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W 2 1 5 2 1 8 3 5 7 4 - 1 / 2 2 E IM NAMEN DER REPUBLI K!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. STARK über die Beschwerde von XXXX , Staatsangehörigkeit Bundesrepublik , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.12.2017, Zahl 1112398406-160576328, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (AsylG), in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG, § 57 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, § 52 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG), in der Fassung BGBl. I Nr. 110/2019, und § 55 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 68/2013, als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig. - 2 -

Entscheidungsgründe :

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Bundesrepublik Somalia, stellte nach seiner illegalen Einreise am 22.04.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

In der Erstbefragung am 22.04.2016 gab der Beschwerdeführer, in Gegenwart eines Dolmetschers seiner Muttersprache Somali, an, seit 2004 nach moslemischem Ritus verheiratet und Vater von drei minderjährigen Söhnen und einer Tochter zu sein. Der Beschwerdeführer gehöre dem Clan der Badtire an, habe drei Jahre lang in XXXX die Schule besucht und bis zur Ausreise im Jahr 2008 als Verkäufer gearbeitet. Er habe Anfang 2008 die Bundesrepublik Somalia verlassen, bis 2015 in Kenia gelebt und sei von dort Richtung Österreich gereist, wo er nach seiner illegalen Einreise am 22.04.2016 seinen Antrag auf internationalen Schutz stellte. Sieben Geschwister leben in Kenia, ein Bruder in Saudi-Arabien. Seine Lebensgefährtin und seine Kinder leben in Äthiopien, seine Eltern in der Bundesrepublik Somalia. Der Beschwerdeführer gab als Fluchtgrund an, dass er Anfang 2008 aus seinem Heimatstaat ausgereist sei, weil er von al-Schabaab bedroht worden wäre. Diese hätten den Beschwerdeführer, der ein Geschäft betrieben habe, geschlagen und von ihm monatlich Geld verlangt. Nachdem er dieses nicht länger zahlen habe können, habe al-Schabaab dem Beschwerdeführer gedroht, dass ihn, sollte er dieses am nächsten Tag nicht bringen, ihn und seine Familie töten würden. Daraufhin sei der Beschwerdeführer im Jahr 2008 nach Kenia geflüchtet, später habe seine Familie die gleichen Probleme bekommen und sei nach Kenia nachgekommen. Kenia habe der Beschwerdeführer 2015 verlassen, weil ihm die kenianische Polizei gedroht hätte, ihn einzusperren, weil er wegen al-Schabaab die Bundesrepublik Somalia verlassen habe. Die kenianische Polizei habe den Beschwerdeführer geschlagen und ihm einen Arm gebrochen; sie vermute, dass der Beschwerdeführer Mitglied der al-Schabaab sei. Der Beschwerdeführer brachte ein Schreiben von UNHCR Kenia vom 13.02.2014 in Vorlage aus dem hervorgeht, dass der am XXXX geboren ist und bis 12.02.2016, zusammen mit seinen vier Kindern, unter UNHCR Mandat als Flüchtling in Kenia leben durfte.

Am 09.11.2017 fand eine niederschriftliche Befragung des Beschwerdeführers im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, ebenfalls in Gegenwart eines Dolmetschers seiner - 3 -

Muttersprache Somali, statt. Der Beschwerdeführer gab zusammengefasst an, dem Clan der Darood anzugehören, Subclan Bartire. Der Beschwerdeführer sei in XXXX geboren, habe dort gelebt, drei Jahre lang die Schule besucht, dort seine Lebensgefährtin nach moslemischem Ritus geheiratet und in XXXX sein eigenes Lebensmittelgeschäft betrieben. In Kenia habe der Beschwerdeführer ein XXXX betrieben und Englisch unterrichtet und im April 2015 Kenia verlassen um nach Europa zu reisen; seine Familie blieb damals in Kenia. Mittlerweile lebe seine Lebensgefährtin seit Juli 2016 in den U.S.A und seine Kinder seit Juli 2016 in XXXX , bei der Schwester ihrer Mutter, in deren Haus. Seien Schwägerin habe im Juli 2016 die Kinder in Kenia abgeholt und sie seien nach XXXX gefahren. Diese Schwägerin sei verheiratet und habe ebenfalls vier Kinder und ihr Ehegatte sorge mit seiner Arbeit für den Lebensunterhalt der Familie. Zudem schicke seine Lebensgefährtin Geld aus den U.S.A. Drei Onkel und zwei Tanten väterlicherseits zusammen mit deren Familien in XXXX . Einer dieser Onkel habe dem Beschwerdeführer die Kosten für seine Reise bis nach Österreich in der Höhe von US $ 3.500.- bezahlt. Der Beschwerdeführer gab als Fluchtgrund zusammengefasst an, dass er Ende 2008, von seinem Heimatort XXXX , wo er seit seiner Geburt gelebt habe, nach Kenia gereist sei, weil al-Schabaab damals seine Heimatstadt eingenommen habe. Alle Geschäftsinhaber seien aufgefordert worden Steuer an al-Schabaab zu bezahlen. Weil der Beschwerdeführer so viel bezahlen habe müssen, sei ihm kein Geld übriggeblieben. Al-Schabaab habe dem Beschwerdeführer eine Woche Zeit gegeben die Steuern zu bezahlen. Der Beschwerdeführer habe aber Angst, dass ihm was passieren würde, wenn er die Steuern nicht bezahlen würde. Bevor noch etwas passiert sei, habe er alles verkauft und das Land verlassen. Nach Rückübersetzung seiner bisherigen Angaben gab der Beschwerdeführer an, dass er keine anderen Fluchtgründe habe. Der Beschwerdeführer gab danach gefragt an, dass XXXX mittlerweile wieder von der Regierung kontrolliert werde, er sich wegen al-Schabaab keine Sorgen mache, er aber dem Clan der Darod angehöre bzw. dem Subclan der Badhire/Bartire und deshalb im Fall seiner Rückkehr Nachteile befürchte. Nachgefragt gab der Beschwerdeführer an: „…F: Welche Nachteile befürchten Sie aufgrund Ihrer Zugehörigkeit zum Sub Clan der Badhire? A: Das wir von der Regierung nicht vor viel bekommen wie anderen Clans. F: Haben Sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, Ihr Heimatland zu verlassen, vollständig geschildert? A: Ja…“

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 07.12.2017, Zahl 1112398406-160576328, zugestellt am 15.12.2017, wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 22.04.2016 gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG - 4 - bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Somalia (Spruchpunkt II.) abgewiesen, gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Somalia gemäß § 46 FPG zulässig ist (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VI.).

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, fristgerecht am 12.01.2018, die gegenständliche Beschwerde. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass dem Beschwerdeführer Verfolgungshandlungen drohen und eine Rückkehr in sein Heimatland nicht zumutbar sei; aufgrund der gegenwärtigen Krisensituation in Somalia sei jedenfalls subsidiären Schutz zuzuerkennen. Es wurde beantragt eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

2. Die Beschwerdevorlage vom 17.01.2018 langte am 19.01.2018 im Bundesverwaltungsgericht ein.

Zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes wurde für den 27.08.2018 eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht anberaumt. Es erschienen der Beschwerdeführer und sein Rechtsanwalt. Das ordnungsgemäß geladene Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hatte sich mit Email vom 13.02.2018 für die Verhandlung entschuldigt. Der Beschwerdeführer stimmte zu Beginn der Verhandlung ausdrücklich zu, dass diese ohne Rechtsberater, der nicht erschienen war, stattfinden sollte. In der Verhandlung wurden die Quellen der zur Entscheidungsfindung herangezogenen Länderinformationen dargetan. Der Beschwerdeführer und sein Rechtsanwalt verzichteten auf Einsichtnahme und Ausfolgung. Das Bundesverwaltungsgericht räumte den Verfahrensparteien vor Schluss der Verhandlung eine zweiwöchige Frist zur Abgabe von Stellungnahmen ein.

Am 08.08.2018 langte eine schriftliche Stellungnahme des Beschwerdeführers im Bundesverwaltungsgericht ein.

Am 18.12.2018 und 11.03.2019 langten Integrationsunterlage des Beschwerdeführers im Bundesverwaltungsgericht ein. - 5 -

Mit Schreiben vom 09.12.2019 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer mehrere Fragen zu seiner aktuellen Situation in Österreich zum Parteiengehör und räumte ihm eine Frist zur Stellungnahme ein.

Mit Schreiben vom 07.01.2020, eingelangt am selben Tag, brachte der Beschwerdeführer eine Stellungnahme und Unterlagen hinsichtlich seiner Integration in Vorlage.

Das Bundesverwaltungsgericht räumte mit Schreiben vom 13.08.2020 ein aktuelles Parteiengehör mit Frist zu Stellungnahme ein.

Am 27.08.2020 langte eine schriftliche Stellungnahme des Beschwerdeführers samt Integrationsunterlagen im Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen: a) Zur Person des Beschwerdeführers:

1. Die Identität des illegal eingereisten Beschwerdeführers kann nicht festgestellt werden. Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Bundesrepublik Somalia, gehört dem moslemischem (sunnitischen) Glauben und dem Mehrheitsclan der Darod/Darood an. Der Beschwerdeführer hat mit seiner Lebensgefährtin in der Bundesrepublik Somalia eine Ehe nach moslemischem Ritus, nicht standesamtlich, geschossen und ist Vater von vier gemeinsamen Kindern.

2. Der Beschwerdeführer hat während seines gesamten Aufenthaltes in der Bundesrepublik Somalia ausschließlich in XXXX gelebt. Dort lebte er bis zur Ausreise gemeinsam mit seinen Eltern, sechs seiner Geschwister (ein weiterer Bruder lebte in Saudi-Arabien), seiner Lebensgefährtin und den gemeinsamen minderjährigen Kindern. Der Beschwerdeführer hat erst im Alter von 19 Jahren drei Jahre eine private Grundschule im Herkunftsstaat besucht, dort Englisch gelernt und bis zu seiner Ausreise sein eigenes Lebensmittelgeschäft betrieben. Einer seiner nach wie vor in XXXX lebenden Onkel hat für die Reise des Beschwerdeführers nach Österreich US $ 3.500,- bezahlt.

Der Beschwerdeführer lebte ab 13.02.2014, gemeinsam mit seinen vier Kindern, in Kenia und stand dort bis 12.02.2016 als Flüchtling unter dem Schutz von UNHCR Kenia. Er stellte nach seiner illegalen Einreise in Österreich am 22.04.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz. - 6 -

Der Beschwerdeführer kann nicht glaubhaft machen, bereits im April 2015 Kenia verlassen zu haben. b) Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

1. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer bereits im Jahr 2008 seinen Herkunftsstaat verlassen hat.

Der Beschwerdeführer kann nicht glaubhaft machen XXXX verlassen zu haben, weil er keine Steuern an al-Schabaab zahlen konnte und deswegen Gewalt seitens al-Schabaab fürchtete. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Herkunftsstaat jemals wegen seiner Clanzugehörigkeit Probleme hatte, oder im Fall seiner Rückkehr haben wird.

2. Es Kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Kenia zu Unrecht verdächtigt wurde Mitglied der al-Schabaab zu sein und deshalb, oder wegen Kritik an der lokalen Clanpolitik XXXX am XXXX , anlässlich einer Versammlung unterschiedlicher Clanangehöriger - unter Federführung eines nicht dem Clan des Beschwerdeführers zugehörigen somalischen Clanältesten - in Kenia, im Fall seiner Rückkehr in die Bundesrepublik Somalia Probleme haben wird. Es kann nicht festgestellt werden, dass zwei Onkel des Beschwerdeführers, die eine Landwirtschaft betreiben, im Juni 2014 in XXXX ermordet wurden. c) Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat:

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers und Mutter seiner Kinder mit diesen nicht wieder in der Bundesrepublik Somalia lebt, sondern illegal in den Vereinigten Staaten von Amerika.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem XXXX , gesunden und arbeitsfähigen Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in die Bundesrepublik Somalia ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit droht oder er Gefahr läuft, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können oder, dass er in eine ausweglose oder existenzbedrohende Situation geraten wird.

XXXX leben nach wie vor mehrere Onkel und Tanten des Beschwerdeführers mit deren Familien; in XXXX die Schwester seiner Lebensgefährtin mit deren Familie. Der Beschwerdeführer kann im Falle seiner Rückkehr in die Bundesrepublik Somalia auf ein soziales und familiäres Netzwerk zurückgreifen, welches ihm bei der Arbeitssuche und seiner - 7 -

Verpflegung behilflich sein kann, bis er selbst für sein Auskommen und Fortkommen wird sorgen können; wie er es bereits vor seiner Ausreise getan hat. Der Beschwerdeführer kann zusätzlich auch noch Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen. d) Zum Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich:

Der Beschwerdeführer reiste illegal in das Bundesgebiet ein und stellte am 22.04.2016 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Er ist seither auf Grund einer vorübergehenden Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz in Österreich aufhältig.

Er nahm in Österreich an einem eintägigen Werte- und Orientierungskurs teil. Im Rahmen der mündlichen Beschwerdeverhandlung konnte der Beschwerdeführer die Richterin ohne Dolmetsch nicht verstehen und vermochte nur gebrochen Deutsch zu sprechen, hat danach aber seine Deutschkenntnisse verbessert, besuchte bis 18.12.2018 ein Mal pro Woche ein „Spielecafe“ in einem Jugendkeller um besser Deutsch zu lernen, hat im Jahr 2018 eine Deutsch B1 Sprachprüfung bestanden sowie Deutsch B2 Sprachkurse belegt, aber noch keine B2 Prüfung bestanden.

Der Beschwerdeführer geht keiner beruflichen Tätigkeit nach und lebt ausschließlich von der österreichischen Grundversorgung. Er half ehrenamtlich von 21.07.2017 bis 07.11.2017 ein Mal pro Woche bei einem Flohmarkt. Zwar gelang es ihm in Österreich soziale Kontakte zu knüpfen, es liegen jedoch keine besonderen Abhängigkeitsverhältnisse zu Personen vor und sind allfällige freundschaftlichen Beziehungen zu einem Zeitpunkt entstanden, in dem sich der Beschwerdeführer seiner unsicheren aufenthaltsrechtlichen Stellung bewusst sein musste. e) Zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers wird festgestellt:

Allgemein In der Bundesrepublik Somalia lebten im Juli 2020 schätzungsweise mehr als 11,75 Millionen Menschen leben (CIA Factbook 09.09.2020). Die Bundesrepublik Somalia ist eine parlamentarische Demokratie mit starker Stellung des Präsidenten Mohamed Abdullahi Mohamed „Farmajo“ (AA Steckbrief Stand 30.09.2019, abgefragt am 09.09.2020). Premierminister Hassan Ali Khaire wurde am 25.07.2020 vom Parlament durch ein Misstrauensvotum abgesetzt. Er war seit Februar 2017 im Amt. Der stellvertretende Premierminister wird vorübergehend als Premierminister fungieren, bis ein Nachfolger ernannt wird. Hintergrund des Misstrauensvotums soll ein Streit zwischen Präsident Farmajo - 8 - und Khaire darüber sein, wann die im Februar 2021 anstehenden nationalen Wahlen abgehalten werden sollen (BAMF 27.07.2020). Am 15.04.2020 gaben die Sprecher beider Parlamentskammern ihre Entscheidung bekannt, den Beginn der nächsten Parlamentssitzung, die ursprünglich für den 10.04.2020 anberaumt war, aufgrund der COVID-19-Pandemie und gemäß den Empfehlungen des Gesundheitsministeriums zu verschieben, bis alternative virtuelle Vorkehrungen getroffen werden (UNSC 13.05.2020). Somalia ist ein Staat im Osten Afrikas, am Horn von Afrika. Nach dem Sturz des autoritären Regimes Siad Barres 1991 war das Land gekennzeichnet von Staatszerfall, Bürgerkrieg, Clanrivalitäten und islamistischem Terror. Im Nordwesten Somalias beansprucht das relativ stabile Somaliland seit 1991 internationale Anerkennung als eigenständiger Staat. Die Region Puntland besitzt weitgehende Autonomie, strebt aber keine Unabhängigkeit an und hat den Status eines föderalen Gliedstaats, wie auch die anderen Bundesstaaten Jubbaland, Südwest, Galmudug und Hirshabelle. Mit der Übergangsverfassung von 2012 schreitet der Staatsaufbau voran, Somalia gilt nunmehr als fragiler Staat. 2017 wurde Mohamed Abdullahi Mohamed zum Präsidenten gewählt. Seine Regierung verfolgt eine ehrgeizige Reformagenda in den Bereichen Politik, Wirtschaft und Sicherheit Offizielles Ziel der Regierung sind allgemeine Wahlen 2020 (AA politisches Porträt Stand 30.09.2019, abgefragt am 09.09.2020). Im Hinblick auf beinahe alle in diesem Bericht zu beleuchtenden Tatsachen ist Somalia faktisch zweigeteilt: a) Somalia In den föderalen Gliedstaaten Süd- und Zentralsomalias herrscht in vielen Gebieten Bürgerkrieg. Die somalischen Sicherheitskräfte kämpfen mit Unterstützung der vom VN- Sicherheitsrat mandatierten Friedensmission der Afrikanischen Union AMISOM (African Union Mission in Somalia) gegen die radikalislamistische, al-Qaida-affiliierte al-Schabaab-Miliz. Die Gebiete sind nur teilweise unter der Kontrolle der Regierung, wobei zwischen der im Wesentlichen auf Mogadischu beschränkten Kontrolle der somalischen Bundesregierung und der Kontrolle anderer urbaner und ländlicher Gebiete durch die Regierungen der föderalen Gliedstaaten Somalias, die der Bundesregierung de facto nur formal unterstehen, unterschieden werden muss. Weite Gebiete stehen unter der Kontrolle der al-Schabaab-Miliz oder anderer Milizen. Diese anderen Milizen sind entweder entlang von Clan-Linien organisiert oder, im Falle der moderaten Ahlu Sunna Wal Jama’a in Galmudug, auf Grundlage einer bestimmten religiösen Ausrichtung. Zumindest den al-Schabaab-Kräften kommen als de facto-Regime Schutzpflichten gegenüber der Bevölkerung in den von ihnen kontrollierten Gebieten zu. Der Gliedstaat Puntland im Norden des Landes, direkt an der Spitze des Horn von Afrika, hat sich bereits 1998 mit internationaler Unterstützung konstituiert. Puntland strebt - 9 - nicht nach Unabhängigkeit von Somalia, erkennt die somalische Bundesregierung an und ist einer der fünf offiziellen föderalen Gliedstaaten Somalias, wenngleich mit größerer Autonomie. Es konnten einigermaßen stabile staatliche Strukturen etabliert werden. Al- Schabaab kontrolliert hier keine Gebiete mehr, sondern ist nur noch in wenigen schwer zugänglichen Bergregionen mit Lagern vertreten, ebenso wie der somalische Ableger des sogenannten „Islamischen Staats“. Stammesmilizen spielen im Vergleich zum Süden eine untergeordnete Rolle, wenngleich sie weiterhin präsent sind. Allerdings ist die Grenzziehung im Süden zu Galmudug sowie im Nordwesten zu Somaliland nicht eindeutig, was immer wieder zu kleineren Scharmützeln, in den Regionen Sool und Sanaag auch zu schwereren gewaltsamen Auseinandersetzungen führt. b) Somaliland Das Gebiet der früheren Kolonie Britisch-Somaliland im Nordwesten Somalias hat sich 1991 für unabhängig erklärt, wird aber bisher von keinem Staat völkerrechtlich anerkannt. Allerdings bemühen sich die Nachbarn in der Region sowie zunehmend weitere Staaten in Anerkennung der bisherigen Stabilisierungs- und Entwicklungsfortschritte um pragmatische Zusammenarbeit. Das Vertrauen der internationalen Gemeinschaft wurde durch die mehrfache Verschiebung der Parlamentswahlen und schwerwiegende Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Abkommen zum Betrieb des Hafens von Berbera auf die Probe gestellt. Al-Schabaab kontrolliert in Somaliland keine Gebiete. Die Grenze zu Puntland ist allerdings umstritten, hier kam es vor allem im Jahr 2018 zu zum Teil heftigen militärischen Auseinandersetzungen zwischen somaliländischen und somalischen (puntländischen) Truppen. Die Lage bleibt weiterhin angespannt. Grundsätzlich gilt, dass die vorhanden staatlichen Strukturen in Somalia sehr schwach sind und wesentliche Staatsfunktionen von ihnen nicht ausgeübt werden können. Von einer flächendeckenden effektiven Staatsgewalt kann nicht gesprochen werden (AA 02.04.2020). Seit dem Ende der Übergangsperiode und dem Beginn des New Deal Prozesses 2013 wurde wiederholt der politische Wille zur umfassenden Reform des Staatswesens (Etablierung von Rechtsstaatlichkeit, Schutz von Menschenrechten, Demokratisierung, Föderalisierung) bekundet. 2016 und 2017 konnten mit der Gründung der Gliedstaaten und einem relativ demokratisch erfolgten Machtwechsel wichtige Weichen in Richtung Demokratisierung, legitimer Staatsgewalt und Föderalismus erreicht werden. In den anderen Bereichen ist die Situation nach wie vor mangelhaft. Insbesondere das Verhalten der Sicherheitskräfte, Aufbau, Funktionsweise und Effizienz des Justizsystems und die Lage im Justizvollzug entsprechen nicht den völkerrechtlichen Verpflichtungen des Landes (AA 02.04.2020). ad a) Somalia - 10 -

Seit Jahrzehnten haben keine allgemeinen Wahlen auf kommunaler, regionaler oder nationaler Ebene stattgefunden. Politische Ämter wurden seit dem Sturz Siad Barres 1991 entweder erkämpft oder unter Ägide der internationalen Gemeinschaft, hilfsweise unter Einbeziehung nicht demokratisch legitimierter traditioneller Strukturen, insbesondere Clanstrukturen, in Selektionsprozessen vergeben. Traditionell benachteiligte Gruppen wie Frauen, Jugendliche, ethnische Minderheiten, LGBTI, Behinderte sowie auch Binnenflüchtlinge sehen sich somit nicht oder nicht hinreichend vertreten. Im November und Dezember 2016 wurde von über 14.000, von Clanältesten bestimmten Wahlmännern ein 275- köpfiges Parlament gewählt. Wenngleich dieser Prozess einen bemerkenswerten demokratischen Fortschritt darstellte, war er von erheblichen Korruptions- und Manipulationsvorwürfen überschattet. Die Präsidentschaftswahl fand am 08.02.2017 statt, als Gewinner ging der frühere Premierminister Mohamed Abdullahi Mohamed „Farmajo“ hervor. Für Ende 2020/Anfang 2021 sind erstmals allgemeine Parlamentswahlen in den Gebieten vorgesehen, in denen die Sicherheitslage solche Wahlen erlaubt. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist noch nicht abzusehen, ob es tatsächlich dazu kommen oder ob stattdessen erneut ein clanbasierter Selektionsprozess wie 2016 stattfinden wird (AA 02.04.2020). (CIA, Central Intelligence Agency, The World Factbook, Somalia, last update 17.08.2020, abgefragt am 09.09.2020, https://www.cia.gov/library/publications/the-world- factbook/geos/so.html AA, Auswärtiges Amt, Somalia, politisches Porträt, Stand 30.09.2019, abgefragt am 09.09.2020, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/somalia-node/- /203162 AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2020, 02.04.2020 AA, Auswärtiges Amt, Somalia, Steckbrief, Stand 30.09.2019, abgefragt am 09.09.2020, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/somalia-node/somalia/203130 UNSC, UN Security Council, Bericht des UNO-Generalsekretärs, Bericht zur Lage in Somalia, S/2020/398, 13.05.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2030188/S_2020_398_E.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 27.07.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2034697/briefingnotes-kw31-2020.pdf)

Parteiensystem ad a) Somalia Es gibt keine Parteien im westlichen Sinn. Die politischen Loyalitäten bestimmen sich in erster Linie durch die Clanzugehörigkeit oder religiöse Bindung an informelle Gruppierungen. Im - 11 -

September 2016 verabschiedete der Präsident ein Parteiengesetz, das die Grundlage für eine Parteienbildung werden soll. Trotz vorgesehener Mechanismen, die eine breite geografische Repräsentanz in den Parteien sicherstellen sollen, manifestiert sich das Clansystem auch in den neuen Parteien. Dutzende Parteien haben sich provisorisch registriert, weisen jedoch mehrheitlich keine erkennbaren inhaltlich-programmatischen Konzepte auf. Das nächste Parlament soll Ende 2020 erstmals in einer allgemeinen und freien Wahl – dort, wo die Sicherheitslage dies erlaubt – bestimmt werden. Ob eine solche Wahl tatsächlich und im vorgegeben Zeitrahmen stattfinden wird, ist aktuell noch nicht abzusehen. Dies gilt auch für die Frage, ob sich diese Wahlen erstmals an der Parteizugehörigkeit der Kandidaten orientieren werden (AA 02.04.2020). Eine Besonderheit der Politik und Geschichte Somalias liegt in der Bedeutung der Clans. Clans sind auf gemeinsame Herkunft zurückgehende Großfamilienverbände mit einer bis zu siebenstelligen Zahl von Angehörigen. Die Kenntnis der Clanstrukturen und ihrer Bedeutung für die somalische Gesellschaft ist ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis der politischen und historischen Entwicklungen in Somalia. Die übergeordneten Clans in Somalia sind die Hawiye, Darod, Issaq, Dir und der Clanverbund der Digil-Mirifle bzw. . Aufgrund des jahrzehntelangen Bürgerkriegs ist es nicht möglich, die genauen Zahlenverhältnisse der einzelnen Clans anzugeben. Hawiye, Darod, Issaq und Digil-Mirifle stellen wohl je 20 bis 25 Prozent der Gesamtbevölkerung, die Dir deutlich weniger. Über 95 Prozent aller Somalier fühlen sich einem Sub-Clan zugehörig, der genealogisch zu einem der Clans gehört. Auch diese Sub-Clans teilen sich wiederum in Untereinheiten auf. Die Zugehörigkeit zu einem Clan bzw. Sub-Clan ist ein wichtiges Identifikationsmerkmal und bestimmt, welche Position eine Person oder Gruppe im politischen Diskurs oder auch in bewaffneten Auseinandersetzungen einnimmt (AA Innenpolitik Stand 05.03.2019, abgefragt am 13.11.2019). (AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2020, 02.04.2020 AA, Auswärtiges Amt, Somalia, Innenpolitik, Stand 05.03.2019, abgefragt am 13.11.2019, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/somalia-node/-/203162)

Clan der Darood - Ogaden –Bartire Die vier Mehrheitsclans in Somalia sind die Darood, Hawiye, Isaaq und Dir (Accord 11.07.2019). Alle vier Mehrheitsclans haben jeweils 61 Sitze, von insgesamt 275 Sitzen, im somalischen Parlament (ReliefWeb Juni 2019). Darood, Hawiye, Isaaq und Digil/Mirifle stellen wohl je 20-25% der Gesamtbevölkerung [U.K. Jänner 2019]). Darood-Clans stellen die Bevölkerungsmehrheit Puntlands (BAMF 27.08.2019). - 12 -

Die Darood werden in der Regel in drei große Gruppen unterteilt: Ogaden, Merehan und Harti (U.K. Jänner 2019). Die Darood gehören zu einem der vier Hauptclans in Somalia. Die Darood zählen zu den „edlen“ nomadischen Pastoral-Clans und sind der zahlenmäßig größte Clan Somalias. Die Ogaden zählen zu den Hauptsubclans der Darood. Somalias Präsident Mohamed Abdullahi Mohamed [Farmajo], der im Februar 2017 gewählt wurde, ist Darood (IRB 05.04.2018). Die Bartire sind ein Subclan der Ogaden und leben in der Region Lower Juba/Jubbada Hoose in Südsomalia (SEM 31.05.2017; IRB 12.07.1999; EASO Dezember 2017). Die Ogaden sind der wichtigste somalische Clan in Äthiopien, aber auch in beiden Jubba-Regionen [Anmerkung: Lower Juba/Jubbada Hoose und Middle Juba/Jubbada Dhexe in Südsomalia] sehr einflussreich, sowie im Nordosten Kenias (SEM 31.05.2017; U.K. Jänner 2019). Am 21.02.1998 berichtete die Zeitung „The Indian Ocean Newsletter“, dass das Ergebnis des „Kairoer Abkommens“ als „Hawiye-Friedensabkommen“ zwischen den unterschiedlichen Clans der Hawiye gesehen wurde, aber den unerwarteten Effekt hatte, dass es die Clans der Darood (Harti, Majerteen, Marehan, Ogaden) enger zusammenbrachte und diese die Reihen gegenüber ihren „Verbündeten“ Osman Ato, Ali Mahdi und Hussein Aydid schlossen. Die Zeitung „The Ethiopian Review“ berichtete über den Widerstand der Darood gegen die Konferenz in Kairo sowie, dass diese „die beiden großen Darood-Clans“ vereinte. Dennoch gab im April 1998 Berichte, über besonders gewalttätigen Kampfhandlungen im Hafen der Stadt Kismayo zwischen den Darood Clans der Merehan und den Majerteen; obwohl diese als Darood eng miteinander verbunden sind. Laut der somalischen Zeitung „Ayaamaha“, unterzeichneten die Darood und die Hawiye im September 1998 ein Friedensabkommen welches festlegt, dass diese beiden Mehrheitsclanfamilien auf ein friedliches Zusammenleben hinarbeiten werden. Laut Zeitungsberichten der „ Time“ vom 04.11.1998 attackierten Clanangehörige der Ogaden jene der Merehan im Südwesten Somalias; diese heftigen Angriffe standen in Zusammenhang mit den Kämpfen in Kismayo. Am 08.11.1998 kam es zu neuerlichen Kämpfen in Kismayo zwischen den Clans der Ogaden und Merehan; diese Kämpfe setzten sich in der Woche vom 12.-13.12.1998 fort, wobei der Führer der Majerteen, Mohamed Siad „Morgan“, die Stadt Kismayo hielt, während der Clan der Merehan Gebiete außerhalt der Stadt hielt. Am 12.12.1998 berichtete die Zeitung „The Indian Ocean Newsletter“, dass der Clan der Absame, einer der drei Wichtigsten innerhalb des Darood- Stammes, die mit dem Clan der Harti von General Said Mohamed Hersi alias „Morgan“ verbündet sind und den Hafen von Kismayo kontrollieren, eine Versammlung mit 500 Delegierten beendete (IRB 22.07.1999). - 13 -

