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Mitt. Mus. Nat.kd. Berl., Geowiss. Reihe 5 (2002) 105-120 10.11.2002

Atractocybeloides, eine kleinwuchsige Trilobitengattung aus baltoskandischen Geschieben und ihrem Anstehenden

Hans-Hartmut Krueger *

Mit 6 Abbildungen und 3 Tafeln

Zusammenfassung

Aus mittel- bis oberordovizischen Geschieben werden funf Taxa der kleinwuchsigen Trilobitengattung Atractocybeloides vorge- stellt, davon die beiden neuen Arten Atractocybeloides nebeni n. SP. und Atractocybeloides oepiki n. sp. Die Gattung wurde 1991 an Fragmenten aufgestellt. Sie hat sich in der Aseri-Stufe aus Cybele entwickelt. Neue Funde und das reichhaltige Material aus der Sammlung Rhebergen, in der auch fast vollstandige Panzerhemden von A. berneri enthalten sind, ermoglich- ten eine Rekonstruktion. ,Weiterhin wird die aus Nonvegen beschriebene Art Atractopyge gracilis der Gattung Atractocybel- oides zugeordnet. GroBe Ahnlichkeiten bestehen zur ungefahr gleichaltrigen nordamerikanischen kleinwiichsigen Gattung Cy- beloides.

Schliisselworter: Trilobita, Atractocybeloides, Geschiebe, Ordovizium.

Abstract

Five taxa of the small Atractocybeloides are presented from Middle to Late erratic boulders, includ- ing the new Atractocybeloides nebeni n. sp. and Atractocybeloides oepiki n. sp. The genus was errected in 1991 on the basis of fragmentary material. It evolved from Cybele during Aseri-zone times. A reconstruction is made possible due to new finds and the rich material from the Rhebergen collection, including nearly complete cuticles of A. berneri. Furthermore, Atructopyge gracilis from is assigned to Atractocybeloides. Strong similarities exist to the roughly coeval, small trilo- bite genus Cybeloides, which is known from North America.

Key words: Trilobita, Atructocybeloides, erratic boulders, Ordovician.

Einleitung tung vereinigt auf ihrem Cranidium Merkmale von Cybele, Atractopyge und Cybeloides. 1991 Durch ihren kleinen Wuchs und die seltenen, wurde die neue Gattung Atructocybeloides mit sparlichen Reste in bestimmten oberordovizi- zwei neuen Arten, A. berneri und A. vonhuchti, schen Geschieben blieb die Gattung Atructocy- beschrieben (Krueger 1991). Nikolaisen be- beloides aus Baltoskandia und seinen Geschie- schrieb 1961 unter anderen einige Atructopyge- ben bis vor zehn Jahren unerkannt. In den Arten aus dem Oslo-Gebiet. Eine neue, von ihm achtziger Jahren fand der Praparator L. Berner, aufgestellte Art, Atractopyge grucilis, zeichnete Berlin, ein kleines Cranidium einer Cybele-Art sich durch grofle, lange Wangenstachel und dem in einem verkieselten Kalk (Backsteinkalk). Fehlen eines Praglabellarfeldes aus. Nikolaisen Dieses Cranidium wich vom typischen Aussehen nahm an, dass bei allen neun ihm zur Verfugung einer Cybele oder Atructopyge ab. Es fehlt ein stehenden Cranidien das Praglabellarfeld schon Praglabellarfeld, der Nackenring tragt einen vor der Einbettung abgebrochen war. Diese Art Stachel und es sind grol3e Wangenstachel vor- aus Norwegen wird jetzt zu Atructocybeloides handen. Erst weitere Funde aus den verkieselten gestellt und ist der jiingste Vertreter dieser Gat- Gerollen aus den Deckschichten des 2. Lausitzer tung. Fiinf Arten werden vorgestellt und be- Braunkohlenflozes sowie von Sylt liel3en eine schrieben, wovon zwei Arten neu sind (Abb. 1). neue Trilobitengattung erkennen. Die neue Gat- Neue Funde und das reichhaltige Material von

Museum fir Naturkunde der Humboldt Universitat, Institut fir Palaontologie, Invalidenstr. 43, D-10 115 Berlin, Germany. Erhalten April 2002, angenommen Juni 2002 106 Krueger, H. H., Atractocybeloides aus baltoskandischen Geschieben

A. gracilis

3 U C d

A. vonhachti

.-> DI .c 0 7

A. berneri - aa a, v) 2 + Y 3 A. oepiki n.sp. Y

I A tractocybeloides Inebeni n.sp. I

Cybele

Abb. 1. Stratigraphische Verbreitung von Arten von Atractocybeloides in baltoskandischen Geschieben aus dem Mittleren und Oberen Ordovizium. Mitt. Mus. Nat.kd. Berl., Geowiss. Reihe 5 (2002) 107

