Boxen Arnold Gjergjaj betritt in London

die ganz grosse Bühne. Es war Seite ein weiter Weg dorthin. 6 Freitag 29.04.2016 Nr. 18 Fr. 5.–

DER KAMPF SEINES LEBENS MESSE HALLE 3 3

INHALT«Telebasel» Foto: eleni kougionis

Die neue Chefin Karin Müller baut den Basler Lokalsender um. Das Personal läuft Seite ihr davon, und eine inhaltliche Neuausrichtung ist noch nicht erkennbar. 12

Syngenta Foto: keystone Kino Foto: © NFP (Filmwelt)

Ein «Schwarzbuch» rückt den Basler Seite Gleich drei neue Filme lassen uns Seite Agrarkonzern ins Zwielicht. 16 den Menschen im Tier erkennen. 38

David Burger S. 4 Gastronomie Bestattungen S. 32 Kulturflash S. 41 Basler Restaurants gehts schlecht, Kultwerk S. 43 Zeitmaschine S. 44 doch statt die Schuld bei sich zu Wochenendlich S. 45 suchen, serviert der Wirteverband Kreuzworträtsel S. 46 Ausreden. Zeit, dass innovative Impressum S. 46 Seite Beizer den Laden übernehmen. 24 titelFoto: basile bornand titelFoto: basile

TagesWoche 18/16 EDITORIAL PORTRÄT 4

Austeilen und einstecken David Burger von Olivier Joliat er Prattler Boxer Arnold «The Cobra» Meist gibt David Burger bei Bands als Gjergjaj bereitet sich auf seinen bisher Manager den Takt an. In der neuen wichtigsten Kampf vor. Am 21. Mai steigt Basler Supergroup Neo Noire sitzt er Christian Degen D wieder einmal selber am Schlagzeug. er gegen den früheren Weltmeister in Chefredaktor London in den Ring. Und er will unbedingt ge- chwermütige Grunge-Elegien lie- ferten David Burger «den Sound- winnen, um die Chance auf einen Titelkampf zu Weiterlesen, S. 6 track meiner Jugend». Selbst wenn erhalten. Für dieses Ziel gibt er alles und bereitet er erst sechs Jahre alt war, als sich SGenre-Guru Kurt Cobain selbst richtete. sich akribisch vor. Er feilt an seinen Stärken und Als der heute 28-Jährige zum Teenager wur- ­arbeitet an seinen Schwächen. Er studiert den de, spielte er Alternative-Rock mit seiner Arnold Gjergjaj damaligen Band Slag In Cullet. Das Trio Gegner, um im Ring nicht überrascht zu werden. vor seinem durfte lange vom Erfolg träumen, tourte In der Politik ist das nicht anders. Wer in den grössten Kampf quer durch Europa und gewann 2012 den tageswoche.ch/ Basler Pop-Preis – brach dann aber ausein- Ring steigt, will für seine Überzeugungen kämp- +e9hu8 ander. «Nach sechs Jahren, in denen ich al- fen. Das hat am Dienstag auch Roger Köppel les reingesteckt hatte, war das Ende eine niederschmetternde Erfahrung.» ­getan. Der SVP-Nationalrat und «Weltwoche»- Trübsal blasen entspricht Burgers musi- Chef hat Bundesrätin Sommaruga angegriffen, kalischem Gusto, nicht aber seinem Gemüt. «Gelassenheit» bezeichnet er als seine weil die Personenfreizügigkeit auf Kroation aus- grösste Stärke. Die braucht er auch, denn geweitet werden soll. Köppel warf der Sozial­ Burger ist ein Macher. Schon bei Slag In Cullet kümmerte er sich als Drummer auch demokratin unter anderem vor, sie verstecke um das Konzert-Booking sowie das Ma- sich hinter Worthülsen und lasse sich von der EU nagement der Band. Über die Jahre hat er unter dem Namen Reel Music ein Netzwerk erpressen. Sommaruga verliess darauf den Saal, aufgebaut. «Das war eine Do-It-Yourself-­ kurz darauf folgte ihr die gesamte SP-Fraktion. Weiterlesen, S. 26 Lösung für uns und befreundete Bands.» Als Slag In Cullet dann den Bettel hinwar- Das ist einfach nur schwach. fen, baute er diesen Seitenzweig aus. Warum soll jemand der SP und ihren Argu- Statt im Studio traf man Burger ver- mehrt beim Studium der Rechtswissen- menten folgen, wenn sie bei der ersten Gegen- Die beleidigte schaften mit Fokus auf das Urheberrecht. wehr nicht für ihre Überzeugungen eintritt, son- Bundesrätin­ Zusätzlich arbeitete er in der Organisation mehrerer Schweizer Open Airs und baute dern davonläuft? Dass Roger Köppel gerne für einen grossen Konzert- und Event-Ver- ­provoziert und auf die Person spielt, und dass die anstalter die Booking-Abteilung auf. Heute betreut Reel Music 16 Künstler. Erweiterung der Personenfreizügigkeit die SVP Die meisten Bands stammen aus der in ihrem Kerndossier angreift, muss die Bundes- Schweiz, «aber mit internationalem Fokus». Deshalb baut die Agentur nun ein Büro in rätin gewusst haben. Hätte sie sich so akribisch Berlin auf. «Ich bin bald mehr dort als in Ba- wie die Kobra auf ihren Gegner vorbereitet, hätte­ sel oder Zürich. Schweizer Bands finden in Deutschland momentan viel Gehör.» sie Köppel ins Leere laufen lassen. Sie hätte ihm Burger spürt eine Aufbruchstimmung vielleicht mit einem süffisanten Lächeln einen und lobt den Standort Schweiz: «Wir sind hier in einer Luxusposition. Dank Förde- Treffer verpasst. Doch sie und ihre Entourage rung und Nebenjobs können Künstler ge- sind ob der Attacke einfach beleidigt abgezogen. nug Geld verdienen und darum Musik ohne kommerzielle Kompromisse machen.» Ist Stellen Sie sich vor, die Kobra steigt in den Burger vom Talent und Engagement eines Ring, kassiert zwei Treffer und hört dann einfach Musikers überzeugt, will er ihm mit seinem Business-Know-how den Rücken freihalten. auf, und zwar mit der Begründung: «Er hat mich «Wir formen nicht die Künstler, wir schaf- geschlagen.» Da würden selbst die treusten Fans fen Strukturen für ihre Arbeit.» Dass Slag In Cullet damals nicht schaff- das Handtuch werfen. ten, was er nun anderen Bands ermöglicht, tageswoche.ch/+14lg0 × kratzt ihn nicht mehr. «Ich freue mich rie-

TagesWoche 18/16 Vom Drummer zum Bandmanager und zurück: David Burger. Foto: alexander preobrajenski sig über den Erfolg anderer – gerade weil Stücke bieten Burger Platz, sich auszuto- Die Verbundenheit zwischen Manager ich weiss, wie schwierig es als Band ist.» ben. Letzten Donnerstag feierte das Quar- Burger und Label-Boss Rotter bestand Selbst bei Bands, deren Musik er liebt, reizt tett in der Kaserne Bühnenpremiere beim schon länger. Reel Music berät Serafyn, die ihn der Platz am Schlagzeug selten. «Als «Czar of Crickets»-Festival, dem Under- gefeierten Newcomer von Czar of Crickets. Drummer muss man meist songdienlich ground-Label von Gitarrist Rotter. «Mit der Basler Bandszene entwickelte sich und solid spielen. Ich aber habe einen hier auch eine grosse Vielfalt an professio- Hang zu ungeraden Rhythmen und spiele «In der Basler Szene neller Infrastruktur: Czar of Crickets, ­ eher zu viel.» A Tree in A Field oder Radicalis – man kennt Das macht ihn zum perfekten Drummer herrscht Kooperation sich, nutzt Synergien und kooperiert statt für Neo Noire. Die Band ist eine kleine auf Konkurrenz zu machen.» ­Supergroup gestandener Basler Musiker, statt Konkurrenz.» Dieser Szene-Spirit macht Basel für ihn – gegründet von der Gitarristen-WG von nebst Familie, Freundin und EasyJet-Flug- Thomas «Bäumli» Baumgartner (The Black- Weitere Konzerte, gar eine mehrwöchi- hafen – zur perfekten Homebase. «Ausser- berry Brandies, Undergod) und Frederyk ge Tour durch Europa, sind für den Herbst dem hat man hier nicht permanent das Ge- Rotter (Zatokrev, The Leaving). Was man bis geplant, wenn das Debütalbum erscheint. fühl, die Welt gehe unter, wenn man etwas jetzt im Netz hören kann, erinnert an die Neue Karrierepläne wiegelt Burger jedoch verpasst. Die Leute gehen das Leben ent- 90er – an die schwermütigen Lamentos von ab: «Erfolg ist hier nicht so wichtig. Unsere spannt an – so fühlt sich selbst anstrengen- Alice in Chains oder den komplexen Bom- Ambitionen stecken in der Musik. Dort de Arbeit nicht zu hart an.» bast der Smashing Pumkins. Die langen sind wir dafür umso kompromissloser.» tageswoche.ch/+2yurb ×

TagesWoche 18/16 Boxen Arnold Gjergjaj bereitet sich auf seinen bisher grössten Kampf vor. Der Prattler tritt in London gegen Ex-Weltmeister David Haye an. Ein Besuch im Trainingscamp. «ICH KANN IHN SCHLAGEN» foto: basile bornand 8 von Matthias Oppliger Sparring ist eine Gratwanderung. Zu Noch nie in seiner Karriere ist Gjergjaj unterlegen dürfen die Partner nicht sein, einem gefährlicheren Gegner gegenüber- on Showeinlagen hält der Prattler sie sollen Gjergjaj fordern. Deutlich stärker gestanden. «David Haye ist ein Boxer von Boxer Arnold Gjergjaj wenig. sollten sie aber auch nicht sein, man will Weltformat», sagt Trainer Gallina. «Haye ist Doch manchmal gehts nicht seinen Boxer in dieser Phase nicht entmu- mein Lieblingsboxer», sagt Gjergjaj. Die ohne. Sein Gegner David Haye tigen. Ausserdem sind bessere und höher ­Videoaufnahmen, die im Internet zu finden Vversorgt die Welt über Facebook und You- klassierte Gegner immer auch potenzielle sind, kennt die Kobra auswendig. «Ich habe tube laufend mit grossen Ansagen in Video- Gegner für spätere Wettkämpfe. diese Filme auch früher schon ange- format. Dort lässt er sich einen Medizinball An diesem Vormittag wagen sich zwei schaut.» Hayes Stil sei einzigartig im auf die Bauchmuskeln klatschen oder gibt Osteuropäer abwechselnd vor die Fäuste Schwergewicht. «Für mich ist er einer der Einblicke in seinen Trainingsalltag. der Kobra. Es sind zwei sehr unterschiedli- drei besten Boxer der Welt.» Gjergjajs Trainer Angelo Gallina besteht che Boxer, die zusammen Hayes vielseiti- Doch aller Verehrung zum Trotz: darauf: «Wir machen jetzt auch ein solches gen Stil simulieren sollen. Der eine ist klei- Gjergjaj wird Haye im Ring hart angehen. Video.» Also gibt sich der Boxer einen Ruck. ner als Gjergjaj und auch leichter, eine «Seine beste Zeit liegt hinter ihm. Er kommt Er schlägt eine schnelle Kombination in ­Annäherung an Hayes aussergewöhnliche aus einer langen Verletzungspause und ist Richtung Kamera und sagt: «I am ready Beweglichkeit und seinen dynamischen nicht in Höchstform. Ich kann ihn schla- Haye – and you?» Stil. Einen solchen Gegner muss man gen.» An eine Niederlage und den damit durch den Ring jagen, in die Ecke drängen verbundenen Verlust seiner lupenreinen Als die Sparringpartner und seinen Rhythmus durchbrechen. Der Kampfbilanz verschwende er keinen Ge- andere ist ein typischer Infighter. Einer, danken, sagt Gjergjaj. «Das Training läuft unter die Dusche gehen, der die Kurzdistanz sucht, um mit mächti- gut, mein Körper macht bestens mit, ich gen, brutalen Haken möglichst viel Scha- freue mich auf den Kampf.» malträtiert Gjergjaj den anzurichten. Haye ist berüchtigt für seine harten Pun- Beim Schattenboxen lautstark die Sandsäcke. ches, er setzt seine Gegner unter Druck und lässt ihnen kaum Raum zum Atmen. Die- hat Gjergjaj stets den Die Show wäre damit im Kasten. Bleibt sem Druck muss Gjergjaj standhalten oder die Frage, wer das Youtube-Passwort hat, noch besser: entgegenwirken. Bildschirm im Blick. um den Clip hochzuladen. Man merkt: Team Cobra hat mit solchen Dingen wenig Der Lieblingsboxer als Gegner Dort läuft ein Kampf Erfahrung. Acht Runden werden heute gekämpft, Doch viel mehr zählt das Sportliche. am 21. Mai in London werden es zehn sein. seines Gegners. Und da ist die Erfahrung gross. Das Trai- Deshalb hängt Gjergjaj nach dem Sparring ningscamp im Arnold Boxfit in Pratteln noch zwei weitere Runden an. Während er Auch der Trainer ist zufrieden. «Wir (Gjergjajs frisch eröffnetes Boxgym) hat im hinteren Teil des Gyms lautstark die sind auf dem bestmöglichen Weg», sagt den Betrieb aufgenommen. Die Vorberei- Sandsäcke malträtiert, verziehen sich die Gallina. Der Plan sei genau aufgegangen. tung läuft auf hohen Touren. Seit einigen beiden Sparringpartner unter die Dusche. «Wir haben immer gesagt, 2016 gibt es einen Tagen schon steht Sparring auf dem Pro- Morgen fliegen sie zurück, ihr Job ist erle- Top-Kampf.» David Haye kündigt im Inter- gramm. Gjergjaj soll Kampferfahrung sam- digt. Die Kobra aber hat noch viel zu tun, view (siehe Seite gegenüber) an, Gjergjaj meln, ein Gespür für die unterschiedlichs- auch wenn die Knochen vom intensiven spätestens in der achten Runde K. o. zu ten Kampfstile und Gegner entwickeln. Training schmerzen. schlagen. Von solchen Prophezeihungen hält Gallina nichts. «Arnold hat einen har- ten Punch. Im Boxen kann alles passieren, Voller Einsatz beim Sparring: Gjergjaj im Training. foto: basile bornand auf solche Prognose-Spielchen lasse ich mich nicht ein.» Weniger zufrieden ist Gallina mit dem organisatorischen Teil. Im Projekt Welt- meister ist er nicht nur Trainer, sondern auch Manager. «Das Interesse bei den Sponsoren bleibt verhalten», ärgert sich Gallina. Immerhin haben sich einige Res- taurants gefunden, die je mindestens 30 000 Franken investiert haben und dafür ihr Logo auf den Shorts der Kobra platzie- ren dürfen. «Ich esse eben sehr gerne», ­erklärt sich Gjergjaj lachend die gastrono- mische Dominanz. Der Vertrag mit dem früheren Materialsponsor Everlast sei nicht erneuert worden, sagt Gallina. «Wir brauchen Geld für Sparringpartner, keine Boxhandschuhe und Sandsäcke.» Im Ring hat Gjergjaj zu einigen Runden Schattenboxen angesetzt, den Bildschirm immer im Blick. Dort läuft Hayes Kampf gegen , den er 2012 vorzeitig gewonnen hat. Gjergjaj prägt sich die Be- wegungsabläufe seines Gegner ein, pariert, kontert, weicht aus, setzt zum Gegenangriff an. In Gedanken steht er schon jetzt im Boxring in London, wo es für ihn am 21. Mai vor 20 000 Zuschauern um alles gehen wird. tageswoche.ch/+e9hu8 ×

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«Ich halte mich für den besten Boxer der Welt.» David Haye geht selbstbewusst in den Kampf gegen die Kobra. foto: getty images

Boxen Der ehemalige Weltmeister David Haye bereitet sich auf einen zähen Kampf vor, vertraut aber auf seine Erfahrung. «Ein Sieg nach Punkten wäre nicht gut genug»

von Matthias Oppliger kämpfen. Die Enttäuschung wird verflie- der Welt zu zeigen, dass er ein Boxer von gen, sobald wir uns im Ring gegenüberste- Weltformat ist. Ich bin überzeugt, er wird avid Haye wird der härteste hen. Das wird ein spektakulärer Kampf. diese Chance nutzen. Hinter ihm steht der Gegner, dem Arnold «The Cob- Ist dieser Kampf für Sie nur ein Zwi- ganze und die ganze Schweiz. Soll- ra» Gjergjaj in London bisher schenhalt unterwegs zum Titelkampf? te er mich schlagen, stehen ihm die Türen gegenüberstand. Der frühere Der nächste Kampf ist für mich immer offen für einen Titelkampf. Garantiert. Der DWeltmeister steckt mitten im Training, wir der wichtigste. Wenn ich nicht gegen Ar- Sieger dieses Kampfes hat Anrecht auf konnten am Telefon mit ihm über seine nold antrete, werde ich später auch nicht ­einen Titelkampf. Vorbereitungen sprechen. um einen Titel kämpfen können. Ich muss Dennoch: Am 21. Mai treffen zwei David Haye, was wissen Sie über diesen Kampf unbedingt gewinnen und komplett verschiedene Welten aufein- Arnold Gjergjaj? zwar vorzeitig. Ein Sieg nach Punkten wäre ander. Ehrlich gesagt nicht allzu viel. Im Inter- nicht gut genug. Ich halte mich für den bes- Das stimmt. Ich bin ein sehr erfahrener net ist leider nur wenig Filmmaterial zu fin- ten Boxer der Welt und so muss ich auch Boxer und habe als Champion verschiede- den. Ich weiss, dass Arnold schnelle Hände auftreten. Alles andere wäre peinlich. ner Gewichtsklassen bereits einige Titel hat, für seine Grösse sehr beweglich ist und verteidigt. Arnold wird nicht gegen diese viel einstecken kann. Im Schwergewicht «Das ist Arnolds Chance Erfahrung ankommen. gibt es mit Deontay Wilder nur einen Boxer, Sie treten heute viel ruhiger auf. Frü- der länger ungeschlagen ist als Arnold. Es zu zeigen, dass er ein her haben Sie sich an Medienkonfe- wird ein harter Kampf, so viel steht fest. renzen geprügelt und grosse Sprüche Haben Sie bei ihm bereits Schwächen Boxer von Weltformat ist.» geklopft. Ist der neue David Haye ein ausgemacht? weiserer Mann geworden? Falls er eine Schwäche hat, gehe ich da- Beim Schwergewichtsboxen ist alles Ja, ich hab früher verrückte Dinge ge- von aus, dass diese bis zu unserem Kampf möglich, ein Schlag kann einen Kampf macht. Aber ich bin älter geworden und behoben sein wird. Ich schaue nie auf die entscheiden. Gjergjaj ist berühmt für habe realisiert, dass sich ein Weltklasse- Schwäche meiner Gegner, das würde mir seinen harten Punch. Was passiert, Athlet nicht so verhalten kann. Ich sollte ein ein falsches Sicherheitsgefühl vermitteln. wenn Sie verlieren? Vorbild sein. Ich bereite mich auf einen zähen Kampf vor. Ich denke nie ans Verlieren. Aber mir ist Eine letzte Frage: Wird der Kampf Arnold wird nicht leicht zu schlagen sein. klar, was passieren kann. Wenn Arnolds gegen die Kobra länger dauern als Ich werde ihn mit meiner überlegenen rechte Hand auf meinem Kinn landet, Ihr letzter Kampf gegen Mark de Mori, Erfahrung zermürben müssen. könnte ich zu Boden gehen. den Sie nach zwei Minuten K.o. Die Boxwelt war enttäuscht, als Sie An der Medienkonferenz hat Gjergjaj geschlagen haben? Gjergjaj als Gegner präsentiert haben. Sie mit den Worten begrüsst: «Hallo Definitiv. Arnold wird heftigen Wider- Boxjournalisten interessieren sich nur England, hallo London … hallo Haye.» stand leisten. Ich werde seinen Kampfgeist für grosse Titelkämpfe. Sie wären bei jedem Wurden Sie schon einmal so begrüsst? langsam brechen müssen. In der siebten Gegner enttäuscht gewesen. Ich kehre nach Nein, das hat es noch nie gegeben (lacht). oder achten Runde wird er aber zu Boden vier Jahren zurück in den Ring. Nun muss Aber er hat gut ausgesehen, selbstbewusst gehen. Ich finde immer einen Weg. ich mich in die vorderen Ränge zurück- und bereit für alles. Das ist seine Chance, tageswoche.ch/+ roa7y ×

TagesWoche 18/16 10 Boxen Gjergjaj hält aktuell den EBU-Titel der nicht EU-Staaten. Doch eine weitere Titel- Der Kampf von Arnold Gjergjaj gegen verteidigung wird es kaum geben. «Das ha- ben wir abgehakt, jetzt zählt nur noch ein einen ehemaligen Weltmeister ist grosser Titel», sagt Gallina. Für Gjergjaj und Gallina waren die halbseidenen Titel das Resultat jahrelanger Aufbauarbeit. nie interessant. «Unser oberstes Gebot war stets die sportliche Glaubwürdigkeit.» Kri- terium Nummer eins sei bei der Suche nach Der lange Weg nach London neuen Gegnern für die Kobra eine einzige Frage gewesen, erklärt Gallina: «Bringt uns dieser Kampf in der Rangliste nach vorne?» Am schnellsten nach vorne geht es, indem man gegen ältere Gegner mit hoher Punkt- von Matthias Oppliger zahl kämpft. Doch ausgerechnet das war nicht möglich, da die Schweiz als einziges ngelo Gallina strecken sich die- Land eine Ü35-Regelung kennt, die Kämpfe ser Tage viele Hände entgegen. gegen ältere Boxer verbietet. Im Restaurant, draussen auf der So ist Gjergjaj nur langsam, aber dafür Strasse, an Veranstaltungen, alle stetig in die Top 30 des weltweiten Schwer- Awollen dem Boxtrainer gratulieren und die gewichtboxens aufgerückt. Mit seiner Hand schütteln. Gratulieren zum grossen Kampfbilanz von 29 Siegen in 29 Kämpfen Erfolg, zum grossen Kampf, den sein war der Boxer stets ein attraktiver Gegner. Schützling Arnold «The Cobra» Gjergjaj am Viele sehr gute Kämpfer wollten ihn einla- 21. Mai in London gegen den ehemaligen den, um ihm seine erste Niederlage zuzufü- Weltmeister David «Hayemaker» Haye gen. Wie sagte David Haye, als er den Medi- ­bestreiten wird. en in London seinen nächten Gegner Gallina freut sich über die Aufmerksam- vorstellte? «Es ist immer eine besondere keit. Im Grunde aber wundert er sich über Motivation, einem Boxer die Null aus der das plötzliche Interesse an seinem Sport Kampfbilanz zu streichen.» und seinem Boxer. «Alle reden davon, was «Jetzt zählt nur noch ein der Kampf gegen Haye doch für einen Rie- Die Lockrufe windiger Gestalten senschritt darstelle, dabei stimmt das nicht. grosser Titel.» An Angeboten mangelte es Gjergjaj Es ist ein Riesenkampf, aber kein Riesen- schon früher nicht, nur waren diese meist schritt.» Vielmehr sei die Affiche die logi- Angelo Gallina, Trainer und Betreuer nicht überzeugend. «Wir bekamen viele sche Konsequenz des jahrelang vorange- ­Anfragen. Doch entweder waren sie so kurz- triebenen Aufbaus des Prattler Profiboxers. Suche nach Sponsoren war härter als jeder fristig angesetzt, dass uns die Zeit für eine Bereits 2008, als Gjergjaj aus dem Ama- Treffer, den Gjergjaj im Ring einstecken seriöse Vorbereitung fehlte. Oder sie waren teur- in den Profibereich wechselte, sei der musste. Gjergjaj wurde lange vor allem von aus finanzieller Sicht nicht attraktiv», er- Zeitplan fixiert gewesen. «Das Ziel lautete seiner Familie und vom Boxclub Basel un- zählt Gallina. Auf dem langen Weg nach stets: ein grosser Kampf bis 2016, noch bes- terstützt. Er und Gallina bezogen in dieser London versuchten immer wieder windige ser ein Titelkampf», sagt Gallina. In drei Zeit keinerlei Entschädigung. «Empathie Gestalten, auf den Erfolgszug aufzusprin- Phasen hat Gallina das «Projekt Weltmeis- war immer viel vorhanden, nur liess den gen. Vor ein paar Jahren wurde Gjergjaj von ter» eingeteilt, denn nichts weniger ist das Worten kaum jemand ­Taten oder einen einem albanischen Boxpromoter umgarnt, Ziel. Vier Jahre dauerte die Aufbauphase. In Check folgen», sagt Gallina. «Ich habe oft der ihn mit grossen Versprechen lockte. einer zweiten Phase ging es darum, sich für Arnold gelitten. Das Boxbusiness kann Doch die Kobra widerstand der Versuchung über zwei, drei Jahre als Profi zu etablieren, sehr erniedrigend sein, das wollte ich ihm und hielt am Vertrag mit Gallina fest. einen ersten kleineren Titel zu erringen ersparen.» Umso mehr freuten sie sich über Im Januar 2016 wäre um ein Haar ein und in der unabhängigen Boxrangliste Zuwendungen, wie das Couvert, in dem ein Kampf gegen den Amerikaner Deontay Boxrec nach vorne zu kämpfen. Heute ran- Gönner dem Team Cobra eine 50er-Note Wilder zustande gekommen, die Weltnum- giert Gjergjaj dort auf Platz 23. zukommen liess. mer 4 und aktueller WBC-Champion. Es Sportvermarktungsexperten winkten hätte ein spektakulärer Kampf werden Die Suche nach ab, für Schwergewichtsboxen gebe es in der können. Doch Wilder entschied sich gegen Schweiz keinen Markt. Zu klein sei das Gjergjaj und für den Polen Artur Szpilka. Sponsoren war härter Land, zu klein die Aufmerksamkeit, zu klein Wenig später zeichnete sich das Angebot die Aussichten auf Renommee und Rendi- von David Haye ab. Die erste Kontaktauf- als jeder Treffer, te. Inzwischen haben sich doch eine Hand- nahme fand über einen Mittelsmann statt, voll Sponsoren gefunden, die ihr Logo auf bald aber verhandelten die beiden Lager di- den Gjergjaj im Ring die Shorts der Kobra drucken wollen. Zum rekt miteinander. Die Anfrage aus Gross- ersten Mal kann Gallina in der Vorberei- britannien war anders als die meisten frü- einstecken musste. tung auf einen Kampf ein bisschen Geld in heren Anfragen. Sie kam frühzeitig, sodass die Hand nehmen und damit qualifizierte Gjergjaj genügend Zeit zur Vorbereitung Mit dem Kampf gegen Haye ist die Kob- Sparringpartner einfliegen. hatte, und auch finanziell ist der Kampf at- ra nun nach acht Jahren in die dritte, die Wäre es Gallina und Gjergjaj nur um den traktiv. Das Team Cobra soll angeblich eine ­finale Phase gestartet. Ein grosser Titel WM-Titel gegangen, hätten sie keine acht Gage von 200 000 Franken erhalten. kommt damit in Reichweite. Jahre warten müssen. In der schillernden Das ist eine schöne Stange Geld, wichti- Acht Jahre, das ist eine lange Zeit. Eine Welt des Boxens wimmelt es von Weltmeis- ger aber bleibt der sportliche Wert dieses Zeit voller Entbehrungen, hartem Training, tern. Eine Vielzahl von Verbänden verleiht Kampfes. Wie hoch der ist, wird sich erst in Schmerzen, Verletzungen. «Hätten Arnold eine ebenso grosse Zahl an Titeln– viele da- London zeigen. Wie sagt Angelo Gallina: und ich Ansprüche gestellt, wären wir heu- von sind heute vakant. Wer genügend Geld «Abgerechnet wird im Boxen immer erst te nicht, wo wir sind», sagt Gallina. Es war mitbringt, darf sich morgen Weltmeister nach dem letzten Gong.» auch eine Zeit fehlender Anerkennung. Die nennen. tageswoche.ch/+ttxz2 ×

