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Vom Hangrutschen zum E-Fliegen

111 JAHRE SEGELFLUGSPORT ERLANGEN–NÜRNBERG 1908-2019 IMPRESSUM UND DANK

Unser Dank für die Bereitstellung von Räumen, damit Flugsportverein Erlangen-Nürnberg e. V. diese Ausstellung zwischen Februar und Juli 2019 an ver- Email: [email protected] schiedenen Orten in der Region gezeigt werden kann, Web: www.fsv-en.de geht an: 1. Vorsitzender Bayerischer Fliegertag 2019 Hirschaid (23. Februar) Klaus Raeder Kreuzstr. 19 91077 Neunkirchen am Brand Gemeinde Gräfenberg (14.–21. April)

Flugplatz: Hetzleser Berg (EDQX) Gemeinde Neunkirchen am Brand (22. April – 3. Mai) Telefon: 09134 / 5152

Stadt Nürnberg, Krafftscher Hof (13. – 31. Mai) Anfahrt: In Neunkirchen Richtung Ermreuth, Albrecht Dürer Airport Nürnberg zwischen Rödlas und Ermreuth (2. Juni) links abbiegen nach Gleisenhof, von hier ca. 500 m bis zum Flugplatz.

Stadt Erlangen,Rathausfoyer alternativ: (3. – 14. Juni) In Hetzles auf dem Bergweg bis zum Parkplatz am Funkmast, Für die finanzielle Förderung und die Möglichkeit, die von hier ca. 15 Minuten Fußweg. Ausstellung in der Zweigstelle Uttenreuth (24. Juni – 10. Juli) zu zeigen, danken wir: Über weitere Informationen zur Geschichte unseres Vereins freuen wir uns.

Die letzte Station der Ausstellung ist das Flugplatzfest des Soweit nicht anders erwähnt, stammen alle Flugsportvereins Erlangen-Nürnberg am 13./14. Juli Texte und hier gezeigten Fotos von Mitglie- am Hetzleser Berg. dern des Vereins. FLUGSPORTVEREIN ERLANGEN-NÜRNBERG Von den Anfängen bis zur Gegenwart

2019 2019 2018 2018 2017 2017 2016 2016 2015 2015 2014 2014 2013 2013 2012 2012 2011 2011

20092010 20092010 2008 2008 2007 2007 2006 2006 2005 2005 2004 2004 2003 2003 2002 2002 2001 2001

19992000 19992000 1998 1998 1997 1997 1996 1996 1995 1995 1994 1994 1993 1993 1992 1992 1991 1991 1990 1990 1989 1989 1988 1988 1987 1987 1986 1986 1985 1985 1984 1984 1983 1983 1982 1982 1981 1981 1980 1980 1979 1979 1978 1978 1977 1969/70 1977 1976 1976 1975 Vertrag über gemeinsame 1975 1974 Nutzung des Fluggeländes, 1974 1973 1973 1972 Umzug auf den Hetzleser Berg 1972 1971 1971 1970 Mai 1964 1970 1969 Eröffnung des Fluggeländes Flugplatz 1969 1968 am Hetzleser Berg Herzogenaurach GmbH 1968 1967 gegr. 1965 1967 1966 Beteiligung 1966 1965 1965 1964 1964 1963 1963 1962 1962 1961 1961 1960 Fliegerclub Nürnberg e. V. 1960 1958 Dezember 1958 1958 1957 1957 1956 Luftsportvereinigung 1956 1955 Nürnberg e.V. 1955 1954 Januar 1956 1954 1953 1953 1952 1. Nürnberger Segelflugclub 1952 1951 Sportfliegerclub Freunde der Friesener Warte e. V. 1951 1950 Juni 1951 1950 Flugsportvereinigung Erlangen e. V. Aero Club Nürnberg e. V. Nürnberg e. V. Ring der 1950 September 1950 September 1951 ca. 1950 1950 1947 1950 Sport- u. Wanderclub 1947 1946 am Flughafen Nürnberg Freunde der Friesener Warte e. V. 1946 1945 Juni 1950 1945 1944 1944 1943 1943 1942 1942 1941 1941

1940 1940 1939 Nationalsozialistisches 1939 1938 Fliegerkorps (NSFK) 1938 1937 April 1937 1937 1936 Deutscher Luftsportverband 1936 1935 Ortgruppe Erlangen Auflösungsbeschluss Deutscher Luftsportverband 1935 1934 März 1933 September 1933 Ortgruppe Nürnberg 1934 1933 März 1933 1933 1932 1932 1931 1931

19291930 19291930 1928 Flugsportvereinigung Erlangen e. V. Flugsportverein Nürnberg 1928 1927 1929 1927 1927 1926 Deutscher Fliegerbund 1926 Vors.: Jakob Nusselt Fliegervereinigung 1925 Nürnberg e. V. 1925 Nordbayerischer Nürnberg 1924 Luftfahrtverband e. V. ca. 1922 1924 1923 1922 1923 Juli 1921 Ortsgruppe Nürnberg 1922 September 1920 1922 1921 Verein für Luftverkehr Bund deutscher Flieger e. V. 1921 und Flugtechnik Berlin 1920 1920 Verein zur Förderung 1920 1919 Fliegervereinigung Erlangen e. V. Nürnberg-Fürth e. V. Deutscher Flugtech- 1919 1918 1919 des Luftverkehrs 1918 April 1920 Städtische Flieger- nischer Verband Gleitflugvereinigung 1917 August 1919 März 1919 1917 1916 vorschule Nürnberg 1916 1915 Verein für Luftschiffahrt 1918 – 1921 Dezember 1918 1915 und Flugtechnik e. V. 1914 Ortsgruppe Nürnberg 1914 1913 April 1912 1913 Ortsgruppe Erlangen Febr. 1918 Deutscher Fliegerbund e. V. 1912 März 1911 Berlin 1912 1911 03.1917 - 1919 1911 1910 1910 1909 Ortsgruppe Nürnberg 1909 1908 Nürnberger Verein für September 1908 1908 1907 Luftschiffahrt e. V. Deutscher Luftflottenverein e. V. 1907 1906 September 1908 Aero-Club Nürnberg e. V. Flugtechnische Gesellschaft Mannheim 1906 1905 April 1908 Nürnberg-Fürth August 1908 1905 1904 1. Vors.: Ludwig Schütte gegr. ca. 1908 1904 1903 Stellv.: Eberhard Ramspeck 1903 1902 1902 1901 1901

