„De Avium Natura“ Von Conrad Gessner (1516–1565)

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„De Avium Natura“ Von Conrad Gessner (1516–1565) „De avium natura“ von Conrad Gessner (1516–1565) als Quellenwerk für Faunendynamik, Umweltgeschichte und Kulturzoologie Dissertation Katharina Springer „De avium natura“ von Conrad Gessner (1516–1565) als Quellenwerk für Faunendynamik, Umweltgeschichte und Kulturzoologie Dissertation zur Erlangung des akademischen Grades doctor rerum naturalium (Dr. rer. nat.) der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Rostock vorgelegt von Katharina Springer (Diplom Biologin) Gutachter: Prof. Dr. Ragnar Kinzelbach, Rostock Prof. Dr.Vincent Ziswiler, Esslingen / Schweiz Prof. Dr.Armin Geus, Marburg Rostock 2007 Inhalt Inhalt „De avium natura“ von Conrad Gessner (1516–1565) als Quellenwerk für Faunendynamik, Umweltgeschichte und Kulturzoologie Kurzfassung 6 Abstract 10 Allgemeiner Teil: 14 1 Potenzial und Nutzung historisch-faunistischer Daten 14 1.1 Einführung 14 1.2 Potenzial und Nutzung 15 1.3 Gründe für die Befassung mit Gessners Werk 16 2 Forschungsziele 18 2.1 Gewinnung wissenschaftlich tragfähiger Daten 18 2.2 Wirksame Größen 18 2.3 Wirkungsgeschichte 19 2.4 Systematik 19 3 Methoden 20 3.1 Editionen 21 3.2 Textgliederung und Struktur 24 3.3 Bestimmung der Arten 28 3.4 Umwelthistorische Auswertung 30 3.5 Quellenkritik (Historische Methoden) 31 3.6 Methodenkritik 34 4 Conrad Gessner als Wissenschaftler 36 der frühen Neuzeit in Zürich 4.1 Bedeutung von Conrad Gessner 36 4.2 Stand der Forschung 39 4.3 Biographisches zu Conrad Gessner 44 4.4 Das Vogelbuch „De avium natura“ als zentrales Dokument 52 des 16. Jh. für avifaunistische Daten in Mitteleuropa 4.5 Gessners Naturverständnis 55 4.6 Nomenklatur und Systematik Gessners 65 4.7 Leistungen Conrad Gessners 80 4.7.1 Vergleich der Nomenklatur Conrad Gessners 81 mit der Nomenklatur Carl von Linnés 4.7.2 Synoptische Darstellung der Leistungen Gessners 87 Inhalt Spezieller Teil: 92 5 Einleitung 92 6 Systematisches Verzeichnis der Gessnerschen Vogelarten 93 7 Zitierte Literatur 358 8 Index der Vogelnamen 379 Danksagung 386 Eidesstattliche Erklärung 387 Lebenslauf 388 Die Illustrationen des Vogelbuchs von Conrad Gessner (1555, 1585) befinden sich in einem gesonderten Band (Anhang). Kurzfassung Kurzfassung „De avium natura“ 1555 (1585) von Conrad Gessner (1561–1565) Historische Schriftquellen als Archive für faunenhistorische Daten wurden in der Zoologie bislang unterschätzt. Es zeigt sich jedoch immer wieder, dass darin für die moderne Wissenschaft, für Umwelt- und Faunengeschichte, unerkannte Schätze verborgen liegen. Das aus solchen Quellen verfügbar gemachte Datenmaterial, aus dem z. B. historische Areale rekonstruiert werden können, ist Grundlage für eine Aus- wertung auf verschiedenen Ebenen. Denn nur unter Hinzuziehung der historischen Entwicklung ist es möglich, die Geschichte des gegenwärtigen Status der Tierwelt, hier des Ausschnitts „Avifauna“, zu verstehen. Die archivierten avifaunistischen Daten geben stellvertretend die historische Situation zwischen Tier und Umwelt wieder (Proxydaten) und können daher zur Rekonstruktion historischer Zustände (Histo- rische Bioindikation) dienen. Gleichzeitig sind sie Bestandteil