Nun Also Ramsauer

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Nun Also Ramsauer Bauwelt 43 | 2009 betrifft Neuer Bauminister 9 Nein, wir machen uns keine übertriebenen Sorgen um die Bau- Auffallend ist die Berufung von gleich drei Parlamentarischen kultur der Bundesrepublik, nur weil jetzt mit Peter Ramsauer Staatssekretären, die – wenn ihre offiziellen Parlaments-Bio- ein Mann aus der ersten Reihe der CSU das Ministerium für grafien nicht täuschen – mehrheitlich über Kenntnisse im Be- Verkehr, Bauwesen und Stadtentwicklung übernimmt, der reich der Verkehrspolitik verfügen und nicht im Bauwesen. zwar das politische Geschäft aus dem Effeff kennt, aber bisher Enak Ferlemann aus Cuxhaven (CDU) ist, das liegt ja nahe, eher selten mit sachkundigen Gedanken und Beiträgen zu den so etwas wie ein Experte für die Hinterlandanbindung von großen Themen seines üppigen Ressorts hervorgetreten ist. Seehäfen. Andreas Scheuer (CSU) aus Passau, der unbehelligt Nicht nur die Ministerialbürokratie des Hauses hat reichlich ei nen hierzulande nicht salonfähigen Doktortitel aus Prag Erfahrung mit Laiendarstellern in ihren Chefetagen; auch dem führt, ist ebenfalls Verkehrsexperte mit stark lokalpatrioti- deutschen Staats- und Wahlbürger ist es über die Jahrzehnte scher Einfärbung („Die A94 liegt mir sehr am Herzen“). Allein hinweg ziemlich schnurz gewesen, welche Persönlichkeiten Jan Mücke aus Dresden (FDP) ist auf sein neues Amt gewis- dieses Ministeramt gerade innehatten und was sie da taten. sermaßen genetisch vorbereitet: Sein Vater ist gelernter Bau- ingenieur. Es ist Tradition in Deutschland, diese Position zu nutzen, um das Postenkarussell in Koalitionsregierungen proporzmäßig Jan Mückes Leidenschaft ist nach eigenem Bekenntnis die korrekt auszuwuchten; dabei war es nie wichtig, ob der Kandi- Kommunalpolitik. Das klingt sympathisch und hat ja tat- dat bzw. die Kandidatin sich für dieses Ressort interessierte; als sächlich einiges mit Planen und Bauen zu tun – mit jenem Rekordhalterin demonstrativen Desinteresses darf die FDP- Aufgabenbereich also, der seit der Zusammenlegung des ehe- Politikerin Irmgard Schwaetzer gelten, deren Amtszeit als Bau- maligen Bauministeriums mit dem Verkehrsministerium ministerin in die erste Hälfte der neunziger Jahre fiel. Ein über- von der Bundespolitik vergleichsweise stiefmütterlich behan- zeugender Bundesbauminister war Klaus Töpfer (CDU), der delt wird. In seiner Fraktion ist Mücke Sprecher für die The- schon als Umweltminister keine schlechte Figur machte. men Infrastruktur und Luftfahrt; beruflich ist er als Immobi- lienverwalter ganz nah an den Problemen des Leerstandes in Bergauf oder bergab? Peter Nun also Ramsauer. Vielleicht besinnt er sich als überzeugter ostdeutschen Wohnbauten, überhaupt an dem schwierigen Ramsauer trifft zum Drei- königstreffen der CSU in Wild- Bayer bei der Wahrnehmung seiner Amtsgeschäfte ja auch auf Thema „Stadtumbau Ost“. Da wird er in seiner neuen Position bad Kreuth ein, Januar Nun also Ramsauer eine traditionsreiche und fachlich herausragende Institution sicher Gelegenheit haben, die panischen Abrissorgien der letz- 2009. seiner Heimat – die noch vom bayerischen Königshaus im ten Jahre in ostdeutschen Kommunen auf ihre Effizienz und Foto: