Ökonomie, Die Nissen Dann Schlagzeilen Kneten Und Darauf Warten, Dass Das Mediale Echo Auf Das Antwortverhalten Der Übernächs- Ten Umfrage Zurückwirkt
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WIRTSCHAFT ANDERS DENKEN 2 18 Monatszeitung OXIBLOG.DE 3,50 € SCHWERPUNKT ÖKONOMINNEN Seite 3 Das Jungsthema Sabine Nuss über Herr-Schaft, Ökonomie und Selbstzweifel Seite 6 Eine Selbstverständlichkeit Die DDR-Ökonomin und Ministerin Christa Luft im Gespräch Seite 18 Ein Anfang Silja Graupe und Florian Rommel über neue Orte für ökonomische Bildung MURX VINCENT KÖRNER Eine Politischen Ökonomie des Umfrage- wesens ist noch nicht geschrieben. Oder doch? Man könnte eine Umfrage dazu in Auftrag geben, aus den Ergeb- Ökonomie, die nissen dann Schlagzeilen kneten und darauf warten, dass das mediale Echo auf das Antwortverhalten der übernächs- ten Umfrage zurückwirkt. Mag sogar Die Voreingenommenheit der Wirtschaftswissenschaften und der Politik gegenüber anderen sein, dass wir irgendwann eine Mehrheit vermelden könnten? Wofür? Keine Denkhaltungen und der Geschlechterfrage ist lebensgefährlich geworden Ahnung, denn 40 Prozent antworteten mit »Weiß nicht«. KATHRIN GERLOF der 1950er Jahre, die Theorien des 19. Jahr- Das ist ein vergleichsweise alberner Beweis, Zurück zum Thema. Dieser Tage ver- hunderts. Übertrüge man dies auf irgendeine tatsächlich aber entspricht die an die Öffent- lautete, eine Umfrage habe erwiesen, n ihrem im März in deutscher Sprache andere wissenschaftliche Disziplin, beispiels- lichkeit gelangende Expertise von Ökonomin- dass Frauen denken, Männer könnten erscheinenden Buch Die Donut-Öko- weise die Medizin, ginge man lieber zur Wun- nen nicht deren tatsächlicher wissenschaftli- nicht so gut mit Geld umgehen – und nomie (Hanser Verlag) widmet sich die derheilerin, als sich in ein Krankenhaus zu be- cher Leistung. Das war schon immer so und das Männer dasselbe von Frauen glauben. Autorin Kate Raworth eingangs der geben. trifft auch auf jene neuen Denkansätze zu, die Am Ende kommen dann Durchschnitts- umfassenden Krise der Wirtschafts- Die Politik aber holt sich die Grundlagen für sich mit der Frage befassen, wie eine Gesell- werte heraus: 32 Prozent aller Befragten wissenschaften, deren öffentlicher ihre Wirtschaftspolitik genau dort ab, wenn sie schaft nach dem Kapitalismus aussehen und meinten, es seien die Frauen, die besser IKanon seit jeher von Männern diktiert wird. nicht von vornherein Wirtschaftslobbyisten wie ein anderes Wirtschaftssystem jenseits mit Geld umgehen könnten. Nur Ökonomen seien mit der Aura der Autorität den Vorzug als Einfl üsterer gibt. Was sie meist des kapitalistischen funktionieren kann. magere 19 Prozent meinten, Männer ausgestattet. »Sie sitzen in der internationa- tut. Wer über die Neoklassik und das politi- Der Postkapitalismus ist ebenfalls Männer- seien auf diesem Gebiet besser. Was len politischen Arena – von der Weltbank bis sche Projekt des Neoliberalismus, der sich aus sache. Bislang. Es wäre interessant, im Stile der wir daraus lernen? Nun, Auftraggeber zur Welthandelsorganisation – als Experten in ihr nährt, hinausgeht, sich anderen Schulen, G-20-Ikonografi e ein Foto all jener, öffentlich der Umfrage war eine Bank, die sich der ersten Reihe. In den USA beispielsweise ist