene Körper vollführt eine parabelförmige Bewegung. Die Kurven der Achterbahn sind ebenfalls parabelförmig. Warum zeigt die resultierende Beschleunigung hier nicht immer nach unten? Lösung: Die Achterbahn vollführt nur beim Überfahren der Hügel eine (annähernd) parabelförmige Bewegung. Je größer die Entfernung zu einer Hügelkuppe, desto größer ist die Abweichung der Bahn von einer Parabelform. Die Schienen üben also eine Zwangskraft auf die Züge und deren Insassen aus. Ohne diese Zwangskraft würde nur die Gewichtskraft nach unten wirken, mit der Zwangskraft werden die Züge in Richtung der Resultierenden beschleunigt. Analog kann man argumentieren, dass die horizontale Geschwindigkeit beim Wurf konstant ist. In der Achterbahn ist dies nicht der Fall (wieder aufgrund der Zwangskraft, welche von den Schienen vorgegebenen wird). Es muss also eine horizontale Komponente der Beschleunigung existieren.

82[Fösel u. a. 2008], S. 185 83[Academic 2010], 10.

101 V. PRAXIS 13 KOMPLEXE BEWEGUNGEN

Aufgabe 23: „Warum ist das Höhenprofil nur eingeschränkt aussagekräftig, wenn es um die Be- lastung der Passagiere geht?“84 Lösung: Das Höhenprofil ist nicht dreidimensional. Kurven und Verkippungen der Bahn werden somit völlig ignoriert. Dabei ist gerade die laterale Beschleunigungs- komponente für das Wohlbefinden der Passagiere ausschlaggebend. Aufgrund des empfindlichen Nackenbereichs dürfen die Beschleunigungsgrenzwerte in dieser Rich- tung nicht überschritten werden85. Außerdem zeigt das Höhenprofil nicht an, mit welchem Tempo sich der Zug bewegt.

Aufgabe 24: „Wo ist eigentlich der beste Platz in den Achterbahnwagen? Vergleiche dazu die Dynamik, die Passagiere in der ersten und in der letzten Reihe bei der Fahrt über einen Hat erfahren.“86 Lösung: Einen besten Platz gibt es in einem Achterbahnwagen nicht. Dies ist eine subjektive Entscheidung. Jedoch gibt es starke messbare Einflüsse der Position des Passagiers im Zug auf die gefühlten Beschleunigungen. Während ein Fahrgast in der ersten Reihe in Tälern größere positive Kräfte verspürt (sich schwerer fühlt), kann sich ein Passagier in der letzten Reihe über größere negative Kräfte und über eine geringfügig längere Airtime freuen. Grund hierfür ist die Länge des Zuges und die damit verbundene Position des Fahrgasts vor oder hinter dem Schwerpunkt: Befindet sich die erste Reihe in der Talsohle, so sorgt der Rest des Zuges noch für eine tangentiale Beschleunigung, befindet sich dagegen die letzte Reihe in der Talsohle, so bewirkt der vordere Teil des Zuges bereits ein Abbremsen (bei den Hats genau umgekehrt). Deshalb die die Trägheitskraft betragsmäßig in der Talsohle für die erste Reihe größer als für die letzte (bzw. bei den Hats umgekehrt)87.

84[Fösel u. a. 2008], S. 185 85mehr dazu in [Heintz 2008], S. 22-24 86[Fösel u. a. 2008], S. 185 87mehr dazu in [Müller 2009], S. 450-452