Die Ogaden, ein Mehrheitsclan, sind im Süden Somalias zu finden, wo sie in den letzten Jahren ihre Kontrolle über Lower und Middle Juba sowie in Äthiopien und Kenia verstärkt haben (ARC 25.01.2018). Die Regierung von Abiy Ahmed gestaltet Äthiopiens Politik gegenüber Somalia neu, indem sie Mogadischu stärker in den Mittelpunkt gestellt hat als andere somalische Akteure. Dennoch reiste die somalische Präsidentin Muse Bihi im Februar 2019 nach Addis Abeba, um Präsident Abiy zu treffen. Ein weiterer Faktor war die Aussöhnung Äthiopiens mit Gruppen, die zuvor als terroristische Organisationen eingestuft wurden, wie die Ogaden National Liberation Front (ONLF). Äthiopien hatte zuvor befürchtet, dass ein Konflikt zwischen Somaliland und Puntland eine Öffnung für solche Bewegungen bieten könnte, um Äthiopien zu infiltrieren. Angesichts der Aussöhnung ist diese Sorge theoretisch nicht mehr relevant (ISS 04.12.2019). Während der Dürre 2017 und der damit verbundenen humanitären Krise, als diese Studie durchgeführt wurde, zeigten drei der wichtigsten Clans in El Berde (nördlich von Bakool) – die Ogaden, Reer Hassan und Rahanweyn – gegensätzliche Fähigkeiten, externe Unterstützung zu mobilisieren. Zwei der wichtigsten ansässigen Clans – die vielen und dominanten Ogaden und die wenigen, aber gut vernetzte Reer Hassan – konnten aufgrund ihrer historischen Migrationsmuster und der Größe ihrer derzeitigen Diaspora-Bevölkerung Mittel im Ausland aufbringen (RVI September 2018). Da die Darood im Norden, in Süd- und Zentralsomalia sowie in Äthiopien und Kenia präsent sind, können sie als die stärksten „Pan-Somali-Nationalisten“ betrachtet werden (ARC 25.01.2018). Generell ist es unwahrscheinlich, dass eine Person, die einer der Mehrheitsclanfamilien (Hawiye, Darood, Dir oder Isaaq) angehört, oder zugehörigen Subclans, eine begründete Angst vor Verfolgung ausschließlich auf der Grundlage der Clanzugehörigkeit bei Rückkehr nach Mogadischu oder anderen Teilen Süd- und Zentralsomalias glaubhaft machen kann; wobei jedoch jeder Fall anhand der individuellen Fakten geprüft werden muss (U.K. Jänner 2019). (Accord, Anfragebeantwortung zu Somalia, Situation der Somalischen Bantu/Gosha/Jareer und des Clans der Elay in Südsomalia, Zahl a- 11032, 11.07.2019, https://www.ecoi.net/de/dokument/2012920.html U.K. Home Office, Country Policy and Information Note Somalia, Majority clans and minority groups in south and central Somalia, Version 3.0 Jänner 2019, https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_ data/file/773526/Somalia_-_Clans_-_CPIN_V3.0e.pdf ARC, Asylum Research Consultancy, Situation in South and Central Somalia (including Mogadishu), 25.01.2018, - 14 - https://www.ecoi.net/en/file/local/1423361/90_1517484171_2018-01-arc-country-report- on-south-and-central-somalia-incl-mogadishu.pdf IRB, Immigration and Refugee Board of Canada, Somalia, update to SOM 23336.E of 10 April 1996 on the situation of Dir-Gadsan subclan especially in North Mogadishu and Merca [SOM32328.E], 22.07.1999, https://www.ecoi.net/de/dokument/1059844.html EASO, Country of Origin Information Report, Somalia, Security situation, Dezember 2017, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/EASO_Somalia_security_situation_201 7.pdf IRB, Immigration and Refugee Board of Canada, Somalia, Anfragebeantwortung Darood Clan, 05.04.2018, https://irb-cisr.gc.ca/en/country- information/rir/Pages/index.aspx?doc=457443&pls=1 SEM, Staatssekretariat für Migration, EJPD, Schweizerische Eidgenossenschaft, Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement, Focus Somalia, Clans und Minderheiten, 31.05.2017, https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/internationales/herkunftslaender/afrika/som/S OM-clans-d.pdf RVI, Rift Valley Institute, Berichte zu Geldüberweisungen, September 2018, https://www.ecoi.net/en/file/local/1458512/1226_1551782303_remittances-and- vulnerability-in-somalia-by-nisar-majid-rvi-briefing-2018.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 27.08.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/1442638/1226_1536223371_deutschland-bundesamt- fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-27-08-2018-deutsch.pdf ReliefWeb, Bericht zu Bewältigungsstrategien der Lokalbevölkerung bei humanitären Krisen, Juni 2019, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Report_Towards-an- improved-understanding-of-vulnerability-and-resilience-in-Somalia.pdf ISS, Institute for Security Studies, Bericht zur politischen Lage, Somalia, 04.12.2019, https://issafrica.s3.amazonaws.com/site/uploads/ear27.pdf)

Sicherheitslage Für westliche Staatsangehörige besteht in ganz Somalia (dies gilt auch für Somaliland und Puntland) ein sehr hohes Entführungsrisiko, ausländische Staatsangehörige werden auch immer wieder Opfer von Mordanschlägen. Außerordentlich gefährlich ist die Lage in Zentral- und Südsomalia, einschließlich des Großraums Mogadischu, wobei jedoch auch in den anderen Landesteilen wie Puntland (Nordosten) und Somaliland (Norden) mit extremer Unsicherheit, Entführungen sowie Terror- und Selbstmordanschlägen gerechnet werden - 15 - muss. Im ganzen Land besteht die Gefahr von nicht explodierten Minen und Bomben. Sehr hohe Kriminalität (BMEIA Stand 09.09.2020). Sollten sie Hargeisa oder Berbera besuchen seien sie besonders Wachsam und Achtsam an öffentlichen Orten, an denen sich Menschen versammeln. Verfolgen sie lokale und internationale Medien, um Demonstrationen oder Unruhen zu meiden. Verlassen sie rasch alle Gebiete, in denen es zu Unruhen kommt und versuchen sie nicht diese zu beobachten oder zu fotografieren (U.K. Reisehinweise Stand 09.09.2020). Somalia hat den Zustand eines failed state überwunden, bleibt aber ein sehr fragiler Staat. Es gibt keine flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die vorhandenen staatlichen Strukturen sind schwach und weiterhin im Aufbau befindlich. Die Autorität der somalischen Bundesregierung wird unter anderem vom nach Unabhängigkeit strebenden Somaliland (Regionen Awdaal, Wooqoi Galbeed, Toghdeer, Sool, Sanaag) im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen al-Schabaab-Miliz in Frage gestellt. Darüber hinaus bestehen politische Spannungen zwischen Mogadischu und den föderalen Gliedstaaten (02.04.2020). Entwicklungen von Konfliktvorfällen zwischen März 2018 und März 2020:

(Accord 23.06.2020). Am 08.02.2020, 02.03.2020 und 22.04.2020 kam es in Beledxaawo in der Region Gedo nahe der Grenze zwischen Somalia und Kenia zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen der somalischen Nationalarmee und Milizionären, die gegenüber dem Sicherheitsminister von Jubbaland, Abdirashid Hassan Abdinur „Janan“, loyal sind. Die Zusammenstöße verschärften die Spannungen zwischen Somalia und Kenia. Herr Farmajo und der Präsident Kenias, Uhuru Kenyatta, unternahmen Schritte zur Deeskalation der Spannungen, unter anderem durch ein Telefongespräch am 05.03.2020, gefolgt von hochrangigen Ministerbesuchen in Mogadischu und Nairobi. Am 23.04.2020 einigten sich der Präsident von Jubbaland, Ahmed Mohamed Islam „Madobe“, mit seinen politischen Gegnern des Jubbaland Council for Change in Nairobi darauf, seine umstrittene Wahl im August 2019 anzuerkennen und eine Koalitionsregierung zu bilden (UNSC 13.05.2020). - 16 -

Zwischen 05.05. und 04.08.2020 war die Sicherheitslage weiterhin volatil. Im Mai 2020 kam es zu 288 sicherheitsrelevanten Zwischenfällen, im Juni zu 269 und im Juli zu 218. Beim Großteil der Zwischenfälle handelte es sich um Tötungen und Schusswaffengebrauch in Zusammenhang mit Verbrechen sowie Al-Schabaab-Angriffe. Zwischen November 2019 und Anfang Februar 2020 war die Sicherheitslage weiterhin volatil. Die Anzahl der sicherheitsrelevanten Zwischenfälle stieg von 239 im November 2019 auf 266 im Dezember 2019. Im Jänner 2020 wurden 235 Zwischenfälle verzeichnet. Bei den Zwischenfällen handelte es sich um Angriffe der al-Schabaab auf Sicherheitskräfte, Autobomben, Bomben- und Granatenanschläge sowie kriminelle Taten (Accord Sicherheitslage 28.08.2020). ad a) Somalia In vielen Gebieten der fünf föderalen Gliedstaaten Somalias und der Bundeshauptstadt Mogadischu herrscht Bürgerkrieg. In den von al-Schabaab befreiten Gebieten kommt es weiterhin zu Terroranschlägen durch diese islamistische Miliz. Am 14.10.2017 kam es zu einem der verheerendsten Anschläge der Geschichte Somalias mit über 500 Todesopfern und zahlreichen Verletzten. Ein Lkw brachte eine Sprengladung in einer belebten Kreuzung in Mogadischu zur Detonation. Die al-Schabaab Miliz wird hinter dem Anschlag vermutet, hat sich jedoch nicht offiziell dazu bekannt Seitdem hat es wiederholt Anschläge im Stadtgebiet von Mogadischu gegeben. Ende Dezember kamen bei der Explosion einer Autobombe an einem Checkpoint am Stadtrand von Mogadischu bis zu 100 Personen ums Leben. Auch in anderen Landesteilen kommt es regelmäßig zu Anschlägen, Tötungen und Entführungen durch al-Schabaab (AA 02.04.2020). In der Region Galguduud wurden bei Kämpfen zwischen Clans zwischen 24. und 27.06.2020 etwa ein Dutzend Personen getötet. Bei Zusammenstößen von Clan-Milizen wegen Landstreitigkeiten zwischen 03. und 19.05.2020 wurden mindestens zehn Personen in den Regionen Mudug und Galguduud getötet. Am 23.05.2020 wurden bei Kämpfen zwischen einer Clanmiliz und der Armee mindestens acht Personen getötet. Ende März und Anfang April 2020 wurden über 100 Personen bei Zusammenstößen zwischen Clans in den Regionen , Lower Juba, Bay und Galguduud getötet. Am 02.04.2020 etwa kam es aufgrund von Landstreitigkeiten zu Zusammenstößen zwischen zwei Clans im Gebiet Kismayo mit mindestens 20 Toten. Einige Tage später wurden bei Vergeltungsangriffen eines Clans in der Stadt Wanlaweyn in der Region Lower Shabelle über 20 Personen getötet. In der Region Lower Juba kam es Anfang Februar 2020 zu Kämpfen zwischen Clans mit mindestens 20 Toten. Ende Dezember 2019 wurde ein Friedensabkommen zwischen zwei sich bekämpfenden Subclans in der Region Sanaag geschlossen (Accord Sicherheitslage 28.08.2020). Am 21.12.2019 wurde eine Autobombe vor dem Global Hotel in Galkayo in der Region Mudug gezündet, in dem sich Militärbeamte befanden. Es wird von sechs Toten und zehn Verletzten - 17 - berichtet. Derartige Angriffe finden in der Hauptstadt der Region Mudug verhältnismäßig selten statt. Keine Gruppe hat die Verantwortung für den Vorfall übernommen, allerdings führt al-Schabaab regelmäßig Angriffe auf Hotels durch. Am 28.12.2019 explodiert eine Autobombe an einem vielbefahrenen Checkpoint in Mogadischu. Etwa 90 Personen sollen getötet und mindestens 125 Personen verletzt worden sein. Viele Betroffene waren Studenten, die nach dem Wochenende in die Stadt zurückkehrten. Die Terrorgruppe al- Schabaab hat die Verantwortung für den Angriff übernommen und verkündet, dass dieser auf einen feindlichen Konvoi der Türken abzielte. Hunderte Personen, inklusive Regierungsvertretern, versammelten sich am 02.01.2020 in Mogadischu, um Solidarität mit den Opfern und Angehörigen zu zeigen. Der Angriff ist der größte in Mogadischu seit dem Lastwagenangriff in 2017, bei dem mehrere hundert Personen getötet worden waren. Am 08.01.2020 explodierte eine Autobombe der al-Schabaab bei einem Checkpoint in der Nähe des Präsidentenpalastes und anderer wichtiger Regierungsgebäude in Mogadischu. Mehrere Personen wurden getötet oder verletzt - darunter auch zwei Regierungsvertreter (BAMF 13.01.2020) Mindestens drei somalische Soldaten wurden getötet und zwei weitere verletzt, als am 14.01.2020 eine Bombe in der Nähe von Elasha Biyaha, am Rande von Mogadischu, explodierte. Al-Schabaab übernahm die Verantwortung für den Angriff und teilte mit, dass er auf türkische Arbeiter in Somalia abzielte. Es wurden keine türkischen Opfer gemeldet. Am 18.01.2020 griff ein Selbstmordattentäter der al-Schabaab türkische Arbeiter auf einer Baustelle an einer Straße bei Afgoye (30 Kilometer von Mogadischu entfernt) an. Die meisten Opfer waren somalische Polizisten, die für die Sicherheit der türkischen Arbeiter sorgten, aber auch türkische Staatsangehörige befanden sich unter den Todesopfern. Insgesamt wurden vier Tote und viele weitere Verletzte gemeldet (BAMF 20.01.2020). Der ehemalige Sicherheitsminister von Jubbaland, Abdirashid Hassan Abdinur (auch bekannt als Abdirashid Janan), wurde am 31.08.2019 wegen Verbrechen gegen das Völkerrecht und anderen Menschenrechtsverletzungen, u.a. die Tötung von Zivilisten und die Behinderung humanitärer Hilfe, verhaftet. Am 28.01.2020 entkam er aus der Haft und soll anschließend nach Kenia geflohen sein. Am 04.02.2020 kehrte er aus Nairobi in seinen Heimatort in Jubbaland zurück. Amnesty International (ai) hat die kenianische Regierung aufgefordert Abdirashid zu verhaften und zur Strafverfolgung nach Somalia zurückzubringen. Abdirashid genießt die Unterstützung der regionalen Behörden in Jubbaland, die mit der somalischen Zentralregierung im Konflikt steht. Zusammenstöße zwischen Clans im Süden des Landes Berichten vom 04.02.2020 zufolge wurden bei Zusammenstößen zwischen zwei Clans am Rande von Kismayo in der Region Lower Jubba mindestens 20 Menschen getötet und weitere - 18 -

20 verletzt. Die Regierung von Jubbaland habe versucht, die Kämpfe um Landressourcen zu beenden, sei aber bisher erfolglos geblieben (BAMF 10.02.2020). Am 19.02.2020 soll al-Schabaab zwei Militärstutzpunkte in der Region Lower Shabelle angegriffen haben. Bei einem Angriff stürmten die al-Schabaab die el-Salini-Militärbasis und besetzten sie kurzzeitig, wobei sie Waffen und Fahrzeuge erbeuteten. Der zweite Angriff fand auf einem Militärstützpunkt in der Stadt Qoryoley statt, wo somalische und ugandische AMISOM-Soldaten stationiert sind. Eine unbekannte Anzahl an Soldaten wurde getötet (BAMF 24.02.2020). Am 29.02.2020 soll sich die Milizgruppe Ahlu Sunnah Wal Jama’a (ASWJ) nach zweitägigen Zusammenstößen in den Städten Dhusamareb und Guriel (Region Galguduud) der somalischen Regierung ergeben haben. Mehrere Menschen sollen getötet worden sein. ASWJ spielt eine wichtige Rolle im Kampf gegen al-Schabaab und sollte in die staatlichen Sicherheitskräfte integriert werden. Die Präsidentschaftswahlen in Galmudug State Anfang 2020 haben allerdings zu Spannungen geführt, da drei rivalisierende Politiker von sich behaupteten, die Wahl gewonnen zu haben, darunter auch ein Vertreter der ASWJ. Mit der Kapitulation gab die ASWJ jedoch auch ihre politischen Bestrebungen auf (BAMF 02.03.2020). Seit dem 02.03.2020 kämpfen in der Region Gedo Einheiten der Somali National Army (SNA) und der regionalen Jubbaland-Kräfte gegeneinander. Die Kämpfe fanden zunächst rund um die Grenzstadt Bula Hawo in Somalia statt, haben sich aber auch auf die Stadt Mandera auf der kenianischen Seite der Grenze ausgebreitet. Tausende von Familien wurden zur Flucht aus dem Gebiet gezwungen. Die SNA will angeblich den ehemaligen Sicherheitsminister von Jubbaland, Abdirashid Hassan Abdinur, gefangen nehmen. Abdirashid wurde im August 2019 von der somalischen Regierung verhaftet, entkam aber am 28.01.2020 aus einem Gefängnis in Mogadischu. Am 04.02.2020 kehrte er nach Jubbaland zurück. Ein Beamter des regionalen Gerichts wurde am 03.03.2020 in der Hauptstadt der Region Sool in Somaliland, Las Anod, durch eine Autobombe getötet. Es ist nicht klar, wer hinter dem Anschlag stand. Solche Angriffe kommen in der Region relativ selten vor. Berichten zufolge wurden durch die Explosion einer Bombe am 01.03.2020 vier Regierungssoldaten getötet und viele weitere verletzt. Die Soldaten waren mit einem Militärkonvoi auf der Straße zwischen Wanlaweyn und Afgoye unterwegs. Für den Anschlag soll al-Schabaab verantwortlich sein. Am 01.03.2020 schoss al-Schabaab mit Mörsern in die stark befestigte sogenannte „Green Zone" in Mogadischu. Der Angriff zielte auf ein Gebiet, in dem sich Liegenschaften der UN und der Afrikanischen Union (AU) sowie mehrere westliche Botschaften befinden. Die „Green Zone“ gilt als eines der wenigen sicheren Gebiete in der Stadt und umfasst die Niederlassungen von humanitären und diplomatischen Organisationen sowie den internationalen Flughafen von Mogadischu. Es wurden keine Todesopfer gemeldet. Zuletzt wurde im November 2019 die - 19 - somalisch-kanadische Menschenrechtsaktivistin Almaas Elman in der „Green Zone“ erschossen (BAMF 09.03.2020). Truppen der Somali National Army (SNA) und AMISOM haben am 16.03.2020 die Stadt Janaale in der Region Lower Shabelle von al-Schabaab zurückerobert. AFRICOM führte zur Unterstützung der Operation Luftangriffe durch. Al-Schabaab hatte Janaale seit 2015 kontrolliert (BAMF 23.03.2020). Am 25.03.2020 wurden der Gouverneur von Ras Kamboni, sein Fahrer und drei seiner Leibwächter bei einer Landminenexplosion in der Nähe von Ras Kamboni in der Region Lower Juba getötet. Al-Schabaab bekannte sich zu dem Angriff und teilte mit, dass sie auf die kenianischen Verteidigungskräfte zielten, die zusammen mit dem Gouverneur unterwegs waren. Am 29.03.2020 starb der Gouverneur der Region Nugaal nach einem Selbstmordanschlag der al-Schabaab. Der Angriff erfolgte auf eine Polizeistation. Selbstmordattentäter greifen Geschäft an. Ein Selbstmordattentäter sprengte sich am 25.03.2020 in einem Teeladen in der Nähe des Parlaments in Mogadischu in die Luft. Dabei wurden mehrere Menschen getötet und verwundet, darunter auch Zivilisten. Die al-Schabaab übernahm die Verantwortung für den Angriff und erklärte, dass Ziel die Streitkräfte der Somali National Army gewesen seien, die das Parlament bewachen. Der Polizeichef des Bezirks Afgoye und drei seiner Leibwächter wurden am 22.03.2020 bei einer Bombenexplosion in Hawa Abdi in der Nähe von Afgoye getötet. Niemand hatte unmittelbar nach dem Anschlag die Verantwortung übernommen (BAMF 30.03.2020). Das US-Afrika-Kommando (AFRICOM) führte am 06., 09. und 10.04.2020 Luftangriffe auf al-Schabaab in der Region Middle Juba durch. Al-Schabaab-nahe Medien berichteten, dass es sich bei der am 10.04.2020 getöteten Person um einen Zivilisten handelte, was von AFRICOM aber bestritten wird. AFRICOM erklärte, dass der Toten unmittelbar vor dem Luftangriff die ermordeten Leichen von Soldaten der Somali National Army (SNA) in einem Dorf zur Schau stellte, um die Bevölkerung einzuschüchtern. Am 14.04.2020 explodierte in Mogadischu eine gegen Soldaten der SNA gerichtete Landmine, vier Zivilisten wurden dabei verletzt. Offiziell bekannte sich niemand zu dem Angriff. Es ist jedoch bekannt, dass al-Schabaab regelmäßig Angriffe auf Soldaten der SNA durchführt. Al-Schabaab tötete am 10.04.2020 vor einer Moschee in Galkayo (Region Mudug) einen Beamten. Bei einer weiteren Landminenexplosion in der Stadt Awdheegle (Region Lower Shabelle) wurden am 09.04.2020 vier Zivilisten getötet und zwei weitere verletzt. Auch in diesem Fall hat sich niemand zu dem Anschlag bekannt. Die dem IS angegliederte Gruppe in Somalia gab an, am 07.04.2020 in der Nähe des Bakara- Marktes in Mogadischu zwei Polizisten getötet und einen verletzt zu haben (BAMF 20.04.2020). - 20 -

Nach Angaben verschiedener Quellen wurden am 24.04.2020 im Distrikt Bondhere in Mogadischu ein oder zwei Zivilisten von einem Polizisten erschossen, der die Einhaltung der Ausgangssperre (wegen der Covid-19 Pandemie) durchsetzen wollte. Berichten zufolge wurde der Polizeibeamte verhaftet, dennoch gab es am 25.04.2020 in Mogadischu große Proteste gegen Polizeigewalt (BAMF 27.04.2020). Berichten zufolge hat al-Schabaab am 28.04.2020 in der Stadt El Bur, Region Galguduud, drei Männer öffentlich hingerichtet. Den Männern wurde vorgeworfen, für westliche Geheimdienste spioniert zu haben. In einem neuen Bericht zur Bewertung der zivilen Todesfälle durch amerikanische Luftangriffe, der nun vierteljährlich erscheinen soll, gesteht das Afrikanische Kommando der Vereinigten Staaten (US AFRICOM) ein, dass im Februar 2019 bei einem Luftangriff Zivilisten getötet und verletzt worden sind. Die Ziele des Luftangriffes – zwei al-Schabaab-Mitglieder – wurden dabei ebenfalls getötet. AFRICOM wurde in der Vergangenheit beschuldigt, Zivilisten bei Luftangriffen getötet zu haben. Dies ist erst das zweite Mal, dass solche Anschuldigungen offiziell bestätigt werden (BAMF 04.05.2020). Ein in kenianischem Besitz befindliches African-Express-Flugzeug mit humanitären und medizinischen Hilfsgütern wurde am 04.05.2020 in Bardale, Region Bay in Somalia, abgeschossen. Die sechs Menschen an Bord wurden getötet. Das äthiopische Militär gab am 09.05.2020 zu, dass sie das Flugzeug abgeschossen haben. Sie erklärten, man habe geglaubt, es befinde sich auf einer „potentiellen Selbstmordmission“, da keine Informationen über das Flugzeug vorlagen und es im Tiefflug flog. Äthiopischen Truppen sind in einem Militärlager in Bardale stationiert. Am 03.05.2020 soll al-Schabaab einen Mann im Distrikt Adan Yabal, Region Middle Shabelle, öffentlich hingerichtet haben. Der Mann wurde der Spionage für die US Central Intelligence Agency (CIA) und das Militär beschuldigt (BAMF 11.05.2020). Bei einem Selbstmordanschlag der al-Schabaab wurde am 17.05.2020 der Gouverneur der Region Mudug in Puntland, Ahmed Muse Nur und drei seiner Leibwächter in Galkayo getötet. Bereits im März 2020 war der Gouverneur der Region Nugal in Puntland bei einem Selbstmordanschlag der al-Schabaab getötet worden (BAMF 18.05.2020). Mehrere Menschen, darunter auch Kinder, wurden am 24.05.2020 getötet und verletzt, als in Baidoa eine Bombe explodierte. Die Explosion soll sich auf einem Feld in der Nähe eines Lagers für Binnenvertriebene ereignet haben, die das Ende des Fastenmonats Ramadan mit traditionellen Tänzen feierten. Es wird vermutet, dass al-Schabaab hinter dem Anschlag steht (BAMF 25.05.2020). Mindestens zehn Menschen wurden getötet und zwölf verletzt, als am 31.05.2020 eine Landmine auf der Straße zwischen Mogadischu und Afgoye explodierte. Die Opfer befanden sich Berichten zufolge in einem Kleinbus auf dem Weg zu einer Beerdigung. Es ist nicht klar, wer hinter dem Anschlag steht. Am 28.05.2020 explodierte in Mogadischu in einem Auto eine - 21 -

Bombe, zwei Polizeibeamte wurden dabei getötet. Al-Schabaab erklärte sich als verantwortlich (BAMF 08.06.2020). Am 20.06.2020 explodierten zwei Bomben vor dem Haus eines Militäroffiziers in Wanlaweyn, Region Lower Shabelle. Vier Personen, unter ihnen Zivilisten, sollen getötet worden sein. Niemand hat die Verantwortung für den Angriff übernommen. Am 21.06.2020 sprengte sich ein Selbstmordattentäter bei einem Militärkontrollpunkt in der Stadt Bacadweyn, Region Mudug, in die Luft. Drei Soldaten sollen getötet und zwei verletzt worden sein (BAMF 22.06.2020). Bei einer Bombenexplosion in der Stadt Baidoa [Anmerkung: in der Region Bai in Südwestsomalia], wurden sechs Menschen in einem Restaurant getötet. In der Nähe des Hafens der Hauptstadt Mogadischu in Zentralsomalia gab es einen Selbstmordanschlag, bei dem mindestens sieben Menschen verletzt wurden. Die Polizei teilte der BBC mit, dass Beamte in Mogadischu das Feuer auf ein Fahrzeug eröffneten, nachdem es an einem Kontrollpunkt nicht angehalten hatte. Der Selbstmordattentäter, der das Auto fuhr, soll versucht haben, einen Polizeiposten vor dem Hafen zu treffen, aber die Sicherheitskräfte erschossen ihn und das Fahrzeug explodierte. Zwei Polizisten und fünf Passanten wurden verletzt. Al-Schabaab bekannte sich zu beiden Anschlägen (BBC 04.07.2020). Bei einer Bombenexplosion in einem Restaurant in der südsomalischen Stadt Baidoa wurden sechs Menschen getötet. Zu dem Anschlag bekannte sich die al-Schabaab und erklärte, dass unter den Toten auch zwei Soldaten gewesen seien. Offiziell hieß es dagegen, alle Opfer seien Zivilisten. Zudem bekannte sich die Gruppe auch zu einem Selbstmordanschlag in der Nähe des Hafens der Hauptstadt Mogadischu, bei dem mindestens sieben Personen verletzt wurden. Nach Polizeiangaben hätten Beamte das Feuer auf ein Fahrzeug eröffnet, nachdem der Fahrer nicht an einem Kontrollpunkt angehalten hatte (BAMF 06.07.2020). In der Region Bula Gadud, etwa 35 Kilometer von der Küstenstadt Kismayo entfernt, kam es am 14.07.2020 zu heftigen Kämpfen zwischen Jubbaland-Streitkräften und Kämpfern der al-Schabaab. Auslöser war ein Bombenanschlag auf einen Militärkonvoi. Bei anschließenden Kämpfen sollen, so al-Schabaab, zehn Soldaten getötet worden sein. Die Sicherheitskräfte behaupten dagegen, sie hätten den Angriff abgewehrt und den Militanten schwere Verluste zugefügt. Bisher gibt es keine unabhängigen Berichte zu dem Vorfall (BAMF 20.07.2020). (BMEIA, Bundesministerium Europäische und internationale Angelegenheiten Somalia (Bundesrepublik Somalia), unverändert gültig seit 08.05.2020, Stand 09.09.2020, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/somalia BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 13.01.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025539/briefingnotes-kw03-2020.pdf - 22 -

