SÜDWESTRUNDFUNK SWR2 Wissen - Manuskriptdienst
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
Seite 1 von 13 SÜDWESTRUNDFUNK SWR2 Wissen - Manuskriptdienst Zug um Zug klüger? Wie Gesellschaftsspiele Wissen vermitteln Autor: Sascha Verlan Redaktion: Anja Brockert Regie: Andrea Leclerque Sendung: Donnerstag, 02. September 2010, 8.30 Uhr, SWR 2 _________________________________________________________________ Bitte beachten Sie: Das Manuskript ist ausschließlich zum persönlichen, privaten Gebrauch bestimmt. Jede weitere Vervielfältigung und Verbreitung bedarf der ausdrücklichen Genehmigung des Urhebers bzw. des SWR. Mitschnitte auf CD von allen Sendungen der Redaktion SWR2 Wissen/Aula (Montag bis Sonntag 8.30 bis 9.00 Uhr) sind beim SWR Mitschnittdienst in Baden-Baden für 12,50 € erhältlich. Bestellmöglichkeiten: 07221/929-6030 Kennen Sie schon das neue Serviceangebot des Kulturradios SWR2? Mit der kostenlosen SWR2 Kulturkarte können Sie zu ermäßigten Eintrittspreisen Veranstaltungen des SWR2 und seiner vielen Kulturpartner im Sendegebiet besuchen. Mit dem kostenlosen Infoheft SWR2 Kulturservice sind Sie stets über SWR2 und die zahlreichen Veranstaltungen im SWR2-Kulturpartner-Netz informiert. Jetzt anmelden unter 07221/300 200 oder swr2.de SWR 2 Wissen können Sie ab sofort auch als Live-Stream hören im SWR 2 Webradio unter www.swr2.de oder als Podcast nachhören: http://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/wissen.xml ________________________________________________________________ Besetzung: Sprecherin Zitator Dieses Manuskript enthält Textpassagen in [Klammern], die aus Zeitgründen in der ausgestrahlten Sendung gekürzt wurden. Seite 2 von 13 _______________________________________________________________________________ Musik: Thema 1 – weiter unter den folgenden O-Tönen O-Ton 1 (Stefan Stadler): Ein Spiel besteht eben nicht nur aus Regeln und aus Mechanismen, sondern tatsächlich viel mehr die Gestaltung spielt 'ne Rolle, es spielt 'ne Rolle, welches Gefühl ich beim Spielen hab, wie ich das Spiel erlebe. O-Ton 2 (Erwin Glonnegger): Wie ist das Spiel ausgestattet, wie ist es gestaltet, was hat das für eine Anmutung, gefällt mir das, wenn ich das anschaue, bin ich zufrieden mit der künstlerischen Qualität? O-Ton 3 (Thomas Fackler): Dieser Begriff 'schön', oder 'ästhetisch' ist eigentlich untergeordnet, es geht eigentlich um die Atmosphäre des Spiels. O-Ton 4 (Erwin Glonnegger): Die meisten Spiele sind ja aus Papier und Karton, was uns als Buchverlegern und Verarbeitern von Pappe und Karton besonders nahe lag. Aber es gibt auch wunderbare Spiele aus anderem Material z.B. aus Holz, aus Glas, aus Metall ... O-Ton 5 (Thomas Fackler): Und wenn es ein Spiel wäre, das im Hinterhof spielt, dann hätte ich überhaupt kein Problem, Zigarettenstummel und Kronkorken und irgendwelchen Abfall für das Spiel zu verwenden, also dass der Spielplan ein Stück Teer ist oder Dachpappe oder irgendwie so was. Seite 3 von 13 Musik: Thema 2 Ansage: Zug um Zug klüger? Wie Gesellschaftsspiele Wissen vermitteln. Eine Sendung von Sascha Verlan. Musik: Thema 2 – Ende Sprecherin: Ein buntes Spielbrett, viermal gefaltet. Dazu verschiedenfarbige Figuren, Papier- oder Plastikgeld und Karten – so