Manfred Rommel. Die Biografie
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Manfred Rommel. Die Biografie Bearbeitet von Josef Schunder, Christian Ude 1. Auflage 2012. Buch. 300 S. Hardcover ISBN 978 3 8062 2588 4 Format (B x L): 13,5 x 21 cm Weitere Fachgebiete > Geschichte > Geschichtswissenschaft Allgemein > Biographien & Autobiographien: Historisch, Politisch, Militärisch schnell und portofrei erhältlich bei Die Online-Fachbuchhandlung beck-shop.de ist spezialisiert auf Fachbücher, insbesondere Recht, Steuern und Wirtschaft. Im Sortiment finden Sie alle Medien (Bücher, Zeitschriften, CDs, eBooks, etc.) aller Verlage. Ergänzt wird das Programm durch Services wie Neuerscheinungsdienst oder Zusammenstellungen von Büchern zu Sonderpreisen. Der Shop führt mehr als 8 Millionen Produkte. NEUE LEBENSAUFGABE ALS OBERBÜRGERMEISTER UNERWARTET KANDIDAT Der 14. August 1974 leitete in Manfred Rommels Leben, ohne dass er es gleich geahnt hätte, eine Wende ein. An diesem Tag starb wäh- rend eines Kuraufenthalts auf der Bühlerhöhe im Schwarzwald völ- lig unerwartet der amtierende Stuttgarter Oberbürgermeister Arnulf Klett. Die Landeshauptstadt stand kurz unter Schock. Umgehend setzten aber bei den Parteien die Überlegungen ein, wen sie auf den Schild heben könnten, um nach dem parteilosen Klett einen Mann ihrer Couleur auf den OB-Sessel hieven zu können. Bei den CDU-Granden in der Stadt kam recht schnell der Name Rommel ins Spiel, was im Nachhinein recht schlüssig wirkt, hatte er sich doch beträchtliche Erfahrung in der Landesverwaltung er- worben, als Geburtsort Stuttgart im Ausweis stehen und überdies auch noch einen bekannten Namen vorzuweisen. Es war sogar noch naheliegender. 1965 hatten Parteivertreter schon einmal bei Manfred Rommel vorgefühlt, ob er sich eine Kan- didatur gegen den damals um eine weitere Amtszeit bemühten OB Klett vorstellen könnte. Die Parteifunktionäre brauchten also nur ihre Erinnerung zu bemühen und zu überlegen, ob es inzwischen triftige Hinderungsgründe für die Ausrufung Rommels zum OB- Bewerber in der Landeshauptstadt gebe. Das war offenbar nicht der Fall. Im Gegenteil. Seine Karriere hatte Rommel inzwischen ja wei- ter vorangebracht. 1965 soll Rommel nicht mehr als eine Nacht über das Angebot geschlafen haben, ehe er es ausschlug. Auch 1974 neigte er rasch wieder dazu, das Werben der Stuttgarter Parteifreunde abschlägig 90 91 NEUE LEBENSAUFGABE ALS OBERBÜRGERMEISTER zu bescheiden, zumal in Heiner Geißler, Lothar Späth und Manfred Wörner andere mögliche Kandidaten gehandelt wurden. Rommel träumte immer noch davon, auf der von ihm beschrittenen Karri- ereleiter beim Land weiter aufzusteigen. Wenn ihn überhaupt ir- gendetwas an der Aussicht reizte, OB der Landeshauptstadt zu sein, dann höchstens die Herausforderung einer politischen und admi- nistrativen Aufgabe, die seiner Meinung nach im Land nicht ihres- gleichen hatte. Er war dennoch schon entschlossen, dem CDU-Kreisvorsitzenden Siegbert Alber und dem CDU-Fraktionsvorsitzenden im Gemeinde- rat, Otto Müller, die Absage zu übermitteln. Dieses Mal aber sollte er den Werbern nicht so einfach die Türe weisen können. Sein Freund und Kollege Gerhard Mayer-Vorfelder hielt ihn davon ab. Dessen Argument