DAS MAGAZIN DER INDUSTRIE Mai 2020 RESTART NOW! Österreichs Weg aus der Krise an die Spitze

AUSTRIA RECOVERY PROGRAM 2.0.

ÖFFENTLICHE HAUSHALTE KONSOLIDIEREN RESTART

KRISENRESILIENZ DES STANDORTES STÄRKEN

ECONOMICS CORNER AUSBLICK WIEN „Whatever it takes!“ - Wie COVID-19 zu einer Chance Industrie als Teil Der Fluch der Politi k Seite 2 für das Klima werden kann Seite 8 der Lösung stärken Seite 10 economics corner/Gastkommentar

„Whatever it takes“? Warum die Politik vor der Politik gerettet werden sollte Die vergangenen Wochen haben wieder einmal eindrucksvoll das Primat der Politik unter Beweis gestellt. Doch was können wir daraus lernen?

igentlich hat es sich schon schritt- Groß entschieden, aber klein geplant Maßvoll vs. "whatever it takes" vor der Krise weise in kleinen Dosen in den ver- Erfahrungen aus aller Welt haben gezeigt, Staatsschulden in % des BIP bei ausgewählten EU-Mitgliedstaaten gangenen Jahren weltweit ange- dass die Politik oft ihre großen Entscheidun- 180 kündigt. Der freie Markt darf zwar gen nicht strategisch, sondern eher (Wahl-) vor Corona nach Corona den Wohlstand tagtäglich erarbei- taktisch getroffen hat. Sie hat nicht agiert, 160 Eten und den Fortschritt am Leben erhalten, sondern reagiert. Sie hat nicht große Her- 140 aber wenn das „Große und Ganze“ gefährdet ausforderung vorhergesehen und dann mit Spanien Italien, Frankreich, Spanien ist, muss die Politik zum Wohle aller das Ru- ruhiger Hand und langem Atem gezielt und 120 Frankreich der in die Hand nehmen. Das ist im Prinzip bewusst Maßnahmen gesetzt, sondern eher Italien auch richtig so und in Krisenzeiten durchaus in einer Schockreaktion die Keule des „what 100 Österreich Deutschland angebracht, aber leider findet dieser Eingriff ever it takes“ geschwungen. Vom über- 80 Niederlande meist nicht mit dem erhofften „großen da- hasteten Atomaustieg nach Fukushima oder 60 Schweden hinterstehenden Plan“ statt, sondern im Nor- dem „wir schaffen das“ in Deutschland bis Dänemark April 2020

malfall eher überhastet und „alternativlos“. hin zum weltweiten Protektionismus nach 40 ,

Trump und Brexit oder dem zukunftswei- onitor 20 „Die sparsamen Vier“ senden „Green Deal“ in der EU nach Greta. Ein „Konjunkturpaket“ Kurz: Die Politik hat immer groß entschieden 0 F Fiscal M aber klein geplant. 2021 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 schafft noch lange Quelle: IW Jene EU-Länder, die in der Vergangenheit in der Fiskalpolitik nicht auf das Motto „whatever it takes“ Das liegt wahrscheinlich in der Natur der gesetzt haben, können heute wesentlich mehr Spielraum vorweisen, um die Krise zu meistern. keine privaten Sache, denn die Politik wird im Gegensatz Investitionen, genauso zum Unternehmertum immer nur „an den Vorhaben und nicht an den Ergebnissen ge- bemerkt, sehen wir rechtzeitig vor der gro- Verfassungsrang die „Politik vor der Politik“ wenig wie eine messen“, wie es Milton Friedman schon vor ßen anstehenden Klimadebatte welchen gerettet. Vielleicht ist ja das die Hauptlehre „Exportoffensive“ vierzig Jahren treffend beobachtet hat. Ein Preis die Allgemeinheit für eine politisch aus der Krise: Mit einem Rettungsschirm „Konjunkturpaket“ schafft noch lange keine gewünschte und künstlich herbeigeführte für die Politik in „guten Zeiten“ brauchen tatsächlich Exporte, privaten Investitionen, genauso wenig wie Entschleunigung zahlt. Und zweitens sehen wir vielleicht keinen Rettungsschirm für die eine „Exportoffensive“ tatsächlich Exporte, wir, dass jene EU-Mitgliedstaaten, die in Unternehmen in schlechten Zeiten. oder ein „Green Deal“ oder ein „Green Deal“ der EU-Kommission der Vergangenheit in der Fiskalpolitik nicht der EU-Kommission nicht zwingend „grüne Jobs“ schafft. auf das Motto „whatever it takes“ gesetzt nicht zwingend haben (man nennt sie manchmal auch ver- KONTAKT Rettungsschirm für die Politik ächtlich die „sparsamen Vier“), heute we- Clemens Wallner, „grüne Jobs“ schafft. in guten Zeiten sentlich mehr Spielraum vorweisen können, Wirtschaftspolitischer Koordinator Aus der aktuellen Krise können wir zwei um die Krise zu meistern. Einige von ihnen der IV: [email protected] Lehren ziehen: Erstens, so nebenbei haben sogar mit strikten Schuldenregeln im

GASTKOMMENTAR Das Geld muss in der Realwirtschaft ankommen

Die Regierung hat zu Beginn der Krise rasch und entschlossen gehandelt. Aber nun muss sie die Corona-Hilfspakete ebenso schnell in die Wirtschaft bringen. Das soll nun beschleunigt werden.

ir müssen uns keine Sor- So sind die Milliarden-Hilfspakete nicht als verlorene und teure Woche für unsere Unternehmer selbst eidesstaatlich bestä- gen machen, um Öster- Almosen zu sehen, sondern als angemessene Volkswirtschaft. Unternehmer klagen, dass tigen, ob er oder sie die Förderkriterien er- reichs Banken. Sie sind Entschädigung für nicht selbst verschulde- sie trotz genehmigter Garantien noch im- füllen. Sowohl Banken als auch das Finanz- gut kapitalisiert in die te Einnahmenausfälle. Die Regierung hat zu mer keinen Überbrückungskredit erhalten ministerium erwarten, dass die Kreditverga- Coronakrise gegangen Beginn der Krise schnell und entschlossen haben – und beschuldigen die Banken, auf be dadurch deutlich angekurbelt wird. Ob die Wund haben nun ausreichend Reserven, um reagiert. Das hat ihr Zustimmung im Land der Bremse zu stehen. Verlagerung der Risiken von Banken auf den diese schwierige Zeit zu überstehen. Das und Ansehen im Ausland verschafft. Doch einzelnen Unternehmer ausreicht, um mehr gilt aber nicht für ihre Kunden – die vielen der gute Start ist nichts wert, wenn das Hilfs- Doch das ist nur ein Teil der Wahrheit. Die Geld in die Realwirtschaft zu bringen, wird kleinen und mittleren Betriebe, gut geführte konstrukt beim zweiten Schritt in sich zusam- Regierung hat ihre Förderstellen damit be- sich rasch weisen. Familienunternehmen und industrielle menbricht. Wenn die Maßnahmen nicht auch auftragt, die Milliardenhilfen abzuwickeln. Flaggschiffe, die konstant Aufträge an Land so rasch und konsequent umgesetzt werden, Die heikle Prüfung, wem eine Garantie zu- ziehen. Seit jeher sorgen sie dafür, dass Ös- wie sie eingeführt wurden, wird sich die Situ- steht, wurde an die Banken übertragen. Sie terreich eines der wohlhabendsten Länder ation drastisch verschlechtern. Wir würden an müssen entscheiden, wer die Förderkriterien auf der Welt ist. Wohlstand einbüßen und im globalen Wett- erfüllt und wer nicht. Das bringt sie nicht nur bewerb zurückfallen. Es würde Jahre dauern, an die Grenze ihrer Kapazitäten, sondern es Die staatlichen Maßnahmen im Kampf gegen das wieder aufzuholen. ist auch mit Risiken verbunden: Wenn sich die Ausbreitung des Coronavirus haben die im Nachhinein herausstellt, dass Staatshil- Wirtschaft hart getroffen. Zulieferketten Es gibt keinen Grund in Frage zu stellen, ob fe gewährt wurde, obwohl kein Anspruch sind unterbrochen, der Konsum ist zurück- die Politik alles tut, was sie kann, um das zu bestand, könnte sich die Republik an den gegangen, einige Branchen mussten komplett verhindern. Aber man sollte genauer hin- Banken schadlos halten – und die politische zusperren. Die Bevölkerung hat ihre Aktivitä- schauen, wie die Politik alles tut, was sie kann. Verantwortung von sich weisen. ten aufs Notwendigste reduziert, der Außen- Denn die üppigen Hilfen kommen derzeit zu handel ist wegen der geschlossenen Grenzen langsam bei jenen an, die sie dringend brau- Das Problem wurde erkannt und die Re- beeinträchtigt. Die Wirtschaft läuft auf Spar- chen. Jede verstrichene Woche, in der soliden gierung hat die Banken kürzlich von dieser Kamil Kowalcze schreibt im Economist in der

flamme, auf Dauer ist das nicht durchzuhalten. Unternehmen nicht geholfen wird, ist eine Aufgabe entbunden. Neuerdings muss jeder Tageszeitung „Die Presse“. Presse Die Fotos:

