May Harrison Biografie
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Harrison, May May Harrison Biografie * 23. August 1890 in Roorkäa, Indien May Harrison wurde am 28. August 1890 als erste von † 8. Juni 1959 in South Nutfield (Surrey), England insgesamt vier Kindern geboren. Der Vater, J. H. C. Har- rison, war zu dieser Zeit als Colonel der Royal Engineers Violinistin, Solistin, Kammermusikerin, Dozentin für in Roorkäa, Indien, stationiert. Als May Harrison zwei Violine, Klavierbegleiterin, Konzertveranstalterin, Jahre alt war, kehrte die Familie nach England zurück. Komponistin (?) Die Mutter Anne Harrison war Sängerin und Pianistin und sorgte für eine fundierte musikalische Ausbildung ih- „Miss Harrison plays with a confidence and decision rer Töchter, von denen drei professionelle Musikerinnen which carries her audience with her from the very first. wurden: May Harrison und Margaret Harrison (geb. She has the orator’s instinct for taking captive the sympa- 1899) als Violinistinnen und Klavierbegleiterinnen, Beat- thies of those whom she is addressing. But she does not rice Harrison (geb. 1892) als Cellistin. Von klein auf er- allow herself to be carried away. Her performance is accu- hielt May Harrison Unterricht in Violine und Klavier und rate and conscientious.” gewann bereits im Alter von 10 Jahren die „Associated „Miss Harrison spielt mit einem Selbstvertrauen und ei- Board’s gold medal“ in der „Senior Devision“, wobei sie ner Entschiedenheit, die das Publikum vom ersten Mo- sich gegen 3000 Mitbewerber durchsetzte. Ein Jahr spä- ment an trägt. Sie hat ein Gespür dafür, die Aufmerksam- ter, mit 11 Jahren, wurde May Harrison am Londoner keit jener zu fesseln, an die sie sich wendet. Sie selbst läs- Royal College of Music aufgenommen, erhielt ein Stipen- st sich dabei nicht gehen. Ihre Interpretation ist fehlerf- dium und begann dort das Fach Violine bei Serge Achille rei und durchdacht.” Rivarde und Enrique Arbós zu studieren. Gleichzeitig er- („The Times London” vom 23. Februar 1912, S. 10) hielt sie Unterricht in Komposition bei Charles V. Stan- ford. Profil Bereits während ihres Studiums sorgte Enrique Arbós May Harrison galt als so genanntes „Wunderkind“. Be- für regelmäßige Auftritte seiner Schülerin. May Harrison reits im Alter von 10 Jahren gewann sie die „Associated gab mit 13 Jahren ihr Orchester-Debüt in der St. James’s Board’s gold medal“ in der „Senior Devision“, begann ein Hall unter der Leitung von Henry Wood mit einem der Jahr später am Royal College of Music in London mit ei- Violinkonzerte von Johann Sebastian Bach, dem Violin- nem Stipendium bei Enrique Arbós das Fach Violine zu konzert e-Moll op. 64 von Felix Mendelssohn Bartholdy studieren und setzte ab 1908 ihr Studium bei Leopold Au- sowie „Introduction et Rondo Capriccioso“ op. 28 von Ca- er in St. Petersburg fort. Noch während ihres Studiums mille Saint-Saëns. Es folgte eine Reise durch Spanien, konnte May Harrison sich international als Solistin etab- bei der May Harrison unter anderem mit dem Madrider lieren und trat dabei besonders als herausragende Interp- Symphonieorchester unter der Leitung von Enrique Ar- retin der Werke Johann Sebastian Bachs sowie aktueller bós auftrat und private Konzerte gab (vgl. Harrison 1985, britischer Musik hervor, u. a. mit Werken von Frederick S. 49). Ebenfalls unter der Leitung von Enrique Arbós Delius, Cyril