PYGMALION Kommt Auch Das Problem: Was Jetzt? Uber Ihre Zukunft Hat Der Selbstsüchtige Higgins Nie Nachgedacht
Total Page:16
File Type:pdf, Size:1020Kb
33. internationale filmfestspiele berlin 13. internationales berlin forum 19.2.-1.3. des jungen films 1983 PYGMALION kommt auch das Problem: was jetzt? Uber ihre Zukunft hat der selbstsüchtige Higgins nie nachgedacht. In ihr altes Milieu kann Liesje nicht zurück — dem ist sie entwachsen. Im neuen Milieu Land Niederlande 1936-37 ist sie eine Außensciterin — bis Higgins seine Schwäche für sie erkennt und es doch noch zum Happy-End kommt. Produktion N.V. Filmex Amsterdam Regie Ludwig Berger Kritik Buch Ludwig Bcrger, Johan de Meester, PYGMALION Wim Kan, Corrie Vonk; nach dem Besonders geglückter niederländischer Spielfilm nach dem Stück gleichnamigen Stück von George von Shaw. Lily Bouwmeester, die große Entdeckung von Ludwig Bernard Shaw Berger. Dieser Füm beweist ein für allemal, daß es möglich ist, in den Nie• derlanden gute Spielfüme zu machen, die auch ein Publikumser• Akos Farkas Kamera folg werden und der Industrie die notwendige finanzielle Basis Musik Max Tak geben, sorgfältig gute Drehbücher auszuwählen und die Leitung an begabte Regissseure mit Kunstverstand zu übertragen. Natür• Bauten A.H. Wegcrif lich ist die niederländische Spielfilmindustrie mit diesem einen, Ton I.J. Citroen außergewöhnlich guten FUm noch nicht aus dem Boden gestampft. Schnitt GJ. Teunissen Der Regisseur Ludwig Berger, dem besonders großes Verdienst Produktionsleitung Rudolf Meyer zukommt, ist kein Niederländer. Jetzt, da er unser Land wieder verläßt, bleibt sein Platz vorläufig offen. Niederländer dieser Be• Darsteller gabung, nicht aber dieser Erfahrung, gibt es vielleicht. Immerhin sind die anderen Mitarbeiter bei diesem Film Niederländer (nur Liesje Doeluttel Lily Bouwmeester ein ausländischer Kameramann wurde einem niederländischen Professor Higgins Johan de Meester vorgezogen), und sie haben dieses Mal sicher mehr denn je von Colonel Pickering Eduard Verkadc der ausländischen Leitung lernen können. Jedenfalls können wir Vater Doeluttel Matthieu van Eysden uns über diesen guten Film nur freuen, der vieUeicht das ange• seine Braut Elly van Stekelenburg schlagenen Vertrauen in die niederländische FUmindustrie wieder Frau Higgins Emma Morel herstellen kann. Frl. Snijders Nel Oosthout Frau v. Seteren-Hill Sara Heyblom Dank der gekonnten Regie von Dr. Ludwig Berger (der bekannt• ihr Sohn Wim Kan lich vom Theater kommt und in Deutschland wie Amerika viele ihre Tochter Tous Sigma wichtige FUme gedreht hat) ist der Text des witzigen Stückes von ferner Piet Köhler, Is. Monnickendam, Shaw fast unverändert geblieben, ohne das Tempo zu verlangsa• Jan Mulder, Jan Nooy, Willy Chanson, men oder den (verkehrten) Eindruck des Theaterhaften zu ver• Lou Zegwaard u.a. mitteln. So ist PYGMALION zu einem echten DialogfUm gewor• den, ohne daß dies störend wirkt. Auch hier liegen Perspektiven für die niederländische Filmindustrie. Wenn sie in dieser Richtung Uraufführung 26. 2. 