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 20.01.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025544/briefingnotes-kw04-2020.pdf AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2020, 02.04.2020 BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 10.02.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025555/briefingnotes-kw07-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 10.02.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025555/briefingnotes-kw07-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 24.02.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025566/briefingnotes-kw09-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 02.03.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2027815/briefingnotes-kw10-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 09.03.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2027817/briefingnotes-kw11-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 23.03.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2027822/briefingnotes-kw13-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 30.03.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2027825/briefingnotes-kw14-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 20.04.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029411/briefingnotes-kw17-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 27.04.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029418/briefingnotes-kw18-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 04.05.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029426/briefingnotes-kw19-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 11.05.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029881/briefingnotes-kw20-2020.pdf UNSC, UN Security Council, Bericht des UNO-Generalsekretärs, Bericht zur Lage in Somalia, S/2020/398, 13.05.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2030188/S_2020_398_E.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 18.05.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2030331/briefingnotes-kw21-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 25.05.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2031012/briefingnotes-kw22-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 08.06.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2031179/briefingnotes-kw24-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 22.06.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2033948/briefingnotes-kw26-2020.pdf - 23 -

Accord, Kurze Zusammenstellung der Sicherheitslage in Somalia, erstes Quartal 2020, veröffentlicht 23.06.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2031994/2020q1Somalia_de.pdf BBC, zwei Bombenanschläge, sechs Personen getötet und mindestens sieben verletzt, 04.07.2020, https://www.bbc.com/news/world-africa-53289992 BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 06.07.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2033953/briefingnotes-kw28-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 20.07.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2034257/briefingnotes-kw30-2020.pdf Accord, Kurze Zusammenstellung der Sicherheitslage in Somalia, 28.08.2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2036627.html U.K. Government, Somalia travel advice, updated 04.09.2020, immer noch gültig am 09.09.2020, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/somalia) XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX XXXX

Sicherheitslage in der Bundeshauptstadt Mogadischu - 24 -

Mogadischu bleibt weiterhin unter Kontrolle von Regierung und AMISOM (AI 24.02.2016). Es ist höchst unwahrscheinlich, dass al Schabaab wieder die Kontrolle über Mogadischu erlangt (DIS 09.2015; vgl. UKUT 03.10.2014, EASO 02.2016). Der Rückzug der formalen Präsenz der al- Schabaab aus Mogadischu ist dauerhaft. Es gibt in der Stadt auch kein Risiko mehr, von der al- Schabaab zwangsrekrutiert zu werden. Es gibt in Mogadischu keine Clanmilizen und keine Clangewalt (UKUT 03.10.2014; vgl. EGMR 10.09.2015), auch wenn einzelne Clans angeblich noch in der Lage sein sollen, Angriffe führen zu können (EASO 02.2016). In Mogadischu gibt es eine Präsenz von AMISOM, somalischer Armee und Polizei, sowie des Geheimdienstes NISA. Es besteht keine Angst mehr, dass in Mogadischu wieder Bürgerkrieg herrschen könnte (LI 01.04.2016). Die Situation in Mogadischu ist nicht derartig, dass jeder Mensch in der Stadt einem Risiko entsprechend Artikel 3 EMRK ausgesetzt wäre (EGMR 10.09.2015; vgl. UKUT 03.10.2014). Die Stadtbewohner sind normalerweise nur dann betroffen, wenn sie zur falschen Zeit am falschen Ort sind (LI 01.04.2016). Jeder Stadtbürger kann sein eigenes Risiko weiter minimieren, indem er Gebiete oder Einrichtungen meidet, die klar als Ziel der al- Schabaab erkennbar sind (UKUT 03.10.2014). EASO listet als angegriffene Ziel von Sprengstoffanschlägen der al-Schabaab vor allem Hotels (YSL Hotel, Central Hotel, Maka al- Mukarama Hotel, Jazeera Palace Hotel, Sahafi Hotel), Restaurants, Regierungseinrichtungen und -Konvois, Stellungen und Stützpunkte von Regierungskräften und AMISOM (EASO 02.2016). Der verheerende Anschlag in einer belebten Straße in Mogadischu am 14.10.2017 forderte nach Angaben der Untersuchungskommission nicht wie bisher angegeben 358, sondern 512 Todesopfer. 312 Personen wurden verletzt (BAMF 04.12.2017). Nach Angaben der Vereinten Nationen kamen in der Zeit vom 01.01.2016 bis 14.10.2017 im Konflikt in Somalia 2.078 Angehörige der Zivilbevölkerung ums Leben, 2.507 wurden verletzt. Für mehr als 60 % der zivilen Opfer macht der UN-Bericht die al-Schabaab verantwortlich. Etwa ein Viertel der Toten lasse sich auf den verheerenden Anschlag vom 14.10.2017 in Mogadischu zurückzuführen. Clanmilizen seien für 13 % der Opfer verantwortlich, somalische Stellen einschließlich Polizei und Armee für 11 %, AMISOM für 4 %. Nicht identifizierte Täter verursachten 12 % der Opfer (BAMF 11.12.2017). Ein Selbstmordattentäter hat bei einer Parade in einem Ausbildungszentrum in der somalischen Hauptstadt Mogadischu mindestens 18 Polizisten getötet. Mindestens 15 weitere Menschen wurden verletzt, sagten Beamte. Der als Polizist getarnte Attentäter sprengte sich in der General Kaahiye Police Academy in die Luft. Die militante islamistische Gruppe al-Schabaab hat den Anschlag verübt. Die Gruppe führt regelmäßig Bombenanschläge in Mogadischu und anderen Städten durch. Im Oktober 2017 stürmten al-Schabaab Kämpfer ein Hotel in der Hauptstadt und töteten mindestens 20 Menschen. Die Gruppe bestritt jedoch, - 25 - hinter einem Lkw-Bombenanschlag in der Stadt Anfang Oktober zu stecken, bei dem mindestens 500 Menschen getötet wurden (BBC 14.12.2017). Ein als Polizist verkleideter Selbstmordattentäter tötete in der General-Kahiye- Polizeiakademie im Stadtteil Hamar Jabjab in Mogadischu am 14.12.2017 mehr als 18 Polizisten, weitere 20 wurden verletzt. Zum Anschlag bekannte sich die al-Schabaab. Am 12.12.2017 ermordeten al-Schabaab-Kämpfer in Mogadischu drei Polizisten (BAMF 18.12.2017). Nach einem Treffen in Kismaayo, nach dem tödlichen al-Schabaab-Angriff in Mogadischu am 14.10.2017, lud Präsident Mohamed Abdullahi Mohamed „Farmajo“ alle Staats- und Regierungschefs der Föderalen Mitgliedsstaaten zu einem Konsultativtreffen über politische und sicherheitspolitische Entwicklungen nach Mogadischu ein. Die Konsultationssitzung fand vom 29.10. bis 05.11.2017 statt, woraufhin ein Kommuniqué veröffentlicht wurde, in dem die Teilnehmer vereinbarten, die Sicherheit im ganzen Land zu erhöhen, eine Arbeitsbeziehung aufzubauen, die auf Zusammenarbeit, Konsens und Vertrauen beruht, und Aktivitäten, die politische Instabilität verursachen könnten, zu unterlassen. Die allgemeine Sicherheitslage in Somalia, auch in Mogadischu, blieb trotz der Operationalisierung der Stabilisierungstruppe in Mogadischu und verstärkten Sicherheitsmaßnahmen volatil. Im August 2017 kam es zu mehreren Explosionen, die durch improvisierte Sprengsätze verursacht wurden, hauptsächlich in der Nähe der Makka Al-Mukarama Road, einem Gebiet, das von Regierungsbeamten mit einigen kommerziellen Einrichtungen frequentiert wird. Im September 2017 kam es zu einem stetigen Zustrom von bewaffneten Zusammenstößen mit geringer Intensität, Verbrechen und Terroranschlägen, wobei zwei großangelegte Anschläge mit improvisierten Sprengsätzen auf Fahrzeuge verübt wurden. Die gezielten Attentate in der Stadt wurden mit einer Rekordzahl von 12 Morden an Geschäftsleuten, Sicherheitspersonal, Beamten und Regierungsbeamten fortgesetzt. Nach einer kurzen Pause bei Angriffen mit improvisierten Sprengsätzen mit Fahrzeug im September 2017 ereignete sich am 14.10.2017 an einer wichtigen Kreuzung in der Nähe des Safari Hotels in Mogadischu ein Selbstmordanschlag, gefolgt von einer zweiten Explosion einige Kilometer entfernt. Bei der Explosion wurden schätzungsweise 512 Menschen getötet, 230 wurden verletzt und 70 werden vermisst. Ein nationaler Mitarbeiter des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP) war unter den Getöteten. Der Angriff trug die Handschrift von al-Schabaab, obwohl die Gruppe nicht die Verantwortung übernommen hat. Am 28.10.2017 richtete sich ein komplexer Angriff auf das Naasa Hablood 2 Hotel in Mogadischu, bei dem 23 Menschen getötet wurden, darunter der Innenminister, der Föderalismus und die Versöhnung der Interimsregierung des Südwestens, Madobe Mohamed Nunow. Bei dem Anschlag wurden 30 Menschen verletzt, darunter ein nationaler Mitarbeiter des Welternährungsprogramms. Al- - 26 -

Schabaab übernahm die Verantwortung für den Angriff. Der Generaldirektor der Nationalen Nachrichten- und Sicherheitsbehörde und der Kommissar der somalischen Polizei wurden, nach den Anschlägen vom 14. und 28.10.2017, von ihren Ämtern entfernt. In dem Communiqué, das von der Somalia-Sicherheitskonferenz am 04.12.2017 in Mogadischu angenommen wurde, kamen die AMISOM und die internationalen Partner überein, dass die Mission weiterhin an einem auf Bedingungen basierenden Übergang arbeiten und gleichzeitig die in der Resolution 2372 (2017) des Sicherheitsrats festgelegten vorrangigen Aufgaben wahrnehmen wird. Auf der Somalia-Sicherheitskonferenz, die am 04.12.2017 in Mogadischu stattfand, kamen die Teilnehmer überein, dass die Bundesregierung gemeinsam mit den föderalen Mitgliedsstaaten und mit Unterstützung der Afrikanischen Union, der Vereinten Nationen, der Europäischen Union und anderer internationaler Partner unverzüglich einen auf Bedingungen basierenden Übergangsplan ausarbeiten sollte. Die Ausbildung für Sicherheitsansätze in Feldumgebungen (SSAFE) für das in Somalia tätige Personal der Vereinten Nationen wurde von Nairobi nach Mogadischu verlegt, wobei der erste Kurs vom 03. bis 06.12.2017 in Mogadischu erfolgreich durchgeführt wurde (UNSC 26.12.2017). Insgesamt war die Sicherheitslage in Mogadischu im Zeitraum vom 21.12.2017 bis 24.04.2018 volatil. Nach einer kurzen „Beruhigung“ im Jänner, als überwiegend Angriffe mit kleinen unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen und gezielte Tötungen berichtet wurden, kam es am 23.02.2018 zu zwei Selbstmordanschlägen mittels Autobomben mit schätzungsweise 18 Toten und 23 Verletzten. Die al-Schabaab bekannte sich zu den Anschlägen. Die Anzahl der gezielten Tötungen, zu denen sich die al-Schabaab bekannt hatte, stieg weiter an (UNSC 02.05.2018). Im Jahr 2018 setzten somalische Exekutivorgane in Mogadischu und anderen Großstädten mehrere Maßnahmen, die Anschläge störten und zu Strafverfolgungen und Verurteilungen führten (USDOS Terrorismus 01.11.2019). In Mogadischu kam es zu Demonstrationen gegen al-Schabaab, nachdem mehr als 80 Personen bei einem Bombenanschlag am 28.12.2019 getötet wurden (BBC 02.01.2020). - 27 -

(BFA 10.2015; vgl. EASO 02.2016) Am 28.12.2019 explodiert eine Autobombe an einem vielbefahrenen Checkpoint in Mogadischu. Etwa 90 Personen sollen getötet und mindestens 125 Personen verletzt worden sein. Viele Betroffene waren Studenten, die nach dem Wochenende in die Stadt zurückkehrten. Die Terrorgruppe al-Schabaab hat die Verantwortung für den Angriff übernommen und verkündet, dass dieser auf einen feindlichen Konvoi der Türken abzielte. Hunderte Personen, inklusive Regierungsvertretern, versammelten sich am 02.01.2020 in Mogadischu, um Solidarität mit den Opfern und Angehörigen zu zeigen. Der Angriff ist der größte in Mogadischu seit dem Lastwagenangriff in 2017, bei dem mehrere hundert Personen getötet worden waren. Am 08.01.2020 explodierte eine Autobombe der al-Schabaab bei einem Checkpoint in der Nähe des Präsidentenpalastes und anderer wichtiger Regierungsgebäude in Mogadischu. Mehrere Personen wurden getötet oder verletzt - darunter auch zwei Regierungsvertreter (BAMF 13.01.2020). Mindestens drei somalische Soldaten wurden getötet und zwei weitere verletzt, als am 14.01.2020 eine Bombe in der Nähe von Elasha Biyaha, am Rande von Mogadischu, explodierte. Al-Schabaab übernahm die Verantwortung für den Angriff und teilte mit, dass er auf türkische Arbeiter in Somalia abzielte. Es wurden keine türkischen Opfer gemeldet (BAMF 20.01.2020). - 28 -

Am 01.03.2020 schoss al-Schabaab mit Mörsern in die stark befestigte sogenannte „Green Zone" in Mogadischu. Der Angriff zielte auf ein Gebiet, in dem sich Liegenschaften der UN und der Afrikanischen Union (AU) sowie mehrere westliche Botschaften befinden. Die „Green Zone“ gilt als eines der wenigen sicheren Gebiete in der Stadt und umfasst die Niederlassungen von humanitären und diplomatischen Organisationen sowie den internationalen Flughafen von Mogadischu. Es wurden keine Todesopfer gemeldet. Zuletzt wurde im November 2019 die somalisch-kanadische Menschenrechtsaktivistin Almaas Elman in der „Green Zone“ erschossen (BAMF 09.03.2020). Ein Selbstmordattentäter sprengte sich am 25.03.2020 in einem Teeladen in der Nähe des Parlaments in Mogadischu in die Luft. Dabei wurden mehrere Menschen getötet und verwundet, darunter auch Zivilisten. Die al-Schabaab übernahm die Verantwortung für den Angriff und erklärte, dass Ziel die Streitkräfte der Somali National Army gewesen seien, die das Parlament bewachen (BAMF 30.03.2020). Die Regierung hat verschiedene Schritte unternommen, um die Ausbreitung der COVID-19- Pandemie zu stoppen. Alle internationalen und inländischen Flüge wurden mit Ausnahme von humanitären Flügen ausgesetzt. Die Hotels entlang des Lido-Strandes in Mogadischu, wo sich normalerweise Hunderte von Familien an den Wochenenden versammeln, wurden geschlossen. Öffentliche Schulen, religiöse Schulen und Universitäten wurden ebenfalls geschlossen. Hunderte von Gefangenen wurden freigelassen (BAMF 06.04.2020). Zwischen 08. und 11.01.2020 tötete die al-Schabaab mindestens sechs Zivilisten in Mogadischu (Accord 15.04.2020). Am 14.04.2020 explodierte in Mogadischu eine gegen Soldaten der SNA gerichtete Landmine, vier Zivilisten wurden dabei verletzt. Offiziell bekannte sich niemand zu dem Angriff. Es ist jedoch bekannt, dass al-Schabaab regelmäßig Angriffe auf Soldaten der SNA durchführt. Die dem IS angegliederte Gruppe in Somalia gab an, am 07.04.2020 in der Nähe des Bakara- Marktes in Mogadischu zwei Polizisten getötet und einen verletzt zu haben (BAMF 20.04.2020). Nach Angaben verschiedener Quellen wurden am 24.04.2020 im Distrikt Bondhere in Mogadischu ein oder zwei Zivilisten von einem Polizisten erschossen, der die Einhaltung der Ausgangssperre (wegen der COVID-19 Pandemie) durchsetzen wollte. Berichten zufolge wurde der Polizeibeamte verhaftet, dennoch gab es am 25.04.2020 in Mogadischu große Proteste gegen Polizeigewalt (BAMF 27.04.2020). Al-Schabaab hat seine Granatangriffe in Mogadischu deutlich verstärkt. Die Zone des internationalen Flughafens Aden Adde, in der sich das Gelände der Vereinten Nationen befindet, wurde am 17.02.2020, 01. und 18.03.2020 sowie am 19. und 26.04.2020 mit 60-mm-Granaten angegriffen, die höchste Zahl indirekter Brandanschläge auf die jemals - 29 - registrierte Zone. Keiner der Granaten, die bei dem Angriff am 17.02.2020 landeten, detonierte. Bei dem Anschlag am 01.03.2020 wurde ein internationaler Auftragnehmer verletzt. Bei dem Anschlag am 18.03.2020 wurde ein internationaler Mitarbeiter leicht verletzt. Bei dem Anschlag am 19.04.2020 wurde ein internationaler Vertragspartner leicht verletzt. Bei dem Angriff am 26.04.2020 wurden fünf Zivilisten verletzt und ein Toter in der Nähe der Zone, wo einer die Granate landete. Bei einem separaten Vorfall am selben Tag detonierte ein improvisierter Sprengsatz in der Nähe eines der Tore zur Zone, ohne, dass es Opfer gab (UNSC 13.05.2020). Im ersten Quartal 2020 wurden in Banaadir 142 Vorfälle mit 94 Toten erfasst und an folgenden Orten lokalisiert: Mogadishu, Mogadishu-Bondhere, Mogadishu-Daynile, Mogadishu- Dharkenley, Mogadishu-Hamar Jabjab, Mogadishu-Hawl Wadaag, Mogadishu-Heliwa, Mogadishu-Hodan, Mogadishu-Karan, Mogadishu-Kaxda, Mogadishu-Shangaani, Mogadishu- Wadajir, Mogadishu-Wardhigley, Mogadishu-Yaqshid (Accord 23.06.2020). AMISOM, Somali National Army (SNA) und US-Streitkräfte erhöhten das den Druck auf al-Schabaab in Teilen Somalias im Jahr 2019, vor allem in der Absicht, die Verbringung von improvisierten Sprengsätzen (Improvised Explosive Device, IEDs) in die Hauptstadt Mogadischu zu verhindern. Im April 2019 startete die Bundesregierung Somalias in Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten und AMISOM eine Operation zur Rückeroberung von strategisch wichtigen Gebieten in der Nähe von Mogadischu aus al-Schabaab-Kontrolle; die Bundesregierung Somalias bereitet weitere Operationen für 2020 vor. ISIS-Somalia ist weiterhin in Spendenaktionen, Einschüchterungskampagnen und Attentate in Mogadischu und im Norden Somalias involviert. Somalia ist Mitglied der Globale Koalition, um ISIS zu besiegen (USDOS Terrorismus 24.06.2020). Am 28.05.2020 explodierte in Mogadischu in einem Auto eine Bombe, zwei Polizeibeamte wurden dabei getötet. Al-Schabaab erklärte sich für verantwortlich (BAMF 08.06.2020). In der Nähe des Hafens der Hauptstadt Mogadischu gab es einen Selbstmordanschlag, bei dem mindestens sieben Menschen verletzt wurden. Die Polizei teilte der BBC mit, dass Beamte in Mogadischu das Feuer auf ein Fahrzeug eröffneten, nachdem es an einem Kontrollpunkt nicht angehalten hatte. Der Selbstmordattentäter, der das Auto fuhr, soll versucht haben, einen Polizeiposten vor dem Hafen zu treffen, aber die Sicherheitskräfte erschossen ihn und das Fahrzeug explodierte. Zwei Polizisten und fünf Passanten wurden verletzt. Al-Schabaab bekannte sich zum Anschlag (BBC 04.07.2020). Al-Schabaab bekannte sich zu einem Selbstmordanschlag in der Nähe des Hafens der Hauptstadt Mogadischu, bei dem mindestens sieben Personen verletzt wurden. Nach Polizeiangaben hätten Beamte das Feuer auf ein Fahrzeug eröffnet, nachdem der Fahrer nicht an einem Kontrollpunkt angehalten hatte (BAMF 06.07.2020). - 30 -

General Odowaa Yusuf Rageh, Oberster Kommandant der somalischen Streitkräfte, blieb bei einem Attentat im Bezirk Hodan in Mogadischu unverletzt. Ein Zivilist starb, als ein Selbstmordattentäter versuchte, ein mit Bomben beladenes Auto in den Konvoi des Generals zu steuern. Zu dem Angriff am 13.07.2020 bekannte sich al-Schabaab (BAMF 20.07.2020). Am 08.08.2020 führte eine Autobombenexplosion auf einer Militärbasis in Mogadischu zu mindestens acht toten Soldaten und 14 Verwundeten. Al-Schabaab übernahm die Verantwortung für den Anschlag. Am 03.08.2020 wurden zwei Wachmänner eines Restaurants getötet, als sich ein Selbstmordattentäter in die Luft sprengte. Mehrere Gäste wurden verletzt. Bisher hat noch keine Gruppe die Verantwortung für den Anschlag übernommen (BAMF 10.08.2020). (AI, Amnesty International, Amnesty International Report 2015/16, 24.02.2016, The State of the World's Human Rights - Somalia, http://www.ecoi.net/local_link/319738/445108_en.html BFA, BFA Staatendokumentation Analyse zu Somalia, Lagekarten zur Sicherheitslage, Oktober 2015, http://www.ecoi.net/file_upload/1729_1445329638_soma-analyse-lagekarten-2015- 10-12-endversion.pdf DIS , Danish Immigration Service Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process; Report from the Danish Immigration Service’s fact finding mission to Nairobi, Kenya and Mogadishu, Somalia; 2-12 May 2015, 09.2015,http://www.ecoi.net/file_upload/1788_1443181235_somalia-ffm-report-2015.pdf, EASO European Asylum Support Office Somalia Security Situation, 02.2016 http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1457606427_easo-somalia-security-feb-2016.pdf, EGMR, Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, R.H. v. Sweden, Application no. 4601/14, Council of Europe: European Court of Human Rights, 10.09.2015, http://www.refworld.org/docid/55f66ef04.html UKUT, United Kingdom Upper Tribunal (Immigration and Asylum Chamber) UK Country Guidance Case. MOJ & Ors (Return to Mogadishu) (Rev 1) (CG) [2014] UKUT 442 (IAC), 03.10.2014, http://www.bailii.org/uk/cases/UKUT/IAC/2014/[2014]_UKUT_442_iac.html BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 04.12.2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1423367/5734_1517487807_deutschland-bundesamt- fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-04-12-2017-deutsch.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 11.12.2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1423368/5734_1517488502_deutschland-bundesamt- fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-11-12-2017-deutsch.pdf BBC, BBC News, Mogadischu, Selbstmordattentäter tötete bei Polizeischule mindestens 18 Polzisten, 14.12.2017, https://www.bbc.com/news/world-africa-42350072 - 31 -

BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 18.12.2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1423371/5734_1517488939_deutschland-bundesamt- fuer-migration-und-fluechtlinge-briefing-notes-18-12-2017-deutsch.pdf UNSC, UN Security Council, Bericht des UNO-Generalsekretärs, S/2017/1109, Entwicklungen vom 23.08.2017 bis 20.12.2017, 26.12.2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1422225/1226_1516202747_n1745189.pdf UNSC, UN Security Council, Bericht des UNO-Generalsekretärs, S/2018/411, Entwicklungen vom 21.12.2017 bis 24.04.2018, 02.05.2018, https://www.securitycouncilreport.org/atf/cf/%7B65BFCF9B-6D27-4E9C-8CD3- CF6E4FF96FF9%7D/s_2018_411.pdf USDOS, U.S. Department of State, Country Report, Terrorismus 2018, Somalia, 01.11.2019, https://www.state.gov/reports/country-reports-on-terrorism-2018/#Somalia BBC News, Anschlag in Somalia, Demonstrationen folgen in Mogadischu, 02.01.2020, https://www.bbc.com/news/world-africa-50971759 BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 13.01.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025539/briefingnotes-kw03-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 20.01.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025544/briefingnotes-kw04-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 09.03.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2027817/briefingnotes-kw11-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 30.03.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2027825/briefingnotes-kw14-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 06.04.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2027827/briefingnotes-kw15-2020.pdf Accord, Themendossier zur Somalia, Sicherheitslage 15.04.2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2028082.html BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 20.04.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029411/briefingnotes-kw17-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 27.04.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2029418/briefingnotes-kw18-2020.pdf UNSC, UN Security Council, Bericht des UNO-Generalsekretärs, Bericht zur Lage in Somalia, S/2020/398, 13.05.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2030188/S_2020_398_E.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 08.06.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2031179/briefingnotes-kw24-2020.pdf BBC News, zwei Bombenanschläge, sechs Personen getötet und mindestens sieben verletzt, 04.07.2020, https://www.bbc.com/news/world-africa-53289992 - 32 -

Accord, Kurze Zusammenstellung der Sicherheitslage in Somalia, erstes Quartal 2020, veröffentlicht 23.06.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2031994/2020q1Somalia_de.pdf USDOS, U.S. Department of State, Country Report, Terrorismus 2019, Kapitel 1, Somalia, 24.06.2020, https://www.state.gov/reports/country-reports-on-terrorism-2019/somalia/ BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 06.07.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2033953/briefingnotes-kw28-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 20.07.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2034257/briefingnotes-kw30-2020.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 10.08.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2035733/briefingnotes-kw33-2020.pdf) al-Schabaab Al-Schabaab teilte am 12.06.2020 mit, in Jilib, Region Middle Juba, ein Behandlungszentrum für COVID-19-Erkrankte und eine 24-Stunden-Hotline eingerichtet zu haben. Al-Schabaab fordert Menschen mit Symptomen auf, die neue medizinische Einrichtung aufzusuchen. Es liegen keine Informationen darüber vor, wie viele Coronavirus-Fälle es in den von al-Schabaab kontrollierten Gebieten gibt (BAMF 15.06.2020). Al-Schabaab hat schätzungsweise zwischen 7.000 und 9.000 Mitglieder AMISOM, Somali National Army (SNA) und US-Streitkräfte erhöhten das den Druck auf al-Schabaab in Teilen Somalias im Jahr 2019, vor allem in der Absicht, die Verbringung von Sprengsätzen (Improvised Explosive Device, IEDs) in die Hauptstadt Mogadischu zu verhindern. Im April 2019 startete die Bundesregierung Somalias in Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten und AMISOM eine Operation zur Rückeroberung von strategisch wichtigen Gebieten in der Nähe von Mogadischu aus al-Schabaab-Kontrolle; die Bundesregierung Somalias bereitet weitere Operationen für 2020 vor. ISIS-Somalia ist weiterhin in Spendenaktionen, Einschüchterungskampagnen und Attentate in Mogadischu und im Norden Somalias involviert. Somalia ist Mitglied der Globale Koalition, um ISIS zu besiegen (USDOS Terrorismus 24.06.2020). Ziel der al-Schabaab ist es, die somalische Regierung und ihre Alliierten aus Somalia zu vertreiben und in Groß-Somalia ein islamisches Regime zu installieren (EASO Februar 2016). Je höher der militärische Druck auf al-Schabaab anwächst, je weniger Gebiete sie effektiv kontrollieren, desto mehr verlegt sich die Gruppe auf asymmetrische Kriegsführung (Entführungen, Anschläge, Checkpoints) und auf Drohungen. Al-Schabaab wird bei der Anwendung dieser Taktik immer besser und stärker. Dabei ist auch die al-Schabaab in ihrer Entscheidungsfindung nicht völlig frei. Die Gruppe unterliegt durch die zahlreichen - 33 -