TagesWoche 18/16 Ein starker Nacken hilft dabei, Schläge wegzustecken – das verlangt Training. foto: basile bornand 12 «Telebasel» Neue Chefin, neues Programm, neue Website und viele, viele Kündigungen. Bei «Telebasel» wurde anderthalb Jahre umgebaut, dass kein Stein auf dem anderen blieb. Der neue Wind fegt auch das Personal weg

von Matthias Oppliger eine gefährliche Richtung bewegte. Unter nicht klar gewesen, wer nun wirklich das dem langjährigen Chef­redaktor Willy Sur- Sagen hat, Bornhäusser oder das Füh- nde Monat steigt bei «Telebasel» beck hatte der Sender mächtig Staub ange- rungsduo Müller/Prétôt. jeweils die Spannung. Vor allem setzt. Die Redaktion war verzettelt. Die Das alles habe im Unternehmen auf die die Mitarbeiter in der Redaktion Nachrichtensendung «7vor7» war als feste Stimmung gedrückt. Mit der einsetzenden fragen sich dann: Welcher Kolle- Grösse in der Basler Medienlandschaft eta- Kündigungswelle sei die Atmosphäre abge- Ege geht wohl als Nächster? Bleibt meine bliert, daneben bedienten eine Unzahl an kühlt. Wer Alternativen sah, packte seine Tischnachbarin dieselbe? Sendungen und Magazinen Nischen. Sachen. Wer ein Angebot von aussen be- Seit Anfang 2015 hatte der Lokalsender kam, nahm es dankbar an. Eine Grosszahl insgesamt 31 Abgänge zu verzeichnen, aus- Redaktion verunsichert der Kündigungen erfolgte gar ins Blaue hi- laufende Praktikumsverträge nicht mitge- Surbeck führte den Sender als Patriarch, naus. Manche zogen gar die Ungewissheit rechnet. Fünf davon sind Entlassungen. Im der sich nicht reinreden liess, mit der Zeit des Arbeitsmarktes der Ungewissheit bei Schnitt zwei Kündigungen pro Monat lan- aber Entscheidungen scheute und kaum «Telebasel» vor. Für ander­ e Mitarbeiter den an der Steinenschanze auf dem noch durchsetzte. Die Stimmung unter ihm wiederum war der Ruck erlösend. Endlich Schreibtisch des CEOs Dominik Prétôt. erlebten zwar alle als «familiär und warm», war die bleierne Ära ausgestanden. Endlich Am 28. Januar ist «Telebasel» mit einem vielfach aber auch als «starr und behäbig» wieder Entscheidungen und Bewegung. neuen Programm auf Sendung gegangen oder gar «lähmend». Manch einer hatte es Müller und Prétôt räumen ein, die Per- und mit einer neuen Website online. Das sich etwas zu bequem gemacht. sonalfluktuation in den letzten Monaten sind nur die zwei sichtbarsten Neuerungen, Stiftungsratspräsident Roger Thiriet be- sei extrem hoch gewesen. Das bringe ein die das Unternehmen unter dem Slogan zeichnet diese Situation rückblickend als «Change-Prozess» mit sich, sagt Prétôt. «Alles neu bei Telebasel» vollzog. Dahinter «Reformstau». Dies und der beschleunigte «Vorher hatten wir für ein Medienunter- steckt eine profunde Neuausrichtung des Zuschauerschwund hätten einen «Hand- nehmen fast eine zu geringe Fluktuation.» gesamten Apparates. Oder ein «Change- lungszwang» nach sich gezogen. «Ein Neu- Bei einer derart profunden Veränderung Prozess», wie Prétôt es gerne nennt. start bei ‹Telebasel› war dringend nötig.» verwundere es nicht, wenn sich viele im Willy Surbeck wurde in die Frühpension Unternehmen nicht mehr wiedererkennen, Staub weggepustet entlassen und mit Karin Müller eine neue sagt Müller. «Fast niemand macht heute Drei Monate nach Neustart treffen wir Chefredaktorin eingestellt, die frischen noch das Gleiche wie vor einem Jahr.» Prétôt und Chefredaktorin Karin Müller Wind bringen sollte. zum Gespräch, um ein erstes Fazit zu Zwar will sich Müller nicht als alleinige «Vorher hatten wir ­ziehen. Und um herauszufinden, weshalb treibende Kraft hinter dem Relaunch ver- bei «Telebasel» die Mitarbeiter gleich in standen wissen, doch es ist klar: Müller fast eine zu geringe Gruppen und im Monatstakt ihre Kündi- ­verkörpert das neue «Telebasel». Viele ehe- gung einreichen. Ausserdem hat die Tages- malige Mitarbeiter erlebten den Wind, den Fluktuation.» Woche zahlreiche Gespräche geführt mit Müller ins Unternehmen brachte, jedoch aktuellen und ehemaligen Angestellten von weniger als frisch denn als forsch. Von Be- CEO Dominik Prétôt «Telebasel». Diese wollen allesamt anonym ginn weg eckte sie mit ihrem Führungsstil bleiben, da sie mit Journalisten nicht über an. Entscheidungen seien im Hintergrund Weiter sagt sie: «Man kann Menschen Interna sprechen dürfen. gefällt und die Redaktion sei vor vollendete nur auf eine Reise mitnehmen, wenn man Um zu verstehen, warum bei «Telebasel» Tatsachen gestellt worden, berichten meh- ihnen sagt, wo das Ziel liegt.» Und dieses alles neu werden musste, braucht es einen rere Mitarbeiter übereinstimmend. Ziel sei zu Beginn noch nicht so klar oder kurzen Rückblick. Der Stiftungsrat, der als Verunsichert habe auch, dass plötzlich noch geheim gewesen. Eine Situation, die oberstes Organ der Stiftung Telebasel über ein Externer bei «Telebasel» als Reformer nur schwer auszuhalten sei. «Es ist klar, die sogenannte Delegation die strategische auftrat: Michael Bornhäusser, Mitglied des dass dann ein Angebot eines anderen Me- Führung des Lokalsenders innehat, stellte Stiftungsrates. Er wurde mit der Betreuung dienhauses, das womöglich noch höhere bereits 2012 fest, dass sich «Telebasel» in des Relaunches betraut. Zeitweise sei es Löhne zahlt, attraktiver ist.»

TagesWoche 18/16 Erwartet mehr inhaltliche Ideen von ihrer Redaktion: die neue «Telebasel»-Chefin Karin Müller. foto: eleni kougionis

Lieber als über Abgänge reden Müller ten – ein sehr hoher Anteil, wenn man be- ein internetaffines und deshalb fernseh­ und Prétôt über die Neuanstellungen. «Frü- denkt, dass es sich um eine Redaktion han- fernes Publikum zu bringen», sagt Prétôt. her hatten wir Mühe, gute Leute zu finden», delt, die von Grund auf etabliert werden Die vielen Abgänge wirken sich auf die sagt CEO Prétôt. Das sei heute anders. «Wir soll. Ein Aufbau mit Praktikanten? Klingt Qualität von «Telebasel» aus. Das neue erhalten 100 Bewerbungen pro Ausschrei- abenteuerlich. ­Programm wird reihum als oberflächlich bung», sagt Müller. Habe früher ­«Telebasel» wahrgenommen, und auch intern ist die auf der Karriereleiter eines Mitarbeiters Seit ihrem Bestehen Unzufriedenheit gross. In den kurzen News­ eher eine untere Station dargestellt, seien beiträgen können Themen höchstens ge- jetzt auch bestens ausgebildete und erfahre- wurde die Online- streift werden, einzig die Sendung «Talk» ne Personen an einer Anstellung interes- bietet sich für eine punktuelle Vertiefung siert. «Ausserdem wurde mit dem neuen Redaktion bereits an. Eine Umfrage der TagesWoche fällt ver- Konzept nicht abgebaut, wir haben perso- nichtend aus. Sie ist nicht repräsentativ, nell sogar noch zugelegt.» zweimal ausgetauscht. aber eine Tendenz zeigt sie schon auf: Mehr Und doch: Die Kündigungswelle hat als 90 Prozent geben an, «Telebasel» nicht Spuren hinterlassen. Auf der Redaktion ist Von der mit dem Relaunch versproche- oder nicht mehr zu schauen. Ebenso wenig viel Erfahrung verloren gegangen. Das nen «Newsplattform für die Region» ist auf Zuspruch erhält der Webauftritt. zeigt sich zum Beispiel daran, dass die drei telebasel.ch wenig zu sehen. Bei den Bei­ Leitungsposten auf der Fernsehredaktion trägen handelt es sich hauptsächlich um Wenig journalistische Chefredaktorin mit sehr jungen Journalisten besetzt sind. Agenturmeldungen, Sendungshinweise Den Grund für diese publizistische In einem gut funktionierenden Unterneh- und internationales Dies-und-das. Eigen- Schwäche sehen einige aktuelle und ehe- men kann das eine geeignete Möglichkeit leistungen sind kaum auszumachen, einen malige Redaktoren bei Karin Müller. Die darstellen, um künftige Kaderleute auszu- Schwerpunkt scheint die Berichterstattung Chefredaktorin wird intern als «wenig bilden. Doch in einem derart profunden über die Dating-Sendung «Bachelorette» journalistisch» wahrgenommen. Auch eine Veränderungsprozess wirkt das Gleiche zu bilden. klare Haltung vermissen viele. eher wie eine Verzweiflungstat. Die personelle und publizistische Mar- Ihre Rolle sei während des Umbaus mehr ginalisierung der Online-Redaktion ist je- die einer «Managerin» gewesen, entgegnet Zuschauer verstört doch Konzept, wie CEO Prétôt sagt. «Es ist Müller auf die Vorwürfe. «Erst jetzt können Noch verheerender ist die Situation in klar, dass wir nicht zu viele Ressourcen ins wir uns langsam wieder um die Inhalte der Online-Redaktion. Deren Belegschaft Online stecken können. Sonst kommen wir kümmern.» Sie erwarte aber auch, dass die wurde in dem Dreivierteljahr ihres Be­ in einen Konflikt mit unserer Konzession.» ­Redaktion inhaltlich proaktiver teilnehme. stehens schon zwei Mal komplett ausge- Das Online-Team wird also kleingehalten, Schliesslich könne es nicht sein, «dass wir tauscht. Heute sind dort sieben Personen um der hängigen Konzessionsklage keine aus der Programmleitung den Redaktoren beschäftigt, ab Mai noch fünf. Die Leiterin, Angriffsfläche zu bieten, die Medienunter- die Geschichten in den Block diskutieren die Müller ins Boot holte, musste bereits nehmer Christian Heeb gegen «Telebasel» müssen.» Im Hause «Telebasel» steht also wieder gehen. Mehr als die Hälfte der eingereicht hat. «Der Webauftritt dient bereits der nächste Kulturwandel an. ­Online-Redaktion besteht aus Praktikan- hauptsächlich dazu, unsere TV-Beiträge an tageswoche.ch/+rvxac ×

TagesWoche 18/16 14 Studie «Arbeitsmarkt und Armut in Basel-Stadt» Sozial- und Wirtschaftsexperte Carlo Knöpfel plädiert für eine präventive Sozialpolitik. Wenn wir heute nicht investierten, fielen in Zukunft viel höhere Kosten an. «Die Wirtschaft muss Verantwortung übernehmen»

Wer keine Chance auf dem Arbeitsmarkt hat, wird an den Rand gedrängt und droht auf der Strasse zu landen. foto: a. preobrajenski 15 von Jeremias Schulthess chen eine Perspektive, wie sie in der Gesell­ schaft partizipieren können und nicht an asel sei eine A-Stadt, sagt Carlo den Rand gedrängt werden. Knöpfel. Viele Arbeitslose, Arme, Gibt es Möglichkeiten von freiwilligem Ausgesteuerte, Alleinerziehende, Engagement, also auf dem zweiten auch einige Alkoholiker gebe es Arbeitsmarkt? Bhier. Soziale Probleme würden sich all­ Ja, aber hier geht es um Angebote und gemein in den Städten kumulieren. Doch Betreuung. Mit Geld allein ist dieses Prob­ Knöpfels einstiger Professor, der den lem nicht gelöst. ­Begriff erfand, sei eben nicht in Liestal dar­ Basel-Stadt hat schweizweit die auf gekommen, sondern in Basel. höchste Sozialhilfequote und gleich- An der Fachtagung «Wirtschaft und Ar­ zeitig die grösste Pro-Kopf-Wertschöp- mut» der Sozialkonferenz Basel stellte fung. Was läuft da schief? Knöpfel seine Studie ­«Arbeitsmarkt und Die Wirtschaft muss wieder mehr Ver­ Armut in Basel-Stadt» vor. Er beschäftigt antwortung übernehmen. Wir hatten Pha­ sich schon lange mit Armut. Nach seinem sen eines sozialen Unternehmertums, das Wirtschaftsstudium arbeitete er 19 Jahre «Im schlimmsten Fall übrigens auch ein soziales Bürgertum war. bei ­Caritas Schweiz, seit vier Jahren ist er Die Christoph Merian Stiftung oder die Professor für Sozialpolitik und Sozialarbeit werden die noch jungen GGG sind Symbole dafür. an der Hochschule für Soziale Arbeit. Und heute klappt es nicht mehr mit der Die Sozialkonferenz hat am Dienstag Erwachsenen später sozialen Verantwortung? auch den Basler Sozialpreis verliehen: die­ Es stellt sich die Frage: Wie gelingt es, ses Jahr an die Migros-Genossenschaft Ba­ zu Dauerbeziehern von diese Kultur einem internationalen Ma­ sel. Migros setze sich für Mitarbeitende mit nagement bewusst zu machen? Die Her­ körperlichen oder geistigen Defiziten ein Sozialhilfe. Das könnte ausforderung ist, dass Amerikaner, Mexi­ und nehme damit ihre soziale Verantwor­ kaner oder Chinesen, die hier als Expats tung wahr, so die Begründung. für die Gesellschaft teuer ­leben, ihre Verantwortung begreifen. Und Das Ziel der Tagung war denn auch, Per­ auch die Tradition, die es in der Schweiz sonen aus der Wirtschaft für soziale The­ werden.» gibt. Denn es gibt so etwas wie einen Deal: men zu sensibilisieren. Die Wirtschafts­ Wir als Gesellschaft lassen euch – der Wirt­ vertreter kamen jedoch nicht in Scharen. und wenig Beziehungen nach aussen vor­ schaft – im Arbeitsmarkt möglichst viele Lediglich etwa ein Dutzend hörte sich an, handen sind, fällt es den Jugendlichen Freiheiten, aber ihr müsst bereit sein, Ver­ was Carlo Knöpfel zu sagen hatte. schwer, eine Berufsausbildung zu machen. antwortung zu übernehmen. Das heisst Herr Knöpfel, was ist die wichtigste Bei dieser Gruppe geht es darum, ihnen konkret, die Unternehmen müssen den Erkenntnis aus Ihrer Studie? eine Nachholbildung zu ermöglichen. Nur ­Sozialstaat mitfinanzieren und den Leuten Im Spannungsverhältnis zwischen mit einem Berufsabschluss haben sie über­ Arbeit anbieten – auch Menschen, die nicht ­Arbeitsmarkt und Armut gibt es vier soziale haupt Chancen, auf dem Arbeitsmarkt Fuss mehr topfit sind. Dieser Deal muss neu aus­ Risikogruppen, die besonders armutsge­ zu fassen. gehandelt werden und wieder vermehrt in fährdet sind: erstens junge niedrig Qualifi­ Was passiert, wenn sie keine Berufs- die Unternehmenskultur einfliessen. zierte. Diese Gruppe besetzt mittlerweile ausbildung nachholen können? tageswoche.ch/+0z7s9 × einen sehr hohen Anteil in der Sozialhilfe. Im schlimmsten Fall werden diese noch Zweitens sind ältere niedrig Qualifizierte jungen Erwachsenen später zu Sozialhilfe- betroffen, die keine Chance haben, in den Dauerbeziehern. Das könnte für die Gesell­ Arbeitsmarkt zurückzukehren. Die dritte schaft teuer werden. Man müsste deshalb Gruppe bilden psychisch Erkrankte, die präventiv handeln. Ich spreche von einer den Arbeitsbelastungen nicht mehr ge­ «investiven Sozialpolitik»: Heute investie­ recht werden. Für diese Menschen müsste ren, damit später weniger Kosten anfallen. man angepasste ­Arbeitsplätze schaffen, an Sehen Sie im bedingungslosen Grund- denen sie weniger Druck ausgesetzt sind. einkommen eine mögliche Lösung, Viertens sind junge Alleinerziehende, die um Ältere und Alleinerziehende zu mehrfach belastet sind, von Armut bedroht. entlasten? Das sind sehr häufig junge Mütter, die ihre Das sehe ich gar nicht. Ältere, die wenig Ausbildung wegen eines Kindes abbrechen. qualifiziert sind, erhalten ja bereits ein Warum sind junge Menschen immer Grundeinkommen über die Sozialhilfe. häufiger von Armut betroffen? Aber kein bedingungsloses. Sie kommen sehr oft aus sogenannten Gut, sie müssen sich noch bewerben. Working -Poor-Familien. Bereits die Eltern Aber wenn sie über 55 Jahre alt sind, ist das waren von Armut betroffen. Weil in der bei der Sozialhilfe oder Arbeitsvermittlung ­Familie ein tiefer Bildungsgrad vorherrscht kein Thema mehr. Diese Menschen brau­

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Grenzverkehr Deutsche ExportwirtschaftMONTAG, barmt: 1. FEBRUAR 2016 · NR. 26 · 1,50 EURO ·

3 Kontrollen innerhalb der EU-Zone schaden dem Profit

GEGRÜNDET 1947 · Vorteilsnahme Interne Revisionen haben in LangsamesMITTWOCH, 10. FEBRUAR 2016 · NR. 34 · 1,50 EURO Massaker · Unbehelligt PVST A11002 · ENTGELT BEZAHLT NSU-Aufklärung:Türkei: Warum einSeit hessi- zehn Tagen warten Eingeschlossene in Cizre auf Hilfe. Militär verweigert 4 verschiedenen Bundesbehörden Alternatives Reisen

■ Seite 2: H a u p t s t a d t Unregelmäßigkeiten festgestellt Dschungel. Im Tourismus geht es weder fair, noch gerecht zu. gelegt. Mallorca leidet unter den Millionen Zugang. Mindestens sieben Tote. is Berlin. Mit Kunzes si t nicht Bus ganz quer alles durch beim die alten Hauptstadt ALTERNATIVES REISEN

■ Seite 4: scher Exgeheimdienstler kein ■ Seite 6: Neuland in Metz. Blinde erleben Reisen anders Ungefiltert. Die verdrängten Risiken von Kabinenluft ■ ■ Seite 8: Seite 3: Mittwoch, 10. SpezialFebruar 2016, Nr. 34 3 Viva! Auf zu Zapata Schön tranquilo. In Kubas Verfahren fürchten muss ■ Seite 5: Trocken- ■ Seite 7: Dit Falscher ZauberVerwüstungen Unverbindlich Staatsbesuch Es liegt auch an den Zeiten,Der dass Mensch das hinterlässt auf der Gianis Varoufakis stellt sich in Ber-PVST A11002 · ENTGELT BEZAHLT TONY GENTILE/REUTERS Erde unauslöschliche Spuren. Raúl Castro in Paris:Falscher Kubanischer Zauber Fernweh wächst. Die Narren sind los. Das Reisen ist eine Schule, der Tourismus ein Blender. Anregungen zur praktischen Weltanschauung . Leben wir noch im »Anthropozän« Von Pete r Steiniger