Denkrichtungen, Möglichkeiten öffnet, gilt zumindest diskutierter, Ökonom*innen zu se- so ins Gespräch brachte. Es lässt sich das Council of Economic Advisers des Präsiden- wahlweise als exotisch, bekloppt oder niedlich. hen, die als Expertise für neue ökonomische eben treffl ich über Fragen zu reden ten das einfl ussreichste, renommierteste und Der feministischen Ökonomie, bei der wir Ansätze gelten. Und in dem Suchbild die Frau wie »Wer neigt eher dazu, Geld für unnö- am längsten bestehende Beratungsgremium uns treffl ich streiten können, ob sie eine Denk- zu fi nden. tige Sachen auszugeben?« Zumal in des Weißen Hauses….« richtung, eine Nische oder ein grundlegend Die feministische Ökonomie kann für sich Zeiten, in denen das Überwinden von John Maynard Keynes oder Adam Smith wa- neuer Ansatz für ökonomisches Handeln ist, weiterhin in Anspruch nehmen, als einzige Rollenmodellen dazu führt, dass ren nicht die einzigen, die vor der Macht ihres kommt seit Ausbruch der Finanzkrise etwas Denkschule den großen Bereich der Repro- eben diese Rollenmodelle wieder im Berufsstandes warnten. Keynes beklagte, dass mehr Aufmerksamkeit zu. Die Krise hatten vor duktionsarbeit und die Geschlechterverhält- Kurs steigen. die Gedanken der Ökonomen, egal, ob sie im allem Männer zu verantworten (auch wenn die nisse in den Blick und Fokus zu nehmen. Bar- Was »unnötige Sachen« sind, hätten Recht oder im Unrecht seien, einfl ussreicher Frage, ob Lehman Sisters ebenfalls Pleite ge- bara Fried, Vizedirektorin des Instituts für wir allerdings schon gern erfahren. seien, als gemeinhin angenommen. »Prakti- gangen wären, nie beantwortet werden kann), Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg- Andererseits geht es uns wie den 47 ker, die sich ganz frei von intellektuellen Ein- als Krisenmanagerinnen kamen in der Poli- Stiftung, monierte zu Recht, dass Klasse und Prozent, die meinten, es gebe gar fl üssen glauben, sind gewöhnlich Sklaven tik, vor allem aber in den Familien und Sozial- Feminismus weiterhin gegeneinander ausge- keinen Unterschied. Wahrscheinlich irgendeines verblichenen Ökonomen.« Fried- räumen, viele Frauen zum Zug. Nennen wir sie spielt werden. dämmert es dieser relativen Mehr - rich August von Hayek bekam 1974 als erster Trümmerfrauen. In der Bundesrepublik war schon vor 15 Jah- heit, dass es mit der Realabstraktion den Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirt- Wer sich allerdings heute bei Google ein ren die Reproduktionsarbeit zeitlich um das Geld doch mehr auf sich hat, als man schaftswissenschaften verliehen und merkte Alert für die Begriffe Wirtschaftsexperte und 1,7-fache größer als die Lohnarbeit. Gabriele am angeblich geschlechterspezifi schen an, er hätte sich, wäre er gefragt worden, gegen Wirtschaftsexpertin einrichtet, wird unter ers- Winker, Mitbegründerin des Feministischen In- Verhalten durchdeklinieren könnte. die Einrichtung eines solchen Preises ausge- tem Wort regelmäßig belohnt und bekommt ta- stituts Hamburg, sieht in der sogenannten Care- Und so warten wir einfach auf die nächste sprochen, da der Nobelpreis einem Menschen gelang nichts zum zweiten Wort geboten. Revolution deshalb auch einen grundlegenden Umfrage, in der die Leute dann darauf eine Autorität verleihe, die in der Ökonomie