A. berneri in der Sammlung Rhebergen, in der D e r i v a t i o n o minis : nach dem Geschiebesammler Walter Cranidien, Freiwangen, Thoraxe sowie Pygidien Neben. vorhanden sind, empfahlen, die 1991 aufgestell- M ater i a 1 : 1 Cranidium in Schalenerhaltung. ten Arten A. berneri und A. vonhachti neu zu Malje (in mm): beschreiben. Glabella, groljte Breite bei L 1 690 Glabella, kleinste Breite Frontallobus 5,5 Material Glabella + Occipitalring, Lange 9,o Occipitalring, Breite 675 Diese relativ kleinwiichsige Trilobitengattung, die nur ca. Cranidium, Breite x30,2 10 mm breit und 30 mm lang ist, kommt in bestimmten balto- skandischen Geschieben sehr selten vor. Kalkgeschiebe aus der Lasnamagi-Stufe, die den bisher altesten Vertreter dieser D i a g n o s e : Frontallobusvorderkante in der Gattung geliefert haben, sind im ehemaligen Vereisungs- Mitte gerade, zu den Seiten abgeschragt, in den gebiet siidlich der Ostsee verbreitet, aber nicht haufig. Afrac- tocybeloides und die nordamerikanische Gattung Cybeloides Fossulagruben endend. Mediangrube vorhanden. sind sich in ihrem kleinen Wuchs und im Panzer sehr ahn- Glabella mit sechs paarig angeordneten Tuber- lich. Cybeloides-Reste sind in den mittelordovizischen keln, Glabellarfurchen leicht nach vorn und nach Schichten Virginias und Kanadas als Verkieselungen erhalten und konnen aus ihrem umhiillenden Gestein herausgelost auljen gerichtet. Occipitalring median mit Sta- werden. Giinstige Bedingungen lieferten die Kiesgruben bei chel. Festwangen breit, Augen gestielt, Wangen- Wilsum im deutsch-niederlandischen Grenzgebiet in den stachel kraftig und lang. siebziger und achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts, wo ein groBer Anteil der anfallenden Geschiebe als teilweise B e s c h r e i b u n g : Cranidium flach gewolbt, nur venvitterter, ehemaliger verkieselter Kalk, der aus dem obe- zu den Seiten steiler nach unten zu den Wan- ren Teil der Idavere- und Johvi Stufe CIIIb-DI stammt, aufge- sammelt werden konnte. Bei Tausenden von Geschieben die- genstacheln gebogen. Glabella nach vorn und ses Typs konnte Herr Rhebergen neben vielen verschiedenen zu den Seiten gleichmaljig flach gewolbt, am ge- Trilobiten-, Brachiopoden- und Gastropodengattungen auch raden Mittelteil des Frontallobus vorn und an eine Vielzahl von Exemplaren von Atractocybeloides berneri bergen, die es ermoglichen, eine Rekonstruktion dieser Gat- den abgeschragten Seiten steiler gebogen. Occi- tung zu erstellen. Die Praparation ist wegen der Kleinwiich- pitalring von der Glabella durch eine bogen- sigkeit dieser Trilobitengattung und ihrem Vorkommen in formige, nach vorn gerichtete, flache Furche ab- verkieselten bis stark venvitterten Geschieben sehr schwierig. Die Gesteinsbeschaffenheit kann von sehr hart zu pulverfor- gesetzt, an beiden Seiten in verbreiterte, tiefe miger Substanz innerhalb von wenigen Millimetern wechseln. Gruben mundend. Median einen kurzen, dorn- Die Fossilreste sind als Steinkerne erhalten. Nur bei giinsti- artigen, nach oben gerichteten Stachel tragend. ger Erhaltung kann vom Abdruck die Schalenoberflache als Abguss gewonnen werden. L1-Loben kraftig und rundlich entwickelt, von den LZLoben, die leicht nach vorn gerichtet Die Stiicke befinden sich in folgenden Museen: sind, durch tiefe, dreieckig angelegte Lateralfur- - Museum fiir Naturkunde Berlin (MB.T.) chen getrennt. Kraftiger entwickelte L3-Loben - Rijksmuseum van Geologie en Mineralogie Leiden, Nieder- lande (RGM) leicht nach vorn gerichtet, zu L2 durch tiefe, - Palaeontological Museum Oslo, University of Oslo, Nor- aber schmale Furchen abgesetzt. Frontallobus way (P.M.O.) mit relativ groljer, mitteltiefer Mediangrube. - Archiv fur Geschiebekunde Hamburg G 113/1 Glabellaoberflache mit sechs paarig angelegten Tuberkeln bedeckt, die groljten oberhalb der Mediangrube und in den Ecken zwischen ge- Systematische Beschreibungen radem Vorderrand und abgeschragtem Seiten- rand. Hinter dem Vorderrand und der Median- Familie Encrinuridae Angelin, 1854 grube Gruppe von zehn kleinen, dicht Subfamilie Cybelinae Holliday, 1942 liegenden Tuberkeln besetzt. Glabella und Fest- Gattung Atractocybeloides Krueger, 1991 wangen durch gerade nach vorn verlaufende, Ty p u s a r t : Atractocybeloides berneri Krueger, sehr flache Dorsalfurchen getrennt, in Hohe der 1991. L3-Furchen von den schrag nach hinten gerich- teten, gut entwickelten Augenleisten begrenzt (Tafell: 1). Festwangen breit, zu den Augen- Atractocybeloides nebeni n. sp. stielen leicht erhoht und nach auBen zur Wan- Tafel 1: 1-4, Abb. 2 genstachelbasis steil abfallend. Festwangen-Vor- derteil zwischen Augenleisten und Gesichtsnaht H o 1o t y p us : 1 Cranidium, MB.T.4492.1. schmal und zum Frontallobus durch gut ausge- Locus typicus: Robel, Mecklenburg. S t r a t u m t y picu m : Lasnamagi-Stufe, CIby, Folkeslunda- bildete Fossulagruben begrenzt. Hinterrand der kalk, tiefes Viru. Festwangen im Innenteil fast gerade, erst in HO- 108 Krueger, H. H., Atructocybeloides aus baltoskandischen Geschieben Mitt. Mus. Nat.kd. Berl., Geowiss. Reihe 5 (2002) 109 he der Augen in leichtem Bogen nach hinten U n t e r s chi e d e : A. nebeni n. sp. unterscheidet schwingend, in der Wangenstachelbasis endend. sich von den jungeren Arten durch die sparliche Hinterrandfurche tief und halb so breit wie der Tuberkulierung auf der Glabella, dem senkrecht Hinterrand in Hohe der Augen. Im AuBenteil stehenden dornartigen Stachel auf dem Occipi- Hinterrand breiter, um in die gut ausgebildete talring und dem abgeflachten, kraftigen Wangen- Wangenstachelbasis uberzugehen. Wangensta- stachel (Tafel 1: 1-4). cheln kraftig und im Querschnitt flach oval. Am B e m e r k un g en: Atractocybeloides nebeni n. sp. Anfang leicht nach aul3en schwingend, um dann besitzt noch Merkmale von Cybele: die Median- gerade nach hinten und oben zu verlaufen. grube und die Ausbildung der Festwangen mit Lange nicht bekannt, aber es ist anzunehmen, den auf diesen vorhandenen Tuberkeln. da13 sie der Lange der Glabella entspricht. Au- genstiele gerade und schlank, ihre Hohe ent- Vorkommen: Die Fauna setzt sich wie folgt spricht ungefahr drei Viertel der Glabellalange. zusammen: Asaphus (Neoasaphus) ornatus Pom- Gesichtsnaht von den Fossulagruben zu den pecki, Pseudoasaphus tecticaudatus (Steinhardt), Augen leicht bogenformig verlaufend, um dann Mischynogorithes brachyrhachis Tornquist, Illae- leicht nach hinten abgeschragt zur Wangen- nus schroeteri schroeteri (Schlotheim), Nileus stachelbasis zu gehen. Torulartuberkel schwach stigmatus Schrank, Pseudoasaphus aciculatus entwickelt, wogegen der Posttorulartuberkel (Angelin), Cybellela sp., Remopleurides sp. Pseu- kraftig und mittelhoch ist, ebenso die Tuber- domegalaspis patagiata (Tornquist), Cnemidopyge keln, die zwischen Augenstiel und Wangensta- sp., Lonchodomas sp., Nieszkowskia cf. osmos- chelbasis liegen. Ein mittelgroljer Tuberkel liegt saerensis Mannil, Plectasaphus plicicostis (Torn- auf der Augenleiste. Zwei bis drei sehr kleine quist), Telephina sp. aff. bicuspis (Angelin), Hib- Tuberkeln auf der Wangenstachelbasis. Schalen- bertia cf. concaws (Thorslund), Lituites lituus oberflache der Festwangen dicht mit Grubchen (Modeer), Lituites perfectus (Wahlenberg), Cy- bedeckt und die Glabella fein granuliert clolituites lynceus Holm, Cyclolituites applanata (Abb. 2). Remel6, Clinoceras maskei (Dewitz), Trocholites

Abb. 2. Rekonstruktion von Atructocybeloides nebeni n. sp.