ür Werbeterror gibt es keine Warnstu- Ich war da! Unsere Fotos zeigen genau das, was Sie darauf sehen. fen. Der Bürger als Konsument hat Wohin auch immer Menschen reisen, ein Selfie muss sein. Nicht nur Köln oder Düsseldorf sind betrof- Fsich dem auszusetzen. Auch die Rei- Hier: Rio de Janeiro, Brasilien sten, am besten,sebranche phänomenal bombt uns und zu. gern Am total. schön- Wie bei jeder Propaganda führen auch bei der oder eher im »Kapitalozän«? Zum kommerziellen Werbung der inflationäre Ge- brauch von Superlativen, das klebrige Selbstlob, ganz bequem. Zum Beispiel nach Portugal, aufs die Beleidigung der Intelligenz und die pene- spanische Festland oder auf die schöne Insel lin Fragen von Journalisten zur tranten Wiederholungen bei ihren Adressaten Mallorca. Es ist eines unserer Themen hier, dass Neu am das nicht nur Geld, sondern auch Probleme mit zur Abstumpfung. Und doch: Steter Tropfen höhlt ja den Stein, also auch den Kopf. Paro- sich bringt. len bleiben hängen. Und neue Gläubige reihen Seit es Menschen gibt, möchten diese wohl Präsident zu offiziellerwissen, was hinter dem HorizontVisite liegt. Wissen in sich ein in den Ringelpiez ums Goldene Kalb. fen, nein, das ganze Abendland machen Sie lügen wie gedruckt. den zu sein, da muss man feststellen: Das ganze wollen ist der erste Schritt zum aufgeklärten Streit um einen Namen für das Ohne Ökonomie geht es nicht. Wer nicht wirbt, Menschen. »Wissen macht uns verantwortlich«, Abendland machen sie unsicher. Manche kostü- 7 stirbt, heißt es. Für nicht wenige Länder und mieren sich in Nadelstreifen, manche gehen als Regionen ist die Tourismusindustrie eine Le- mahnte der Revolutionär Che Gue ler Typ, der selbst viel rumkam, eine Menge prollige Dumpfbacke, einige spazieren im Spie- 4 bensader. Wie verwundbar sie ist, zeigen die ßerkostüm oder tragen Uniform, andere laufen guter Sprüche draufhatte und trotz Asthma den jüngsten Anschläge in Ägypten oder der Türkei. herum wie du und ich. Fröhlichkeit verbreiten Dann fliehen die umworbenen Kunden aus den Bergtourismus schätzte. Es lohnt sich, hinter Bewegung DiEM 25 den Horizont zu blicken, über das Ziel und sie nicht. Sie lärmen, dass wir am Arsch wären, reicheren Ländern. Natürlich nehmen sie nicht coo-vara, ein sie verbreiten Angst. Aus ihrer Furcht heraus, sich bringt, überfordern. Vielleicht selbst Opfer die Balkanroute, sondern verlegen ihren Urlaub die Art zu reisen nachzudenken. Über das Ver- sozialer Kälte treten sie nach unten. Und es istDiäten, Diäten Frankreich eingetroffenhältnis von Mensch und Umwelt, Kapital und denn sie wissen schließlich ganz genau, wie der kein Wunder, dass manche Birne weich ist. In Arbeit. Unsere Autoren möchten dazu anregen, Moslem tickt oder was der Schnackel-Afrikaner Zeitalter eines kaputten Planeten. Medien wurden bereits über Jahre Klischees mit offenen Augen der Reiselust nachzugehen, im Schilde führt. Und sie finden, dass wir Deut- sie unsicher. Das Reisen hat viele Facetten. und Feindbilder verbreitet. Ihr neuer Lieblings- Orte zu erkunden, Menschen und Kulturen. schen schon lange genug für das bisschen Welt- krieg büßen mussten. Nun wollen uns Fremde schurke sitzt, und das ist nicht gerade originell, mal wieder im Kreml. Zwei unserer Beiträge E s liegt auch an den Zeiten, dass das Fernweh an den Wohlstand, ihre Sitten, Gebräuche und wächst. Wir dachten, die Narren, die Köln oder führen Sie in sein Reich. Düsseldorf heimsuchten, gerade erst losgewor- Schleier überstülpen, die Party versauen. Die Wurst bleibt hier, tönen sie, kein Zugereister D a s R es ei n h a t soll davon abbeißen. Blasen irgendwo tausend man durch Grönland stapft, durch die Branden- solcher Wuttrottel in ihre Tröten, sind sie auch burger Pampa radelt vieleoder sichFacetten. an Kubas Doch schön- egal, ob schon in der »Tagesschau«. In den Umzügen stem Strand, der Playa Pilar, rekelt – immer Von Elmar Altvater der Demago ist es eine lehrreiche Herausforderung. Reisen die die Veränderungen, die die massenhafte schafft Freundschaften, prüft Partner auf Ver- Flucht von nMenschen sichgen auch finde vorsolche Krieg wieder, und Elend mit träglichkeit. Es ist eine Schule für Geduld und WahlkampfWir werben in um Sachsen-Anhalt: Ihre Lust daran – mit Toleranz, es stärkt den Verstand und das Herz. Hier lernt man, was das andere ausmacht, wie Kiewer Tricksereien ähnlich sich alle Erdenkinder doch sind. Hier lernt man, wie der andere tickt, hier lernt man GEGRÜNDET 1947 · das, was kein Buch, keine Zeitung und schon gar kein Politikerwort erklärt. Wir werben um Von Kevin Hoffmann, Istanbul Ihre Lust am Reisen – mit leisen Tönen. Ungeduldig Linksleisen verliert, Tönen rechts marschiert. CDU Ukrainische Regierung versucht, Verabschiedung eines AmnestiegesetzesDie NATO will von zu libyscher umgehen. Regierung FREITAG, 4. MÄRZ 2016 · NR. 54 · 1,50 EURO · und AfD übertrumpfen sich gegen- Wieder Beschuss von Dörfern bei Donezk. zur Intervention eingeladen wer- seitig Bierriesemit Parolen zur Grenzschlie- Arbeitsrechte Marktführer Anheuser-BuschWWW.JUNGEWELT.DE schluckt 7 den. Von Knut Mellenthin ßung. Grüne und SPD geben sich SEITEN 12/13 Verpackungskonzern Smurfit Kappa: JENS WOLF/DPA - BILDFUNK ACHT SEITEN EXTRA PVST A11002 · ENTGELT BEZAHLT dennoch koalitionswillig. iew hat nicht vor, die in Minsk 9 größtenWWW.JUNGEWELT.DE Konkurrenten SAB Mil- Internationaler Protest gegen UngebremstVon Susan Bonath KHundertezugesagte Menschen Amnestie demonstrierten für Teil- am SonnabendUnschuldsmienen in Berlin gegen den Krieg Ankaras gegen die Kurden ler. Von Gerrit Hoekman mieseDonbass Bedingungen zunehmer verabschieden. des Aufstandes Dies im geht Brasiliens Regierung versucht, mit 2 Am Donnerstag endete die mündliche Wir drucken, wie sie lügen. aus Äußerungen verschiedener ukraini- Milliarden Real die Wirtschaft zu scher Politikereit dem und 22. Experten Januar harrt wenige eine Ta- Verhandlung im NPD-Verbotsver- 9 ge vorS dem Gruppenächsten von Treffen zwei Dutzend der Minsk- Men- beleben. Von Robert Ojurovic SEITE 3 den bewohnten Cizre im Südosten der Überkapazitäten Kontaktgruppeschen hervor. im mehrheitlich So erklärte von Kur- der 4 fahren in Karlsruhe Wieder starben in der Kiosk Türkei in einem Keller aus. Die Gruppe China: Die Einfuhren schrumpfen WWW.JUNGEWELT.DE Von Reinhard Lauterbach stellvertretendewar dorthin geflüchtet, Chef der als sieKiewer von türki- Präsi- Ägäis 37 Menschen dialverwaltung,schen Soldaten beschossen Konstantin wurde Jelissejew, ( drastisch, Schwerindustrie leidet Ayvacik. einberichtete). eigenes Mittlerweile Amnestiegesetz sind minde- sei nicht FrühjahrssturmSamstag erneut mindestens stens sieben Menschen ihren Verletzun- 9 unter zu geringer Auslastung In der Ägäis sind am nötig. Die Ukraine habe ein Amne- die letzten Worte, die man einer Pres- März 1926: 1337 Menschen Millionen ums UnterschriftenLeben ge- gen erlegen, die sie bei den Angriffen UNHCR fordert Türkei zu seerklärung der Demokratischen Par- kommen, die meisten von ihnen vonstiegesetz Polizei und aus Militär dem erlittenJahre 1996,hatten. das auf tei der Völker (HDP) zufolge von den Frauen und Kinder. 75 Menschen Zuletztdie Aufständischen starb am Samstag angewendet die 16jährige wer- fürGrenzöffnung Enteignung aufder Fürsten. Lidl löhntVerletzten vernommen nicht habe. Seitdem konnten nach Angaben der tür- Sultan Irmak, nachdem es erneut zu den könne. Dieses bestimmt allerdings, sei die Verbindung abgerissen und es 12 VonGenf/Damaskus.kischen Manfred Küstenwache Weißbecker gerettet einem Beschuss des Hauses durch Pan- Protestdass Personen, gegen die des »Terrorismus,ein unverschämtes jW gebe keinen Kontakt mehr Tarifangebot zu den Ein- vor dem Frankreich-Sitz der deutschen lingshilfswerkwerden, nachdem (UNHCR) ihr Boot beim hat zer und Artillerie der türkischen Armee www.jungewelt.de facebook.com/junge.welt twitter.com/jungewelt Straftaten gegen die nationale Sicher- geschlossenen. Bereits am Freitag hatte VersuchAnkara dereindringlich Überfahrt Das von zur UN-Flücht- der Aufnah- gekommen war. Dabei wurde zudem türkischen Provinz Canakkale zur der HDP-Abgeordnete Faysal Sariyildiz Lebensmittelkette.der einzigeheit der Zugang Ukraine zu dem und Keller des ver- Banditismus« Die will im Nachbarland neue Marktanteile erobern. me von Flüchtlingen aus Syrien eine SMS-Nachricht des sich im Keller griechischen Insel Lesbos kenter- schüttet,unter wie keinen die kurdische Umständen Nachrich- amnestiert befindenden Mehmet Yavuzer von der In einer Erklärung der HDP-Abge- te. aufgerufen.Die meisten der »Wir Flüchtlinge fordern ka- von der tenagentur ordneten Iris Baluken, Meral Danis werden können. Das erlaubt die Aussa- kurdischen Demokratischen Partei der menTürkei aus Syrien die undÖffnung Afghanistan, der Grenze für Bestas und Osman Baydemir vom Das letztege, dass Lebenszeichen den Aktivisten der Ein- der Volksrepu- Regionen (DBP) veröffentlicht, in der einigealle aus Zivilisten, Türkei:Myanmar. dieErst Polizei Schutzam Don- suchen«, erschießt geschlossenen unditarbeiter Verletzten gabdes es Lebens- Samstag heißt es, dass wiederholt blikenANF auf jeden Fall Repressionen dro- es heißt: »Ich werde mich selber töten. nerstag waren 24 Flüchtlinge beim am Samstag. »Wir werden beschossen, Krankenwagen daran gehindert worden sagte UNHCR-Sprecher William mitteldiscounters berichtete. Lidl in Ich möchte die Schreie nach Wasser Untergang ihreszwei Boots Frauen vor der nach Angriff Bomben wurdenhen, wenn hier rein das geworfen. Gebiet unter Sie ukrainische seien, zu den Verletzten zu gelangen. Spindler am Dienstag in Genf. Nach MFrankreich demonstriertennicht mehr hören. Niemand guckt zu griechischen Insel Samos umge- werden unsHoheit töten. Helft zurückkehren uns«, waren sollte. Gleich- Die zuständigen Behörden hätten ar- am Donnerstag für höhere Löhne. mir, ich werde mich selber töten. Was- kommen,UN-Angaben am MittwochIstanbul. sindertranken Türkische in den vergan- Polizisten ha- gumentiert, dass der einzige Weg zu zeitig ist erkennbar, dass die Ukraine ser, ich sage dir, Genosse – Wasser, sieben Menschen.genen Tagen 31.000 Menschen aus Knapp 200 Angestellte versammel- dem Haus durch die »Kampflinie« füh- ben Medienberichten zufolge zwei die Fortsetzung des Minsk-Prozesses Wasser …« Seit nunmehr sechs Tagen damit diese Hilfe zu den Verletzten der Stadt Aleppo und Umgebung re und man deshalb die Sicherheit der TagesWoche 18/16 ten sich nach einem gemeinsamen durchlassen. Frauen erschossen, die eine Wache hintertreiben möchte. Ihr Vertreter in gebe es in dem Keller nichts mehr zu Rettungskräfte nicht garantieren könne, geflohen. Die Lager entlang der trinken, berichtete die Von Arnold SchölzelKundgebungen nach Aufrufder politischen der Gewerkschaften Untergruppe, der UNSA, frü- da während der laufenden Operation Am Wochenende versuchte in Ciz- türkischenin Grenze Istanbul sind angegriffeninzwischen hatten. Die Schwieriger Auftaktschlossenen hätten lediglich einen alten re eine Gruppe Freiwilliger aus den CGT,here Staatspräsident FO, CFDT und Leonid CFTC Kutschma, vor dem ein Waffenstillstand nicht möglich sei. Handgranaten-Wurf Wassertank mit einem Liter dreckigen im Gesundheitswesen tätigen Gewerk- überfüllt. »DieAttentäterinnen Türkei lässt aber hätten nur am Don- kündigte an, sein Land wolle die Ver- Schließlich wurden die Krankenwagen Frankreich 2,2 Prozent) und will ihn In Genf habenFrankreich-Sitz die Syrien-Friedensverhandlungen von Lidl im südlich PICTURE ALLIANCE / PHOTOAGENCY begonnen INTERPRESS/RUSSIAN LOOK eine kleine Zahl von Verletzten(AFP/jW) oder Wassers gefunden, um ihre Lippen be- schaften TTB und SES, mit Kranken- BJOERN KIETZMANN nerstag im Stadtteil Bayrampasa bis auf rund 200 Meter an das Haus bis 2020 auf acht Prozent erhöhen – schiebung des für Ende dieser Wochefeuchten zu können.Zerstörungen in der Stadt Uglegorsk im Donbass, Mitte Januar wagen zu den Verwundeten vorzusto- besonders gefährdeten Menschen von Paris gelegenen Rungis. Nach ANF herangelassen, jedoch mit der Auflage, zunächst mehrere Granaten gewor- geplanten turnusmäßigen Treffens der ßen. Die Mediziner wurdenein jedoch Indikator von für sinkende Einkom- n Genf kommen die Gespräche um . Die Einge- dass die Verwundeten und Eingeschlos- hinein«, sagte Spindler. Derweil sind drei Verhandlungsrunden seit Jahres- den Sicherheitskräften daran gehindert, fen und dann das Feuer auf die Po- eine BeendigungGruppe des Krieges beantragen. in Agentur summierte die Zahl der Waf-senen selbständig aus dem verschüt- men. Der Konzern sucht in allen inLan- der syrischen Hauptstadt Damas- I beginn bot die Geschäftsführung an, den Opfern Hilfe zu leisten. Laut der tag trafenSyrien erstmals langsam Vertreter voran. Amdes »Ho-Sonn- teten Keller kommen und bis zu den lizeiwache eröffnet, berichtete die An der Front im Donbass ist es der- fenstillstandsverletzungen durch die Nachrichtenagentur desteilen nach neuen Verkaufsstellenkus mehrere Menschen bei einem hen Verhandlungsrates« (HNC) der in Krankenwagen laufen müssten, so die weildie wie Gehälter in den letzten um 0,2Tagen Prozent ständig zu er- ukrainische Seite in der letzten Woche te am Sonntag auch eine Gruppe von BombenanschlagNachrichtenagentur getötet worden, Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad ta- Abgeordneten. Die drei Parlamentarier und Personal. unruhig.höhen, Die die Donezker Rücklagen Nachrichten- für langjährig auf 882. Auf ukrainischer Seite werden Frauen, darunter Mütter der Einge- zu dem sich die Miliz »Islamischer genden Oppositionsgruppen mit dem sind am vergangenen Mittwoch in einen Agentur Dogan. Die agentur schlossenen, mit weißen Fahnen zu Mitten in einer schweren Krise der zitierte den Gouverneur UN-Sondervermittler für Syrien,Beschäftigte Staf- zu erhöhen sowie am Vorwürfe in ähnlicher GrößenordnungHungerstreik getreten, um Druck auf Staat« bekannte.von Einem Istanbul, Bericht Vasip des Sahin, der mit- dem Haus zu gelangen, woraufhin diefranzösischen Landwirtschaft schloss fan De Mistura, zusammen.Beschuss Dieser imDNA Rahmen von elf Verlet- gegen die Aufständischen erhoben.die türkischen Behörden auszuüben, ETHA Staatsfernsehens zufolge explodierte Jahresende eine Prämie zu zahlen. Auf ukrainischer Seite hält unter-gesamte Gruppe von Spezialeinheiten teilte, die »Terroristinnen« seien hatte zuvor diplomatischzungen verklausu- des Waffenstillstands.meldete 47 Fälle DasDievon 17 be- Repräsentanten des HNC Lidl Ende Februar einen Vertragder Sprengsatzmit auf einem belebten waren erst am Samstag abend,In Donezk einen wurde am Dienstag das dessen offenbar die Unzufriedenheitder Polizei festgenommen wurde. versuch- liert die Verzögerungstaktikdeutet, desVor HNCdass dem es sich Hintergrund meistens wohl der um gegenwär- »neutralisiert« worden. Über die Tag nach dem Beginn deram Gespräche, 27. Januar bei einem Sprengstoff- unter den zum Wehrdienst eingezoge- wichtigen einheimischenMARC EICH/DPA- BILDFUNK ZulieferernGemüsemarkt. kritisiert. Für Gespräche über einen In mehreren deutschen Städten gin- kleineretig Vorfälle starken mit Expansion im Schnittin Genf 4 dereingetroffen. ver- Kette inAls anschlag »Vorauskom- beschädigte Lenin-Denkmal gen am Samstag Tausende Menschen Villingen-Schwenningen/Chemnitz. Hintergründe der Tat war zunächst Waffenstillstand sei es erforderlich, nen Soldaten an. Der Generalstaatsan- von Obst, Gemüse und Fleisch. Noch wendetenFrankreich Geschossen betrachten handelt.mando« Letzte hattedas die die in verhan-Istanbul ansässige gegen das Vorgehen des türkischen Mi- Nach dem Handgranaten-Wurf dass beide Seiten, »die aufeinander feierlich wiedereröffnet. Die Explosion walt nannte die Zahl von etwa 16.000 nichts bekannt. Auf einem Video »Nationale Koalition« bereits zuvor litärs in Kurdistan auf die Straße, un- Mitte Februarauf hatteneine Flüchtlingsunterkunft französische in (AFP/Reuters/jW) schießen«, anwesend seien.Wochedelnden waren bei Gewerkschaften einem solchen Be- als Unver-hatte Teile des Sockels abgesprengt, die CSU fischt weiter sieben Delegierte nach Genf geschickt. Deserteuren aus den Reihenter der anderem bei in Berlin, Köln,würden Hamburg, lastwagenweise unterschlagen,der Schwarzwaldstadt Villingen- ist zu sehen, wie eine Person auf ei- schuss gleichwohl Zivilisten in Donezk in einem Betrieb der Stadtwerke wieder Bauern gegen die niedrige Bezahlung schämtheit. LidlDeren argumentiert, Mitglieder hatten die alle Anwesen- der letzten MobilisierungswelleFrankfurt im am Main und Stuttgart. Schwenningen gab es mehrere nen Polizeibus schießt, eine zweite ums Leben gekommen. Die Donezker die Soldaten müsstender aufLidl-Lieferanten verlausten mit Straßenblok-rechtsaußen heit internationaler Medien genutzt,ergänzt wurden; die Statue war unbe- Oktober Eingezogenen. Aus einer bei Demonstrationen. Bei sponta- Maßnahmen zusammen ergäben eine sprächen in Genf gerade erst erreicht Siehe Seite 2 Matratzen schlafen und hätten keine wirft vermutlich eine Handgranate. um die Vorbedingungen ihrerschädigt Seite zu geblieben. Die Polizei der VR kaden protestiert.nen Kundgebungen Nun vonsteht einigen der Kon- werden. Vorbedingungen, wieMykolayiv sie vom einquartierten mechanisier- Gelegenheit, sich zu waschen. Aus den Tariferhöhungwiederholen: um ein ein Waffenstillstand,Prozent. die Rechten und insgesamt rund 300 Die staatliche Nachrichtenagentur Donezk nahm zwei MännerHNC und unter seinen dem Unterstützern ten vorge- Brigade marschierte ein Trupp von zern davor, mit 150 Schweinefleisch- Beendigung von Belagerungen und Fernsehbildern geht hervor,antifaschistischen dass ein Demonstranten »Das reicht uns nicht«, erklärteVerdacht fest, den Anschlagtragen werden, auf das sind nicht vorgesehen. Anadolu meldete, die Granate etwa 50 Soldaten geschlossen in die Polizeiwagen die Demonstrationproduzentenkam es be-am ausSonnabend Westfrankreich, zu Hand- wo Farida Rocheldie Freilassung von der von Gefangenen.GewerkschaftDenkmal Das verübt zu haben. Sie sprach aber soll entsprechend der UN-Sicher- Das betonte auch der Verhand-Regionalhauptstadt, um bei der Staats- greiflichkeiten. Der Angriff in der sei nicht explodiert. Die Frauen lungsleiter der syrischen Regierungs- gleitete, ohne dass diesich Beamten die Wut ein- über deutsche Billigflei- KeineForce Ouvrièreheitsratsresolution Kritik (FO) 2254 am mit Donnerstag. den erlaubt Ge-von »ukrainischen Diversionsakten«. anwaltschaft Beschwerde über die Nacht auf Freitag mit einer nicht verschanzten sich anschließend in delegation, Baschar Al-Dschafari, am schritten. schimporteexplodierten seitHandgranate Jahren sorgte immer wieder »Das ist keine Erhöhung der Kauf- Sonntag im Gespräch mit Journali-Dienstbedingungen einzulegen. Wie einer Wohnung, die dann gestürmt Israelische Regierung verbannt Abgeordnete aus dem Parlament und diskriminiert OppositionIn Kiew erschoss diein bundesweit neugebildete Massendemonstrationen für Entsetzen. UnklarMICHAEL KAPPELER/DPA-BILDFUNK äußert, sten. Er verurteilte den schweren An-ein Wortführer im örtlichen Fernsehen kraft, sondern eine Anpassung an die Saida-Zeynep-Moschee verübt wurde,»Nationale Polizei« denist 17jährigen weiterhin, ob die Kriegswaffe wurde. schlag, der am Sonntag morgen in Sai- einen Liefervertrag abzuschließen.München. sagte, werden die Soldateneinem für vonschiitische den Muslime wichti-Beifahrer eines Verkehrsrowdys.mit einem Zünder Der ausgestattet war. Inflation.« Die Gewerkschaften for- da Zeynep südlich von Damaskus min- im Flüchtlingsstreit Neuerliche zwischen Eskalation der Offizieren um ihrengen Sold Heiligtum. betrogen. Für Mann war betrunken mitZu 190denDa Kilo-Ergebnissen in Frankreich der Überprü- die großen Su- (AFP/dpa/jW) m Montag entledigte sich die destens 45 Menschen getötet hatte. dern eine Lohnerhöhung von einem die Truppe gespendete Lebensmittel fung durch das LandeskriminalamtCSU und Kanzlerin Angela Merkel Die Dschihadistenmiliz »Islamischer Dschafari sagte außerdem, Damas-metern durch die Innenstadtpermarktkonkurrenten gerast. wie Carrefour, A KnessetProzent. dreier Parlamentarier. Christophe Pierre von der kus habe die UNO aufgefordert, für machte die Polizei keine Angaben.(CDU): CSU-Chef Horst SeehoferBAMF: Weiterhin Stau bei Staat« hat die Verantwortung für das Bürgermeister recht- Partei, HaninDie AbgeordnetenSoabi, Dschamal der Sahalka Balad- ein Ende der Sanktionen zu sorgen, Drei vermummteCasino oder Männer Auchan haben (Foto)selbst rückt das dieBillig- von Merkel im Gewerkschaft CFDT kritisierte: «Das Attentat übernommen, das unweit der fertigte die Erschießung des Jugendli- und Basel Ghattas, wurden für mehrere die von den USA und der EU 2011 unterdessensegment eine Asylbewerberun- besetzt haben,September will Lidl vergangenen das JahresAsylantragsbearbeitung ist ein Unternehmen in bester finanzi- chen. Der Bevölkerungterkunft müsse in Chemnitz wieder mit Steinen Monate vom Parlamentsbetrieb ausge- me«, hatte Netanjahus Likud-Partei- gegen Syrien verhängt und seither Image eines »Hard-discount«,vorübergehend eines verkündete Grenz- schlossen. Sie hatteneller sich Gesundheit, mit palästi- das seinen Umsatz mehrfach verschärft wurden. Die De- Respekt vor Rechtbeworfen. und Ordnung Mehrere beige- Scheiben wur- Passau. Der Stau bei der Bearbei- freund und Minister für innere Sicher- legation der syrischen Regierung war den dabei amBilligheimers, Sonnabend beschä- loswerden.öffnung Dasfür Flüchtlinge gilt al- in die Nähe nensischen Familiennicht getroffen, mit seinen deren Angestellten teilt.« bracht werden. heit, Gilad Erdan, erklärt. Seit Oktober pünktlich in der Schweiz angekom- digt, wie dielerdings Polizei am nichtSonntag für diedes Beschäftigten. Vorgehens von Diktaturen:tung »Wir von Asylanträgen beim Bun- Angehörige vom israelischenEr verwies Militär darauf, dass der Konzern men und traf sich am Freitag mit De mitteilte. Verletzt wurde niemand. hat das israelische Militär unter dem Gewerkschafterin Rochelhaben im erklärte Moment keinenam Zustanddesamt für Migration und Flücht- erschossen worden 2015waren. im Die Vergleich drei Ab- zumVorwand Vorjahr des »sein »Antiterroreinsatzes« 165 Mistura. Man habe über die Tages- Die Täter flüchteten. von Recht und Ordnung«, klagtelinge (BAMF) wird aus Sicht von geordneten seien gebeten worden, sich ordnung gesprochen, erklärte dieser Donnerstag: »Sie wollen das Marke- Werbebudget verdreifacht«Palästinenser habe. getötet.Lidl Die Armee recht- damit soll auch bald Schluss sein. Wie Seehofer in einem Interview mit der für die Überführung der Leichname anschließend. Behördenleiter Frank-Jürgen Weise fertigt die Liquidierungen stets damit, Netanjahus Büro am Montag bestätigte, nimage für die KundenPassauer aufpolieren, Neuen Presse einzusetzen, die die israelischesponsert Besat- nun u. a. die französische vorerst weiter zunehmen. »Der es habe sich um Attentäter gehandelt. wurde am Vortag bei einem Treffen der aber nicht für dieausgabe). Beschäftigen. »Es ist eine Die Herrschaft zungsmacht zurückhält.Handballnationalmannschaft Dies sei eine und ge- wird herausgegeben von Rückstand bei der Bearbeitung der Im selben Zeitraum starben durch Mes- Koalitionsspitzen »vereinbart, ein Ge- n Arbeitsbedingungendes Unrechts.« sind noch Auch immer im Streit um www.jungewelt.de/lpg1.802 Genossinnen und (dpa/jW) »wirksame Abschreckungsmaßnah-wann als »Markenzeichen«serattacken eine 26 israelischefrü- Staatsbürger. Karin Leukefeld, Genf Genossen den Familiennachzug für minderjäh-(Mittwoch-Anträge wird sich erst einmal noch JACKY NAEGELEN/REUTERS setz einzubringen, das den Ausschluss ›hard-discount‹«. Allein die Arbeits- here Miss France. rige Flüchtlinge geht die CSU auf vergrößern«, sagte Weise der Sahalka sei nun für zwei Monate, von Parlamentsabgeordneten wegen un- mit dem Gesetz gegen die angebliche(Stand 12.1.2016) Soabi und Ghattas seien fürLidl vier willMo- in der Wirtschaftskrise Frankreichs mehr Marktanteile erobern. unfälle bei LidlDistanz lägen zu fünfmal den Koalitionspartnern höher Hintergrund ist der seit 2012 ein- gebührlichen Verhaltens ermöglicht«. Einmischung fremder Regierungen in sauer Neuen Presse vom Donners- nate von ParlamentssitzungenDa ausge- stören höhere Löhne für die eigenen Beschäftigten als beim Rest CDUdes Einzelhandels.und SPD. Eine Absage erteilte geschlagene Expansionskurs der Auch die außerparlamentarische Op- die inneren Angelegenheiten Israels tag. Ulla Jelpke, innenpolitischePas- schlossen, berichtete CSU-Generalsekretär Scheuer dem position will Netanjahu ruhigstellen. vorgehen. Opposition und Verfassungs-Lidl-Besitzer Dieter Schwarz ver- deutschen Lebensmittelkette.Abstimmen dürfen Lidl sie ist zwar noch, doch Versuch der Bundesminister Thomas Sprecherin der Fraktion der Links- seit 1988 in demDas Land Parlament tätig beschlossund hat am Dienstag rechtler kritisieren, dass die in Israelmehrte laut der am Dienstag veröf- de Maizière (CDU) und Heiko Maas partei, hält überflüssige Bürokratie dort heute 1.500in ersterFilialen Lesung und ein 26.000 Gesetz, wonach ebenfalls aktiven rechtsgerichteten fentlichten Milliardärsliste des US- dpa (SPD), in Verhandlungen einen amAngestellte. Dienstag. DerOrganisationen Discounter zur hält Offenlegung bei ihrer Nichtregierungsorganisationen (NGO),Wirtschaftsmagazins für den Hauptgrund beim Bearbei- Kompromiss zu erzielen. Die SPD ausländischen Finanzquellen gezwun-einem Umsatzdie weitgehend von geschätzt aus den 8,5 USA Mil- finanziert tungsrückstand des BAMF. Das Vermögenmöchte im vergangenen unbegleiteten Jahr Flüchtlings- um gen werden sollen, berichtete liarden Eurowerden, (2014) von einen den erhöhten Marktan- Transparenz- Forbes BAMF müsse sich von »unsinnigen 800 Millionenkindern US-Dollar nicht grundsätzlich von 15,6 verbie-sein Justizministerin Ajelet Schaked willteil von mehrregeln als ausgenommen fünf Prozent werden (Aldi sollen. Verfahrensbremsen« lossagen. Wei- Obamas einfache Botschaften Millardenten, auf ihre 16,4 Eltern Milliarden. nachzuholen. Er lan- Oppositionsführer Jitzchak Herzog dete damit auf Platz 47 weltweit und se geht davon aus, dass 300.000 UN-Sicherheitsrat verschärft Sanktionen gegen Nordkorea.warf Pjöngjang der Justizministerin feuert Heuchelei Raketen ab bis 400.000 nach Deutschland AFP vor, weil sie Wahlkampf für ihre Sied- auf Platz fünf in Deutschland. . wird herausgegeben von lerpartei Jüdisches Heim mit Auslands- (AFP/jW) gekommene Flüchtlinge bislang 1.806 Genossinnen und keinen Asylantrag bei seiner Behör- ur wenige Stunden nach der spenden bestritten habe. n www.jungewelt.de/lpgGenossen drastischen Verschärfung der (Stand 3.2.2016) de gestellt haben beziehungsweise nicht stellen konnten. »Das holen NUN-Sanktionen gegen Nord- Nordkorea hatte am 6. Januar korea hat das Land nach Angaben seinen vierten Atomwaffentest seit Simon Zeise nun viele nach«, sagte der BAMF- Südkoreas sechs Kurzstreckenraketen 2006 und einen Monat später den Chef. Hinzu kämen rund 370.000 abgefeuert. Südkorea erklärte, die Ra- wird die Lieferung von Treibstoff für Start einer ballistischen Rakete be- Altfälle, Menschen, die teils schon keten seien etwa 100 bis 150 Kilometer Flugzeuge oder für Raketen an Nord- kanntgegeben. Beides verstieß gegen seit Jahren auf eine Entscheidung vor der nordkoreanischen Küste ins Ja- korea untersagt. UN-Resolutionen. Darauf reagierte auf der koreanischen Halbinsel beige- über ihren Antrag warten. panische Meer gestürzt. Später sagte der UN-Sicherheitsrat am Mittwoch US-Präsident Barack Obama lobte tragen hatte, erwähnte Obama nicht. der Sprecher des Verteidigungsministe- die neue Resolution als »entschlosse- Der jungen Welt liegt heute (AFP/jW)die mit neuen Strafmaßnahmen. Mit den Erst am 13. Februar hatten die USA riums, die genaue Art der Flugkörper ne, gemeinsame und angemessene« Stimmen Chinas und Russlands be- weitere »Patriot«-Flugabwehrraketen »Sonderausgabe der werde noch geprüft. Er fügte hinzu: Antwort. Die Staatengemeinschaft ha- schloss er einstimmig, unter anderem in Südkorea stationiert. Am 17. Fe- »Die südkoreanische Armee beobach- be Nordkoreas Regierungschef Kim Roten Hilfe. 18.03.2016« die Exportbeschränkungen für das bruar waren vier Kampfjets des Typs tet jegliche weiteren Schritte des Nor- Jong Un »mit einer Stimme« eine zum Tag der politischen Land drastisch zu verschärfen. Weder F-22 »Raptor« vom US-Stützpunkt Gefangenen bei. dens.« »einfache Botschaft« übermittelt: Das Kohle noch Eisen, Eisenerz, Gold, auf Okinawa in Japan aus nach Süd- Land müsse »seine gefährlichen Pro- Titan oder seltene Erden dürfen dem korea geflogen. Dies war von Beob- gramme aufgeben und einen besseren Land noch abgekauft werden. Zudem achtern ebenfalls als Drohsignal an wird herausgegeben von Weg für seine Bevölkerung wählen«. Pjöngjang gewertet worden. Die nord- 1.811 Genossinnen und Dass sein Land in den vergangenen Genossen koreanische Regierung wirft den USA (Stand 12.2.2016) Wochen seinerseits zur Aufrüstung n www.jungewelt.de/lpg und Südkorea seit langem vor, eine Aggression gegen ihr Land vorzube- reiten.

