Die Historischen Buchbestände Der Stadtbibliothek Schaffhausen Hanspeter Marti, René Specht, André Weibel Bestandsgeschichte
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Die historischen Buchbestände der Stadtbibliothek Schaffhausen Hanspeter Marti, René Specht, André Weibel Bestandsgeschichte Die Stadtbibliothek Schaffhausen wurde an Ostern 1636 als Bürgerbibliothek gegründet, of- fenbar nach dem Vorbild der 1629 gegründeten Stadtbibliothek von Zürich.1 Neben der Bür- gerbibliothek gab es bereits eine theologische Fachbibliothek in der Kirche St. Johann, die Vorläuferin der heutigen Ministerialbibliothek. In der Sammlung im St. Johann hatten nach der Reformation die Reste der Bibliotheken der aufgehobenen Klöster Aufnahme gefunden. Die Intentionen der nicht namentlich bekannten Gründer der Bürgerbibliothek sind formuliert in der lateinischen praefatio zum Album publicae civium scaphusianorum bibliothecae. In diesem Buch wurden die Namen von Gönnern, gestiftete Summen und Titel von geschenk- ten Büchern eingetragen.2 Das Album ist neben den erhaltenen Büchern, den darin enthalte- nen Besitzeinträgen und Widmungen sowie wenigen anderen Zeugnissen die wichtigste Quelle für die frühe Bestandesgeschichte. Die Bürgerbibliothek sammelte auch Bilder, Mo- delle, Naturalien u. ä. Von diesem Teil der Sammlung, auf den hier nicht weiter eingegangen wird, trennte sie sich im Laufe des 19. Jhs. Eines der frühesten bekannten Buchgeschenke ist jenes von Johannes Fabricius, praecep- tor. Die Quatuor evangeliorum consonantia des Ammonius (Mainz, 1524) enthält auf dem hinteren Spiegelblatt eine vom August 1636 datierte Widmung und ist mit Autor, Titel und Namen des Schenkers im Album aufgeführt.3 Ein weiterer Schenker der ersten Jahre ist Hans Jakob vom Greuth aus Diessenhofen, der mit zehn einzeln genannten Werken aufge- führt ist.4 Die in der Reihenfolge der Eintragung im Album erste grössere, allerdings nicht datierte und nicht nach Titeln aufgeschlüsselte Schenkung ist die von Klosterpfleger Heinrich Seiler (1595-1657), der «170 Stuck incirca klein und gross laut [nicht erhaltener] Specificati- on» geschenkt haben soll.5 Seiler scheint sich auch dafür eingesetzt zu haben, dass die Bib- liothek 1639 den Kreuzsaal im ehemaligen Kloster Allerheiligen beziehen konnte, wo sie 1 Kein "Zusammenhang […] mit den alten Klosterbibliotheken unserer Stadt. Sie ist vielmehr eine freie Gründung einer Anzahl hiesiger Bürger […]". Bächtold, Ergänzungen, S. 7 2 Msc. Scaph. 57. Auf den ersten 65 Blättern wurden von ein- und derselben Hand Namen von Zeit- genossen aufgelistet; die gestifteten Geldbeträge wurden (teilweise) später nachgetragen, die ge- schenkten Bücher erst in den 1680er-Jahren von Johannes Keller. Gamper, Handschriften, S. 57, Anm. 155. 3 Ammonius Alexandrinus, Quatuor evangliorum consonantia, Mainz, Schöffer 1524, ZA 34, Album f 29r. Sebastian Grübel (1610-1684) schenkt 1646 Angelus de Gambilionibus, Super Institutiones, Mailand, Johannes de Honate. Ink. C. Gamper, Handschriften, S. 35, Anm. 158. 4 Album, f 45r. Zu Burklehner (V* 45): Band 1: Hans Jacob von Greütt übergibt dis Buch in die Biblio- thec Anno 1640. Band 2 Hans Jacob von Greütt im Lindenhof zuo Diessenhofen übergibt dis neben anderen Büchern in die Schaffhausische Bibliothec Anno 1640. 