18991900 18991900 1898 1898 1897 Kißkalt und Enders 1897 1896 1898 1896 1896 1896 VON MÖGELDORF ZUR BAYERISCHEN RHÖN NÜRNBERG I

Phantastische Anfänge „Dadurch, daß sich bei einem Probeflug der Motor nicht Viele Traditionsvereine begannen Ende der 20er Jahre mehr abstellen ließ, überschlug sich der Apparat, als er zu auch aktiven Segelflugsport zu betreiben. In Nürnberg Vom Dach der Hütte aus soll Adam Kißkalt abgesprun- Boden gekommen war, und wurde in seine einzelnen Be- waren das die Fliegervereinigung und der Deutsche gen, dann von einem Windstoß erfaßt und 100 Meter standteile vollständig zertrümmert.“ Fliegerbund. hoch in die Luft gehoben worden sein. Zu allem Un- Der NLV hat damals begonnen, den Hesselberg zur glück knickte auch noch eine Verstrebung, so daß er 1912 fusionierten die beiden Gründungsvereine zum „Bayerischen Rhön“ auszubauen und Segelflug-Wett- wie ein Kreisel auf den Rechenberg zutrudelte und Verein für Luftschiffahrt und Flugtechnik. bewerbe auszutragen. schließlich von der Feuerwehr aus einer Pappel befreit werden mußte. Zwischen den Kriegen Noch während des Krieges gründete der Nürnber- ger Fabrikant Erich Kempe eine Fliegervorschule, die junge Menschen mit allen Aspekten des Fliegens ver- traut machen sollte. Die Nürnberger Fliegervorschu- le wurde berühmt und zum Modell für andere Städte. Der Versailler Vertrag erzwang nach einer kurzen Blü- te aber die Auflösung der Schule. Kempe gelang es auch, mehrere Vereine 1921 im Nord- bayerischen Luftfahrtverband zusammenzuführen. Der NLV entwickelte sich zum „ersten“ Luftsportver- ein in Bayern. Sein Geschäftsführer Georg Liebermann Sonntäglicher Flugbetrieb am Hesselberg leistete Aufbauhilfe bei mehreren Vereinen. Die Segelflieger waren Anfang der 30er Jahre ein bun- tes Völkchen. In unserer Region gab es gut ein Dutzend Im Gegensatz zu vielen anderen und späteren Pionieren, von denen wir keine Bilder haben, wurde Kißkalts phantastischer Flug mit Hilfe eines geschickten Retuscheurs Vereine und es wurde am Hesselberg, auf der Friese- „photographisch“ festgehalten. ner Warte, auf der Wulzburg, am Staffelberg, am Bind- lacher Berg und am Walberla geflogen. Vereinsgründungen Im Dritten Reich standen die Vereine vor der Entschei- dung, sich aufzulösen oder ihre Selbstständigkeit aufzu- Wohlhabende Nürnberger Bürger fanden im Ballon- geben, womit sie Durchlaufstationen für die Luftwaffe fahren ihren neuen Sport und gründeten im Sommer wurden: 1908 den Nürnberger Verein für Luftschiffahrt. „Das NS-Fliegerkorps sieht die Aufgabe des Segelflugsports Zur selben Zeit schlossen sich einige Nürnberger Erfin- nicht darin, jedem, der da Lust verspürt zu Fliegen, Gelegen- der zur Flugtechnischen Gesellschaft Nürnberg-Fürth heit zu geben, seine fliegerische Lust zu befriedigen. Auch zusammen, um Flugmaschinen „schwerer als Luft“ zu Ein begnadeter Schüler Kempes war Willi Pelzner, der mit Gleitapparaten an den der Segelflugsport ist eine nationale Aufgabe und nur da, Rhön-Segelflug-Wettbewerben 1920 und 1921 teilnahm und große Erfolge erzielte, wo er dem Volke dient, ist er berechtigt.“ konstruieren. Im Juli 1911 war in der Zeitung zu lesen: so große, daß ein Hang auf der Wasserkuppe nach ihm benannt wurde. VOM TRADITIONS- ZUM FLUGSPORTVEREIN ERLANGEN I

Fliegervereinigung Flugsportverein Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Frühjahr 1933 mußten die Luftsportvereine ihre Selb- Nach dem 1. Weltkrieg gründeten die ehemalige Flie- Weil der Segelflugsport – vor allem durch die spekta- ständigkeit aufgeben, die Erlanger Flieger wurden zur ger Konrad Bischoff, Hans Königsreuther und August kulären Erfolge auf der Wasserkuppe – immer popu- Ortsgruppe Erlangen des Deutschen Luftsportverban- Hebenstreit, die Fliegervereinigung Erlangen. Die Zie- lärer wurde und auch in der Nachbarschaft in Nürn- des. le und Aktivitäten der „kleinen aber rührigen Gruppe“, berg schon regelmäßig geflogen wurde, vollzogen die wie sie immer wieder charakterisiert wurde, waren Erlanger Fliegerfreunde im August 1929 eine wichti- vielfältig: von der Pflege der Tradition, der Erhaltung und ge Weichestellung: es wurde eine neue Satzung verab- Fortpflanzung des „Flieger-Geistes“ über Information schiedet, der Name des Vereins lautete nun Flugsport- und Förderung des Flugwesens durch Ausstellungen vereinigung Erlangen und als Hauptzweck des Vereins und die Organisation von Flugtagen auf dem Exerzier- wurde der Flugsport bestimmt. platz bis hin zur Planung eines Flughafens in Erlangen.