1937, Amsterdam weiterarbeitet, wird sie vielleicht ausländisches Absatzgebiet ver• lieren, dafür aber viel billiger produzieren. Format 35 mm, 1:1.33, schwarz-weiß Die große Entdeckung des FUms ist LUy Bouwmeester, die die Rolle des Amsterdamer Blumenmädchens spielt, das gebUdet spre• Länge 102 Minuten chen lernt — und zwar auf ganz briUante Manier. Auch Johan de Meester ist ein guter Professor Higgins, aber auch über die anderen Schauspieler wie Eduard Verkade, Emma Morel, Wim Kan etc. läßt sich nur Gutes sagen ... Inhalt Het Vuderland, 27. Februar 1937 Das berühmte Stück von Shaw ist nach Amsterdam verlegt. Dort schließt der Sprachwissenschaftler und Phonetiker Professor Higgins mit seinem alten Freund Colonel Pickering eine Wette Kommentar zur Pressestimme ab: In wenigen Monaten nur will er aus einem Mädchen aus dem Armenviertel eine Dame machen, die er in jedem Salon vorstel• Die Presse lobt den Film, einstimmig. Und das Publikum vertritt len kann. Erreichen wül er dieses Ziel, indem er ihre abscheulich die gleiche Meinung. Es kommt in Scharen, der Film wird in jeder 'platte'Sprache verbessert. Und Eliza Doolittle, die auf Nieder• Hinsicht ein großer Erfolg, auch wenn er, von Belgien abgesehen, ländisch Liesje Doeluttel heißt, macht in der Tat in wenigen Mo• das Ausland nicht erreicht. naten eine erstaunliche Metamorphose durch. Bei ihrem ersten Uber einen anderen Punkt ist die Presse ebenfalls sehr erleichtert: Salon-Auftritt macht sie zwar noch Fehler — mehr jedoch der die niederländische Spielfilmindustrie, und nur darum geht es, Wortwahl, als der Aussprache. Bei ihrem 'Examen' bei einer erhält wieder Auftrieb. Nicht, daß die Zahl der einheimischen Fil• eleganten Soiree übertrifft sie alle Erwartungen. Aber damit me zu wünschen ließe — zwischen 1934 und 1940 werden 37 Spiel- filme produziert und gehen in Premiere, mehr denn je zuvor oder Zur Biographie Ludwig Bergers danach — man fürchtet nach diversen künstlerischen und kom• Im Herbst 1936 wohnte Ludwig Berger in Schlangenbad im Tau• merziellen Reinfällen vielmehr um die Qualität. Bedauerlich nus, wohin er nach Auslandsrcisen immer wieder zurückkehrte. zwar, auch darin ist sich die Presse von 1934 bis 1940 relativ Dort erreichte ihn der Ruf Rudolf Meyers, nach Amsterdam zu einig, daß für relative Qualitätsfilme immer noch 'Ausländer' kommen. In seinem Buch 'Wir sind vom gleichen Stoff, aus dem nötig sind, aber der eigene Nachwuchs wird sicher lernen. Und die Träume sind*. (Tübingen, Rainer Wunderlich, 1953, S. 309 ff) dann ist endlich die eigene, einheimische niederländische Spiel- klingt das so: „Man hat aus Amsterdam telephoniert" wurde mir, filmindustrie erreicht. als ich zurückkam,berichtet."Ein Herr Meyer, Sie kennen ihn, hat Daß es sich bei diesen 'Ausländern' in erster Linie um deutsche er gesagt." — „Ich kenne keinen Herrn Meyer in Amsterdam." und österreichische Emigranten handelt, die oft, wenn auch „Der Herr ruft in einer Stunde wieder an" ... „Hier Meyer. Wir nicht immer, alles verloren haben, wird nicht erwähnt. Einer die• kennen uns von der UFA her. Wenn Sic mich sehen, werden Sic ser Emigranten ist der Kameramann Akos Farkas. Nach einer sich gleich wieder erinnern. Hätten Sie Lust, in Holland einen nur unbedeutenden Filmkarriere kam er 1933 in die Niederlande, Film zu inszenieren? " — „Ich wußte gar nicht, daß man in Hol• heiratete die Tochter des wichtigsten Produzenten L. Barnstijn land Filme dreht. Dünen, Sand, kalter