Scott, Arnold Bax und Edward Elgar. Ab spielte May Harrison im November 1905 in der Londo- 1935 war sie zudem als Violinpädagogin am Royal Colle- ner Bechstein Hall das Violinkonzert D-Dur op. 61 von ge of Music in London tätig. Ludwig van Beethoven. Die London Times kommentier- te: „[...] her conception of the work is so mature and her Orte und Länder style so truly musical that she impressed every one of her May Harrison wurde in Roorkäa, Indien, geboren. Als sie hearers, not so much with her own skill as with the nobili- zwei Jahre alt war, kehrte ihre Familie nach England zu- ty and loveliness of the work.” („[...] ihre Idee des Wer- rück und lebte eine zeitlang in Chatham, in der Nähe von kes ist so durchdacht und ihr Stil so wahrhaft musikali- London. May Harrison studierte in London das Fach Vio- sch, dass sie jeden einzelnen ihrer Zuhörer beeindruckte, line und setzte anschließend ihr Studium in St. Peters- nicht so sehr mit ihren eigenen Fähigkeiten als viel mehr burg fort. Nach Beendigung ihres Studiums pendelte sie mit der Größe und Schönheit des Werkes.”; „The Times zunächst zwischen Berlin und London und ließ sich dann London“ vom 13. November 1905, S. 15). in London nieder. May Harrison verließ das Royal College of Music im Frühjahr 1908, nachdem sie noch im Dezember 1907 ei- – 1 – Harrison, May nen der College-internen Preise, „The Edwin S. Dove be- Winderstein. Die Neue Zeitschrift für Musik schrieb, „die quest“, erhalten hatte (vgl. The Times London vom 20. schon sehr bekannte und geschätzte Geigerin Frl. May Dezember 1907). Sie gab im März 1908 drei Solo-Konzer- Harrison“ habe „mit großem, beseeltem Ton, scharfer te in der Londoner Bechstein Hall, bei denen sie u. a. mit Rhythmisierung und klarer präziser Technik Brahms' D Giuseppe Tartinis „Teufelstriller-Sonate“, der Sonate d- dur-Konzert wundervoll zum Vortrag“ gebracht (NZfM Moll op. 108 von Johannes Brahms, dem Violinkonzert 77 [1910], S. 327). fis-Moll (Concert pathétique) op. 23 von Johann-Hein- rich Ernst sowie mit „Introduction et Rondo Capriccio- In den Jahren 1911 und 1912 ging May Harrison gemein- so“ op. 28 von Camille Saint-Saëns auftrat (vgl. „The Ti- sam mit ihrer Schwester Beatrice Harrison auf Tournee. mes London“ vom 24. März 1908, S. 10). Eine erste große Konzertreise führte das Geschwister- paar in den Jahren 1911/1912 durch Deutschland, Frank- Die Familie beschloss – auf Anraten von Enrique Arbós reich und Österreich-Ungarn mit Konzerten u. a. in Dres- – ihre Kinder im Ausland weiter studieren zu lassen. den, Bremerhaven, Metz, Wien und Budapest. Von dort May Harrison setzte ihr Studium bei Leopold Auer in St. reisten May und Beatrice Harrison weiter nach War- Petersburg fort, während sich ihre Schwestern Beatrice schau, Lemberg, Krakau sowie nach Norwegen, Schwe- und Margaret Harrison an der Königlichen Hochschule den und Dänemark. Nach kurzen Aufenthalten in Berlin für Musik in Berlin einschrieben. Über ihr Studium in St. und London folgte eine weitere Tournee durch Deutsch- Petersburg sowie über mögliche Konzertauftritte in Russ- land und Russland mit Konzerten in Leipzig, Berlin und land in dieser Zeit ist bislang nichts bekannt. May Harri- St. Petersburg. Allein auf diesen beiden Reisen spielten son kehrte vermutlich Ende September 1909 zu ihrer Fa- May und Beatrice Harrison das Doppelkonzert op. 102 milie nach Berlin zurück und