Eschenbach dirigiert Mahler 6

Samstag, 08.04.17 — 19.30 Uhr Lübeck, Musik- und Kongresshalle Sinfonie Nr. 6 a-Moll

Christoph Eschenbach Dirigent „Glück flammt hoch am Rande des Grauens“

Am 20. Mai 1906 machte sich Gustav Mahler auf die Meine VI. wird Reise nach , um die Uraufführung seiner Sechs­ Rätsel aufgeben, ten Sinfonie vorzubereiten – mit gemischten Gefüh­ len. Denn zum einen zweifelte er an der Leistungs­ an die sich nur fähigkeit des Essener Orchesters, das qualitativ dem eine Generation Kölner Gürzenich-Orchester, mit dem er zwei Jahre zuvor seine Fünfte erarbeitet hatte, klar unterlegen heranwagen darf, NDR Elbphilharmonie war. Zum anderen hatte man aufgrund der großen die meine ersten Orchester Besetzung das Orchester der Stadt Utrecht zur Verstär­ kung holen müssen, über dessen Güte sich Mahler fünf in sich auf­ zuvor bei seinem Freund Willem Mengelberg zwar genommen hat. ausführlich erkundigt hatte und beruhigt worden war. Doch würden sich beide Orchester problemlos zu Gustav Mahler im Jahr 1904 einem Klangkörper zusammenfügen lassen?

Mahlers Bedenken sollten sich als unbegründet erweisen. „Sehr zufrieden von der 1. Probe!“, heißt es Gustav Mahler (1860 – 1911) in einem Brief an Alma Mahler vom 2. Mai 1906. Sinfonie Nr. 6 a-Moll „Orchester hält sich famos und klingen thut Alles, Entstehung: 1903 – 04 | Uraufführung: Essen, 27. Mai 1906 | Dauer: ca. 85 Min. wie ich es wünschen kann.“ Dennoch wurde die Pre­ I. Allegro energico, ma non troppo. miere am 27. Mai 1906 im Essener Saalbau nur ein Heftig, aber markig Achtungserfolg, bei dem laut den Erinnerungen des II. Scherzo. Wuchtig – Trio. Altväterisch, grazioso damals anwesenden Dirigenten Klaus Pringsheim III. Andante moderato auch Pfiffe und Buhrufe zu hören waren, obwohl zahl­ IV. Finale. Allegro moderato – Allegro energico reiche Angehörige des engsten Mahler-Kreises ange­ reist waren, darunter , Willem Mengelberg, Keine Pause Julius Buths und der russische Pianist und Dirigent Ossip Gabrilowitsch. „Kuhglocken und Celesta!“, schrieb der Rezensent der „Signale für die musikali­

Eine Aufzeichnung des Konzerts vom 06.04.17 aus der Elbphilharmonie Hamburg sche Welt“. „Paradies auf Erden und elysäische Gefilde wird am 15.05.17 um 20 Uhr auf NDR Kultur gesendet. dort oben! Es wäre recht einfach, wenn sich Mahlers

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Sinfonie nur zwischen diesen beiden schönen Dingen Zweifellos handelt es sich bei der Sechsten um die Gustav Mahler abspielte. Aber dazwischen gähnt ein tiefer Riß, ein pessimistischste aller Mahler-Sinfonien: um eine