Kakao, schwarz- oder braun- und führte die Kamera bei einer großen Anzahl Spielfilme in gescheckte Kühe, Trachten und Gemälde, Frans Hals, Rembrandt, den dreißiger Jahren, bis er 1942 in die USA emigrierten konn• Vermeer, das war Holland." te, wo er auch starb. Der Produktionsleiter Rudolf Meyer ist Herr Meyer aus Amsterdam sprach unterdessen eifrig weiter. ebenfalls Emigrant. Er hatte schon früh beim Berliner Film be• gonnen, bei seinem Onkel Erich Pommer gelernt, und war als es ist nur leider ... viel bezahlen können wir nicht; wenn ich Jude schließlich in die Niederlande emigriert. Neben PYGMA• nicht wüßte, daß der Stoff Sie reizt ..." — „Oh, Sie haben schon LION initüerte und leitete er noch weitere Filme, so den zweiten einen Stoff? " — , Ja, wir haben von Bemard Shaw die Rechte für Füm von Ludwig Berger Ergens in Nederland (Irgendwo in Hol• PYGMALION erworben." - Das Telephon blähte sich förmlich land) 1940, der letzte niederländische Spielfilm vor der deut• vor Wichtigkeit, und es entstand eine Generalpause. Meyer warte• schen Besatzung. Im Krieg tauchte Meyer unter, wurde vorüber• te in Amsterdam seine Wirkung ab. „Ich rufe heute abend noch• gehend von der Gestapo in ein Konzentrationslager gebracht, über• mal an" ... Wieder ging das Telephon. Diesmal Paris. Der Taunus lebte und war maßgeblich am Wiederaufbau der niederländischen schien plötzlich verhext. Herr Meyer war regsam. Diesmal war es Spielfilmindustrie nach dem Krieg beteiligt. In den 60er Jahren Heinz, der seit fünfzehn Jahren alles Geschäftliche für mich er• starb er in Amsterdam. ledigt hatte. „Ich wollte Sie bitten, nach Amsterdam zu kommen", sagte Heinz am Telephon, „ich kann sonst nichts für Sie im Aus• Die Schauspieler des Films waren echte Stars jener Jahre. Hier land tun. Für jemand, der jetzt noch in Deutschland sitzt, ist we• wie in fast allen niederländischen Tonfilmen waren sie Nieder• der in London noch in Paris Interesse da." „Aber ich kann kein länder — mit Ausnahme von ein paar wenigen deutschen Dienst• Wort holländisch." — „Dann werden Sie es lernen!". Ich flog nach mädchenrollen. Holland ... Kathinka Dittrich Drei Monate blieb Berger in Holland, vom November 1936 bis Fe• bruar 1937, dann ging es weiter nach Paris und London. Anders Interview mit Ludwig Berger als in seiner Biographie sagt er bei einer Presse Vorführung von PYGMALION am 23. 2. 1937 zu den Geladenen: „Dr. Berger Frage: Als Sie 1930 aus Amerika zurückkehrten, haben Sie in sprach von der Vitalität der Schauspieler, die Voraussetzung für Deutschland noch zwei FUme gedreht ... Ich bei Tag und Du bei y das Gelingen des Filmes gewesen sei. FUmen heiße das wirkliche Nacht und Walzerkrieg; die nächste Station war Holland? Leben wiedergeben und die dafür notwendigen Künstler seien in Berger: Eines Tages wurde ich angerufen. Ob ich nicht in Holland Holland reichlich vertreten. Die niederländischen Künstler seien einen FUm machen wollte. Ich wußte gar nicht, daß die Hollän• intelligent und sorgfältig ... und, das träfe man in Europa selten, der Filme machen und ich kann auch kein Wort holländisch. Am bescheiden. Überhaupt seien alle Mitarbeiter vortrefflich gewesen Telefon war ein Vetter von Pommer, Rudi Meyer, ein sehr netter ... Uberhaupt habe der historische