2 Mai 2020 | iv-positionen Leitartikel/Aktuelles

Weniger ist jetzt viel mehr „Wir sind eine Österreich braucht sowohl eine Stärkung der Investitionen, Exportwirtschaft. als auch des Konsums. Das geht nur mit spürbarer Entlastung, Unser Wohlstand ist davon die auch Zuversicht und Optimismus auslöst. abhängig, dass wir über die Grenzen hinaus denken und arbeiten. Insofern ist es für sterreich war bei der Bekämp- steuerlich attraktive Rahmenbedingungen Frontrunner der Digitalisierung aus der Kri- uns wichtig, dass auch die fung der Corona-Pandemie im Bereich der Mitarbeiterbeteiligung. se herauskommen kann. So könnte das Land vielen anderen Ländern vo- etwa zu einem „Tech for Green“-Champion grenzüberschreitenden raus. Das ist nun auch beim Die Industriellenvereinigung erarbeitet ak- oder auch zu einem sogenannten „Life Sci- Warenströme rasch wieder wirtschaftlichen Restart-Pro- tuell ein konkretes Maßnahmenprogramm, ence“-Zentrum geformt werden. in Gang kommen.“ Ögramm geboten. Es ist dringend notwendig, um Entlastung und Investitionen bestmög- dem Primat der Gesundheit auch die klare lich zu verbinden (siehe Titelgeschichte). Ein umfassendes strategisches Reset- Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß, Priorität für Wirtschaft und Beschäftigung Ebenso wichtig ist es, die Resilienz des Programm für Österreich ist nicht nur ein Geschäftsführerin folgen zu lassen. Es geht konkret um die Standortes zu fördern und auch einen Plan Gebot der Stunde, sondern auch eine not- Fronius International GmbH Stärkung der Investitionen und des Kon- zum Abbau der „Corona“-Schulden zu ent- wendige Orientierung und Perspektive für sums, denn wir leiden unter einem Nachfra- wickeln. Auch, wenn das derzeit vielleicht die Zukunft. Die von der Bundesregierung ge- und einem Angebotsschock. noch unpopulär ist: Das schulden wir nicht angekündigten Schwerpunkte – Steuer- nur der nächsten Generation, sondern entlastung für arbeitende Menschen, Ent- In jedem Fall ist Entlastung die richtige auch unserer staatlichen Handlungsfähig- lastung der Wirtschaft, Förderung von In- Therapie. Die Ankurbelung des Konsums keit in der nächsten Krise. vestitionen – sind ein wichtiges Signal. Nun „Der gemeinsame Weg durch die geplante Steuerentlastung ist ein müsste sie rasch und konkret umgesetzt muss auch über die intensive wichtiger Schritt, denn wir brauchen drin- Der Weg aus der Krise wird kein leichter werden, unter anderem, um Unternehmen Krisenphase hinausgehen. gend eine Steigerung der Konsumneigung. sein. Österreich verfügt über die notwen- ein notwendiges Maß an Planungssicher- Gleichzeitig müssen die richtigen Maß- digen Voraussetzungen – mit innovativen heit zu ermöglichen. Klassenkampf und Ideen aus nahmen für Anreize und Entlastung auf Unternehmen, gut ausgebildeten Mit- dem letzten Jahrhundert sind das Unternehmensseite gesetzt werden. Dabei arbeiterinnen und Mitarbeitern, moderner Ihr Letzte was wir jetzt brauchen.“ würde etwa ein Investitionsfreibetrag für Infrastruktur etc. –, um diese Jahrhundert- digitale und klimapolitisch relevante In- Herausforderung zu bewältigen. Grund- Hubert Rhomberg, Geschäftsführer vestitionen die richtige Wirkung zeitigen. sätzlich kann die Krise auch mit Chancen Rhomberg Bau Holding GmbH Ein investitionsgetriebenes Wachstum ist verbunden sein, wenn es gelingt, wichtige der sicherste und nachhaltigste Weg aus Schlüsselindustrien und -technologien zu der Krise. Ebenso sollten Anreize gesetzt halten oder – im Idealfall – wieder nach werden, um die Leistung, Engagement Europa oder Österreich zu bringen. Dafür und Arbeit der Mitarbeiterinnen und Mit- braucht es vor allem wettbewerbsfähige Christoph Neumayer, arbeiter verstärkt zu fördern – etwa durch Rahmenbedingungen, damit Österreich als IV-Generalsekretär „Corona bestehen heißt, sich auf die Zeit danach vorzubereiten, erste Lehren aus der Krise mitzunehmen und Weichen für die Zukunft zu stellen. Die Digitalisierung ist eine davon. Sie hat als eine der wenigen positiven Nebenwirkungen der Coronakrise einen IV-MEINUNG enormen Schub erfahren.“ Sabine Herlitschka, Vorstandsvorsitzende Infineon Technologies AG

AKTUELLES IN KÜRZE

POSTING DES MONATS AUF EINEN BLICK ZAHL DES MONATS

Wie wirkt sich die COVID- Über den intensiven 19-Pandemie auf die ein- Dialog zwischen Unter- 80 zelnen Wirtschaftssektoren nehmen und Politik sowie Österreichs Unternehmen werden in Zeiten aus? Mehr zum Thema die wichtigsten IV-Kom- des Corona-Virus zu 80 Prozent als fair im Umgang mit ihren Mitarbeitern wahrgenom- auf Seite 4. munikationsaktivitäten, men. Das geht aus einer aktuellen Umfrage lesen Sie von Research Affairs hervor. Beinahe jeder zweite Österreicher (43 Prozent) bewertet auf Seite 5. Kann COVID-19 eine die Firmen derzeit als „sehr fair“, weitere 37 Prozent sehen ihren Arbeitgeber als „eher Chance für das Klima sein? fair“. Gestiegen ist zudem das Bewusst- Mehr dazu Welche Veränderungen sein für das Sinnstiftende ihrer Arbeit für 62 Prozent der Befragten. Für rund jeden auf Seite 8. COVID-19 für das Dritten (30 Prozent) hat seine Arbeit durch heimische Bildungssystem die Coronakrise an Bedeutung gewonnen, für 56 Prozent ist sie unverändert hoch. bringen kann, lesen Sie auf Seite 8. Fotos: IV/Michalski, Gettyimages IV/Michalski, Fotos:

Mai 2020 | iv-positionen 3 Aktuelles

Drei Schwerpunkte für ein Comeback der Wirtschaft Entlastung der Menschen und Wirtschaft sowie Investitionen: Ende April hat die Politik ihre Schwerpunkte zur Ankurbelung der Wirtschaft vorgelegt.

ie Bundesregierung hat ein entlastet werden, um vor allem den Kon- Anreize setzen, um privates Kapital zu mobi- Denn der sicherste und nachhaltigste Weg Maßnahmenpaket ange- sum zu stützen. lisieren. Zur Regionalisierung wurde betont, aus der Krise ist es, Unternehmen möglichst kündigt, mit dem der Wirt- dass es eine Lehre aus der Krise sein müsse, zu entlasten, ihnen Anreize für Investitio- schaftsstandort Österreich Entlastung der Wirtschaft. bestimmte Produktionen (Medizinprodukte nen zu bieten und damit Beschäftigung zu möglichst rasch die, durch Die Maßnahmen sollen nicht zuletzt auf usw.) wieder nach Österreich zurückzuho- sichern und zu schaffen. Ddie COVID-19-Pandemie ausgelösten kon- konkrete Anreize abzielen, um Menschen len, um Abhängigkeiten zu reduzieren. junkturellen Erschütterungen überwin- in Beschäftigung zu halten sowie neue Zur konkreten Ausarbeitung der Maßnah- den und zu alter Stärke zurückfinden soll. Arbeitsplätze zu schaffen. Aus Sicht der Industrie sind die Bemühungen men wird es in den kommenden Tagen und Dabei hat sie 3 Kernbereiche definiert, in der Bundesregierung wesentlich, den Wirt- Wochen Gespräche unter anderem mit den denen entsprechende Maßnahmen gesetzt Investitionen in Klimaschutz, Digitali- schaftsstandort für die Zeit nach der Krise Sozialpartnern und auch der Industriellen- werden sollen: sierung und Regionalisierung. möglichst stark zu positionieren. Erfreulich vereinigung sowie Leitbetrieben geben, in Einerseits soll es in den genannten Berei- ist vor allem das klare Bekenntnis zu einer denen die IV die Gelegenheit nützen wird, Steuerentlastung der Menschen. chen Investitionen seitens der öffentlichen Entlastung von Menschen und Unterneh- den berechtigten Anliegen der Industrie eine Hier sollen vor allem niedrige Einkommen Hand geben. Andererseits will man verstärkt men sowie der klare Fokus auf Investitionen. starke Stimme zu geben.