(AFP/jW) 16 Syngenta Der Agrarkonzern macht wegen der geplanten Übernahme durch ChemChina Schlagzeilen. Ein «Schwarzbuch» durchleuchtet nun die Geschäftspraktiken von Syngenta. Ein «Basler» Multi steht am Pranger

von Samuel Schlaefli cken, man hätte glatt vergessen, dass schen Organisationen – das «Schwarzbuch es sich um den weltweit grössten Pestizid- Syngenta» in der Markthalle vor. as SRF «Regionaljournal» hat produzenten und die Nummer drei in der Den entscheidenden Impuls für das zum ­Podiumgespräch über Saatgutproduktion (nach Monsanto und 313-Seiten starke Buchprojekt gab vor die bevorstehende Übernah- DuPont) handelt; um einen Konzern, der ­etwas über einem Jahr der Entscheid der me von Syngenta durch gerne für sich beansprucht, Teil der Basler Regierung für Syngenta als DChemChina ins ­Hotel Les Trois Rois gela- ­Lösung der globalen Welternährungskri- Hauptsponsor beim Auftritt an der Welt- den. Eineinhalb Stunden wird über die se zu sein. So viel zur Einschätzung « nicht ausstellung 2015 in Mailand. Ein Autoren- Erwartungen von Investoren, Übernah- ­systemrelevant». kollektiv von Multiwatch setzte sich mestrategien, Shareholder-Value und die ­daraufhin ein Jahr lang mit dem Basler neue Wirtschaftsmacht China diskutiert. In der «Pestizidtretmühle» Agrochemiekonzern­ auseinander. Wobei Syngenta-Geschäftsleitungsmitglied­ Die vergangene Woche war turbulent für der Begriff «Basler» Unternehmen, den der Christoph Mäder beschwichtigt Ängste den Hauptsitz des Agrochemiekonzerns in Konzern aus nachvollziehbaren politi- vor der chinesischen­ Übernahme unter ­Basel: Am Mittwoch musste das Unterneh- schen Gründen gerne pflegt, verwirrend ist. anderem damit, dass Syngenta – anders men ­bekannt geben, dass der starke Dollar Syngenta ist heute durch und durch ein als zum Beispiel die Betreiber von und das verhaltene Amerika-Geschäft den multinationales Unternehmen, mehrheit- ­Staumauern oder Schienennetzen – nicht Start ins Jahr vermiest haben. Aktuell meh- lich im Besitz von amerikanischen und systemrelevant für das Land sei. ren sich kritische Stimmen zur bevorstehen- ­britischen Grossaktionären. Von den über Es wirkt ein wenig, als diskutiere man den Übernahme durch ChemChina. Vor 20 000 Arbeitsplätzen in 90 Ländern befin- über ein urschweizerisches KMU mit ­allem in den USA, aber vereinzelt auch in der den sich rund 3000 in der Schweiz. mittelmässigen­ Ambitionen. Würde Schweiz. Und am Donnerstag stellte Multi- Das Autorenkollektiv analysiert die ­gegen Ende nicht ein Aktivist der NGO watch – eine Koalition von NGOs, Gewerk- Geschichte des Konzerns, fragt nach Multiwatch die Runde etwas aufschre- schaften, Parteien und globalisierungskriti- ­seiner aktuellen Rolle im globalen Agro-

TagesWoche 18/16 Der Tod vor der Syngenta in Basel. Immer wieder protestieren Aktivisten gegen das Unternehmen. foto: keystone Projekt Nahrungsmittelkette: Gewächshaus der Syngenta in Stein AG. foto: keystone

business und versammelt Gastbeiträge an versprühten Pestiziden abhängen, hat chemiekonzerne am Tisch sitzt: Hans von Kritikern einer industriellen und das Unternehmen den «Good Growth Plan» ­Herren ist Agraringenieur, hat Forschungs- auf maximale Produktivität und Profite initiiert (siehe Stellungnahme am Ende des institutionen in Afrika geleitet und gilt als getrimmten Landwirtschaft. Miguel Alti- Artikels). Beim Durchblättern der hübsch Pionier der Agrarökologie. 1995 erhielt er eri, Professor für Agrarökologie an der ­gestalteten Broschüre erhält man als Laie den Welternährungspreis. «Syngenta ist University of California in Berkeley, kon- ­sofort den Eindruck, Syngenta sei Teil der klar Teil des Problems und nicht Teil der statiert eine «Pestizidtretmühle», in der Lösung der globalen Welternährungs- und Lösung», sagt Herren. «Nachhaltigkeit ver- sich die heutige Landwirtschaft befinde. Umweltkrise. trägt sich schlicht nicht mit dem Geschäfts- So würden sich Unkräuter fortlaufend an modell von Syngenta.» Den «Good Growth die von Agrochemiekonzernen verkauf- Syngentas Versprechen Plan» müsse man als professionelle PR ver- ten Pestizide anpassen und neue Resis- stehen; mit der tatsächlichen Geschäfts- tenzen bilden. Darauf wird mit noch mehr für Nachhaltigkeit ist strategie habe das nichts zu tun. Herren und neuen Pestiziden geantwortet – ein sieht darin eine bewusste Missinformati- Teufelskreis. eine bewusste Kampagne onskampagne zugunsten der eigenen Für das Pestizid Atrazin, ein Syngenta- ­Geschäftsinteressen. Produkt, sind heute bereits 80 resistente zugunsten der eigenen «Superunkräuter» dokumentiert. Atrazin Besser statt mehr kommt vor allem im Maisanbau gegen Geschäftsinteressen. Doch was ist mit dem von Syngenta gern ­Unkraut zum Einsatz. Es wurde wiederholt wiederholten Argument, nur mit hochpro- für eine Reihe von Gesundheitsschäden bei Das tönt zuweilen sehr aktivistisch: «Es duktivem, gentechnisch verändertem Saat- Fischen, Amphibien, Reptilien und Säuge- muss sich etwas ändern», steht da. Und: «So gut könne die Ernährung für die neun Milli- tieren verantwortlich gemacht. In der EU können wir nicht weitermachen.» Syngen- arden Menschen gesichert werden, die für und der Schweiz wurde das Pestizid verbo- ta verpflichtet sich, die Biodiversität zu för- 2050 prognostiziert werden? «40 Prozent ten. Nicht so in den USA und den meisten dern, Ackerland zu bewahren, Kleinbauern der weltweit produzierten Nahrungsmittel Entwicklungsländern. Laut Altieri wurden zu unterstützen und sich für «jeden landen im Abfall, vor allem weil sie viel zu 2007 alleine in den USA 36 000 Tonnen da- ­Arbeiter» zu engagieren. Es ist das kleine billig sind. Weitere grosse ­Anteile werden von versprüht. Altieris Kollege in Berkeley, Einmaleins der «Corporate Social Respon- für die Produktion von­Agr otreibstoffen der Biologieprofessor Tyrone Hayes, sibility», die sich heute jedes namhafte und Futtermitteln verschwendet. In den kämpft schon lange für ein amerikanisches Unternehmen auf die Fahne schreibt. Das meisten Gebieten brauchen wir nicht mehr, Verbot. Dafür wurde er von Syngenta diffa- Ganze liest sich so gefühlsduselig und sondern qualitativ bessere Nahrungsmit- miert und verleumdet. ­bemüht besorgt, wie sich die Live-Aid-Kon- tel», sagt Herren. Um davon abzulenken, dass Syngenta zerte von Bob Geldof anhören. Dass die industrielle Landwirtschaft von der «Pestizidtretmühle» profitiert und Wir fragen nach bei einem, der regel- keine nachhaltigen Lösungen für den die Konzerngewinne direkt von der Menge mässig mit Vertretern der grossen Agro- ­Welthunger bietet, wurde bereits im Welt­

TagesWoche 18/16 19 agrarbericht von 2008 festgehalten, den dert, der nach Angaben von Multiwatch in den letzten Jahren unter starken öffentli- über 400 Wissenschaftler im Auftrag der aufgrund seines Engagements für entrech- chen Beschuss. 2013 fand der erste weltwei- Vereinten Nationen und der Weltbank ver- tete Zeitarbeiter nach fast 30 Jahren bei te «March against Monsanto» statt, der fasst haben. Wissenschaftliche Erkenntnis- ­Ciba-Geigy, Novartis und schliesslich Syn- mittlerweile jährlich in über 400 Städten se wurden in einem Peer-Review-Prozess genta gefeuert wurde. ausgetragen wird. In Basel waren es letztes verifiziert und das verfügbare Wissen über Auf diesen Fall angesprochen, brauste Jahr über 1000 Teilnehmer, die den Umzug die globale Landwirtschaft unter Berück- Syngenta-Geschäftsleitungsmitglied in «March against Monsanto and Syngen- sichtigung der Erfahrungen von Bauern Christoph Mäder am eingangs erwähnten ta» umbenannten. ausgewertet. Das Ergebnis: Die Schlüssel Podium auf: «Diese Geschichte wird durch für eine nachhaltige und ernährungs­ ständige Wiederholung nicht glaubwürdi- Pestizidhölle Hawaii sichernde Landwirtschaft liegen in agrar­ ger!» Gerne hätte man Mäder oder ein Und auch in den direkt von den Pestizi- ökologischen Methoden, in der Stärkung ­anderes Konzernleitungsmitglied auf die den betroffenen Gebieten regt sich Wider- von kleinbäuerlichen Strukturen, in der Anschuldigungen im Buch angesprochen. stand: Zum Beispiel auf Kauai, der nörd- Förderung regionaler Ernährungssouverä- Doch mehrere Anfragen per E-Mail und Te- lichsten bewohnten Insel Hawaiis. Seit nität, der Verbesserung von Bodenqualität, lefon werden nach langer Stille mit einem ­Jahren wird die Insel aufgrund ihrer idea- der Verringerung des Chemikalieneinsat- allgemein gehaltenen Communiqué in len klimatischen Bedingungen von grossen zes und einer Erhöhung der angepassten englischer Sprache beantwortet. Agrarchemiekonzernen als Testgelände für Sortenvielfalt. neues Saatgut genutzt. Laut einem Bericht Herren war damals Co-Präsident des Auf Hawaii ist Syngenta in «Reportagen» ist Syngenta heute auf der Berichts. Er erinnert sich, dass zu Beginn Insel jedem ein Begriff – als der Konzern, auch zwei Vertreter von Syngenta mitge- ein Begriff – als der der Tausende Kilometer entfernt vom schrieben haben. Sie hätten sich jedoch Hauptsitz in Basel rücksichtslos Pestizide frühzeitig zurückgezogen und das Unter- Konzern, der Tausende spritzt, ohne sich um die Gesundheit der nehmen wollte später nicht mehr mit dem Bevölkerung zu kümmern. Bericht in Verbindung gebracht werden. Kilometer vom Hauptsitz Der Fall ist im «Schwarzbuch» gut Hauptstreitpunkt war laut Herren die ­dokumentiert. Laut Multiwatch erreich- ­Aussage über gentechnisch veränderte in Basel rücksichtslos ten die auf Kauai ausgesprühten Pestizide Pflanzen. Die Wissenschaftler kamen im pro Flächeneinheit teilweise das Zehn­ Bericht zum Schluss, dass es noch zu früh Pestizide spritzt. fache des ­US-Durchschnitts. Gespritzt sei, um Gentechpflanzen auf die Felder wird auch Atrazin und Paraquat, beide auszubringen, und dass sämtliche For- Der Widerstand gegen Agrochemiekon- Mittel sind in der Schweiz seit Längerem schungserkenntnisse in diesem Bereich zerne wie Syngenta, Monsanto, DuPont, verboten. Ärzte vor Ort berichten seither ­öffentlich zugänglich und nicht privatisiert BASF, Dow und Bayer nimmt weltweit zu. von gehäuftem Asthma und Geburtsfeh- werden sollten. Vor allem der US-Konzern Monsanto kam lern. 2013 demonstrierten schliesslich Das war nicht in Syngentas Interesse, schliesslich lebt das Unternehmen von Protestmarsch gegen Syngenta und Monsanto in Basel 2015. foto: keystone ­seinen Patenten und Agrochemikalien. Syngenta-Forscher attackierten laut Herren die Autoren des Weltagrarberichts­ in wis- senschaftlichen Journalen und versuchten, deren Glaubwürdigkeit zu untergraben. Syngenta hatte viel zu verlieren: «In einer Landwirtschaft, wie sie im Weltagrarbericht vorgeschlagen wurde, hätten die grossen Agrochemiekonzerne keinen Platz mehr», sagt Herren. Eine aktualisierte Auflage des Berichts gibt es bis heute nicht. «Der politi- sche Druck dagegen, vor allem aus den USA, war zu gross», sagt Herren. Herrens Erinnerungen an die Zusam- menarbeit mit Syngenta fügen sich gut in das vom «Schwarzbuch Syngenta» vermit- telte Bild: Das Unternehmen scheut keine Kosten und keinen Aufwand, um seine ­eigene Vision einer «nachhaltigen» Land- wirtschaft durchzuboxen; eine Vision, die stark von der Notwendigkeit von guten Quartalsabschlüssen für Aktionäre lebt.

Der Widerstand wächst Die von Multiwatch erhobenen Vorwür- fe betreffen nicht nur Nachhaltigkeit und Landwirtschaft im engeren Sinne: Es geht auch um die Privatisierung von öffentli- chem Gut durch Patente, das Anheizen von gewaltsamen Landkonflikten durch die ­Zusammenarbeit mit bewaffneten Milizen (siehe Interview S. 20) und die Missachtung von Arbeits- und Gewerkschaftsrechten. Im Buch wird der schon aus der «WoZ» ­bekannte Fall des pakistanischen Gewerk- schaftsführers Imran Ali ­detailliert geschil-

TagesWoche 18/16 20 Syngenta über 4000 Bewohner und Bewohnerin- nen für ein neues Gesetz zum Schutz der Bevölkerung vor Pestiziden. Syngenta Celso Ribeiro Barbosa ist Aktivist bei ging gemeinsam mit Konkurrenzunter- nehmen gerichtlich ­dagegen vor. der brasilianischen Landlosenbewegung. «Schwarzbuch Syngenta» gibt einen ­bislang einzigartigen Überblick über die Er beschuldigt Syngenta des Mordes. sozialen und ökologischen Spuren, die der «Basler» Konzern auf der ganzen Welt hin- terlässt. Auch wenn über viele Fälle bereits in Schweizer oder ausländischen Medien berichtet wurde. Und auch wenn dem «Sie arbeiten «Schwarzbuch» die investigative Tiefe fehlt, welche die herausragende Publikation der «Erklärung von » zur Rolle von Schwei- zer Unternehmen im globalen Rohstoff- handel auszeichnete. mit bewaffneten Die Zeichen stehen gut, dass das Buch seine Leser finden wird: Wie kürzlich be- kannt wurde, kam die Konzernverantwor- tungs-Initiative, die Unternehmen zum Milizen» Schutz von Menschenrechten und der Um- welt verpflichten will, in ­weniger als einem Jahr zustande. Die 140 000 Unterzeichnen- den dürften sich dafür­ interessieren, ob der «Basler Konzern» für seine Geschäfte im Ausland ­Verantwortung trägt – ganz egal, ob er in Zukunft noch Syngenta oder ChemChina heisst. tageswoche.ch/+7qzxz ×

«Schwarzbuch Syngenta – dem Basler Agromulti auf der Spur». Verlag: edition8, Herausgeber: Multiwatch. von Samuel Schlaefli lianer noch Bauern. Heute sind es vielleicht noch 20 Prozent. m Rahmen der Präsentation des Sie und Ihre Bewegung kritisieren die Das sagt Syngenta «Schwarzbuch Syngenta» der NGO grossen Agrochemie-Konzerne, darun- Multiwatch erzählte Celso Ribeiro ter auch Syngenta. Weshalb? Syngenta verweist in einer Stellung- Barbosa vom Kampf seiner Bewe- Die grossen Konzerne haben kein Inter- nahme auf seinen sogenannten Igung gegen multinationale Agrochemie- esse an einer Zusammenarbeit mit Klein- «Good Growth Plan», eine Art Einmal- konzerne. Was das Buch an Vorwürfen zu- bauern. Das wäre für sie viel weniger attrak- eins der «Corporate Social Responsi- sammenträgt, erhält durch ihn ein Gesicht. tiv als die Zusammenarbeit mit den Gross- bility», in dem das Unternehmen sechs Herr Barbosa, wofür kämpft die grundbesitzern. Die Kleinbauern pflanzen Verpflichtungserklärungen Landlosenbewegung «Movimento dos viele verschiedene Kulturen an; sie vergrös- («Commitments») zu ökologischen Trabalhadores Sem Terra» (MST) in sern die Diversität in der Landwirtschaft. und sozialen Themen abgibt. Dazu Brasilien? Doch das wollen die Grosskonzerne nicht, schreibt das Unternehmen Wir sind eine landesweite Bewegung sie machen ihre Gewinne mit grossflächi- (im Original in englischer Sprache): und kämpfen für die Rechte der Landlosen gen Monokulturen. Syngenta wirbt in «NGOs wie auch andere Interessen- und aller Ausgegrenzten sowie für einen ­Brasilien sehr aktiv für ihre Produkte und vertreter sind eingeladen, die Fort- nachhaltigen Umgang mit der Natur. Die versucht, die Bauern von deren Vorteilen zu schritte dieser Commitments zu Landlosen in Brasilien besetzen seit 30 Jah- überzeugen. überprüfen und zu kommentieren. ren ungenutzte Landflächen, was uns von Sie betreiben selbst ökologischen Wir begrüssen und unterstützen es der Verfassung her zusteht. In Paraná, wo Landbau und lehnen die Produkte von zudem, wenn jede Menschenrechts- ich herkomme, sind es 26 000 Familien, die Syngenta ab. Sind Sie eine Ausnahme verletzung öffentlich gemacht wird. so zu Land gekommen sind; im ganzen in Brasilien? (…) Land ist es etwa eine halbe Million. Und Etwa 30 Prozent der Kleinbauern pro- Wir unterstützen einen offenen Dialog weitere 120 000 warten noch auf die Legali- duzieren heute ökologisch. Wir versuchen und werden Probleme entschärfen, sierung ihrer Besetzung. unsere Mitglieder von MST immer von die in einem international tätigen Weshalb sind Sie dem MST beigetreten ökologischem Landbau zu überzeugen. Geschäft auftreten. Darum haben und haben selbst Land besetzt? Aber das ist schwierig, weil wir keine Unter- wir Multiwatch eingeladen, mit Syn- Es war eine Notwendigkeit, sonst hätte stützung von der Regierung erhalten. Wer genta in einen Dialog zu treten. (…) ich kein Land für den Anbau von Nahrungs- bei Syngenta einkauft, der erhält vom Un- Wir freuen uns auf konstruktive mitteln für mich, meine Frau und meine ternehmen Beratung und Infrastruktur. Gespräche.» drei Kinder. Ich hätte niemals genügend Wer sich jedoch für eine ökologische Land- Geld aufbringen können, um Land von wirtschaft entscheidet, ist auf sich alleine Die gesamte Stellungnahme im ­einem Grossgrundbesitzer zu kaufen. Für gestellt. Der Staat bietet überhaupt keine Originalwortlaut finden Sie unter der einen normalen Bauern ist das in Brasilien Hilfe. Es fehlt deshalb an Wissen bei den Onlineversion dieses Artikels. praktisch unmöglich. Deshalb fliehen auch Kleinbauern. Zudem sind die Preise für tageswoche.ch/+7qzxz so viele junge Bauern in die Städte und lan- ökologische Produkte gleich hoch wie für den dort in den Favelas, die rasant wachsen. herkömmliche, obschon unser Aufwand Vor 40 Jahren war die Mehrheit der Brasi- grösser ist.

TagesWoche 18/16 «Syngenta versucht alles, um die Schuld von sich zu weisen», sagt Celso Ribeiro Barbosa. foto: samuel schlaefli

Welche Rolle spielt die Regierung bei Santa Tereza do Oeste Landlose von ei- Welche Forderungen stellt MST heute der Durchsetzung der grossindustriel- nem Syngenta-Versuchsfeld gewaltsam gegenüber Syngenta? len Landwirtschaft in Brasilien? vertrieben. Dabei ist Valmir Mota de Wir fordern eine Entschädigung für die Brasilien hat die Souveränität über sei- Oliveira, ein Mitglied von MST und ein Witwe von Valmir, für seine Söhne sowie ne Landwirtschaft verloren. Es findet prak- persönlicher Freund von Ihnen, getötet eine durch Schüsse in Augen und Lunge tisch keine unabhängige Forschung und worden. Was ist damals passiert? ­arbeitsunfähig gewordene Frau. Syngenta Entwicklung im Saatgutbereich mehr statt. Syngenta hat auf einem 122 Hektar gros- wurde vom ersten Zivilgericht schuldig Uns fehlen heute Alternativen zum gentech- sen Gelände in der Nähe eines National- ­gesprochen, hat jedoch dagegen rekurriert. nisch veränderten Saatgut der Grosskon- parks gentechnisch veränderten Soja und Wahrscheinlich wird es noch 10 oder zerne. Hinzu kommt: Die Abgeordneten Mais angepflanzt, obwohl sie damit gegen 15 Jahre dauern bis zu einem Entscheid. und Senatoren sind oft selbst Grossgrund- das geltende Umweltrecht verstiess. Die Das Unternehmen wird alles tun, um die besitzer und werden von den grossen Ag- Umweltbehörde hat Syngenta mit einer Schuld von sich zu weisen. Deshalb ist die rarchemiekonzernen finanziell unterstützt. Busse von umgerechnet 500 000 Franken zivilgesellschaftliche Mobilisierung umso Von dieser Seite können wir keine Unter- belegt, die bis heute nicht bezahlt wurde. wichtiger. stützung erwarten. Daraufhin besetzten MST-Aktivisten das tageswoche.ch/+e26uk × Gelände mehrmals und wurden immer «Mehr als 40 Männer wieder vertrieben. Der damalige Gouver- neur enteignete daraufhin das Gelände von Celso Ribeiro Barbosa ist Aktivist in der N. F. Segurança Syngenta per Dekret, aber Syngenta gelang der Movimento dos Trabalhadores es, den Entscheid gerichtlich anzufechten. Sem Terra (MST) in Paraná, Brasilien. ­eröffneten das Feuer, Im Oktober 2007 besetzten etwa 450 Bau- Die Organisation ist mit 1,5 Millionen ern das Gelände ein weiteres Mal. Darauf- Mitgliedern eine der wichtigsten sozia- Valmir Mota de Oliveira hin fuhren mehr als 40 Männer der N. F. len Bewegungen in Lateinamerika. Als Segurança vor und eröffneten das Feuer. Val- Teil von La Via Campesina, einer inter- wurde aus nächster Nähe mir wurde aus nächster Nähe erschossen. nationalen Bewegung von Kleinbau- Geben Sie Syngenta die Schuld am ern und Landarbeitern, kämpft MST erschossen.» Tod Ihres Freundes? für den Zugang zu Land von landlosen Ja, N. F. Segurança ist eine bewaffnete Bäuerinnen und Bauern. Die Bewe- Werfen Sie Syngenta Korruption vor? Miliz und keine Sicherheitsfirma. Die gung erhielt 1991 den Right Liveli- Nein, denn solche finanziellen Zuwen- Verantwortlichen­ von Syngenta wussten hood Award für die Gestaltung einer dungen sind in Brasilien gesetzlich erlaubt. das, trotzdem haben sie die Organisation besseren Welt. Im Rahmen der Präsen- Unternehmen begehen damit kein Verbre- damit beauftragt, das Gelände gegen jegli- tation des «Schwarzbuch Syngenta» chen. Sie finden diese Beiträge meist auch che Besetzungen zu verteidigen. Syngenta der NGO Multiwatch erzählte Barbosa in den Buchhaltungen der Parteien. war klar, mit wem sie zusammenarbeiten. vom Kampf seiner Bewegung gegen 2007 haben Wachmänner von N. F. Das wurde später auch von einem Zivil­ multinationale Agrochemiekonzerne. Segurança in Ihrer Wohngemeinde gericht bestätigt.