4 Tafel 1. 1-4. Atructocybeloides nebeni n. sp. aus der Lasnamagi-Stufe C,by, Folkeslundakalk, oberer grauer Orthocerenkalk, Mittl. Ordovizium, Cranidium, MB.T. 4492.1, Robe1 (Miiritz), Mecklenburg-Vorpommern. 1. Dorsal x 3; 2. lateral x 3; 3. frontal-dorsal x 3; 4. frontal x 3. 5. Atructocybeloides oepiki n. sp. aus der Kukruse-Stufe CII, Kuckersit, Ober-Ordovizium, Cranidium, MB.T. 1693.2, Kohtla, Estland, dorsal x 756-13. Atructocybeloides berneri Krueger, 1991 aus dem Backsteinkalk der Idavere- und Johvi-Stufe CIIIp-DI, Ober-Ordovizium; 6-8. Cranidium, MB.T. 4493.1, Wustrow, Fischland, Mecklenburg- Vorpommern; 6 dorsal x 5; 7. frontal-dorsal x 5; 8. lateral-dorsal x 5, coll. Berner; 9-11. Cranidium MB.T. 4494.1, Schlaben- dorf-Siid, Lausitz; 9. dorsal x 6; 10. lateral-dorsal x 6; 11. frontal-dorsal x 6, coll. Krueger; 12. Pygidium, RGM 212508a, Uelsen, Niedersachsen, dorsal x 12; 13. Pygidium, RGM 212504a, Uelsen, Niedersachsen, dorsal x 12; 12 und 13. coll. Rhe- bergen, Emmen. 110 Krueger, H. H., Afrucfocybeloides aus baltoskandischen Geschieben

Abb. 3 Rekonstruktion von 1 Atractocybeloides oepiki n. sp. sp., Raphistoma obvallatum (Wahlenberg), Cla- bella mit acht paarig angelegten, sehr grol3en ke- throspira elliptica (Hisinger), Lesueurilla declivis gelformigen Tuberkeln besetzt. Glabellarfurchen (RemelC), Hyolithes ucum Eichwald. Diese leicht nach vorn und nach auBen gerichtet. Occi- Fauna ist typisch fiir den oberen Teil der Lasna- pitalring median nit Stachel, breiten Festwangen magi-Stufe CIby,dem Folkeslundakalk. und kraftigem Wangenstachel. B e s c h r e i b u n g : Cranidium flach gewolbt; star- Atractocybeloides oepiki n. sp. ker erhoht nur Glabella und Occipitalring. Gla- bella vom gut entwickelten Occipitalring durch Tafel 1: 5, Abb. 3 gerade, ma&g tiefe Furche getrennt. Occipital- H o 1 o t y p u s : 1 Cranidium, MB.T.1693.2. ring tragt median kraftigen, nach hinten gerichte- Locus typic u s : Brandschieferbruch Kohtla, Estland. S t r a t u m t y p i c u m : Kukruse-Stufe CIIarmittleres Viru. ten Stachel. L1-Loben gut entwickelt und rund- Derivatio nominis: Nach dem Miterforscher des lich, zum Occipitalring durch tiefe Lateralgruben Brandschiefers (Kuckersit) in Estland: A. Opik. abgegrenzt. Zu den L2-Loben durch tiefe, drei- Material: 1 Cranidium eckige Lateralfurchen abgesetzt. L2-Loben nicht Dieses kleine, zur Halfte erhaltene Cranidium so stark ausgebildet und wie die kraftigen L3- von A. oepiki n. sp. wurde bei Nachpraparati- Loben leicht nach vorn gerichtet. Durch mal3ig onsarbeiten an Atructopyge rex-Material um tiefe Lateralfurchen untereinander abgegrenzt. 1970 gefunden. Es wurde von Opik 1927 in Frontallobus vorn gerade, an den Seiten abge- Kuckers gesammelt und lag bis vor kurzem un- schragt und von den gut ausgebildeten Fossula- erkannt in der Sammlung des Museums fur gruben, die ihn von den vorderen inneren Fest- Naturkunde. wangen absetzen, getrennt. Augenleisten ver- MaBe (inmm): laufen vom Frontallobus schrag nach hinten, um in den Augenstielen zu enden. (Augen nicht vor- Glabella, groBte Breite bei L1 =2,5 handen, aber vermutlich wie alle anderen dieser Glabella, kleinste Breite Frontallobus =2,5 Gattung gestielte Augen besitzend). Festwangen Glabella + Occipitalring, Lange 374 breit und zur Wangelstachelbasis relativ schmal Occipitalring, Breite =2,8 werdend. Hinterrand bis in Hohe der Augen fast Cranidium, Breite ~10~4 gerade verlaufend, um dann aber deutlich nach D i a g n o s e : Frontallobusvorderkante in der hinten zu knicken, rund und zur Wangenstachel- Mitte gerade, an den Seiten abgeschragt. Gla- basis breit werdend, um in den kraftigen, im

b Tafel2. 1-7. Atracrocybeloides berneri Krueger, 1991 aus dem Backsteinkalk der Idavere und Johvi-Stufe CrIIp-Dr, Ober- Ordovizium, Slg. Rhebergen, Emmen. 1, 3 und 5. Cephalon mit zwei Thoraxsegmenten, RGM 212509, Uelsen, Nieder- sachsen; 1. dorsal x 6; 3. frontal-dorsal x 6; 5. lateral-dorsal x 6; 2. Thorax aus zwolf Segmenten, RGM 212501a, Uelsen, Niedersachsen, dorsal x 5,6; 4. Cranidium, RGM 212502a, Uelsen, Niedersachsen, lateral-dorsal x 63; 6-7. F'ygidium, RGM 212503a, Uelsen, Niedersachsen, 6, dorsal x 8,3; 7, lateral x 8,3, coll. Rhebergen, Emmen. Mitt. Mus. Nat.kd. Berl.. Geowiss. Reihe 5 (2002) 111 112 Krueger, H. H., Atructocybeloides aus baltoskandischen Geschieben

