Kulturgenossenschaften Turierung Richtet Und Ein »Recht Auf Stadt« Einfor- Dert
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DIE MONATSZEITUNG FÜR SELBSTORGANISATION POSTFACH 10 45 20 – 69035 HEIDELBERG E-MAIL: [email protected] 27. JAHRGANG 50 309 Juni 2010 4 AUS DEM INHALT: MITGLIEDERFÖRDERUNG STATT KOMMERZIALISIERUNG GENTRIFICATION Im Laufe des Jahres 2009 hat sich in Hamburg eine vielfältige und breite Bewegung gebildet, die sich ge- gen Prozesse der Gentrifizierung und Stadtumstruk- Kulturgenossenschaften turierung richtet und ein »Recht auf Stadt« einfor- dert. Die zahlreichen Initiativen, die sich u.a. aus KünstlerInnen, Kleingärtnern und Teilen der außer- Leuchttürme zukunftsfähiger Kultur parlamentarischen Linken zusammensetzen, haben es nicht nur geschafft, über Besetzungen, Manifeste und Störaktionen eine große Öffentlichkeit herzustel- Die Kultur in Deutschland befindet sich im Umbruch. Im weiteren Teil des Schwer- len, sondern bereits jetzt erste konkrete Erfolge er- Das ist immer der Fall, bedingt durch den ständigen punkts geht es um die Darstel- zielt. Ein Überblick über die Konfliktfelder der Stadt. kulturellen Wandel aller modernen Gesellschaften. lung praktischer Beispiele. Der (Teil 1) Seite 3 Zusätzlich wird der gegenwärtige Umbruch aber Einstiegerfolgt anhand einer Ge- massiv verschärft durch anstehende erhebliche nossenschaft mit Tradition, der REGIONALENTWICKLUNG Künstlergenossenschaft »Kunst Kürzungen in weiten Teilen der Kultureinrichtungen. Prima leben, ohne einen Euro in der Tasche? Gerade Privatisierungen, Sponsorensuche und + Bau« in Dresden. Immerhin in Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise nimmt das hat sie bereits ihr 50jähriges Be- Interesse an Alternativen zum traditionellen Geldsy- unterschiedliche Formen der Kommerzialisierung stehen gefeiert. Gegründet wur- sind die Folge. Lassen sich dafür nicht andere Formen stem wieder zu. Neben den »geldlosen« Tauschringen de sie im Sommer 1958 von ei- sind in Deutschland vor allem Regionalwährungen ver- finden? Könnte in vielen Fällen nicht auch ner handvoll Künstler, die gera- breitet. Der »Chiemgauer« in den Landkreisen Traun- bürgerschaftliches Engagement eine Alternative zum de ihr Studium beendet hatten. stein und Rosenheim ist eine davon. (Aus-)Verkauf kultureller Einrichtungen sein? Sie suchten zielstrebig nach Ar- Das »Dessauer Modell« basierte auf insgesamt 4 Re- Kulturgenossenschaften wären eine solche denkbare, beitsorten und -möglichkeiten, gionalgesellschaften, die seit August 2001 in Dessau in Deutschland bisher stark vernachlässigte um ihr Können anzuwenden gegründet wurden. Unternehmerring, Verrechnungs- Perspektive. Der vorliegende Schwerpunkt ist eine und um sich an den großen Ver- konten, Regionalgeld, Regiocard, Tauschring, Regio- erste Annäherung an dieses Thema. änderungen und dem Aufbau nalladen, ein eigenes Gebäude, Feste, Märkte, Konfe- der Kultur im Lande zu beteili- renzen. Ein Jahrzehnt prall gefüllt mit regionalen Ak- tivitäten und dem Versuch einer Regionalentwick- G gen. Ergänzt wird dieses Beispiel Burghard Flieger, Red. Genossenschaften Dem Be- durch die gegenwärtig älteste lung von unten (vgl. CONTRASTE 277, Oktober griff Kulturgenossenschaften kann ein breites 