unbefriedigtes sich Sehnen, ein Verzweifeln, ein sich obsessive Vision des Untergangs, die, mit Ausnahme Die fulminante Karriere, die Abmühen des vollen Orchesters namentlich im letz­ des intermezzohaften Andante, durchgehend von Gustav Mahler schließlich an ten Satz, wo das starkbesetzte Blechkorps fast keinen peitschenden Marschcharakteren vorangetrieben die Spitze der Wiener Hofoper führte, begann bescheiden: Augenblick zur Ruhe gelangt, ein Stöhnen und Äch­ wird. Den unerbittlichen Rhythmus, der das Werk als Operettendirigent in Bad zen und ein Schreien und Brüllen, und das ist es, was durchzieht und dessen Sätze aneinander bindet, hat Hall, gefolgt von Engagements der Sinfonie die Tragik verleiht, die ihr der obenhin der Komponist in seinem wohl großartigsten Orches­ am Landschaftlichen Theater im slowenischen Laibach Urteilende wohl abstreitet, die sie bei näherem Auf­ terlied „Revelge“ von 1899 vorweggenommen („Des Gustav Mahler um 1905 (Ljubljana), wo Mahler erst­ horchen dennoch besitzt und mehr besitzt als die Morgens zwischen drei’n und vieren, da müssen wir mals einige Repertoire-Opern Auflösung der alten früheren Schöpfungen Mahlers.“ Soldaten marschieren“). Für das Andante ist demge­ von Mozart bis Verdi dirigie­ Ordnung ren konnte. Weitere Stationen genüber das vierte der „Kindertotenlieder“, „Oft denk waren Kapellmeisterstellen Mahler wusste, dass seine monumentale Sinfonie, die ich, sie sind nur ausgegangen“, prägendes Vorbild, in Olmütz (Olomouc), Kassel Man muss sich die klassische laut einer Ankündigung des Veranstalters von nicht wobei beide Lieder an keiner Stelle direkt zitiert wer­ und Prag, bevor Mahler von 1886 bis 1888 neben Arthur Sinfonik – die, die von Mozart weniger als 110 Musikern uraufgeführt wurde, an Hö­ den, sondern eher als atmosphärische Allusionen das bis zu Brahms geht – vorstellen Nikisch am Stadttheater Leip­ wie eine Festung. Ein eigener rer wie Interpreten höchste Anforderungen stellen musikalische Geschehen durchziehen. Den engen Zu­ zig wirkte. Im Herbst desselben kleiner Staat, der sein Statut würde. In eigentümlichem Gegensatz hierzu steht die sammenhang zwischen den Sätzen garantiert neben Jahres wechselte Mahler mit einem Zehnjahresvertrag und seine Gesetze hat. Ein per- äußere Konventionalität des Werkes, das die klassi­ dem aus der „Revelge“ stammenden Marschcharakter fekter Mikrokosmos, in dem das ausgestattet an die Königlich- neunzehnte Jahrhundert die sche Satzfolge in „nur“ vier Sätzen aufweist und weder eine schicksalhaft-enigmatische Dur-Moll-Formel, die Ungarische Oper in Budapest. Ordnung und das System repro- Chor noch Vokalsolisten verlangt. Zudem findet sich immer wieder erklingt: die Kopplung eines Fortissimo- Aufgrund unüberbrückbarer Differenzen mit dem neuen duzierte, die es auch der Reali- nach dem Ende der Exposition des Kopfsatzes die Dur-Akkordes der Trompeten und eines Mollakkordes tät abverlangte. Man muss sich Intendanten der Oper demis­ vorstellen, wie die Außenwelt, durch ein Wiederholungszeichen angezeigte Repetiti­ auf derselben Stufe, der sofort ins Pianissimo zurück­ sionierte der Dirigent und von einer unheilvollen Vorah- on des bereits Bekannten – eine absolute Ausnahme genommen wird, grundiert vom Marschrhythmus Komponist zwei Jahre später, um seine neue Position als nung befallen, dort einzudringen bei einem Komponisten, für den „jede Wiederholung der Pauke und der kleinen Trommel. Der Satz bietet versucht. Das ganze Chaos der Erster Kapellmeister am Ham­ Welt ringsherum belagert diese schon eine Lüge“ war und der Derartiges bisher nur als unheimliches Intermezzo keine Beruhigung, da burger Stadttheater anzutreten. Zitadelle. Man muss sich den im Kopfsatz seiner Ersten Sinfonie gefordert hatte. die Musik deutlich die Atmosphäre der „Kindertoten­ Hier konnte Mahler bis 1897 seine künstlerischen Ziele erst­ Augenblick vorstellen, in dem Dass der Schein des vermeintlichen Traditionalismus lieder“ evoziert: Mahler komponierte hier in schmerz­ jemand die Tore öffnet. Und mals mit wirklich herausragen­ gleich darauf das Spektakel ei- der Partitur trügt – die Intention der niederschmet­ licher Emphase abgrundtiefe Trauer. den Interpreten verwirklichen, ner Zitadelle, die zur Metropole ternden Marschbewegung im einleitenden Allegro wobei ihn die Arbeitsbelastung zum „Sommerkomponisten“ wird, einer Ordnung, die in energico steht mit der Expositionswiederholung in Im Scherzo bringt der Komponist das Kunststück tausend Mikrosysteme zerfällt, werden ließ, der nur in den eines geschlossenen Raumes, völligem Einklang, da es in dieser Musik kein Entrin­ fertig, aus einem traditionellen Ländler einen Marsch Ferien ungestört und konzen­ dessen Grenzen sich plötzlich nen geben soll –, wird niemanden überraschen, der zu entwickeln, der sich dann wieder zum Ländler zu­ triert komponieren konnte. auflösen. Dieses Spektakel ist das mit Mahlers Schaffen vertraut ist. Bereits die singulä­ rückverwandelt. Aller Behäbigkeit entkleidet, wird Wesen von Mahlers Sinfonien. ren Vortragsbezeichnungen in der Partitur machen die Musik hier zur schauerlichen Schreckensvision, in Alessandro Baricco (1992) dies deutlich: „grell“, „wild“, „roh!“, „wie gepeitscht“, der kurz nach Beginn die Vorschläge in den Hörnern „wie wütend dreinfahren“, „wie ein Axthieb“, „alles (Umdeutungen der traditionellen Ländler-„Juchzer“) mit roher Kraft“, „wuchtig“. geradezu den Charakter von Schmerzenslauten