IV-KONJUNKTURBAROMETER WIE SICH COVID-19 AUF DIE HEIMISCHE WIRTSCHAFT AUSWIRKT Die Pandemie hat für einen konjunkturellen Negativdynamik Tiefrotes IV-Konjunkturbarometer geht um „lediglich“ 21 Punkte zurück, viel- Fadenriss gesorgt. 2020 muss mit einem der Krise 2008/2009 übertroffen Tiefrot präsentiert sich auch das IV-Kon- mehr ist es der beispiellose Einbruch bei Rückgang der Bruttowertschöpfung um 7,6 Die IV hat zwei Szenarien berechnet: ein junkturbarometer aus dem 1. Quartal 2020, der Komponente der Geschäftserwartungen Prozent gerechnet werden. Realszenario und ein Positivszenario. Im welches als Mittelwert aus den Beurteilungen um 55 Punkte. Bis in das dritte Quartal hin- Realszenario, dem derzeit die höchste Ein- der gegenwärtigen Geschäftslage und der ein werden sich weite Teile der Industrie mit Österreich befindet sich in der schwersten trittswahrscheinlichkeit zugemessen wird, Geschäftslage in sechs Monaten bestimmt enorm schwierigen Marktbedingungen kon- Rezession (in Friedenszeiten) seit 1929. Im verringert sich die Bruttowertschöpfung in wird. Sein Wert stürzt um 37,8 Punkte von frontiert sehen. April präsentierte die IV aktuelle Berech- Österreich im Gesamtjahr 2020 COVID- plus 18,0 Punkten auf -19,8 Punkte ab. In nungen über die Auswirkungen der COVID- 19-bedingt um 30,9 Mrd. Euro. Dies wären der Historie des IV-Konjunkturbarometers Wie kann es weitergehen? Eine wirtschaftli- 19-Pandemie auf die heimische Wirtschaft: vom Umfang her 8,7 Prozent der heimischen kam es in den vergangenen 25 Jahren noch che Erholung in Österreich setzt voraussicht- Im Vergleich zu 2019 ist für heuer mit einem Wirtschaftsleistung – doppelt so viel wie nie zu einem derart großen Punktverlust. An lich erst im 3. Quartal 2020 ein. Ein kräftiger Rückgang der Bruttowertschöpfung in Höhe nach der Krise 2008/2009. der aktuellen IV-Konjunkturbefragung zum Rebound-Effekt ist ab dem vierten Quartal von 7,6 Prozent zu rechnen. Eine Analyse von 1. Quartal 2020 beteiligten sich 313 Unter- 2020 vor allem im Bereich der Investitionsak- IV-Chefökonom Christian Helmenstein zeigt Zudem hat die IV – als erste Organisation nehmen mit rund 212.000 Beschäftigten. tivitäten zu erwarten, während sich die priva- zudem, dass es durch die Corona-Pandemie in Österreich – errechnet, wie sich dieser ten Konsumausgaben nur allmählich während zu einem simultanen Auftreten sowohl von wirtschaftliche Schaden auf die einzelnen Einbruch bei Geschäftserwartungen der Jahre 2020 und 2021 erholen werden. Angebots- als auch Nachfrageschocks kommt. Wirtschaftsbereiche auswirkt (siehe Grafik): Die COVID-19-bedingte Rezession stellt Ersteres etwa in Form von Betriebsschließun- Neben der Industrie besonders betroffen selbst noch die Negativdynamik des Jahres gen, zweiteres durch eine negative Einkom- sind die Tourismuswirtschaft, der Einzel- 2008 in den Schatten. Dabei ist es weniger WEBTIPP mensdynamik, sodass der Absatz von Gütern handel und sonstige Dienstleistungen (etwa die Einschätzung der aktuellen Geschäftslage, Eine ausführliche Information über das und Dienstleistungen insgesamt zurückgeht. Flug- oder Landverkehr). welche den Absturz des IV-Konjunkturbaro- IV-Konjunkturbarometer finden Sie auf meters bewirkt. Dessen Lagekomponente www.iv.at/konjunktur GESCHÄFTSLAGE IN 6 MONATEN 60 Verlust an Bruttowertschöpfung 50 Wirtschaftsbereich im Jahr 2020 (in 1.000 Euro) 40 30 Primärer Sektor (CPA A01 bis B09) -710.004 20 Industrie (inkl. Energie) -5.171.113 10 Bau -2.757 044 0 Beispiellos ist der Einbruch um -10 Handel -3.528.293 55 Punkte bei den -20 Geschäftserwartungen Gastronomie und Beherbergung -6.855.645 -30 beim aktuellen IV-Konjunktur- Sonstige Dienstleistungen# -40 barometer. Bis in das (Verker, Sport, Kultur, persönliche -11.828.869 -50 dritte Quartal hinein Dienstleistungen) werden sich weite -60 Teile der Industrie mit Gesamtwirtschaft -30.850.968 -70 enorm schwierigen Marktbedingungen Neben der Industrie besonders betroffen sind die Tourismuswirtschaft, der Einzelhandel und

03/14 06/14 09/14 12/14 03/15 06/15 09/15 12/15 03/16 06/16 09/16 12/16 03/17 06/17 09/17 12/17 03/18 06/18 09/18 12/18 03/19 06/19 09/19 12/19 03/20 konfrontiert sehen. sonstige Dienstleistungen.

IMPRESSUM

Herausgeber, Medieninhaber und Redaktion: Vereinigung der Österreichischen Industrie (Industriellenvereinigung), Schwarzenbergplatz 4, 1031 Wien, Tel.: 01/711 35-2308, E-Mail: [email protected], Homepage: www.iv.at, ZVR: 806801248,LIVR-N.: 00160, EU-Transparenzre- gister Nr.: 89093924456-06, Vereinszweck gemäß § 2 Statuten: Die Industriellenvereinigung (IV) bezweckt, in Österreich tätige industrielle und im Zusammenhang mit der Industrie stehende Unternehmen sowie deren Eigentümer und Führungskräfte in freier und demokratischer Form zusammenzufassen; ihre Interessen besonders in beruflicher, betrieblicher und wirtschaftlicher Hinsicht auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene zu vertreten und wahrzunehmen, industrielle Entwicklungen zu fördern, Rahmenbedingungen für Bestand und Entscheidungsfreiheit des Unternehmertums zu sichern und Verständnis für Fragen der Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung zu verbreiten.

Chefredaktion: Susanne Stissen, Robert Albrecht, Stefan Tilsner. Lektorat: Brigitte Mayr, Heidi Abentung. Verantwortlich für den Inhalt: Mathias Burtscher, Joachim Haindl-Grutsch, Johannes Höhrhan, Eugen Stark, Claudia Mischensky, Gernot Pagger, Ingrid Puschautz-Meidl, Michaela Roither, Irene Schulte. Für den Inhalt der letzten drei Seiten zeichnet die jeweilige Landesgruppe verantwortlich. Grafik: Petra Matovic, Nina Mayrberger.

Druck: BULU - Buchdruckerei Lustenau GmbH, 6890 Lustenau. Erscheinungsort: Wien. Offenlegung nach § 25 des Mediengesetzes: iv-positionen erscheint 10x jährlich in einer Auflage von 8.300, Unternehmensgegenstand: Information zu industrie- und gesellschaftspolitischen Themen für Mitglieder der Industriellenvereinigung und Meinungsträger in Österreich. Siehe auch unter www.iv.at

Fotos (Cover bzw. Coverstory): gettyimages, IV-Burgenland, Helgebauer, Andreas Kraus, iStockphoto, Kolarik, Fischer, IV-Tirol, Matthias Rhomberg, Point of View

Aus Gründen der leichteren Lesbarkeit wird auf geschlechtsspezifische Endungen verzichtet. Die verwendeten Bezeichnungen beziehen sich auf alle Geschlechter gleichermaßen.