TagesWoche 18/16 22 Rheinuferweg Die neue Promenade am Fluss ist vielen zu leblos. Der Landschaftsarchitekt Guido Hager verspricht: Flechten und Farne kommen noch und vielleicht sogar der Biber. «Das Grün wird noch üppiger werden»

von Michel Schultheiss An den Mauern wird sich mit der Zeit eine zehn Meter Höhenunterschiede. Hinzu Ritzenvegetation ansiedeln, so etwa Flech­ kommt die Hochwassersituation – der eit letztem Samstag ist der Rhein­ ten, Farne, Gräser und Lerchensporne. Die Rhein kann schliesslich bis über die Berme uferweg begehbar. Die ersten Re­ Fugen sind extra porös gestaltet, sodass reichen. Dazu gibt es strikte Vorgaben. Wir aktionen fallen enttäuscht aus: auch Eidechsen Unterschlupf finden kön­ mussten uns also in einem sehr schmalen überall Kameras, zu viel Betongrau nen. Auf den Kiesstreifen soll eine soge­ Korridor bewegen. Sund Teerschwarz, zu wenig Vegetations­ nannte Trittvegetation mit Moos und Blu­ Wird diese steinige Umgebung im grün. Verantwortlich für die Gestaltung ist men wachsen. Es wird also üppiger werden. Sommer nicht stark aufgeheizt? das Landschaftsarchitekturbüro Hager Jeder Stein wird aufgeheizt, aber je hel­ Partner AG. Guido Hager nimmt Stellung. «Der Rheinuferweg ler desto weniger. Daher haben wir bewusst Herr Hager, Kritiker finden, dass kein dunkles Gestein gewählt. Kalkstein und Beton statt Grün das kommt sowohl den Die von Ihnen gestaltete Mauer ist Bild dominieren. Wo bleiben die zugleich eine Art Schutzwall für den versprochenen «hängenden Gärten»? Menschen wie der Campus, der mit Kameras bestückt ist. Jetzt sieht es tatsächlich noch extrem Stört Sie das nicht? kahl aus. Mit der Zeit werden aber die noch Natur zugute.» Es ist positiv, dass der Uferweg über­ jungen Bäume mehr Gewicht bekommen. haupt zusammen mit Novartis eröffnet Guido Hager, Landschaftsarchitekt werden konnte. Das muss man höher ge­ ANZEIGE wichten als die Kameras. Diese werden mit Und im Uferbereich? der Zeit im Gesamtbild untergehen. Dort wird Schilf wachsen. Für ­Fische Knapp 28 Millionen hat der Rheinweg Vor wär ts und den Biber gibt es Unterstände. Der gekostet. Man kann sich also ausrech- kommen! ­Biber ist übrigens auf dem Vormarsch und nen, wie teuer der einzelne Laufmeter Naturschutzexperten geben ihm dort eine war. Weshalb ist die Investition Chance, daher hat man diesen Aufwand gerechtfertigt? ­gemacht. Das alles ist ein Prozess – die Es wird damit ein hochwertiger Stand­ ­Natur muss ihren Weg selbst finden. Abge­ ort geschaffen – etwas, das als Velo- und sehen von den Baumscheiben machen wir Spazierweg in den Alltag hineingenommen daher keine Begrünung. werden kann. Er kommt sowohl den Men­ Wie stellen Sie sich den Rheinuferweg schen wie der Natur zugute. Der vollständi­ Doris Fiala vor, wenn es dort wie gewünscht ge Gewinn wird sich erst über die Jahre hin­ Nationalrätin FDP wuchert und spriesst? weg zeigen – wenn es grüner wird, die „Die zunehmenden Staus ver- So wie bei der Pfalz. Unterhalb vom ­Fische laichen und gar der Biber kommt. ursachen Ärger und unnötige Kosten. Die Belastung der Städte Münster hat es dichte Mauern, über die tageswoche.ch/+7ky8b × und Agglomerationen ist enorm. sich ein grüner Vorhang gelegt hat. Es ist in Moderne Umfahrungsstrassen und ein gut ausgebautes Strassennetz etwa das, was wir uns vorstellen. schaffen Sicherheit und Entlas- Weshalb konnte keine Wiese in den tung. Dafür engagiere ich mich!“ Uferabschnitt integriert werden? JA Das hat mit den Platzverhältnissen zu am 5. Juni faire-verkehrsfinanzierung.ch tun. Der Streifen ist zwischen zehn und dreissig Meter breit und überwindet bis zu

TagesWoche 18/16 Landschaftsarchitekt Guido Hager verteidigt den neuen Rheinuferweg. foto: Markus Bertschi

Noch dominiert kahler Stein, doch bald soll die Natur die Architektur begrünen. fotos: alexander preobrajenski So sieht für den Wirteverband ein Erfolgsrezept aus – wären da nicht die hohen Parkgebühren. foto: keystone 25 Gastronomie Für die Basler Wirte ist das Verkehrsregime schuld an der Gastro-Misere – und nicht etwa fantasielose Beizer. Es ist Zeit für einen Wechsel an der Spitze des Wirteverbandes.

zum Essen trinkt oder auch zwei, der lässt ordentlich Bargeld in der Beiz zurück. Der verzichtet aber schon aus alkoholgesetz- lichen Gründen in der Regel aufs Auto. Warum fordert der Verband, wenn er schon das Übel beim Staat sieht, nicht ein Gastroticket, mit dem die Kundschaft nach dem Abendessen gratis mit dem ÖV nach uterrot waren die Gesichter der Hause gelangen kann? Nomenklatura der Basler Wirte, tabakgegerbt die Haut, rau der Die Patentpflicht Ton. An der Generalversamm- Plung wurde es laut, so laut wie es eigentlich spült dem Wirteverband immer laut wird, wenn sich die Beizer die- ser Stadt treffen. Zwangsabgaben in «Wir brauchen eine bürgerliche Wende, Renato Beck sonst wird sich hier wohl kaum etwas ist Redaktor der TagesWoche. die Kasse und hält ­ändern», polterte Josef Schüpfer, Präsident tageswoche.ch/+96ve7 des honorablen Verbandes. Denn die böse die Schotten des Linke, glaubt Schüpfer, ist mit ihrem Ver- kehrsregime Hauptschuldige am miserab- hoheit über die Probleme der Gastronomie Marktes dicht. len Zustand der Branche. besetzen, ist abgelaufen. Denn nicht der Nicht die Einfallslosigkeit vieler Beizer, Branche als Gesamter geht es schlecht. Es Eine moderne Gastropolitik würde die immer noch glauben, Fleischkäse mit gibt auch in Basel zahlreiche Beispiele von auch das Wirtepatent abschaffen. Das Zu- buttertriefenden Nüdeli und Schnippo aus jungen, mutigen Gastronomen, die das ver- lassungskartell spült dem Wirteverband dem billigsten Fleisch, das der Markt her- änderte Konsumverhalten erkannt haben zwar zuverlässig Zwangsabgaben in die gibt, gehören auf eine zukunftsträchtige und erfolgreich für sich nutzen. Kasse und hält die Schotten des Marktes Speisekarte. Nicht der abgelöschte Service. dicht, es bremst aber die Erneuerung der Nicht die frechen Preise. Nicht die gamme- Statt neue Konzepte zu Gastroszene. lige Atmosphäre in sogenannten Tradi- In Zürich etwa kennt man keine derar- tionslokalen. entwickeln, tischt der tige Hürde. Die Auflagen, ein Lokal zu Der Verband droht mit einer Volksinitia- eröffnen, sind so schon gewaltig: Hygiene- tive, um die Parkgebühren in der Innen- Wirteverband Ausrede vorschriften, feuerpolizeiliche Bestim- stadt zu senken. Denn, darauf muss man mungen, Baubewilligungen – ein ganzer erst kommen, die Gäste bleiben den Res- um Ausrede auf. Katalog an Kriterien muss erfüllt sein, taurants fern, weil sie ein paar Franken fürs bevor das erste Bier gezapft ist. Parken bezahlen müssen. Präsident Schüp- Gutbürgerlich gibt es im Badischen Der Wirteverband will davon nichts wis- fer, teilt der Verband mit, hat «als eines der oder im Baselbiet besser und günstiger. sen. Ohne Patent würde die Qualität leiden. Hauptübel in Basel die katastrophale Ver- Aber für aufregende, mit Leidenschaft und Wie es um diese bestellt ist, zeigt eine Un- kehrspolitik identifiziert». Intelligenz zubereitete Menüs findet sich tersuchung des Kantonslabors von 2015: ­ auch hier Kundschaft. Den Basler Wirte- In jeder vierten Probe fanden die Prüfer Es gibt auch in Basel verband sollten Beizer anführen, die bewie- Darmbakterien, Schimmelpilze und weite- sen haben, dass sie mit widrigen Umstän- re Krankheitserreger. Gastronomen, den zurechtkommen. tageswoche.ch/+96ve7 × Nicht solche, die im Gestern verhaftet die das veränderte geblieben und zur Selbstkritik nicht fähig sind: Als Basel-Stadt das Rauchen in den Konsumverhalten Lokalen untersagte, stemmte sich der Wir- teverband mit aller Macht dagegen. erfolgreich für sich Befürchtet wurde nicht weniger als der Untergang der Nachtlokale und der nutzen. Stammtische. Heute ist das Nachtleben vielfältiger denn je, an vielen Ecken eröff- Wer einen Präsidenten mit derartigem nen neue Bars. Spürsinn hat, muss sich nicht wundern, Jetzt also wird die nächste Ausrede auf- geht es mit der eigenen Zunft schleichend, getischt, weshalb es nicht läuft. Dabei aber stetig bergab. ­widerspricht die Behauptung des Wirte­ Ein Wechsel an der Verbandsspitze ist verbands jedem Plausibilitätstest. Margen fällig. Die Zeit der «Originale», der Schüp- werden nicht auf Speisen, sondern auf fers, Fontanas, Nannis, die die Deutungs- ­Getränken erzielt. Wer eine Flasche Wein

TagesWoche 18/16 26 BVB Einspruch der Woche Eine wichtige Rolle beim Zuwachs der Verkehrsleistung hat die verlängerte Linie Viel Verkehr, nach Weil am Rhein gespielt: «Der Achter ist eine grosse Erfolgsgeschichte», sagte BVB-Direktor Erich Lagler. «So erfolg­ wenig Gewinn reich, dass sie uns auch Sorgen bereitete.» Die 2,8 Millionen grenzüberschreitenden von Dominique Spirgi Fahrgäste haben die Erwartungen bei ­Weitem übertroffen und für Engpässe und it entspannten Mienen präsen­ Verspätungen gesorgt. tierte sich die BVB-Spitze an der M Jahresmedienkonferenz. «2015 Das U-Abo als «regionale Institution» war ein richtig gutes Jahr», sagte Verwal­ Lagler zeigte sich auch erfreut, wie zu­ tungsratspräsident Paul Blumenthal. Nach frieden die Kundinnen und Kunden einer 2013 und 2014 sei dies ausgesprochen Befragung zufolge mit den BVB sind. Er «wohltuend». In jenen Jahren schlitterten ­erwähnte aber auch kommende Heraus­ die normalerweise in weiten Kreisen ge­ forderungen: Bis 2027 muss die gesamte schätzten Verkehrsbetriebe von Skandal Flotte mit erneuerbarer Energie verkehren. Planungsleiche zu Skandal. Blumenthal erklärte diese Ver­ Nach der Evaluation sollen 2018 die ersten gangenheit nun aber für bewältigt. Elektrobusse getestet werden. Die 55 neu­ soll weiterleben Tatsächlich konnten die BVB-Verant­ en, bis Dezember 2015 angeschafften Die­ wortlichen einige positive Zahlen präsen­ sel-Gelenkbusse werden schon bald nicht von Dominique Spirgi tieren. 133,5 Millionen Fahrgäste liessen mehr den Vorschriften genügen. sich per Tram und Bus über 300 Millionen Zur aktuellen Debatte über die Zukunft er nie genutzte Abluftkamin bei der Kilometer weit transportieren – ein Plus des U-Abos äusserten sich die BVB-Oberen Nordtangenten-Ausfahrt Horburg von 4,2 Prozent. Entsprechend stiegen 2015 vordergründig mit diplomatischer Zurück­ D soll abgebrochen werden. Doch auch die Verkehrserlöse an: um 2,5 Prozent haltung. Es wurde aber deutlich, dass die dagegen regt sich Widerstand. Der Ab­ auf 127,46 Millionen Franken. Weniger gut BVB vom gegenwärtigen Status nicht gerne bruch sei unverzeihlich, handle es sich sieht es beim Jahresgewinn aus: Er schmolz abweichen und als bedeutender Partner doch um eine weit sichtbare, elegante Weg­ von 4,8 Millionen im Jahr 2014 auf 173 000 im Tarifverbund Nordwestschweiz ein marke im unteren Kleinbasel und um ein Franken zusammen. ­gewichtiges Wort mitreden würden. Denkmal für die Geschichte der Nordtan­ Diese Zahl schmälert das Wohlbefinden Zur Frage einer möglichen Zonierung gente, schreibt der Basler Architekt Rolf der BVB-Verantwortlichen aber nicht. «Im des Abo-Preises sagte Paul Blumenthal, Voellmin. Er will darum gegen Einsprache Vorjahr haben Sondereffekte das Ergebnis dass dies eine Möglichkeit sein könnte, die ­erheben. Wie das Ding genutzt werden beeinflusst», sagte Blumenthal. Ausserdem es genau durchzurechnen gelte. Jedoch sei könnte, weiss der ­Architekt auch nicht. Er hätten die BVB erstmals Abgeltungen in das U-Abo «eine regionale Institution», mit hat aber eine Idee: «Im Turm könnte ein der Höhe von 2,6 Millionen Franken an den der man behutsam umgehen müsse. Lift eingebaut werden.» Kanton zurückbezahlt. tageswoche.ch/+hnf4n × tageswoche.ch/+5zd6a ×

Gesehen von Tom Künzli

Tom Künzli ist als Illustrator für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften tätig. Der 41-Jährige wohnt in Bern.

TagesWoche 18/16 Klybeckstrasse Zehn Wochen Baustelle ­mindestens von Dominique Spirgi

ie BVB stehen vor einer Feuer­ wehrübung. Im Sommer müssen D die Tramgleise an der Klybeck­ strasse ersetzt werden. Betroffen ist der Ab­ schnitt zwischen den Haltestellen Kaserne und Dreirosenbrücke. Dort sind die Schie­ nen so abgenutzt, dass die Tramzüge der ­Linien 8 und 17 nur noch mit 20 Stunden­ kilometern fahren können. Dass die Gleise an der Klybeckstrasse ihre Haltbarkeit überschritten haben, wussten die BVB nach eigenen Angaben schon seit längerer Zeit. Bei einer Inspek­ tion der Tramschienen stellte sich jetzt Doch noch brauchbar: der missratene TaWo-Schwimmsack. Foto: A. Preobrajenski ­heraus, dass ein Alarmzustand erreicht ist. In einer ersten Reaktion hatten die BVB Design Arno Wolf ist ein Geschäft für Design- die Höch stgeschwindigkeit sogar auf objekte am Nadelberg. Es gehört den Brü­ zehn Stundenkilometer beschränkt, um dern Florian und Tobias Hilbert, Innenar­ die ­Gefahr eines Entgleisens und zu langer Taugenichts chitekt und Architekt. Sie hatten eine gros­ Bremswege zu vermindern. Unterdessen se Idee: Eigentlich sollte der Sack ja das hat sich aber gezeigt, dass eine sichere Wasser aussperren. Aber: «Wenn eine Sa­ Fahrt auch mit 20 Stundenkilometern wird Unikat che geht, geht auch das Gegenteil.» Also ­möglich ist. füllten sie den Sack mit Wasser. Schwimm­ Dennoch kommen die BVB nicht darum von Jara Petersen sack umgedreht. Und dann hat man zum herum, die maroden Gleise schnellst­ Beispiel ein Kissen, um sich nach dem möglich zu ersetzen. Das soll noch in die­ einentaschen produziert heute jeder, Schwumm auszuruhen. Das Wasser bleibt sem Sommer geschehen, war am Rand aber Schwimmsäcke? Die kann man stundenlang drin, meinen die zwei. der Bilanz­ -Medienkonferenz der BVB zu in Basel noch viel besser brauchen. L Fast schon elegant erfahren. Verwaltungsratspräsident Paul Dachten wir uns und liessen zum zweiten Blumenthal nannte den August als Termin Mal einen ganzen Haufen mit TagesWoche- Tülay Kula ist die Frau hinter dem Label für den Baubeginn. Logo herstellen. Nur: Eine Ladung war ein Yoshiki (« the japanese word for style»). Sie Reinfall, der Schwimmsack versagte. Da macht Schmuck und Taschen. Ihre Idee: Ersatzbusse sind nicht geplant fielen die Bändel ab, Schnallen lösten sich, Aus dem Schwimmsackmaterial eine Mini- Genauere Angaben konnte er noch schon nur auf der ­Velofahrt zum Rhein. Version ihrer Bestseller-Tasche nähen. (Die nicht machen – auch nicht darüber, wie viel Was also tun damit? Wegschmeissen? ist sonst aus Kalbsleder.) Das Resultat: ein der Ersatz der Gleise kosten wird. Nur dass Kommt nicht in die Tüte und in den Sack kleiner weisser Beutel zum Zusammen­ die Bauarbeiten bei einer Vollsperrung der erst recht nicht. Besser, wir rufen zur Um­ schnüren und Umhängen. Zwei Säcke hat Strecke rund zehn Wochen dauern werden. gestaltung: An der «Blickfang» können Sie sie dafür vernäht. Und wo ist das grün- Bei vollem Trambetrieb müssten 30 Wo­ aus den Säcken eine Trag­tasche basteln. schwarze Logo hin? Hat sie ins Innenfutter chen veranschlagt werden, um die Schie­ Zuerst aber holten wir Hilfe bei vier Bas­ verarbeitet. Weil: «Ich mags lieber schlicht.» nen zu ersetzen, sagte Blumenthal. ler Designern, die an der Messe ausstellen: Im Atelier der Modedesignerin Claudia Weiter gab er bekannt, dass die BVB die Indiz, Arno Wolf, Yoshiki und Claudia Gü­ Güdel steht eine ganze Ladung transfor­ Tramlinien 8 und 17 während der Bauarbei­ del. In ihren Ateliers liessen wir sie Ideen mierter Schwimmsäcke auf dem Atelier­ ten umleiten werden. Auf den Einsatz eines ausbrüten: «Was liegt drin mit Upcycling?», tisch parat. Aus ihnen sind schön genähte Ersatzbusses werde man verzichten. Das fragten wir. Und sie: «Mit dem grässlichen Taschen in fünf Varianten geworden. Das hat zur Folge, dass die Haltestellen Bläsi­ Plastik?» Später zeigten sie es uns. Konzept: mit dem Vorhandenen arbeiten, ring, Feldbergstrasse und Kaserne wäh­ also dem Plastik, den Schnallen, dem Bän­ Badeschlappen to go? rend dieser Zeit nicht angefahren werden. del. Und dann die Form neu kreieren. Gü­ Wie die vier tageswoche.ch/+v83pt Indiz ist das Label von Iris Staudecker del nähte einen guten Boden an, fügte eine Basler Designer und Andri Werlen für «zeitlos-schöne» Aussentasche hinzu, entwarf auch eine den schreckli- Rucksäcke. Auf dem Ateliertisch liegen un­ Bauchtaschenversion, zeichnete den Auf­ chen Plastik in zählige Ideen ausgebreitet, für die sich das druck weiter. Und mit dem ehemaligen nützliche und ja wasserdichte Material eignet. Ein faltbares Umhängebändel wird die Tasche jetzt zuge­ sogar schöne ANZEIGE Portemonnaie. Ein Babylätzli. Ein Lätzli für macht. Eine Version gefällt Güdel so sehr, Objekte verwan- Erwachsene. Ein Veloflickzeug-Beutel. dass sie vielleicht in die nächste Kollektion delten, können Noch keine Besonders weit gedacht wurde diese kommt. Einfach nicht aus Plastik. Niemals. Sie sich online Lehrstelle 2016? Idee: Badeschlappen – für den Fussweg vor tageswoche.ch/+ir557 × anschauen Drohender Lehrabbruch? oder nach dem Rheinschwumm. Barfuss unter: Jetzt anrufen und Lehrvertrag sichern! ist das stets eine heisse Sache. Probleme bei Ein Unikat gefällig? Besuchen Sie uns an tageswoche.ch/ Tel. 078 614 14 40 stiftung-fbj.ch der Gestaltung? Andri Werlen nickt. Natür­ der «Blickfang». Wir verlosen auch «Pro- ­ +ir557 lich. Das Material. Die Farbe löst sich ab. Innerstadt-Gutscheine» und TaWo-Abos.

TagesWoche 18/16 Grösse max. 2-spaltig, Höhe nach Ergebnis

Bildstoff 360° tageswoche.ch/360

San Francisco Bertrand Piccard hat genug Sonne getankt. Seine «Solar Impulse 2» strotzt wieder vor nachhaltiger Ener- gie. Darauf wartet die Welt noch ein bisschen. a Je n Revillard/ Reuters

Pjöngjang «Bubi mache bum- bum»: Kim Jong Un kanns einfach nicht lassen. Seine letzte Rakete schoss er von einem U-Boot aus ab. Soll alles wunderbar funktio- niert haben. Der Machthaber jeden- falls sprach von einem «Augen öffnenden Erfolg». Wenn er sich da mal nicht verguckt hat. KCNA/Reuters

Hortobágy Es ist ein Freuden- fest: Ab Auftakt des Frühlings regieren wieder die guten, alten Zackelschafe Ungarns Lände- reien. Im Gegensatz zu Premier Viktor Orban können die das richtig gut. Laszlo Balogh/ reuters Liberec Wüsste dieses Tigerli bereits, wie unglaublich süss es ist, es wäre bestimmt schon ein arroganter Sack. Es steht Ihnen frei, jetzt trotzdem Jöööö zu denken. David W Cerny/ Reuters

Kiew Ein Kissen ist ein mit Daunen oder einem anderen weichen Material gefüllter und mehr oder weniger dich- ter Beutel. In der Ukraine sagt man dazu «Podushka». Also genau so, wie es klingt, wenn man es um die Ohren gehauen kriegt. valentyn Ogirenko/ Reuters

TagesWoche 18/16 30 Parteienfinanzierung Mit einer Initiative für die Offenlegung von Parteispenden ­wollen SP, Grüne und BDP Transparenz schaffen. Erstaunlich ­ ist, dass es dagegen überhaupt Widerstand geben kann. Demokratie muss ihre Geldquellen kennen

von Georg Kreis zen Schweiz, allen Kantonen und allen Ge- Gemäss Recherchen von Media Focus meinden vorschreiben wollte, wie einzubür- gaben die Parteien im Wahlkampf 2015 al- as Thema ist wieder auf dem gern ist. Die linke Transparenz-Initiative lein für Inserate und Plakate 28,2 Millionen Tisch. Parteienfinanzierung – «sündigt» in gleicher Weise und dürfte von Franken aus. Ist das viel oder wenig? Jeden- ein Dauerbrenner. Im Oktober der rechten Seite wiederum mit dem Föde- falls ein erheblicher Betrag. Zudem weiss hat es die TagesWoche letzt- ralismusargument bekämpft werden. man, dass die Regierungsparteien zwi- Dmals abgehandelt, noch vor den eidgenössi- Auch für den Bundesrat sind die ver- schen 62 Prozent (SP) und 94 Prozent (FDP) schen Wahlen. Blättern wir weiter zurück, schiedenen kantonalen Gegebenheiten ein fremdfinanziert sind. Wenn die SVP tat- stossen wir 1975 auf einen vielleicht ersten wichtiges Argument. Wichtig sind aber auch sächlich «nur» 75 Prozent Fremdfinanzie- Vorstoss. Und vor über fünf Jahren liess andere Vorbehalte: der Schutz der Privat- rung aufweisen sollte, dürfte sich dies da- Bundesrätin Sommaruga dazu ein Gutach- sphäre (bei der öffentlichen Bedeutung von mit erklären, dass sie ein paar sehr spenda- ten erstellen. Im Juli 2011 hiess es schliess- Parteien wenig einleuchtend) und vor allem ble Superreiche in den eigenen Reihen hat. lich, man werde «vertieft analysieren» und das Schreckgespenst, die Parteien müssten über «weitere Schritte» befinden. (wie in vielen Ländern üblich) durch den Tessin und Genf machen es vor Jetzt, am 26. April, startete die Unter- Staat finanziert werden, wenn wegen Trans- Der SVP-Politiker Oskar Freysinger tat schriftensammlung für eine Initiative, die parenzvorschriften Einnahmen wegfallen. die Forderung nach Transparenz mit dem verlangt, dass Parteien ihre Finanzen offen- saloppen Argument ab, dies bringe im Fal- legen. Konkret: Spenden von über 10 000 Schutz der Privatsphäre le seiner Partei nichts, sei doch allgemein Franken pro Jahr würden deklarierungs- bekannt, dass das meiste Geld von Chris- pflichtig und im Parlament vertretene Par- ist kein Argument – toph Blocher komme. Man kann entgegen- teien müssten ihre Bilanz und Erfolgsrech- halten: Es ist nicht das Gleiche, ob man von nung offenlegen. Für Einzelkandidaten gälte Parteien haben eine einer allgemeinen Annahme ausgeht oder das auch und für Abstimmungskomitees etwas schwarz auf weiss vor sich hat. mit Budgets von über 100 000 Franken. öffentliche Bedeutung. Wen aber interessiert das schon? Erneut Lanciert wird das Begehren von der SP sei an einen Fall aus dem Jahr 2007 erinnert: im Verbund mit den Grünen und der BDP. Wie zu erwarten, wird die Kontrolle der Da gingen mindestens 1,5 Blocher-Millio- Man hätte gerne auch SVPler dabeigehabt. Parteien auch mit Hinweis auf die direkte nen, wie man sagt, per Vertrauensanwalt Die Initiative sollte nicht als Begehren der Demokratie als nicht problemgerecht be- und Köfferchen an die SVP. Zudem sollen, «linken Ecke» erscheinen. Dass das Anlie- zeichnet, weil sich in Sachabstimmungen wie in aller Öffentlichkeit festgehalten wur- gen weit ins bürgerliche Feld Sympathien auch Verbände finanziell engagieren. Wenn de, mehrere Millionen von einem «Komitee geniesst, zeigt eine Vimentis-Umfrage. man wollte, könnte man aber auch diese für eine souveräne Schweiz» der SVP zuge- Eidgenössische Volksinitiativen streben ­Variante der Politfinanzierung legislato- flossen sein. Solche News lösen aber nicht zwangsläufig gesamtschweizerische Lösun- risch in den Griff bekommen. Ein wenig mehr als nur kurzzeitige Empörung aus. gen an – auch rechtsnationale Initiativen. überzeugendes Argument des Bundesrats Es gibt ein paar wenige Argumente, die Selbst wenn sie von Kräften stammen, die meint zudem, dass in der Schweiz wegen für den Föderalismus sprechen. Eines ver- gleichzeitig den Föderalismus heilig spre- des berühmten Milizwesens der Geldbe- weist darauf, dass einzelne Staatsteile als chen. Ein bekanntes Beispiel ist die geschei- darf der Parteien «erheblich» («nettement») eine Art Labor innovative Lösungen aus- terte SVP-Initiative von 2008, die der gan- bescheidener sei als im Ausland. probieren, die andere Staatsteile im Er-