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annehmen. Dass Mahler zögerte, diesen an erschüt­ währende Tradition nicht auf einen Schlag beseitigt Anbruch neuer ternder Vehemenz kaum zu überbietenden Satz dem werden. Und so halten einige Dirigenten wie Christoph Schlagzeug-Zeiten bereits alles überrollenden Allegro energico (Nr. 1) fol­ Eschenbach auch weiterhin an der vertrauten Reihen­ gen zu lassen – er selbst hat die Sinfonie niemals an­ folge Scherzo – Andante fest, die seit vielen Jahrzehn­ Die 6. Symphonie ist einfacher ders als in der Reihenfolge Andante – Scherzo dirigiert, ten die Konzertprogramme bestimmt und von Mahler in ihren Themen wie im Bau ihrer Sätze als die zweite, dritte anders als es ursprünglich in der autographen Parti­ ja immerhin auch erwogen wurde. und fünfte, und wird trotz der tur notiert war –, überrascht nicht: Die aggressiven außerordentlichen Anforderun- Ausdruckscharaktere beider Sinfoniesätze sind sich Ungeachtet ihrer Reihenfolge besteht kein Zweifel da­ gen ihren Weg vielleicht schnel- ler machen, als manche ihrer einfach zu ähnlich. Dass in der Kritischen Gesamt­ ran, dass das, was in beiden Mittelsätzen angekündigt Letzte Seite von Mahlers Partitur­ Vorgängerinnen, eben um ihres handschrift der Sechsten Sinfonie ausgabe trotz dieser Änderung die Mittelsätze in der wurde, nicht mehr aufzuhalten ist und im Finale mit leichten Inhalts willen. Ein Reihenfolge Scherzo – Andante publiziert wurden, lag seinen Hammerschlägen zur äußersten Konsequenz Gutes wird das nebenher im Ge- folge haben: die Sorge um aus- Anstands-Applaus an dem Herausgeber Erwin Ratz, der eigenmächtig geführt wird. In diesem Finale verwirklichte Mahler gezeichnetes Schlagzeug, das alles daran setzte, die seiner Meinung nach „korrekte“ ein rigoroses Formkonzept, welches zu allen „affirma­ Stiefkind unserer Orchester. Abfolge der Sätze wiederherzustellen, die ihm „sowohl tiven“ Sinfoniefinali einen diametralen Gegenpol hatte so un- Der Applaus war laut, kräftig recht nicht, als er in der Haupt- und anhaltend, das Orchester aus inhaltlichen wie auch musikalischen Gründen bildet, wobei sich die vermeintliche „Klassizität“ der versammlung unter Hinweis zeichnete Mahler durch Tusch die richtige zu sein“ schien (wie er in einem Brief vom Sinfonie schon angesichts der Satzausdehnung und der auf Mahlers Symphonie launig aus, […] ein riesiger Lorbeerkranz 8. März 1957 an Alma Mahler schrieb). Ratz behauptete, äußersten klanglichen Härten einmal mehr als irrig die Errichtung von Schlagzeug- konnte von dem, für den er Professuren an unseren Konser- bestimmt war, mit energischer Mahler habe seinen „Irrtum“ später erkannt, doch erweist. Selbst die Herdenglocken, die im Kopfsatz vatorien vorschlug. Die ‚guten Handbewegung zurückgewiesen der frühere Verleger Kahnt habe es versäumt, diesen noch wie ferne Inseln eines erträumten Paradieses alten Zeiten‘ sind fürs Schlag- werden. Aber rechte Stimmung „Fehler“ in der Partitur zu korrigieren. Dass die be­ wirkten, scheinen hier den Charakter verlorener Zitate zeug vorbei, und ich sehe die war doch nicht in der Sache, Epoche kommen, wo es gleich- und wem langjähriger Konzert- wusste Manipulation bekannt wurde, ist den Nach­ anzunehmen. Denn die Musik steuert unaufhaltsam berechtigt neben das übrige Or- besuch die Ohren geschärft forschungen Jerry Brucks zu verdanken, einem in ihrem Ende zu, das – die Instrumentation allein zeigt chester treten wird. Straussens hat für die Klangfarbenunter- New York lebenden Tonmeister und begeisterten Ver­ es – schlimmer kommt als befürchtet. Urweltlicher ‚Salome‘ und Mahlers ‚Sechste‘ schiede der Beifallsbezeigungen, sind vielleicht nur Ahnungen der konnte nicht darüber im fechter von Mahlers Musik. Er konnte nachweisen, und aggressiver hat man wohl noch nie eine Basstuba bevorstehender Möglichkeiten! unklaren bleiben, daß es diesem dass Mahler weder schriftliche noch mündliche Ins­ gehört als in diesem Finalsatz, in dem die Verwen­ Applaus an Wärme und an ei- truktionen an Freunde, Kollegen, andere Dirigenten dung der Hammerschläge, die erklärtermaßen einen Max Hehemann in der gentlicher Begeisterung fehlte. „Neuen Zeitschrift für Musik“ Er hatte so gar nichts stürmi- oder Verleger hinterlassen hat, die darauf hindeuten, Klang erzielen sollen, dem alles Artifizielle abgeht, (6. Juni 1906) sches, nichts elementares, er- dass er zu der ursprünglichen Anordnung der Sätze einer Aufgabe des Kunstcharakters gleichkommt. klang kalt, dumpf und mehr wie ein Zeichen staunender Be- zurückkehren wollte. „Die historische Wahrheit“, so wunderung, denn als Ausdruck der Wiener Musikwissenschaftler und Herausgeber Ursprünglich hat Mahler im Finale seiner Sechsten eines innerlich überzeigten der Kritischen Gesamtausgabe Reinhold Kubik, „ist, Sinfonie fünf Hammerschläge vorgesehen, um sich Enthusiasmus. ohne Zweifel, dass Mahler die Anordnung zur Urauf­ dann zunächst auf drei zu beschränken. Schließlich Rudolf Louis in den „Münchner führung änderte und diesen Wechsel nie rückgängig wurde auch der dritte unmittelbar vor der Münchner Neuesten Nachrichten“ an­ gemacht hat.“ Dementsprechend erschien Mitte 2010 Aufführung gestrichen: Er stand in Takt 783, kurz vor lässlich der Uraufführung von Mahlers Sechster Sinfonie im Rahmen der Gesamtausgabe eine korrigierte Par­ Abschluss des Werks. Ob man Mahlers Intentionen am 27. Mai 1906 in Essen titur, in der auch weitere Fehler berichtigt wurden. näher kommt, wenn man diesen Strich wieder aufhebt, Ungeachtet dessen kann eine mehr als fünfzig Jahre wird viel diskutiert. In diesem Fall würde man den