5 Album, f 12 (alte Foliierung). 1 während über 150 Jahren untergebracht war.6 Das zweite grössere, zudem datierte Ge- schenk ist das des Statthalters und nachmaligen Bürgermeisters Johann Kaspar Lang (1571- 1645), der am 20. Dezember 1639 «laut [nicht erhaltenem] specificiertem Catalogo incirca 130 Stuck» «verehrte», und zusätzlich «im Hornung 1640 vermög [nicht erhaltenem] Catalo- gi incirca 60 Stuck».7 Bereits ein Jahr nach der Gründung der Bibliothek kaufte die Stadt Schaffhausen 1637 dem in finanziellen Schwierigkeiten steckenden, auf Schloss Engen im Hegau lebenden Maximili- an von Pappenheim, Reichsmarschall, Landgraf von Stühlingen (1580-1639) für 537 Gulden eine unbekannte Zahl von Bden ab.8 Einige Bücher der Bibliothek tragen denn auch einen Besitzervermerk Maximilians oder eines anderen Angehörigen der Familie Pappenheim.9 Teil der Pappenheimischen Sammlung war sehr wahrscheinlich die Büchersammlung des En- gemer Priesters Wolfgang Keller.10 Aus seinem Besitz sind 268, vorwiegend im 16. Jh ge- druckte Bde mit teilweise sehr detaillierten Einträgen erhalten. Ein eigenhändiges Verzeich- nis seiner Bücher, das Keller 1586 auf der unbedruckten letzten Seite eines Frankfurter Drucks von 1579 und beigebundenen leeren Blättern anlegte, umfasst 114 Nummern.11 Kel- ler muss 1536 oder 1538 geboren worden sein; 1560 feierte er Primiz, 1603 lebte er noch.12 Das jüngste Buch, das einen Besitzeintrag von seiner Hand aufweist, wurde 1602 gedruckt. Eine weitere Sammlung scheint sehr früh mehr oder weniger geschlossen in der Bibliothek Eingang gefunden zu haben, möglicherweise als Teil der erwähnten Schenkungen von Seiler oder Lang. Die dazugehörigen Bücher zeichnen sich durch einheitliche Schildchen mit einem numerus currens von einer Hand des frühen 17. Jhs aus. Die Sammlung dürfte, nach der höchsten erhaltenen Nummer zu schliessen, ursprünglich mindestens 310 Bde umfasst ha- ben. Erhalten sind drei Handschriften und 109 Drucke, der jüngste von 1593. Möglicherweise handelt es sich um die Reste einer Schulbibliothek.13 Zu diesem Bestand gehören auch meh- rere Bde mit dem Besitzereintrag von Paulus Florenius, einem zeitweise in Schaffhausen lebenden Theologen aus Böhmen.14 Die Bibliothek wuchs nur langsam. Daran änderte sich auch nicht viel, als 1681 eine Biblio- thekskommission bestellt und ein Reglement erlassen wurde. Die «Kuratel», die sich aus je 6 Frauenfelder, Geschichte, S. 10. 7 Album, f 39. Porträt erhalten. 8 Gamper, Handschriften, S. 37, Anm. 182-187. 9 Zweibändige deutsche Bibel, Nürnberg, Anton Koberger, 1483. Ink. XXIV. Weitere Beispiele in der Bestandesbeschreibung. 10 Gamper, Handschriften, S. 37. 11 ZA 6. Das Verzeichnis bricht mitten in einem Eintrag ab. 12 Gamper, Handschriften, S. 36f. Zu Wolfgang Keller siehe das Paper von Salome Hächler über die Rekatalogisierung der Ministerialbibliothek. Kellers Besitzervermerk findet sich in mindestens 106 der von Hächler katalogisierten Bde, mit Daten aus den Jahren 1558 bis 1602. 13 Gamper, Handschriften, S. 35f., Anm. 166, listet die Signaturen auf. 14 Gamper, Handschriften, S. 58, Anm. 167. Allerdings findet sich auch ein Buch mit Besitzeintrag von Paulus Florenius ohne das beschriebene äussere Merkmal: VO 34. 