Die größte Veranstal- tung war der Flugtag im Juli 1925, bei dem die Flugvorführungen von Ernst Udet der Höhe- punkt waren. „Es ist ein Hochgenuß,

wie exakt Udet um eine Der erste Fluglehrer des Erlanger Vereins, Hans Königsreuther, auf dem offenen Schulgleiter „Erlangen“ über von zwei Fesselballons dem Hesselberg. 1929. getragene Wimpelschnur herum Ueberschläge Ombrux ausführt, wie er Kinder- ballons mit Hilfe scharfer Im Nov. 1934 erhielt die Erlanger Fliegergruppe zum

Messer an den Tragde- Die Wiesen, wie hier vor dem Marloffsteiner Schloß, konnten nur in der vegetationsfreien Zeit betreten werden. 15jährigen Bestehen ein neues Hochleistungssegelflug- Leider sind uns nur ein paar wenige der abgebildeten Personen bekannt. Hans Königsreuther (3.v.l.), Ernst u. Georg ckenden aus einer Bal- Eisenmann (6. u. 10.v.l.), Sebastian Mendelsohn-Bartholdy (ganz rechts). zeug, einen Rhönbussard. Gespendet hatte es die da- lonkette abschneidet, um malige Weltfirma Gossen und getauft wurde es auf den sie dann mit dem Propeller zu zerknallen, wie er wieder Schon kurze Zeit später konnte Oberbürgermeister Namen Ombrux nach dem kurz zuvor erfolgreich auf andere Ballons in der Luft mit Hilfe eines Netzes einfängt, Flierl das erste Erlanger Segelflugzeug, die Erlangen den Markt gebrachten photoelektrischen Belichtungs- daß die darin zappeln, wie gefangene Fische. Loopings, taufen. Und bereits im Oktober 1929 nahm die Erlan- messer mit gleichem Namen. steile Kurven, seitlicher Ueberschlag, Abrutschen über ei- ger Gruppe aktiv am 1. Segelflugwettbewerb am Hes- Mit Ombrux konnten die Erlanger Fliegerfreunde nun nen Flügel, Flug in sogenannter windschiefer Lage, Rollings, selberg teil. richtig auf Strecke gehen. Im Mai 1936 flog Kurt Schult- Abtrudeln, all dies ganz niedrig über dem Boden ausgeführt, Ein zweites und diesmal selbstgebautes Flugzeug wur- heiß über den Aischgrund, Steigerwald und Spessart erfordert genaueste Berechnung und absolute Flugsicher- de im Januar 1931 auf den Namen Marloffstein getauft. bis nach Frankfurt. Ernst Prell flog wenig später vom heit, und das ist es, nicht unberechnete Tollkühnheit, was Und in der Rekordzeit von drei Monaten bauten im Flugplatz Nürnberg über Forchheim, Bamberg, Schloß ihn zum Größten der Luft stempelt.“ (Erlanger Tagblatt, Sommer 1932 die Brüder Eisenmann das Brüderlein. Banz nach Staffelstein. 22.07.1925) VOM HAINBERG ZUM HETZLES NÜRNBERG II

Neuanfang war die Situation auch beim Erlanger Verein hinsicht- Der Hetzleser Berg lich des Exerzierplatzes. Wanderschaft war wieder an- Anfang der 50er Jahre beginnt die Fliegerei wieder bei Bei der Suche nach einem eigenen Fluggelände entdeck- gesagt; Katterbach, Erlangen, Siegritzau bei Forchheim, Null. Viele Flieger waren schon vor dem Krieg aktiv ten die Nürnberger Segelflieger im Oktober 1962 den Greding, Herolzberg, Buchschwabach und immer wie- und gaben im Dritten Reich nur widerwillig ihre Eigen- Hetzleser Berg. Es war schnell klar – hier wollten sie der der Hainberg, an dem man schon vor dem Krieg ständigkeit auf. Nach dem Krieg konnten sie sich wieder bleiben! geflogen war, waren die häufigsten Plätze. frei organisieren und fanden in vier Vereinen zusammen: Mit den Grundstückbesitzern wurde man bald einig und Sportfliegerclub Nürnberg, Freunde der Friesener War- die Genehmigungen für einen Flugplatz bereiteten auch te, Ring Deutscher Flieger und Aero-Club Nürnberg. keine besondere Schwierigkeiten. 1958 waren noch zwei Vereine übrig: der Aero-Club mit Es wurde gerodet, planiert, Leitungen verlegt und ge- Sitz am Airport Nürnberg. Die drei anderen Vereine Ball der Luftfahrt baut, und auch schon kurz nach der Entscheidung für hatten zum Fliegerclub Nürnberg e.V. zusammengefun- Die Flieger verstanden nicht nur zu fliegen, sondern auch den Hetzles dort geflogen und auf dem Campingplatz den, der 2015 mit dem Flugsportverein Erlangen e. V. zu Feste zu feiern. In den Jahren des sogenannten Wirt- gewohnt. Zum größten Teil in Eigenleistung entstand so unserem heutigen Flugsportverein Erlangen-Nürnberg schaftswunders entwickelte sich der Ball der Luftfahrt der Flugplatz und eine Flugzeughalle mit Clubheim, die e. V. fusionierte. zu einer der beliebtesten Veranstaltungen des Nürn- am 12. Juli 1969 feierlich eingeweiht wurden.

Für den Anfang gar nicht schlecht – der erste „Turm“ aus einem umgebauten Omnibus. Erst 1975 wurde der heutige Turm Ball der Luftfahrt 1991: Flankiert von den Hostessen der „Nürnberger Luftflotte“ spielt links das Orchester Georg Roh- Auch auf dem Reichsparteitagsgelände, hier am Rand des Zeppelinfeldes, wurde in den 1950er Jahren zeitweise geflogen. in Betrieb genommen. Im Hintergrund die Haupttribüne – damals noch mit den Säulenreihen. mer, rechts Ambros Seelos und im Hintergrund die Stadtjugendkapelle Stein.

berger Gesellschaftslebens. Ab 1965 bespielte der Flie- Die Erlanger Flugsportvereinigung hat sich inzwischen gerclub Nürnberg 27 Jahre lang die Meistersingerhalle auch für den Hetzles entschieden und angefangen, eine große Flugzeughalle und ein Vereinsheim zu bauen. Im Wanderschaft mit einem fulminanten Unterhaltungsprogramm: Bruce Low, Cindy Berger, Mary Roos, , Ingrid Pe- September 1975 wurde mit einem spektakulären Flug- Die ersten Nachkriegsjahre waren von der Suche nach tag dieser Umzug und die Einweihung gefeiert. einem geeigneten Fluggelände geprägt. Auf verschiede- ters, Roy Etzel, Max Greger und viele weitere bekann- nen stadtnahen Flächen hatte man vergeblich gehofft, te Schlagerstars, Solisten und Unterhaltungsorcherster sich dauerhaft festsetzen zu können. Ähnlich prekär jener Zeit waren zu Gast in Nürnberg. AUF UND AB AM EXERZIERPLATZ ERLANGEN II