102 Teil VI Schlusswort

Als Fazit dieser Arbeit ist zu sagen, dass selbst einfach wirkende Bewegungen einen kom- plizierten physikalischen Hintergrund haben können. Die Mechanik im Freizeitpark zu verstehen erfordert sehr viel Zeitaufwand, welcher in der Schule oft nicht verfügbar ist. Häufig muss auf eine detaillierte Analyse der Bewegungen verzichtet werden. Dies kann jedoch auch als Anreiz dienen: Die Schüler sollen bemerken, dass aus den Schaubildern viel mehr Informationen gewonnen werden können, als auf den ersten Blick vermutet. So können Messungen im Freizeitpark als Anstoß verwendet werden, damit sich Schüler wieder gerne mit Physik beschäftigen. In dieser Arbeit wurden nicht alle gefahrenen Attraktionen und aufgenommenen Mes- sungen bearbeitet, was den Umfang der Arbeit gesprengt hätte. Deshalb wurden auf der beiliegenden DVD neben den bearbeiteten Dateien und den Rohdaten auch Messdateien von Attraktionen, die in der Arbeit nicht analysiert wurden, beigefügt. Ein Inhaltsver- zeichnis der DVD folgt weiter unten. Die ausgewählten Attraktionen aus dem vorigen Teil der Arbeit ließen sich meist gut auswerten. Je mehr Zeit in eine Analyse gesteckt wurde, desto tiefgreifender waren die Erkenntnisse aus den Messwerten. Schwierigkeiten bereitete bei den Messungen mit den Beschleunigungssensoren hauptsächlich die unterschiedliche Betrachtung der Bewegung im beschleunigten bzw. unbeschleunigten Bezugssystem. Damit verbunden ist die Inter- pretation der Messwerte: Misst der Sensor reale Beschleunigung oder Scheinbeschleuni- gung? Welche Lage hat der Sensor zu diesem oder jenem Zeitpunkt? In welche Richtung zeigen die Achsen? Eine Frage, die diese Arbeit nicht beantwortet: Würde sich die Analyse durch ein Nullsetzen der Sensoren vor Beginn der Fahrten vereinfachen? Auch bei den Videoanalysen konnten nicht alle Fragen geklärt werden. In Teil V sind zwar schlüssige Analysen zu sehen, aber könnte man die Ergebnisse mit einer höheren Bildrate oder einer besseren Bildqualität schöner darstellen? Hier soll nochmals auf das obligatorische Verwenden eines Stativs sowie die Notwendigkeit einer korrekten Skalierung hingewiesen werden. Einzig die GPS-Messungen ließen keine Zweifel offen: Die Messungen lieferten durchweg unbrauchbare Ergebnisse. Es ist von daher nicht zu empfehlen, GPS-Messungen im Frei- zeitpark durchzuführen. Sinnvollere Anwendungsmöglichkeiten für GPS-Messungen sind beispielsweise Fahrradtouren (im Anhang enthalten). Die vorgestellten Messungen bieten sich für verschiedene Themengebiete des Physikun- VI. SCHLUSSWORT terrichts besonders an. So ist die Attraktion London Bus bei Behandlung der Kreisbe- wegung mit konstanter Winkelgeschwindigkeit zu empfehlen. Dabei sollte die Videoana- lyse verwendet werden, um die Bewegung aus Sicht eines außenstehenden Beobachters zu analysieren. Die Messungen mit den Beschleunigungssensoren sind als Erweiterung anzu- sehen, da mit ihnen die Sichtweise des Passagiers und damit die Trägheitskräfte, welche dieser zu verspüren glaubt, diskutiert werden kann. Als Beispiel einer Kreisbewegung mit nicht konstanter Winkelgeschwindigkeit ist die Schiffschaukel Vindjammer sehr ergiebig. Es sollte wieder, je nach besprochenem Bezugs- system, die Messung mit Beschleunigungssensoren oder die Videoanalyse genutzt werden. Zusätzlich kann die Schiffschaukel als Anwendungsbeispiel der Pendelbewegung in den Unterricht eingebaut werden. Die Achterbahnen aus Kapitel 13 sind vor allem für Energiebetrachtungen geeignet. Hierbei ist man jedoch auch auf Informationen angewiesen, die nicht aus den Messungen herausgelesen werden können. Die Videoanalysen sollten wieder zur Analyse der Kräfte bzw. Beschleunigung aus Sicht eines außenstehenden Beobachters genutzt werden und die Messungen mit den Beschleunigungssensoren können als Vertiefung dienen: Hier können Schüler besonders gut sehen, welche Kräfte auf sie wirken, wenn sie in der Achterbahn sitzen. Weniger ergiebig waren die Attraktionen aus Kapitel 11. Feria Swing und Wiener Wellenflieger sind kaum für den Unterricht geeignet, da die Messungen sehr schwer zu interpretieren sind. Lediglich das Karussell Kolumbusjolle kann bei der Kreisbewegung angesprochen werden. Die Analyse der Beschleunigungswerte erfordert jedoch wieder die Diskussion über die Bezugssysteme. Die Betrachtung von Beschleunigungen und Kräften kann beinahe äquivalent zueinan- der genutzt werden, wobei gewisse Schwierigkeiten beachtet werden müssen: Üblicherwei- se behandelt man in der Mechanik die resultierende Kraft auf einen Körper als Summe mehrerer Kraftkomponenten. Jedoch wird der Körper nur in eine Richtung beschleunigt. Mit Hilfe des zweiten Newtonschen Axioms (siehe Teil IV) könnte man diese Beschleu- nigung auch als Resultierende von verschiedenen Beschleunigungskomponenten ansehen, die wiederum von den oben genannten Kraftkomponenten verursacht werden. So wären beispielsweise Erd- bzw. Normalbeschleunigung als Analogien zur Schwerkraft bzw. Nor- malkraft zu verstehen. Bei solch einer Betrachtung der Beschleunigungen müsste nicht auf die Masse eingegangen werden, jedoch ist fraglich, ob Schüler mit der Zerlegung der Beschleunigung in einzelne Komponenten zurecht kommen.