TagesWoche 18/16 Es wird gesammelt – nicht Geld, sondern Unterschriften «für mehr Transparenz in der Politikfinanzierung». foto: keystone folgsfall übernehmen können. Das war so beigetreten, ist sie einer regelmässigen Die Schweiz nimmt unter den 49 Kon- bei der Einführung des Wahlproporzes, der Überprüfung durch die Greco (Groupe ventionsmitgliedern eine Abseitsposition obligatorischen Versicherungen, des Frau- d’Etats contre la Corruption) ausgesetzt. ein. Das lässt die Eidgenossen freilich un- enstimmrechts und so weiter. Diese hat 2015 wegen fehlender Gesetz- gerührt. Es gibt im Gegenteil nicht wenige Kantonale Gesetze zur Parteienfinan- gebung bereits zum zweiten Mal «Nonkon- Leute im Lande, die gerne an sonderbaren zierung gibt es bereits im Tessin (seit 1998), formität» angemahnt. Die Schweiz hat bis Alleinstellungsmerkmalen festhalten. So in Genf (1999) und in Neuenburg (2013). zum März 2016 nach Strassburg berichten können sie sich als etwas Besonderes Und in der Waadt wurde von Regierungs- müssen, ob sie «Fortschritte» erzielt hat. ­fühlen. Das war schon beim Frauenstimm- seite zumindest ein Versuch unternommen. Hat sie aber nicht, jedenfalls nicht bezüg- recht so. Kommt hinzu, dass man tatsäch- Es fällt auf, dass auch hier (wie früher beim lich der Parteienkontrolle. lich darauf verweisen kann, dass Länder Frauenstimmrecht, jetzt beim Ausländer- mit offizieller Konformität die Sache dann stimmrecht und bei Einbürgerungsfragen) Nicht wenige Leute im doch nicht so genau nehmen. die lateinischen Kantone für politische Schweden hat eine – wenn auch schwa- Reformen dieser Art eher zu haben sind. Land mögen sonderbare che – Regel, wonach die Parteien im natio- Im Tessin müssen alle Parteispenden nalen Parlament ihre Einkünfte freiwillig über 10 000 Franken bei der Staatskanzlei Alleinstellungsmerkmale. unterbreiten. Es würde nicht überraschen, gemeldet werden; auch Einzelspenden von wenn Ähnliches in der Schweiz vorgeschla- über 5000 Franken an Kandidaten oder Ab- So können sie sich als gen würde, um der aktuellen Initiative den stimmungskomitees unterliegen der Mel- Wind aus den Segeln zu nehmen. depflicht. In Genf müssen die begünstigten etwas Besonderes fühlen. Wir bilden uns auf unsere scheinbar vor- politischen Organisationen jedes Jahr den bildliche Demokratie etwas ein. Dabei wird gesamten Spendenbetrag und die einzel- Immerhin ist man bei der amtlichen die Politfinanzierung völlig ausgeklam- nen Spender (ohne Beträge) nennen. Neu- Strafverfolgung von schweren Fällen der mert. Das erstaunt. Diesbezügliche Trans- enburg orientierte sich grosso modo an Privatkorruption etwas weiter – der Fifa sei parenz ist selbstverständlich oder sollte es diesen beiden Kantonen. Dank. Im Juni wird sich die Greco wieder zumindest sein. Es erstaunt, dass es dage- zur Schweiz äussern, unverbindlich «Nicht- gen überhaupt Widerstand geben kann. Affaire à suivre konformität» feststellen und an empfohle- Nicht überraschend ist, dass gewisse Sind die gemachten Erfahrungen derart ne Massnahmen erinnern. Gelegentlich Kräfte gegen das Ende dieses unguten schlecht, dass man solche Regeln nicht auf reist dann eine sogenannte «High Level ­Zustands sind, weil sie von der anonymen Online die Bundesebene übertragen kann? Oder Mission» nach Bern. Affaire à suivre. Finanzierung profitieren. Aber wenn man sind die Erfahrungen derart unerheblich, Im August 2014 hatte der Bundesrat die plötzlich schweizweit mehr Transparenz dass man sich ein zusätzliches Bundes- Sache mit den Präsidien der Regierungs- bei der Finanzierung universitärer For- gesetz ersparen kann? parteien und Fraktionen beraten. Mit Aus- schung wünscht und im Baselbiet unter Be- Ein etwas oberflächliches Argument für nahme der Sozialdemokraten sprachen rufung auf Transparenz sogar öffentliche ein Gesetz könnte sein, dass die Schweiz sich alle für den Status quo aus – er habe Gemeinderatssitzungen, dann müsste die- tageswoche.ch/ dann international in diesem Punkt eini- sich bewährt. Bei einseitiger Betrachtung ses Prinzip doch auch für die Finanzierung themen/ germassen «konform» wäre. 2006 der Anti- und aus entsprechendem Interessenstand- unserer Demokratie gelten. Georg Kreis korruptions-Konvention des Europarats punkt kann man das sicher so sehen. tageswoche.ch/+ bcjkj ×

TagesWoche 18/16 32 Bestattungsanzeigen Basel-Stadt und Region

Allschwil 09.07.1934–20.04.2016, Stocker, Esther, von BL, 02.11.1928– setzung im engsten Landenberger, Ernst, Oberer Batterie- Basel/BS, 16.01.1934– 14.04.2016, Reichen- Familienkreis. von Basel/BS, Weinfel- weg 89, Basel, wurde 22.04.2016, Feier- steinerstr. 55, APH Will, Alfred Fritz, den/TG, 30.04.1927– bestattet. abendstr. 1, Basel, Käppeli, Muttenz, aus Deutschland, 23.04.2016, Langen- Götz-Brugger, Karo- wurde bestattet. Beisetzung im engsten 01.11.1933–21.04.2016, hagweg 20, Allschwil, lina, von Basel/BS, Stöcklin-Mazique, Familienkreis. Bahnhofstr. 40, AH Trauerfeier und Bei- 21.09.1925–22.04.2016, Porscha Latrese, Renz-Wieland, Nina, Nägelin, Pratteln, setzung: Freitag, Bruderholzstr. 108, aus den Vereinigten von Basel/BS, Abdankung und Bei- 29.04., 10.30 Uhr, Basel, bestattet. Staaten, 22.07.1988– 13.01.1929–22.03.2016, setzung im engsten Besammlung Kapelle Gutmann-Kopp, 20.04.2016, Vogesen- (mit Aufenthalt im Familienkreis. Friedhof Allschwil. Erwin, von Basel/BS, str. 105, Basel, wurde Altersheim in Gelter- Reinach Basel 09.08.1921–20.04.2016, bestattet. kinden), Muttenz, wurde bestattet. Alpstaeg-Pfeiffer, Bass-Kessler, Georg Horburgstr. 54, Basel, Thomann-Stuber, Roger, von Basel/BS, Walter, von Basel/BS, wurde bestattet. Ruth Bertha, von Scheidegger-Mathys, Dürrenäsch/AG, 24.05.1924–12.04.2016, Gysin-Gehrig, Alfons Brienz/BE, 30.11.1918– Annamarie, von 23.08.1927–24.04.2016, Rebgasse 16, Basel, Arthur, von Riehen/ 19.04.2016, Rhein- Madiswil/BE, Therwilerstr. 68, wurde bestattet. BS, 22.07.1924– sprung 16, Basel, 11.04.1933–25.04.2016, Reinach, Urnenbeiset- 18.04.2016, St. Alban- Trauerfeier im engs- Reichensteinerstr. 55, zung im engsten Benkert-Rüttener, ten Kreis. APH Käppeli, Mut- Felix Ferdinand, von Vorstadt 85, Basel, Familienkreis. wurde bestattet. Villiger, Albert, von tenz, Urnenbeiset- Basel/BS, 25.12.1939– zung: Dienstag, 03.05., Weber-Hunziker, 20.04.2016, St. Jo- Hunziker-Frey, Herta Basel/BS, 11.09.1942– Hans, von Menziken/ 09.04.2016, Oetlinger- 14.00 Uhr, Friedhof hanns-Platz 24, Basel, Anna Margaretha, von Muttenz, anschlies- AG, 03.07.1937– wurde bestattet. Basel/BS, 14.11.1931– str. 51, Basel, wurde 21.04.2016, Bruder- bestattet. send Trauerfeier in Bösch, Elisabeth 17.04.2016, Wallstr. 11, der ref. Kirche holzstr. 43, Reinach, Mathilde, von Basel/ Basel, wurde bestattet. Weber-Bissel, Martha, St. Arbogast, Muttenz. Trauerfeier und BS, 23.11.1919– Keller-Tate, René von Malters/LU, Urnenbeisetzung: 01.03.1927–19.04.2016, Steiner-Zanger, Erika, Dienstag, 03.05., 16.04.2016, Leimen- Emile, von Basel/BS, von Walterswil/BE, str. 67, Basel, wurde Bonaduz/GR, Wasgenring 74, Basel, 14.00 Uhr, Friedhof wurde bestattet. 12.07.1929–07.04.2016, Fiechten, Reinach. bestattet. 09.12.1919–01.03.2016, Tramstr. 83, APH Zum Burri-Weissenberger, Mülhauserstr. 35, Weisskopf-Gherri, Park, Muttenz, wurde Riehen René, von Rüschegg/ Basel, wurde bestattet. Alfred, von Pratteln/ bestattet. Keller-Fischer, Marie BL, 11.11.1940– Louise, von Hor- BE, 07.07.1941– Lavicka-Illyes, Traupel-Thomann, 17.04.2016, Spiegel- nussen/AG, 27.10.1916– 21.04.2016, Solothurn- Juliana, von Basel/BS, Marlise, von Basel/BS, bergstr. 18, Basel, 20.04.2016, Inzlinger- erstr. 91, Basel, wurde 12.03.1930–23.04.2016, 29.11.1924–21.04.2016, wurde bestattet. str. 50, Riehen, wurde bestattet. Falkensteinerstr. 30, Tramstr. 83, APH Zum bestattet. Candolfi-Zanotti, Basel, wurde bestattet. Münchenstein Park, Muttenz, Urnen- Giulio Edoardo, Lienhard-Gafner, Bodenmann-Ritter, beisetzung: Freitag, Martin-Hofmann, von Comologno/TI, Louise, von Holziken/ Klara, von Urnäsch/ 29.04., 14.00 Uhr, Gertrud, von Riehen/ 16.09.1928–17.04.2016, AG, 26.04.1923– AR, Basel/BS, Friedhof Muttenz, BS, 03.11.1919– Efringerstr. 94, Basel, 24.04.2016, Lenz- 06.08.1927–24.04.2016, anschliessend Trauer- 16.04.2016, Inzlinger- wurde bestattet. gasse 54, Basel, Trau- Pumpwerkstr. 3, feier in der ref. Kirche str. 50, Riehen, wurde bestattet. Dahinden, Maria erfeier: Dienstag, Münchenstein, St. Arbogast, Muttenz. Aloisia, von Weggis/ 03.05., 14.00 Uhr, Abschied im engsten Zberg, Kurt Fridolin, Niederberger-Renggli, LU, 23.11.1923– Kirche St. Johann, Familienkreis. von Silenen/UR, Adolf, von Riehen/BS, 20.04.2016, Holee- Basel. Furrer-Häring, Alice, 17.05.1944–16.04.2016, Dallenwil/NW, str. 123, Basel, Mauli-Jeckle, Margot von Küsnacht/ZH, Kirschgartenstr. 16, 19.09.1932–13.04.2016, wurde bestattet. Irma, von Basel/BS, 18.02.1923–20.04.2016, Muttenz, wurde Schützengasse 60, Rie- hen, wurde bestattet. Diezig-Marty, Peter, 15.06.1931–16.04.2016, Dillackerstr. 39, Mün- bestattet. von Basel/BS, Glaserbergstr. 23, chenstein, Abdan- Niederdorf Wiegand-Bannier, 04.03.1926–15.04.2016, Basel, wurde bestattet. kung: Freitag, 29.04., René Willy, 14.00 Uhr, ref. Dorfkir- Walliser-Schweizer, Lehenmattstr. 303, Meili-Merk, Hans, von Hans August, von von Carouge/GE, Basel, Trauerfeier: Basel/BS, 31.01.1931– che, Kirchgasse 2, 21.04.1939–23.04.2016, Münchenstein Dorf. Reigoldswil/BL, Dienstag, 03.05., 24.04.2016, Missions- 05.01.1918–22.04.2016, Bahnhofstr. 23, Rie- 14.30 Uhr, Friedhof str. 37, Basel, Trauer- Kaufmann-Holzer, Seniorenzentrum hen, wurde bestattet. am Hörnli. feier: Freitag, 29.04., Ruth Esther, von Gritt, Grittweg 24, Epstein-Rueff, Made- 13.30 Uhr, Missions- Escholzmatt-Mar- Niederdorf, Urnenbei- leine Jeannine, von str. 37, Basel. bach/LU, 24.10.1936– setzung mit anschlies- Basel/BS, 31.12.1925– Natusch, Armin 18.04.2016, Pump- sender Abdankung: 20.04.2016, Holbein- Jürgen Detlef, werkstr. 3, München- Montag, 02.05., platz 4, Basel, wurde aus Deutschland, stein, Abschied im 14.00 Uhr, ref. Kir- bestattet. 12.09.1939–16.04.2016, engsten Familienkreis. che St. Peter, Fahrni-Schiumarini, Feierabendstr. 1, Basel, Muttenz Oberdorf, Besamm- Oscara, von Basel/BS, wurde bestattet. Ihle-Smallenburg, lung Friedhof. 18.01.1914–21.04.2016, Noll-Marfurt, Eva Georg Ernst, Pratteln Mittlere Str. 15, Basel, Barbara, von Basel/ aus Deutschland, Dannenberger-Probst, wurde bestattet. BS, 23.03.1942– 10.12.1939–13.04.2016, Rosa, von Pratteln/BL, Obrechtstr. 5, Mut- Forrer-Klunker, 17.04.2016, Amsel- 15.09.1924–18.04.2016, tenz, wurde bestattet. Annelies Dora, str. 50, Basel, wurde Tramstr. 3, Pratteln, von Wildhaus/SG, bestattet. Mangold, Edwin Abdankung und Bei- 01.10.1934–18.04.2016, Schürmann-Brod- Walter, von Böckten/ Lehenmattstr. 242, mann, Alois, von Basel, wurde bestattet. Basel/BS, 09.05.1927– Friedrich-Staub, 16.04.2016, St. Galler- laufend aktualisiert: Erhard, von Basel/BS, Ring 202, Basel, wurde bestattet. tageswoche.ch/todesanzeigen

TagesWoche 18/16 33 Demagogen Wenn ein Christoph Blocher zur Nazi-Keule greift, wirkt das schon sehr komisch – auch Knackeboul musste lachen. Dann aber merkte er: Das ist ja genau der Trick der Demagogen!

agogen siegen? Haben sie uns auch ver- führt? Leben wir lieber in einem abgeschot- teten Europa, das seine Sicherheit auf Tau- senden Leichen flüchtender Menschen aufbaut oder sind wir bereit für ein offenes Europa, das sich den Herausforderungen stellt? Eine verfahrene Situation. Aber auch Demagogen sind verwundbar. ein Hippie im LSD-Vollrausch Gerade dort, wo sie am stärksten sind: in käme je auf die Stufe des Wahns, der Illusion. Diese vermögen sie zwar zu den Blocher gerade befallen hat: etablieren. Aber sie müssen sie auch auf- Die Juden-SVP, gejagt von den rechterhalten. Das ist die Schwachstelle. Kbösen Mainstream-Medien-Nazis in Axel- Sie versprechen dem Volk Medizin, aber Springer-Stiefeln. Auch ich musste lachen. geben Placebos. Populistische Parteien Doch es hörte sich leicht verzweifelt an. So stimmen ja eigentlich stets gegen das Volk. sehr ich den alten Mann als nicht mehr Knackeboul ist Rapper, Beatboxer Verhindern Gleichberechtigung, kürzen ernst zu nehmen abzustempeln wünschte – und Publizist. Sozialleistungen, erwirken tiefe Steuern – er ist leider nicht der Einzige, der die Opfer- tageswoche.ch/+e2y2h für Superreiche (oft Ausländer) und nicht Täter-Rolle auf den Kopf stellt. Das ge- zuletzt für sich selbst. Da könnten wir sie schieht gerade europaweit. Ja, weltweit. kriegen. Wirklich blossstellen. Entwaffnen. Der alte, scheinbar verwirrte Mann, fürchte Nationalismus – für Populisten kein Grund, Zum Beispiel mit Kunst. Hat mich per- ich, ist auf der Höhe der Zeit. sich zu schämen. Politische Fehltritte? Be- sönlich etwas kritisches Denken gelehrt, trug? Steuerhinterziehung? Kein Problem dann waren es gute Bücher. Filme. Musik. Immer die gleichen Tricks für diese Meister der Täuschung. Bilder. Museen. Und ja, auch Lehrerinnen Jüngstes Beispiel: Norbert Hofer in Ös- Ein kritischer Journalist kann einen Po- und Lehrer. Solche, die mich gelehrt haben terreich, quasi ein höflicher Haider. Dieser pulisten zwar entlarven. Aber an dessen zu verknüpfen, zu wagen, zu hoffen – aber frauen- und schwulenfeindliche Rechts- Machtposition rütteln, kann er nicht. Bloss eben auch immer zu zweifeln. populist droht Präsident zu werden. Seine eine Situation schaffen, an deren Ende der Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) trägt Demagoge wieder mal als «Opfer einer Packen wir sie! es schon im Namen – hier wird der Wort- ­Verschwörung» dasteht, was ihn zum Ver- Solange da draussen Menschen herum- sinn sehr frei umgedeutet. Die gepriesene bündeten seiner immer grösser werdenden laufen, die ständig in Superlativen reden Freiheit gilt freilich nur für «echte» Öster- Anhängerschar macht. Aber das haben wir und Geschichte zu ihren Gunsten verdre- reicher. Und die nehmen sich auch die doch alle längst durchschaut. Da lachen wir hen, braucht es eine Generation kritischer Freiheit, die Menschenrechte mit Füssen höchstens drüber. Ich wiederhole mich. Denker, die sie entlarvt. Für mich ein mög- zu treten und eine Obergrenze für Men- licher Ausweg aus der drohenden braunen schen auf der Flucht zu etablieren. Wer das Gute als Misere. Dass wir die nächste Generation in Ob FPÖ, Front National, AfD oder (und Offenheit, Neugier und Kreativität erzie- es ist traurig, dass die grösste Partei der schädlich darstellt, kann hen. Bildung, gute Mentorinnen und auch Schweiz hier in einem Atemzug erwähnt öffentliche Personen, die sich kritisch zu werden kann oder gar muss) SVP, sie alle Schlechtes tun, ohne diesen brisanten Themen äussern. Immer greifen auf die gleichen demagogischen und immer wieder. Bis wir über Blocher Tricks zurück: Übermässiges Zelebrieren schlecht dazustehen. und Konsorten nicht mehr lachen. Bis uns des Wir-Gefühls («Wir sind das Volk!»), deren Macht wütend macht. Uns Armut Selbstdarstellung als Mann des Volkes Leider muss ich mich wiederholen. empört. Bis wir endlich entschlossen und (auch ein Multimilliardär aus Zürich geht Denn da feiert etwas ein groteskes Revival, mit allen Mitteln dagegen ankämpfen, dass als Emmentaler Bauer durch) und dann das die Welt schon mehrmals in den Ab- sich ein schreiender Multimilliardär als eine Verschwörung gegen dieses «Wir» in- grund stürzte. Ein Gedankengut erobert Opfer darstellt, während im Mittelmeer szenieren. Die «Mainstream-Medien», die Europas Parlamente zurück, das wir bis vor leise die wahren Opfer ertrinken. × «kriminellen Ausländer», «die Gutmen- Kurzem mit allen Mitteln bekämpften. schen» mit «ihrer Willkommenskultur», Die Vernünftigen sind sich einig: Das ist An dieser Stelle ein Danke an Max Hork- «die Menschenrechtler», «die Richter» – sie haarsträubend. Diese Haudegen sind ja heimer, der schon vor Jahrzehnten vor wollen «unser Heimatland» zerstören. nicht ernst zu nehmen. Schaut mal, dieser diesen demagogischen Tricks gewarnt Ja, man kann dieses Spielchen durch- senile Blocher! Dabei ist genau das ein Er- hat, und an Rapper Marsimoto für das schauen. Ausgeliefert ist man ihm dennoch. folgsrezept der Nationalisten. Nicht ernst Wortspiel: «Axel-Springer-Stiefel». Denn das ist das Perfide an der Demagogie: genommen werden. Das ist wieder mal Bie- Sie kehrt alles um. Jeder Schuss in ihre dermann. Die Brandstifter sind heute Prä- Richtung macht diejenigen zu Opfern, die sidentschaftskandidaten. vorgaukeln, welche zu sein. Umgekehrt ist Klar, man ist entsetzt! Die armen Teufel jeder Schuss aus ihrer Richtung ein Treffer. an der Grenze! Diese ungehobelten Flegel Weil Logik da nicht als Schutzschild taugt. mit ihrer paranoiden Weltsicht in all diesen Wer das Gute als schädlich darstellt, kann Talkshows! Aber ändert das was an deren Schlechtes tun, ohne schlecht dazustehen. Siegeszug? Unternehmen wir etwas? Oder Fremdenfeindlichkeit, extremistischer wollen wir gar unterbewusst, dass die Dem-

TagesWoche 18/16 34 Flüchtlingskrise Die EU möchte analog zum Türkei-Deal ein Abkommen mit Tripolis. Ansprechpartner wäre die von der UNO vermittelte Einheitsregierung. Doch die steht erst auf dem Papier. EU sucht in Libyen einen Partner

Die rostigen Fischkutter sind beschlagnahmt. Diese «Saison» riskieren afrikanische Migranten die Überfahrt in Gummibooten. foto: reuters 35 von Astrid Frefel das Vertrauen auszusprechen und die Ver­ auf die Überfahrt warten, ist umstritten. fassung entsprechend anzupassen. Doch Die IOM hat 145 000 Flüchtlinge identifi­ n Tripolis geben sich in diesen Tagen eine kleine Minderheit von Loyalisten von ziert, von denen vier Prozent in Haftzent­ europäische Aussenminister die General Hafter betreibt Verhinderungspo­ ren eingesperrt sind. Europäische Politiker Klinke in die Hand. Sie bleiben je­ litik. Auch diese Woche haben sie «mit allen haben viel höhere Zahlen genannt. Fast alle weils nur wenige Stunden, denn die möglichen Mitteln» (so ein Anwesender) sind schon vor Monaten illegal aus Niger ISicherheitslage ist ­prekär. Alle haben das­ verhindert, dass genügend Abgeordnete in oder Algerien eingereist; dies über seit Jah­ selbe Anliegen: Sie wollen zeigen, wie sehr den Sitzungssaal gelangen konnten. ren fest etablierte Routen für Menschen- sie die Regierung der Nationalen Einheit Hafters Getreue wollen sicherstellen, Schmuggel. von Fayez Serraj unterstützen, die letzten dass der General seinen Posten als Armee­ Dezember nach zähen Vermittlungsbe­ chef auch in Zukunft behalten und seinen Opfer brutaler Willkür mühungen der UNO gebildet wurde. Kampf gegen Islamisten in Benghazi unge­ Unter Diktator Gaddhafi hatten Hun­ Mit dieser Regierung soll die Spaltung hindert weiterführen kann. derttausende Schwarzafrikaner in Libyen Libyens in zwei Machtblöcke im Osten und gearbeitet. Auch heute suchen viele eine im Westen überwunden werden. Der Ge­ Polizei und Milizen Beschäftigung im Ölstaat, entweder, um schäftsmann Serraj ist Vorsitzender eines sich dort niederzulassen, oder Geld für die neunköpfigen Präsidialrates und Regie­ drängen aufgegriffene Überfahrt nach Europa zu verdienen. rungschef. Allerdings erst auf dem Papier. In den vergangen 18 Monaten, seit das Ende März ist er mit einer Vorhut aus Tunis Migranten, dass sie sich Land zerfällt und Anarchie und Gesetzlo­ auf dem Seeweg in einer Militärbasis gelan­ sigkeit herrschen, hat sich ihre Lage noch det und residiert seither dort. Geschützt freikaufen. Kriminelle einmal drastisch verschlechtert. Polizei wird er von Einheiten der Marine. und Milizen verlangen von aufgegriffenen Ein Dutzend Mal hat das international überfallen sie und Migranten, dass sie sich freikaufen. Der anerkannte Parlament in Tobruk bereits Tarif liegt in der Regel bei 1000 libyschen vergeblich versucht, der Serraj-Regierung rauben sie aus. Dinar (etwa 730 Franken). Kriminelle über­ fallen und rauben Migranten aus. Arbeitge­ Ohne offiziellen Segen des Parlaments ber zahlen oft keine Löhne. Die rostigen Fischkutter sind beschlagnahmt. Diese «Saison» riskieren afrikanische Migranten die Überfahrt in Gummibooten. foto: reuters ist es für die neue Regierung schwierig, die Weil es keine funktionierende staatliche Kontrolle über das Land zu gewinnen – Autorität gibt, sind die Migranten dieser obwohl UNO und EU sie bereits zur einzi­ brutalen Willkür völlig schutzlos aus­­ge­ gen legitimen Vertretung erklärt haben. Die liefert. Tausende von ihnen sind deshalb ef­ ­beiden bisherigen Regierungen in Tobruk fektiv gestrandet. und Tripolis mischen immer noch mit. In Die IOM hat über Rückführungspro­ Tripolis sind nach wie vor Milizen der riva­ gramme Hunderte in Länder wie Mali, Bur­ lisierenden Lager auf den Strassen. kina Faso, Äthiopien, Nigeria oder Togo Die EU hat ein Hilfspaket von 100 Milli­ ausgeflogen. In mehreren Haftzentren leis­ onen Euro beschlossen; wie die einzelnen tet die IOM Nothilfe. Massnahmen umgesetzt werden sollen, bleibt aber unklar. Die Europäer machen «Operation Sophia» ausweiten Druck; lokale Medien sind sich auch sicher, Mit einer Einheitsregierung will die EU dass trotz gegenteiliger Beteuerungen klei­ die Zusammenarbeit in der Flüchtlings­ ne Kontingente von Spezialeinheiten aus frage in die Wege leiten und zum Beispiel Italien, Frankreich und Grossbritannien den Küstenschutz wirksam ausbauen. ­ bereits in Libyen sind. Die EU drängt auf 22 EU-Länder unterhalten seit Juni 2015 die eine funktionstüchtige Regierung, damit «Operation Sophia». sie einen Ansprechpartner in der Flücht­ Ihre Schiffe dürfen allerdings nur in den lingskrise und im Kampf gegen die Terror­ internationalen Gewässern vor der Küste miliz IS hat. Diese hat sich in Zentrallibyen Libyens operieren, weit weg von der Basis einen neuen Stützpunkt geschaffen. der Schlepperorganisationen. Beide der bisherigen rivalisierenden Regierungen Viele warten auf Überfahrt haben sich strikt geweigert, dies zu ändern. Mit dem Ende der Winterstürme wagen Mit der Serraj-Regierung hofft die EU aber auch wieder deutlich mehr Menschen in auf Bewegung in dieser Frage. Libyen die Reise übers Mittelmeer. Meist tageswoche.ch/+wdt58 × afrikanische Migranten und neuerdings auch in Gummibooten, weil viele der schrottreifen Fischkutter inzwischen be­ schlagnahmt sind. Die Ereignisse auf der Balkanroute ha­ ben das Geschehen auf dieser zentralen ANZEIGE Mittelmeerroute etwas aus den Schlagzei­ len gedrängt, zumal hier die Bewegungen hauptsächlich in den Sommermonaten Fr 29.04. 20:00• Offbeat Jazz Festival stattfinden. Am Problem hat sich aber nichts verändert. Wie die Internationale Maria João – Grupo «Ogre» Organisation für Migration (IOM) meldet, Di 03.05. 20:00 sind in diesem Jahr bis Mitte April 24 600 «Hommage an Annette von Droste-Hülshoff» – Flüchtlinge und 356 Tote gezählt worden;