4 Mai 2020 | iv-positionen Aktuelles

Informationsdrehscheibe

während der Coronakrise DIE INDUSTRIE HILFT IN DER CORONAKRISE Neben einer massiven Ausweitung ihrer Info-Serviceleistungen konnte die IV wichtige Mit ihrer Innovationskraft und dank ihrer Kernbotschaften der Unternehmen durch breiten einen Kommunikationsmix vermitteln. internationalen Erfahrung engagieren sich zahlreiche heimische Unternehmen seit Wochen, um im Kampf gegen die m 10. März hat die Bundes- Rechtliche Regeln für Schutzvorkehrungen die zentrale Herausforderung, die Liefer- und Corona-Pandemie zu helfen. So haben regierung drastische Maß- für Mitarbeiter, Maßnahmen zur Liquidi- Versorgungsketten aufrechtzuerhalten. In etwa Unternehmen ihre Produktion um- nahmen angekündigt, um die tätsstärkung, die Umsetzung der Kurzarbeit zahlreichen Medieninterviews und Presse- gestellt, um Desinfektionsmittel herzu- Ausbreitung des Virus einzu- oder Einreisebestimmungen in Nachbarlän- konferenzen auf Bundes- und Länderebene stellen. Andere Betriebe wiederum er- dämmen. In nur wenigen Tagen der, die sich de facto täglich änderten und informierte die IV, wie wichtig es sei, dass zeugen nun Schutzmasken oder Geräte, Ahat die COVID-19-Pandemie das soziale vieles mehr – seit März hat die Industriel- weitergearbeitet wird: im Energiebereich, im um diese wiederverwendbar zu machen. und wirtschaftliche Leben in Österreich auf lenvereinigung neben dem direkten Kontakt Lebensmittelhandel, im Dienstleistungssektor, Damit wurde unter anderem der Mangel den Kopf gestellt – mit gravierenden Folgen mit Unternehmen ihre Mitglieder-Kommu- in der digitalen Infrastruktur, im Finanzsektor, im Gesundheitswesen gelindert. für Unternehmen und ihre Beschäftigten. nikation massiv ausgeweitet, um Betriebe im Gewerbe, der Medizin oder der Industrie. In kürzester Zeit waren Betriebe mit einer über aktuelle Entwicklungen, geplante Be- Mit einer Blitz-Initiative hat die IV auf Vielzahl an offenen Fragen und Herausfor- schlüsse, Verordnungen oder Gesetze rasch IV-Werbespot im ORF: Facebook zahlreiche konkrete Unter- derungen konfrontiert. und umfassend zu informieren. „Wir halten Österreich am Laufen“ nehmensbeispiele social media-gerecht Wesentlicher Bestandteil des breiten IV- aufbereitet. Diese finden Sie auf dem Hohes Interesse an IV-Medien Kommunikationsmixes waren und sind wei- Facebook-Kanal der Industriellenvereinig- Beispielsweise wurde der IV-Newsletter terhin umfangreiche Marketing-Aktivitäten ung. Viele weitere Unternehmensaktivi- „iv-exklusiv“ zeitweise von jedem zweiten in klassischen Medien (TV, Print, Radio) sowie täten (von Schutzausrüstungen bis zur Abonnenten angeklickt. Insgesamt liegen die Social Media (Facebook, Youtube, LinkedIn). Telekommunikation) sind zudem auf der Öffnungsraten der 31 Ausgaben zwischen 10. Verstärkt wurden damit auf allen Kanälen IV-Website abgebildet. März und 24. April um mehr als 10 Prozent- die IV-Kernbotschaften: „Für eine sichere punkte über dem langjährigen Durchschnitt Versorgung arbeitet die Industrie weiter“ in die Zukunft aufzeigen, Mut machen und

HIER gehts von über 30 Prozent. Ein Wert, den Kommu- sowie „Danke und Anerkennung an alle Mit- motivieren soll. Unter der strategischen zum IV-Spot nikationsexperten bereits als hoch bewerten. arbeiter, die Österreich mit Arbeit jetzt am Klammer „Jetzt kommt’s auf mich persön- Ergänzt wurde dieses Service mit einer um- Laufen halten“. lich an. Jetzt kommt’s auf uns an.“ zeigt fangreichen Fakten-Zusammenstellung auf die IV, wie die österreichische Industrie – Ein Highlight der IV-Kommunikationsmaßnah- der IV-Website, die laufend aktualisiert wird. Neue IV-Initiative seit Mai Unternehmen und Mitarbeiter – die aktuell men war der TV-Werbespot „Wir halten Öster- reich am Laufen“. Dieser lief zwischen 25. März Vor allem zu Beginn des Shutdown war für die Ab Mai läuft die neue IV-Initiative, die gewaltige Herausforderung annehmen und und 12. April auf ORF. überwiegende Mehrheit der Unternehmen einen positiven und optimistischen Weg gemeinsam an einem Strang ziehen.

Unternehmen und Politik im intensiven Dialog IV-NETZWERK Selten waren zuverlässige Informationen und der Austausch zwischen Industrie und Politik so wichtig, wie während der aktuellen Krise. Der „Corona-Infopoint der Industrie“ konnte hier einen wesentlichen Beitrag leisten.

ramatische Auftrags- und Um- Planungssicherheit für Unternehmen. Um etwa der rasche Beschluss zur Corona-Kurz- wurden so mit Bundeskanzler Sebastian satzeinbrüche, Ausfälle bei den Mitgliedsunternehmen beides zu er- arbeit, Maßnahmen zur Stärkung der Liqui- Kurz, Vizekanzler , Finanzmi- ausländischen und inländi- möglichen, stand und steht die Industriellen- dität, klare Regelungen von Gesellschafter- nister Gernot Blümel, Wirtschaftsministerin schen Lieferketten, massive vereinigung mit ihren Entscheidungsträgern versammlungen und Organsitzungen oder Margarete Schramböck, Arbeitsministerin Herausforderungen in Sachen und Experten seit Beginn der Coronakrise in Maßnahmen zur Stärkung der Konjunktur. Christine Aschbacher, Verkehrsministerin DUnternehmensliquidität, Verfügbarkeit und ständigem, intensivem Austausch mit poli- und Außenminister Bewegungsfreiheit der Mitarbeiter oder be- tisch Verantwortlichen sowie Vertretern der Für die Mitglieder des IV-Bundesvorstan- . Beim abschlie- hördliche Auflagen. Die COVID-19-Pande- Behörden und Verwaltung. des wurde daher der „Corona-Infopoint der ßenden Corona-Infopoint der Industrie am mie hat massive Unsicherheit und drastische Industrie“ eingerichtet, der bis Ende April 30. April konnte Bundespräsident Alexander Bedrohungsszenarien für die heimischen Wichtige Industrie-Empfehlungen wöchentlich stattfand. Zentrale Herausfor- Van der Bellen begrüßt werden. Ebenfalls Unternehmen befeuert. rasch umgesetzt derungen aus der betrieblichen Praxis konnte auf dem Programm stand ein Austausch zwi- So konnten wesentliche Anliegen und Emp- so via Video-Konferenz direkt mit politischen schen Bundeskanzler, Finanzminister und Umso wichtiger war und ist in dieser schwie- fehlungen aus den Unternehmen maßgeb- Entscheidungsträgern thematisiert wer- Wirtschaftsministerin mit den Mitgliedern rigen Zeit Information und größtmögliche lich eingebracht und umgesetzt werden: den. Wesentliche Industrieanliegen erörtert der IV-Landesvorstände.

THEMATISCHER Strategische Aktivitäten der IV währen der COVID-19-Akutphase in Österreich 2020 AUSTAUSCH mit FBM Gewessler

5. DIGITALER CORONA A.O. SITZUNG INFO-POINT der IV mit DES PRÄSIDIUMS HBP Van der Bellen mit FBM Schramböck PRESSEKONFERENZ 4. DIGITALER AUSTAUSCH MIT DER REGIERUNG BEGINN AUSGANGS- Beschluss 3. DIGITALER CORONA INFO-POINT Beschluss HBK KURZ „Ankündigung von BESCHRÄNKUNGEN 2. COVID-19- CORONA INFO-POINT mit VK Kogler und 4. COVID-19- in allen neun Ausgangsbeschränkungen“ in Österreich GESETZESPAKET mit HBM Schallenberg FBM Gewessler GESETZESPAKET IV-Landesvorständen

13.03. 15.03. 16.03. 19.03. 20.03. 26.03. 02.04. 03.04. 09.04. 16.04. 22.04. 23.04. 28.04. - 29.04. 30.04. 02.05.