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111 Tabellenverzeichnis

1 Technische Daten Kolumbusjolle ...... 39 2 Technische Daten Wiener Wellenflieger ...... 42 3 Technische Daten Feria Swing ...... 46 4 Technische Daten Vindjammer ...... 65 5 Technische Daten Alpenexpress „Enzian“ ...... 77 6 Technische Daten Euro-Mir ...... 78 7 Technische Daten Blue Fire ...... 83 8 Fahrt mit der Blue Fire ...... 84 9 Erklärung der Beschleunigungen einer Fahrt mit der Blue Fire . . . . 85 10 Technische Daten Silver Star ...... 94 Abbildungsverzeichnis

1 Garmin Foretrex 101 ...... 3 2 Pasco GPS Position Sensor ...... 5 3 Pasco Acceleration Sensor ...... 6 4 Phywe Cobra4 Sensor-Unit 3D-Acceleration ...... 7 5 Pasco Xplorer GLX ...... 9 6 Phywe Cobra4 Mobile-Link ...... 11 7 Sony Cyber-shot DSC-T5 ...... 13 8 Panasonic Lumix FS 5 ...... 13 9 Interface Setup bei GPS Utility ...... 15 10 Messwerttabelle bei GPS Utility ...... 16 11 Options Setup bei G7 to Win ...... 17 12 Messwerttabelle bei G7 to Win ...... 18 13 Benutzeroberfläche von Data Studio ...... 19 14 Benutzeroberfläche von measure ...... 20 15 Größen der Kreisbewegung ...... 28 16 Größen der Pendelbewegung ...... 29 17 Reibungskraft ...... 33 18 Kolumbusjolle ...... 38

19 ay(t) und az(t) bei der Kolumbusjolle (Data Studio) ...... 39

20 ax(t) bei der Kolumbusjolle (Data Studio) ...... 40 21 Ausschnitt der Lateralbeschleunigung bei der Kolumbusjolle (Data Studio) ...... 41 22 Wiener Wellenflieger ...... 42 23 Drehachsen des Wiener Wellenfliegers ...... 43

24 ax(t), ay(t) und az(t) beim Wiener Wellenflieger (Data Studio) 44

25 ax(t), ay(t) und az(t) beim Wiener Wellenflieger (measure) . . . 45 26 Bewegung und Satellitenzahl beim Wiener Wellenflieger (Data Studio) ...... 46 27 Feria Swing ...... 47

28 ax(t) bei Feria Swing (Data Studio)...... 48 29 Auslenkung der Gondeln bei Feria Swing ...... 48