Verbindungen z.B. zu lokalen Clan-Ältesten auch gewissen Einschränkungen. Die Regionalhauptstadt Buale (Middle Juba) sowie die Bezirkshauptstädte Saakow, Jilib (Middle Juba), Jamaame (Lower Juba), Sablaale, Kurtunwaarey (Lower Shabelle), Diinsoor (Bay), Tayeeglow (Bakool), Ceel Buur, Ceel Dheere (Galgaduud) befinden sich unter Kontrolle der al- Schabaab. Alle anderen Regional- und Bezirkshauptstädte werden von anti-al-Schabaab- Truppen gehalten. Viele der Städte sind gleichzeitig auch Garnisonsstädte der AMISOM (BFA August 2017). Die Gebiete der al-Schabaab werden als relativ sicher beschrieben. Dort herrscht Frieden und eine Absenz an Clan-Konflikten (UNSOM 18.09.2017). In den von ihr kontrollierten Gebieten verfügt al-Schabaab über effektive Verwaltungsstrukturen, eine Art von Rechtsstaatlichkeit und eine effektive Polizei. Die Verwaltung der al-Schabaab wurzelt auf zwei Grundsätzen: Angst und Berechenbarkeit (BFA August 2017). Die Armee war bis vor fünf Jahren sehr chaotisch organisiert und viele Soldaten sind zwischen 2009-2011 zu al-Schabaab übergelaufen. Derzeit gibt es 1-2 gute Spezialeinheiten, welche in Kooperation mit amerikanischen Spezialeinheiten herbe/erfolgreiche Schläge gegen al- Schabaab durchführen. Aktuell ist die al-Schabaab Führung auf der „Flucht“ in Teilen Südsomalias (Stand Januar 2018) und versucht, sich von diesen Spezialeinheiten und US- Drohnenschlägen zu schützen. Außerdem wurden in letzten Jahren zahlreiche Trainings für die somalische Armee durchgeführt, die möglicherweise nicht viel „Outcome“ haben, aber zumindest eine ganz gute Ausbildung bieten. Derzeit ist die somalische Armee jedenfalls auf einem besseren Weg als vor fünf bis sieben Jahren. Die angesprochene Dominanz von AMISOM (insbesondere am Flughafen) fundiert nicht nur auf geringer Kapazität der somalischen Armee, sondern weil (militärisch und nicht politisch) im Vorrang steht, strategische Punkte zu sichern (Flughafen = „Besitztum“ von AMISOM). Auch die internationale Gemeinschaft wird von AMISOM geschützt (EU, UK etc.). Am Flughafen sieht man kaum Somalier – dies beruht nicht unbedingt auf einem Machtwunsch von AMISOM, sondern fußt auf einem Deal mit den internationalen Akteuren, die sich durch die Kontrolle von AMISOM sicherer fühlen. Die vorherrschende Erfahrung der Bevölkerung mit al-Schabaab ist, dass zwar mehr Steuern zu zahlen und strengere Regeln einzuhalten sind, sie aber keinen täglichen Repressionen durch al-Schabaab ausgesetzt sind. Es ist somit relativ friedlich und herrscht keine Kriminalität. Oft ist Somaliern die Stabilität, die mit der Herrschaft der al- Schabaab einhergeht, nicht unrecht (Professor Dr. Höhne 26.01.2018). Al-Schabaab hat schätzungsweise zwischen 7.000 und 9.000 Mitglieder. Al-Schabaab hat die volle Kontrolle über die großen städtischen Zentren in Somalia verloren. Im September 2012 verlor die Gruppe die Kontrolle über Kismayo, einen wichtigen Hafen, den sie nutzte, um Lieferungen und Finanzierungen mithilfe von Steuern zu erhalten. Im Oktober 2014 verlor al-Schabaab einen weiteren strategischen Hafen in Baraawe an AMISOM und somalische - 34 -

Truppen. Trotz dieser Verluste kontrollierte al-Schabaab im Jahr 2018 große Teile ländlicher Gebiete in den Regionen Middle Juba und Lower Juba, sowie die Regionen Gedo, Bakol, Bay und Shabelle. Al-Schabaab hielt ihre Präsenz im Norden Somalias entlang der Golis-Berge und in größeren städtischen Gebieten Puntlands aufrecht und startete 2018 mehrere Angriffe auf Ziele in den Grenzregionen Kenias (USDOS Terrorismus 01.11.2019). Das United States Africa Command (US AFRICOM) erklärte am 03.06.2019, dass der Islamische Staat in Somalia (ISS) weiterhin rekrutiert und derzeit etwa 300 Kämpfer hat. Davon operieren die meisten in Puntland. AFRICOM hat seit April 2019 mehrere Luftangriffe gegen den ISS durchgeführt (BAMF 17.06.2019). In Somalia berichteten die Mitgliedstaaten, dass die bisherige beunruhigende Ruhe zwischen al-Schabaab und ISIL (Islamischer Staat im Irak und der Levante) nicht lange gedauert hat. In Puntland, wo der ISIL kleinere Überfälle gemacht hatte, und in Mogadischu kam es Anfang 2019 zu Zusammenstößen. Der ISIL in Somalia geriet sowohl wegen al-Schabaab, als auch wegen fortgesetzter Einsätze der AMISOM (African Union Mission in Somalia), unter Druck. Al-Schabaab war danach in der Lage, einige ISIL-Stützpunkte in Puntland zu besetzen und den ISIL in den Untergrund zu zwingen, sogar in seiner Hochburg Ceelasha Biyaha in der Nähe von Mogadischu. Ungeachtet dieser Rückschläge gelang es dem ISIL, einige operative Stützpunkte zu erhalten und er konnte immer noch begrenzt tödliche Anschläge gegen Geschäftsleute und Regierungsbeamte in Boosaaso durchführen (UNSC 31.07.2019). ad a) Somalia In den von al-Schabaab befreiten Gebieten kommt es weiterhin zu Terroranschlägen durch diese islamistische Miliz. Puntland strebt nicht nach Unabhängigkeit von Somalia, erkennt die somalische Bundesregierung an und ist einer der fünf offiziellen föderalen Gliedstaaten Somalias, wenngleich mit größerer Autonomie. Es konnten einigermaßen stabile staatliche Strukturen etabliert werden. Al-Schabaab kontrolliert hier keine Gebiete mehr, sondern ist nur noch in wenigen schwer zugänglichen Bergregionen mit Lagern vertreten, ebenso wie der somalische Ableger des sogenannten „Islamischen Staats“. Stammesmilizen spielen im Vergleich zum Süden eine untergeordnete Rolle, wenngleich sie weiterhin präsent sind. Die Grundsätze der Gewaltenteilung sind in der Verfassung von 2012 niedergeschrieben. Allerdings ist die Verfassungswirklichkeit eine andere. In den unter Kontrolle der al-Schabaab- Miliz stehenden Gebieten wird das Prinzip der Gewaltenteilung gemäß der theokratischen Ideologie der al-Schabaab nicht anerkannt. Zu den anderen, weder von Regierung, noch von al-Schabaab, sondern von weiteren Clan- oder anderen Milizen kontrollierten Gebieten liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor. Es ist aber nach Einschätzung von Beobachtern davon auszugehen, dass Rechtsetzung, Rechtsprechung und Rechtsdurchsetzung zumeist in der Hand einer kleinen Gruppe von Notabeln (z. B. „Clanältesten“) liegen. Von Gewaltenteilung - 35 - kann so nicht gesprochen werden. In den von al-Schabaab kontrollierten Gebieten werden Unterstützer der staatlichen Strukturen oder Mitarbeiter von Hilfsorganisationen zu militärischen Zielen erklärt und zur gezielten Tötung freigegeben. In den von al-Schabaab kontrollierten Gebieten wird oppositionelles Handeln nicht geduldet. Al-Schabaab geht brutal vor und schreckt auch vor Hinrichtungen von politischen Gegnern nicht zurück. Zu den von einzelnen Clan- oder anderen Milizen kontrollierten Gebieten liegen keine ausreichenden Erkenntnisse vor. In den von al-Schabaab gehaltenen Gebieten besteht keine Versammlungsfreiheit und keine Vereinigungsfreiheit (AA 02.04.2020). Berichten zufolge haben die Streitkräfte von SNA und AMISOM am 01.04.2019 das von al-Schabaab kontrollierte Dorf Sabiid, 40 Kilometer südwestlich von Mogadischu in der Region Lower Shabelle, erobert (BAMF 08.04.2019). Laut staatlichem Radio wurde Baschir Mohamed Qorgab, Anführer der al-Schabaab, bei einem Luftangriff in Sakow getötet (BBC 08.03.2020). Truppen der Somali National Army (SNA) und AMISOM haben am 16.03.2020 die Stadt Janaale in der Region Lower Shabelle von al-Schabaab zurückerobert. AFRICOM führte zur Unterstützung der Operation Luftangriffe durch. Al-Schabaab hatte Janaale seit 2015 kontrolliert (BAMF 23.03.2020). Neben Granatangriffen hat al-Schabaab die Fähigkeit, größere Angriffe auf Sicherheitskräfte im Süden Somalias durchzuführen. Am 19.02.2020 erfolgten in Shabelle Hoose zwei komplexe Angriffe mit improvisierten Sprengsätzen gegen AMISOM und die Stützpunkte der Somalischen Nationalarmee in Qoryooley und Ceel Saliini, im Bezirk Marka. Letzterer soll mehr als 20 Opfer unter Mitgliedern der somalischen Nationalarmee gefordert haben. Am 16.03.2020 befreiten die somalische Nationalarmee und die AMISOM die Stadt Jannaale. Als Reaktion darauf verstärkte al-Schabaab ihre Angriffe in der Region, unter anderem mit indirektem Feuer und einem improvisierten Selbstmordsprengsatz in einem Fahrzeug, gegen AMISOM-Truppen am 16.03.2020, wobei Berichten zufolge mindestens fünf Soldaten ums Leben kamen. Am 24.04.2020 ließ die Gruppe auf dieselbe Weise zwei weiter Fahrzeuge detonieren, das war bei einem vereitelten Angriff auf den Stützpunkt der AMISOM-Somali National Army in Baraawe, in der Region Shabelle Hoose; beiden Selbstmordattentäter wurden dabei getötet. Während ein allgemeiner Rückgang der Zahl von zivilen Opfer durch al- Schabaab-Aktivitäten beobachtet wurde, erhöhte die Gruppe ihrer öffentlichkeitswirksamen Angriffe (UNSC 13.05.2020). Al-Schabaab inhaftiert Personen für Vergehen wie Rauchen, unerlaubte Inhalte auf dem Mobiltelefon, Musikhören, Fußballschauen oder –spielen, das Tragen eines BHs oder das Nicht-Tragen eines Hidschabs (USDOS 13.03.2019). In den von al-Schabaab kontrollierten Gebieten ist weiterhin Kino, Fernsehen, Musik, das Internet und das Anschauen von - 36 -

Sportveranstaltungen verboten, ebenso Rauchen und andere Verhaltensweisen, die als „unislamisch“ charakterisiert werden (USDOS 10.06.2020). Die Lage bezüglich der von al-Schabaab kontrollierten Gebiet in Süd- und Zentralsomalia bleibt unverändert. Wie in der Karte weiter unten dargestellt (Karte von PGN Stand Mai 2020), behält al-Schabaab die Kontrolle über große Teile Süd- und Zentralsomalias. Seit Dezember 2019 hat PGN (Political Geography Now) eine leichte Änderung der Kontrollsituation in der Lower Shabelle Region im Südwestens gemeldet. Die Bundesregierung und ihre Verbündeten haben die Kontrolle über Janale und Lego in der Region Lower Shabelle von al-Schabaab übernommen. Die Internationale Migrationsorganisation (IOM) und UNHCR haben in Lower Shabelle ein Programm für Flüchtlinge, die freiwillig aus dem Flüchtlingslager Dadaab in Kenia zurückkehren (DIS Juli 2020). Bei Einsätzen gegen Aufständische wurden in den Regionen Lower Shabelle, Lower Juba und Bay zwischen 06. und 19.07.2020 mindestens 29 al-Schabaab-Kämpfer getötet. Bei US- Luftangriffen am 09. und 29. Juli wurden in den Regionen Lower Shabelle und Middle Juba zwei al-Schabaab-Kämpfer getötet. Es wurde zudem über zivile Opfer berichtet. In der Region Bari, in Puntland, wurden bei Einsätzen mit US-Luftunterstützung am 21.07.2020 27 ISIS- Kämpfer getötet (Accord 28.08.2020). Am 04.07.2020 wurden mindestens fünf Zivilisten und Sicherheitsbeamte bei einem Bombenanschlag der al-Schabaab in der Region Bay getötet. Am 05.07.2020 entführte die Gruppe einen Parlamentsabgeordneten in der Region Middle Shabelle. Zwischen 06. und 13.07.2020 wurden bei Angriffen auf Sicherheitskräfte mindestens 17 Personen in den Regionen Lower Shabelle und Lower Juba getötet. Am 08.07.2020 wurden bei einem Bombenanschlag der al-Schabaab in Mogadischu zwei Polizisten getötet und am 27.07.2020 erschoss die Al-Schabaab einen weiteren Polizisten. Am 13.07.2020 führte die Al-Schabaab im Bezirk Hodan einen Autobombenanschlag auf den Konvoi des Chefs der Verteidigungskräfte Somalias aus. Mindestens sechs Personen wurden bei dem Anschlag getötet und zehn weitere verletzt. Am 04.07.2020 wurden bei einem Autobombenanschlag auf einen Sicherheitsposten der somalischen Polizei im Bezirk Xamar Jajab fünf Polizisten und eine unbekannte Anzahl an Zivilisten verletzt. Im Juni 2020 wurden mindestens 14 Soldaten und drei Zivilisten bei al- Schabaab-Angriffen in Hiraan, Lower Juba, Bay, Gedo, Middle Shabelle und Lower Shabelle getötet. Zwischen 07. und 27.06.2020 erschoss die al-Schabaab vier Polizisten und einen Beamten in Mogadischu. Am 23.06.2020 wurde bei einem Selbstmordanschlag nahe einer türkischen militärischen Ausbildungseinrichtung zwei Somalier getötet. Zwischen 03. und 07.05.2020 wurden mindestens zwei Zivilisten bei Angriffen der al-Schabaab in den Regionen Lower und Middle Shabelle getötet. In den Regionen Lower Shabelle, Middle Juba und Bay wurden zwischen 24. und 31.05.2020 mindestens 14 Soldaten und 14 Zivilisten bei einer Reihe - 37 - von Angriffen der al-Schabaab und bei Bombenanschlägen, zu denen sich keine Gruppe bekannte, getötet. Auf die al-Schabaab in Lower Shabelle ausgeübter Druck zwingt die Gruppe dem UNO-Sicherheitsrat zufolge offensichtlich dazu, ihre Präsenz in den Regionen Bay und Middle Shabelle auszuweiten. In Bay griff die al-Schabaab AMISOM-Konvois auf den Hauptversorgungsrouten an. Am 23. und 24.05.2020 wurden sieben Personen in Baidoa und Diinsoor bei Angriffen der al-Schabaab getötet und über 40 weitere verletzt. Am 09.05.2020 griffen IS-Kämpfer in der Stadt Bosaso in Puntland Sicherheitskräfte an. Ein Soldat und mindestens zwei Aufständische wurden dabei getötet. Während der folgenden Tage wurde in Bosaso ein IS-Kämpfer von Sicherheitskräften erschossen und vier weitere verhaftet Am 14.05.2020 wurden bei einem Angriff der al-Schabaab auf eine Militärbasis nahe Bosaso ein Soldat und drei Angreifer getötet. Am 17.05.2020 wurde der Konvoi des Gouverneurs von Mudug in Gaalkacyo zum Ziel eines Autobombenanschlags. Der Gouverneur und vier Leibwächter wurden dabei getötet (Accord 28.08.2020). Insgesamt wurden im Mai 2020 sieben Luftangriffe gegen al-Schabaab und ISIL durchgeführt. Im Juni zwei und im Juli drei. Die Luftangriffe wurden in den Regionen Gedo, Juba Dhexe, Lower Juba, Shabelle Hoose und Bari durchgeführt. In den ersten sieben Monaten des Jahres 2020 wurden insgesamt 45 Luftangriffe durchgeführt, im Vergleich zu 47 im gesamten Jahr 2018 und 63 im Jahr 2019. Bei Einsätzen der Sicherheitskräfte wurden zwischen 06. und 26.06.2020 mindestens 67 al-Schabaab-Kämpfer in den Regionen Bakool, Lower Juba, Middle Juba und Hiraan getötet. In Puntland wurde am 06.06.2020ein al-Schabaab-Kämpfer erschossen. Bei Einsätzen gegen die al-Schabaab zwischen 10. und 31.05.2020 wurden mindestens 70 Mitglieder der Gruppe in den Regionen Middle Juba, Lower Juba, Lower Shabelle, Bay, Hiraan und Gedo getötet. Angaben lokaler Dorfältester zufolge entführten und töteten am 27.05.2020 Soldaten sieben Mitarbeiter von Hilfsorganisationen und einen Zivilisten, die sie verdächtigten, mit Aufständischen in der Region Middle Shabelle zu sympathisieren. Die Armee bestritt eine Beteiligung (Accord 28.08.2020). Bereits am 29.03.2020 wurde der Gouverneur von Nugaal in Garoowe bei einem Anschlag der al-Schabaab getötet. In Mogadischu wurden im Mai 2020 mindestens fünf Sicherheitsbeamte durch al-Schabaab-Kämpfer getötet. Im April 2020 wurden bei Angriffen der al-Schabaab in den Regionen Gedo, Lower Shabelle, Middle Shabelle, Lower Juba und Bay mindestens elf Soldaten und elf Zivilisten getötet. In Mogadischu wurden bei mehreren Angriffen im April 2020 mindestens drei Soldaten und sechs Zivilisten getötet. Etwa bei einem Granatenangriff auf ein UNO-Gelände am 26.04.2020, bei dem vier Zivilisten getötet wurden. In Galkayo, in der Region Mudug, wurden zwischen 05. und 10.04.020 zwei örtliche Beamte von al- Schabaab-Kämpfern getötet. In den südlichen und zentralen Landesteilen wurden bei Angriffen der al-Schabaab im März 2020 mindestens 22 Angehörige der Sicherheitskräfte - 38 - getötet. Bei einem Bombenanschlag der al-Schabaab am 25.03.2020 wurden fünf Zivilisten in Lower Juba getötet. In Middle Juba exekutierte die al-Schabaab am 31.03.2020 sechs Zivilisten, die von der Gruppe der Spionage bezichtigt wurden. In Mogadischu griff die al- Schabaab ein UNO-Gelände mit Granaten an. Bei einem Selbstmordanschlag wurden am 25.03.2020 mindestens vier Personen getötet. In Puntland töteten al-Schabaab-Kämpfer zwischen 17. Und 29.03.2020 drei örtliche Beamte (Accord 28.08.2020). Bei US-Luftangriffen in mehreren Regionen wurden 32 al-Schabaab-Kämpfer im Zeitraum zwischen 02. und 10.04.2020 getötet, darunter ein Anführer der al-Schabaab, Yusuf Jiis. Die äthiopische Armee gab an, mindestens 17 al-Schabaab-Kämpfer bei Luftangriffen in der Region Gedo getötet zu haben. Zudem kam es am 22.04.2020 zu Kämpfen zwischen Streitkräften der föderalen Regierung und Kräften der Regierung von Jubaland nahe der Stadt Bula Hawa. Die Zahl der Opfer war vorerst nicht bekannt. In Hiraan töteten Sicherheitskräfte am 05.03.2020 acht al-Schabaab-Mitglieder. Am 16.03.2020 nahmen Sicherheitskräfte die Stadt Janaale ein. Zwischen 21. und 29.03.2020 töteten die Sicherheitskräfte mindestens 37 Aufständische in den Regionen Lower Juba und Lower Shabelle. Am 02.03.2020 kam es in der Stadt Bula Hawa erneut zu Zusammenstößen zwischen somalischen Truppen und Truppen Jubalands. Berichten zufolge wurden mindestens elf Zivilisten und Kämpfer getötet. Im Februar 2020 kam es nach den Wahlen in der Region Galmudug zur Stationierung von Truppen der somalischen Regierung. Am 04.02.2020 griffen Regierungstruppen die Städte Dolow und Bula Hawa an und nahmen diese ein (Accord 28.08.2020). ad b) Somaliland Al-Schabaab hält derzeit in Somaliland keine Gebiete (AA 02.04.2020). (USDOS, U.S. Department of State, Country Report, Terrorismus 2019, al-Schabaab, 24.06.2020, https://www.state.gov/reports/country-reports-on-terrorism-2019/#AS USDOS, U.S. Department of State, Country Report, Terrorismus 2018, Somalia, 01.11.2019, https://www.state.gov/reports/country-reports-on-terrorism-2018/#Somalia EASO, Country of Origin Information Report, Somalia, Security situation, Februar 2016, https://coi.easo.europa.eu/administration/easo/PLib/EASO-Somalia-Security-Feb2016.pdf USDOS, U.S. Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2018, Somalia, 13.03.2019, https://www.state.gov/documents/organization/289253.pdf BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Sicherheitslage in Somalia, Bericht zur österreichisch-schweizerischen FFM, August 2017, http://www.ecoi.net/file_upload/5209_1502195321_ffm-report-somalia-sicherheitslage- onlineversion-2017-08-ke.pdf UNSOM, United Nations Assistance Mission in Somalia, Countering Al Shabaab Propaganda and Recruitment Mechanisms in South Central Somalia, 18.09.2017, - 39 - https://unsom.unmissions.org/sites/default/files/countering_alshabaab_propaganda_and_r ecruitment_mechanisms_report_final__14_august_2017.pdf Professor Dr. Markus Virgil Höhne, promovierter Ethnologe und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Ethnologie Universität Leipzig, Autor vieler Publikationen zur Bundesrepublik Somalia und zum Horn von Afrika, Fragebeantwortung im Rahmen eines Vortrages bzw. eines Seminars für Richter des Bundesverwaltungsgerichts zur Bundesrepublik Somalia am 26.01.2018; [email protected] BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 08.04.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010660/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_un d_Flüchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_08.04.2019_%28deutsch%29.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 17.06.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2010680/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_un d_Flüchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_17.06.2019_%28deutsch%29.pdf UNSC, UN Security Council, Berichte zur Gruppe Islamischer Staat und mit ihr verbündeter Gruppen, 31.07.2019, S/2019/612, https://undocs.org/S/2019/612 AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2020, 02.04.2020 BBC News, Al-Shabab's Bashir Mohamed Qorgab 'killed in air strike in Somalia, 08.03.2020, https://www.bbc.com/news/world-africa-51789724 BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 23.03.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2027822/briefingnotes-kw13-2020.pdf UNSC, UN Security Council, Bericht des UNO-Generalsekretärs, Bericht zur Lage in Somalia, S/2020/398, 13.05.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2030188/S_2020_398_E.pdf USDOS, U.S. Department of State, Jahresbericht Religionsfreiheit, Beobachtungszeitraum 2019, Somalia 10.06.2020, https://www.state.gov/reports/2019-report-on-international- religious-freedom/somolia/ BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 15.06.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2033945/briefingnotes-kw25-2020.pdf DIS, Danish Immigration Service, Süd- und Zentralsomalia, Sicherheitslage, Zwangsrekrutierung und Rückkehrsituation, Juli 2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2035712/South+and+Central+Somalia++Security+Situati on+Forced+Recruitment+and+Conditions+for+Returnees.pdf USDOS, U.S. Department of State, Country Report, Terrorismus 2019, Kapitel 1, Somalia, 24.06.2020, https://www.state.gov/reports/country-reports-on-terrorism-2019/somalia Accord, Kurze Zusammenstellung der Sicherheitslage in Somalia, 28.08.2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2036627.html) - 40 -

Justiz ad a) Somalia Die Grundsätze der Gewaltenteilung sind in der Verfassung von 2012 niedergeschrieben. Allerdings ist die Verfassungsrealität eine andere. In den tatsächlich von der Regierung kontrollierten Gebieten sind die Richter einer vielfältigen politischen Einflussnahme durch staatliche Amtsträger ausgesetzt. In den unter Kontrolle der al-Schabaab-Miliz stehenden Gebieten wird das Prinzip der Gewaltenteilung gemäß der theokratischen Ideologie der al-Schabaab nicht anerkannt. Zu den anderen, weder von Regierung, noch von al-Schabaab, sondern von weiteren Clan- oder anderen Milizen kontrollierten Gebieten liegen keine gesicherten Erkenntnisse vor. Es ist aber nach Einschätzung von Beobachtern davon auszugehen, dass Rechtsetzung, Rechtsprechung und Rechtsdurchsetzung zumeist in der Hand einer kleinen Gruppe von Notabeln (z. B. „Clanältesten“) liegen. Von einer Gewaltenteilung ist nicht auszugehen (AA 02.04.2020). Der Journalist Abdiaziz Ahmed Gurbiye wurde am 29.07.2020 zu sechs Monaten Gefängnis und einer Geldstrafe verurteilt. Er wurde im April 2020 verhaftet, nachdem er Facebook- Einträge über das Coronavirus veröffentlichte, die auch die Regierung kritisierten. Er wurde wegen Veröffentlichung falscher Nachrichten und Beleidigung der Behörden angeklagt. Eine Berufung gegen das Urteil ist möglich (BAMF 03.08.2020). (AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2020, 02.04.2020 BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 03.08.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2035431/briefingnotes-kw32-2020.pdf)

Sicherheitsbehörden ad a) Somalia Aufgrund des andauernden Bürgerkriegs spielen die Sicherheitsorgane eine herausgehobene Rolle. Sie arbeiten in der Regel in einem Kontext humanitären Völkerrechts. Ca. 80% der öffentlichen Stellen befinden sich im Sicherheitssektor, der zudem ein Drittel der Staatshausausgaben umfasst. Gleichwohl bleibt die tatsächliche zivile Kontrolle über die Sicherheitskräfte und insbesondere die justizielle Verantwortlichkeit einzelner Mitglieder der Sicherheitsorgane in den meisten Fällen schwach bis inexistent. Hinzu kommt, dass der Sold für die Sicherheitskräfte häufig sehr unregelmäßig ausgezahlt wird, was korruptes oder erpresserisches Verhalten befördert. Ausbildung und Training im Menschenrechtsbereich werden zwar zunehmend international unterstützt, für die Mehrzahl der regulären Kräfte muss jedoch weiterhin davon ausgegangen werden, dass ihnen die völkerrechtlichen Rahmenbedingungen ihres Handelns nur bruchstückhaft bekannt sind. Für die - 41 - regierungsnahen Milizen gilt dies erst recht. Von Seiten der Kämpfer der al-Schabaab-Miliz wird ein völkerrechtlicher Rahmen als solcher nicht anerkannt. Militärgerichte in Somalia/Somaliland verhandeln und urteilen weiterhin über Fälle jeglicher Art (auch über zivilrechtliche Fälle), die nicht in ihrem Zuständigkeitsbereich liegen und missachten dabei teilweise international anerkannte Standards für faire Gerichtsverfahren. 2017 kam es mindestens zu 23 Verurteilungen durch Militärgerichte, die meisten aufgrund von Terrorismusanklagen. Sieben minderjährige Angeklagte, wurden am 13.02.2017 in Puntland wegen Verdacht auf Mord von einem Militärgericht schuldig gesprochen und zum Tode verurteilt, größtenteils aufgrund von Geständnissen, die mutmaßlich unter Folter des Puntland Intelligence Service (PIS) erlangt wurden. Fünf von ihnen wurden im April 2017 durch ein Erschießungskommando hingerichtet. Zurzeit waren in Puntland mindestens vier Minderjährige im Zentralgefängnis von Bosasso inhaftiert (Stand September 2019 [AA 02.04.2020]). (AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2020, 02.04.2020)

Folter/Unmenschliche Behandlung ad a) Somalia Die Aktionen der staatlichen Sicherheitskräfte und insbesondere der Nachrichtendienst NISA entziehen sich oftmals der öffentlichen Kontrolle. Gleichzeitig bekennt sich die Regierung zu ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen. Vorwürfe aufgrund systematischer Verfolgung werden nicht erhoben. Jedoch kann im Einzelfall nicht ausgeschlossen werden, dass Sicherheitskräfte den entsprechenden völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommen und bei Verstößen straffrei davonkommen. In den von al-Schabaab kontrollierten Gebieten ist regelmäßig von unmenschlicher Behandlung im Sinne des Übereinkommens auszugehen, wenn einzelne Personen gegen die Interessen von al-Schabaab handeln oder dessen verdächtigt werden (AA 02.04.2020). (AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2020, 02.04.2020)

Korruption/Dokumente In den Jahren 2018 und 2019 belegte Somalia im Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International Platz 180 von 180 (TI 2018, TI 2019). Somalia steht auf dem letzten Platz des Korruptionswahrnehmungsindexes von Transparency International. Für Somalier ist es einfach, echte Dokumente (fast jeden) unwahren Inhalts zu besorgen. Das gilt auch für unrichtige Pässe der Nachbarländer Dschibuti, Äthiopien und Kenia. In Somalia selbst, aber auch in den von Somaliern bewohnten Enklaven, z. B. dem - 42 -

Stadtteil Eastleigh in Nairobi, werden gefälschte somalische Reisepässe ebenso wie zahlreiche andere gefälschte Dokumente zum Verkauf angeboten (AA 02.04.2020). (AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2020, 02.04.2020 TI, Transparency International, Corruption Perceptions Index 2018, Somalia, https://www.transparency.org/country/SOM TI, Transparency International, Corruption Perceptions Index 2019, Somalia, https://www.transparency.org/country/SOM)