Beschluss 1. DIGITALER VERABSCHIEDUNG Beschluss INTERNE SITZUNG BUNDESVORSTANDS- ENDE DER 1. COVID-19- CORONA INFO-POINT COVID-19- 3. COVID-19- DES PRÄSIDIUMS SITZUNG mit Bernhard AUSGANGS- GESETZESPAKET mit FBM Aschbacher RESOLUTION des GESETZESPAKET bzgl. Wahl des neuen Perner, Geschäft sführer BESCHRÄNKUNGEN IV-Bundesvorstandes IV-Präsidiums, inkl. COVID-19 Abwicklungs- Hearings der Kandidaten agentur, und Marti n Kocher, Direktor Insti tut 2. DIGITALER für Höhere Studien CORONA INFO-POINT mit HBK Kurz, HBM Blümel und FBM Schramböck Fotos: Dragan Tatic, BKA/Wenzel, IHS, BMK, BMF, Gettyimages, PRK, BMDW/Hartberger Gettyimages, IHS, BMK, BMF, BKA/Wenzel, Tatic, Dragan Fotos:

Mai 2020 | iv-positionen 5 COVERSTORY

Aus der Krise an die Spitze Österreich braucht jetzt ein strategisch fundiertes Erholungsprogramm für die Wirtschaft, mehr Krisenfestigkeit für den gesamten Standort und handlungsfähige öffentliche Haushalte: Was aus Sicht der Industrie für Österreichs Weg aus der Krise an die Spitze nötig ist.

ie Auswirkungen der Corona- Digitalisierungsinvestitionen und 50 Pro- krise auf den Standort Öster- „Wir brauchen Anreize zent für umweltfördernde Investitionen reich, der bisher als kleine of- eingeführt werden. fene Volkswirtschaft im Herzen für Investitionen in Europas überdurchschnittlich Zukunftsbereiche wie • Die Erhöhung der Grenze für geringwertige Dvon der Globalisierung, der Öffnung der Wirtschaftsgüter auf 1.000 Euro fördert die Grenzen und dem gemeinsamen EU-Bin- Innovation, Techno- Liquidität der Unternehmen, ohne einen nenmarkt profitiert hat, sind besorgniserre- dauerhaften Steuerausfall zu bewirken. gend, bilanziert IV-Präsident Georg Kapsch. logie, Klima- und Um- Damit der Standort nach der Überwindung • Die Mitarbeiterbeteiligung soll ausgebaut der Pandemie nicht geschwächt, sondern weltschutz – und wir werden. Unternehmen haben derzeit gestärkt aus der Krise hervorgeht, muss der die Option, aufgrund der zusätzlichen Restart aus Sicht der österreichischen Indus- müssen die Betriebe COVID-19-Belastung eine Prämie von bis trie auf drei Säulen aufgebaut sein: auf einem zu 3.000 Euro steuerfrei auszuzahlen. Die strategischen „Austria Recovery Program in der schwierigen IV plädiert für die dauerhafte steuerfreie 2.0“, auf der Stärkung der Krisenresilienz des Aufbauphase soweit Beteiligung der Mitarbeiter am Unter- Standortes und auf der Konsolidierung der nehmenserfolg von bis zu 10 Prozent öffentlichen Haushalte (siehe Grafik). „Nur als möglich entlasten.“ des Unternehmensgewinns für maximal so schaffen wir mittel- und langfristig wieder 3.000 Euro pro Mitarbeiter. Arbeitsplätze, allgemeinen Wohlstand und Christoph Neumayer, soziale Sicherheit“, so Kapsch. IV-Generalsekretär Krisenfester Standort Bei Innovation und Produktion Um die Krisenfestigkeit des Standortes zu „Global Player“ werden stärken und unvorteilhafte Abhängigkeiten zu reduzieren, schlägt die Industrie unter IV-Generalsekretär Christoph Neumayer Unvorteilhafte Abhängigkeiten von anderen anderem folgende Maßnahmen vor: unterstreicht, dass investitionsgetriebenes Teilen der Welt müssen reduziert werden. • Produktionsstandorte F&E-intensiver, in- Wirtschaftswachstum der sicherste und Gleichzeitig ist auch klar, dass die durch die novativer Unternehme müssen gesichert, nachhaltigste Weg aus der Krise und zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Corona- weitere Technologieunternehmen be- Schaffung neuer Arbeitsplätze sei. Neumayer: krise entstandenen Schuldenberge wieder sonders systemrelevanter Produktionen „Wir brauchen Anreize für Investitionen in abgebaut werden müssen. in Österreich gestärkt werden. Zukunftsbereiche wie Innovation, Techno- logie, Klima- und Umweltschutz – und wir Mehr Investitionen, • Österreich soll zum „Tech for Green“- müssen die Betriebe in der schwierigen weniger Steuern Champion werden Das erfordert die Aufbauphase soweit als möglich entlasten.“ Stärkung innovativer Mobilitätstechno- Eine Lehre aus der Krise besteht für die Die wichtigsten Restart-Maßnahmen für logien und Energietechnologien sowie Industriellenvereinigung darin, dass Öster- Investitionsanreize und Entlastung sind der Ressourceneffizienz und der Kreis- reich und Europa im Bereich Forschung, aus Sicht der Industriellenvereinigung laufwirtschaft in Österreich. Unterneh- Technologie und Innovation – aber auch unter anderem: men, die im Bereich der Forschung und in der Produktion – wieder zum echten • Ein neuer Investitionsfreibetrag Entwicklung (F&E) aktiv sind, sind generell internationalen Player werden müssen. soll in der Höhe von 25 Prozent für widerstandsfähiger.

AUSTRIA RECOVERY PROGRAM 2.0.

ÖFFENTLICHE HAUSHALTE KONSOLIDIEREN

KRISENRESILIENZ DES STANDORTES STÄRKEN

6 Mai 2020 | iv-positionen • Österreich soll bis 2025 unter den Top 3 • Im Gegenzug soll auf das Schüren von der europäischen Energieforschung sein. Verteilungskämpfen und Steuerhöhungen Dazu ist in einem ersten Schritt die Er- verzichtet werden. höhung der Energieforschung von derzeit „Ein Investitionen, rund 140 Mio. Euro pro Jahr auf 200 Mio. Nicht nur bei Investitionen und Resilienz, Euro notwendig. Resilienz und auch bei der Haushaltskonsolidierung – und damit bei der Verbesserung der staatlichen • Die Möglichkeiten moderner Informati- Schuldenabbau Handlungsfähigkeiten in einem nächs- ons- und Kommunikationstechnologie für umfassender Restart ten Krisenfall – ist aus Sicht der Industrie den Energie-, Verkehrs- und Produktions- politische Konsequenz gefragt. IV-Präsi- sektor sind voll auszuschöpfen. Daher ist nicht nur für die dent Georg Kapsch: „Bedenken wir, dass muss auch der Ausbau des 5G-Netzes die meisten europäischen Länder ohnehin forciert werden, um die erforderlichen Wirtschaft, sondern kaum mehr budgetäre Spielräume haben. Datenflüsse zu ermöglichen. Ein Investitionen, Resilienz und Schulden- auch für den abbau umfassender Restart ist nicht nur • Österreich soll zum Life Science-Zen- für die Wirtschaft, sondern auch für den trum im Herzen Europas werden. Das Wohlstand für alle Wohlstand für alle Menschen in Europa erfordert die Stärkung des Life Science- entscheidend. Jetzt darf nicht falsch ver- Standorts Österreich und die verstärkte Menschen in Europa standener Klassenkampf am Programm Wiederansiedlung von Forschungs- und entscheidend. stehen, sondern unser aller Sinn für das Produktionsstätten. Dies soll Abhängig- Gemeinwohl und soziale Kohäsion“. keiten von u.a. Asien reduzieren und neue Jetzt darf nicht falsch Investitionen sowie Arbeitsplätze nach Neben wirtschaftlichen Österreich holen. verstandener Klassen- auch gesellschaftliche Konsequenzen bewerten Haushalte konsolidieren kampf am Programm Neben einer wirtschaftlichen Analyse muss Um die durch die Corona-Hilfspakete ent- stehen, sondern unser es auch darum gehen, die menschlichen, standenen Schulden abzubauen, schlägt die gesundheitlichen, sozialen und gesellschaft- Industriellenvereinigung folgende Maßnah- aller Sinn für das lichen Konsequenzen der Krise ganzheit- men vor: Gemeinwohl und lich zu bewerten. Eine IV-Arbeitsgruppe • Österreich braucht – wie bei der Klimaneu- beschäftigt sich daher aktuell mit diesen tralität - einen konkreten, verbindlichen soziale Kohäsion.“ Aspekten. Dadurch soll die Basis geschaf- mehrjährigen Stufenplan zur Rückführung fen werden, um wirksame und nachhaltige der COVID-19-Stützungspakete bis 2030. Vorschläge für die Zeit danach machen zu Georg Kapsch, können bzw. auch Resilienz-Strategien für • Weil Konsolidierungen vor allem dann IV-Präsident die Gesellschaft und ihre Systeme zu ent- erfolgreich sind, wenn sie ausgabenseitig wickeln. Weitere Informationen dazu - er vorgenommen werden, sollte der Fokus halten Sie in der nächsten Ausgabe der im Hochsteuerland Österreich klar auf der iv-positionen bzw. in den elektronischen Ausgabenseite liegen. IV-Mitgliedermedien.