2007). noch bestehende Kulturgenos- Im Sommer 2009 mussten 3 der 4 Gesellschaften In- Spektrum in sehr unterschiedlichen Bereichen senschaft in Deutschland, dem wirtschaftlich tätiger Genossenschaften zugeord- solvenz anmelden. Damit ist der erste Anlauf erst ein- »Theater Ansbach – Kultur am mal gescheitert. Für CONTRASTE sprach Elisabeth net werden, deren Mitglieder oder Beschäftigte Schloss eG«. Sie blickt auf das Voß mit Rolf Walther aus Dessau. Seite 5 und 6 dem kulturellen Sektor zuzurechnen sind. Inso- stolze Gründungsdatum 1919 fern beinhaltet die Bezeichnung Kulturgenossen- zurück. ANTIFASCHISMUS schaften eine Zuordnung zum Kultursektor, in Der singende Mann (1928), Ernst Barlach, Kunsthalle zu Kiel – wurde mit der Software der dem diese Genossenschaften wirtschaftlich agie- Kulturgenossenschaft »digiCULT« erfasst. Die Bilder werden im Internet u.a. auf www.museen-nord.de publiziert. Mitte der 80er Jahre hat der Filmemacher Bernhard ren. Unterscheiden lassen sich u.a.: Sinkel ein düsteres Kapitel deutscher Industrie-Ge- schichte aufgeschlagen und sich in einem TV-Mehr- schaften Leistungen beziehen oder einbringen, die Unterstützungsstrukturen 1. Kulturgenossenschaften bürgerschaftlichen der ergänzenden Unterstützung ihrer wirtschaftli- teiler dem von BAYER mitgegründeten Mörder-Kon- Engagements, chen Tätigkeit oder ihrer Reproduktion bzw. ihres Nach der Tradition stehen aktuelle Gründungen zern IG FARBEN gewidmet. Nun ist das Werk auf DVD 2. Professionelle Kulturgenossenschaften sowie Kulturkonsums im weitesten Sinne dienen. im Mittelpunkt. Unter den Ansätzen mit bürger- erschienen. Seite 12 3. Genossenschaftliche Unterstützungseinrich- schaftlichem Engagement kommt dem gemein- tungen für Kultur. nützigen Programmkino Aalen eG, einer ehren- SINTI & ROMA Beispiele mit Tradition Nur die professionellen Kulturgenossenschaften amtlichen Kinogenossenschaft, die Vorreiterrolle Geld macht nicht glücklich. Das bewies bereits 1974 können produktivgenossenschaftlichen Charakter Der Schwerpunkt Kulturgenossenschaften startet zu. Sie »reizt« bereits in mehreren Städten zur der US-Ökonom Richard Easterlin, der unlängst den aufweisen, während der stärker verbreitete hilfsge- mit einem Hintergrundsaufsatz. Dieser geht auf Nachahmung. Von den genossenschaftlichen Un- mit 50.000 Euro dotierten Forschungspreis für La- nossenschaftliche Charakter für alle drei Ansätze terstützungseinrichtungen für Kultur werden die bor Economics vom »Institut zur Zukunft der Ar- mögliche Hintergründe für das erwachende Inter- beit« erhielt. Glück, so sein Fazit, werde nicht durch in Frage kommt. esse an dem Thema Kulturgenossenschaften ein. Genossenschaften »Berlin Music Commission« und »digiCULT-Verbund« dargestellt. Erstere ver- das Anhäufen von Geld erreicht, sondern durch das Produktivgenossenschaften sind es, wenn zu- Gleichzeitig werden erste sich abzeichnende so genannte Social Business. Sein Glück vermehrt mindest ein nennenswerter Teil der Mitglieder Schwerpunkte bei den bisher vorhandenen Kultur- steht sich als übergreifendes Netzwerk der Musik- demnach, wer sich für das Glück anderer interes- auch Beschäftigte der Genossenschaft sind oder genossenschaften aufgezeigt. Naheliegenderweise und Veranstaltungsbranche