Querschnitt runden Stachel uberzugehen, der MaBe (inmm): nach hinten und leicht nach oben gerichtet ist. Ho~o- Gesichtsnaht fast gerade verlaufend, vom Fron- tYPus tallobus aus aber schrag uber die Augen nach MB.T. RGM RGM RGM MB.T. hinten und auBen. Sehr grolje, paarig angeord- 4493.1 212509a 212501a 212510a 4494.1 nete, kegelformige Tuberkeln, die die Glabella Glabella, 3,5 2,5 3,O 2,O 2,1 bedecken, vier bei Ll-L3 liegend und die vier groBte Breite L1 groljten auf dem Frontallobus. Torulartuberkel Glabella, 3,O 2,3 2,7 1,9 2,o kleinste Breite auf Festwangen schwach ausgepragt, Postocular- Frontallobus Tuberkel zwischen den Augen und der Wangen- Glabella + $0 4,O 4,3 3,2 3,1 stachelbasis als grorjer Tuberkel angelegt. Tu- Occipitalring, berkeln auf dem auBeren Ende des Hinterran- Lange des und der Wangenstachelbasis sehr groB und Occipitalring, 3,s 2,5 2,s 2,l 22 dornenartig. Schalenoberflache auf den Fest- Breite Cranidium, 10,s 10,6 10,5 9,4 - wangen mit flachen Griibchen versehen Breite (Abb. 3). U n t e r s c h i e d e : A. oepiki n. sp. unterscheidet sich von der alteren Art A. nebeni durch die Emendierte Diagnose: Cranidium flach ge- starke Tuberkulierung auf der Glabella, dem mit wolbt, nur an den Seiten steiler, Frontallobus- groljen Tuberkeln versehenen Hinterrand und vorderkante in der Mitte gerade, zu den Seiten die Wangenstachelbasis, weiterhin durch einen abgeschragt, Praglabellarfeld nicht ausgebildet. starken, dornartigen, nach hinten gerichteten Frontallobus mit vier groBen und mehreren klei- Stachel auf dem Occipitalring. FestwangenauRen- neren Tuberkeln bedeckt. Mediangrube vorhan- teile starker nach hinten gerichtet. den. Ubrige Glabella mit vier paarig angeordne- Vo r k o mm e n : Die Fauna, in welcher Atructo- ten Tuberkeln versehen. Glabellarfurchen leicht cybeloides oepiki n. sp. vorkommt, ist sehr reich- nach vorn und auBen gerichtet. Occipitalring me- haltig und reprasentiert den unteren Teil der dian mit einem Stachel, Festwangen breit, Augen Kukruse-Stufe CIIa mit dem typischen Brand- gestielt, Freiwangen mit gerundetem AuBenrand, schiefer von Kohtla und Maidla in Estland. Mit Wangenstachel lang. Thorax aus zwolf Segmen- ihr haben sich Fr. Schmidt (1881), Opik (1925, ten, sechste Thoraxpleuren zu langen Stacheln 1926, 1937) und Roomusoks (1970) eingehend ausgezogen. Pygidium aus vier Rippen, schmal. beschaftigt. B e s c h r e i b u n g : Cephalon flach gewolbt, nur zu den Seiten in Richtung der Wangenstacheln Atractocybeloides bemeri Krueger, 1991 und Freiwangen steiler abfallend. Glabella gleichmail3ig gebogen, hochster Punkt beim zwei- Tafel 1: 6-13, Tafel 2: 1-7, Tafel 3: 1-2, Abb. 4 ten Tuberkelpaar, zwischen L2 und L3. Vom Occipitalring durch eine breite, flache Furche, Mater i a 1 : 1 Cranidium, Holotyp, Slg. H.-H. die leicht in der Mitte bogenformig nach vorn Krueger Nr. 1559.1, jetzt Slg. I.f.l?, MfN Berlin vorgezogen ist und an den Seiten in tiefen Gru- MB.T. 4493.1 und 1 Cranidiumfragment Nr. ben endet, getrennt. Occipitalring kraftig, gleich- S.70.1, jetzt Slg. I.€€?, MfN Berlin, MB.T. 4494.1, mal3ig gebogen wie die Glabella, in der Mitte 1 Panzer ohne Pygidium RGM 212501a, 1 Ce- mit einem spitzen, runden Stachel versehen, der phalon mit 2 Thoraxsegmenten RGM 212509a, Cephalon mit 11 Thoraxsegmenten RGM leicht nach oben und nach hinten bis zum zwei- ten Thoraxsegment reichen kann. Er wird von je 212510a, 1 Cranidium RGM 212502a, 3 Pygidien einem kleinen Tuberkel flankiert. Erstes Lateral- RGM 212503a, 212504a, 212508a, 2 Freiwangen lobenpaar kraftig, leicht gerundet und schwach 212505a, 212507a, zahlreiche Freiwangen und Pygidien. nach vorn gerichtet, durch tiefe und breite Gla- bellarfurchen von dreieckiger Form von den zweiten Loben abgegrenzt. Zweite Lateralloben leicht nach vorn verlaufend, im Mediankorper etwas schmaler und tiefer ansetzend, zu den Festwangen hin breiter werdend. Dritte Lateral- loben ahnlich kraftig wie die ersten Loben ent- wickelt und leicht nach vorn gerichtet. Von den Mitt. Mus. Nat.kd. Berl., Geowiss. Reihe 5 (2002) 113