T 061 683 13 13 ensemble amaltea im Vorjahr waren es in der gleichen Zeit www.garedunord.ch 26 200 und 1687 Tote. Wie viele Migranten in Libyen – der Grossteil aus Ländern südlich der Sahara – Mit leeren Händen will er nicht heimkehren: Der katalanische Ministerpräsident Carles Puigdemont (r.) mit seinem spanischen Amtskollegen Mariano Rajoy. foto: reuters

Spanien Die neue Regierung von Katalonien versprach ihren Wählern die baldige Unabhängigkeit. Noch ist es nicht so weit. Doch Ministerpräsident Puigdemont treibt das Projekt diskret voran. Die eigene Republik kommt später

TagesWoche 18/16 37 mentierte Parlament auch nach vier Mona- Puigdemont hat nicht nur mit PSOE- ten nicht auf einen Kandidaten einigen Chef Pedro Sánchez und Pablo Iglesias von können. Für echte Verhandlungen war der Linkspartei Podemos gesprochen, son- schlicht noch keine Zeit. dern auch mit dem noch amtierenden ­Ministerpräsidenten Mariano Rajoy (PP) Was hat sich in den letzten verhandelt, über 46 Punkte – vom Referen- Monaten in Spanien geändert? dum über die Aufnahme von Flüchtlingen bis zur Zinssenkung für die Hilfszahlungen Zum ersten Mal steht ein Unabhängig- aus dem nationalen autonomen Liquidi- keitsreferendum auf der Traktandenliste tätsfonds (FLA). des Parlaments in Madrid, wenn auch noch Einerseits die Unabhängigkeit zu for- als Minderheitenposition. Die Linkspartei dern, andererseits an den staatlichen Podemos, immerhin drittstärkste Formati- ­Finanzinstrumenten zu schrauben: Das on, hatte es auf Druck ihrer katalanischen mag als Doppelstrategie legitim sein, er- Schwesterpartei ins Programm gehievt. klärt aber auch, warum selbst überzeugte ­Sowohl die konservative PP wie auch die Independentistas nicht an eine unmittel- Sozialdemokraten der PSOE schliessen es bare Sezession glauben. bisher kategorisch aus. Ändern könnte sich das – zumindest theoretisch – bei Neuwah- Wann wird Katalonien also len, die irgendwann anstehen, falls die unabhängig? ­Regierungsbildung nicht gelingt. Die Unabhängigkeit beginnt einen Tag, «Die Beziehungen nachdem Katalonien eine neue Verfassung ausgearbeitet und in einem Referendum zwischen Spanien und angenommen hat. Dazu muss durch Neu- wahlen zunächst eine verfassungsgebende Katalonien sind einfach Versammlung gewählt werden. So zumin- dest sieht es Puigdemonts Fahrplan vor. nicht reformierbar.» «Meine Aufgabe ist es, dem Parlament die Schlüssel für einen eigenen Staat zu über- Carles Puigdemont, geben und es zu den verfassungsgebenden Ministerpräsident von Katalonien Neuwahlen zu führen.» Die für einen Bruch mit Spanien nötigen vorstaatlichen Geset- «Spaniens Gesellschaft ist reifer als sei- ze über Steuer-, Sozialversicherungswesen ne politische Klasse», glaubt Puigdemont. und Übergangsprozedere hat Puigdemont «Das Ansehen Spaniens in der Welt würde auf das Ende der Legislatur verlegt. Mit leeren Händen will er nicht heimkehren: Der katalanische Ministerpräsident Carles Puigdemont (r.) mit seinem spanischen Amtskollegen Mariano Rajoy. foto: reuters sich jedenfalls enorm verbessern, wenn Zeitlich bleibt die Zielvorgabe für die Madrid endlich den Weg für eine schotti- Unabhängigkeit schwammig. Und auch von Julia Macher sche Lösung frei macht.» ­politisch hat sie noch ein paar Haken. Die Auch jenseits eines Referendums signa- Strategie dahinter: So wie sein Amtsvor- ei der Wahl im September 2015 lisiert Puigdemont Verhandlungsbereit- gänger Artur Mas die Regionalwahlen im haben die katalanischen Pro- schaft. «Wir arbeiten in der steten Hoffnung, September zu einem Plebiszit über die Un- Unabhängigkeitsparteien die dass Madrid uns ein Angebot macht.» Das abhängigkeit erklärt hat, will Puigdemont ­absolute Mehrheit gewonnen. klingt sehr verbindlich – und der katalani- den nächsten Urnengang zu verfassungs- BDas Bündnis kündigte an, Katalonien sche Präsident korrigiert sich: «Wir sind gebenden Wahlen erklären. ­innerhalb von 18 Monaten zu einer unab- zumindest bereit, uns jedes Angebot anzu- Und: So wie die katalanische Oppositi- hängigen Republik zu machen. hören.» Mehr als eine kleine Verfassungs- on den plebiszitären Charakter der Regio- Passiert ist in den ersten sechs Monaten – änderung müsste es aber schon sein. nalwahlen negiert hat, könnten die Anti- bis auf eine Absichtserklärung – nichts. Unabhängigkeitsparteien dann den verfas- Oder doch? «Der eine oder andere wird mit Und in Katalonien? sungsgebenden Charakter verneinen, uns noch eine Überraschung erleben», pro- ohne entsprechendes Programm antreten gnostiziert der katalanische Ministerpräsi- Nach den Wahlen haben viele die Estela- und das spanische Verfassungsgericht die dent Carles Puigdemont in einem Gespräch des, die Unabhängigkeitsfahnen, von den entsprechenden Gesetze kassieren. Je nach mit ausländischen Korrespondenten. Balkonen abgehängt. Die Unterstützung für Ergebnis wäre die Situation dann ähnlich eine Sezession ist zwar nicht gesunken, der wie jetzt: Der Druck stiege weiter, eine Eine autonome Region erklärt Ton aber ist leiser geworden und der katala- ­Lösung jenseits eines paktierten Referen- den Beginn der Loslösung vom nische Präsident macht weniger Schlagzei- dums wäre noch immer nicht in Sicht. Staat – und alles bleibt normal. len als sein Amtsvorgänger. Das liegt auch Oder, in den Worten des katalanischen Was ist los? daran, dass Puigdemont im Gegensatz zu Ministerpräsidenten Puigdemont: «Wir be- Artur Mas schon immer für die Unabhän- finden uns im Währenddessen.» Das kann «So muss es sein», lacht Carles Puigde- gigkeit Kataloniens war: «Ich bin als Inde- in Katalonien noch lange währen. mont. «Wir arbeiten im Stillen, nach dem pendentista geboren, als darüber noch alle tageswoche.ch/+m24j1 × Motto: wenig Lärm um viel.» Die Wahrheit lachten.» Puigdemont muss sich und ande- ist prosaischer. Für grossartige Gesten sind ren nichts mehr beweisen. ANZEIGE 48 Prozent Unabhängigkeitsbefürworter Auch als katalanischer Ministerpräsi- 4 — 8 05 2016 schlicht zu wenig. Weder in Katalonien dent hält er an einem Satz fest, den er schon JUBILÄUMSAUSGABE! noch in Spanien haben die jeweiligen Wah- als Bürgermeister von Girona gesagt hat: len 2015 für klare Verhältnisse gesorgt. «Die Beziehungen zwischen Spanien und In Barcelona suchten die beiden sezes- Katalonien sind einfach nicht reformier- sionistischen Listen (Junts pel Sí und CUP) bar.» Trotzdem sucht er den Dialog mit Plattform für hochqualifizierte Kinder- und Jugendchöre drei Monate nach einem konsensfähigen ­Madrid, intensiver und undogmatischer aus ganz Europa. Festivalprogramm: www.ejcf.ch Präsidenten. In Madrid hat sich das frag- als sein Vorgänger.

TagesWoche 18/16 38 Tierische Filme Wenn Zweibeiner Tiere auf der Leinwand beobachten, entdecken sie das seltsamste Wesen überhaupt: sich selbst. Drei neue Filme halten uns den Spiegel vor. Schau dir in die Augen, Mensch

von Hannes Nüsseler senhauern («Probiers mal mit Gemütlich­ die Begegnung mit der Wildnis nur noch keit») und rassistischen Untertönen: Rud- ­simuliert ist. Die Vertreibung aus dem Para­ ir lassen die Sau raus. yard Kipling, von dem die Buchvorlage dies bleibt eben nur in der menschlichen Be­ zwingen den inneren stammt, war ein strammer Herrenmensch Sehnsucht widerrufbar. Schweinehund, sind schlau im Dienste seiner britischen Majestät. Für ihr verstörendes Selbstermächti­ wie ein Fuchs, fühlen uns wie Nicht von ungefähr liess Disney seinen gungsmärchen «Wild» hat die deutsche Wein Fisch im Wasser und machen das Chalb. ­Affenkönig Louie – sehr schwarz – davon ­Regisseurin Nicolette Krebitz ganz auf digi­ Seit die Schlange den Menschen aus singen, so sein zu wollen wie Mowgli. tale Tricksereien verzichtet: Hauptdarstel­ dem Paradies gemobbt hat und Romulus Bei allen Bedenken und liebgewonn- lerin Lilith Stangenberg musste sich schon und Remus an den Zitzen einer Wölfin hin­ enen Kindheitserinnerungen stellt sich Wochen vor Drehbeginn von ihrem Film­ gen, gehört das Tier zur Doppelnatur des deshalb die Frage: Muss der Neuaufwasch partner beschnuppern lassen: einem aus­ Menschen als Triebwesen und Intelligenz­ sein? Die Antwort: Doch, das kann man gel­ gewachsenen Wolf. bestie: Indem wir uns selektiv tierische ten lassen. Regisseur Jon Favreau («Iron ­Eigenschaften zuschreiben, versichern wir Man») hat den süsslichen Disney-Urwald Düster, dreckig und frei von Ironie uns unserer Vernunft. Das macht selbst­ von seinen Ziersträuchern befreit und die Mädchen trifft Raubtier – wie diese Ge­ bewusst, aber auch ein bisschen einsam. Handlung auf einen actiontauglichen Feu­ schichte ausgeht, glauben wir schon zu wis­ Im Kino sind Tiere deshalb immer wie­ erlauf durch die Wildnis verknappt. sen. Nur ist die junge Frau hier kein Rot­ der gern gesehene Bekannte, die uns daran käppchen, sondern wird selbst zur Jägerin. erinnern, woher wir kommen und was aus In Anias erotischen Ania (Stangenberg) lebt in einer grauen uns geworden ist. Derzeit sind es gleich Industriestadt in Ostdeutschland. Wobei, drei Filme, die sich mit dem Tier in uns Tagträumen tritt der was heisst schon leben: Ania wohnt allein in ­beschäftigen: die Neuverfilmung des einem Plattenbau und arbeitet tagsüber in Dschungelbuchs, die feministische Selbst­ blutrünstige Wolf einem Büro, in dem der Chef (Georg Fried­ findungsparabel «Wild» und das dystopi­ rich) Papierkugeln gegen die Glaskabäus­ sche Liebesdrama «The Lobster». als Liebhaber auf. chen der Mitarbeiter wirft, um sie auf Trab Zieht der Wolf in die Schweizer Alpen, zu bringen. weckt das bestenfalls gemischte Gefühle. Der Menschenbub Mowgli möchte sich Das ist klassische Konditionierung und Bio-Klappen-Städter mögen freudig Hallo in seine tierische Adoptivfamilie integrie­ schlecht für Anias Selbstbewusstsein. Doch rufen, in den betroffenen Gebieten erklingt ren, doch seine Geschicklichkeit im das Gegenprogramm zur arbeitsweltlichen eher das Halali: Nur einem milden Winter ­Umgang mit Werkzeugen und der «roten Abrichtung nähert sich auf leisen Pfoten: ist es zu verdanken, dass in Graubünden Blume», dem Feuer, macht ihn zum Aus­ Eines Tages sieht die junge Frau auf ihrem keine Jungwölfe geschossen wurden. senseiter. Bis der Menschenfresser Shere Weg zum Bus einen Wolf – und ist von die­ Khan auf den Plan tritt und die Geschichte ser Begegnung verzaubert. Feuerlauf durch die Wildnis ihren bekannten Gang nimmt, dies aber in Ania setzt alles daran, ihrem Seelentier An der Spitze der Kinocharts hingegen atemlosem Tempo: Die dräuende Atmo­ näherzukommen, sie ködert es mit rohem dürfen sich die felligen Gesellen gerne sphäre und die rasanten Verfolgungsjag­ Fleisch und Karnickeln. Es gelingt ihr, den tummeln: Auf Platz eins steht ein neues den dürften allzu sensible Gemüter rasch Wolf zu betäuben und zu sich heim zu brin­ ­Alphatier, die Neuauflage des Disney-Klas­ abhängen – ein Kinderfilm sieht anders aus. gen. Dort stellt das Tier nicht nur Anias sikers «The Jungle Book», in dem der Wolfs­ Bis auf den Menschenjungen sind alle Wohnung, sondern ihr ganzes Leben auf junge Mowgli den Ruf der ­Zivilisation ver­ Figuren computeranimiert, und das ist bei den Kopf: Im Bann des Vierbeiners ent­ nimmt – und ihm nicht folgen will. allem Realismus ein Widerspruch, der in fremdet sie sich ihrer entfremdeten Das Dschungelbuch? Kennen wir schon diesem Film über den Verlust der kreatürli­ Umwelt und erlebt ein sexuelles ­Erwachen. in der grandios animierten Zeichentrick­ chen Unschuld ausgehalten werden muss: In Anias erotischen Tagträumen tritt der version aus dem Jahr 1967 mit seinen Gas­ Das Kino wird zum digitalen Zoo, in dem blutrünstige Wolf als Liebhaber auf, der die

TagesWoche 18/16 39 menstruierende Frau zum Höhepunkt er 45 Tage bleiben soll, um eine neue Part- dem ebenso ­rigiden Regime ihrer Anführe- leckt. Man kann diesen Tabubruch wegzu- nerin zu finden. Klappt das nicht, wird er rin unterwerfen müssen (keine Techtel- lachen versuchen, aber das sinnlich-verstö- zur Strafe in ein Tier seiner Wahl verwan- mechtel) – und von den Hotelgästen gejagt rende Bild bleibt, ebenso wie die stöhnen- delt. Beim Aufnahmegespräch legt sich der werden. de Rutschpartie, die Ania bäuchlings auf Architekt auf einen Hummer fest: Er hatte Selbstverständlich landet irgendwann ­einem Treppengeländer unternimmt. schon immer eine Schwäche für Wasser, auch der Architekt bei den Parias und fin- So unglaublich diese Geschichte einer ausserdem ist das Krustentier äusserst det ausgerechnet dort seine Liebe (Rachel weiblichen Selbstfindung klingt, so realis- langlebig. «Eine exzellente Wahl», stimmt Weisz), mit der er sich nur in einer erfunde- tisch ist sie umgesetzt. Regisseurin Nicolet- ihm die Hoteldirektorin zu. nen Zeichensprache unterhalten kann: te Krebitz hält den Grundton düster und Kopf nach links = Ich liebe dich. Kopf nach dreckig, ohne jede Spur von Ironie. Das ist Wer masturbiert, rechts = Gefahr. Rechte Faust hinter den eine Stärke des Films, reizt aber auch zum Rücken = Sex. Das kann nicht lange gut Widerspruch: Die Freiheit, die Ania im muss seine Finger in ­gehen, und tatsächlich färbt sich der Tausch von gesellschaftlicher Norm gegen schwarze Humor bald blutrot. So weit hat blinden Instinkt sucht, ist doch zumindest den Toaster stecken. es die Gesellschaft in «The Lobster» ge- fragwürdig. bracht, dass der Mensch dem Menschen «Wild» endet nicht im Naturkitsch, son- Der Alltag der Hotelgäste wird von will- tatsächlich zum Wolf wird. dern in einer ehemaligen Kohlengrube, wo kürlichen Auflagen bestimmt, die in ihrer Drei Filme, drei Lebensgefühle zwi- schmutzige Hügel die Aussicht auf ein eso- Künstlichkeit ebenso erschreckend wie schen Begehren und Befremden, Zivilisa- terisches Happy End verstellen. Ob Ania ­erheiternd sind. Nur Paare mit deckungs- tionsflucht und Naturneurose. Der Mensch Anschluss an ein Rudel, menschlich oder gleichen Vorlieben und Defekten können tritt darin nicht als Krone der Schöpfung tierisch, findet, bleibt so offen wie dieser den Test bestehen. Masturbieren ist verbo- auf, er schlägt der Evolution vielmehr die ­eigenwillige Film. ten, wer dennoch Hand anlegt, muss seine Krone ins Gesicht: als gefährliches und «Kein Tier wurde bei den Dreharbeiten Finger in einen Toaster stecken. Wie schon ­gefährdetes, sicher aber als das seltsamste verletzt», heisst es manchmal im Abspann, in «Dogtooth» und «Alps» macht sich Lan- Tier überhaupt. doch bei «The Lobster» von Yorgos Lanthi- thimos einen teuflischen Spass daraus, die tageswoche.ch/+1ixr8 × mos möchte man nicht darauf wetten. Regeln eines bizarren Spiels aufzustellen, Noch bevor der Film richtig angefangen das in sich geschlossen ist. · «The Jungle Book» läuft in den Basler hat, steigt eine Frau auf einer Landstrasse Natürlich gibt es auch in «The Lobster» Kinos Capitol, Küchlin und Rex. aus ihrem Auto – und erschiesst einen Esel. ein Aussen, einen idyllisch verwachsenen · «The Lobster» läuft im Stadtkino Basel, Von da an wird «The Lobster» nur noch Wald, in dem sich die Aussätzigen dieser 29. und 30. April. seltsamer. Ein Architekt mittleren Alters Paar-fixierten ­Gesellschaft verbergen: eine · «Wild» läuft ab 5. Mai im Stadtkino (Colin Farrell) bezieht ein Luxushotel, wo Horde ungewaschener Singles, die sich Basel.

Kein Rotkäppchen, sondern eine Jägerin: Ania und ihr Seelentier in «Wild». foto: © NFP (Filmwelt)

TagesWoche 18/16 AHHHHH!, AHHHH! und nochmals AHHHH!: Macbeth in Aktion. foto: xenia häberli

Theater Stürmisch, irrwitzig, gesetzlos: Das Vorstadttheater zeigt einen Macbeth, wie wir ihn uns wünschen. Was für ein mutiger Macbeth

TagesWoche 18/16 41 FLASH von Naomi Gregoris stadttheater zu einem etwas einseitigen «gerecht ist schlecht und schlecht ist recht» eine zwei Minuten und schon wird, entfaltet dieser Satz in der Bearbei- regiert das Chaos: «Sie hören tung von Matthias Grupp jede seiner KULTUR jetzt … ein Stück nach meiner Schichten aufs Vorzüglichste. Alles hat Essen und Tanz wahren Geschichte!» – «Nein, zwei Gesichter, Lady Macbeth hat zu Be- Knach meiner!» – «Nein nach meiner!» Die ginn sogar vier. Freund ist Feind, Feind ist vier Figuren stehen auf der dunklen Bühne, Freund, es ist kein Verlass auf die Welt, die recken ihre grotesk geschminkten Gesich- uns hier präsentiert wird. ter ins Licht und zanken sich um die rich- tige Story. Dabei steht die eigentlich schon Bedingungslos reingesteigert fest, schliesslich befinden wir uns hier im Wieso sollte es auch, liegt diese Welt Theater und auf dem Programm steht doch als blecherne Kugel halb versunken «Macbeth». hingetätscht im Bühnenbild und wird Das heisst: Macbeth erhält Prophezei- höchstens noch als Unterschlupf oder Ins- ung, Macbeth will Königskrone, Macbeth trument genutzt. Wie in Verdis Opernver- tötet König, Macbeth tötet noch ein paar sion, die zurzeit im Theater Basel gezeigt andere, Macbeth wird getötet. Dazwischen wird, geht es auch hier gehörig düster zu Auftritte von Gierhals Lady Macbeth, Skep- und her: Das Ende ist nah, das Blut fliesst, tiker Banquo und Mutprotz Macduff (wo- die Moral ist hin. von die ersten beiden auch sterben), viel Nachdem das Paar Macbeth den Mord Blut, viel Wahn und viel Dunkelheit. Und an Macbeths Freund Banquo begangen hat, Au revoir drei irre Hexen. Eigentlich alles schön vor- versuchen die beiden nicht etwa wie in der gelegt von Shakespeare. Vorlage, das Blut von ihren Händen zu wa- Nur befinden wir uns in einem Theater, schen, sondern übertünchen es mit Mas- Tour Vagabonde das sich eben nicht auf die vorgetrampelten sen an weissem Puder. Sie leugnen ihre Tat Pfade begibt, das bekannt ist für seine wil- nicht, sondern versuchen bloss, sie zu ver- Wir werden sie vermissen: Die sympathi- den Produktionen, die sich kaum um Kon- bergen. Das moralische Dilemma setzt schen Mecs der zauberhaften Holzkuppel ventionen scheren. Im Vorstadttheater nicht ein. an der Uferstrasse sorgten in den letzten wird der gestiefelte Kater zum Tom-Waits- Der für die Moral zuständige König Monaten für Fondue-volle Bäuche und Verschnitt, Peter Munk zum Slampoeten Duncan ist ohnehin schon längst tot: mit ei- ­musikalische Leckerbissen im Holzpark und Shakespeare zur Pop-Figur. nem höhnischen «Amen e buon appetito» Klybeck. Nun ziehen sie weiter Richtung in die ewigen Jagdgründe verabschiedet. Westen – und lassen es vorher noch einmal Widde widde wie es uns gefällt Die andere Ordnungsinstanz, der säbel- richtig krachen: Am Samstag ist Grande Im Foyer hängt das grosse Porträt des schwingende Fürst Macduff, der im Origi- ­Finale mit Sound von Who Is Gina und – Dramatikers, in quietschbunter Andy-War- nal dafür sorgt, dass mit Macbeth kurzer logo – einem grossem Fondueschmaus. hol-Ästhetik, mit dem Augenlogo des Thea- Prozess gemacht wird, fehlt gänzlich. An Bon voyage! × ters im Nacken. Es schreit: Shakespeare, du seiner Stelle richtet der kränkliche Königs- bist ein grosser Mann, aber wir machen uns sohn Malcolm den «Thane» hin und geht Tour Vagabonde, dich widde widde wie es uns gefällt. am Ende als König hervor. Closing-Party mit Who Is Gina, Angefangen bei den gruseligen Figuren, Mit diesem Ende ist man der Vorlage Samstag, 30. April, 20.30 Uhr. die sich auf der Bühne um die Story strei- treu geblieben, obwohl sich zu diesem Zeit- Holzpark Klybeck, Uferstrasse 40, Basel. ten: Es handelt sich um die drei Hexen, die punkt die Zuschauer bereits so bedin- http://holzpark-klybeck.ch zu vier Hexen geworden sind. Weils grad gungslos reingesteigert haben, dass es besser passt und sich die Zuschauer so durchaus auch eine Lady Macbeth auf dem auch gleich an den inbrünstigen Duktus ge- Thron von Schottland vertragen hätte. Wär 1.-Mai-Konzert wöhnen können, den diese Interpretation doch mal was, denkt man sich und ist ein mit sich bringt: Man mengt und mischt, die bisschen verblüfft über den eigenen Mut, Kessel brodeln und das Feuer zischt. die ganze hübsche Fünf-Akt-Struktur über Sedlmeir den Haufen zu werfen. Der für die Moral Vergangenen Samstag sind es 400 Jahre gewesen, seit Shakespeare gestorben ist. im Engelhof zuständige König Produktionen wie diese zeigen: Er ist kei- nen Tag gealtert. Er wird gerne als «Berliner Koryphäe unter Duncan wird mit tageswoche.ch/+5yl42 × den Ein-Mann-LoFi-Rock’n’Rollern» ­bezeichnet: Sedlmeir. «Deutschlands här- «Amen e buon appetito» «Herr Macbeth oder die Schule des tester Schlagersänger» gehört zu den Bösen», Vorstadttheater Basel, ­Attraktionen am Abend der Arbeit. Die in die ewigen Jagdgründe St. Alban-Vorstadt 12, Basel. ­Offene Bühne im Engelhof präsentiert Weitere Vorstellungen bis zum 22. Mai. nebst ihm auch Musik von Esche und Gold- verabschiedet. wert (mit zehn Frauenstimmen!). Abgerun- det wird das mit Stand-up von Falk Schug, Und das mit einer Gesamtbesetzung von einem sozialarbeitenden Komiker. × gerade mal vier Schauspielern, die sich die Seele aus dem Leib spielen. Mit weit aufge- Sonntag, 1. Mai, 20 Uhr. rissenen Augen und Schlunden – so, wie Im Engelhof, Nadelberg 4, Basel, wir uns den Macbeth und seine Entourage www.offene-bühne.ch wünschen: irr bis über die Heideland’schen Grenzen hinaus. Mit gutem Recht: «Fair is foul and foul is fair» ist nicht umsonst der meistzitierte Satz aus «Macbeth» und obwohl er im Vor-