Die über den Krieg geretteten Erlanger Segelflugzeuge Hallenbau Der Fliegerclub Nürnberg entdeckte 1963 den Hetzleser fielen schließlich dem bitterkalten Winter 1945/46 zum Berg als Flugplatz und lud die Erlanger Kollegen zum ge- Opfer und wurden als Brennholz verwendet. Für diesen Flugzeugpark mit drei Ein- und einem Dop- meinsamen Ausbau des Platzes ein. Die Erlanger zöger- Im Oktober 1950 wurde die Flugsportvereinigung Er- pelsitzer wurde nach einer passenden Unterstellmöglich- ten; sie hatten ja ihren ‚Exer‘. langen von einigen Fliegern, die schon im „alten“ Verein keit gesucht. 1956 wurde mit dem Bau – zum größten Im Juli 1967 kam es dann wie schon lange befürchtet: Dem aktiv waren, neu gegründet. Teil in Eigenleistung – einer Halle begonnen, die Abstell- FVE wurde das Fliegen auf dem Exerzierplatz durch die flächen für Flugzeuge, eine Schlosserei, eine Werkstatt, amerikanischen Behörden untersagt. Der Hetzles wurde einen Versammlungsraum und diverse kleine Abstellräu- nun doch interessant. Im September 1969 wurde ein ge- Breite Unterstützung durch die Wirtschaft me umfasste. Die Einrichtung erfuhr im Laufe der Zeit meinsamer Nutzungsvertrag unterzeichnet. 1951wurde wieder mit dem Bau eines neuen Se- verschiedene Modernisierungen und wird bis heute viel gelflugzeugs, eines Grunau Babys begonnen. Sie- genutzt. mens spendete einen Doppelsitzer und Gossen stif- tete ein weiteres Grunau Baby. Die Unterstützung durch die Erlanger Wirtschaft war überwältigend. 1952 überließ die Firma Siemens dem Verein einen May- bach PKW für 1000 DM, der zur ersten Winde umgebaut wurde. 1954 durften sich die Erlanger Flieger über eine weitere Spende der Firma Gossen freuen: einen L-Spatz.

Ein so stadtnahes und großräumiges Fluggelände, wie es der Exerzierplatz bot, war für die Erlanger Flieger ideal. Eine dauerhafte Nutzung für den Flugbetrieb war aber nicht durchsetzbar.

Von 1956-59 wurde an der heutigen Kurt-Schumacher-Straße ein grosses Multifunktionsgebäude errichtet. Im Hintergrund die bereits fertiggestellte Nissenhütte. Dauerhaft zum Hetzleser Berg Fliegen am Exerzierplatz Die beiden Vereine behielten bis zur Vereinigung im Jahr 2015 eigene Zuständigkeiten. So betreute z. B. die FVE War man anfangs noch auf den Flugplätzen in Schwa- den Windenbetrieb und stellte auch die Windenfahrer, bach, Fürth, Nürnberg-Langwasser, Bamberg, Lichtenfels, während der FCN den Flugzeug-Schleppbetrieb mit Pilo- Dobenreuth, Großenbuch u. a. unterwegs, begann man ten übernahm. Auch baute die Flugsportvereinigung ihre doch allmählich, den ‚Exer‘ als eigenes Fluggelände zu eigene Flugzeugunterstellhalle und ein kleines Vereins- Die beiden von Siemens und Gossen gespendeten Flugzeuge, ein Doppelsitzer Mü 13E und ein Grunau Baby III wurden im betrachten, auch wenn man unter der Kontrolle des ame- September 1952 auf den Namen „Werner von Siemens“ und „Tippa“ bzw. „Simon Heubeck“ getauft. heim für die eigenen Mitglieder. rikanischen Militärs stand und immer wieder dessen Ge- Heute, wenige Jahre nach der Fusion der beiden Vereine, nehmigungen erforderlich waren. kennen wir nur noch einen Verein, die Flugsportvereini- gung Erlangen-Nürnberg e. V. TRÄUME GEHEN IN ERFÜLLUNG

Segelfliegen ist Teamsport Jugendgruppe Wer eine Segelflug-Schulung beginnen will, muß mindestens 14 Jahre alt sein und Ein Schwerpunkt unserer Vereinsarbeit liegt in der Förderung des Nachwuchses. braucht für die Anmeldung zuerst ein sogenanntes Medical, also ein Tauglichkeits- Unser Verein hat kontinuierlich eine Gruppe von 15-20 Jugendlichen im Alter von zeugnis von einem Fliegerarzt. Und dann braucht es: Energie, Teamgeist und Zeit, 14-26 Jahren. Für die Ausbildung dieser jungen Piloten und Pilotinnen stehen 10 viel, viel Zeit … Fluglehrer – die alle ehrenamtlich arbeiten – zur Verfügung.

Ein Tag am Flugplatz Ein Schulungstag läuft etwa so ab: Gegen 10 Uhr holt man gemeinsam die Segel- flugzeuge aus der Halle und unterzieht sie einem gründlichen Check. Zugleich wer- den Startwagen und Winde aufgebaut. Dann kann es losgehen. Jeder Schüler/jede Schülerin absolviert in der Regel drei Flüge am Tag. Wer nicht im Cockpit sitzt, leis- tet Starthilfe am Boden: Fläche halten, Seile ausziehen, Flugzeuge schieben. Gegen Abend helfen alle zusammen, um die Flugzeuge zu reinigen und wieder in der Halle zu verstauen. Der Tag auf dem Hetzles klingt mit einer Nachbesprechung und oft mit einem gemütlichen Beisammensein aus.