präsentieren sich viele Gesellschaftsspiele. Doch Material und optische Gestaltung sind nur ein Teil des Ganzen. Ebenso wichtig sind der Titel und die Rahmenhandlung, in die das Spielgeschehen eingebettet ist. Ob man Inseln bewirtschaften muss, einen Schatz heben oder ein Reich verteidigen soll. Das eigentliche Wesen aber, der Kern des Spiels, ist sein Mechanismus. Es sind die vielfältigen Interaktionen der Spieler untereinander, die Spielschritte und Regeln, die entscheiden, ob uns ein Spiel gefällt oder ob wir es nach dem ersten Mal nie wieder aus der Schachtel holen. Musik: Thema 3, darüber: Zitator: Es beginnt der Spieler mit den weißen Steinen. Sprecherin: Der Spieler, der mehr Kleingeld in der Tasche hat, beginnt. Zitator: Der Spieler mit den schmutzigsten Fingern fängt an. Haben alle Spieler gewaschene Hände, beginnt der Älteste. Musik: Thema 3 weg Sprecherin: Erwachsene haben wenig Zeit fürs Spiel. Wir müssen arbeiten, organisieren und planen. Spielen, das ist etwas für Kinder. Unheimlich wichtig für die Entwicklung, wenn man noch klein ist und nichts Besseres zu tun hat. Später aber, da wird es angeblich völlig überflüssig. Spielereien sind erst dran, wenn alles andere, das wirklich Wichtige erledigt ist. O-Ton 6 (Erwin Glonnegger): Es gibt natürlich Leute auch, die das von vorneherein als sinnlosen Zeitvertreib ansehen – dafür hab ich keine Zeit. Sprecherin: Seite 4 von 13 Erwin Glonnegger hat in den 50er und 60er Jahren die Spiele-Abteilung des Ravensburger-Verlages mit aufgebaut, selbst Spiele erfunden, gesammelt, archiviert und sein umfassendes Wissen in einem großen Spiele-Buch weiter gegeben. Musik / Akzent kurz frei Sprecherin: Ein Brettspiel muss sich zwischen fünf- und zehntausend Mal verkaufen, damit es sich für den Verlag lohnt. Von wirklich erfolgreichen Spielen werden dreißig- bis vierzigtausend Exemplare verkauft. Über diese Schwelle kommen eigentlich nur die Spiele eines Jahrgangs, die es auf die Empfehlungsliste der Jury 'Spiel des Jahres' geschafft haben. Und der Gewinner, das 'Spiel des Jahres', das verkauft sich dann dreihundert- bis vierhunderttausend Mal. Dann kommen in der Regel schnell noch Erweiterungen und Übersetzungen dazu. Eine solche „Spielefamilie“ – etwa „Die Siedler von Catan“ von Klaus Teuber – erzielt dann Verkaufszahlen im zweistelligen Millionenbereich. O-Ton 7 (Thomas Fackler): Spiel ist eigentlich 'n idealer Erkenntnisvermittler, weil du hast also ganz wunderbar diesen Aha-Effekt, weil du es ja selbst erlebst, also das ist wesentlich unmittelbarer, als wenn du irgendwas liest oder was serviert bekommst. Sprecherin: Thomas Fackler ist Kommunikationsdesigner und entwickelt seit 20 Jahren Gesellschaftsspiele. 2004 hat er die erfolgreiche Buchreihe „Die Kinderuni“ als Brettspiel umgesetzt. O-Ton 8 (Thomas Fackler): Und da glaub ich schon, dass eigentlich erwartet wurde, dass es eben um die Abfrage des Wissens geht. Also da gibt 's zum Beispiel bei Amazon ein paar böse Kritiken … ein dummes Spiel für kluge Kinder, heißt 's unter anderem als Überschrift, weil eben die Mütter da erwartet haben, dass die lieben Kleinen das viele Wissen, das sie durch die Lektüre der Kinderuni sich antrainiert haben, dass man das dann mithilfe des Spiels wieder abfragen