Abb. 4. Rekonstruktion von AtractoiZybeloides berneri Krueger, 1991. zweiten Loben durch tiefe, nach aurjen breiter ein Drittel breiter als Mediankorper der Gla- werdende Glabellarfurchen abgesetzt. Dritte Lo- bella. Frontallobus-Vorderkante in der Mitte ge- ben nach vorn durch Glabellafurchen, die tief, rade und zu den Seiten nach hinten abgeschragt. breit und oval sind, vom Frontallobus getrennt. Diese Schrage laufl in vorderer Begrenzung der Die einzelnen Lobenpaare im Ubergang zu den Dorsalfurchen, wo auch die gut entwickelten Festwangen miteinander verwachsen und von den Fossulagruben liegen, aus. Praglabellarfeld nicht Festwangen durch die kaum wahrnehmbaren ausgebildet. Frontallobus mit sechs groljen Tu- Dorsalfurchen abgesetzt. Frontallobus ungefahr berkeln besetzt, wovon sich je einer in Hohe des 114 Krueger, H. H., Atractocybeloides aus baltoskandischen Geschieben hinteren Endes der Schrage befindet, sowie unge- rand nach aul3en und unten gleichmal3ig gebo- fahr sechzehn kleinen Tuberkeln, die vor allem gen. Er ist leicht abgeflacht und endet im im vorderen Teil der Glabella postiert sind. Me- Pseudoglabellarfeld, das von fast rechteckiger diangrube sehr flach im hinteren Teil des Fron- Gestalt ist, wobei die obere Begrenzung leicht tallobus. Mediankorper rnit drei paarig angeord- nach vorn abgeschragt ist. Schnauzenschild neten Tuberkeln versehen, wovon die bei L1 (Scutum rostrale) klein, trapezformig ausgebildet etwas kleiner sind. Tuberkeln bei L2 und zwi- und beide Freiwangen mit dem Vorderrand des schen L3 und dem Frontallobus deutlich grol3er Frontallobus verbindend. FreiwangenauBenrand und von je einem kleinen Tuberkel aul3en flan- mit groBen alternierenden Tuberkeln, dazwi- kiert (Tafel 1: 9-11 und Tafel 2: 1). schen kleine Tuberkeln. Auf dem Pseudoglabel- Festwangen schwach geblaht, maljig hoch, larfeld drei groBe Tuberkeln, von denen der un- recht breit, nach auljen zum Wangenstachel steil tere, innere stachelformig ist. Vor der abfallend. Augenstiele schlank, ungefahr drei Gesichtsnaht ist der AuBenrand rnit einem Sta- Viertel der Lange der Glabella erreichend. Au- chel versehen. Freiwangenfeld rnit fiinf groBen genstiele durch eine Leiste, die einen Tuberkel Tuberkeln bedeckt, wovon zwei parallel zur Ge- tragt, rnit dem Frontallobus verbunden. Zwi- sichtsnaht liegen und drei etwas tiefer in Reihe schen den Augenstielen und der Wangenstachel- angeordnet sind. Augenstiele schlank und ihre basis fiinf grolje Tuberkeln, wovon drei an der Lange erreicht ungefahr die Hohe des Freiwan- Gesichtsnaht liegen. Postoculartuberkel dicht an genfeldes. Die Sehflache ist sehr klein. Freiwan- der Hinterrandfurche, die fast gerade nach auBen genfeld dicht mit flachen Grubchen bedeckt. verlauft und erst kurz vor der Wangenstachel- H y p o s t o m : Von allen hier vorgestellten Arten basis leicht nach hinten biegt, um dann im schar- ist kein Hypostom bekannt. Es durfte vom Typ fen Bogen nach vorn zu biegen. Hinterrand Cybeloides virgeniensis virgeniensis sein (siehe leicht gerundet, gerade nach auBen gerichtet, Evitt & Tripp 1977: Tafel 17: 17-19). erst kurz vor der Wangenstachelbasis breiter werdend und in weichem Bogen in den Wangen- Thor ax : Thorax setzt sich aus zwolf Segmenten stachel iibergehend. Wangenstachel in leichtem zusammen, die aul3en an den Pleurenenden in Bogen nach hinten und oben gerichtet, rund, un- nach hinten und leicht nach auBen gerichtete gefahr eineinhalbmal so lang wie die Glabella. Spitzen ausgezogen sind, sechstes Segment in ei- Wangenstachelbasis mit drei groljen Tuberkeln nen langen, schlanken Stachel ausgezogen, der besetzt, wovon der hintere als kurzer Stachel weit uber das Pygidium reicht. Ubrige Pleuren- ausgebildet ist. Ein kleiner Tuberkel kann sich enden bis zum Pygidium als gleichmafiige, mit- kurz vor diesem auf dem Hinterrand befinden tellange Stacheln ausgebildet. Hinteres Pleuren- (Tafel 1: 6, 8 und Tafel 2: 1, 4-5). band grofler, kraftiger. Mittelachse erreicht Gesichtsnaht leicht schrag nach hinten ver- ungefahr ein Drittel der Thoraxbreite und ist laufend, im aul3eren Teil nach auljen abge- ungefahr ein Drittel hoher als die Pleuren. Ver- schragt. Glabellaoberflache, Occipitalring und einzelt kann auf dem hinteren Pleurenband im Wangenstachel fein granuliert, Festwangen dicht AuBenteil ein spitzer Tuberkel postiert sein. rnit flachen Grubchen bedeckt. Auch sind auf den ersten Axialringen paarige, kleine Tuberkeln vorhanden. Fr e i w a n g e : Freiwangenfeld dreieckig und vom P y g i d i u m : Pygidium von triangularem Umriss, AuBenrand durch eine flache Furche abgesetzt, ungefahr ein Drittel langer als breit. Rhachis- die nach vorn tiefer wird und das kleine Pseudo- breite betragt ein Drittel der Pygidiumbreite, glabellarfeld vom Freiwangenfeld trennt. Auljen- Rhachis flach gewolbt und leicht durchgebogen.

b Tafel3. 1-2. Atractocybeloides berneri Krueger, 1991 aus dem Backsteinkalk der Idavere und Johvi-Stufe CII~B-D~,Ober- Ordovizium. 1. Linke Freiwange, RGM 212507a, Uelsen, Niedersachsen, lateral x 11,5; 2. rechte Freiwange mit Augenstiel, RGM 212505, Uelsen, Niedersachsen, lateral x 10, coll. Rhebergen, Emmen. 3-6. Atractocybeloides vonhachti Krueger, 1991 aus verkieselten Kalken und Sandsteinen des unteren Teils der Keila-Stufe D[lcr,Ober-Ordovizium. 3. Cranidium, MB.T. 4495.1, Schlabendorf Sud, Lausitz, dorsal x 10, coll. Krueger; 4. Linker Wangenstachel, MB.T. 4496.1, Schlabendorf-Sud, Lau- sitz, lateral-dorsal x 7, coll. Krueger; 5-6. Cranidium, RGM 212506a, Uelsen, Niedersachsen; 5. dorsal x 5; 6. frontal-dorsal x 5, coll. Rhebergen, Emmen. 7-9. Atructocybeloides gracilis (Nikolaisen, 1961) aus dem oberen Chasmops-Kalkstein (4b4 = Rakvere-Stufe E, Ober-Ordovizium. 7. Cranidium, P.M.0.5600, Terneholmen, Asker bei Oslo, Norwegen, dorsal x 3; 8. Crani- dium, PM.0.6531, Terneholmen, Asker bei Oslo, Norwegen, dorsal x 3; 9. Pygidium, PM.0.9095, Terneholmen, Asker bei Oslo, Norwegen, dorsal x 6, coll. Kiaer. 7-9. aus Nikolaisen (1961). Mitt. Mus. Nat.kd. Berl., Geowiss. Reihe 5 (2002) 115 116 Krueger, H. H., Atructocybeloides aus baltoskandischen Geschieben