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Ausführungen Alma Mahlers Rechnung tragen, nach denen der dritte Hammerschlag der letzte und ent­ Christoph Eschenbach scheidende sei, durch den der „Held“ wie „ein Baum“ gefällt würde. (Wäre diese Geschichte wahr, hätte Christoph Eschenbach ist Chefdirigent des National Mahler den Schlag allerdings nie streichen können, Symphony Orchestra und des John F. Kennedy Center ja dürfen.) Am Ende des Finales mündet der musika­ for the Performing Arts in Washington. Als Gastdiri­ lische Verlauf schließlich in eine resignative Coda, in gent tritt er mit führenden Orchestern und an bedeu­ welche der Dur-Moll-Wechsel im Fortissimo einfällt, tenden Opernhäusern auf der ganzen Welt auf. Als um anschließend im dreifachen Piano zu verklingen, Pianist ist er regelmäßig solistisch in Klavierkonzerten „Herrgott, dass ich die Hupe vergessen habe! Jetzt kann ich bevor der Marschrhythmus ein letztes Mal repetiert oder in Recitals zu erleben und setzt seine Zusammen­ noch eine Sinfonie schreiben”. wird. Was bleibt, ist ein Ersterben der Musik („moren­ arbeit mit dem Bariton Matthias Goerne fort, mit dem Karikatur auf die Verwendung do“), dem ein abgerissenes Pizzicato der Streicher er „Die schöne Müllerin“, den „Schwanengesang“ und des Schlagzeugs in Mahlers Sechster Sinfonie aus der Zeit- einen lapidar anmutenden Schlusspunkt setzt. „Dies die „Winterreise“ eingespielt hat. In den vergangenen Höhepunkte 2016/2017 schrift „Die Muskete“ dunkle Tongedicht lässt bis zuletzt keine Vertröstung, fünf Jahrzehnten hat Eschenbach sowohl als Dirigent