Praxis und Theorie Am Anfang stehen Start und Landung, Fliegen der Platzrunde, Luftraumbeobachtung, Ver- halten in besonderen Fällen und vor allem: üben, üben, üben … Der erste Teil der Aus- bildung endet mit der A-Prüfung, den ersten drei Alleinflügen, die auch entsprechend ge- feiert werden. Dann geht es mit der Ausbildung weiter mit dem Ziel, das Flugzeug in allen Lagen zu be- herrschein und auch größere Strecken zu flie- gen.

Wenn im Winter der normale Flugbetrieb Regelmäßig laden wir Schulklassen zu einem Schnuppertag auf den Flugplatz ein. 2017 waren eine Klasse vom Herder-Gymnasium ruht, findet samstags Theorieunterricht statt. Forchheim (Foto) und eine Klasse der Berufsschule Erlangen an der Reihe. Erfahrene Piloten machen unter anderem mit den Grundlagen von Navigation, Meteoro- Sebastian Graupner hat mit 14 Jahren die A-Prüfung erfolg- Schnupperkurse logie, Technik, Luftrecht und menschlichem reich bestanden. Sein Lehrer Gisbert Franke und sein Vater Eine gerne genutzte Möglichkeit, sich an die Fliegerei heranzutasten, sind Schnup- Leistungsvermögen vertraut. In diesen und und Lehrer Harald Graupner freuen sich mit ihm über den Erfolg. perkurse. Für einen geringen Beitrag kann man 14 Tage in vollem Umfang am Flug- noch ein paar weiteren Fächern müssen sich betrieb teilnehmen. Für viele ist das der Einstieg zu einer dauerhaften Vereinsmit- alle Flugschüler/innen einer schriftlichen Prüfung durch das Luftamt unterziehen. gliedschaft und „Fliegerkarriere“. Dann folgt schließlich die praktische Prüfung: Zwei Flüge mit dem Prüfer als Sozius. Wer besteht, bekommt endlich den begehrten Flugschein. IN DER WERKSTATT

Verantwortung übernehmen Jahreswartung Während der Wintermonate ist für alle aktiven Mitglieder Werkstattarbeit ange- Für die Jahreswartung gibt es lange Checklisten und Handbücher, die Punkt für Punkt sagt. Dadurch, daß wir fast alle Wartungs- und Reparaturarbeiten selbst ausführen, abgearbeitet werden. Das gesamte Flugzeug wird innen und außen genau unter die halten wir die Kosten für das Fliegen niedrig. Die Piloten lernen bei dieser Arbeit Lupe genommen: Verbindungsstücke werden geprüft, ebenso Verschlüsse, Schrau- aber auch den Aufbau und die Funktionsweise ihrer Flugzeuge näher kennen. Und ben, Holme, Gelenke, Scharniere, sämtliche Lager der Leitwerke, die Anschnallgur- schließlich soll dabei auch das Verantwortungsbewußtsein und der Gemeinschafts- te und die Reifen. Neben Verschleißteilen sind auch Funkgeräte und Bordcomputer gedanke gefördert werden. upzugraden und upzudaten. Am Ende steht die Jahresnachprüfung durch eine externe Firma, eine Art TÜV. Bei bestandener Prüfung erhält das Flugzeug die Zulassung für ein weiteres Jahr. Ebenso wichtig ist die Inspektion der Fallschirme. In regelmäßigen Abständen müs- sen sie zudem neu gepackt werden. Wie die Fallschirmpacker brauchen auch die Werkstattleiter eine Ausbildung und eine Lizenz für ihre Arbeiten. Diese wird alle fünf Jahre überprüft.

Blick in die Werkstatt: Im Hintergrund der auf den Kopf gedrehte Rumpf eines Segelflugzeugs. In dieser Lage lassen sich das Einzieh- fahrwerk und die Bremse warten. Im Vordergrund die beiden polierten Tragflächen. Am Boden eine der beiden Flügelverlängerungen. Zwei Flugzeugrümpfe in der Werkstatt. Links ein Discus 2cT mit Motor und 5-Blatt-Faltpropeller als „Heimweghilfe“; rechts eine LS8.

Hochglanz Allle zwei Jahre müssen die Hänger für die Flugzeuge, wie jedes andere Fahrzeug Wie sieht die Wartung aus? Zunächst geht es ums Äußere: Die Flugzeuge werden auch, zum amtlichen TÜV. Auch dafür müssen sie in der Werkstatt vorbereitet wer- gründlich gereinigt, gewaschen und poliert. Das ist wichtig, nicht nur, damit sie mög- den. Aber sie müssen eigentlich immer tiptop sein, etwa, um Flugzeuge nach einer lichst lange in Schuß bleiben, sondern auch, weil sich die Flugeigenschaften massiv Außenlandung zurückholen zu können oder um sie zum Gebirgsfluglager zu trans- verschlechtern, wenn die Oberfläche nicht spiegelglatt ist. portieren. DER FLUGSPORTVEREIN ERLANGEN-NÜRNBERG

Die Mitglieder Da am Hetzles nicht nur geflogen wird, stehen für andere Aktivitäten mehrere Aufent- haltsräume zur Verfügung, und es besteht auch die Möglichkeit, am Flugplatz zu über- Mit mehr als 370 aktiven und fördernden Mitgliedern ist der Flugsportverein Erlan- nachten. gen-Nürnberg e.V. einer der größten Luftsportvereine Bayerns. Etwa 100 unserer Mit- glieder sind aktive Flieger im Alter von 14 bis über 70. Unsere Pilotinnen und Piloten kommen vorwiegend aus den Städten Nürnberg, Fürth und Erlangen und aus der länd- Die Verwaltung lichen Region um den Hetzleser Berg. Bis vor einiger Zeit musste die Dokumentation des Flugbetriebes, zum Beispiel die Namen der Piloten, Kennzeichen der Flugzeuge, Start- und Landezeiten, von Hand auf Listen eingetragen und am Monatsende ausgewertet und abgerechnet werden. Bei über 4700 Flügen pro Jahr (2016) eine mühsame Arbeit.