Ihre Lange erreicht ungefahr zwei Drittel der MaOe (in mm): Pygidiumlange. Rhachis setzt sich als Grat zum Holotyp F'ygidiumende fort. Vier paarig angelegte Tuber- G 113/1 MB.T. RGM keln sind an den Seiten der Rhachis postiert. 4495.1 212506a ___~ Rhachisringe (sechszehn bis achtzehn) nur an Glabella, 4s 1,4 4,4 den Seiten der Rhachis angelegt. Vier rippenarti- groBte Breite L1 ge Pleuren bedecken die Pygidiumseitenteile, Glabella, 4,o 1,4 3,7 wovon die beiden ersten im Bogen nach auljen kleinste Breite Frontallobus und hinten gerichtet sind und die beiden inneren Glabella + Occipitalring, =6,2 2,4 5,9 parallel mit der Rhachis verlaufen. Rippenpleu- Lange ren konnen mit ein bis zwei groljen Tuberkeln Occipitalring, Breite 4,7 13 4,7 besetzt sein. Hinten enden die Pleuren in feinen Cranidium, Breite 20,5 8,O 20,o Spitzen, wobei die Spitzen der beiden ersten Rippenpleuren leicht nach auljen gerichtet sind. Der Pygidiumtyp ist der von Cybelloides und Emendierte Diagnose: Cranidium flach ge- Atractopyge (Tafel 1: 12-13, Tafet 2: 6-7). wolbt, nur an den Seiten steiler abfallend, Fron- tallobusvorderkante gerade, an den Seiten ab- U n t e r s c h i e d e : Atractocybeloides berneri un- geschragt. Frontallobus nit Mediangrube und terscheidet sich von A. nebeni n. sp. durch die deut- sechs paarig angeordneten grol3en Tuberkeln be- liche und reichere Tuberkulierung auf der Glabella deckt, ubrige Glabella mit vier paarig angeord- und die VergroBerung der Tuberkeln auf dem Hin- neten groljen Tuberkeln versehen. Occipitalring terrand und der Wangenstachelbasis. A. berneri tragt drei Stachel, Lateralfurchen kraftig und nimmt zwischen A. nebeni n. sp. und A. vonhachti tief, Festwangen mit Grubchen und sechs groBen eine Zwischenstellung ein, da A. vonhachti starker Tuberkeln auf jeder Wange. Augen gestielt, Hin- tuberkuliert und mit Stacheln versehen ist. terrand kurz vor dem Wangenstachel mit zwei Vo r k o m m e n : Atractocybeloides berneri Krue- groljen langen Stacheln bestiickt. ger kommt zusammen vor mit Asaphus (Post- asaphus) c€ jewenensis E Schmidt, Bolbochas- B e s c h rei b u n g : Cranidium mittelkraftig ge- mops emarginata (F. Schmidt), Chasmops wolbt, nach auBen zu den Wangenstachel steiler marginata (F. Schmidt), Oculichasmops mutica abfallend. Glabella gleichmaSig gewolbt, nur in (F. Schmidt), Conolichas monticulosus (Opik), Hohe der L3-Loben schrag nach vorn abge- Cybellela cf dentata (Esmark), Illaenus jewensis flacht. Frontallobus vorn gerade begrenzt, an Holm, Hemisphaerocoryphe pseudohemicranium den Seiten abgeschragt. Zwischen Frontallobus (Nieszkowski), Niezkowskia sp. Clitambonites und Mittelteil der Glabella Gesichtsnaht schrag schmidti epiconus Opik, Cyrtonotella kuckersiana nach hinten verlaufend und in die Augenstiele frechi (Wysogorski), Oepikia anijana anijana ubergehend. Am Knick zwischen Gerade und (Opik), Leptaena sp., Platystrophia chama Schrage sitzt vorn an der Kante ein kleiner Tu- (Eichwald), Platystrophia lynx lynx (Eichwald), berkel. Im Mittelteil des Frontallobus flache Me- Porambonites baueri Noetling, Pseudolingula sp., diangrube ausgebildet. Oberflache des Frontal- Sowerbyella (S.) plana Roomusoks, Lesueurilla lobus im hinteren Teil mit vier groljen Tuberkeln sp., Salpingostoma compressum Eichwald, Subuli- und zwei vorn an der geraden Vorderkante, so- tes (S.) amphora (Eichwald), Rectanguloceras sp., wie bis zu zehn kleinen Tuberkeln im vorderen Mastopora concava Eichwald und Diplotrypa sp. Medianbereich. An den Seiten des Frontallobus Diese Fauna reprasentiert die obere Idavere-Stu- in die Augenleisten ubergehend, schrag nach hin- fe CIII~und Teile der Johvi-Stufe DI. ten zu den Augen verlaufend, von den L3-Loben durch kurze, mitteltiefe, schrag nach vorn und Atractocybeloides vonhachti Krueger, 1991 auBen gerichtete Lateralfurchen getrennt. L3 kraftig, leicht nach vorn gerichtet, von den tiefer Tafel 3: 3-6, Abb. 5 am Mediankorper der Glabella ansetzenden kno- M a t e r i a 1: 1 Cranidium-Abdruck, Holotypus, tenformigen L2-Loben durch tiefe mittelbreite Nr. G113/1, Archiv fiir Geschiebekunde Ham- Lateralfurchen, die leicht nach vorn stehen, ab- burg, coll. U. v. Hacht; 1 Cranidium, MB.T. gesetzt. L1 -Loben kraftig, von kugeliger Form 4495.1, coll. Krueger; 1 Cranidium, RGM und von L2-Loben durch dreieckige, tiefe Late- 212506a, Slg. Rhebergen und 1 Fragment vom ralfurchen abgesetzt. Zum Occipitalring L1-Lo- linken Hinterrand rnit Wangenstachel, ben auljen von tiefen, ovalen Lateralfurchen ge- MB.T.4496.1, coll. Krueger trennt. Occipitalring gut entwickelt, im Mittelteil Mitt. Mus. Nat.kd. Berl., Geowiss. Reihe 5 (2002) 117 breit, von der Glabella durch eine vorn in der flachen Grubchen bedeckt. Funf groBe, stachel- Mitte leicht nach vorn gebogene, flache Furche artige Tuberkeln auf der Festwange, von denen abgesetzt. Im hinteren Medianbereich des Occi- zwei an der Gesichtsnaht liegen, dazu kommen pitalringes ein runder leicht nach oben und hin- Torular- und Postoculartuberkel. Hinterrand in ten gerichteter kraftiger Stachel, ungefahr bis weichem Bogen leicht nach hinten schwingend zum zweiten Thoraxsegment reichend, an den und dann in kraftige, runde, nach hinten und Seiten von je einem kurzen Stachel flankiert. oben gerichtete Wangenstacheln ubergehend. Seitenloben zu den Festwangen durch sehr fla- Wangenstachelbasis gut entwickelt, mit zwei gro- che, kaum wahrnehmbare Dorsalfurchen abge- Ben, stachelartigen Tuberkeln besetzt. Hinter- grenzt. Mediankorper der Glabella zwischen L1 rand auBen, kurz vor dem Wangenstachel mit und L2 und bei L3 von groBen, paarig angeord- zwei sehr groBen, dornenartigen nach oben und neten Tuberkeln besetzt, die auBen und auf den hinten gerichteten Stacheln versehen (Tafel 3: Lateralloben vereinzelt mit kleinen Tuberkeln 3-6; Abb. 5). versehen sein konnen. Augenleisten sind mit ei- nem sehr groBen, stachelartigen Tuberkel verse- B e me r k u n g e n : Atructocybeloides vonhachti hen. Augenstiele kraftig und kiirzer als bei wurde 1991 anhand von Resten zweier Crani- A. berneri, aber auch unterhalb des Augende- dien und einem Fragment-Hinterrand mit Wan- ckels mit einem Tuberkelkranz versehen. genstachel beschrieben. Ein weiterer Fund aus Festwangen breit, flach gewolbt und nach au- der Sammlung Rhebergen ermoglichte es, leichte 13en steiler abfallend. Verlauf der Gesichtsnaht Korrekturen an der damaligen Rekonstruktion schrag nach auBen und hinten. Festwangen mit des Cranidiums vorzunehmen. Anzunehmen ist.