eines modernen Instru- mentariums, das zu Erkenntnissen über gegenwärtige Entwicklungen und zur Prognose künftiger Umweltzustände dienen kann (vgl. Kinzelbach 1995c, 1999a). Die lateinische Originalausgabe (1555, zweite lateinische Auflage 1585) des Vogelbuchs des Züricher Zoologen und Universalgelehrten Conrad Gessner (1516–1565) ist die umfassendste Quelle für avifaunistische Daten für das 16. Jh.in Mitteleuropa. Sie enthält neben Literaturzitaten zahlreiche genaue zeitgenössische Originalbeobach- tungen und Illustrationen, zu einem großen Teil von Gessner selbst, sowie von zuver- lässigen Zeitgenossen Gessners wie z. B.William Turner (1520–1568) und Pierre Belon (1517–1564). Dem Original des in Latein verfassten Vogelbuchs (1555, zweite erweiterte Auflage) von Conrad Gessner folgten zwei deutsche Fassungen, welche auf die Weitergabe der Originalinhalte maßgeblich Einfluss nahmen.Während die erste deutsche Ausgabe von 1557, herausgegeben von Rudolf Heusslin (????–1600), sich in Bild und Text noch stark an Gessner (1555) orientierte, führten Veränderungen in Text und Bild in der 1669 von Georg Horst herausgegebenen deutschen Ausgabe zu einem Bruch mit den Original- inhalten. Dennoch wurde diese volkstümliche Ausgabe aus Gründen des „Marketings“ unter dem Namen Gessner geführt. Sie war verbreitet und leichter verfügbar und wurde daher oft zum Maßstab für Conrad Gessners Person und Leistung. Er erhielt daher auch in wissenschaftlichen Fachkreisen nicht immer die ihm und seinem Vogelbuch,der Quelle für avifaunistische Daten des 16. Jh.in Mitteleuropa, gebührende Wertschätzung.Weder konnten wertvolle avifaunistische Inhalte der Originalausgabe ihren Weg in die ornithologische Literatur finden, noch gelangte die innovative Persönlichkeit des Autors Conrad Gessner angemessen in das allgemeine Bewusstsein. Vielfach gilt er heute noch als dem Mittelalter verhafteter Erzähler unglaubwürdiger Märlein. 6 Kurzfassung Dass nur die beiden lateinischen Originale von 1555 und 1585, letzteres mit Gessners eingearbeitetem Nachlass, sich als „echte Gessner“ bezeichnen dürfen, wird schon durch den Vergleich der Bilder der Originale mit denjenigen bei Horst (1669) über- deutlich.Textvergleiche ergeben dasselbe Bild.Abweichungen zwischen den Ausgaben zeigen sich sowohl in der Anzahl als auch der Qualität der Bilder. Einer Anzahl von 240 Bildern bei Gessner 1585 stehen 401 (+ ein Titelkupfer) bei Horst (1669) gegenüber, der weitere Bilder und Text zwischenzeitlich erschienener Autoren hinzufügte. Ledig- lich 219 der Gessnerschen Originale finden bei Horst eine Entsprechung, davon sind jedoch 123 durch Holzschnitte nach Aldrovandi (1599, 1600, 1603) ersetzt. Bei den übrigen 96 Abbildungen handelt es sich um vergröberte, meist seitenverkehrte Kopien. Gessners Ziel war es, mit dem Vogelbuch (wie auch der gesamten „Historia anima- lium“) ein Nachschlagewerk für einen akademischen Leserkreis zu schaffen (Friedrich 1995). Der lexikalische Anspruch zeigt sich sowohl in der weitgehend alphabetischen Anordnung der Vogelarten als auch einer neuen Wissensform der frühen Neuzeit, einer spezifischen Textstruktur, den loci communes, Sammlungen von Begriffen und Leitbildern, unter denen Wissen subsumiert wird (Friedrich 1995). Gessner bemühte