RESTART

Mai 2020 | iv-positionen 7 Ausblick

COVID-19 als Chance für das Klima Was jetzt getan bzw. was nicht getan werden sollte, analysiert Dieter Drexel. Er ist stellvertretender Bereichsleiter des IV-Bereichs Infrastruktur, Transport, Ressourcen & Energie, Umwelt.

wei unbewältigte weltweite Kri- Nicht so eindeutig ist die Lage, wenn es mische Unternehmen sein, die eine wieder sen, COVID-19 und der Klima- um staatliche Unterstützung von klimarele- vorhandene Nachfrage bedienen werden. wandel, lassen den Ruf nach vanten Branchen wie Luftfahrt- oder Auto- einer gemeinsamen Lösung laut mobilindustrie geht. Wenn Unternehmen Moratorium für alle werden – zwei Fliegen auf einen davon ausgeschlossen werden, oder mit standortbelastendende Maßnahmen ZStreich sozusagen. Die finanziellen und politi- weitergehenden wettbewerbsverzerrenden Ähnlich den öffentlichen finanziellen Mitteln schen Anstrengungen, mit denen die COVID- Klimaforderungen belastet werden, dann verhält es sich mit gesetzlichen Maßnah- 19-Rezession begrenzt werden soll, sollten werden diese Betriebe relativ geschwächt men. Wenn im Rahmen des Green Deal ein gleichzeitig genutzt werden, um der Klimakri- europäischer Energieraum geschaffen und se zu begegnen. So lautet der breit gestellte die Digitalisierung vorangetrieben werden Anspruch. Was auf Ebene der Überschriften Die Notwendigkeit sollen, wird das Klima und Standort helfen. naheliegend klingt und schnell außer Streit Wenn aber in diesen Wochen und Monaten steht, ist im Detail jedoch nicht so einfach. des wirtschaftlichen mit einem Impact Assessment die Erhöhung Wiederaufbaus kann der bestehenden Klimaziele bis 2030 auf Klimabilanz mit Innovation Basis der Zahlen der letzten Jahre bis knapp und Technologie verbessern nicht als Begründung vor COVID-19 vorbereitet wird, kann das Gleichzeitig kann aber die Notwendigkeit Unzweifelhaft wird es unstrittige Berei- für zusätzliche gefährlich sein. Dann nämlich, wenn höhe- des wirtschaftlichen Wiederaufbaus nicht che geben, in denen öffentliche Investitio- ren Klimaziele über die dann erforderlichen als Begründung für zusätzliche Belastungen nen positive Effekte für die nationale und Belastungen der Unter- neuerlichen Verschärfungen des Emissions- der Unternehmen unter dem Titel Klima- europäische Konjunktur sowie Klimabilanz handels und der Flottenverbrauchsziele auf schutz dienen. Diese feine Unterscheidung haben: Etwa der verstärkte Ausbau der nehmen unter dem Titel COVID-19-geschwächte Unternehmen der muss in den nächsten Monaten vielfach Schieneninfrastruktur oder die deutliche Klimaschutz dienen. energieintensiven- oder der Automobilin- getroffen werden. Anhebung der Sanierungsquote im Wohn- dustrie durchschlagen. Sinnvoll für Beschäf- bau. Wobei gerade letztere allen politischen tigung, Investitionen und ein klimaverträg- Beteuerungen zum Trotz heute kaum höher liches Wachstum wäre daher ein zunächst ist als vor zehn oder zwanzig Jahren. Auch gegenüber ihren internationalen Konkur- sechsmonatiges Moratorium für Maßnah- KONTAKT können deutlich verstärkte Anstrengun- renten aus der Krise hervorgehen. Ob dies men, die den Standort belasten. Dieter Drexel, stv. Bereichsleiter gen in Innovation und Technologie sowohl dazu führt, dass nach der Pandemie dauer- Infrastruktur, Transport, Ressourcen Wettbewerbssituation wie auch Klimabilanz haft weniger geflogen oder mit dem Auto Wo immer wirtschaftlicher Wiederaufbau & Energie, Umwelt: der Unternehmen verbessern, wie dies die gefahren wird, darf bezweifelt werden. und Klimaschutz zusammen gedacht werden [email protected] Industriellenvereinigung seit jeher fordert. Wohl eher werden es aber nicht mehr hei- können, soll diese Verzahnung geschehen.

IV-BILDUNG

Jetzt ist es passiert - Die Digitalisierung der Bildung Österreichs Bildungssystem ist grundsätzlich gut auf das digitale Zeitalter vorbereitet. Dennoch zeigt die Coronakrise weiteren Handlungsbedarf. er Digitalisierungsschub ist ein Lernangeboten, Plattformen und Tools fin- Lösungen für Bundes- und Landesschulen des Standorts Österreich und seiner Fach- bestimmendes Element des Co- den Sie hier.) Für das tatsächliche Lern- und bei der Beschaffung zusätzlicher Laptops kräfte verlangt nach umfassenderen Schrit- Drona-Shutdowns – gerade auch Unterrichtsgeschehen experimentierten und Tablets schonungslos die bekannt ten. Massive Chancen können dabei realisiert im Bildungsbereich mit seiner kurzfris- Pädagogen, Schüler und Eltern spontan, problematische Kompetenzverteilung der werden, z.B. mehr sozialer Austausch und tigen Umstellung auf „Home Schooling“ selbstgesteuert und getragen von ihrem österreichischen Bildungsverwaltung auf. individuelle Förderung im Präsenzunterricht und „Distance Learning“. Der Bedarf an außergewöhnlichen persönlichen Einsatz. Oder die Nicht-Erreichbarkeit einzelner oder eine bessere Vermittlung „unbeliebter“ digitalisierten Lerninhalten, gesicherten Schüler die aufgehende Bildungsschere. Lehrinhalte. (Eine ausführliche Information und handhabbaren Kommunikationsplatt- „Masterplan Post-Covid“ Umso wichtiger sindInitiativen wie jene der dazu finden Sie unter dem IV-Standpunkt formen oder zusätzlichen Endgeräten ex- Diese Erfahrung des sensationellen Zusam- IV-Steiermark, die 380 Laptops angekauft „Die Bildung der Zukunft heute beginnen“). plodierte von einem Tag auf den anderen. menwirkens aller Beteiligten vermischt sich und 83 steirischen Mittelschulen zur -Ver Die Bildungspolitik startete rasch bereits jedoch mit dem Eindruck, dass der plötzli- fügung gestellt hat. Mit diesem Ziel setzt sich die Industrie da- vorbereitete oder gänzlich neue Angebo- che Innovationsdruck auch geringer hätte für ein, die aktuellen Erfahrungen syste- te, gab Richtlinien heraus und etablierte ausfallen können – dann nämlich, wenn Punktuell ist das österreichische Bildungs- matisch zu analysieren und ein Maximum Support-Strukturen. Parallel entstanden in vergangenen Digitalisierungsinitiativen system schon gut auf das digitale Zeit- an Erkenntnissen und Zukunftsperspek- diesen Handlungsfeldern private Initiati- („Schule 4.0“ oder „Masterplan Digitalisie- alter vorbereitet, z.B. durch das Stand- tiven daraus zu gewinnen. Sichtbares- Er ven, die mit hohem sozialen Engagement rung“) nicht auf halber Strecke hängenge- ortasset HTL, viele Mittelschulen mit gebnis muss dann ein neuer, umfassender ihren Beitrag leisten und dabei mitunter blieben wären. Systemische Problemfelder pädagogischen Digitalisierungskonzepten „Masterplan Post-Covid“ sein, dessen Um- auch ihre eigene Chance sehen. (Eine IV- dieser Art stechen mit der Coronakrise wie- oder die „Digitale Grundbildung“ mit umfang- setzung auch die Finanzierung von End- Zusammenstellung von Digitalen Lehr- und der stärker hervor. So zeigten die separaten reicher Medienkompetenz. Doch die Zukunft geräten nicht mehr aufhalten kann.

Bildung in Zeiten von Corona – was ist und wie es weitergeht Für die allermeisten Schüler und Pädagogen stehen seit 16. März „Distance Learning“ und „Home Schooling“ auf dem Stundenplan. Durchaus mit unterschiedlichem Erfolg.