30 ay(t) und az(t) bei Feria Swing (Data Studio) ...... 49 31 Zusammenhang zwischen y- und z-Komponente bei Feria Swing (Data Studio) ...... 50 32 Ausrichtung des Sensors während der Fahrt mit Feria Swing . . . . . 50 ABBILDUNGSVERZEICHNIS

33 Deutung der y- und z-Werte bei Feria Swing ...... 51 34 London Bus ...... 53

35 ax(t) beim London Bus (Data Studio) ...... 54

36 ay(t) und az(t) beim London Bus (Data Studio) ...... 56

37 ax(t), ay(t) und az(t) beim London Bus (measure) ...... 58 38 Videoanalyse London Bus mit vielen Messpunkten (measure dyna- mics) ...... 59 39 Vektoren für Geschwindigkeit und Beschleunigung beim London Bus mit konstanter Winkelgeschwindigkeit (measure dynamics) ...... 59 40 Vektoren für Geschwindigkeit und Beschleunigung beim London Bus mit abnehmender Winkelgeschwindigkeit (measure dynamics) . . . . . 60 41 Schaubilder für Ort, Geschwindigkeit und Beschleunigung beim London Bus (measure dynamics)...... 61 42 Schaubilder für Ort, Geschwindigkeit und Beschleunigung beim London Bus (Coach6)...... 62 43 Auftragung der y-Komponenten über den x-Komponenten beim Lon- don Bus (Coach6)...... 63 44 Geschwindigkeitsbetrag, Beschleunigungsbetrag und Wertetabellen beim London Bus (Coach6) ...... 63 45 Vindjammmer ...... 65

46 ax(t) beim Vindjammer (Data Studio) ...... 66

47 ay(t) und az(t) beim Vindjammer (Data Studio) ...... 67 48 Beschleunigungen beim Vindjammer (measure) ...... 68 49 geglättete Beschleunigungen beim Vindjammer (measure) ...... 69 50 y(t) beim Vindjammer (measure dynamics) ...... 69 51 mechanische Energie beim Vindjammer (measure dynamics) . . . . 70 52 Vektoren für Geschwindigkeit und Beschleunigung beim Vindjammer (measure dynamics)...... 71 53 Ausschnitt der Graphen für Ort, Geschwindigkeit und Beschleunigung (komponentenweise) beim Vindjammer (Coach6) ...... 72 54 Phasendiagramme für Geschwindigkeit und Beschleunigung beim Vind- jammer (Coach6) ...... 73 55 Geschwindigkeitsbetrag beim Vindjammer (Coach6) ...... 74 56 Alpenexpress „Enzian“ ...... 76 57 Beschleunigungsmessung Alpenexpress „Enzian“ (Data Studio) . . 78 58 Euro-Mir ...... 79

VII ABBILDUNGSVERZEICHNIS

59 Resultierender Beschleunigungsbetrag bei der Euro-Mir (Data Studio) 79 60 Euro-Mir, Modell ...... 80 61 Ausschnitt der lateralen Beschleunigung bei der Euro-Mir (measure) 81 62 Blue Fire ...... 82 63 Blue Fire, Vogelperspektive ...... 83 64 Beschleunigungswerte der Blue Fire (measure) ...... 86 65 Beschleunigungsstrecke der Blue Fire (schräg) ohne Perspektivenkor- rektur (measure dynamics)...... 86 66 Beschleunigungsstrecke der Blue Fire (schräg) mit Perspektivenkor- rektur (Coach6)...... 87 67 Beschleunigungsstrecke der Blue Fire (schräg) mit falscher Perspekti- venkorrektur (Coach6)...... 87 68 Beschleunigungsstrecke der Blue Fire aus einiger Entfernung (measure dynamics)...... 88 69 Geschwindigkeitskomponenten und -beträge im Looping der Blue Fire (measure dynamics)...... 89 70 Geschwindigkeits- und Beschleunigungsvektoren im Looping der Blue Fire (measure dynamics) ...... 91 71 Geschwindigkeitsbetrag bzw. vertikale Geschwindigkeitskomponente bei der Blockbremse der Blue Fire (Coach6 bzw. measure dynamics) . 92 72 Silver Star ...... 93 73 Modell der Silver Star-Bahnkurve ...... 94 74 GPS-Messung Silver Star ...... 95 75 Beschleunigungskomponenten Silver Star (measure) ...... 96 76 Resultierender Beschleunigungsbetrag Silver Star (Data Studio) . . 97 77 Geschwindigkeit und Beschleunigung beim First Drop des Silver Stars (measure dynamics)...... 98 78 Ort und Geschwindigkeit bei Hügel 2 und 3 des Silver Stars (measure dynamics und Coach6) ...... 99 79 Geschwindigkeits- und Beschleunigungsvektoren bei Hügel 2 und 3, Sil- ver Star (measure dynamics) ...... 100