sei gewesen, verriet Rommel später, andere mög- liche Bewerber würden sich zu Vertretern der zweiten Garnitur de- gradiert fühlen, spräche er sich so schnell und unumwunden gegen eine Kandidatur aus. Das war vielleicht ehrlich gemeint, aber auch ein listiger Schachzug, um Zeit zu gewinnen. Die Aufforderung des CDU-Landesvorstands, er solle sich bewer- ben, lastete ebenfalls auf Rommel. Schließlich forderte der Landes- vorsitzende und langjährige Rommel-Chef Hans Filbinger höchst- persönlich von ihm, endlich ja zu sagen, obwohl es auch in seiner Partei warnende Stimmen gab, die Rommel die Eignung zum Volks- tribunen absprachen – und sich am Ende damit irren sollten. Filbin- ger machte Druck. Wenn er jetzt nicht springe, bedeutete er seinem früheren Chefstrategen, werde er als Ministerialbeamter versauern. Über die Gründe ist viel spekuliert worden. Manche Beobachter der Landespolitik waren überzeugt davon, dass Filbinger in Rommel einem möglichen Nachfolger die Chance verbauen wollte, den Pos- ten des Regierungschefs zu beanspruchen. Zumindest zu diesem Zeitpunkt. Nicht solange Filbinger die Regierungsverantwortung behalten wollte. Andere fragten sich, ob Rommel damit gerade zum Nachfolger von Filbinger aufgebaut werden solle und man in der OB-Wahl Rommels Zugkraft ausloten wolle. Denn im Grunde wur- den Filbingers Sympathien viel eher bei Rommel vermutet, die trotz mancher Meinungsverschiedenheiten eine Art von Freundschaft verband, weniger bei Lothar Späth, der es zum Fraktionschef im UNERWARTET KANDIDAT Landtag und später zum Innenminister gebracht hatte, dessen Ehr- geiz damit aber erkennbar nicht gestillt war. Nicht unerheblich war an diesem Punkt, dass die vom Zeitgeist geprägte SPD überraschend nicht ihrem Ersten Bürgermeister Jür- gen Hahn die Kandidatur andiente, weil er vielen zu konservativ erschien, anderen etwas zu brav und bieder. Vielmehr setzten die Sozialdemokraten auf den Architekten Peter Conradi, der weiter links stand, draufgängerischer und angriffslustiger daherkam. Umso mehr sehnte sich die CDU nach einem Kandidaten mit Erfahrung und Tiefgang, der nicht gleich untergehen würde, wenn Conradi die See aufwühlte. Bei weiterer Weigerung, sah Rommel schließlich ein, wäre er in dieser Lage als „Schlappschwanz“ betrachtet worden. Unfroh habe er sich schließlich zur Kandidatur bereit erklärt. Ob ein Sieg dabei herausspringen würde oder eine Niederlage, war Rommel zunächst einerlei. Posieren vor dem Wahllokal: Auch Kandidat Manfred Rommel, der im Stadt- teil Sillenbuch wohnt, wählt im Jahr 1974 mit. 92 93 NEUE LEBENSAUFGABE ALS OBERBÜRGERMEISTER Und was war das für ein Kandidat, der da den ersten Schritt auf die kommunalpolitische Bühne machte! Die Fotos von damals spre- chen für sich. Die Haare trug er zu lang und zu ungeordnet, um dem Wunschbild seiner konservativen Parteifreunde zu entsprechen. Die Zeit seines Lebens recht leger erscheinende Kleidung tat ein Übriges zu dieser Wirkung. Als Hang zum Künstlerischen konnte man dem langjährigen Pfeifenraucher all dies auch nicht recht auslegen. Das gelassene bis heitere, manchmal etwas schelmische Auftreten, das Rommel so oft auszeichnete, reichte dafür nicht aus. Die Brille war zu altmodisch, das Äußere zu wenig