Der Flugplatz Hetzleser Berg. Auf der linken Bildhälfte die drei Flugzeughallen mit dem Kontrollturm in der Mitte. Am oberen Bildrand die etwa 200 m tiefer gelegene Gemeinde Hetzles. Am unteren Bildrand rechts neben der Bahn steht die Winde. Der Kontrollturm bietet einen Blick über die gesamte Piste und über das Vorfeld. Im Bild sehen wir einen Motorsegler bei der Landung. Mit einem Klick ist die Landezeit erfasst. Wenn das Flugzeug die Piste verlassen hat, kann das Segelflugzeug am Ende der Piste starten.

Heute arbeitet der Verein mit einer speziell für Flugsportvereine entwickelten Soft- Der Flugplatz ware, die diese Aufgaben enorm erleichtert. Mit der Erfassung des aktuellen Flugbe- Der Flugplatz Hetzleser Berg liegt in 533 m Höhe auf einem Bergrücken zwischen den triebes durch den Flugleiter werden automatisch die Flugzeiten und anfallenden Ge- Ortschaften Hetzles im Westen und Ermreuth im Osten. Die 600 m lange asphaltier- bühren den Piloten zugeordnet. Darüber hinaus informiert das System den Piloten te Start- und Landebahn erstreckt sich in ostwestlicher Richtung (70°, 250°). Für die zum Beispiel über seinen Trainingsstand und die Aktualität seiner Fluglizenzen. Der Unterbringung der Flugzeuge stehen drei Hallen mit einer Fläche von 1640 qm zur Flugzeugpark mit Reservierungen, Auslastungen einzelner Maschinen oder fälligen Verfügung. In zwei Werkstätten werden Pflege- und Reparaturarbeiten durchgeführt. Überprüfungen ist ein weiteres Beispiel für den Einsatz der Software. DAS COCKPIT

Variometer Faden Mit etwas Übung spürt der Pilot das Steigen oder Sinken des Flugzeugs. Das Variometer Ein sehr einfaches, aber wichtiges Instrument für ein gutes Fliegen. Er zeigt an, aus wel- unterstützt des Finden von Aufwinden, indem es die Vertikalbewegung des Flugzeugs in Richtung das Flugzeug angeströmt wird. Im Geradeausflug sollte der Faden genau m/s anzeigt. Um während des Kreisens nicht immer auf das Vario schauen zu müssen, in der Mitte sein, in Kurven, wie hier, leicht nach außen zeigen. werden die Steigwerte auch akustisch durch Piepstöne wiedergegeben.

Flarm Kompass Das Flarm ist ein Kollisionswarnsystem. Ist nach wie vor Pflichtinstrumentierung, Mit Hilfe des Displays werden andere Flug- wird aber in der Praxis vom Navigations- zeuge in der Nähe visualisiert. Bei Kolli- gerät abgelöst. sionskurs mit einem anderen Segler wird auch ein akustische Warnung ausgegeben Höhenmesser und angezeigt, in welcher Richtung sich Je nachdem, auf welche Referenzfläche das andere Flugzeug befindet. man den Höhenmesser gestellt hat, zeigt er die aktuelle Höhe über dem Meer oder über dem Startflugplatz an. Dieses Flugzeug verfügt über gleich zwei Höhenmesser, einer zeigt die Höhe in Me- Fahrtmesser ter, der andere in Fuß an. Die europäischen Segelflieger sind in der Luftfahrt eine Ausnahme: Bei uns werden Smartphones und Tablets alle Größen in metrischen Einheiten an- Ambitionierte Piloten verwenden gerne gegeben. Der Fahrtmesser zeigt die Ge- ihr eigenes Navigationsgerät, das sie nach schwindigkeit in km/h an und nicht in ihren Wünschen programmieren können. Knoten. Das Gelbe Dreieck gibt die emp- Angefangen von der Schriftgröße, der Far- fohlene Landegeschwindigkeit bei Wind- be, der Kartendarstellungen gibt es hier stille an. so einiges zu optimieren.

Die Instrumente von oben nach unten: Faden - Kompass - Flarm, mechanisches Vario, elektronisches Vario - Fahrtmesser (km/h), Navigationsgerät, Höhenmesser (m), Smartphone/Tablet - Höhenmesser (ft) - Funkgerät.

Funkgerät Navigationsgerät Eine Luftfunkstelle (Funkgerät) darf natürlich in keinem Flugzeug fehlen. Piloten mel- Ähnlich wie im Auto hat auch beim Segelfliegen die GPS-Technik Einzug gehalten. den damit über die Flugplatzfrequenz Starts und Landungen. Für Unterhaltungen über Die Ausstattung der Geräte ist sehr breit gestreut. Die Flugzeuge haben fest eingebaute Streckenplanungen und Steigwerte wechselt man auf eine sogenannte Quasselfrequenz. Navis, viele Piloten verwenden aber ihr eigenes Gerät, mit dem sie vertraut sind. Zum Funken ist ein Sprechfunkzeugnis erforderlich. STRECKENSEGELFLUG

Auf Strecke gehen Ein neues Ziel Nach dem Start am Flugplatz Hetzleser Berg klinke ich in 500 m Höhe aus und nun Die Thermik sollte heute bis 17:30 Uhr halten; das müsste reichen, um einmal um geht es auf Strecke. Das heißt, möglichst schnell und möglichst weit zu fliegen. Ich die Kontrollzone des Nürnberger Flughafens zu fliegen. An diese Strecke habe will heute mit Stefan im Team fliegen, jeder mit einem einsitzigen Vereinsflugzeug. ich mich bisher noch nicht gewagt. Bei dieser Gelegenheit könnte ich erstmals meine Heimat von oben sehen. „Bei mir stehen drei Meter“ höre ich über Funk, ich schieße hinüber zu Stefan und kreise bei ihm in die Thermik mit ein. Es geht mit 3 m/s hoch und ich bin wieder begeistert von dieser gewaltigen Kraft der Natur.

Es wird eng Von Thermik zu Thermik springen wir Richtung Südosten, überfliegen Amberg und nähern uns Regensburg. Bei Schwandorf kreist Stefan 400 m über mir und steigt weiter. Hier irgendwo muss ein Aufwind sein, ich finde ihn aber nicht. Als Stefan an der Wolkenbasis ankommt, liegen 800 Höhenmeter zwischen uns, so dass wir beschließen, uns hier zu trennen. Hastig suche ich im Navi den nächsten Flugplatz, denn spätestens bei 200 m muss ich die Landung einleiten. Wie bestellt steht kurz vor dem Flugplatz Schwandorf ein „Bart“, in den ich hineinstolpere. Er bringt mich in Kürze wieder an die Wolkenuntergrenze bei über 1500 m. Freud und Leid liegen beim Streckenfliegen oft nah beieinander. Weiter geht‘s!