iele Schulen und Pädagogen können Am 24. April wurde nun ein Etappenplan zur Eine Empfehlung gibt es zwar für den nung begrüßt, da er bis zum Sommer Pla- sehr gut mit der neuen Situation Öffnung der Schulen vorgestellt. (Die voll- Kindergartenbesuch ab 18. Mai für 5-Jährige nungssicherheit für einen großen Teil der Vumgehen. Für andere stellt sie eine ständige Übersicht finden Sie HIER.) und Kinder mit Sprachförderbedarf. Trotz- Bevölkerung liefert. Notwendig ist jedoch echte Herausforderung dar. Manche Kinder dem sind noch (zu) viele Fragen offen. Es auch ein umfassender Plan für die Betreu- werden seit Wochen gar nicht mehr erreicht, • Etappe 1 ab 4.5.: Unterrichtsstart Matura- braucht neben den Hygieneempfehlungen ung in den Sommerferien. Denn nicht nur Eltern stoßen immer mehr an ihre Grenzen klassen, Abschlussklassen BMS & BMHS, eine bundesweit einheitliche Vorgehenswei- die Eltern, auch die heimischen Arbeit- bei der Unterstützung der Kinder. Laut Lehrabschlussklassen in den Berufsschulen. se bei der Kinderbetreuung und zur finan- geber müssen auf eine Lösung für die Uni Wien wendet ein Viertel der zehn- bis ziellen Absicherung aller Träger. Gerade in Betreuungsfrage während des Sommers • Etappe 2 ab 18.5.: Alle Klassen der Pri- 19-jährigen Schüler für das „Home Learning“ dieser Situation zeigt sich, wie hemmend der bauen können. mar- & Sekundarstufen I (VS, NMS, AHS), weniger als 3,5 Stunden täglich auf. In vie- Bildungs-Föderalismus ist. Sonderschulen, Deutschförderklassen. len elementarpädagogischen Einrichtungen Summer Schools für diejenigen, die inhalt- wiederum tun sich aufgrund der diversen • Etappe 3 ab 29.5.: alle weiteren Klassen Betreuungsfrage lichen Nachholbedarf haben, wird es sicher Zuständigkeiten Probleme auf (u.a. Entgang der Sekundarstufe II (AHS, BMS, BMHS, während des Sommers klären brauchen. Aber genauso ein niederschwel-

von Einnahmen, Finanzierung). Berufsschulen), Polytechnische Schulen. Die IV hat den Stufenplan zur Schulöff- liges Betreuungsangebot für alle anderen. Gettyimages Fotos:

8 Mai 2020 | iv-positionen Junge Industrie

Neues Format: #JITalks Aufgrund der aktuellen Situation hat auch die Junge Industrie Ihre Aktivitäten in den virtuellen Raum verlagert.

edingt durch die Corona-Krise sind Thomas Arnoldner, darüber, wie der Pro- mik (ZAMG), spielte die Corona-Krise einmal Meetings via Video-Chat ohne- vider kritischer Infrastruktur mit der Krise nicht die Hauptrolle. Vielmehr gab der Exper- hin für viele zur neuen Realität umgeht, wie sich digitale Technologien zur te sachliche Orientierungshilfe zum Thema geworden. Die JI hat daher mit Bekämpfung der Krise einsetzen lassen und Klimawandel, das uns auch nach der Corona- den #JITalks ebenfalls eine vir- wie die Krise vielleicht sogar zum Digitalisie- krise noch lange beschäftigen wird müssen. Btuelle Diskussionsreihe in Leben gerufen. In rungsturbo werden könnte. den nächsten Wochen werden dabei auch Mit „Standard“-Redakteur und „Bierpapst“ bereits seit längerem geplante Veranstaltun- Conrad Seidl wurde einerseits über die in- gen der JI-Landesgruppen digital allen JI- nenpolitischen Entwicklungen dieser Zeit Wir stehen erst Mitgliedern bundesweit angeboten werden. diskutiert – dank der Anwesenheit einiger Den Auftakt der Gesprächsrunden bildete Brauerei-Chefs entwickelte sich aber auch am Anfang eine Diskussion von JI-Bundesvorsitzendem eine spannende Debatte über die wirtschaft- Andreas Wimmer mit IV-Generalsekretär liche Zukunft der heimischen Brau-Branche. Österreich ist vorerst Christoph Neumayer. Zur großen Freude der Mitglieder gab dieser einen sehr tiefen und Im Talk mit BusinessEurope-Generaldi- besser durch die Coronakrise auch persönlichen Einblick in die aktuellen rektor Markus Beyrer ging es schließlich gekommen als andere. Maßnahmen und Verhandlungen der IV mit darum, welche Lehren die EU aus der der Bundesregierung. Coronakrise ziehen müsse. Und darum, Die Aussichten sind dennoch wie ein möglichst koordiniertes europä- ungewiss. Ebenso spannend war das Gespräch mit Im Talk mit Mark Olefs, Klimaexperte der Zen- isches Wiederhochfahren der Wirtschaft dem CEO der A1 Telekom Austria Group, tralanstalt für Meteorologie und Geodyna- gelingen könnte. Früh getroffene Maßnahmen, ein gutes Ge- sundheitssystem und eine Bevölkerung, die sich offenbar zu großen Teilen bislang recht vernünftig mit dem Thema Schutz gegen das Coronavirus umgeht: All das hat dazu ge- führt, dass wir relativ gesehen alles andere als schlecht dastehen. Das ist erfreulich, aber eigentlich nur ein kleiner Lichtblick. Denn der Ausweg aus der aktuellen Misere – der Wirt- schaftseinbruch wird wohl leider ein histori- EXPERIMENTE scher – hängt nicht allein vom kleinen Öster- FÜR ZUHAUSE reich ab. Lieferketten sind teilweise gestört Abwechslung für die Kleinsten zu oder ganz unterbrochen. Nachfrageseitig Hause: Spielend forschen – mit gibt es in vielen Branchen vor allem Frage- kinderleichten Anleitungen. Woche zeichen. Österreich ist ein Industrieland – als für Woche werden neue Experimente solches aber abhängig von Zulieferern und aus dem gemeinsamen Fortbildungs- Abnehmern am globalen Weltmarkt. Öster- programm „Technik kinderleicht!“ von reich ist auch ein Tourismusland – aktuell kein technischem Museum Wien (TMW) Lichtblick. Österreich als Kulturland – ebenso und der JI online abrufbar gemacht: wenig erbaulich. Es mag sein, dass diese Kri- https://www.technischesmuseum.at/ se auch „Positives“ gebracht hat: Homeoffice experimente-fuer-zuhause funktioniert – wenn man keine Kinder hat, sogar ganz gut. Ohne Schule oder Kinder- garten bleibt einem das Frohlocken über den „Digitalisierungsschub“ aber auch manchmal im Halse stecken. Die Belastung für Eltern ist in der Zeit des E-Learnings enorm und nur kurzfristig (er)tragbar. Wie die „neue - Nor malität“ aussehen soll, ist maximal schemen- haft erkennbar. Dennoch ist klar, dass ein möglichst rascher Ausweg aus der aktuellen Situation dringend gefunden werden muss – IV-UPDATE bereits jetzt ist der wirtschaftliche Schaden ebenso atemberaubend wie die Zahl derer, die in Kurzarbeit oder arbeitslos sind. Die Unternehmen leisten ihren Beitrag – vor, schwierigste Aufgabe liegt aber noch vor uns. Einfache Lösungen gibt es dabei nicht. während und nach der Krise Aktuell tönen wieder Extrempositionen aus allen ideologischen Lagern durchs Land, Dass die Leistungen heimischer Produktionsbetriebe und ihrer Mitarbeiter mit Geld kaum aufzuwiegen sind, wollen sich diese Lage zunutze machen und hat sich in den vergangenen Wochen eindrucksvoll gezeigt. fordern Verstaatlichungen oder die Grenzen geschlossen zu lassen. Solche scheinbar ein- ufgeben ist keine Option. Das hat und Abgaben haben Unternehmen und beachtlich: Über 12 Milliarden Euro an fachen und teils unpassenden Antworten ha- Österreichs Industrie in der heißes- Selbstständige im Jahr 2019 geleistet. Das Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträ- ben sich aber noch nie bewährt und würden Aten Phase der Coronakrise deut- ist fast ein Drittel des gesamten Steuerauf- gen wurden geleistet. alles nur noch schlimmer machen. lich gezeigt. Gemeinsam haben Betriebe kommens in Österreich. Auf die produzieren- und ihre engagierten Mitarbeiter landauf, de Wirtschaft, also die heimische Industrie Wiederhochfahren Nüchtern betrachtet werden wir in ganz Eu- landab trotz widrigster Umstände weiter- und ihre Mitarbeiter, entfallen davon rund 19 des Wirtschaftsstandortes ropa den mühsamen Weg eines koordinier- gemacht, weiterproduziert und dadurch Milliarden Euro – was wiederum rund einem Führt man sich diese Leistungen vor Au- ten Wiederhochfahrens gehen müssen – das die Versorgung der Menschen mit Wasser, Drittel von allem entspricht, was Arbeitgeber gen, wird der Beitrag der heimischen Be- bedeutet, dass es auch Rückschläge geben Strom und zahlreichen anderen lebens- im vergangenen Jahr an Steuern und Abga- triebe und ihrer Beschäftigten deutlich wird. Schritt für Schritt, mit Augenmaß, aber wichtigen Gütern lückenlos sichergestellt. ben bezahlt haben. Gerade die Industrie ist – vor, während und nicht zuletzt nach der auch nicht zögerlich – dann können wir in ein Was hier geleistet wurde, lässt sich nur zudem ein wichtiger Arbeitgeber. Krise. Gerade letzteres ist für das Wieder- paar Jahren vielleicht tatsächlich eine positive unvollkommen in Zahlen darstellen oder hochfahren des Wirtschaftsstandortes Bilanz ziehen. Aber machen wir uns nichts durch Geld aufwiegen. Gleichwohl wird bei Fast eine Million Österreicher haben ihren entscheidend – begünstigt durch Rah- vor: Wir stehen erst am Anfang. näherer Betrachtung auch der finanzielle Arbeitsplatz in der Produktionswirtschaft. menbedingungen, die Investitionsanreize Beitrag der heimischen Unternehmen mehr Die Steuerleistung, die sie aufgrund die- setzen und Beschäftigung fördern. Jede Herzlichst Euer als deutlich. ser Beschäftigung erbringen, ist für das zusätzliche Belastung für Menschen und Funktionieren von Sozial-, Bildungs-, Ge- Unternehmen wäre ein gefährlicher Irrweg. Leistung auch in Zahlen sundheits- und Pensionssystem ebenfalls Wer sie trotzdem fordert, bestraft jene, die Andi Wimmer,