Menschenrechte Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen hat 1993 das Mandat des Unabhängigen Experten zur Beobachtung der Menschenrechtslage in Somalia geschaffen. Fast jedes Jahr gab es seither eine Besichtigungsreise. Seit 2014 wird das Amt von Herrn Bahame Nyanduga (TZA) bekleidet. Er besuchte fünf Mal das Land, zuletzt im Juli 2019. Weitere Special Procedure Visits nach Somalia waren: Walter Kälin, der Vertreter des Generalsekretärs für Binnenflüchtlinge (seit 2009 mehrere Besuche, zuletzt im Herbst 2018), Sonderberichterstatterin Rashida Manjoo zum Thema Gewalt gegen Frauen (2011), sowie die Arbeitsgruppe zu Mercenaries (Söldnern) (2012). 2019 besuchten darüber hinaus die Sonderbeauftragte des Generalsekretärs für sexualisierte Gewalt in Konflikten als auch die Beauftragte für Kinder in bewaffneten Konflikten das Land. Somalia wurde zum 01.01.2019 als ordentliches Mitglied des UN Menschenrechtsrates berufen und hat dort einen Sitz bis 2021 (AA 02.04.2020). ad a) Somalia Der Schutz der Menschenrechte ist in der Verfassung verankert, ebenso wie die prägende Rolle der Schari’a als Rechtsquelle. Somalia hat folgende Menschenrechtsabkommen ratifiziert: Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, ratifiziert am 26.08.1975 (CERD), Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte, ratifiziert am 24.01.1990 (CCPR), Internationaler Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, ratifiziert am 24.01.1990 (CESCR), Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, ratifiziert am 24.01.1990 (CAT), Übereinkommen über die Rechte des Kindes, ratifiziert am 01.10.2015 (CRC), Abkommen und Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen, ratifiziert am 06.08.2019 (CRPD), - 43 -

Konvention zu Schutz und Hilfe von Binnenvertriebenen in Afrika (Kampala Konvention der AU-Mitgliedsländer), ratifiziert am 26.11.2019 Am 31.12.2018 unterschrieb der somalische Präsident Mohamed Abdullahi Farmaajo ein nationales Gesetz zur Einrichtung einer unabhängigen Agentur für Menschen mit Behinderung. Diese soll durch staatliche Mittel finanziert werden und die Rechte körperlich behinderter Personen im Land wahren (AA 02.04.2020). (AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2020, 02.04.2020)

Religion ad a) Somalia Nach Angaben des Bundesministeriums für religiöse Angelegenheiten sind mehr als 99 Prozent der Bevölkerung sunnitische Muslime. Die vorläufige Bundesverfassung sieht vor, dass alle Bürger, unabhängig von ihrer Religion, vor dem Gesetz gleiche Rechte und Pflichten haben, etabliert aber den Islam als Staatsreligion und verlangt Gesetze, die den Grundsätzen der Scharia entsprechen (USDOS 10.06.2020). Repressionen aufgrund der Religion spielen in Somalia fast keine Rolle, da es außer internationaler Entsandten bzw. Mitarbeitern (z.B. von Vereinten Nationen, Nichtregierungsorganisationen, Truppen der afrikanischen Friedensmission AMISOM oder auch Botschaften), praktisch keine Nicht-Muslime im Land gibt. Über 99 % der Somalier sind sunnitische Muslime (AA 02.04.2020). Das nationale Strafgesetzbuch gilt in der Regel in allen Regionen des Landes. Es verbietet nicht die Bekehrung vom Islam zu einer anderen Religion, aber es kriminalisiert Blasphemie und „Diffamierung des Islam“, was Strafen bis zu zwei Jahre Gefängnis nach sich ziehen kann (USDOS 10.06.2020). (AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2020, 02.04.2020 USDOS, U.S. Department of State, Jahresbericht Religionsfreiheit, Beobachtungszeitraum 2019, Somalia 10.06.2020, https://www.state.gov/reports/2019-report-on-international- religious-freedom/somolia/)

Todesstrafe Die Todesstrafe wird in allen Landesteilen verhängt und vollzogen, allerdings deutlich seltener in Gebieten unter der Kontrolle der jeweiligen Regierung/Behörden und dort nur für schwerste Verbrechen. Im Jahr 2019 wurden mindestens 70 Personen zum Tode verurteilt. Insgesamt wurden nach Informationen von UNSOM im selben Jahr 17 Todesurteile vollstreckt. Damit nahm sowohl die Zahl der Todesurteile als auch der Vollstreckungen im Vergleich zum - 44 -

Vorjahr (31 bzw. 08) zu. Problematisch ist in allen Landesteilen die häufige Rechtsprechung durch Militärgerichtshöfe in sogenannten „Hochrisikofällen“, die relativ deutlich öfter zur Verhängung der Todesstrafe führt als dies bei zivilen Gerichten der Fall ist. In den von al- Schabaab beherrschten Landesteilen wird die Todesstrafe auch für Ehebruch und „Kooperation mit den Feinden des Islam“ (d. h. mit der Regierung, der AU-Mission AMISOM, den VN oder Hilfsorganisationen) verhängt und öffentlich, z. T. durch Steinigung, vollzogen. Eine Zusicherung der Nichtverhängung oder des Nichtvollzugs der Todesstrafe erreichen zu können erscheint im Hinblick auf die jeweiligen Regierungen sehr unwahrscheinlich, im Hinblick auf die von al-Schabaab kontrollierten Gebiete aussichtslos (AA 02.04.2020). Zusätzlicher Fokus auf Somaliland: Nachdem die Todesstrafe nach 9-jährigem Moratorium 2016 wiedereingeführt worden war, wurden im Januar 2020 erstmals seit 2016 wieder sechs Männer hingerichtet (AA 02.04.2020). Somalia hat seine Exekutionen halbiert, von 24 im Jahr 2017 auf 13 im Jahr 2018; davon erfolgten 10 in Jubaland und drei im Gebiet der Zentralregierung (AI 10.04.2019). Die Anzahl der verhängten Todesurteile im Jahr 2019 im gesamten Land betrug 24, jene der Exekutionen betrug 12 (21.04.2020). Ein Militärgericht in Mogadischu hat am 02.09.2019 einen Polizisten zum Tode verurteilt. Er wurde am 26.07.2019 in Mogadischu für schuldig befunden, einen Jugendlichen getötet zu haben. Somalische Militärgerichte verhängen und vollstrecken regelmäßig Todesurteile (BAMF 09.09.2019). In der halbautonomen Region Puntland sind am 07.11.2019 fünf mutmaßliche Terroristen öffentlich hingerichtet worden. Demnach waren die Männer im Alter zwischen 19 und 39 Jahren von einem Militärgericht in der Hafenstadt Boassaso für schuldig befunden worden, dutzende Soldaten und Polizisten getötet zu haben. Vier der Hingerichteten sollen der al- Schabaab, der Fünfte dem Islamischen Staat angehört haben (BAMF 11.11.2019). In Somalia wird die Todesstrafe vor allem von Militärgerichten verhängt. Im vergangenen Jahr wurden in Somalia nach Angaben von Amnesty International 13 Menschen hingerichtet, halb so viele wie noch in 2017 (BAMF 11.11.2019). Zwei Männer wurden am 11.02.2020 in Bosaso, Puntland, für die Gruppenvergewaltigung und den Mord an einem zwölfjährigen Mädchen hingerichtet. Die Hinrichtung eines dritten Mannes soll sich verzögert haben. Das Mädchen, Aisha Ilyes Aden, wurde im Februar 2019 auf einem Markt in Galkayo entführt. Ihre Leiche wurde am nächsten Morgen in der Nähe ihres Hauses gefunden. Der Vorfall löste große Demonstrationen aus. Der Prozess war der erste in Somalia bei dem DNA zur Ermittlung der Täter verwendet wurde. Verurteilungen in Fällen von Gewalt gegen Frauen sind in Somalia allerdings immer noch selten (BAMF 17.02.2020). - 45 -

(AI, Amnesty International, Death Sentences and Executions 2019, 21.04.2020, https://www.amnesty.org/en/documents/act50/1847/2020/en/ BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 09.09.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016900/Deutschland___Bundesamt_für_Migration_un d_Flüchtlinge%2C_Briefing_Notes%2C_09.09.2019_%28deutsch%29.pdf AI, Amnesty International, Death Sentences and Executions 2018, 10.04.2019, https://www.amnesty.org/download/Documents/ACT5098702019ENGLISH.PDF AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2020, 02.04.2020 BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 11.11.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2020352/briefingnotes-kw46-2019.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 17.02.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2025562/briefingnotes-kw08-2020.pdf)

Grundversorgung IDP (Anmerkung: Binnenvertriebene) Haushalte hätten Ergebnissen des Joint Multi-Cluster Needs Assessment (JMCNA) zu Somalia zufolge einen geringeren Zugang zu Ernährungs- und Gesundheitsdiensten im Vergleich mit Nichtvertriebenenhaushalten, so UNOCHA (Accord 31.01.2020). Schwere Überschwemmungen, Konflikte, eine lahmgelegte Wirtschaft, drohende Wüstenheuschreckenschwärme und die exponentielle Ausbreitung von COVID-19 bedrohen die Sicherheit und das Wohlergehen der 2,6 Millionen Binnenvertriebenen in Somalia (UNHCR 08.05.2020). Die Vereinten Nationen und die Weltbank koordinieren die Überprüfung der bestehenden Programmplanungen, während sie ihre Antworten auf COVID-19, unter Einbeziehung von humanitärer Entwicklung und Frieden, planen. Die Pläne konzentrieren sich auf die Beschleunigung oder Ausweitung bestehender Programme zur Abschwächung der sozioökonomischen Auswirkungen der Krankheit, während gleichzeitig andere Programme an sich verändernde Marktrealitäten angepasst und verändert werden (UNSC 13.05.2020). ad a) Somalia Die überdurchschnittliche Deyr-Ernte 2019, die Zunahme der Viehbestände und die nachhaltige humanitäre Nahrungsmittelhilfe haben eine Erholung von der vorausgegangenen Dürre 2018/2019 und den jüngsten Überschwemmungen in ländlichen Gebieten unterstützt. Im Februar 2020 war bei der Nahrungsmittelversorgung die Acute Food Insecurity Phase (IPC Phase) 2 (gelb: stressed) weit verbreitet. Es wurde aber auch die IPC Phase 3 (orange: crisis) in den von Überschwemmungen betroffenen Juba-Flussgebieten, der pastoralen Lebensgebietszone Addun in Zentralsomalia und mehreren Siedlungen Binnenvertriebener - 46 -

(IDP) festgestellt. Basierend auf den Ernährungssicherheitsdaten, die von FSNAU, FEWS NET und Partnern in der Bewertung der Ernährungssicherheit nach der Deyr (Anmerkung: Regenzeit Oktober bis Dezember) 2019 gesammelt wurden, befinden sich schätzungsweise 1,15 Millionen Menschen in einer Krise (IPC Phase 3) oder Notfall (IPC Phase 4). Trotz lokaler und begrenzter negativer Auswirkungen auf die Ernährungssicherheit stellen neue Wüstenheuschreckenschwärme ein erhebliches Risiko der Ernährungsunsicherheit im Norden Somalias und in den südlichen zentralen Gebieten an der Grenze zu Äthiopien und zum nordöstlichen Kenias dar. Darüber hinaus ist laut Vorhersagen die Wahrscheinlichkeit von Flussüberschwemmungen auf Grund überdurchschnittlicher Niederschlägen im Süden, während der Gu-Regenzeit von April bis Juni 2020, hoch. Ernteverluste durch Wüstenheuschrecken und Flussüberschwemmungen dürften zu einem Defizit der Gu- Getreideproduktion von 10-25 Prozent führen. Obwohl günstige Gu-Regenfälle wahrscheinlich den Weideverlust von April bis Juni 2020 mildern werden, wird in den von Heuschrecken betroffenen Gebieten während der gesamten Xagaa-Trockenzeit von Juli bis September 2020 mit einer unterdurchschnittlichen Verfügbarkeit von Weiden gerechnet, was zu einer atypischen Viehwanderung und einem Rückgang der Viehproduktivität führen dürfte. Angesichts des seit 2016, auf Grund von wiederkehrenden Klimaschwankungen bestehenden, hohen Risikos der Ernährungsunsicherheit haben arme Haushalte in von Heuschrecken betroffenen Gebieten eine verminderte Fähigkeit, mit dem Verlust des landwirtschaftlichen Arbeitseinkommens, dem Verlust von selbst erzeugten Kulturen und den Kosten atypischer Viehwanderungen fertig zu werden. Von Februar bis September 2020 wird die Bevölkerung in den Krisengebieten (IPC Phase 3) oder Notfallgebieten (IPC Phase 4), die dringend humanitäre Hilfe benötigt, voraussichtlich um 40 Prozent auf 1,61 Millionen Menschen ansteigen. In der Zwischenzeit werden voraussichtlich mehr als 2,9 Millionen Menschen von der IPC Phase 2 (stressed) betroffen sein (FEWS NET, Nahrungsmittelversorgung Prognose Februar bis September 2020). Die Gu-Regenfälle (von April bis Juni) begannen in einigen Regionen mit mäßigen bis heftigen Schauern, was viele Landwirte dazu veranlasste, mit dem Anbau zu beginnen. Die Regenfälle dürften die Pflanzenproduktion ankurbeln und Weide- und Wasserquellen wieder auffüllen, haben aber in mehreren Regionen bereits zu Sturzfluten geführt. In Puntland hat ein heftiger Regenguss am 27.04.2020 acht Menschen das Leben gekostet und mehr als 22.000 weitere in der Stadt Qardho, Region Bari, vertrieben. Die Regenfälle erhöhen auch das Risiko von durch Wasser übertragene Krankheiten und schaffen Bedingungen, die der Heuschreckenvermehrung förderlich sind. Seit Januar 2020 wurden in Somalia mindestens 2.789 Fälle von akutem, wässrigem Durchfall und Cholera gemeldet, hauptsächlich in Hiraan, - 47 -

Banaadir, Bay und Shabelle Hoose, vergleichbar mit dem Zeitraum im Jahr 2019 (UNSC 13.05.2020).

(FEWS NET Nahrungsmittelkrise Prognosekarte Juni bis September 2020) Es wird erwartet, dass die Zahlen steigen werden, sobald sich die Regenfälle verstärken. Der dreifache Schock, bestehend aus Überschwemmungen, Wüstenheuschrecken und COVID-19, dürfte die ohnehin schon prekäre Situation der 5,2 Millionen Bedürftigen verschärfen (UNSC 13.05.2020). Ende Februar 2020 deuteten wichtig Informationen von FAO, FSNAU und FEWS darauf hin, dass das Vorhandensein von reifen Wüstenheuschrecken in Somalia weitgehend auf die pastoralen Gebiete an der Grenze zu Äthiopien und Kenia beschränkt ist (siehe Karte FEWS NET Wüstenheuschrecke). Im wahrscheinlichsten Szenario wird erwartet, dass sich - 48 -

Wüstenheuschrecken während der vegetativen Wachstumsphase der Gu-Hauptsaison im April und Mai in agropastoralen und Flussgebieten ausbreiten, die ein hohes Risiko für Befall haben. Die Verluste werden wahrscheinlich nur lokal signifikant sein, aber nicht landesweit, da die meisten der hochproduktiven Gebiete Somalias – inklusive der südlichen Gebiete der Bay Region, Lower Shabelle und die Middle-Shabelle-Regionen, die bis zu 70 Prozent der Gu- Getreideproduktion ausmachen - außerhalb des potenziellen Verbreitungsgebietes liegen. Allerdings werden voraussichtlich, aufgrund überdurchschnittlicher Gu-Regenfälle, Ernteverluste durch Wüstenheuschrecken mit hochwasserbedingten Ernteverlusten in Flussgebieten zeitlich zusammenfallen. Auf Grund dieser Faktoren wird die landesweite Haupt- und Nebensaison Gu-Ernte von Juli bis September 2020 höchstwahrscheinlich 15-25 Prozent unter dem Durchschnitt liegen. Weiters ist gemäß einer Prognose wegen unterdurchschnittlicher Gu-Niederschlägen, aber nur örtlich beschränkt auf nordwestlich agropastorale Gebiete, eine unterdurchschnittliche Gu/Karan-Produktion wahrscheinlich. In pastoralen Gebieten wird erwartet, dass Gu-Regenfälle Verluste durch Heuschrecken in Hochrisikogebieten bis Juni abmildern, aber es wird eine schneller als übliche voranschreitenden Weideverschlechterung in der Xagaa-Trockenzeit von Juli bis September 2020 erwartet. Folglich wird die Viehwanderung voraussichtlich früh beginnen und sich bis September 2020 verstärken. Infolge der negativen Auswirkungen auf die pflanzliche und tierische Produktion in von Heuschrecken befallenen Gebieten wird erwartet, dass arme landwirtschaftliche Haushalte ein verringertes landwirtschaftliches Arbeitseinkommen erwirtschaften und bei selbst gepflanzte Kulturen mit einem Rückgang der Erträge zu rechnen haben. Arme pastorale Haushalte werden höhere Ausgaben für ihre Migration in entfernte Weidegebiete und einen reduzierten Zugang zu Milch haben. Frühere Entwicklungen zeigen, dass wenn die Verfügbarkeit von Weiden gering ist und Migration zunimmt, arme pastorale Haushalte oft schwierige Entscheidungen zwischen dem Kauf von Futter und Wasser für Nutztiere oder von Lebensmitteln für den menschlichen Verzehr treffen müssen. Dennoch ist es nicht wahrscheinlich, dass die nationale Verfügbarkeit von Nahrungsmitteln und die Preise für Grundnahrungsmittel, angesichts der überdurchschnittlichen Deyr-Ernte 2019, der voraussichtlich nur limitierten Ernteausfälle in der Gu-Regenzeit 2020 und der Verfügbarkeit regionaler sowie internationaler Lebensmittelimporte, stark von Normalzustand abweicht. Für arme am Fluss gelegene Haushalte in Gedo und Hiiraan, arme pastorale Haushalte in nördlichen und zentralen Regionen und arme agropastorale Haushalte in Teilen von Bay, Bakool und im Nordwesten Somalias besteht angesichts der geringen Bewältigungskapazität nach seit 2016 wiederkehrenden Dürren und Überschwemmungen ein Höchstrisiko von Ernährungsunsicherheit (FEWS NET, Nahrungsmittelversorgung Prognose Februar bis September 2020). - 49 -

(FEWS NET Karte der von Wüstenheuschrecken befallenen Gebiete im Februar 2020 mit Prognose der potenziellen Ausbreitung von März bis Juni 2020) Infolgedessen wird erwartet, dass die Bevölkerung in Krisen- oder Notsituationen (IPC Phase 4) von 1,15 Millionen zwischen Februar bis September 2020 auf 1,6 Millionen steigen wird. Die Anzahl der Bevölkerung in der IPC Phase 2 (stressed), wird voraussichtlich 2,9 Millionen überschreiten (FEWS NET, Nahrungsmittelversorgung Prognose Februar bis September 2020). Die Regenfälle der Gu-Regenzeit (April bis Juni) haben nachgelassen, aber die Auswirkungen der jüngsten Überschwemmungen sind nach wie vor weit verbreitet. Etwa 1,2 Millionen Menschen waren in 32 Distrikten Somalias von Überschwemmungen betroffen, fast eine halbe Million wurden aus ihren Häusern vertrieben. Während die meisten Vertriebenen nach - 50 -

Hause zurückgekehrt sind, brauchen sie Hilfe, um ihre Leben wiederaufzubauen. Darüber hinaus sind viele von ihnen gefährdet, erneut betroffen zu sein, wenn die Deyr-Regenzeit im Oktober beginnt. Die Regenfälle haben auch Weideland regeneriert und das Pflanzenwachstum gefördert, was eine günstige Umgebung für die Wüstenheuschreckenzucht bietet: vor allem in Somaliland, Puntland und Galmudug. Die Kontrollmaßnahmen wurden vor allem durch die Umsetzung des Somalia-Krisen-Aktionsplans von FAO gemeinsam mit dem Bundesministerium für Landwirtschaft und Bewässerung verstärkt. Die FAO und die Bundesregierung haben 31.086 Hektar sicher mit Biopestiziden besprüht, um die Wüstenheuschreckenpopulationen zu reduzieren. Diese Bemühungen haben schätzungsweise 62.100 Tonnen Grundnahrungsmittel vor Wüstenheuschreckenschäden gerettet, deren Wert auf 18,6 Millionen US-Dollar geschätzt wird und ausreicht, um 414.200 Menschen ein Jahr lang zu ernähren. Zudem wurden damit Futter- und Weidequellen geschützt, die von 28.800 Pastoralhaushalten benötigt werden, um ihr Vieh produktiv zu halten und ihre Familien zu ernähren (UN OCHA 05.07.2020). UN OCHA berichtet zudem, dass laut Angaben des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (United Nations World Food Programme, WFP) die Handelstage an der äthiopisch- somalischen Grenze von zwei Tagen auf einen Tag verringert worden seien. Im Distrikt Belet Xaawo in der Region Gedo sei der grenzübergreifende Handel zwischen Äthiopien und Somalia weiterhin eingestellt. Diese Einschränkungen hätten zu steigenden Nahrungsmittelpreisen in den Distrikten Luuq, Doolow und Belet Xaawo für unter anderem Kartoffeln und Tomaten geführt. In Galmudug und Somaliland sei der grenzüberschreitende Handel mit Äthiopien aktiv. Der Handel über alle anderen Grenzen sei aktiv (Accord 07.08.2020). Überschwemmungen haben in den südlichen Gebieten Somalias mehr Menschen vertrieben und Ackerland überschwemmt. Am 01.08.2020 wurde berichtet, dass mehr als 10.000 Menschen von Überschwemmungen betroffen waren, nachdem zwei Flüsse ihre Ufer in Janaale, Marka Distrikt, in der Region Lower Shabelle, Südweststaat, durchbrachen. Häuser und Ernten wurden zerstört. Etwa 6.000 Menschen, die durch die Überschwemmungen vertrieben wurden, sind in die IDP-Standorte in Buufow Bacaad, Gandawe, Shalanbood und KM50 Stadt im Marka Distrikt gezogen. Berichten zufolge sind 27.000 IDP-Familien in acht Siedlungen des Lagers Alyasir in KM50 von Überschwemmungen bedroht, da sich ihre Unterkünfte in tiefliegenden Gebieten befinden. Es gibt Anzeichen für eine Verringerung der Regenfälle in Lower und Middle Shabelle, die das Hochwasserrisiko verringern könnten. Im Distrikt Belet Weyne, in Hirshabelle State, hatte sich der Pegel bis zum 02.08.2020 deutlich verringert. In der Region Banadir trafen in der letzten Juliwoche etwa 800 von Überflutungen betroffene Familien aus dem Distrikt Afgooye im Distrikt Kahda ein. Die Bezirke Afgooye und Wanla Weyn in Lower Shabelle sind am stärksten betroffen; seit dem 05.07.2020 sind - 51 - schätzungsweise 70.000 Menschen betroffen, von denen 42.000 vertrieben wurden. Die Überschwemmungen zerstörten auch Häuser, andere Besitztümer und große Teile von Ackerland mit Ernten (UN OCHA 10.08.2020).

(UN OCHA 05.07.2020 Karte Versorgungslage) In vielen Gebieten Süd- und Zentralsomalias waren die anhaltenden Regenfälle in der Saison stärker als in den Vorjahren, wobei starke Winde und niedrigere Temperaturen gemeldet - 52 - wurden. Insgesamt waren zwischen Mai und Juli in den Bundesstaaten Hirshabelle, Südwest und Jubaland mehr als 191.800 Menschen von Sturz- und Flussfluten betroffen. Fast 147.579 Hektar Ackerland wurden in 100 Dörfern in den Distrikten Balcad, Jowhar und Mahaday überschwemmt. In der Region Banadir starben vier Binnenvertriebene, hunderte verloren Schutz. Die Überschwemmungen haben zusammen mit COVID-19 und Wüstenheuschrecken den humanitären Kontext in Somalia erheblich verändert. Seit April 2020 hat die dreifache Bedrohung bereits bestehende Schwachstellen verschärft, die humanitären Bedürfnisse eskaliert und die Existenzgrundlage beeinträchtigt – insbesondere für Geringverdiener und arme Familien. Infolgedessen werden von Juni bis September 2020 mindestens 3,5 Millionen Menschen in die Ernährungsunsicherheit von Krisen oder Notsituationen (IPC Phase 3 oder höher) fallen, wobei eine Million Kinder unterernährt sein dürften. Etwa 2,6 Millionen Menschen bleiben vertrieben und fast eine Million Kinder sind aufgrund der COVID-19- bedingten Schließung von Schulen nicht mehr in der Klasse. Gleichzeitig fressen Wüstenheuschrecken Tausende Hektar Pflanzen und Weiden in Somaliland, Puntland und Galmudug auf. Humanitäre Partner haben ihre Reaktion auf die dreifache Bedrohung verstärkt. Behörden und humanitäre Partner haben die Hochwasserhilfe ausgeweitet, aber es bestehen noch Lücken in den Anforderungen von WASH, Nahrungsmitteln, Unterkünften und NFI-Hilfe. Im Bezirk Marka verlegen Behörden und Partner betroffene Familien in höhere Lagen. In Afgooye und Wanla Weyn hat der Cluster für Ernährungssicherheit einen Monat lang Nahrungsmittelrationen für 2.000 Haushalte bereitgestellt. Der WASH Cluster hat 2.000 Haushalten Hygiene-Kits und per LKW Wasser für 700 Haushalte zur Verfügung gestellt. Die WHO hat Teams für primäre Gesundheits- und Krisenreaktionsteams eingesetzt, um Gesundheitsdienste zu unterstützen. Weitere Unterstützung ist für Wanla Weyn erforderlich, da die Hilfe vor allem auf den Afgooye Bezirk ausgerichtet ist. Da die COVID-19-Fälle 3.200 überschreiten, haben die Partner die Test- und Behandlungskapazität erhöht. Die Risikokommunikation und das Engagement der Gemeinschaft haben etwa 10,9 Millionen Menschen erreicht. Auch die Reaktionen auf Wüstenheuschrecken wurden ausgeweitet. Die FAO und die regionalen Behörden haben mindestens 31.086 Hektar in Somaliland, Puntland und Galmudug besprüht und damit rund 62.100 Millionen Tonnen Grundnahrungsmittel eingespart. Insgesamt setzen 279 humanitäre Organisationen Programme in allen 18 Regionen Somalias um. Im Mai 2020 erhielten 2,3 Millionen Menschen Nahrungsmittelhilfe, mehr als dreimal so viel wie in den Vormonaten, während im Juni 1,8 Millionen erreicht wurden. Das Ministerium für humanitäre Angelegenheiten und Katastrophenmanagement der Bundesregierung Somalias eröffnete in Mogadischu am 05.07.2020 das Nationale Mehrfachgefahrenfrühwarnzentrum (Multi-Hazard Early Warning Center), das bei der Vorbereitung und Reaktion auf Katastrophen helfen soll. Der damalige stellvertretende - 53 -