In der Mitte der Brombachsee, am linken Bildrand unter der Tragfläche ist Pleinfeld zu erkennen.

Von Regensburg bis zum Brombachsee benötige ich keine 1,5 Stunden. Ich fliege jetzt das erste Mal in einer Gegend, in der ich mich am Boden wirklich auskenne. Ich erkenne Weißenburg, wo ich zur Schule gegangen bin. Dann hangele ich mich über die kleinen Ortschaften weiter, bis ich unmittelbar über meinem kleinen Hei- matdorf bin. Ich sehe mein Elternhaus – ein großartiges Gefühl.

Immer weiter Um die Kontrollzone bin ich nun fast herum und die Thermik ist immer noch sehr gut. Ich fliege einfach weiter Richtung Norden über den Aischgrund und den Stei- gerwald zum Thüringer Wald. Bei Coburg drehe ich Richtung Osten und überfliege noch das Fichtelgebirge und Bayreuth, bevor ich wieder am Hetzleser Berg lande. Stefan ist inzwischen auch wieder gelandet. Mein Highlight bleibt aber der Flug Sebastian Hausleider ist am 3. Juni 2018 die rot markierte Strecke von 520 km in 6,5 Stunden geflogen. Der grüne Bereich markiert die Kontrollzone des Flughafens Nürnberg, die für Segelflugzeuge ab einer größeren Höhe tabu ist. Start und Landung erfolgten unterhalb über mein Heimatdorf. Als ich realisiere, wo ich heute überall war, denke ich: dieses „Deckels“ am Hetzleser Berg. „Ein tolles Hobby habe ich mir da ausgesucht.“ ALPENSEGELFLUG

Alpenfluglager Ein Flug über die Alpen gehört zu den Im Gebirge nutzt der Segelflieger neben schönsten Erlebnissen eines Segelfliegers. der Thermik, die hier noch viel stärker Er verbindet das technische Beherrschen sein kann als im Flachland, zwei weitere des Fluggeräts unter bisweilen sehr an- Aufwindarten; den Hangaufwind und die spruchsvollen Wetterbedingungen mit Föhnwelle dem Erlebnis einer einzigartigen Natur- landschaft. Alpensegeln wird häufig als Der Hangaufwind Bergsteigen mit dem Flugzeug bezeichnet. Trifft die Windströmung auf den Berg, so Der Flugsportverein Erlangen-Nürnberg wird sie nach oben abgelenkt. Wenn sich fährt zweimal im Jahr zum Segelfliegen in der Segelflieger in dieser Zone aufhält, die Alpenflugzentren Lienz (Tirol), Bar- gewinnt er an Höhe. An längeren Berg- celonette (Frankreich) oder ins Aostatal rücken, wie z. B. im Veltlin oder im Aosta- (Italien). Dort verbringen erfahrene Pilo- tal, können auf diese Weise auch größere ten und solche, die es werden wollen, 10 Strecken zurückgelegt werden. bis 14 gemeinsame Tage beim Segelfliegen in den Bergen.

Im Montblancmassiv lösen sich die Wolken nur langsam auf. Hier Eine riesige Föhnwelle gleitet über die Alpenkämme. Scheinbar mühelos lässt sich das „kleine“ Segelflugzeug von dieser Welle über das ist besondere Aufmerksamkeit gefordert, damit nicht plötzlich eine Wolkenmeer tragen. Felswand vor einem auftaucht. Die Föhnwelle Trifft eine stabil geschichtete Luftmasse mit einer Geschwindigkeit von mehr als 35 km/h senkrecht auf eine Bergkette, so wird die Luft in Schwingung versetzt. Es entsteht die sogenannte Leewelle, die bei entsprechender Wetterlage über 10.000 Meter hoch reichen kann. In den Alpen wird dieses Wetterereignis als Föhn be- zeichnet. In der Föhnwelle können wir daher sehr große Flughöhen erklimmen. Belohnt werden wir mit einer grandiosen Fern- sicht und dem Blick auf die höchsten Gip- fel der Alpen. Am Fuß des 3559 m hohen Monte Emilius, einem der Hausberge von Aosta, werden die letzten Startvorbereitungen getroffen. MODELLFLIEGEN

Ein vielseitiges Hobby Im Kleinen wie im Großen Faszinierende Technik, etwa in Form diverser Antriebe Alle Arten der „großen“ Luftfahrzeuge sind auch im Mo- denstart oder Schleppflugzeuge auf Höhe gebracht wer- oder der Möglichkeiten der Telemetrie in der Funktech- dellbau zu finden. Entsprechend der geflogenen Modelle den, bevor man sich auf die Suche nach dem nächsten nik, paart sich mit Grundkenntnissen der Flugphysik und gliedert sich der Modellflug in folgende Sparten. Thermikschlauch begeben kann. Seit 2018 werden auf Wetterkunde. Im Fokus steht dabei immer auch die prak- dem Marloffsteiner Fluggelände regelmäßig auch Segler- tische Umsetzung der eigenen Kenntnisse draußen am schlepps durchgeführt, die sich wachsender Beliebtheit Flugplatz. Motorflug erfreuen. Im Motorflug werden meist Propellermodelle mit Elek- Eine lange Tradition tro- oder Verbrennerantrieben geflogen. Oft sind es In den 20er und 30er Jahren des vergangen Jahrhunderts kunstflugtaugliche Modelle, mit denen Rollen, Rücken- erlebte das Modellfliegen eine große Blüte. Erlanger und flug, Turns und viele weitere Figuren möglich sind. Wegen Nürnberger Modellflieger nahmen viele Jahre erfolgreich der nicht unbeträchtlichen Kosten sieht man nur selten an bayerischen und nationalen Wettbewerben teil. Jetmodelle, die mit maßstabsgemäß verkleinerten Turbi- nenantrieben ausgestattet sind.