Perspektivwechsel, der statt Profi tmaximie- antworten, was Geld eigentlich ist, warum niemandem zukäme. rung die Verwirklichung menschlicher Be- es entscheidender ist, was sich darin Wenn es einer Wissenschaft gelingt, über dürfnisse ins Zentrum gesellschaftlichen und für soziale Verhältnisse ausdrücken und Jahrhunderte hinweg fast ausschließlich die ökonomischen Handelns stellt. Dieser Ansatz wer davon viel zu viel hat, weil er sich männliche Sicht- und Denkweise in die Öffent- könnte heißen, alle gesellschaftlich für die Da- fremde Arbeit aneignen kann. Und ehr- lichkeit zu tragen, ins Bewusstsein zu pfl an- Der Post- seinsvorsorge notwendigen Arbeiten von der lich: Wir würden dabei nicht die Bohne zen und ihr Einfl uss zu verschaffen, hat dies Warenproduktion und damit von Verwertungs- auf die Unterschiede bei den Antworten irgendwann gravierende Folgen. kapitalismus prinzipien auszuschließen. von Frauen und Männern glotzen. Raworth erklärt, dass in den USA jährlich Das alles wird viel zu wenig diskutiert. Kate Es könnte nämlich sein, dass es sich bei rund fünf Millionen Collegestudenten einen ist ebenfalls Raworth: »Den Kern des herkömmlichen wirt- solchen Ergebnissen um ziemlichen Ökonomiekurs absolvierten, der als standard- schaftlichen Denkens bildet eine Handvoll Dia- Murx handelt. mäßiger Einführungskurs namens Econ 101 Männersache. gramme, die ohne Worte, jedoch sehr eindrück- inzwischen weltweit angeboten und gelehrt lich Art und Weise bestimmt haben, wie wir würde. Überall dieselben Lehrbücher, dieselbe Bislang. über die ökonomische Welt denken – und alle Denkhaltung, derselbe Einheitsbrei, diesel- diese Diagramme sind überholt, betriebsblind ben Zahlen und Kurven, die Geisteshaltung oder schlicht falsch.« 2 OXI | 2 | 18 SCHWERPUNKT 3 EDITORIAL INHALT Der Februar ist arm an Feier- und Ge- Seite 3 Das Jungsthema Unsere Männerwirtschaft, abgewirt- Seite 14 Marx nicht in Seite 18 Trotz oder gerade denktagen. Darüber tröstet auch Erfahrung als Frauen bleibt eine schaftet Und wer hat Adam den Klassiker-Schrank sperren wegen des »Machismo« Wie in der verbraucherfreundliche Valentins- der Herr-Schaft. Das hat mehr Smith das Abendbrot gemacht? Antonella Muzzupappa küm- Lateinamerika versucht wird, tag nicht hinweg. Der 14. Februar ist mit Ökonomie zu tun, als vielen Sigrun Matthiesen mert sich für eine Parteienstif- Feminismus und Wirtschaftsre- aber auch Tag des Riesenrads. Der Inge- bewusst ist Sabine Nuss tung um Politische Ökonomie formen zu verknüpfen nieur Gale Ferris Jr. hatte das Riesen- Seite 9 Ohne Druck geht fast Ulrike Kumpe rad erst erfunden und 1893 für die Welt- Seite 4 Eine zweite stille nichts Die Zahl von Frauen in Der unbezahlte Teil der Ökono- ausstellung gebaut, starb jedoch mit Revolution Die Zahl der Ökono- Spitzenjobs der Wirtschaft mie Bettina Haidinger arbeitet Seite 19 Glossar 37 verarmt, Ruhm und Geld bekamen minnen wächst, und doch sind wächst langsam. Frank Krüger an der Forschungsstelle Arbeits- die Manager der Ausstellung. Ein die Wirtschaftswissenschaften welt in Wien Seite 20 Hebel zur Flexibilisie- Jugendsender ernannte den 2. Februar immer noch eine Männer- Seite 9 Anderes als die rung, Folge öffentlicher Spar- zum »Tag des arbeitslosen Duftbaums«, domäne. Tom Strohschneider traditionellen