Ministerpräsident Mahdi Gulaid, der bei der Eröffnung des Zentrums sprach, sagte, es sei ein Meilenstein für die Regierung und das Volk Somalias. Ausgestattet mit Technologie und Personal, hat das Zentrum vier Hauptbereiche: Datenerfassung und Mehrfachgefahrenforschung. Überwachung und Frühwarnung, Informationsaustausch sowie Einheit für frühzeitige Reaktion bei Mehrfachgefährdungen. Frühwarnsysteme sind integrale Bestandteile der Katastrophenrisikomanagementstrategie eines jeden Landes, die es nationalen Regierungen und lokalen Gemeinschaften ermöglicht, die Widerstandsfähigkeit der Gemeinschaft vor Katastrophen zu stärken. Somalias Nationales Mehrfachgefahrenfrühwarnzentrum wird regelmäßig Informationsprodukte über Regen- und Temperaturprognosen, Wettervorhersagen, Frühwarnungen bei Überschwemmungen und Dürren, Wirbelstürme sowie Prognosen über Wüstenheuschreckenbewegungen und Krankheiten erstellen. Das Frühwarnsystem zielt darauf ab, die Menschen über eine drohende Naturgefahren zu informieren, damit die Gefährdeten sich der potenziellen Auswirkungen bewusst sind, um angemessen zu reagieren und Schäden zu minimieren. Klimatische Variabilität ist ein großes Problem für somalische Gesellschaften und Volkswirtschaften, wo die Mehrheit der Bevölkerung noch weitgehend ländlich und direkt und indirekt von Vieh und regengespeister Landwirtschaft abhängig ist. Ein Beispiel sind die weitverbreiteten Überschwemmungen zwischen 2018 und 2020 in den Gebieten entlang der großen Flüsse. Der UN-Hilfekoordinator Mark Lowcock hat sich bereit erklärt, bis zu 140 Millionen Dollar aus dem Zentralen Notfallfonds (CERF) der Vereinten Nationen bereitzustellen, um eine Reihe von Antizipationsmaßnahmen in den nächsten 18 Monaten zu unterstützen, beginnend mit 15 Millionen Dollar in Somalia. Ziel dieses Pilotprojekts ist es, den prognostizierten Anstieg des humanitären Bedarfs aufgrund der Ernährungsunsicherheit infolge von Heuschreckenbefall, Überschwemmungen und der COVID-19-Pandemie zu bekämpfen, indem eine gezielte Reaktion durch fünf Wichtige Cluster und Interventionen erfolgt. Die kumulativen Auswirkungen der dreifachen Bedrohung und anderer Schocks dürften zu einer schweren Ernährungsunsicherheit führen. Daher wurden 4,6 Millionen US Dollar (31 %) des CERF- Zuschusses an das Cluster für Ernährungssicherheit bereitgestellt, um diese Auswirkungen zu mildern, indem die am stärksten gefährdeten Mittel mit bedingungslosen Geldtransfers, Rinderimpfungen und Wüstenheuschreckenbekämpfungsoperationen in der Region Somaliland, Puntland und Banadir unterstützt wurden. Die verbleibenden 10,4 Millionen US Dollar werden eine integrierte Reaktion auf Gesundheit, Ernährung und WASH mit übergreifenden Schutzdiensten bieten. Rund 4 Millionen US-Dollar (27 Prozent) wurden bereitgestellt, um angemessene WASH-Dienste durch die Sanierung von Bohrlöchern und Brunnen, die Durchführung von Cholera-Präventionsmaßnahmen durch Desinfektion flacher Brunnen und die Bereitstellung von Hygiene-Kits in Galgaduug, Mudug, Lower Juba, Bakool - 54 - und der Region Lower Shabelle zu gewährleisten. In der Zwischenzeit werden fünf Millionen US-Dollar (33 Prozent) die Interventionen des Gesundheitsclusters unterstützen und die Bereitschaft zur Erkennung und Reaktion auf Krankheiten vor Malaria-, Masern- und Choleraausbrüchen stärken. Dazu gehören die Verteilung von lebenswichtigen Arzneimitteln, Gesundheitskits, Impfungen und die Bereitstellung medizinischer Versorgung, die Ausbildung und Entsendung von Krisenreaktionsteams sowie die Ausbildung von Freiwilligen, Gesundheitspersonal, Bezirksbeamten, medizinischem Personal und sozialen Mobilisierungskräften vor Ort. Etwa sieben Prozent der Mittel werden in Maßnahmen des Ernährungsclusters fließen, um die Ernährung von Müttern und Kindern zu verbessern und chronische und akute Unterernährung durch die Bereitstellung von Nährstoffen, Screening und Beratung zu verhindern. Zielorte sind Bari (Bossaso), Nugaal (Garowe); Middle Shabelle (Jowhar, Balcad); Untere Juba (Afmadow, Kismayo); Bucht (Baidoa, Dinsoor). Rund 300.000 US-Dollar wurden für die Bereitstellung von Schutzüberwachungsmonitoren und die Anwendung von Überwachungsverfahren bereitgestellt, die dazu beitragen, die Wirkung der Antizipationsmaßnahmen zu maximieren. Dies wird einen sicheren, würdevollen, gerechten und sinnvollen Zugang zu humanitärer Hilfe und wesentlichen Dienstleistungen und Ressourcen in Gemeinschaften gewährleisten, die von der dreifachen Bedrohung bedroht sind. Seit dem 05.08.2020 wurden 710 Millionen US Dollar für die Somalia-Operation mobilisiert, von denen 527 Millionen US Dollar über den Plan für humanitäre Hilfe und 183 Millionen US Dollar für Aktivitäten außerhalb des Aufrufs bereitgestellt wurden. Insgesamt können die derzeitigen Finanzmittel für humanitäre Interventionen und -aktivitäten den tatsächlichen Bedarf vor Ort nicht decken, da 5,2 Millionen Menschen noch immer humanitäre Hilfe benötigen (UN OCHA 10.08.2020). (UNHCR, UN High Commissioner for Refugees, Pressekonferenz des UNHCR Sprechers Charlie Yaxley in Genf, 08.05.2020, https://www.unhcr.org/news/briefing/2020/5/5eb50d2d4/conflict-heavy-floods-force-tens- thousands-people-flee-homes-somalia-amidst.html Accord, Anfragebeantwortung zur Somalia, Mogadischu: Sozioökonomische Lage, Zahl a- 11167, 31.01.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2030128/a-11167.pdf UNSC, UN Security Council, Bericht des UNO-Generalsekretärs, Bericht zur Lage in Somalia, S/2020/398, 13.05.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2030188/S_2020_398_E.pdf FEWS NET, Nahrungsmittelversorgung Prognose Februar bis September 2020, Somalia, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/Somalia%20Food%20Security%20O utlook_022020_FINAL.pdf - 55 -

UN OCHA, UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia, Beobachtungszeitraum 01. bis 30.06.2020, 05.07.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2032781/June+humanitarian+bulletin-final.pdf Accord, Anfragebeantwortung zu Somalia, Auswirkungen der Covid-19 Pandemie, Zahl a- 11326, 07.08.2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2035661.html UN OCHA, UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia, Situation Report, 10.08.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2037067/Situation+Report+-+Somalia++- +5+Apr+2020.pdf)

Medizinische Versorgung Die somalischen Behörden haben auf nationaler und lokaler Ebene (Ausnahme Somaliland) eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die Ausbreitung von Covid-19 zu kontrollieren. In Mogadischu zählen dazu eine nächtliche Ausgangssperre sowie Maßnahmen in Zusammenhang mit öffentlichen Versammlungen, Schulen und Moscheen. Restriktionen, welche in Somaliland in Zusammenhang mit Covid-19 eingeführt wurden, wurden aufgehoben (U.K. Reisehinweise Stand 09.09.2020). Die private Sicherheitsfirma mit Sitz in Kanada, Garda World, berichtet Ende Juli 2020 ebenfalls über die Wiederaufnahme von internationalen Flügen und die Wiedereröffnung von Schulen und Universitäten. Eine nächtliche Ausgangssperre in Mogadischu bleibe aber weiterhin in Kraft (Accord 07.08.2020) Am 16.03.2020 bestätigte Somalia seinen ersten Fall der Coronavirus-Krankheit (COVID-19). Die Behörden kündigten ein zweiwöchiges Flugverbot für alle internationalen Flüge ab dem 18.03.2020 an, das daraufhin auf unbestimmte Zeit verlängert wurde. Am 24.03.2020 genehmigte die Landesversammlung von Hirshabelle einen Haushalt in Höhe von 14 Millionen US-Dollar für das Jahr 2020, mit der Möglichkeit eines Nachtragshaushalts im Hinblick auf die COVID-19-Pandemie. Somalia verzeichnete bis 04.05.2020 722 COVID-19 Fälle. Zur Unterstützung der Regierungsbemühungen haben Einrichtungen der Vereinten Nationen und Partner am 23.04.2020 einen COVID-19 Vorbereitung- und Reaktionsplan beschlossen, der 689 Millionen US-Dollar, für direkte öffentliche Gesundheit und die indirekten unmittelbaren humanitären und sozioökonomischen Folgen dieser Krankheit, vorsieht (UNSC 13.05.2020). Die Regierung hat verschiedene Schritte unternommen, um die Ausbreitung der COVID-19- Pandemie zu stoppen. Alle internationalen und inländischen Flüge wurden mit Ausnahme von humanitären Flügen ausgesetzt. Die Hotels entlang des Lido-Strandes in Mogadischu, wo sich normalerweise Hunderte von Familien an den Wochenenden versammeln, wurden geschlossen. Öffentliche Schulen, religiöse Schulen und Universitäten wurden ebenfalls geschlossen. Hunderte von Gefangenen wurden freigelassen. Puntland hat eine - 56 -

Ausgangssperre von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang verhängt und Sicherheitskräfte in die größeren Städte zu ihrer Durchsetzung entsandt. Puntland kündigte zudem an, seine Grenzen zu Somaliland und Äthiopien für einige Wochen zu schließen. Bislang wurden in Somalia sieben Personen positiv auf das Virus getestet (BAMF 06.04.2020). Das Regional Durable Solutions Secretariat (ReDSS) erwähnt im April 2019, dass Mogadischu über 61 Referenzkrankenhäuser verfüge, davon seien aber nur 11 öffentlich (der Rest befinde sich in Privatbesitz). Zusätzlich zu diesen Krankenhäusern gebe es in der Stadt 91 Gesundheitszentren (74 private und 17 von internationalen NGOs unterstützte). Die wichtigsten Gesundheitsthemen seien Malaria und Durchfall. Obwohl sich viele Gesundheitszentren in Gehdistanz vieler Haushalte befänden, sei der Zugang von IDPs zu Gesundheitszentren herausfordernd. Insgesamt befänden sich IDPs Berichten zufolge in der schlimmsten Gesundheitssituation aller Bevölkerungsgruppen Mogadischus. Bei Beratungen mit der Gemeinschaft hätten IDPs hervorgehoben, dass sie weniger Zugang zur Gesundheitsversorgung als Rückkehrer hätten. Der Status als Rückkehrer biete Zugang zu humanitärer Hilfe, darunter Gesundheitsdienste, zu denen IDPs keinen Zugang hätten. Zentren zur Gesundheit von Müttern und Kindern seien aufgrund des Zugangs und der Leistbarkeit für Vertriebene die bevorzugten Anbieter von Gesundheitsdiensten für IDPs. Finanzielle Verluste aufgrund gesundheitsbezogener Lücken würden auf mehr als eine Million US-Dollar geschätzt, hauptsächlich aufgrund von Kosten die mit primärer Gesundheitsversorgung, Cholera und Masern in Verbindung stünden (Accord 31.01.2020). Die medizinische Versorgung ist im gesamten Land äußerst mangelhaft. Die durchschnittliche Lebenserwartung beträgt nach Angaben der WHO 55 Jahre für Männer und 57 Jahre für Frauen. Mütter und Säuglingssterblichkeit sind laut UNICEF mit die höchsten weltweit. Erhebliche Teile der Bevölkerung haben keinen Zugang zu trinkbarem Wasser oder zu hinreichenden sanitären Einrichtungen. Die öffentlichen Krankenhäuser sind mangelhaft ausgestattet, was Ausrüstung/medizinische Geräte, Medikamente, ausgebildete Kräfte und Finanzierung angeht. Zudem behindert die unzureichende Sicherheitslage ihre Arbeit. Versorgungs- und Gesundheitsmaßnahmen internationaler Hilfsorganisationen mussten auch immer wieder wegen Kampfhandlungen oder aufgrund von Anordnungen örtlicher (islamistischer) Machthaber unterbrochen werden. Die Versorgungslücke, die der Abzug der Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen (MSF) im August 2013 hinterließ, ist nach wie vor nicht geschlossen. Im Mai 2017 hat MSF, zunächst begrenzt auf Puntland, seine Arbeit in Somalia wiederaufgenommen. Dagegen hat das IKRK im Zuge einiger Sicherheitszwischenfälle (u. a. die Entführung einer deutschen Mitarbeiterin im Mai 2018) seine Aktivitäten reduziert und setzt de facto kaum noch internationale Mitarbeiter in Somalia ein (AA 02.04.2020). - 57 -

Die Gesundheitsbehörden haben gestern in Puntland und Somaliland eine Polio-Kampagne gestartet, um mehr als 940 000 Kinder unter fünf Jahren zu impfen, um einen anhaltenden Ausbruch eines Poliovirus-Stamms zu stoppen. Die Kampagne läuft vom 24. bis 27.06.2019 mit Unterstützung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (UNICEF). Es richtet sich an alle Kinder in den zwölf Distrikten in Somaliland und den neun Distrikte in Puntland (WHO 25.06.2019). Mehrere Gebiete in Somalia sind aufgrund langwieriger Konflikte, Klimaschock, Mangel an Wasser und Sanitäreinrichtungen und des schwachen öffentlichen Gesundheitssystems anfällig für Choleraepidemien. Das Bundesministerium für Gesundheit, die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und Partner setzen nachhaltige Lösungen zur Reduzierung von Ausbrüchen um. Im Jahr 2017 sah sich Somalia mit über 78.000 gemeldeten Fällen, darunter 1.159 Todesfällen, mit einem der größten Choleraausbrüche konfrontiert. Seitdem haben verbesserte Möglichkeiten innerhalb des Gesundheitssystems Cholera zu erkennen, zu behandeln und zu verhindern, die Cholera unter Kontrolle gehalten. In diesem Jahr wurden aus 25 Distrikten bisher nur 1.040 Fälle von Choleraverdacht in den Einzugsgebieten der Flüsse Juba und Shabelle gemeldet, darunter ein damit in Zusammenhang stehender Todesfall. Diese Fortschritte müssen jedoch durch Investitionen in nachhaltige Lösungen zur Minimierung wiederkehrender Cholera-Bedrohungen aufrechterhalten werden. Die Gesundheitsbehörden Somalias und die WHO führen, mit Unterstützung von UNICEF, Gavi, der Impfallianz und der Global Task Force für Cholerakontrolle, eine der größten Impfkampagnen Afrikas mit oralen Cholera-Impfstoffen (OCV) durch. In der ersten Runde der Kampagne, die vom 22.06 bis 28.06.2019 in Hochrisikogebieten durchgeführt wurde, wurden über 621.800 Kinder ab einem Jahr geimpft, um das Risiko der Krankheit bei gefährdeten Bevölkerungsgruppen zu eliminieren und ein Wiederauftreten von Choleraausbrüchen im Land zu verhindern (UN OCHA 31.07.2019). Al-Schabaab teilte am 12.06.2020 mit, in Jilib, Region Middle Juba, ein Behandlungszentrum für COVID-19-Erkrankte und eine 24-Stunden-Hotline eingerichtet zu haben. Al-Schabaab fordert Menschen mit Symptomen auf, die neue medizinische Einrichtung aufzusuchen. Es liegen keine Informationen darüber vor, wie viele Coronavirus-Fälle es in den von al-Schabaab kontrollierten Gebieten gibt (BAMF 15.06.2020). Im Mai 2020 erhielten 2,3 Millionen Lebensmittelrationen für zwei Monate, während über zehn Millionen mit Covod-19 „Bewusstseinsbotschaften“ erreicht wurden. Die Regenfälle der Gu-Regenzeit (April bis Juni) haben nachgelassen, aber die Auswirkungen der jüngsten Überschwemmungen sind nach wie vor weit verbreitet. Etwa 1,2 Millionen Menschen waren in 32 Distrikten Somalias von Überschwemmungen betroffen, fast eine halbe Million wurden aus ihren Häusern vertrieben. Während die meisten Vertriebenen nach Hause zurückgekehrt - 58 - sind, brauchen sie Hilfe, um ihr Leben wiederaufzubauen. Darüber hinaus sind viele von ihnen gefährdet, erneut betroffen zu sein, wenn die Deyr-Regenzeit im Oktober beginnt. Die humanitären Helfer sind auch besorgt, dass die kommenden Regenfälle den aktuellen Ausbruch von durch Wasser übertragenen Krankheiten, insbesondere akuten wässrigem Durchfall und Cholera, eskalieren könnten. Von Januar bis Mitte Juni 2020 wurden mehr als 4.430 Fälle mit 24 Todesfällen in 23 Distrikten bestätigt; eine Verdreifachung im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Jahres 2019. Die Fälle von akut wässrigem Durchfall (AWDs) haben in Südweststaaten und anderen Regionen wie Banadir, Jubaland und Galmudug zugenommen, obwohl die Regenfälle der Gu´ allmählich abnehmen. Diese Regionen waren von den jüngsten saisonalen Blitz- und Flussfluten auf dem Höhepunkt der Gu' Regenfälle betroffen. South West State verzeichnete 772 Fälle und acht Todesfälle am 28.06.2020, darunter 473 in Baidoa und 249 in Marka. Berichte über vermutete AWD-Fälle sind auch von Qansax Dheere in der Bay- Region, Wanla Weyn, Kurtunwaarey und Qoryoley in Lower Shabelle eingegangen. Die staatlichen Gesundheitsministerien arbeiten gemeinsam mit den Clustern WASH und Health an gemeinsamen Lösungen. Dringende Unterstützung ist erforderlich, um die WASH- Dienstleistungen einschließlich der Hygieneförderung zu sanieren und Cholera- Behandlungszentren in Baidoa und Lower Shabelle zu rehabilitieren. Neu mutmaßliche AWD- Fälle sind in Jubaland deutlich zurückgegangen, aber es gibt Befürchtungen, dass neue Fälle am Stadtrand von Kismayo auftauchen könnten, wo Gemeinden, die in Flussgebieten leben, nur begrenzten Zugang zur Gesundheitsversorgung haben und zusätzlich weiteren Bedrohungen, wie Infektionskrankheiten und den Auswirkungen von Überschwemmungen, ausgesetzt sind. Von lokalen Übertragungen von AWD und Cholera wird vor allem in den Bezirken Deynile, Darkenley, Madina und Hodan, in der Banaadir Region, berichtet. Der Ausbruch wird auf den begrenzten Zugang zu sauberem Wasser, schlechte sanitäre Einrichtungen und unkontrollierte Bevölkerungsbewegungen, insbesondere unter Binnenvertriebenen, die am stärksten von den jüngsten Regenfällen der Gu´ betroffen waren, zurückgeführt. Kommunale Latrinen für Binnenvertriebene wurden weggespült, und bereits bestehende schlechte sanitäre Bedingungen haben das Risiko erhöht. Mit Beginn der Wintersaison in Somalia (Juni bis September) ist es notwendig, die soziale Mobilisierung, die Bereitschaft und die Reaktion zu verstärken, um die weitere Ausbreitung von AWD zu mildern. Zu den vorrangigen Bereichen gehören die Bereitstellung von AWD- und Cholera- Behandlungsangeboten, die Schulung von Personal und Freiwilligen im Fallmanagement, die aktive Überwachung, die Bereitstellung von sanitären Einrichtungen für die Zielgruppen und verstärkte Mobilisierungsmaßnahmen der Gemeinschaft (UN OCHA 05.07.2020). Das Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, UN OCHA) erwähnt, dass 50 der 67 Covid- - 59 -

19-Regelungen, die seit 16.03.2020 verkündet worden seien, mit Stand 22.07.2020 weiterhin in Kraft seien. Am 05.07.2020 seien Inlandsflüge in Somalia wiederaufgenommen worden, nachdem sie am 18.03.2020 ausgesetzt worden seien. Moscheen und religiöse Zentren hätten ihre Tätigkeiten wieder voll aufgenommen, nachdem die Schließungsmaßnahmen jedoch nie gänzlich umgesetzt worden seien. Einige Bundesstaaten hätten teilweise Schulen wieder geöffnet. Es werde erwartet, dass am 01.08.2020 alle Schulen wieder geöffnet würden (Accord 07.08.2020) Die bestätigten täglichen COVID-19-Fälle gingen im Berichtszeitraum zurück. Somalia hat 3.265 bestätigte Erkrankte, mit 2.396 Genesenen am 21.08.2020, aber die Zahl der Todesfälle ist seit mehreren Wochen bei 93 geblieben. Die meisten Fälle sind 20 bis 60 Jahre alt, und 74 Prozent sind männlich. Laut WHO ist die kumulative positive Testrate allmählich gesunken und lag in der Woche vom 02. bis 08.08.2020 bei 26 Prozent. Im ganzen Land konzentrieren sich Gesundheitseinrichtungen und gemeindebasierte Überwachungsaktivitäten auf Früherkennung, Tests, Erfassung und Rückverfolgung der Fälle. Die Bundesregierung Somalias hat die Wiederaufnahme internationaler Flüge zugelassen, was die Bewegung von Helfern und die Lieferung von Hilfsgütern und die Wiedereröffnung von Schulen erleichtern dürfte. Es wurden Leitlinien entwickelt, um das Risiko auf Flughäfen zu minimieren, und die Fluggäste benötigen ein ärztliches Attest, aus dem hervorgeht, dass sie frei von COVID-19 sind. Schüler, die zur Schule zurückkehren, müssen die Richtlinien des Gesundheitsministeriums befolgen, einschließlich sozial distancing, Tragen von Gesichtsmasken und Handschuhen. Schulanlagen wurden gereinigt, desinfiziert und Handwaschanlagen installiert. UN-Organisationen und - Partner haben die Reaktionen auf die Pandemie verstärkt. Zur Unterstützung laufender Aktivitäten ermöglichte der Logistikcluster im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums, der WHO und wichtigen Gesundheitspartnern, auf Anfrage spezielle Frachtluftbrücken. Seit dem 06.08.2020 wurden über 34 Millionen Tonnen Fracht in Zusammenhang mit COVID-19 nach Dhusamarreeb, Kismayo, Baidoa, Jowar, Hargeisa, Belet Weyne, Garowe, Guriel und Barawe transportiert. Der Cluster installiert eine mobile Speichereinheit auf dem internationalen Flughafen Mogadischu, um die Lagerung der Fracht der Partner sowohl für COVID-19 als auch für Hochwasserreaktionen zu erleichtern. Trotz der Fortschritte berichten humanitäre Partner von Lücken in der Reaktion. Partner haben Bedenken hinsichtlich der Lücken in der geografischen Abdeckung von Tests geäußert. Es gibt einige Bezirke, in denen es, aufgrund fehlender Testkapazitäten, keine bestätigten Fälle gibt. In Somaliland benötigen rund 200 von 838 Schulen Unterstützung bei der Umsetzung von Protokollen und Maßnahmen zur Minderung des Pandemierisikos. Die Partner von Puntland sind besorgt darüber, dass die Öffentlichkeit die Einhaltung von COVID-19-Protokollen und Sicherheitsmaßnahmen weitgehend gelockert hat, obwohl im Staat 400 Fälle erreicht wurden. In Jubaland berichten - 60 - die Partner von einem Mangel an ausreichenden Beatmungsgeräten und Sauerstoffmaschinen, einem Mangel an einem regionalen Labor sowie unzureichenden Finanzmitteln zur Unterstützung von Ceel Waaq- und Dhobley-Isolationszentren. Die Risikokommunikation und das Engagement der Gemeinschaft (RCCE) wurden verstärkt. Im Juli 2020 schlossen die Partner des Clusters Camp Coordination and Camp Management (CCCM) in 921 von 2.344 Binnenvertriebenen-Standorten landesweit, die über eine Million Menschen (42 Prozent von 2,6 Millionen Binnenvertriebenen) abdeckten, eine COVID-19- Risikokommunikation und Sensibilisierungsmaßnahmen ab. Die CCCM-Partner arbeiteten mit Radio Ergo zusammen, um COVID-19-Nachrichten an die Binnenvertriebenen auszustrahlen. Auf der anderen Seite berichtet UNICEF, dass zwischen dem 01. und 23.07.2020 234.995 Menschen in ganz Somalia durch Hausbesuche, Sensibilisierungssitzungen für Gesundheitseinrichtungen, Gemeindeversammlungen, Ankündigungen von Moscheen und die Verbreitung von 17.976 Informations-, Bildungs- und Kommunikationsmaterialien erreicht wurden. Rund 2.857 Plakate und 25.000 Aufkleber wurden verteilt, und Radiospots wurden täglich auf 15 Radiosendern ausgestrahlt und erreichten etwa 6,5 Millionen Menschen. Im Rahmen der Kampagne Geistliche gegen COVID-19, die von OPM, dem Ministerium für religiöse Angelegenheiten, und der Benadir Regionalverwaltung (Benadir Regional Administration, BRA) geleitet wird, wurden in allen 17 Bezirken Mogadischus Schwerpunktmoscheen und COVID-19-Botschaften eingerichtet, die von 104 Scheichs, Imamen, Madrassa-Lehrern und Bezirksbeamten verbreitet wurden. Darüber hinaus erreichten die UNDP Social-Media-Kampagnen mit religiösen Führern, Komikern und Prominenten 1,3 Millionen Menschen auf Twitter und Facebook. Plakate, Videos und Radiospots wurden in Märkten, Kliniken und überfüllten Gebieten in Somaliland, Puntland und Jubaland verbreitet. Das UNDP unterstützte die nationale 449-Helpline, die mehr als 30.000 Personen pro Monat berät und medizinisch vermittelt. Die WHO berichtete in der Woche vom 02. bis 08.08.2020, dass 534.964 Personen in 105.851 Haushalten in 49 prioritären Bezirken von 1.109 integrierten Überwachungsteams der Gemeinschaft besucht wurden, die aktiv Fälle suchen, Kontaktverfolgung durchführen und sensibilisieren. Von den besuchten Haushalten waren 46 Prozent in städtischen Gebieten, 35 Prozent in ländlichen Gebieten, neun Prozent waren nomadisch und zehn Prozent Binnenvertriebene. Rund 314 Gesundheitseinrichtungen wurden von Teams der Bezirksschnellreaktion besucht, um die Gesundheitsüberwachung, die Sensibilisierung der Gesundheitshelfer und die Fallsuche zu verstärken. Darüber hinaus wurden rund 160 Mitarbeiter des Gesundheitswesens in Jubaland in Jubaland in der Infektionsbekämpfung und -prävention geschult. Weitere 65 Medizinische Mitarbeiter an vorderster Front (darunter Ärzte, Krankenschwestern und Hebammen) wurden vom Bundesgesundheitsministerium in fünf Gesundheitszentren in Banadir ausgebildet. Die WHO - 61 - lieferte persönliche Schutzausrüstung an die Bundesstaaten Jubaland und Hirshabelle mit 8.550 persönlichen Schutzausrüstungen (Personal Protection Equipments, PPEs), darunter 2.400 Masken, 1.600 Handschuhe, 1.600 Schutzanzüge, 200 Schutzbrillen und andere Gegenstände, die Partnern zum Schutz von Gesundheitspersonal zur Verfügung gestellt wurden. Rund 44 Prozent der von UNICEF unterstützten Einrichtungen boten Schulungen zu COVID-19-Themen für Mitarbeiter in Gesundheitseinrichtungen an: 359 Mitarbeiter an vorderster Front (177 Frauen, 182 Männer) wurden in Management- und Gesundheitsdienstkontinuität geschult, während 381 Mitarbeiter der Gesundheitseinrichtungen (176 Frauen, 205 Männer) in den Protokollen zur Infektionsverhütung geschult wurden und 339 Mitarbeiter des Gesundheitswesens (201 Frauen, 138 Männer) in den Themen Bewusstsein, Schutz und Erkennung von Fällen. Im Juni und Juli 2020 wurden 418 mutmaßliche COVID-19-Patienten, die in UNICEF-unterstützten Gesundheitseinrichtungen diagnostiziert und registriert wurden, durch Telefonanrufe von Mitarbeitern von Gesundheitseinrichtungen oder Hausbesuche von Gesundheitspersonal der Gemeinde gefunden. Soziale Mobilisierungsteams besuchten zwischen Mai und Juli 2020 519.582 Haushalte und erreichten über 1,5 Millionen Mütter, Betreuer und Haushaltsmitglieder mit Gesundheitserziehung im Zusammenhang mit COVID-19. Soziale „Mobilisierer“ führten im Juni und Juli 2020 708 Gemeindeversammlungen durch, um 1.863 Gemeindevorsteher und „Influencer“ für COVID-19 zu sensibilisieren. Im Juli 2020 boten die UNICEF-Partner 30.130 Müttern und Betreuern individuelle Kinder- und Kleinkinderberatung (individual infant and young child feeding, IYCF) an. Die Bemühungen um kinderbezogene Screenings wurden in Einrichtungen fortgesetzt, die durch das Screening in Haushalten durch Mütter/Betreuer im Rahmen der von der Mutter geführten MUAC-Initiative ergänzt wurden, wobei die Einhaltung der COVID-19 IPC-Maßnahmen sichergestellt wurde. Im Juli 2020 stellte das IKRK etwa 1.000 Leichensäcke und etwa 5.000 PSA-Sets, darunter Handschuhe, Overalls, Brillen und Masken, an die Gesundheitsbehörden in Somalia, um die Versorgung der Toten auf sichere und würdevolle Weise zu unterstützen. In Jubaland erhielt die Verwaltung Laborgeräte des Bundesgesundheitsministeriums, die an Kismayo und Belet Xaawo in der Region Gedo verteilt wurden (UN OCHA update 11 21.08.2020) (UNSC, UN Security Council, Bericht des UNO-Generalsekretärs, Bericht zur Lage in Somalia, S/2020/398, 13.05.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2030188/S_2020_398_E.pdf Accord, Anfragebeantwortung zur Somalia, Mogadischu: Sozioökonomische Lage, Zahl a- 11167, 31.01.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2030128/a-11167.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 06.04.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2027827/briefingnotes-kw15-2020.pdf - 62 -