Versöhnung, Verklärung zu“, schrieb Thomas Mann wie auch als Pianist zahlreiche Aufnahmen vorgelegt. • „The Turn of the Screw“ von Hammer im Konzertsaal über Adrian Leverkühns fiktives Oratorium „Dr. Fausti Seine Einspielung von Werken Hindemiths mit der Benjamin Britten an der Weheklag“ in seinem „Doktor Faustus“, einem Roman, Geigerin Midori und dem NDR Elbphilharmonie Or- Mailänder Scala • Konzerte mit dem Orchestre Die Einreihung des Hammers bei dessen Verfassen der Autor in musikalischen Fra­ chester wurde 2014 mit dem Grammy Award ausge­ de Paris, Seoul Philharmo- ins Instrumentarium des Sin­ gen von Theodor W. Adorno beraten wurde. Möglich, zeichnet. Im Laufe seiner Karriere hat Eschenbach, nic, Shanghai Philharmonic, fonieorchesters hat frühzeitig dass diese Passage durch Adornos intime Kenntnis der von George Szell und Herbert von Karajan geför­ London Philharmonic, zu allerhand Karikaturen und Houston Symphony, Los Polemiken geführt: Dass ein von Mahlers Sechster Sinfonie geprägt wurde, deren dert wurde, Führungspositionen u. a. beim Tonhalle- Angeles Philharmonic und Komponist einen derartigen Ende Adorno in seinem „Dritten Mahler-Vortrag“ Orchester Zürich (1982 – 86), Houston Symphony Or­ Netherlands Radio Philhar- Klang als künstlerisches Aus­ fürs Radio folgendermaßen gedeutet hat: „Vergeblich chestra (1988 – 99), Ravinia Festival (1994 – 2003), NDR monic Orchestra drucksmittel einzusetzen wagt, • Konzerte in Shanghai und war zu Mahlers Lebzeiten of­ wäre es, trotz der Hammerschläge, in diesem Finale Elbphilharmonie Orchester (1998 – 2004), Philadelphia Hangzhou am Pult eines fenbar außerhalb des Vorstell­ auf den zu lauern, der da angeblich vom Schicksal Orchestra (2003 – 08) und beim Orchestre de Paris „World Soloist Orchestra“ baren. Einige Kritiker witzel­ gefällt wird. Die Hingabe der Musik an den ungezü­ (2000 – 10) bekleidet. Er erhielt zahlreiche Preise und • Beethovens Neunte mit dem ten mit Bezug auf die Stadt der Orchestre National de France Uraufführung der Sechsten gelten Affekt ist ihre Bahn zum Tod, ungeminderte Ehrungen, wurde in die französische Ehrenlegion • Mahlers Neunte mit dem entsprechend über Mahlers Rache des Weltlaufes an der Utopie. Offen verzweifelte aufgenommen und mit dem Titel eines Commandeur Royal Stockholm Philhar- neue „Krupp-Sinfonie“... Die Partien treten zurück hinter solchen des dumpf dans l’Ordre des Arts et des Lettres sowie zweimal mit monic Orchestra Anregung zu den Hammer­ • Sommernachtskonzert der schlägen erhielt Mahler wohl Brütenden, des Überschäumens, des Heranbrausens. dem deutschen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Wiener Philharmoniker im durch ein Gedicht Alexander […] Die Katastrophen koinzidieren mit den Höhe­ Außerdem erhielt er den Leonard Bernstein Award des Schloss Schönbrunn Ritters, das Richard Strauss punkten. Manchmal klingt es, als ob im Augenblick Pacific Music Festival, dessen künstlerische Leitung • Amerika-Tournee mit den seiner Sinfonischen Dichtung Bamberger Symphonikern „Tod und Verklärung“ voran­ des endlichen Feuers die Menschheit noch einmal er von 1992 bis 1998 mitverantwortete. Eschenbach trat • Russland-Tournee mit dem stellte. Dort heißt es unter aufglühte, die Toten noch einmal lebendig würden. 1967 erstmals bei den Salzburger Festspielen auf und National Symphony Orches-­ anderem: „Da erdröhnt der Glück flammt hoch am Rande des Grauens.“ erarbeitete hier zuletzt Mozarts „Così fan tutte“ (2013) tra Washington letzte Schlag von des Todes • Auftritte beim Ravinia Eisenhammer“. und „Don Giovanni“ (2014). 2015 wurde er mit dem Festival Harald Hodeige Ernst-von-Siemens-Musikpreis ausgezeichnet.