Fotos: Gettyimages, JI, TMW JI, Gettyimages, Fotos: Über 53 Milliarden Euro – so viel an Steuern eine interessante Größe und durchaus Österreich am Laufen halten. Bundesvorsitzender der Jungen Industrie

Mai 2020 | iv-positionen 9 iv-positionen WIEN

Jetzt erst recht: Industrie als Teil der Lösung stärken Es braucht mehr Gestaltungsmöglichkeiten für ein mutiges Bekämpfen der Krise.

gebracht. Wir erwarten den stärksten Ausweitung der staatlichen Unterstützung gängelnden Staaten, hohen Staatsschulden, Wirtschaftseinbruch in Friedenszeiten seit bei Personalmaßnahmen und der Liquidi- protektionistischen Maßnahmen und in der der Großen Depression und es werden zu- tätssicherung wünschen sich die Unterneh- Folge hohen Steuern. Das wäre der sichere dem große strukturelle Verschiebungen im mer die Normalisierung des grenzüber- Weg ins Desaster. Die Lösung der anstehen- Welthandel stattfinden. Wir sollten die- schreitenden Warenverkehrs, die stärkere den Herausforderungen der Digitalisierung, sen Veränderungen offensiv begegnen – Förderung von Forschung und Entwicklung des Umweltschutzes und des Gesundheits- als Land und als Industrie. sowie eine entschiedene Weiterführung wesens ist jedoch eine gute Basis für das der Digitalisierung. Die inhärente Unsicher- Wachstum von morgen. Das kann nur durch Um ein genaueres Bild über die momen- heit der Lage ist groß, daher müssen unter Innovation, Forschung & Entwicklung sowie tane Situation der Wiener Industrie zu- er dem Primat der Gesundheit konkrete Schrit- neue Technologien gelingen. Dafür braucht halten, habe ich eine Mitgliederbefragung te aus dem Shutdown gemeinsam gestaltet es kluge Investitionen und Anreize, etwa in Auftrag gegeben. 50 Prozent der be- werden. Für mich stellt sich die Frage: Was einen Investitionsfreibetrag. Mehr denn je fragten Unternehmen rechnen mit Umsatz- braucht es jetzt am dringendsten? brauchen wir Freiräume und Mittel für die einbußen von bis zu 25 Prozent und ein Vier- gestalterische Kraft der Unternehmer. tel sogar mit Einbußen von bis zu 50 Pro- Ich plädiere in erster Linie für ein investi- Wir erleben gerade eine außergewöhn- zent. Dennoch gehen 85 Prozent davon aus, tionsorientiertes Wachstum, das durch klare Ihr liche Zeit, die außergewöhnliche Maß- nach kompletter Aufhebung des Shutdowns Rahmenbedingungen, beschleunigte und ver- nahmen von uns allen verlangt: Die CO- binnen drei Monaten wieder hochfahren zu einfachte Prozesse – statt Überregulierung VID-19-Pandemie und deren Bekämpfung können. Die Hälfte der Befragten nimmt – und vor allem durch Verantwortungsüber- hat schon jetzt zu schweren Einschnitten die Möglichkeit der Kurzarbeit in Anspruch. gabe an die Unternehmen unterstützt wird. in unsere gewohnte Lebens- und Arbeits- Bestehende Investitionspläne werden von weise geführt und die gesamte Weltwirt- 70 Prozent der Befragten aufgrund der un- Die NZZ sprach vor Kurzem von der Ge- Christian C. Pochtler schaft innerhalb von Tagen zum Stillstand sicheren Situation überdacht. Neben der fahr eines „Post-Corona-Sozialismus“ mit Präsident der IV-Wien

„Gegen die Klimakrise wird es keine Impfung geben“ Wiens Vizebürgermeisterin Birgit Hebein sprach im Vorfeld ihres Besuches im Vorstand der IV-Wien mit den iv-positionen über den Post-Corona-Rebound, die Klimakrise und die Wiener Landtags- und Gemeinderatswahl 2020.

Zuallererst: Wir befinden uns noch mitten bei handelt es sich um eine Dachstrategie für im internationalen Kontext zu festigen, in der Krise. Wir haben es in einem gemein- die nachhaltige Entwicklung der Stadt bis zum auszubauen und Innovationen anzuziehen. samen Kraftakt geschafft, die Infektions- Jahr 2050. Was sind die Kernpunkte und welche zahlen massiv einzudämmen. Aber die Krise Rolle spielen Wirtschaft und Industrie dabei? Am 11. Oktober 2020 wählt Wien einen neuen wird uns noch sehr lange beschäftigen. Die Landtag und Gemeinderat. Auf welche Themen Phase, in der wir uns jetzt befinden, ist aus Sie gibt uns klare Ziele im Kampf gegen werden die Grünen im Wahlkampf setzen? meiner Sicht eine besonders kritische Zeit. die Klimakrise vor. Lokale Treibhausgas- Unglaublich viele Menschen haben ihre Ar- emissionen werden massiv reduziert – bis Das wichtigste Thema ist für uns: Wie geht beit verloren, stehen ohne Einkommen da. 2050 um 85 Prozent. Die Prämissen die- es weiter nach Corona, wie schaffen wir Es ist jetzt die gemeinsame Aufgabe von ser Strategie sind soziale Inklusion, Innova- es, die Klimakrise genauso effizient wie die Politik und Wirtschaft, einen nachhaltigen tion und Digitalisierung. Der Kampf gegen aktuelle Gesundheitskrise zu bekämpfen? Wiederaufbau zu schaffen, der niemanden die Klimakrise ist ohne Beachtung sozialer Lokale Produktion und ein ausgewogener zurücklässt. Für die Stadtpolitik sind dabei Aspekte nicht denkbar. Zentral in der Zeit Branchenmix in Produktion und Handel aus meiner Sicht zwei Aspekte zentral. Zum nach Corona ist, dass wir die Klimakrise sind wichtig, um einerseits die Versorgung einen werden wir Projekte, die uns aus der nicht übersehen. Gegen die Klimakrise wird in der Stadt zu garantieren und anderer- akuten wirtschaftlichen Krise bringen, - vor es keine Impfung geben. Während Corona seits, um die Wege kurz zu halten. Das antreiben. Zum anderen können wir so auch eine Inkubationszeit von wenigen Tagen hat, kommt schlussendlich auch dem Klima zu- ZUR PERSON die zweite große Krise, in der wir uns ge- merken wir die Veränderung des Klimas erst gute. Wichtig ist auch die Frage „Wer zahlt rade befinden, bekämpfen: Die Klimakrise. nach Jahren und Jahrzehnten. Wir müssen die Krise?“ Man kann diese Frage sowohl auf Vizebürgermeisterin Birgit Hebein Nachhaltige Jobs zu schaffen, bedeutet, in die aktuelle Situation als Chance begreifen, die Corona- als auch die Klimakrise bezie- klimafreundliche Infrastruktur zu investieren Wirtschaften anders zu denken. Die Smart- hen. Entweder es zahlt die Masse der Men- Nach den akuten gesundheitlichen Heraus- und regionale, krisenfeste Unternehmen zu City-Strategie legt dabei besonderes Augen- schen, die wenig haben oder wir führen eine forderungen der Coronakrise steht nun das unterstützen und zu fördern. merk auf eine prosperierende und nachhal- ernsthafte Verteilungsdiskussion. In diesem geordnete Hochfahren der Wirtschaft im Vor- tige Wirtschaft. Ziel ist, die Rolle Wiens als Zusammenhang freue ich mich besonders dergrund. Wie kann die Stadtpolitik die nun an- Letztes Jahr hat die Stadt Wien die „Smart- Standort für eine kreislauforientierte, res- auf die Diskussionen mit den Vertreterinnen

stehende Phase des „Rebounds“ unterstützen? City-Wien Rahmenstrategie“ überarbeitet. Da- sourceneffiziente und innovative Wirtschaft und Vertretern der Wirtschaft. iStock.com/i-Stockr Pernegger, M. Ortlechner, Fotos:

10 Mai 2020 | iv-positionen