Raptor 3D-Hubschrauber im Rückenschwebeflug. 3,5 kg Fluggewicht mit 10 ccm Methanol- motor.

Hubschrauberflug Zunehmender Beliebtheit erfreut sich auch der Heli- kopterflug. Da Hubschrauber prinzipiell deutlich weniger Die Brüder Georg und Ernst Eisenmann mit einer neugierigen Kinderschar am Exerzierplatz eigenstabil fliegen als Flächenmodelle, galt in der Anfangs- Erlangen, 1930. Kunstflugmaschine Pitts 12 mit 221cm Spannweite und 12,5 kg Fluggewicht. Angetrieben von zeit des Helikopterflugs schon das Schwebenlassen eines einem 120ccm Benzinmotor. 1964 kam es innerhalb der damaligen Flugsportvereini- Hubschraubermodells als fliegerische Meisterleistung. gung Erlangen zur Neugründung der Modellfluggruppe. Segelflug Heutzutage werden Hubschrauber durch elektronische Heute zählt die Gruppe ca. 160 Mitglieder, die auf zwei Im Segelflug geht es primär darum, den Auftrieb für das Kreisel über alle drei Achsen stabilisiert. Die meisten ak- Flugplätzen bei Marloffstein (an der Straße nach Ebers- Modell in Form von Thermik oder Hangaufwinden aus tuellen Hubschraubermodelle sind voll kunstflugtauglich bach) und Pinzberg (auf der Anhöhe zwischen Pinzberg der Natur zu bekommen. Beliebt sind dabei vor allem und darin ihren großen Vorbildern sogar deutlich über- und Gaiganz) ihrem Hobby nachgehen können. Auf bei- Elektrosegler, bei denen das Modell durch einen Elekt- legen. den Plätzen gibt es Zuschauerbänke, die an schönen Wo- roantrieb auf Höhe gebracht wird. Im Gegensatz dazu chenenden auch gern genutzt werden. müssen reine Segler genau wie die „Großen“ durch Win- AUSBLICK

Start- und Heimkehrhilfen Elektroschlepp No limits ­Auch dem besten Segelflieger kann es passieren, daß er Segelfliegen heißt, nur mit der Energie von Sonne und den Heimatflugplatz nicht mehr erreicht. Da wünscht Wind durch das Luftmeer zu gleiten. Wie diese Ener- man sich einen kleinen Hilfsmotor, denn Außenlandungen gie am effektivsten genutzt werden kann, ist die zentrale – vielleicht auf einem feuchten Acker – sind unangenehm Frage, die das Segelfliegen von Anfang an begleitet. und lästig; die Vereinskameraden müssen kommen, das Was sind die besten Flügelprofile und Rumpfformen, wie Flugzeug abrüsten und für den Rücktransport im Anhän- kann man Flugzeuge extrem leicht und nur aus Kunsstoff ger verstauen. bauen? Viel Technologie, die heute in Verkehrsflugzeugen Schon seit langem gibt es Segelflugzeuge mit einem klei- verwendet wird, wurde oft schon Jahrzehnte zuvor im nen Motor als Heimkehrhilfe. Und einige Modelle kön- Segelflug erprobt und eingesetzt. nen mit dem Hilfsmotor auch autonom starten.

© Jean-Marie Urlacher Freitag, 24. März 2017, Flugplatz Dinslaken Schwarze Heide: Angetrieben von dem Rekord- Elektromotor von Siemens, schleppte die „Extra 330LE“ als weltweit erster Elektroflieger ein Segelflugzeug in die Höhe. Der nahezu lautlose Flugzeugschlepp von Pilot Walter Extra brachte eine LS8-neo in nur 76 Sekunden auf 600 Meter. – Für den Einsatz im F-Schlepp ist ein Elektroflugzeug ideal, da die Flugdauer mit jeweils wenigen Minuten sehr kurz ist. Elektroantriebe Elektroantriebe eröffnen im Segelflug neue Perspektiven. Sie sind bei gleicher Leistung wesentlich kompakter und leich- ter als Verbrennungsmotoren, sind einfach zu bedienen, sind fast geräuschlos und emissionsfrei. Der Elektroantrieb ist sofort betriebsbereit und arbeitet auch in großen Höhen ohne nennenswerten Leistungsverlust. Für den Elektroan- trieb im Segelflug hat die Zukunft gerade begonnen.

© Solar Impulse / Anna Pizzolante / REZO.ch Solar Impulse 2 hat bewiesen, daß eine Weltumrundung ohne einen Tropfen Treibstoff mög- lich ist. Die Energie für die vier Motoren liefern 17.000 Solarzellen. Das Flugzeug mit 72 m Spannweite hat das Gewicht eines PKWs. Die längste Etappe der Weltumrundung ging über den Pazifik von Japan nach Hawaii, betrug 7.200 km und dauerte über 180 Stunden.

Neue Speichertechnologien und Elektroantriebe dehnen die Möglichkeiten des Segelfluges immer weiter aus. Mit einem intelligenten Energiemanagement aus Thermik- © Firma Alexander Schleicher flug, Gleitflug, Stromspeicher und elektrischem Antrieb

© Firma Schempp-Hirth läßt sich das Fliegen ohne fossile Treibstoffe theoretisch Der agile und formschöne Discus-2c der Firma Schempp-Hirth mit elektrischer Heimkehrhil- Eine ASG 32 EL der Firma Schleicher mit Elektromotor. Die Bildsequenz zeigt, wie der nur fe. Der FES-Antrieb ist in der Flugzeugnase integriert. Der Faltpropeller liegt im Ruhezustand 12 kg leichte Elektroantrieb aus dem Schacht im Rumpf hochklappt. Mit diesem Antrieb ist – und vielleicht bald auch praktisch – beliebig verlängern. des Motors am Rumpf an und entfaltet sich beim Start des Motors sofort. Mit dem FES-Sys- ein maximales Steigen von 1,3 m/sec möglich. Die Akkuladung reicht für einen Volllastbetrieb tem sind Steigwerte von 2 m/sec möglich und eine Laufzeit von 45 Minuten bei 100 km/h von 20 Minuten. Das emissionsfreie Fliegen hat schon eine große Vergan- Geschwindigkeit. genheit – die Zukunft läßt noch Größeres erwarten.