sich, das von ihm aus Antike, Mittelalter und früher Neuzeit verfügbare Wissen zu strukturieren und zu ordnen.Aus heutiger Sicht ist ihm dies sicher nur teilweise gelun- gen, in Anbetracht des damaligen Wissensstandes in der Zoologie ist dies jedoch eine beachtliche Leistung.Als einen fortschrittlichen Renaissancegelehrten weist ihn u. a. seine kritische Stellungnahme gegenüber Überliefertem und Autoritäten aus. Dieses Bild wird weiter vervollständigt durch die Art seiner Dokumentation: Er erweist sich als überaus gründlich, sorgfältig in der Beschreibung und Darstellung der Vogeltaxa in Text und Bild und in der Angabe der Quellen, welche die Herkunft der Angaben nachvollziehbar machen. Überliefertes aus Antike und Mittelalter wird zwar – auch im Sinne wissenschaftlicher Gründlichkeit und „endgültiger“ Klärung – möglichst vollstän- dig referiert, doch hinterfragt Gessner kritisch, nimmt Stellung und vertritt vielfach mit Gegenargumenten seinen eigenen Standpunkt. Im Vergleich zeigt sich, dass Gessner weitaus kritischer war als der mehr sprachwissenschaftlich orientierte Aldrovandi. Von anderen zeitgenössischen Quellen unterscheidet sich das Vogelbuch daher nicht nur durch seinen Umfang und zahlreiche Originalbeobachtungen, sondern durch ein hohes Maß an Präzision und Glaubwürdigkeit. Es enthält eine Fülle zeitgenössischer Daten über Vorkommen und Biologie der Vögel, ihre kulturelle Verflechtung mit dem Menschen (Kulturzoologie) und schließlich auch zur Person und Denkweise Gessners. Eine besondere Bedeutung für die historische Faunistik kommt dem Vogelbuch dadurch zu, dass es den Zustand der mitteleuropäischen Vogelwelt aus der klimati- schen Übergangsphase zwischen mittelalterlichem Klimaoptimum und dem Einsetzen der kleinen Eiszeit dokumentiert. Ebenso dokumentiert sind Veränderungen der Land- schaft, neue agrarische Strukturen und Wirtschaftsweisen, die sich deutlich vom mittel- alterlichen Zustand abgrenzen lassen. Weiterhin zeigt sich, dass Gessner, anders als bisher angenommen, einen großen Teil der Abbildungen selbst angefertigt haben muss und dass ihm als Vorlage eine eigene Sammlung von Stopfpräparaten oder Mumien diente. Dies verdeutlichen seine detail- reichen und präzisen Beschreibungen, die auf eigener Beobachtung, Haltung und 7 Kurzfassung Sektion beruhen, die auf die Herstellung eigener Präparate hinweisen. Nur 66 der Bilder stammen von Gessners Korrespondenten, ebenfalls z.T. nach Präparaten ange- fertigt. Dass Gessner einige Vogelpräparate von Gewährsleuten zugesandt wurden, entspricht dem damals üblichen regen Austausch Gelehrter untereinander (Schulze- Hagen et al. 2003). Entgegen bisheriger Auffassung (vgl. Riedl-Dorn 1989) sind bei Gessner verschieden- artige systematische Ansätze greifbar. Neben dem in der frühen Neuzeit noch gültigen essentialistischen Artkonzept finden sich bereits Ansätze zum biologischen Artkonzept. Der Vergleich der Nomenklatur Gessners mit dem zur modernen Nomenklatur füh- renden „Systema naturae“ von Carl von Linné zeigt, dass Linné in großem Umfang auf die Nomenklatur Gessners zurückgegriffen hat. Dabei ging jedoch viel von der ursprünglichen Leistung Gessners verloren.Tatsächlich finden sich im Ursprungstext
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