WHO, World Health Organization, WHO und UNICEF rufen Somalier zur Impfung ihrer Kinder gegen Kinderlähmung auf, 25.06.2019, http://www.emro.who.int/som/somalia-news/who- and-unicef-somalia-and-partners-call-on-all--to-vaccinate-children-against-polio.html AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2020, 02.04.2020 UN OCHA, UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia, Humanitarian Bulletin, 01.07.2019 bis 31.07.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/2014046/July+2019+Humanitarian+Bulletin-Final.pdf BAMF, Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Briefing Note, 15.06.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2033945/briefingnotes-kw25-2020.pdf UN OCHA, UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia, Beobachtungszeitraum 01. bis 30.06.2020, 05.07.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2032781/June+humanitarian+bulletin-final.pdf Accord, Anfragebeantwortung zu Somalia, Auswirkungen der Covid-19 Pandemie, Zahl a- 11326, 07.08.2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2035661.html UN OCHA, UN Office for the Coordination of Humanitarian Affairs, Somalia, update 11, Covid- 19 Auswirkungen, 21.08.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2036568/COVID+- 19+Impact+Update+11+-+publication.pdf U.K. Government, Somalia travel advice, updated 04.09.2020, immer noch gültig am 09.09.2020, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/somalia)

Rückkehr Es werden wieder kommerzielle Flüge nach Somalia, einschließlich Somaliland, betrieben (U.K. Reisehinweise Stand 09.09.2020). Die kenianische Zeitung Daily Nation berichtet im August 2020, dass nach einer viereinhalbmonatigen Unterbrechung am 03.08.2020 internationale Flüge in Somalia wiederaufgenommen worden seien. Somalische Inlandsflüge seien am 05.07.2020 wiederaufgenommen worden. Die somalische Regierung habe zudem mit 15.08.2020 die Wiedereröffnung von Schulen und Universitäten angeordnet (Accord 07.08.2020). Bis 29.02.2020 sind 91.673 Flüchtlinge in die Bundesrepublik Somalia zurückgekehrt. Diese Zahl umfasst 84.974 freiwillige Rückführer aus Kenia und 5.221 unterstütze, spontane Rückkehrer aus dem Jemen sowie 1.478 Rückkehrer aus anderen Staaten, wie etwa Dschibuti, Libyen, Sudan, Eritrea, Angola, Tunesien, Gambia, China, Kambodscha sowie weiteren Ländern. Somalische Flüchtlinge aus diesen oder anderen Ländern, die spontan ohne Unterstützung von UNHCR zurückkehren, wurden mitgezählt (UNHCR 30.03.2020). - 63 -

Mogadischu kann international (mit Ethiopian Airlines und Turkish Airlines) erreicht werden. In die Städte Kismayo, Dhobley, Baidoa, Doolow, Xudur, Belet Weyne, Guri Ceel, Cadaado und Galkacyo gelangt man mit kleineren Fluglinien, wie African Express Airways, Daallo Airlines oder Jubba Airways (LI 28.06.2019). Von Mogadischu aus können auch Garoowe, Bossaso und Hargeysa auf dem Luftweg mit Linienflügen erreicht werden (NLMBZ 03.2019). Die Kosten für ein One-Way-Ticket im Binnenflugverkehr belaufen sich auf 100-150 US-Dollar (LI 28.06.2019). In ganz Süd- und Zentralsomalia gibt es Straßensperren (Checkpoints), an welchen Fahrzeuge aufgehalten und Personen kontrolliert werden. Prinzipiell geht es an einer Straßensperre um die Einhebung von Wegzoll (LI 28.06.2019), wobei die Höhe des Zolls mitunter willkürlich ist. Es gibt permanente und ad hoc Straßensperren, betrieben von Sicherheitskräften, al-Schabaab oder Clan-Milizen (LI 28.06.2019; FH 05.06.2019b; USDOS 13.03.2019). Außerhalb der tatsächlich von der Regierung und ihren Alliierten kontrollierten Gebiete besteht eine große Wahrscheinlichkeit, auf eine Straßensperre von al-Schabaab zu stoßen (LI 28.06.2019). Diese finden sich in ganz Süd- und Zentralsomalia flächendeckend, die Steuerhöhe variiert regional (SEMG 09.11.2018). Allerdings finden sich diese Straßensperren oft nicht an den Hauptversorgungsrouten, sondern an Nebenstraßen der ländlichen Gebiete (SEMG 09.11.2018). Doch auch an wichtigen Straßenverbindungen – z.B. nach Baidoa, Kismayo oder Jowhar – betreibt al-Schabaab Checkpoints (NLMBZ 03.2019). Berufsfahrer bevorzugen Wege mit Checkpoints von al-Schabaab, da dort – im Gegensatz zu von anderen Kräften kontrollierten Straßensperren – Regeln eingehalten werden (NLMBZ 03.2019), und weil dort das Risiko von Gewalt geringer und die vorgesehene Abgabe berechenbarer ist. Außerdem ist es weder Ziel von al-Schabaab, Menschen am Reisen zu hindern, noch sind Reisende selbst ein Ziel. Straßensperren zielen in erster Linie auf die Einhebung von Steuern ab und in zweiter Linie darauf, Spione zu identifizieren. Menschen können z.B. aus den Gebieten von al-Schabaab in Städte reisen, um sich dort medizinisch behandeln zu lassen (LI 28.06.2019). Alleine die Tatsache, dass jemand in einem westlichen Land gewesen ist, stellt im Kontext mit al-Schabaab an solchen Straßensperren kein Problem dar (LI 28.06.2019). ad a) Somalia Die Zahl der von westlichen Staaten zurückgeführten somalischen Staatsangehörigen nimmt stetig zu. Mit technischer und finanzieller Unterstützung haben sich verschiedene westliche Länder über die letzten Jahre hinweg für die Schaffung und anschließende Professionalisierung eines speziell für Rückführung zuständigen Returnee Management Offices (RMO) innerhalb des Immigration and Naturalization Directorates (IND) eingesetzt. Das RMO hat für alle Rückführungsmaßnahmen nach Somalia eine einheitliche Prozedur festgelegt, die konsequent zur Anwendung gebracht wird. Nach vorliegenden Erkenntnissen werden Rückkehrer vom RMO/der IND grundsätzlich mit Respekt behandelt. Das RMO führt - 64 - mit den rückgeführten Personen nach deren Ankunft in Mogadischu grundsätzlich ein Interview durch, um deren Identität, Nationalität, Familienbezüge sowie den gewünschten zukünftigen Aufenthaltsort zu klären. Ggf. werden eine Unterkunft und ein innersomalischer Weiterflug organisiert und bezahlt, die Rechnung begleichen die rückführenden Staaten. Staatliche Repressionen sind nicht die Hauptsorge der Rückkehrer, sondern – wie oben beschrieben – die allgemeine Sicherheits- und Versorgungslage sowie mögliche Übergriffe von bewaffneten Gruppen, unter anderem von al-Schabaab. Es gibt keine Aufnahmeeinrichtungen für unbegleitete Minderjährige. Es gibt nach Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes Rückübernahmeabsprachen (MoUs) mit Belgien, Norwegen und Großbritannien, wobei die beiden letzteren Vereinbarungen nicht öffentlich kommuniziert werden. Der erste Entwurf einer Nationalen Strategie für Migranten, Asylwerber und Flüchtlinge nimmt Bezug auf mögliche Rückübernahmeabkommen im Rahmen des Khartum-Prozesses und Valetta Aktionsplans (AA 02.04.2020). In Mogadischu seien dem IOM-Bericht von Februar 2016 zufolge alle somalischen Clans vertreten, jedoch werde die Stadt von den Hawiye dominiert, insbesondere von den Subclans der Habargidir und Abgaal. Die Hawiye würden die größten Firmen betreiben und den Großteil der 17 Bezirke der Hauptstadt verwalten. IDP-Siedlungen seien entlang von Clanlinien organisiert. Den Großteil der IDPs würden Angehörige der Rahanweyn und von Minderheitenclans bilden. Der IIED-Bericht vom Oktober 2019 erwähnt, dass in Mogadischu die ethnische Identität gegenüber den anderen beiden untersuchten Städten am wichtigsten sei. Die somalische Gesellschaft sei in eine komplizierte Clan-Hierarchie unterteilt. Verschiedene Clans würden Bezirke, Grundstücke und Geschäfte kontrollieren und die meisten Aspekte des somalischen Lebens beeinflussen. Jedoch gebe es innerhalb der somalischen Gesellschaft außerhalb des Clansystems verschiedene ethnische Minderheiten, die von bedeutender Diskriminierung betroffen seien (etwa Bantu). In Mogadischu seien die Verbindungen zwischen Ethnizität und der räumlichen Verteilung der Bevölkerung zentral für die Spannungen betreffend Sicherheit des Besitzes („security of tenure“), urbane Entwicklung und Räumungen. Der Kern des Themas sei der Status der Langzeit-IDPs innerhalb der Stadt, da viele von diesen Minderheitenclans und ethnischen Minderheiten angehören würden. IDPs, die in Mogadischu ankommen würden, würden im Allgemeinen in Gebiete ziehen, wo sie über Verwandte und Netzwerke verfügen würden (und daher über Verbindungen zu Clans oder Ethnien). Empfehlungen und Mundpropaganda seien ein entscheidender Faktor hinsichtlich des Ortes, wo sich IDPs niederlassen würden. Der Influx von IDPs werde in der Form wahrgenommen, als dass er an einigen Orten zu einem demographischen Wandel geführt habe. Die Clan-Konzentration habe sich verringert und die Bevölkerung sei „durchmischter“ als vor der Befreiung der Stadt im Jahr 2011. Einige Interviewpartner in - 65 -

Mogadischu hätten angegeben, dass die Akzeptanz von IDPs als Bewohner Mogadischus potentiell die politischen Aussichten der Stadt beeinflusse könnte, insbesondere hinsichtlich laufender Schritte in Richtung allgemeines Wahlrecht. Laut dem im Jänner 2019 veröffentlichten Artikel von IIED würden Bewohner der Siedlungen in Mogadischu angeben, dass sie vom formalen Banksektor ausgeschlossen seien. Sie würden nicht auf Banken zurückgreifen, um Zugang zu den Mitteln zu erhalten, mit denen sie ihre Häuser bauen würden. Auch Mikrofinanzprogramme mit fünf- bis zehnprozentigen Gebühren seien keine Option. Stattdessen würde sich die große Mehrheit dieser Bevölkerungsgruppe auf persönliche Netzwerke verlassen. Sie würden von der Familie, Freunden, Verwandten im Ausland und innerhalb Somalias, entweder Bar oder über mobile Dienste, Geld borgen, um für Hausbaumaterialien aufzukommen. „Connections“ seien in der somalischen Gesellschaft zentral und würden formale Institutionen übertreffen, die für einen großen Teil der allgemeinen Bevölkerung nicht zugänglich seien. Laut dem IOM-Bericht vom Jänner 2019 würde der Großteil der befragten Rückkehrer (75 Prozent) über kein Produktionsvermögen verfügen und nur 10 Prozent würden Land besitzen. Folglich würden viele (49 Prozent) finanzielle Unterstützung aus ihrem persönlichen Netzwerk erhalten. Von den 21 Prozent, die sich Geld borgen würden, komme dieses Großteils von Freunden oder der Gemeinschaft. In dem im Jänner 2019 von IOM veröffentlichten und von Altai Consulting verfassten Bericht zu Rückkehrern wird erwähnt, dass, obwohl Arbeitgeber nicht explizit Rückkehrern diskriminieren würden, diese dennoch damit zu kämpfen haben könnten, Arbeit zu finden. Erstens würden Arbeitgeber dazu tendieren, Ausbildung und Fertigkeiten zu schätzen, über die Rückkehrer nicht verfügen könnten. Zudem würden sich Unternehmen oftmals auf informelle Rekrutierungskanäle verlassen, die kürzlich Zurückgekehrte davon abhalten könnten, von Arbeitsmöglichkeiten zu erfahren. Jedoch würden an allen untersuchten Orten die wichtigsten Bereiche (Einzelhandel, Dienste und Baugewerbe) oftmals nicht-ausgebildete Arbeiter benötigen und könnten daher für Rückkehrer passend sein. Zusätzlich scheine Selbstständigkeit und Unternehmertum trotz eingeschränktem Zugang zu Finanzierung in der Startphase großes Potential zu bieten. In Mogadischu gebe es den höchsten Prozentsatz von Unternehmen, die gegenwärtig einstellen würden (57 Prozent). Es gebe aber geringeren Zugang zu Einrichtungen. Dies stehe mit dem Thema Netzwerke in Verbindung. Es gebe mehr Internship-Programme. Es gebe weniger Kontakt mit technischen und beruflichen Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen. Es gebe mehr permanente Verträge, geringere Löhne und weniger Möglichkeiten für Arbeitern ohne Ausbildung. Obwohl die Aussichten für eine Anstellung von Rückkehrern ähnlich wie jene der allgemeinen Bevölkerung seien, seien sie nichtsdestotrotz gering, da die Hälfte nicht beschäftigt sei, so der IOM-Bericht weiter. Es gebe bedeutende regionale Unterschiede. In Kismayo seien 80 Prozent der Rückkehrer beschäftigt, - 66 - während dieser Anteil in Mogadischu nur 10 Prozent betrage. Der Bericht weist jedoch darauf hin, dass dies möglicherweise an der unterschiedlichen Auswahl der Stichprobe liege. Zudem gebe es geschlechtsspezifische Unterschiede. Der Anteil der nicht beschäftigten Einzelpersonen liege für Frauen bei 55 Prozent, während jener von Männern bei 38 Prozent liege. Von jenen, die arbeiten würden, seien nur 19 Prozent Lohnarbeiter. Die restlichen seien selbstständig mittels Haushaltsunternehmen oder Farmen. Während der Großteil nur einen Job habe, dauere der durchschnittliche Arbeitstag neun Stunden und die Löhne seien gering. Das monatliche Medianeinkommen liege bei etwa 50 US-Dollar, was viel geringer als die 250 US-Dollar von Angestellten der befragten Unternehmen sei. Von jenen, die Lohnarbeiter seien, würden 69 Prozent im informellen Sektor arbeiten und Jobs wie Bauarbeiter, Reinigungskraft und Verkäufer ausüben. Ihre prinzipiellen Tätigkeitsfelder seien dieselben wie für Unternehmen (Bau, Einzelhandel und Dienste). Bildung und Alphabetisierung würden sich je nach Ort signifikant unterscheiden. Ein Großteil der Rückkehrer in Hargeisa, Kismayo und Mogadischu seien alphabetisiert. Es gebe keinen klaren Trend zwischen Bildung und Beschäftigung, obwohl dies damit in Zusammenhang stehen könnte, dass der Großteil der Rückkehrer im informellen Sektor arbeiten würde, wo Bildung nicht notwendigerweise so wichtig sei. Obwohl Rückkehrer über einige Fähigkeiten verfügen würden, sei die Beschäftigung gering, was darauf hindeute, dass ihre Fähigkeiten nicht vermarktbar seien. Rückkehrer seien sich bewusst, dass ihr Mangel an vermarktbaren Fähigkeiten ihre Wettbewerbsfähigkeit am Arbeitsmarkt verringere. 91 Prozent würden gerne weitere Fähigkeiten erwerben und dahingehend ausgebildet werden. Wirtschaftliche Wiedereingliederung sei vor dem Hintergrund der hohen Arbeitslosigkeit die Komponente mit dem geringsten Ausmaß. Nur 30 Prozent der Rückkehrer seien zufrieden oder sehr zufrieden mit ihrer wirtschaftlichen Lage. Dies scheine an mehreren Faktoren zu liegen, die zu einer Benachteiligung von Rückkehrern am Arbeitsmarkt führen würden. Trotz grundlegender Fähigkeiten würden Rückkehrer nicht über jenen Grad an Expertise verfügen, der von den Arbeitgebern gefordert werde. Rückkehrer hätten zudem aufgrund ihres eingeschränkten Zugangs zu informellen Rekrutierungskanälen Probleme, ihre Fähigkeiten zu vermarkten. Analphabetismus könne Rückkehrern ebenfalls hinsichtlich bestimmter Positionen disqualifizieren und sie davon abhalten, Zugang zu Arbeitsplätzen zu erlangen, die in Printmedien annonciert würden. Einige Rückkehrer hätten erwähnt, dass sie gesundheitliche Probleme hätten, die sie vom Arbeiten abgehalten hätten. Schließlich könnten auch Schwierigkeiten, sich in die Rückkehrgemeinde einzugliedern, Auswirkungen auf die Fähigkeit von Rückkehrer haben, Zugang zu Arbeitsmöglichkeiten zu erlangen. Jedoch würden jene, die ihre Rückkehrgemeinschaft in Bezug auf die Arbeitsaussichten gewählt hätten, wahrscheinlicher eine Beschäftigung haben (54 Prozent), im Gegensatz zu jenen, die das nicht - 67 - getan hätten (46 Prozent). Obwohl der Unterschied statistisch nicht signifikant sei, könne dies ein Hinweis sein, dass der Zustand der örtlichen Wirtschaft bei der Arbeitssuche wichtiger sei als ein enges Unterstützungsnetzwerk. Hinsichtlich der Wiedereingliederung von Rückkehrern in Mogadischu erwähnt der Bericht folgende wichtigste Ergebnisse: In Mogadischu gebe es die geringste Integration hinsichtlich Beschäftigung und wirtschaftlicher Situation. Die Rückkehrer würden über weniger Fähigkeiten verfügen, jedoch sei der Zugang zu sozialen Diensten am höchsten. Die größte Nichtübereinstimmung gebe es bei beruflichen Fähigkeiten wie Unternehmensentwicklung und Management. Es herrsche eine Unterversorgung mit diesen Fähigkeiten, obwohl diese unter den häufigsten der Rückkehrer seien. Dies deute auf eine sehr hohe Nachfrage hin. Zudem seien Rückkehrer mit diesen Fähigkeiten wahrscheinlicher selbstständig, als dass sie für ein Unternehmen arbeiten würden. Es gebe zudem eine wachsende Nachfrage nach IT-Fähigkeiten, da Unternehmen in Somalia auf elektronische Aufzeichnungen umstellen würden. Quantitative Fähigkeiten, wie Rechenkenntnisse und Buchhaltung, seinen ebenso nachgefragt. Es gebe ein Überangebot an allgemeinen Profilen, da viele Rückkehrer grundlegende Kenntnisse in der Zubereitung von Nahrungsmitteln, von Näharbeiten und in der Landwirtschaft besitzen würden. Regional würden die allgemeinen Trends gelten, da Arbeitgeber nach Unternehmens- und IT- Fähigkeiten, sowie Fähigkeiten im Umgang mit Zahlen und Daten suchen würden (Accord 31.01.2020). (U.K. Government, Somalia travel advice, updated 04.09.2020, immer noch gültig am 09.09.2020, https://www.gov.uk/foreign-travel-advice/somalia Accord, Anfragebeantwortung zur Somalia, Mogadischu: Sozioökonomische Lage, Zahl a- 11167, 31.01.2020, https://www.ecoi.net/en/file/local/2030128/a-11167.pdf AA, Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia, Stand Januar 2020, 02.04.2020 LI, Landinfo (Norwegen), Somalia, Praktiske og sikkerhetsmessige forhold på reise i Sør- Somalia, 28.06.2019, Zugriff BFA Staatendoku 15.07.2019, https://landinfo.no/wp- content/uploads/2019/06/Somalia-temanotat-Praktiske-og-sikkerhetsmessige-forhold-på- reise-i-Sør-Somalia-28062019.pdf FH, Freedom House Freedom in the World 2019, Somalia, 05.06.2019b, Zugriff BFA Staatendoku 22.07.2019, https://freedomhouse.org/report/freedom-world/2019/somalia SEMG, Somalia and Eritrea Monitoring Group/UN Security Council, Report of the Monitoring Group on Somalia and Eritrea submitted in accordance with resolution 2385 (2017), 09.11.2018, Zugriff BFA Staatendoku am 08.01.2019, https://www.ecoi.net/en/file/local/1452043/1226_1542897099_n1830165.pdf - 68 -

NLMBZ, Ministerie von Buitenlandse Zaken (Niederlande), Country of Origin Information Report on South and Central Somalia (nicht veröffentlichte englische Version) 03.2019, Zugriff BFA Staatendoku 18.06.2019, niederländische Version, https://www.ecoi.net/en/file/local/2006489/Algemeen_ambtsbericht_Zuid-_en_Centraal- _Somalie__maart_2019.pdf USDOS, U.S. Department of State, Country Report on Human Rights Practices 2018, Somalia, 13.03.2019, https://www.state.gov/documents/organization/289253.pdf UNHCR, UN High Commissioner for Refugees, Refugee returnees to Somalia at 29.02.2020, 30.03.2020, https://www.unhcr.org/news/press/2019/10/5db8299e4/somali-refugees- return-home-yemen-latest-unhcr-facilitated-departure.html Accord, Anfragebeantwortung zu Somalia, Auswirkungen der Covid-19 Pandemie, Zahl a- 11326, 07.08.2020, https://www.ecoi.net/de/dokument/2035661.html)

2. Beweiswürdigung: a) Zur Person des Beschwerdeführers:

1. Der Beschwerdeführer brachte ein Schreiben von UNHCR Kenia vom 13.02.2014 in Vorlage aus dem hervorgeht, dass der am XXXX geboren ist und bis 12.02.2016, zusammen mit seinen vier Kindern, unter UNHCR Mandat als Flüchtling in Kenia leben durfte, behauptete aber im Asylverfahren widersprüchlich dazu, am XXXX geboren zu sein, weshalb dieses Schreiben nicht geeignet ist ein unbedenkliches Identitätsdokument (gemeint: mit richtigem Inhalt bzw. Geburtsdatum) zu ersetzen bzw. in Folge die Identität des Beschwerdeführers damit bzw. mangels staatlichem Identitätsdokument mit Geburtsdatum XXXX nicht festgestellt werden kann.

Die Feststellungen zu Staatsangehörigkeit, Religions-, Clanzugehörigkeit und Familienstand stützen sich auf die, diesbezüglich gleichbleibenden, Behauptungen des Beschwerdeführers.

2. Die Feststellungen zum Aufenthaltsort des Beschwerdeführers in der Bundesrepublik Somalia, seiner Schulbildung und seiner Arbeit ergeben sich seinen, zumindest diesbezüglich gleichbleibenden, Angaben im Lauf des Verfahrens.

Aus Grund des im erstinstanzlichen Akt einliegenden Schreibens von UNHCR Kenia vom 13.02.2014 ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer jedenfalls ab diesem Tag gemeinsam mit seinen vier Kindern in Kenia lebte und dort als Flüchtling unter dem Schutz von UNHCR Kenia bis 12.02.2016 bleiben durfte. Dass er nach illegaler Einreise in Österreich - 69 - am 22.04.2016 seinen Antrag auf internationalen Schutz stellte, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl. Dass der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen kann, bereits im April 2015 Kenia verlassen zu haben, ergibt sich seinen diesbezüglich nicht glaubhaften Angaben; zur Vermeidung von Wiederholungen siehe dazu weiter unten 2. Beweiswürdigung b zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers 2. b) Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

1. Die Feststellungen, wonach der Beschwerdeführer nicht glaubhaft machen kann XXXX bereits im Jahr 2008 verlassen zu haben, weil er keine Steuern an al-Schabaab zahlen konnte und deswegen Gewalt seitens al-Schabaab fürchtete, oder jemals wegen seiner Clanzugehörigkeit Probleme hatte, oder im Fall seiner Rückkehr haben wird, beruht auf seinen widersprüchlichen Angaben im Lauf des Asylverfahrens in Verbindung mit den Feststellungen zu den tatsächlichen Verhältnissen in der Bundesrepublik Somalia:

Der Beschwerdeführer hat vorab nicht weniger als drei Mal angegeben schon Anfang 2008 seinen Herkunftsstaat verlassen zu haben, später jedoch widersprüchlich, dass es Ende des Jahres gewesen sein soll: „…Wann haben Sie den Entschluss zur Ausreise aus Ihrem Herkunftsstaat gefasst? Anfang 2008 in Somalia […] Abreise aus dem Wohnort: Anfang 2008, mit einem PKW.  Ausreise aus dem Herkunftsstaat: Anfang 2008…“ (niederschriftliche Befragung am 22.04.2016) „…A: Somalia verließ ich Ende des Jahres 2008 […] Ende 2008 fuhr ich direkt von XXXX nach Kenia mit einem Pick-Up...“ (niederschriftliche Befragung am 09.11.2017)

Dazu kommt, dass in der Beschwerde ausgeführt wird, dass der Beschwerdeführer sich auf Grund des Vorfalls mit al-Schabaab entschloss das Land zu verlassen und am 22.04.2016 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, somit ein zeitlicher Zusammenhang zwischen den beiden Ereignissen hergestellt wird; jedenfalls aber keine Zeitdifferenz von sieben bis acht Jahren: „…In Somalia habe ich ein kleines Geschäft betrieben, als eines Tages die Al-Schabaab zu mir kam und mich zur Zahlung von Geld bzw. von Steuern aufforderte. Sollte ich dieser Aufforderung nicht nachkommen, müsste ich sterben. Da ich das geforderte Geld nicht hatte, - 70 - entschied ich mich sofort das Land zu verlassen und hier am 22.04.2016 Antrag auf internationalen Schutz zu stellen…“ (Beschwerde Seite 02).

Weiters hat der Beschwerdeführer eine Bestätigung von UNHCR Kenia vorlegte, wonach er sich (erst) ab 13.02.2014 in Kenia aufhielt. Hätte er tatsächlich schon vor dem 13.02.2014 in Kenia gelebt, hätte er diesbezüglich eine Bestätigung verlegen können, zumal er in der Lage war, eine im erstinstanzlichen Akt einliegende Bestätigung von UNHCR Kenia vorzulegen aus der hervorgeht, dass sich seine Lebensgefährtin ab dem 03.02.2010 mit den Kindern in Kenia aufhielt und dort bis 02.02.2012 bleiben durfte.

Insgesamt kann somit nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer bereits im Jahr 2008 XXXX verlassen hat; es kann nur festgestellt werden, dass er ab 13.02.2014 in Kenia lebte.

Hatte der Beschwerdeführer zunächst, in Gegenwart eines Dolmetschers seiner Muttersprache angegeben, dass er von al-Schabaab aufgefordert worden sei die Abgaben bis zum nächsten Tag zu entrichten, gab er widersprüchlich dazu später an, er hätte dafür eine Woche Zeit bekommen: „…Ich hatte in Somalia meinen eigenen Laden. Die Al-Shabab Leute kamen dann 2008 zu mir und sie bedrohten mich. Sie schlugen auch mich. Sie wollten von mir monatlich Geld. Weil ich das Geld nicht mehr bezahlen konnte drohten sie mir, dass wenn ich das Geld nicht am nächsten Tag bringen würde, würden sie mich und meine Familie umbringen…“ (niederschriftliche Befragung am 22.04.2016) „…A: Ich hatte bis 2008 in XXXX ein eigenes Geschäft. Al-Shabaab (AS) hat damals die Stadt eingenommen. Alle Geschäftsinhaber wurden dann aufgefordert Steuern an die AS zu bezahlen. Weil ich so viel Steuern zahlen musste blieb mir kein Geld mehr übrig. Die AS ließ mir damals eine Woche Zeit die Steuern zu bezahlen…“ (niederschriftliche Befragung am 09.11.2017) Hätte der Beschwerdeführer tatsächlich wegen dieses Vorfalls seine Heimat verlassen müssen, wäre das ein einprägsames Erlebnis gewesen und er hätte daher gewusst, ob er nur einen Tag oder eine ganze Woche Zeit hatte, das Geld zu beschaffen bzw. wie schnell er ausreisen musste und dazu gleichbleibende Angaben machen können.

Der Beschwerdeführer behauptet ursprünglich schon am nächsten Tag geflohen zu sein, in einer späteren Befragung gab er widersprüchlich dazu an noch genug Zeit gehabt zu haben, alles zu verkaufen, nur um in der Beschwerdeverhandlung widersprüchlich zu behaupten, dass seine Lebensgefährtin erst nach seiner Ausreise sein Geschäft verkauft habe: - 71 -

„…Weil ich das Geld nicht mehr bezahlen konnte drohten sie mir, dass wenn ich das Geld nicht am nächsten Tag bringen würde, würden sie mich und meine Familie umbringen. Ich entschied mich das Land zu verlassen und flüchtete allein…“ (niederschriftliche Befragung am 22.04.2016) „…Die AS ließ mir damals eine Woche Zeit die Steuern zu bezahlen. Ich hatte aber Angst, dass mir etwas passiert wenn ich die Steuern nicht zahle. Bevor noch etwas passiert ist, habe ich alles verkauft und habe das Land verlassen…“ (niederschriftliche Befragung am 09.11.2017) „…R: Ihre Frau und Ihre Kinder haben Sie einfach zurückgelassen? P: Ja, ich wollte mein Leben retten und deshalb habe ich sie zurückgelassen. Ich habe meiner Frau gesagt, dass sie das Geschäft verkaufen und mir nachkommen soll...“ (Verhandlungsschrift Seite 13). Würde das Vorbringen des Beschwerdeführers der Wahrheit entsprechen, wäre es dramatisch und damit einprägsam und vom Beschwerdeführer nicht widersprüchlich erzählt worden.