kann. Und mir ging 's aber drum, dass so 'ne Universität ja auch 'n Mechanismus ist, den man begreifen muss. Sprecher: Auf dem Spielbrett ist der Plan einer Universität abgebildet – mit Hörsälen, Seminarräumen, den Professorenzimmern und einer Bibliothek. Der Spieler bewegt seine Figur durch die verschiedenen Räume der Universität und eignet sich Wissen an, das er in Form kleiner Spielchips auf seine Gedächtniskarte legt, auf der ein Gehirn abgebildet ist. Hat man nun in einem Fachgebiet eine Vorlesung besucht, ein Seminar und war auch in der Bibliothek, dann bekommt man einen Schein. Um das Spiel zu gewinnen, braucht man drei Scheine in einem Fachgebiet, dem Hauptfach, und vier weitere Scheine aus anderen Gebieten. O-Ton 9 (Thomas Fackler): Seite 5 von 13 Also erst mal schon überhaupt, dass es 'n Mechanismus ist, in dem man sich auch ganz gut bewegen können sollte, sonst erleidet man nämlich auch Schiffbruch. Und den fand ich eigentlich ganz spannend, also dass es darum geht, dass man die richtigen Vorlesungen besucht, wie man das Wissen im Kopf behält, dass man Studienbuch führen kann, dass man Scheine machen muss etc. etc. etc. Ob das dann alles noch ganz aktuell ist in fünf oder zehn Jahren, das sei dahingestellt, aber 'ne Universität oder Wissensvermittlung ist auch 'n Mechanismus. Sprecherin: Ein Spiel führt uns nirgendwo hin. Wir werden nicht reicher dadurch und mehren auch nicht unser Ansehen. Wir können zwar im Spiel Karriere machen – doch nach dem Spiel ist alles wieder wie zuvor. Das Spiel ist zweckfrei, und das macht es so schwer erträglich in der heutigen Zeit. Wer spielt, denkt nicht an morgen, sondern ist ganz im Jetzt. Ein Spiel lässt sich nicht theoretisch spielen, sondern nur im aktiven, körperlichen Nachvollzug. Da kann sich keiner zurücklehnen und raushalten. Deshalb sind Spiele so beliebt, bei denen wir etwas lernen können, wir uns gewissermaßen weiterbilden. Aber sind das nicht falsche Erwartungen? Können wir überhaupt durch ein Gesellschaftsspiel etwas dazu lernen? Ganz konkretes, messbares Wissen? Das Quiz scheint da sehr nahe liegend. Das Wissensquiz, das vorführt, ob einer sich auskennt – und auf der Rückseite die richtigen Antworten liefert, falls sich keiner für a, b oder c entscheiden kann. Musik: Thema 3, darüber: Zitator: Wie hieß der italienische Künstler aus dem 16. Jahrhundert, der vor allem durch Portraits aus Pflanzenteilen, Obst, Gemüse und ähnlichem bekannt wurde? a) El Greco, b) Guiseppe Arcimboldi, c) Leonardo da Vinci. Musik: T hema 3 weg Sprecherin: Wissen gehört notwendig zum Quizspiel. Da werden Begriffe definiert und Sachverhalte geklärt – klarer Fall. Und nach dem Spiel? Wenn man 50 oder mehr solcher Definitionen gehört hat? Weiß man dann wirklich mehr, hat man etwas Substanzielles gelernt? Sich bleibendes Wissen angeeignet? O-Ton 10 (Thomas Fackler): Eigentlich kannst du genauso gut 'n Lexikon nehmen, du liest 'n Begriff vor und der andere soll die Definition sagen und dann blätterste um. Und so 'n Quizspiel ist 'n bisschen 'ne andere Zubereitung dieses Mechanismus, aber phh, also wenige sind da wirklich Spiel in dem Sinne von 'nem guten Brettspiel. Sprecherin: Um bei „Trivial Pursuit“ und ähnlichen Spielen zu „punkten“, muss man aus