Reuters/Michaela Rehle Text: Christian Marquart vorletzten Jahrhundert gegründete Oberste Baubehörde des Stadtverträglichkeit hin zu überprüfen. Denn im Frühsom- Landes, von Fachleuten immer kurz „Oberste“ genannt. Ver- mer hat der alte Bundestag noch schnell beschlossen, das Pro- Die Spitze des Bundesministeriums für Verkehr, Bauen und Stadtentwicklung ist nach der Bundestagswahl neu gleichbares gab es nirgends sonst in Deutschland. Die Tätig- gramm „Stadtumbau Ost“ bis 2016 weiterzuführen. besetzt worden. Wer sind die Akteure, was ist von ihnen zu erwarten? keitsbilanz dieses Amtes, das allerdings im Lauf der Zeit an Einfluss eingebüßt hat, kann sich nämlich sehen lassen. Und Die Bauwelt berichtete im Heft 41 über eine Erhebung der sie dokumentiert auch, dass die CSU in den Jahren ihrer Allein- Universität Kassel, derzufolge sich 86 Prozent von immerhin herrschaft in Bayern das Ressort Planen und Bauen durchaus 1100 Befragten definitiv nicht für die gebaute Umwelt interes- verantwortungsvoll und manchmal sogar einfallsreich hat sieren. Wie viele waren unentschieden, wie viele signalisier- lenken lassen. Also – wenn Ramsauer im Begriff ist, als Bun- ten Interesse? Jedenfalls wird sich diese kleine, feine Min- desminister Fehler zu machen, müssen wir ihn nur am Jankerl derheit irgendwann einen Bauminister vom intellektuellen packen und an die ruhmreiche „Oberste“ in Bayern erinnern! Format eines Adolf Arndt wünschen. Er war nur Bundestags- abgeordneter (der SPD), aber er hat im Bonner Hohen Haus die Irritierender als ein fachlich unbedarfter Minister in diesem einzige wirklich berühmte Rede zum Thema Architektur und Ressort wirkt auf den ersten Blick eher all das, was in den Koali- Bauen gehalten. Das war 1961. Ihr Titel lautete „Demokratie tionsvereinbarungen zu den Themen Verkehr, Bauen und Woh- als Bauherr“. nen steht: Zwei Drittel des Textvolumens sind dem Verkehr gewidmet, das Thema Bauen ist auf die Erwartungshorizonte Liest man diesen Text, kann man sich unschwer einen Minis- der Bau- und Immobilienwirtschaft zugeschnitten. Im ganzen ter vorstellen, der sich dies- und jenseits kleinlicher Ressortge- Kapitel findet sich keine einzige originelle oder neue Idee, nur schäfte als der erste Planungs-, Architektur- und Städtebau- ADAC-kompatible Grundsätze einer bürgernahen, bezahlba- kritiker der Nation versteht. Als geistreicher Stichwortgeber, ren Mobilität und ein paar ungewohnte Begriffe zum Baurecht der sich in die Rolle jenes Nichtfachmanns versetzt, den Max („Genehmigungsfiktionen“) sowie mancher verwegen konstru- Frisch 1954 in dem Hörspiel „Der Laie und die Architektur“ ierte Satz. Unter dem Stichwort Flächenverbrauch etwa dieser: auftreten ließ. Dessen erste Worte richteten sich an einen Ar- „Um in diesem Zusammenhang Zielkonflikte zu vermeiden, chitekten und an einen Oberbaurat: „Wir sprechen über Städ- werden wir im Rahmen der anstehenden Überprüfung der In- tebau“, sagte er und fuhr fort: „Ich bin Laie. Ich gehe davon aus, dikatoren auch das Flächeninanspruchnahmeziel im Sinne dass unsere Städte nicht für Fachleute, sondern hauptsächlich größtmöglicher ökologischer Wirksamkeit neu definieren.“ für Laien gebaut werden – oder gebaut werden sollten.“ .
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