Berlins. Die »digi- siert. Überprüfen wir einmal Easterlins Theorie und über diese regelmäßig bezahlte Arbeit erhalten, hängt die Zuordnung auch von dem jeweiligen CULT« entwickelt für Museen in Schleswig-Holstein wenden uns dem Glück einer ganz anderen Gruppe die nicht in irgendeiner Form der Selbständigkeit Kulturverständnis ab: Wie weit oder wie eng wird ein digitales Gesamtkonzept zur Dokumentation der von Glücksökonomen zu: den Roma- / Zigeunerkul- oder Subunternehmerschaft ausgeführt wird. Der der Kulturbegriff gezogen? Sind Bildung und Qua- Museumsbestände. Kultur wird so für jedermann zu- turen. Seite 13 gänglich, eine Zukunftsaufgabe von Kulturpolitik.G hilfs- oder fördergenossenschaftliche Charakter ist lifizierung oder Printmedien und Verlage dem Kul- www.contraste.org gegeben, wenn die Mitglieder über diese Genossen- tursektor zuzurechnen? Schwerpunktthema Seite 7 bis 10 ZENSUR DURCH WOHNUNGSGESELLSCHAFT SAGA D 8008 Träume brauchen Räume – Kein Tag ohne Infoladen! Dem Hamburger Infoladen- ka vom Infoladen. Daher habe man zwischen ihnen und dem SAGA-Verant- vid Kress, Vereinsvorstand. hilfe an. Der Infoladen ist somit Treff- Wilhelmsburg, der von der auch eine kritische Haltung zur Interna- wortlichen sei deutlich gesagt worden, Der vor drei Jahren gegründete Infola- punkt für Menschen, die sozial, politisch tionalen Bauausstellung 2013 (IBA), »dass sie uns hier nicht wollen«, berich- den-Wilhelmsburg wird von verschiede- und gesellschaftlich agieren wollen. Die »Initiative für ein soziales mit der der Senat Wilhelmsburg »aufwer- tet Narmin. Die SAGA sei »IBA-Koopera- nen jungen Leuten ehrenamtlich betrie- Kündigung beendet diese Form der sozia- Wilhelmsburg e.V.« getragen ten« will. Diese Begründung für eine Ge- tionspartner« und könne nicht zugleich ben. Die wöchentliche »KüfA – Küche len Kommunikation. Als Reaktion auf sinnungskündigung bestreitet die SAGA. den Infoladen in ihrer Immobilie dulden. für Alle» am Donnerstagabend funktio- diesen Eingriff der SAGA sind nun diverse wird, wurde die Räumlichkeit in Es gehe bei der Kündigung des 28 Qua- bunte Aktionen unter dem Motto »Träu- Auch ein Gespräch konnte jedoch kei- niert wie auch der gesamte Laden einzig der Fährstraße 10 durch die dratmeter großen Ladens um die Ver- mebrauchenRäume –kein Tagohne In- ne positive Wendung für den Infoladen über Spenden und Menschen, die sich ak- schandelung von Klinkerfassade und La- foladen« angekündigt, die auf die Situa- SAGA-GWG zum 30.06.2010 erwirken. »Die SAGA war nicht bereit, die tiv in diesem Raum betätigen. Dem Info- dentür mit Plakaten und Aufklebern. tion des Infoladens aufmerksam ma- Kündigung zurück zu ziehen. Vereine, laden-Wilhelmsburg liegt ein selbstorga- gekündigt. Wie auch in einem Nach einer erfolglosen Abmahnung chen sollen. Es wird einen Umsonst-Floh- die sich kritisch mit der IBA auseinander nisiertes Konzept zugrunde. Die Miete weiteren Beitrag auf den Seiten Ende November 2009 sei dann die Kündi- markt geben, eine Verlagerung der sonst setzen, werden keine Flächen mehr an- und sonstige Geldausgaben werden über gung ausgesprochen worden. Bei Gewer- im Infoladen stattfindenden KüfA – Kü- 3/4 über das Hamburger mieten können. Es ist vor dem Hinter- Mitgliedsbeiträge,