konnte sich innerhalb kür- von Johannes Brahms ungefähr 95 Mal (zu dieser zester Zeit im deutschen und englischen Musikleben als Tournee vgl. Harrison 1985, S. 76-92). Auch in späteren herausragende Geigerin behaupten. Am 7. Oktober 1909 Jahren begleitete May Harrison ihre Schwester Beatrice debütierte sie in Berlin bei einem Konzert des Philharmo- mehrfach auf Tourneen durch die USA – Näheres über nischen Orchesters im Beethovensaal unter der Leitung diese Konzertreisen ist bislang nicht bekannt. von Ernst Kunwald mit den Violinkonzerten von Johan- nes Brahms (D-Dur op. 77) und Alexander Glazunov (a- In den folgenden Jahrzehnten blieb May Harrison als So- Moll op. 82) und spielte am 21. Oktober 1909 in Berlin u. listin und Kammermusikerin im englischen Musikleben a. die „Schottische Phantasie“ op. 46 von Max Bruch und präsent und konzertierte vermutlich auch im Ausland. das Violinkonzert e-Moll op. 64 von Felix Mendelssohn Sie veranstaltete regelmäßig eigene Konzerte in London, Bartholdy. sowohl mit Orchester als auch in kammermusikalischen Nach einem kurzen Aufenthalt in London, bei dem sie Besetzungen und trat mit anderen erstrangigen Musike- am 1. März 1910 die Violinkonzerte D-Dur von Johannes rinnen und Musikern auf. So gab sie z. B. im Februar Brahms und a-Moll von Alexander Glazunov sowie am 1912 einen Solo-Abend in der Londoner Bechstein Hall, 10. März 1910 Max Bruchs „Schottische Phantasie“, Lud- bei dem sie u. a. die Violinsonate B-Dur KV 378 von Wolf- wig van Beethovens Violinromanze G-Dur op. 40 und gang Amadeus Mozart, die Solo-Sonate (Partita) E-Dur Edouard Lalos „Symphonie espagnole“ op. 21 mit dem BWV 1006 von Johann Sebastian Bach und kleinere Stü- Queen’s Hall Orchestra unter der Leitung von Henry cke von Alexander Glazunov, Piotr I. Tschaikowsky und Wood spielte (vgl. „The Times London“ vom 28. Februar Anton Arensky spielte sowie ein Menuett, das ihre 1910 und vom 11. März 1910, S. 12), kehrte sie nach Deut- Schwester Margaret Harrison komponiert hatte. Ende schland zurück. Gemeinsam mit ihrer Schwester Beatri- Mai 1912 gab May Harrison gemeinsam mit ihrer Schwes- ce Harrison trat sie am 17. März 1910 mit dem Doppel- ter Beatrice Harrison ein Orchesterkonzert in der Que- konzert für Violine und Violoncello a-Moll op. 102 von en’s Hall, bei dem sie Alexander Glazunovs Violinkonzert Johannes Brahms auf, wiederum mit dem Berliner Phil- a-Moll spielte und beide gemeinsam das Doppelkonzert harmonischen Orchester unter der Leitung von Oskar a-Moll op. 102 von Johannes Brahms interpretierten Noë (vgl. Muck 1982, S. 126). (vgl. „The Times London“ vom 31. Mai 1912, S. 9). Am 18. Oktober 1910 spielte May Harrison in den Leipzi- ger Philharmonischen Konzerten das Violinkonzert D- Neben dem klassisch-romantischen Solo-Repertoire, das Dur von Johannes Brahms unter der Leitung von Hans vor allem die zu jener Zeit „großen“ Violinkonzerte um- – 2 – Harrison, May fasste, war May Harrison für ihre Interpretationen älte- Manchester gehört hatte, komponierte er für die beiden rer Musik bekannt, darunter besonders Werke von Jo- Interpretinnen das Doppelkonzert für Violine und Vio- hann Sebastian Bach. Die Aufführungen älterer Komposi- loncello, dessen Uraufführung die Schwestern am 21. Fe- tionen kombinierte sie in ihren Programmen häufig mit bruar 1920 in den Saturday’s Concerts der Queen’s Hall britischer zeitgenössischer Musik.