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Herausgegeben vom Antonio Méndez Norddeutschen Rundfunk Programmdirektion Hörfunk & Vilde Frang Orchester, Chor und Konzerte Rothenbaumchaussee 132 Beim nächsten Lübecker Konzert des Antonio Méndez 20149 Hamburg NDR Elbphilharmonie Orchesters gehört Dirigent Leitung: Andrea Zietzschmann das Podium ganz der jungen Generation: Vilde Frang Der 1984 auf Mallorca geborene Dirigent Violine NDR Elbphilharmonie orchester Antonio Méndez gibt sein Debüt am Management: Achim Dobschall Pult des Orchesters. Trotz seines jungen Michail Glinka Alters hat er bereits mit so berühmten Ouvertüre zu Redaktion des Programmheftes Orchestern wie dem Tonhalle-Orchester „Ruslan und Ludmilla“ Julius Heile Zürich, Symphonieorchester des Bayeri­ Béla Bartók schen Rundfunks, Los Angeles Philhar­ Violinkonzert Nr. 1 Der Einführungstext von Dr. Harald Hodeige monic Orchestra oder der Staatskapelle Sergej Rachmaninow ist ein Originalbeitrag für den NDR. Dresden zusammengearbeitet. Als So­ Sinfonie Nr. 2 e-Moll op. 27 listin kehrt die norwegische Geigerin Fotos Vilde Frang, Jahrgang 1986, nach ihrem Musik- und Kongresshalle Lübeck AKG-Images (S. 4, 6, 8) umjubelten Debüt in der letzten Saison Freitag, 12.05.17 — 19.30 Uhr Manu Theobald (S. 9) zurück. Mit ihrem Einsatz für selten ge­ Marco Borggreve (S. 10) spielte Werke und ihrem bescheidenen, Karten zu authentischen Auftreten hat sie sich 37 / 31 / 20 / 14 Euro NDR Markendesign in den letzten Jahren ohne großen Star­ zzgl. Vorverkaufsgebühr Design: Factor, Realisation: Klasse 3b rummel an die Spitze der internatio­ Druck: Nehr & Co. GmbH nalen Geigenszene gespielt. Auf dem Litho: Otterbach Medien KG GmbH & Co. Programm stehen Glinkas schwungvol­ le Ouvertüre zu „Ruslan und Ludmilla“, Nachdruck, auch auszugsweise, Bartóks Erstes Violinkonzert, das völlig nur mit Genehmigung des NDR gestattet. zu Unrecht im Schatten des weit häufi­ ger gespielten zweiten Konzerts steht, und Rachmaninows Zweite Sinfonie, die kurz nach dem berühmten Zweiten Klavierkonzert entstand und dessen schwärmerischen Tonfall teilt. Vilde Frang

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