Abb. 5. Rekonstruktion von Atructocybel- oides vonhuchti Krueger, 1991. 118 Krueger, H. H., Atracfocybeloides aus baltoskandischen Geschieben daI3 die vorderen Axialringe des Thoraxes kurze legten Tuberkeln versehen. Hypostom und Tho- paarige Stachel trugen. rax nicht bekannt. U n t e r s c hi e d e : Atractocy beIoides vonhachti unterscheidet sich von den alteren Arten, A. ne- Be s c h r e i b u n g : Cranidium flach gewolbt, beni n. sp., A. oepiki, A. berneri und der jiinge- Festwangen etwas mehr gewolbt und zu den ren Art aus dem Oslogebiet, durch seine ex- Wangenstacheln steiler abfallend. Lateralloben treme Bestachelung und seine groI3en Tuberkeln gut entwickelt und leicht nach vorn gerichtet. Er- (Tafel 3: Figs 4-6). ste Loben buckelformig, vom Occipitalring durch tiefe Gruben getrennt und von den zweiten Lo- Vo r k o m m e n : Die Panzerreste bei Atractocy- ben, die etwas schlanker sind, durch tiefe, drei- beloides vonhachti Krueger sind nur als Crani- eckige Lateralfurchen abgegrenzt. Die dritten dien bekannt. Das Material stammt aus Gerollen Loben etwas kraftiger, flach und breit; von den und Geschieben, die im Mittelmiozan als Verkie- zweiten durch tiefe, ovale Lateralfurchen abge- selungen in die Deckschichten iiber dem 2. Lau- setzt und von dem gut ausgebildeten Frontallo- sitzer Floz abgelagert wurden, weiterhin von bus mit mittelgrofier, tiefer, dreieckiger Grube, Sylt, aus Gerollen an der Grenze PliozanPleisto- die vorn von der schrag nach hinten gerichteten zan, sowie aus den Wilsumer Bergen, wo das Augenleiste begrenzt wird. Frontallobus vorn, in Material im Menap abgelagert wurde. Die der Mitte gerade, zu den Seiten abgeschragt. Begleitfauna setzt sich zusammen aus den Trilobi- Praglabellarfeld nicht ausgebildet. Die Schrage ten Achatella c€ kegelensis (F. Schmidt), Atracto- setzt sich im Innenteil der Gesichtsnaht, die uber pyge cf. errans dpik, Cybellela sp., Toxochas- die Augenstiele bogenformig nach aufien zur mops (Schmidtops) sp., Chasmops marginatus (F. Wangenstachelbasis verlauft, fort. Schmidt), Asaphus (Neoasaphus) sp., Pharosto- Occipitalring breit, durch eine weiche, bogen- mina sp., Nieszkowskia sp. sowie den Brachiopo- formige, nach vorn gerichtete Furche abgesetzt den Leptaena sp., Whitfieldella? und Orthis sp. und mit drei grofien, flachen Tuberkeln verse- Diese Fauna reprasentiert den tiefen Teil der hen. Vermutlich war der Mediantuberkel als klei- Keila-Stufe DII~.Das Material liegt in verkiesel- ner Stachel ausgebildet. Dorsalfurchen deu tlich tem Sandstein, auch ist Pharostomina fir Balto- ausgepragt und die Glabella zu den Festwangen skandia fremd. In normalen Kalkgeschieben ist abgrenzend. Festwangen breit, hinten gerade, Atractocybeloides vonhachti noch nicht beobach- durch eine breite, tiefe Hinterrandfurche, die bis tet worden. zur Wangenstachelbasis gerade bleibt, vom Hin- terrand getrennt, um dann in einem Bogen nach Atractocybeloides gracilis (Nikolaisen, 1961) vorn in der Gesichtsnaht zu enden. Hinterrand schmal, in Hohe der Augen in weichem Bogen Tafel 3: 7-9. Abb. 6 nach hinten verlaufend, deutlich breiter werdend 1961 Atractopyge gracilis n. sp. - Nikolaisen, S. und dann ubergehend in gerade nach hinten ge- 302-304, Tafel 4: Figs 5-9. richtete Stachel, die ungefahr die Lange der Gla- bella erreichen (Tafel 4: Figs 5-7 in Nikolaisen, Material: 9 Cranidien, 2 Freiwangen und 11 1961.; Tafel 3: 7-8 sowie Abb. 6 diese Arbeit). Pygidien. Die Nummern zu diesen Stucken sind Freiwangenfeld dreieckig, leicht geblaht, bei Nikolaisen (1961: 302) aufgefuhrt. AuBenrand bogenformig, vorn in ein kleines Emendierte Diagnose: Glabella flach ge- Pseudoglabellarfeld ubergehend (Tafel 4: Fig. 8 wolbt, Festwangen mehr gewolbt, zu den Wan- in Nikolaisen, 1961; Tafel 3: 9 diese Arbeit). genstacheln steiler abfallend. Augenstiele zier- Oberflache des Canidiums mit kleinen bis mitt- lich, Dorsalfurchen etwas deutlicher als bei den leren, flachen Tuberkeln uberzogen. Pygidium alteren Arten. Glabella rnit gut entwickeltem triangular, etwas langer als breit, mit vier Rip- Frontallobus, der vorn in der Mitte gerade und penpleuren, von denen die ersten beiden bogen- an den Seiten abgeschragt ist. Lateralloben leicht formig nach hinten verlaufen und die beiden in- nach vorn gerichtet, die dritten am kraftigsten. neren parallel zur Rhachis nach hinten gerichtet Praglabellarfeld nich t ausgebilde t. Occipitaking sind. Die Enden laufen in feine Spitzen aus, wo- gut ausgebildet, Wangenstachel gerade nach hin- bei die beiden aul3eren leicht nach aul3en gerich- ten gerichtet. Cranidium granuliert bis zart tu- te t sind. Auf den Pleurenrippen vereinzelt groBe berkuliert, ebenso die Freiwangen. Pygidium ist Tuberkeln. Mittelteil der Rhachis leicht durchge- langer als breit, mit vier Rippenpleuren. Rhachis bogen und mit vier bis fiinf paarig angeordneten in der Mitte durchgebogen und nit paarig ange- Tuberkeln besetzt. Rhachis in ungefahr zwanzig Mitt. Mus. Nat.kd. Berl., Geowiss. Reihe 5 (2002) 119

Abb. 6. Rekonstruktion von Atractocybeloides gracilis (Nikolaisen, 1961).

Seitenrippen gegliedert (Tafel 4: Fig. 9 in Niko- der Lasnamagi-Stufe CIby und A. oepiki n. sp. laisen, 1961). aus dem Kuckersit der Kukruse-Stufe CIIa U n t e r s chie d e : Atractocybeloides gracilis ist (Abb. 1). A. nebeni n. sp. ist derzeit die alteste von den bis jetzt aus Baltoskandia bekannten Art dieser Gattung. Die von Nikolaisen (1961) Arten die jiingste Spezies. Sie unterscheidet sich neu beschriebene Art Atractopyge gracilis, die deutlich von den alteren Vertretern durch ihre aus dem oberen Chasmops-Kalk 4bs stammt, ist relativ glatte Oberflache, die nur schwach granu- bis jetzt die jiingste Art dieser Gattung (Abb. 1). liert und mit kleinen bis mittleren flachen Tuber- Der Chasmops-Kalk ist gleichzusetzen mit den keln bedeckt ist. Schlammkalken (Ostseekalken) der Rakvere- Stufe E. Durch ihr seltenes Vorkommen und ih- Vo r k o m m e n : Von Nikolaisen (1961) wurde re geringe GroBe wurde diese Gattung erst vor diese Art unter Atractopyge gracilis aus dem Os- zehn Jahren entdeckt. lo-Gebiet aus dem oberen Chasmops-Kalk 4b~ Es bestehen Ahnlichkeiten zur nordamerikani- von Terneholmen Asker beschrieben. Stratigra- schen, ebenfalls kleinwiichsigen Gattung Cybeloi- phisch kann die Art in die Rakvere-Stufe E von des. Baltoskandia gestellt werden. Die Rakvere-Stufe ist als Geschiebe durch die sehr feinen und dich- ten Ostseekalke im ganzen Vereisungsgebiet siid- Danksagung lich der Ostsee vertreten. Der Autor dankt Dr. M. Aberhan, Dr. Geyer und Herrn Dr. R. Schallreuter fur ihre Hilfe bei der Fertigstellung des Manusknpts. Sehlussfolgerungen