VIII Anhang

Auf der beiliegenden DVD sind die folgenden Daten enthalten:

• bearbeitete Messungen – Beschleunigungsdaten für Data Studio (teilweise mit GPS) ∗ Alpenexpress Enzian.ds ∗ Blue fire (hinten)_z-Komponente.ds ∗ Blue fire (vorne)_z-Komponente und GPS.ds ∗ Euromir_resultierend.ds ∗ Feria Swing_z-Komponente.ds ∗ Kolumbusjolle_z-Komponente.ds ∗ London Bus_z-Komponente.ds ∗ Silverstar (vorne)_resultierend und GPS.ds ∗ Vindjammer_z-Komponente.ds ∗ Wiener Wellenreiter_z-Komponente und GPS.ds – Beschleunigungsdaten für measure ∗ Blue fire (hinten).msr ∗ Blue fire (vorne).msr ∗ Euromir.msr ∗ London Bus.msr ∗ Silverstar (hinten).msr ∗ Silverstar (vorne).msr ∗ Vindjammer.msr ∗ Wiener Wellenflieger.msr – GPS Daten (Garmin) ∗ GPS Daten (Wiener Wellenflieger, Silverstar, Radtouren).xlsx – Videoanalysen Coach6 ∗ Blue fire (Blockbremse, hinten).cmr ∗ Blue fire (Blockbremse, vorne).cmr ANHANG

∗ Blue fire (Katapultstart, schräg, erster Versuch).cmr ∗ Blue fire (Katapultstart, schräg, zweiter Versuch).cmr ∗ Blue fire (Looping, hinten).cmr ∗ Blue fire (Looping, vorne).cmr ∗ London Bus.cmr ∗ Silverstar (Hat 2 und Hat 3).cmr ∗ Vindjammer.cmr – Videoanalysen measure dynamics ∗ Blue fire (Blockbremse)_viele Messpunkte ∗ Blue fire (Blockbremse)_wenige Messpunkte ∗ Blue fire (Katapultstart)_viele Messpunkte ∗ Blue fire (Katapultstart, schräg)_viele Messpunkte ∗ Blue fire (Looping)_viele Messpunkte ∗ Blue fire (Looping)_wenige Messpunkte ∗ London Bus_viele Messpunkte ∗ London Bus_wenige Messpunkte ∗ Silverstar (First drop)_viele Messpunkte ∗ Silverstar (First drop)_wenige Messpunkte ∗ Silverstar (Hat 2 und Hat 3)_viele Messpunkte ∗ Silverstar (Hat 2 und Hat 3)_wenige Messpunkte ∗ Silverstar (Hat 5 und Hat 6)_viele Messpunkte ∗ Silverstar (Hat 5 und Hat 6)_wenige Messpunkte ∗ Vindjammer_viele Messpunkte ∗ Vindjammer_wenige Messpunkte – Videos ∗ Blue fire (Blockbremse).avi ∗ Blue fire (Katapultstart).avi ∗ Blue fire (Katapultstart, schräg).avi ∗ Blue fire (Looping).avi

X ANHANG

∗ London Bus.avi ∗ Silverstar (First drop).avi ∗ Silverstar (Hat 2 und Hat 3).avi ∗ Silverstar (Hat 5 und Hat 6).avi ∗ Vindjammer.avi