2 zwei Vertretern der zwölf Zünfte und Gesellschaften zusammensetzte, hielt nur unregelmäs- sig Sitzungen ab. Die Protokolle enthalten keine Angaben zu einzelnen Titeln und Anschaf- fungen. Gegen Ende des 17. Jhs. dürfte die Bibliothek rund 1'500 Werke umfasst haben. Ein erster, seit dem 19. Jh verschollener Katalog soll, wie Johann Jakob Mezger 1871 in seiner Bibliotheksgeschichte schreibt, «cirka» 1’574 Werke verzeichnet haben: «Charakteristisch ist, dass dieser älteste Catalog noch nach den kirchlichen Bekenntnissen der Verfasser ein- getheilt ist, papistische Bücher, wozu die Kirchenväter gezählt werden, reformirte, lutheri- sche. Es waren in diesem Sinn damals 474 papistische, 250 lutherische und 336 reformirte Werke vorhanden.»15 Das Album listet über 200 Einzeltitel auf, mit wenigen Ausnahmen sind die Einträge nicht datiert. Die meisten der erwähnten Werke sind noch vorhanden, in zahlreichen Fällen enthal- ten sie zudem eine Widmung an die Bibliothek. Bürgermeister Tobias Holländer (1636-1711) schenkte vier mathematische oder astronomische Werke.16 Der Grossteil seiner Bibliothek wurde jedoch auf einer Auktion verkauft; einige Werke gelangten später über Zwischenbesit- zer in die Bürgerbibliothek. Deren Gönner waren auch der Stadtarzt Heinrich Screta von Za- vorziz (1637-1689) und sein Neffe Ludwig Lucius Screta (1662-nach 1699), die 1688 sowohl Bücher als auch Handschriften schenkten.17 Die Erben von Franz Stockar «zum Schnee- berg» (1657-1693) ermöglichten kurz nach 1700 mit einem Geschenk von 100 Gulden den Kauf und das Einbinden von neun Werken.18 Weitere repräsentative Einzelgeschenke sind Scheuchzers Kupferbibel, welche die Bibliothek 1727 aus dem Nachlass von Maria Cle- ophea Peyer-Stokar erhielt,19 und die Encyclopédie in 13 Foliobden, welche 1764 von Bür- germeister Franz von Meyenburg, Statthalter David Meyer, Seckelmeister Heinrich Keller, Seckelmeister Johann Conrad Ringk von Wildenberg und Stadtschreiber Johann Ludwig Peyer geschenkt wurde.20 Es fehlte auch nicht an Verfassern, Herausgebern und Verlegern, die ihre Werke schenken. Friedrich August von Schleinitz schickte seine französische Übersetzung von Pope (Helm- stedt 1749)21 begleitet von einem langen handschriftlichen Widmungsbrief an die Schaffhau- ser Obrigkeit. Der hiesige Drucker und Verleger Emanuel Hurter (1694-1765) stiftete seine 15 Mezger, S. 4. Mezger berichtet 1870 von diesem Katalog, wie wenn er ihm vorgelegen hätte; späte- re Autoren erwähnen ihn nur noch mit Bezug auf Mezger. Die Formulierung bei Henking, S. 8, macht glauben, der Katalog sei noch vorhanden. 16 Album f 83. 17 Album ff 100-102. Das Datum 1688 findet sich in Msc. Scaph. 5. 18 Album f 107. Die neun Werke sind nicht mehr alle vorhanden (falls sie überhaupt so wie angegeben beschafft wurden). In den sicher identifizierten Bänden findet sich kein Hinweis auf Franz Stockars Erben. Nach den Erscheinungsjahren zu schliessen, muss die Schenkung einige Jahre später, d.h. kurz nach 1700, erfolgt sein. 19 Album f 136r, S* 8. 20 Mezger, S. 5. Q* 82. Widmung vom 1. Juni 1764 im ersten Band. Die Schenkung dürfte die Bde 1 bis 7 und die Abbildungsbände ("Planches") 1, 2,1 und 2,2, d.h. gesamthaft 10 Bde, umfasst haben, die sich durch ihre einheitliche Bindung