Die Gattung Atractocybeloides, die zur Subfami- Literatur lie Cybelinae gehort, ist eine kleinwiichsige Form, die mit zwei Arten, A. berneri und A. von- Chatterton , B. D. C. & Ludvigsen, R. 1976. Silicified Middle Ordovician from the South Nahanni River hachti, 1991 neu aufgestellt wurde. Beide Arten Area, District of Mackenzie, Canada. - Palaeontographi- waren nur in wenigen Resten bekannt und ca (A) 154 (113): 1-106. lieI3en sich durch ihre Begleitfauna in die Ida- Evitt, W. R. & Tripp, R. P. 1977. Silicified Middle Ordovician trilobites from the families Encrinundae and Stauroce- vere- bis Keila-Stufe einordnen. phalidae. - Palaeontographica (A) 157 (4/6): 109-174. In den letzten zehn Jahren sind weitere Pan- Hucke, K. & Voigt, E. 1967. Einfiihrung in die Geschiebe- zerreste von A. berneri und A. vonhachti aus der forschung (Sedimentargeschiebe). - 132 S., Oldenzaal (Nederlandse Geologische Vereniging). reichhaltigen Sammlung Rhebergen hinzugekom- Jaanusson, V. 1960. The Viruan (Middle Ordovician) of men, so daB eine Rekonstruktion des Panzers Oland. - Bulletin of the Geological Institutions of the beider Arten moglich war. AuBerdem erweitert University of Uppsala 38 (314): 207-288. - 1965. Lower and Middle Viruan (Middle Ordovician) of sich das Artenspektrum um die beiden neuen the Siljan District. - Bulletin of the Geological Instituti- Arten A. nebeni n. sp. aus dem Folkeslunda-Kalk on of the University of Uppsala 42 40 S. 120 Krueger, H. H., Atractocybeloides aus baltoskandischen Geschieben

Krueger, H.-H. 1991. Die neue ordovizische Tdobitengat- Schmidt, F. 1881. Revision der Ostbaltischen Silurischen Tri- tung Atractocybefoides mit zwei neuen Arten aus balto- lobiten nebst Geognostischer Ubersicht des Ostbaltischen skandischen Geschieben. - Archiv fiir Geschiebekunde 1 Silurgebietes, Abt. 1, Phacopiden, Cheiruriden und Encri- (3/4): 225-230. nuriden. - Mtmoires 1’Acadtmie ImpCriale des Sciences Kummerow, E. 1927. Beitrage zur Kenntnis der Fauna und de St.-PCtersbourg (7) 30 (1):237 S. der Herkunft der Diluvialgeschiebe. - Jahrbuch der Preu- Shaw, E C. 1968. Early Middle Ordovician Chazy trilobites Bischen geologischen Landesanstalt 48 (1): 1-59 (Band of New York. - New York State Museum, Memoirs 17: 1928). 114 S. Moore, R. C. (ed.) 1959. Treatise on Invertebrate Paleontolo- Skupin, K.; Speetzen, E. & Zandstra, I. G. 1993. Die Eiszeit gy, Part 0 (Harrington, H. J., Henningsmoen, G. et al.: in Nordwestdeutschland. - Geologisches Landesamt Arthropoda 1 (Arthropoda - General Features Pro- Nordrhein-Westfalen: 143 S., Krefeld. arthropoda Euarthropode - General Features Tdobito- Slocom, A. W. 1913. New trilobites from the Maquoketa morpha)). - XIX + 560 S., Lawrence, Kans./New York, Beds of Fayette County, Iowa. - Field Museum of Natu- N.Y. (Geological Society of AmericaiLiniversity of Kansas). ral History 4 (3): 43-83. Neben, W. & Krueger, H.-H. 1971. Fossilien ordovicischer Tripp, R. P. 1980. Trilobites from the Ordovician Ardwell Geschiebe. - Starinigia 1: 1-7. Group of the Craighead Inlier, Girvan district, Scotland. Nikolaisen, F. 1961. The Middle Ordovician of the Oslo re- - Transaction of the Royal Society of Edinburgh (Earth gion, Norway, 7. Trilobites of the Suborder Cheirurina. Science) 71 123-145. Reprint from Norsk Geologisk Tidskrift 41 (2-4): Vogdes, A. W. 1890. A bibliography of Palaeozoic Crustacea 279-310, Bergen 1961. from 1698 to 1889, including a list of North American Opik, A. 1925. Beitrage zur Kenntnis der Kukruse-(Cz-)Stufe species and a systematic arrangement of genera. - Bulle- in Eesti I. - Acta et Commentationes Universitatis Dor- tin of the US. Geological Survey 63 177 S. patensis (A) 8 (5): 20 S. = Publications of the Geological Warburg, E. 1925. The Trilobites of the Leptaena Limestone Institution of the University of Tartu 4b. in Dalarne. With a Discussion of the zoological Position - 1937. Trilobiten aus Estland. - Acta et Commentationes and the Classification of the Trilobita. - Bulletin of the Universitatis Tartuensis (Dorpatensis) (A) 32 (3): 163 S. Geological Institution of the University of Upsala 17 Pompeckj, J. F. 1890. Die Trilobiten-Fauna der Ost- und I-VI + 1-446. Westpreussischen Diluvialgeschiebe - Beitrage zur Na- Wigand, G. 1888. Ueber die Trilobiten der silurischen Ge- turkunde Preussens 7: I+97 S. (Inaugural-Dissertation Al- schiebe in Mecklenburg. - Zeitschrift der deutschen geo- bertus-Universitat zu Konigsberg in Pr. (R. Leupold)). logischen Gesellschaft 40 (1): 39-101. Roomusoks, A. 1970. Stratigraphy of the Viruan Series Wiman, C. 1908. Studien uber das nordbaltische Silurgebiet (Middle Ordovician) in Northern . - 348 S., Tal- 11. - Bulletin of the Geological Institution of the Univer- linn (Valgus). sity of Upsala 8: 73-168. Tornquist, S. L. 1884. Undersokningar ofver Sijansomradets trilobitfauna - Sveriges Geologiska Undersokning (C) 66: 101 S., Stockholm.