• unbearbeitete Messungen – Beschleunigungsdaten für Data Studio (teilweise mit GPS) ∗ Alpenexpress Enzian_resultierend.glx ∗ Alpenexpress Enzian_z-Komponente.glx ∗ Blue fire (hinten)_resultierend.glx ∗ Blue fire (hinten)_z-Komponente.glx ∗ Blue fire (vorne)_resultierend und GPS.glx ∗ Blue fire (vorne)_z-Komponente und GPS.glx ∗ Euromir_resultierend.glx ∗ Euromir_z-Komponente.glx ∗ Eurosat_resultierend und GPS.glx ∗ Eurosat_z-Komponente und GPS.glx ∗ Feria Swing_resultierend.glx ∗ Feria Swing_z-Komponente.glx ∗ Kolumbusjolle_resultierend.glx ∗ Kolumbusjolle_z-Komponente.glx ∗ London Bus_resultierend.glx ∗ London Bus_z-Komponente.glx ∗ Silverstar (hinten)_resultierend und GPS.glx ∗ Silverstar (hinten)_z-Komponente und GPS.glx ∗ Silverstar (vorne)_resultierend und GPS.glx ∗ Silverstar (vorne)_z-Komponente und GPS.glx ∗ Vindjammer_resultierend.glx ∗ Vindjammer_z-Komponente.glx

XI ANHANG

∗ Wiener Wellenflieger_resultierend und GPS.glx ∗ Wiener Wellenflieger_z-Komponente und GPS.glx – Beschleunigungsdaten für measure ∗ 10092101.mli ∗ 10092101_Silverstar vorne.msr ∗ 10092102.mli ∗ 10092102_Silverstar hinten.msr ∗ 10092103.mli ∗ 10092103_Pegasus.msr ∗ 10092104.mli ∗ 10092104_London Bus.msr ∗ 10092105.mli ∗ 10092105_Vindjammer.msr ∗ 10092106.mli ∗ 10092106_Kettenkarussel.msr ∗ 10092202.mli ∗ 10092202_Blue fire hinten.msr ∗ 10092203.mli ∗ 10092203_Blue fire vorne.msr ∗ 10092204.mli ∗ 10092204_Euromir.msr – GPS Daten (Garmin) ∗ GPS Daten 2010_09_21 nur Tracks.txt ∗ GPS Daten 2010_09_21.txt ∗ GPS Daten 2010_09_21.xlsx – Videos ∗ Blue fire (Blockbremse).mpg ∗ Blue fire (Katapultstart und Looping).mpg ∗ Blue fire (Katapultstart, schräg).mpg

XII ANHANG

∗ Blue fire (Looping).mpg ∗ London Bus (zwei Fahrten).mov ∗ Silverstar (First drop).mpg ∗ Silverstar (Hat 2 und Hat 3).mov ∗ Silverstar (Hat 5 und Hat 6).mov ∗ Vindjammer.mpg

XIII Danksagung

Abschließend möchte ich mich bei Herrn AR Dr. Thomas Wilhelm bedanken, der mir die Bearbeitung dieses Themas ermöglicht hat und bei Fragen und Problemen stets zur Stelle war. Ohne seine Hilfe wäre meine Arbeit sicherlich nicht zu Stande gekommen. Mein Dank gilt außerdem den Verantwortlichen und Mitarbeitern des Europaparks, die mir die Messungen ermöglicht haben. Insbesondere möchte ich mich bei den Herren Spahn und Johner für die freundliche Betreuung bedanken. Zuletzt bedanke ich mich bei allen, die sich durch viele Seiten mit noch mehr Feh- lern gekämpft haben. Falls uns doch noch ein Fehler entwischt sein sollte, bitte ich um Nachsicht. Selbstständigkeitserklärung

Hiermit versichere ich, dass ich die Arbeit in allen Teilen selbstständig gefertigt und keine anderen als die in der Arbeit angegebenen Hilfsmittel benutzt habe. Soweit nicht anders angegeben, wurden alle Abbildungen und Tabellen selbst erstellt.

Würzburg, den 11. Februar 2011

Manuel Schüttler