TagesWoche 18/16 BASEL CAPITOL SA/MO/MI: 18.15 E/d/f • MAR ADENTRO [16/14 J] • THE JUNGLE BOOK [8/6 J] MO: 21.00 Sp/d/f Kinoprogramm Steinenvorstadt 36 kitag.com SA/SO/MI: 13.50 D • FÜNF FRÜHE KURZFILME • THE FIRST AVENGER – • A HOLOGRAM MI: 19.00 Ov/e CIVIL WAR [12/10 J] FOR THE KING [14/12 J] • REAR WINDOW [12/10 J] Basel und Region 13.45/17.00/20.15 E/d/f 16.10—FR/MO/DI: 14.00— MI: 21.00 E/d/f • THE JUNGLE BOOK [8/6 J] FR/SO/DI: 20.30— 13.45/17.00/20.15 E/d/f SA/MO/MI: 18.20 D STUDIO CENTRAL FR/SO/DI: 18.20—SA/SO: 11.40— Gerbergasse 16 kitag.com 29. April bis 05. Mai KULT.KINO ATELIER SA/MO/MI: 20.30 E/d/f • THE BOSS [12/10 J] •POTLIGHT S [12/10 J] Theaterstr. 7 kultkino.ch 16.10—FR/MO/DI: 14.00— 14.30/20.45 E/d/f • A MAN CALLED OVE [12/10 J] FR/SO/DI: 18.20—FR: 22.40— • THE HUNTSMAN & Ov/d SA: 21.40—MO-MI: 20.30 D ANZEIGE FR/SA/MO-MI: 12.15 THE ICE QUEEN [12/10 J] • HEIDI [0/0 J] FR/SO: 20.30—SA/SO: 11.45— 17.15 E/d/f Dialekt SA: 23.50—MO/MI: 18.20— FR/SA: 12.15—SO: 11.45 E/d/f • THE CHINESE LIVES MI: 22.40 FRICK MONTI OF ULI SIGG [0/0 J] • THE FIRST AVENGER – Kaistenbergstr. 5 fricks-monti.ch FR/MO-MI: 12.20 Ov/d/f CIVIL WAR [12/10 J] FR/SO/DI: 14.00—SA: 11.00— • ZOOMANIA – 3D [6/4 J] • TINOU [16/14 J] D SO: 13.00 D 12.20 Dialekt SA/MO/MI: 17.00—DI: 20.30 • THE FIRST AVENGER – • THE JUNGLE BOOK – 3D [8/6 J] • DIE WEISSE ARCHE [10/8 J] SO/MI: 15.30 D FR/SA/MO-MI: 12.30— CIVIL WAR – 3D [12/10 J] Dialekt 14.15/17.15—FR-MO/MI: 20.15— • KUNG FU PANDA 3 – 3D [0/0 J] SO: 10.45 FR/SA/MI: 23.15—SA/SO: 11.15 D SO: 18.00 D • DAS TAGEBUCH 20.00—FR/SO/DI: 17.00— DER ANNE FRANK [12/10 J] • EDDIE THE EAGLE – D FR/SA/MI: 23.00— ALLES IST MÖGLICH [0/0 J] 14.00 SA/MO/MI: 14.00—SO: 11.00 E/d/f SO: 20.15 D •LO LO [12/10 J] F/d • BATMAN V SUPERMAN: DAWN • HOW TO BE SINGLE [14/12 J] 14.15/20.45 OF JUSTICE – 3D [12/10 J] MO/MI: 20.15 D • UNE FAMILLE À LOUER [8/6 J] FR/MO/DI: 14.15— 14.15/19.00/21.00 F/d FR/SA/MI: 22.40— LIESTAL ORIS • A HOLOGRAM SA/MO/MI: 17.15—SO/DI: 20.15 D FOR THE KING [14/12 J] FR/SO/DI: 17.15—MO: 20.15 E/d/f Kanonengasse 15 oris-liestal.ch 14.30/19.15/21.15 E/d/f • ZOOMANIA – 3D [6/4 J] • HOW TO BE SINGLE [14/12 J] • SONITA [8/6 J] FR/SA/MI: 20.15— 18.00 D 14.30/18.40 Ov/d SA/SO: 10.20/15.30— • THE FIRST AVENGER – • SUFFRAGETTE [12/10 J] SA/SO/MI: 12.40—MI: 15.10 D CIVIL WAR – 3D [12/10 J] 16.15 E/d/f • TRIPLE 9 [16/14 J] FR-SO: 20.15 D • VALLEY OF LOVE [12/10 J] 20.40—FR/SA/MI: 23.10 D • THE FIRST AVENGER – 16.15 F/d • ALLEGIANT – CIVIL WAR [12/10 J] • KOLLEKTIVET – DIE BESTIMMUNG 3 [12/10 J] MO/DI: 20.15 D THE COMMUNE [12/10 J] FR/SA/MI: 22.40 D • GODS OF EGYPT [12/10 J] 16.20/20.30 Dän/d • KUNG FU PANDA 3 – 3D [0/0 J] FR: 23.15 D • OUR LITTLE SISTER – SA/SO: 10.30—SA/SO/MI: 15.00 D • GODS OF EGYPT – 3D [12/10 J] UMIMACHI DIARY [16/14 J] • KUNG FU PANDA 3 [0/0 J] SA: 23.15 D 16.30 Jap/d SA/SO/MI: 14.00 D • THE JUNGLE BOOK [8/6 J] •M ROO [12/10 J] • RATCHET UND SA: 10.30—SO: 11.00—MI: 13.30 D 16.45 E/d/f CLANK – 3D [6/4 J] • THE JUNGLE BOOK – 3D [8/6 J] • EL CLAN [16/14 J] SA/SO: 11.45— SA/SO: 13.30 D 18.30 Ov/d/f SA/SO/MI: 13.50/16.00 D • ZOOMANIA – 3D [6/4 J] • HAIL, CAESAR! [8/6 J] • Opera – SA/SO: 15.45 D 20.45 E/d Metropolitan Opera New York: • ZOOMANIA [6/4 J] ELEKTRA [0/0 J] D • BELGICA [16/14 J] E MI: 15.45 SA-MI: 18.15 Ov/d/f SA: 18.55 •ALTEN F [12/10 J] • MON ROI [14/12 J] DI: 14.15 Dialekt SO: 12.00 F/d PATHÉ PLAZA GOLDEN AGE NACHMITTAGSKINO • SCHELLEN-URSLI [6/4 J] Steinentorstr. 8 pathe.ch MIT KAFFEE UND KUCHEN SO: 12.30 Dialekt • BAD NEIGHBORS 2 • HOW TO BE SINGLE [14/12 J] D EXKLUSIVE VORTEILE 13.30/15.50—FR/SO/DI: 18.10— MI: 20.15/22.30 KULT.KINO CAMERA FR/SA/MI: 22.50— SCHWEIZWEIT GÜLTIG Rebgasse 1 kultkino.ch SA/MO/MI: 20.30 D SPUTNIK FR/SO/DI: 20.30— Poststr. 2 palazzo.ch • MUSTANG [12/10 J] E/d/f 16.00 Türk/d/f SA/MO/MI: 18.10 • KOLLEKTIVET – • PEUR DE RIEN [16/14 J] REX THE COMMUNE [12/10 J] 16.15/20.30 F/d FR-MO: 18.00 Dän/d • CHOCOLAT [12/10 J] Steinenvorstadt 29 kitag.com • UNE FAMILLE À LOUER [8/6 J] 18.00 F/d • THE JUNGLE BOOK – 3D [8/6 J] 20.15 F/d • ONE FLOOR BELOW [10/8 J] 14.15 D • DER GROSSE SOMMER [6/4 J] 18.45 Ov/d/f • ZOOMANIA – 3D [6/4 J] SO: 11.00 Dialekt • GRÜSSE AUS 14.45/17.45 D •ALTEN F [12/10 J] PATHE FUKUSHIMA [12/10 J] • THE FIRST AVENGER – SO: 13.00—MI: 18.00 Dialekt 20.45 D/Jap/d CIVIL WAR – 3D [12/10 J] • FREE TO RUN [6/4 J] • DER GROSSE SOMMER [6/4 J] 17.15/20.30 E/d/f DI: 18.00 D SO: 14.15 Dialekt 20.45 D • FRAGMENTS SISSACH PALACE DU PARADIS [8/6 J] STADTKINO Felsenstrasse 3a palacesissach.ch PASS F/d SO: 14.15 UNLIMITIERTES Klostergasse 5 stadtkinobasel.ch • MATHIAS GNÄDINGER – DIE NEUES KINO • THE LOBSTER [16/14 J] LIEBE SEINES LEBENS [10/8 J] KINOVERGNÜGEN FR: 18.30—SA: 22.15 E/d FR-MO: 18.00 Dialekt Klybeckstr. 247 neueskinobasel.ch • BREAKING • A HOLOGRAM • REISENDER KRIEGER – THE WAVES [12/10 J] FOR THE KING [14/12 J] CHF DIRECTOR’S CUT FR: 21.00 E/d/f 20.30 D / MONAT FR: 21.00 Dialekt • THE GIRL WITH THE • SCHELLEN-URSLI [6/4 J] DRAGON TATTOO [13/16 J] DI: 18.00 Dialekt PATHÉ KÜCHLIN SA: 15.00 E/d • HEIDI [0/0 J] 40. [16/14 J] MI: 18.00 Dialekt Steinenvorstadt 55 pathe.ch • INSOMNIA SA: 18.00 Norw/e/d • GODS OF EGYPT – 3D [12/10 J] • LA PASSION FR-SO: 12.45—FR: 15.20/23.20— D’AUGUSTINE [12/10 J] FR/SO: 18.00—SA: 21.45— F/d/e Konditionen an der Kinokasse und online erhältlich. MO-MI: 12.30—MO/DI: 15.10— SA: 20.00 D • HITCHCOCK [14/12 J] MO/MI: 20.30—DI: 17.50 E/d BASEL MI STADT PATHE MI KINO FR/SO: 20.45—MO/MI: 17.50— SO: 13.15 pathe.ch/basel E/d/f • HIGH AND LOW [14/12 J] DI: 20.30—MI: 23.10 Jap/d/f • THE HUNTSMAN & SO: 15.15 THE ICE QUEEN – 3D [12/10 J] • NOTORIOUS [16/14 J] 18.10—FR/MO/DI: 13.20/15.45 D SO: 18.00 E/e • THE JUNGLE BOOK – 3D [8/6 J] • NORTH BY 13.45/16.00—FR/SO/DI: 18.15— NORTHWEST [12/10 J] FR/SA/MI: 22.45—SA/SO: 11.30— SO: 20.00 E/d SA/MO/MI: 20.30 D • VERTIGO [12/10 J] FR/SO/DI: 20.30— MO: 18.30 E/d

TagesWoche 18/16 wenig zu tun: Kein Gläubiger, der noch alle 43 Tassen im Schrank hat, würde sich jemals dazu verleiten lassen, dieses Bild andächtig zu betrachten. Obwohl die Darstellungen durchaus religiöse Geschichten erzählen: links die Schöpfungsgeschichte, Adam und Eva, die mit Gott (in Gestalt Jesu) am Weiher rumhängen, vor rosa Lebensbrunnen und hübschen Tieren. In der Mitte das Paradies mit sich vergnügenden Menschen, Tieren und jeder erdenklichen Mischung dazwi- schen. Rechts dann die Hölle mit besagter Schweinenonne und anderem Getier. Das dreiteilige Bild erzählt auch ohne ­Aufzeichnungen des Künstlers mehr als genug. Wer bei dieser verrückten Vielfalt jetzt an Blasphemie denkt, der liegt wohl falsch. Bosch war ab 1488 bis zu seinem Tod 1516 Teil von «Unserer Lieben Frau», einer mondänen Bruderschaft, die über beste Das verrückteste Wimmelbild der Welt: «Der Garten der Lüste». Kontakte zum Adel und den städtischen Eliten verfügte. Hier fand der Niederländer Kultwerk #228 auch die meisten seiner Auftraggeber, die sich nur allzu gerne von gemalten Wider- wärtigkeiten bespassen liessen. Was denn Hieronymus Boschs Gemälde auch die Funktion dieses Triptychons erklären würde.

«Der G­ arten der Lüste» gibt auch nach Musik vom Hintern 500 Jahren noch immer Rätsel auf. Ganz so sicher kann man sich bei Bosch aber nie sein. Über seine Bilder sind kaum Informationen erhalten, der Künstler selbst hat keine Aufzeichnungen hinterlas- sen. Was letztlich auch schön ist, schliess- So kommt der Trip lich erzählt das dreiteilige Meisterwerk selbst mehr als genug. Leider sieht man in einem Bild selten ins Triptychon die Umstände, unter denen es entstanden ist. Das ist im «Garten der Lüste» nicht ­anders: Ob Bosch die irrwitzigen Szenen tatsächlich im Rausch gesehen hat, wird wohl für immer unserer Vorstellung über- lassen sein. Was telegene Fans nicht davon von Naomi Gregoris Vögel, Schweine mit Nonnenhaube, Teu- abhält, sich in Youtube-Kanälen darüber felskreaturen, die mit ihren Zungen über den Kopf zu zerbrechen: an stelle sich vor: Ein Künst- mit Tonleitern bedruckte Hintern fahren, Eine einleuchtende Erklärung wäre der ler in seinen besten Jahren und baumartige Menschen, deren Körper Stechapfel allemal. Und Anlass für ein sitzt zu Hause in ’s-Herto- feinwandige Häuser sind, in denen dunkle längst überfälliges Wortspiel: Hieronymus genbosch südöstlich von Wesen dinieren. Bosch – der Mann, der den Trip ins Trip- MAmsterdam und raucht getrockneten Willkommen im Universum von Hiero- tychon bringt. Stechapfel. Es ist eine aufregende Zeit, das nymus Bosch. Und was den erwähnten, mit Tonleitern 15. schwappt ins 16. Jahrhundert hinein, bedruckten Hintern angeht: Eine amerika- vom Mittelalter in die verheissungsvolle Blasphemie oder Bespassung? nische Studentin hat sich 2014 gefragt, wie Renaissance. Alles steht unter dem Zeichen Mehr noch: Willkommen im «Garten das gedruckte Stück klingt. Man kann sich der Erneuerung: Humanisten holen die der Lüste», dem absonderlichsten Bild, das das online anhören. klassischen Vorbilder hervor und versu- uns das 16. Jahrhundert hinterliess. Sobald tageswoche.ch/+r3bva × chen sich im idealen Menschsein, Martin sich die letzten Höllengeschöpfe aus sei- Luther plant die Reformation, und die nem Kopf verabschiedet hatten, machte ­Syphilis produziert fleissig fatale Schleim- sich der niederländische Künstler ans hautgeschwüre. Werk und bannte sie auf drei Holztafeln, die Die Zeit ist reif, um Grosses zu schaffen, er zu einem Triptychon zusammenfügte. und niemand weiss das besser als dieser Andachtsbild? No way. Künstler, der im Stechapfeldunst skurrile Mit einem anbetungswürdigen Altar- Visionen empfängt: menschenfressende bild hat das absonderliche Ding herzlich

TagesWoche 18/16 44 Zeitmaschine welche sich auf die Ideen des Frühsozia- listen Charles Fourier (1772–1837) berief Michail Bakunin, der Revolutionär, und für eine friedliche Veränderung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen und Nadar, der Fotograf, galten ihrer Zeit Verhältnisse warb. Dieser Wandel sollte durch grosse beide als «gefährliche Subjekte». Wohn- und Produktionsgemeinschaften, die sogenannten Phalanstères, in Gang ­gesetzt werden. Als Zwischenschritte konn- te sich Fourier auch Produktions- und Unruhestifter in ­Verkaufskooperativen vorstellen. Auch als friedlicher Revolutionär geriet Nadar ins Visier der Polizei. Diese legte eine Akte über ihn an, in der es unter anderem Ruhepose hiess, er sei «eines jener gefährlichen Sub- jekte, die hochsubversive Doktrinen im Quartier Latin verbreiten». Und: «Er wird genau überwacht.» Nadar hatte auch eine spitzbübisch-­ antiautoritäre Seite. So soll er an den natio- von Martin Stohler nalen Feiertagen der Republik jeweils seine alte rote Jacke aus dem Fenster gehängt m Paris des 19. Jahrhunderts kreuzten ­haben. Auch soll er, wenn er auf der Strasse sich die Wege der unterschiedlichs- Polizisten begegnete, barbarische Geräu- ten Revolutionäre. Zwei von ­ihnen sche von sich gegeben haben. waren der russische Anarchist IMichail Bakunin (1814–1876) und der franzö- Der Meisterfotograf sische Journalist und Fotograf Gaspard-­ Sein erstes Fotoatelier eröffnete Nadar, Félix Tournachon (1820–1910), besser der sich zuvor als Journalist und Karika- bekannt unter dem Künstlernamen Nadar. turist durchgeschlagen hatte, im Jahr 1854. Bakunin war der Spross einer russi- Schon bald liessen sich bei ihm zahlrei- schen Adelsfamilie. Dem Wunsch seines che Grössen aus Kunst und Politik ablich- Vaters gemäss sollte er Offizier in der ten. Auf dem Gebiet der Fotografie erwies ­Armee des Zaren werden. Doch die militä- sich Nadar als echter Revolutionär. Nach rische Disziplin sagte dem jungen Mann mehrmaligen vergeblichen Versuchen nicht zu. Viel lieber wollte er sich mit der ­gelang es dem begeisterten Luftschiffer Philosophie Hegels und den von ihr beein- 1856, die ersten Luftaufnahmen von ei- flussten radikalen Theorien des deutschen nem Ballonkorb aus zu machen. Legen- philosophischen Nachwuchses auseinan- där sind auch Nadars Aufnahmen der dersetzen. Zu diesem Zweck reiste er 1840 ­Katakomben von Paris, deren prekäre nach Deutschland. Dort studierte er erst in Lichtverhältnisse eine enorme Heraus- Berlin und dann in Dresden. forderung darstellten. 1843 folgten eine Reise in die Schweiz Ob Bakunin und Nadar sich jemals aus- zum Dichter Georg Herwegh, dem Baku- serhalb des Fotoateliers begegnet sind, nin freundschaftlich verbunden war, und lässt sich heute nicht mehr in Erfahrung ­anschliessend ein Umzug nach Paris, wo bringen. Vorstellbar ist es, lebte Bakunin er sich als Kritiker des russischen ­Zaren doch in den 1840er-Jahren vorübergehend hervortat. in Paris. Unsere Aufnahme stammt aller- dings aus späterer Zeit. Da sie nicht datiert Ein revolutionärer Feuerkopf ist, sind wir punkto Aufnahmedatum auf 1848 stürzte sich Bakunin in das Getüm- Vermutungen angewiesen. Nach seiner mel der deutschen Revolution. Im Mai 1849 Flucht aus Sibirien war Bakunin zweimal in beteiligte er sich mit Richard Wagner an Paris, und zwar im November/Dezember ­einem Aufstand in Dresden. In der Folge 1863 und im November 1864. Bei einem wurde Bakunin verhaftet und schliesslich ­dieser Besuche muss die Fotografie ent- an Russland ausgeliefert. standen sein. Der Zar liess ihn für mehrere Jahre ein- Die Holzsäule, auf die sich Bakunin kerkern und anschliessend nach Sibirien stützt, findet sich auch auf Porträts anderer verbannen. Von dort gelangte Bakunin 1861 Persönlichkeiten wieder. Sie gehörte zum auf einer abenteuerlichen Flucht über Inventar von Nadars Atelier. Indem sich die ­Japan und die USA nach London. zu fotografierende Person auf sie stützte, Bis zu seinem Tod hoffte Bakunin im- fiel es ihr leichter, ruhig zu stehen, bis mer wieder auf eine revolutionäre Umwäl- die Belichtungszeit von bis zu 15 Sekunden zung der Gesellschaft und die Zertrümme- verstrichen war. rung ihrer repressiven Institutionen. Nadar wirkte bis ins hohe Alter als Foto- Nadar setzte anders als Bakunin mehr graf, 1910 starb er hochbetagt in Paris. Ba- auf die Entdeckung und Entwicklung kunin stürzte sich bis zu seinem Tod im des Neuen als auf die Zerstörung des Jahr 1876 immer wieder in eingebildete, ­Alten. Politisch stand er den französi- aber auch reale revolutionäre Abenteuer. schen Sozialisten nahe. In den 1840er- Seine letzte Ruhestätte fand er auf dem Jahren publizierte er Beiträge in der Bremgartenfriedhof in Bern. Bakunin in Nadars Atelier. foto: nadar ­Tageszeitung «La ­démocratie pacifique», tageswoche.ch/+egdtw ×

TagesWoche 18/16 45 Wochenendlich in Stans Der Hauptort Nidwaldens bietet die perfekte Gratwanderung zwischen innerschweizerischem Brauchtum und Kulturdorf – und mehr als nur einen schönen Ausblick vom Stanserhorn. Mit dem Cabrio auf den ­Nidwaldner Olymp

von Philip Vlahos

öllig unvermittelt treibt es uns nicht in das 8000-Seelen-Dorf Stans. Im Hauptort Nidwaldens fanden nämlich wieder die Vsechstägigen, wirklich wunderbaren Stan­ ser Musiktage statt. Das jährliche elektroni­ sche World Music Festival musste zwar letztes Jahr wegen Budgetschwierigkeiten aussetzen, erschien dieses Jahr aber in ­neuem Glanz. Ausgerechnet dieses Jahr ist das Nacht­ programm grösstenteils mit Basler Bass- und World-DJs wie Lord Soft, die Acc-Ess Crew, Getting Any?, Phil Battiekh und Oro Negro besetzt. Das Publikum selbst vermit­ telt dabei die Atmosphäre eines riesigen Klassentreffens, da viele junge, weggezoge­ ne Stanser für Konzert- und Familienbesu­ che zurückkehren. Unter ihnen finden sich mehr als freundliche Einheimische, die uns Touristen gern durch die Stanser Be­ sonderheiten führen. Wer dabei in die Situation gerät, selbst für einen Nidwaldner gehalten zu werden, sieht sich in der Regel mit derselben wie­ derkehrenden Frage konfrontiert: «Was Oben ohne: Die «CabriO»-Seilbahn fährt zum Gipfel des Stanserhorns. foto: p. vlahos bisch di fir eine?» Damit handelt es sich nicht etwa um einen Aufruf zur Selbstrefle­ der Festivaltage mehr als nur Kirchen­ stellen, dass der Pfad zum radiästheti­ xion, sondern um ein schlichtes Erkundi­ kultur zu bieten. schen Energiebündel wegen Schnee noch gen nach der Familienzugehörigkeit. Aus dem Keller heraus steigen wir als gesperrt ist. Da es uns jedoch um eine Nächstes auf 1898 Meter über Meer mit der ­metaphysische Erfahrung höherer Ord­ Kraftort auf 1898 Metern über Meer «CabriO»-Bahn zum Stanserhorn: Der dop­ nung geht, entscheiden wir uns kurzer­ Denn unter den Nidwaldner Urbauern- pelstöckige Pendelseilwagen ist der welt­ hand, die irdischen Verbotsschilder zu Grosssippen betreiben die Dorfältesten bis weit erste mit einer offenen Dach­etage. Die überwinden, und stapfen in Turnschuhen heute noch Ahnenkunde bis in die Zeiten Sicht auf das immer kleiner werdende Tal über die Absperrung durch den Schnee Winkelrieds. Stans ist zweifelsohne ein Ort ist, gelinde gesagt, atemberaubend. zum Kraftort. Selbst bei diesem göttlichen der Tradition. Ein grosser Teil davon ist Auf dem Stanserhorn kann sodann Ausblick: Bitte nicht nachmachen! ­katholisch geprägt, was sich auf eindrückli­ mit Spezialparcours, Bergführungen und tageswoche.ch/+aqi7v × che Weise an der Schädelfassade des 534 Gleitschirmstationen auch anderes als Jahre alten Beinhauses der Stanser Pfarrei nur der Ausblick genossen werden. Unser Anbeissen ablesen lässt. ­persönlicher Höhepunkt – der ein paar Im Stanserhorn-Drehrestaurant. Die besten Entdeckungen einer Reise ­Meter tiefer als die Bahnstation liegt – Schnitzel auf 1898 m ü. M. und das sind bekanntlich die zufälligen. Umso ist ein «Kraftort», dem die «CabriO»- noch in Rotation. Was will man mehr? mehr freuen wir uns, als wir in den perio­ Website das «Kraftpotenzial der Mond­ disch offenen Flohmarkt des Kulturkellers pyramide von Teotihuacán in Mexico» Abhängen Backstube hineinstolpern. Neben Nid­ zuschreibt, «wo Menschen zu Göttern Die gemütlich eingerichtete waldner Nostalgie-Artikeln, werden hier wurden». ­«kafikaufbar» neben der «CabriO»- auch gelegentlich Konzerte, ein Jodel­ Das wollen wir uns jedenfalls nicht Bodenstation lädt mit Gartenblick auf stammtisch, ein Philo-Café und Koffer­ ­entgehen lassen. Auf dem Stanserhorn die Bergwand zum Verweilen ein. märkte gehalten. Stans hat auch ausserhalb ­angekommen, müssen wir allerdings fest­

TagesWoche 18/16 Frageraster TAWO_18-16 Lösungswort: BASLERDYBLI 46 Kreuzworträtsel

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Fabeltier, Dreifach- heftiger Wonne- Baslern vokal Sturm monat wohlbekannt 6 sie kämpfen Fluss auf Sommer f. gegen Korsika Romands

Stiere Antwortenraster TAWO_17-16 Lösungswort: CLARAPLATZ T LDV A S Lösungswort: ISRAEL ERLENMATT U AI ICENTH R AMMANN K ASUS A MI A HE VELOS G RAU 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 T HON E A M R R B GV FAH NE ZOLLI U P T R LIEBE LESERIN, LIEBER LESER A R ENA L C B A E USA E AL T Sie haben es gefunden, unser Kreuzworträtsel. Wir hoffen, Sie werden auch das Lösungs- A T LAN T I S B LAB L A T ENOR K L A U S M T V wort finden. Wenn nicht: üben, üben, üben. Denn in Zukunft wird es jeweils auch etwas zu E I SCR E M E S K I S TE C E N I S A T A NGEN gewinnen geben. Lösungswort der letzten Woche: CLARAPLATZ H NO E T T E A S G ARE Auflösung der Ausgabe Nr. 17 Impressum

TagesWoche Chefredaktion/ Jonas Grieder Bildredaktion Unterstützen Sie unsere Arbeit 6. Jahrgang, Nr. 18; Geschäftsleitung (Multimedia-Redaktor), Nils Fisch mit einem Jahresbeitrag verbreitete Auflage: Christian Degen Renato Beck, Yen Duong, Korrektorat Supporter: 60 Franken pro Jahr 10 800 Exemplare (prov. Wemf- Digitalstratege Naomi Gregoris, Yves Binet, Balint Csontos, Enthusiast: 160 Franken pro Jahr beglaubigt, weitere Infos: Thom Nagy Christoph Kieslich, Chiara Paganetti, Gönner: 500 Franken pro Jahr tageswoche.ch/+sbaj6), Creative Director Marc Krebs, Irene Schubiger, Mehr dazu: tageswoche.ch/join Gerbergasse 30, Hans-Jörg Walter Felix Michel, Martin Stohler,­ 4001 Basel Redaktion Matthias Oppliger, Dominique Thommen Druck Herausgeber Karen N. Gerig Jara Petersen (Praktikantin), Verlag und Lesermarkt Zehnder Druck AG, Wil Neue Medien Basel AG (Stv. Chefredaktorin), Jeremias Schulthess, Tobias Gees Designkonzept und Schrift Redaktion Amir Mustedanagić Dominique Spirgi, Abodienst Ludovic Balland, Basel Tel. 061 561 61 80, (Leiter Newsdesk), Samuel Waldis Tel. 061 561 61 61, [email protected] Reto Aschwanden Redaktionsassistenz [email protected] (Leiter Produktion), Béatrice Frefel Anzeigenverkauf Die TagesWoche erscheint Tino Bruni (Produzent), Layout/Grafik COVER AD LINE AG täglich online und jeweils am Mike Niederer (Produzent), Anthony Bertschi, Tel. 061 366 10 00, Freitag als Wochenzeitung. Hannes Nüsseler (Produzent), Carol Engler [email protected] IMMOBILIEN 47

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