gestylt, die Aura des Intellek- tuellen war, falls überhaupt zu erkennen, schwach ausgeprägt. Die Wahrheit ist: Mit ihrer Entscheidung für Rommel lehrte sich die CDU zunächst selbst das Fürchten. Die Podiumsdiskussionen, mit denen damals maßgeblich der Wahlkampf geführt wurde, ge- rieten für Rommel und die CDU anfangs zum Desaster. Gegen den eleganten und liebenswürdigen FDP-Bewerber Kurt Gebhardt, zuvor schon OB in Waiblingen, mochte Rommel nichts Böses sagen. Der berüchtigte „Remstalrebell“ Helmut Palmer, der in seinem Zorn zu vielem fähig und schwer zu stoppen war, nahm sich des CDU-Mit- bewerbers bei dessen erster Veranstaltung in Stuttgart-Feuerbach besonders engagiert an. Rommel hatte ihn allerdings auch noch mit der Bemerkung gereizt, dass für Stuttgart ein OB gesucht werde und kein Karnevalsprinz. Im Vergleich zu dem SPD-Mann Conradi konn- te Rommel bei den Veranstaltungen auch äußerst wenig kommu- nalpolitische Kenntnis ausspielen, denn sein Metier war die Landes- politik. Kaum jemand hat es treffender auf den Punkt gebracht, als Rom- mel selbst. Seine eigenen Anhänger seien überwiegend erschüttert gewesen. Einzig sein Freund Mayer-Vorfelder habe das Vertrauen nicht verloren. In dieser schwierigen Lage ging ein Ruck durch die Partei. Ziel war es, den CDU-Bewerber Rommel mit diversen Kunstgriffen doch noch konkurrenzfähig zu machen. Dass er einer neuen Frisur be- durfte, war glasklar. Rommel, dem seine junge Adoptivtochter Ca- therine auch noch gestand, er sei für sie unter den Kandidaten leider „der Wüsteste“, verordnete sich auch eine modernere Brille und Sitzungen vor der Höhensonne, auf dass er selbst mehr Dynamik UNERWARTET KANDIDAT ausstrahle und bei der Bevölkerung mehr Gefallen fi nde. Nach und nach punktete er auch mit Eigenschaften, die im Lauf des Wahl- kampfs immer mehr durchschimmerten und während seiner Zeit als Oberbürgermeister voll zum Tragen kommen sollten. » WER ETWAS VERSPRICHT, VERPFÄNDET SEINE EHRE DAFÜR, DASS ES GESCHIEHT. « Versprechungen lehnte er strikt ab. Er bekannte sich zum „Mut zur Wahrheit“ und stellte in Anzeigen klar: „Gelddrucken kann ich eben auch nicht.“ So wappnete er sich schon einmal gegen die Ge- fahr, nach einem etwaigen Erfolg bei der Wahl Dankesschulden er- statten zu müssen. Mit feiner Beobachtungsgabe registrierte er bei Auftritten, welche Formulierungen zuverlässig Applaus ernteten und setzte sie gezielt immer wieder ein. Seine Werbekampagne entwarf er selbst und stimmte nur das Ergebnis mit Werbeleuten ab. Auf seinen Wahlplakaten wollte er nicht einmal das Logo der CDU sehen. Bald arbeitete der Slogan für ihn „Er tut, was er sagt“, worauf die SPD konterte: „Aber er sagt nicht, was er tut.“ Rommel brachte diese Replik nicht aus der Fas- sung. Conradis Vorteil durch kommunalpolitische Detailkenntnis versuchte er erst gar nicht mit gleichen Mitteln zu parieren. Manch- mal empfahl er einfach, Conradi zu fragen. Der wisse auf alles eine Antwort. Rommel nutzte seine Erfahrungen in der Landesverwaltung dazu, ein Bild von der Amtsführung zu entwerfen, mit der er Stutt- garts Geschicke zu lenken gedenke. Langsam, aber sicher wurde Rommel zur Marke. Der Kandidat gewann Sicherheit und Freude am Gedanken, die Wahl zu gewinnen