Der Beschwerdeführer fand nichts dabei sein Vorbringen zu steigern, indem er in der Beschwerdeverhandlung neu behauptete, von al-Schabaab zum Tode verurteilt worden zu sein: „…P: Ich bin von der al-Schabaab geflüchtet, nach dem sie mich zum Tode verurteilt haben. R: Wer konkret sollte Ihnen warum konkret in der Bundesrepublik Somalia etwas antun wollen? P: Die al-Schabaab hat mich zum Tode verurteilt, weil ich die islamische Geldausgabe ZAKAT abgelehnt habe zu bezahlen…“ (Verhandlungsschrift Seite 12). Es ist davon auszugehen, dass ein Beschwerdeführer sämtliche Ausreisegründe im erstinstanzlichen Verfahren anführt und daher den extrem dramatischen Umstand einer Verurteilung durch al-Schabaab zum Tod, nicht erstmals in der Beschwerdeverhandlung behauptet, wenn dieser den Tatsachen entsprechen würde.

Hatte der Beschwerdeführer zunächst - außer mit al-Schabaab - keine Probleme im Herkunftsstaat genannt, behauptet er erstmals in der niederschriftlichen Befragung am 09.11.2017, - nachdem er noch kurz davor angegeben hatte, außer mit al-Schabaab keine Probleme gehabt zu haben - auch wegen seiner Clanzugehörigkeit Probleme zu bekommen: „…F: Hatten Sie in Ihrem Herkunftsstaat aufgrund Ihres Religionsbekenntnisses bzw. Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit irgendwelche Probleme? A: Nein. […] F: Schildern Sie die Gründe, warum Sie Ihr Heimatland verlassen und einen Asylantrag gestellt haben - 72 -

[…] Gibt es sonst noch Gründe, warum Sie Somalia verlassen haben? A: Nein. Es wird rückübersetzt. Ast wird aufgefordert genau aufzupassen und sofort bekannt zu geben, wenn etwas nicht korrekt sein sollte bzw. er noch etwas zu ergänzen hat. Nach erfolgter Rückübersetzung gebe ich an, dass alles richtig und vollständig ist und alles richtig widergegeben wurde. F: Was würde Sie jetzt konkret erwarten, wenn Sie in Ihren Herkunftsstaat zurückkehren würden? A: In meiner Heimatstadt XXXX ist jetzt unter der Kontrolle der Regierung. Nachgefragt weben Al-Shabaab mache ich mir keine Sorgen. F: Was würde dagegen sprechen wenn Sie jetzt mit Ihren Kinder in XXXX leben würden? A: Ich gehöre dem Clan der Darod an aber mein Subclan ist klein. Ich befürchte Nachteile aufgrund meines Sub Clans. F: Welche Nachteile befürchten Sie aufgrund Ihrer Zugehörigkeit zum Sub Clan der Badhire? A: Das wir von der Regierung nicht vor viel bekommen wie anderen Clans. F: Haben Sie sämtliche Gründe, die Sie veranlasst haben, Ihr Heimatland zu verlassen, vollständig geschildert? A: Ja…“ (niederschriftliche Befragung am 09.11.2017) Der Beschwerdeführer kann damit aber nicht glaubhaft machen, wegen seiner Clanzugehörigkeit verfolgt zu werden. Wie aus den Länderfeststellungen zusammengefasst hervorgeht (siehe 1. Feststellungen e zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers: Clan der Darood - Ogaden –Bartire), gehören die Darood zu einem der vier Mehrheitsclans in der Bundesrepublik Somalia. Sie zählen zu den „edlen“ nomadischen Pastoral-Clans, sind der zahlenmäßig größte Clan Somalias, haben 61 Sitze im somalischen Parlament und der Präsident gehört ebenfalls diesem Clan an. Da die Darood im Norden, in Süd- und Zentralsomalia sowie in Äthiopien und Kenia präsent sind, können sie als die stärksten „Pan-Somali-Nationalisten“ betrachtet werden. Zu den drei größten Subclans der Darood gehören die Ogaden; sie zählen damit zu den Hauptsubclans der Darood. Die Bartire sind ein Subclan der Ogaden und leben in der Region Lower Juba/Jubbada Hoose in Südsomalia. Die Ogaden sind der wichtigste somalische Clan in Äthiopien, aber auch in Lower Juba/Jubbada Hoose und Middle Juba/Jubbada Dhexe in Südsomalia sehr einflussreich. Schon während der Dürre 2017 und der damit verbundenen humanitären Krise zeigten die Ogaden ihre Fähigkeiten externe Unterstützung zu mobilisieren. Die die vielen und dominanten Ogaden sind einer der beiden wichtigsten ansässigen Clans und konnten aufgrund ihrer historischen Migrationsmuster und der Größe ihrer derzeitigen Diaspora-Bevölkerung Mittel - 73 - im Ausland aufbringen. Generell ist es unwahrscheinlich, dass eine Person, die den Darood angehört - oder zugehörigen Subclans - eine begründete Angst vor Verfolgung ausschließlich auf der Grundlage der Clanzugehörigkeit bei Rückkehr nach XXXX oder anderen Teilen Süd- und Zentralsomalias glaubhaft machen kann; wobei jedoch jeder Fall anhand der individuellen Fakten geprüft werden muss. Mit seinem Vorbringen kann der Beschwerdeführer jedenfalls nicht glaubhaft machen, wegen seiner Clanzugehörigkeit im Fall seiner Rückkehr in seinen Herkunftsstaat verfolgt zu werden.

2. Dass nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer in Kenia zu Unrecht verdächtigt wurde Mitglied der al-Schabaab zu sein und deshalb, oder wegen Kritik an der lokalen Clanpolitik XXXX anlässlich einer Versammlung unterschiedlicher Clanangehöriger - unter Federführung eines nicht dem Clan des Beschwerdeführers zugehörigen somalischen Clanältesten - in Kenia, im Fall seiner Rückkehr in die Bundesrepublik Somalia Probleme haben wird, beruht auf den nicht plausiblen Angaben des Beschwerdeführers. Das gilt auch für die Behauptung, dass zwei Onkel des Beschwerdeführers, die eine Landwirtschaft betreiben, im Juni 2014 in XXXX ermordet wurden.

Vorab ist festzuhalten, dass der Beschwerdeführer weder glaubhaft machen kann, dass seine Kinder und die Lebensgefährtin ab Mai 2015 in Äthiopien waren (weil er im April 2015 Kenia verlassen hätte müssen) noch, dass sein Schwager Opfer bei einem Anschlag wurde und die Kinder deshalb wieder in Kenia und nicht gemeinsam mit ihrer Mutter in der Bundesrepublik Somalia leben (siehe dazu weiter unten 2. Beweiswürdigung c zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat).

Das Bundesverwaltungsgericht geht davon aus, dass der Beschwerdeführer am XXXX in Kenia an einer Versammlung verschiedener Clanmitglieder teilgenommen hat, die unter der Leitung eines somalischen Clanältesten stattfand; dazu wurde ein USB-Stick vorgelegt, auf dem die Versammlung und eine kurze Rede des Beschwerdeführers zu sehen ist. Der Beschwerdeführer kann damit aber nicht glaubhaft bzw. plausibel darlegen, dass bzw. warum er, nur wegen einer Kritik an Lokalpolitikern in der Bundesrepublik Somalia, zu Unrecht verdächtigt werden hätte sollen, Mitglied der al-Schabaab zu sein und in Folge im April 2015 Kenia verlassen hätte müssen; zumal seine Behauptungen, dass in Folge auch seine Lebensgefährtin mit den Kindern ab Mai 2015 bis Juli 2016 in Äthiopien leben hätte müssen nicht glaubhaft ist (siehe dazu weiter unten 2. Beweiswürdigung c zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat). Da diese Versammlung zudem bereits am XXXX , somit vor mehr als XXXX Jahren stattfand ist nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer, bloß wegen einer Kritik an der damaligen, lokalen Regierung in XXXX - 74 -

Jahre danach, als Angehöriger eines Mehrheitsclans, dem auch der Präsident angehört, verfolgt werden würde.

Der Beschwerdeführer hat schließlich in der Beschwerdeverhandlung auch noch neu behauptet, dass zwei Onkel, die eine Landwirtschaft betreiben, im Juni 2014 in XXXX ermordet worden sein sollen, dabei handelt es sich aber um ein weiteren, erst gegen Ende der Befragung in der Beschwerdeverhandlung (Verhandlungsschrift Seite 17) nachgeschobenen Versuch der Steigerung seines Vorbringens. Würde die Ermordung der Onkel im Juni 2014 im Herkunftsstaat der Wahrheit entsprechen, hätte der Beschwerdeführer diesen dramatischen Umstand bereits im erstinstanzlichen Verfahren oder spätestens in seiner Beschwerde vom 12.01.2018, jedenfalls aber zu Beginn der Verhandlung auf die Frage ob es etwas Neues gibt, was der Beschwerdeführer bis jetzt im Asylverfahren noch nicht vorgebracht hat (Verhandlungsschrift Seite 11), angeführt: „…P: Ich habe auf der Versammlung für meine Clanangehörigen gesprochen. PV: Warum haben ausgerechnet Sie gesprochen und nicht jemand anderer? P: Weil meine Onkel ermordet wurden. Meine Familie war persönlich davon betroffen, deshalb haben meine Clanleute mich ausgesucht, zu sprechen. R: Wurden ihre Onkel von der Verwaltung ermordet? P: Ja. R: Ihre Onkel wurden nicht von der al-Schabaab ermordet? P: Meine Onkel waren Landwirte und sie wollten ihre Ernte in der XXXX verkaufen. Man hat ihnen ihre Ernte weggenommen. Als sie versucht haben, sich zu wehren, wurden sie von Soldaten erschossen. PV: In welcher XXXX wurden Ihre Onkel ermordet? P: In XXXX . R: Die Leute hungern und raufen sich, um die Ernte. Dabei kommt es zu physischen Auseinandersetzungen? P: Nein, das wurde meinen Onkel gemacht, weil die XXXX die Kontrolle hat. Wir sind eine Minderheit. Meine Onkel wurden im Juni 2014 ermordet. Das waren zwei Onkel. […]. R: Dann konnten Sie auch noch 3.500 Dollar für die Reise nach Österreich aufbringen. 7.500 Dollar dafür, dass Sie angeblich im Ausland leben und einer Minderheit angehören, ist, dass etwas viel Geld? P: Mein Onkel hat sein Feld verkauft. R: Ich dachte, der ist tot? - 75 -

P: Es waren fünf Onkel, nur zwei wurden getötet und die anderen drei sind in Somalia geblieben. Alle drei Onkel sind im Jänner 2018 nach Kenia gereist, aufgrund der Dürre. R: Dann können Ihre drei Onkel nicht verfolgt gewesen sein, wenn sie von Juni 2014 bis Jänner 2017 zu Hause geblieben sind. P: Die anderen sind nicht in die XXXX gekommen und deshalb wurden sie auch nicht ermordet. Sie sind am Land geblieben und haben ihre Arbeit gemacht. R: Wo haben Sie dann ihre Sachen verkauft? P: Die zwei Toten haben damals in XXXX gelebt und gearbeitet. Die drei lebenden Onkel haben ihre Ernte immer zu den beiden in XXXX gebracht, die diese verkauft haben. Nach Juni 2014, haben die anderen Landwirte die Ernte übernommen und XXXX verkauft...“ (Verhandlungsschrift Seiten 17f) Der vom Beschwerdeführer als „Beweismittel“ vorgelegte Bericht auf einem USB-Stick, der ihn auf einer Clanversammlung am XXXX zeigt, ist nicht geeignet das nachgeschobene Vorbringen der Ermordung von zwei seiner Onkel im Juni 2014, somit zweiundzwanzig Monate vor seiner Asylantragstellung in Österreich zu unterstützen, da er damit nicht beweisen kann, dass tatsächlich zwei Onkel in XXXX ermordet wurden.

Zusammengefasst ist auf Grund des nicht plausiblen Vorbringens des Beschwerdeführers im Lauf des Asylverfahrens, in Verbindung mit seinen widersprüchlichen Angaben in der Beschwerdeverhandlung und unglaubwürdigen Steigerungen im Vorbringe leider nicht von seiner persönlichen Glaubwürdigkeit auszugehen; mangels Vorlage von Unterlagen oder geeigneten Beweismitteln, welche den Inhalt des Schreibens von UNHCR Kenia vom 13.02.2014 widerlegen würden und auf Grund der nicht glaubhaften Ausführungen, wonach der Beschwerdeführer im April 2015 Kenia verlassen musste bzw. in Folge seine Lebensgefährtin und die Kinder von Mai 2015 bis Juli 2016 in Äthiopien leben mussten (siehe dazu 2. Beweiswürdigung c zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat), geht das Bundesverwaltungsgericht nicht davon aus, dass der Beschwerdeführer - der am 22.04.2016 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich stellte – tatsächlich bereits im April 2015 Kenia verlassen hat und nicht erst mit Ablauf seines bis 12.02.2016 gültigen Aufenthaltstitels für Kenia.

Das Bundesverwaltungsgericht ist davon überzeugt, dass die Angaben des Beschwerdeführers zu seinen Ausreisegründen nicht geeignet sind, eine asylrelevante Verfolgung seiner Person glaubhaft zu machen, zumal er keine schlüssige oder nachvollziehbare Verfolgungssituation zu schildern vermochte und seine persönliche Glaubwürdigkeit, auf Grund zahlreicher Ungereimtheiten im Vorbringen, mehr als nur geschmälert ist. - 76 -

Nur vollständigkeitshalber sei erwähnt, dass es dem Beschwerdeführer im Übrigen auch offen stünde, sollte er es wünschen, nicht nach XXXX zurückzukehren, sondern in einen anderen Landesteil Somalias zu ziehen, wobei in seinem Fall insbesondere XXXX in Betracht käme. Wie aus den Länderfeststellungen hervorgeht, steht nicht nur XXXX (siehe 1. Feststellungen e zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers: XXXX sondern auch XXXX unter der Kontrolle von AMISOM und der Regierung (siehe 1. Feststellungen e zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers: XXXX ) und wäre eine Relokation auch unter Verweis auf diese Länderfeststellungen, sowie die individuellen Umstände des Beschwerdeführers, zumutbar. c) Zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat:

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers und Mutter seiner Kinder mit diesen nicht wieder in der Bundesrepublik Somalia lebt, sondern illegal in den Vereinigten Staaten von Amerika, weil der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar darlegen konnte, wie es seiner Lebensgefährtin gelungen sein sollte die extrem strengen Einwanderungsbestimmungen zu erfüllen oder einfach zu umgehen, der Beschwerdeführer bezüglich des angeblichen Aufenthaltes in den Vereinigten Staaten von Amerika bis dato keinerlei Unterlagen oder zumindest Fotos oder sonstige Beweismittel vorlegen konnte, in Verbindung mit dem Umstand, dass die erkennende Richterin davon ausgeht, dass es nicht der Lebenserfahrung entspricht, dass eine Mutter von minderjährigen Kindern diese, nachdem deren Vater auf einen anderen Kontinent (Europa) reist, ohne Elternteil in XXXX bei ihrer Schwester lassen und in die Vereinigten Staaten von Amerika reisen würde; zumal der Beschwerdeführer am 09.11.2017 angegeben hat, dass es bei der Schwägerin in XXXX keinerlei Probleme oder Schwierigkeiten für seine Familie gibt, somit kein faktischer Zwang für die Lebensgefährtin besteht, sich von ihren minderjährigen Kindern trennen zu müssen.

Dazu kommt, dass der Beschwerdeführer bezüglich der zuletzt behaupteten Variante zum Aufenthaltsort seiner Kinder außerhalb der Bundesrepublik Somalia, keine Unterlagen oder Fotos oder sonstige Beweismittel vorgelegt hat. Gegen die Glaubwürdigkeit seiner Angaben zum angeblichen Aufenthaltsort seine Verwandten spricht vor allem, dass der Beschwerdeführer im Lauf des Verfahrens laufend widersprüchlich Behauptungen machte, die er nicht plausible erklären konnte. Hatte der Beschwerdeführer am 22.04.2016 noch explizit, in Gegenwart eines Dolmetschers seiner Muttersprache, angegeben, dass seine Eltern nach wie vor in der Bundesrepublik Somalia leben, seine Lebensgefährtin mit seinen Kindern in Äthiopien, seine sieben (von acht) Geschwistern aber in Kenia, meinte er in der Befragung am - 77 -

09.11.2017 widersprüchlich, dass seine Lebensgefährtin und seine Kinder nach seiner Ausreise in Kenia geblieben wären, seine Eltern aber nicht im Herkunftsstaat wären, sondern in Kenia leben würden. Dieses Vorbringen wurde in der Beschwerdeverhandlung neuerlich geändert, indem der Beschwerdeführer zunächst explizit behauptete seine Lebensgefährtin und seine vier Kinder hätten von Anfang 2009 bis 2016 - somit durchgehend - in Kenia gelebt und würden immer noch dort leben, nur um kurz danach zu behaupten, dass dies doch nicht der Fall gewesen sei: „…Vater: […] Somalia Mutter: […] Somalia Ehefrau (Äthiopien): […] Kinder (Äthiopien): […] Geschwister: […] Saudi Arabien […] Kenia […] Kenia […] Kenia […] Kenia […] Kenia […] Kenia […] Kenia…“ (niederschriftliche Befragung am 22.04.2016) „…bis 2008 arbeitete ich in XXXX . Ich hatte mein eigenes Geschäft und habe dort Lebensmittel verkauft. 2008 gingen wir dann nach Kenia […] Im April 2015 habe ich dann Kenia verlassen. Meine Familie blieb damals in Kenia. Mittlerweile ist meine Frau seit Juli 2016 in den USA. Meine Kinder leben seit Juli 2016 in XXXX bei einer Schwägerin. Meine Schwägerin hat im Juli 2016 die Kinder in Kenia abgeholt und sie fuhren nach XXXX […] Alle mein 4 Kinder leben in XXXX . Sie leben bei der Schwester meiner Ehefrau. Sie ist verheiratet und hat auch 4 Kinder. Sie leben in XXXX zusammen in einem Haus. In XXXX wohnen noch 3 Onkel und 3 Tanten väterlicherseits zusammen mit deren Familien. Meine Eltern leben in Kenia. - 78 -

F: Wo von lebt die Familie im Herkunftsstaat? A: Meine Kinder werden von der Schwägerin versorgt. Ihr Mann arbeitet. Meine Frau schickt zusätzlich Geld nach Somalia. Nachgefragt es sind auch aktuell alle gut in XXXX versorgt und es gibt kein Problem dort […] Ich habe regelmäßig Kontakt zu den Kindern und der Schwägerin in XXXX . Zuletzt haben wir vor einer Woche telefoniert. Ich benutzte auch Facebook…“ (niederschriftliche Befragung am 09.11.2017) „…P: Meine Frau und die Kinder waren von Anfang 2009, bis 2016 in Kenia. Die Kinder sind derzeit noch in Kenia, die Frau ist alleine in die USA ausgereist. […] Die Kinder waren in der Zwischenzeit in XXXX . Von Juli 2016 bis Dezember 2017 waren die Kinder bei der Tante mütterlicherseits in XXXX . Seither sind sie wieder in Kenia in einem Flüchtlingslager. R: Sie lassen vier minderjährige Kinder, alleine in Kenia? P: Nein, sie sind immer mit der Tante zusammen. Sie waren nie allein […] Im Mai 2015 ist meine Frau mit den Kindern nach Äthiopien gegangen. Meine Frau ist im Juni oder Juli 2016 von Äthiopien aus in die U.S.A ausgereist. Bevor meine Frau geflogen ist, hat sie ihre Schwester kontaktiert. Diese ist im Juni oder Juli 2016, jedenfalls kurz vor der Ausreise meiner Frau, nach Äthiopien gereist und hat die Kinder nach XXXX mitgenommen…“ (Verhandlungsschrift Seite 10 und 14f).

Diese Vielzahl von Unstimmigkeiten und das laufenden Austauschen der Angaben, welches nicht nachvollziehbar erklärt werden konnte, zeigen auf, dass der Beschwerdeführer nichts dabei findet, bewusst unwahre Angaben zu machen bzw. sein Vorbringen nach Belieben zu ändern und z.B. erst nachdem er sich offensichtlich daran erinnerte bereits früher angegeben zu haben, dass seine Kinder problemlos in XXXX leben können, sein Vorbringen entsprechend variierte, in der Hoffnung, mit neuen, erfundenen Problemen und angeblichen Aufenthaltsorten gegenständlichem Antrag doch noch zum Erfolg zu verhelfen. Würde zumindest seine letzte Variante des Vorbringens den Tatsachen entsprechen, wonach die Lebensgefährtin mit den Kinder - obwohl die Kinder einen gültigen Aufenthaltstitel von UNHCR für Kenia bis 2016 hatten -, schon ab Mai 2015 bis Juli 2016 in Äthiopien gelebt haben, von wo die Schwägerin die Kinder nach XXXX gebracht hat, hätte der Beschwerdeführer in der niederschriftlichen Befragung am 09.11.2017 nicht wiederholt angegeben, dass seine Familie in Kenia geblieben ist bzw. die Schwägerin die Kinder von dort nach XXXX geholt hat: „...Meine Familie blieb damals in Kenia. […] Meine Schwägerin hat im Juli 2016 die Kinder in Kenia abgeholt und sie fuhren nach XXXX …“ (niederschriftliche Befragung am 09.11.2017) - 79 -

Das Bundesverwaltungsgericht muss in Folge davon ausgehen, dass auch den Behauptungen in der Beschwerdeverhandlung, wonach sich die Kinder nach bzw. wegen des Todes des Schwagers bei einem Anschlag in XXXX am 02. oder 03.12.2017 wieder in Kenia aufhalten sollen, nicht der Wahrheit entspricht: „…Ich habe regelmäßig Kontakt zu den Kindern und der Schwägerin in XXXX . Zuletzt haben wir vor einer Woche telefoniert. Ich benutzte auch Facebook…“ (niederschriftliche Befragung am 09.11.2017) „…R: Gibt es etwas Neues, also etwas bezüglich Ihrer Ausreisegründe, dass Sie bis jetzt im Asylverfahren noch nicht vorgebracht haben? P: […] Die Schwägerin und meine Kinder sind im Dezember 2017 nach Kenia geflüchtet. Die Onkel und die Tanten sind im Jänner 2018 nach Kenia geflüchtet. Der Mann meiner Schwägerin ist bei einem Anschlag in XXXX ums Leben gekommen. Er ist mit einem Tucktuck auf der Straße gefahren, es gab einen Anschlag und dann ist er gestorben. Dieser Anschlag war Anfang Dezember 2017, circa 2 oder 3 Dezember…“ (Verhandlungsschrift Seite 11) Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer, wie bereits mehrfach begründet, persönlich nicht glaubhaft ist, wäre jedenfalls davon auszugehen, dass er bezüglich des dermaßen dramatischen Vorfalls im engsten Familienkreis bzw. dem Tod seines Schwagers und Unterkunftgebers seiner Kinder - welcher der Anlass für deren neuerliche Ausreise seiner Kinder gewesen sein und sich nur wenige Monate vor der Beschwerdeverhandlung ereignet haben soll - jedenfalls einen konkreten Tag nennen könnte. Zudem konnte der Beschwerdeführer – obwohl er während seine Kinder in XXXX lebten und er laufend mit ihnen, auch über Facebook, in Kontakt war -, dazu keine Beweismittel vorlegen und geht weiters aus den Länderfeststellungen (siehe 1. Feststellungen e zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers XXXX Das Bundesverwaltungsgericht muss daher davon ausgehen, dass auch dieses Vorbringen des Beschwerdeführers frei erfunden ist.

Dass nicht festgestellt werden kann, dass dem XXXX , gesunden und arbeitsfähigen Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in die Bundesrepublik Somalia ein Eingriff in seine körperliche Unversehrtheit droht oder er Gefahr läuft, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können oder, dass er in eine ausweglose oder existenzbedrohende Situation geraten wird, beruhen darauf, das Gegenteiliges nicht glaubhaft gemacht werden konnte, in Verbindung mit den aktuellen Länderfeststellungen.

Die Feststellungen wonach im Heimatort, XXXX , nach wie vor mehrere Onkel und Tanten des Beschwerdeführers mit deren Familien leben; in XXXX die Schwester der Lebensgefährtin mit deren Familie und der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in die Bundesrepublik - 80 -

Somalia auf ein soziales und familiäres Netzwerk zurückgreifen kann, welches ihm bei der Arbeitssuche und seiner Verpflegung behilflich sein kann, bis er selbst für sein Auskommen und Fortkommen wird sorgen können; wie er es bereits vor seiner Ausreise getan hat, ergeben sich daraus, dass – wie weiter oben ausführlich dargelegt – anders lautende Behauptungen des Beschwerdeführers nicht glaubhaft sind in Verbindung mit den Feststellungen zur aktuellen Lage in der Bundesrepublik Somalia (siehe 1. Feststellungen e zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers).

Der Beschwerdeführer hat den bei weiten überwiegende Teil seines Lebens in XXXX gelebt, wo die somalische Regierung und AMISOM, wie aus den aktuellen Länderfeststellungen hervorgeht, nach wie vor unverändert die Kontrolle haben (siehe 1. Feststellungen e zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers: XXXX Wie weiters aus den Länderfeststellungen (siehe 1. Feststellungen e zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers: Rückkehr), hervorgeht werden – nach einer Aussetzung des Flugverkehrs wegen Covid-19 - mittlerweile wieder kommerzielle Flüge in die Bundesrepublik Somalia betrieben. Es besteht daher zusammengefasst XXXX , für normale Zivilisten inklusive Rückkehrern aus dem Ausland, keine derartige Gefahrenlage, die ein reales Risiko für eine Beeinträchtigung des Lebens oder der körperlichen Unversehrtheit des Beschwerdeführers darstellen würde.

Zwar kontrolliert al-Schabaab weiterhin große Teile des ländlichen Raumes in Süd- und Zentralsomalia, aber nicht XXXX (siehe 1. Feststellungen e zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers: al-Schabaab), und gibt es dort auch Straßensperren (Checkpoints), an welchen Fahrzeuge aufgehalten und Personen kontrolliert werden. Hierbei geht es aber primär um die Einhebung von Wegzoll. Wie aus den Länderfeststellungen hervorgeht (siehe 1. Feststellungen e zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers: Rückkehr), ist es weder Ziel von al-Schabaab, Menschen am Reisen zu hindern, noch sind Reisende selbst ein Ziel, weshalb es dem Beschwerdeführer auch möglich sein wird von XXXX in seinen Heimatort zu gelangen, wo er keinen maßgeblichen Gefahren ausgesetzt ist (siehe 2. Beweiswürdigung b zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers). Sollte er es wünschen bestünde für den Beschwerdeführer aber auch die Möglichkeit sich in XXXX , wo die Familie seiner Lebensgefährtin lebt, niederzulassen.

Dass der Beschwerdeführer dort – von seinem nicht glaubhaften Fluchtvorbringen abgesehen – sonstigen Gefahren ausgesetzt wäre, wurde von ihm insoweit neu vorgebracht, als er in Beschwerdeverhandlung pauschal auf Hungersnot und Dürre im Herkunftsstaat verwies, sowie behauptete, dass seine Onkel und Tanten deswegen ins Ausland gegangen seien: - 81 -

„…R: Gibt es etwas Neues, also etwas bezüglich Ihrer Ausreisegründe, dass Sie bis jetzt im Asylverfahren noch nicht vorgebracht haben? P: Dazu gekommen ist noch die Hungersnot. Die Onkel und die anderen Familienangehörige waren Landwirte und aufgrund der Dürre ist alles kaputtgegangen. Danach sind sie nach Kenia geflüchtet und waren dort in einem Flüchtlingslager aufhältig. Die Schwägerin und meine Kinder sind im Dezember 2017 nach Kenia geflüchtet. Die Onkel und die Tanten sind im Jänner 2018 nach Kenia geflüchtet. Der Mann meiner Schwägerin ist bei einem Anschlag in XXXX ums Leben gekommen. Er ist mit einem Tucktuck auf der Straße gefahren, es gab einen Anschlag und dann ist er gestorben. Dieser Anschlag war Anfang Dezember 2017, circa 2 oder 3 Dezember…“ (Verhandlungsschrift Seite 11). Der Beschwerdeführer war aber nie Landwirt und hat mit seiner sehr großen Familie in XXXX gelebt. Wie bereits mehrfach ausgeführt, ist der Beschwerdeführer persönlich unglaubwürdig und setzt alles daran mit neuem, erfundenen Vorbringen doch noch eine mögliche Gefährdung zu konstruieren. Das Bundesverwaltungsgericht geht jedoch, wie weiter oben ausführlich dargelegt, davon aus, dass seine zahlreichen Familien- und Clanangehörigen nach wie vor in der Bundesrepublik Somalia leben; zur Vermeidung von Wiederholungen wird dazu auf die obigen Ausführungen verwiesen, wonach der Beschwerdeführer nachträglich behauptete alle seine zahlreichen Verwandten seine aus der Bundesrepublik Somalia ausgereist, um damit eine existenzbedrohende Situation für den Fall seiner Rückkehr vorzutäuschen.

Grundsätzlich obliegt es der abschiebungefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde.

Feststeht, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen XXXX , gesunden Mann handelt, der drei Jahre lang die Schule besucht hat. Danach hat er im Herkunftsland viele Jahre sein eigenes Lebensmittelgeschäft betrieben, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass er dort auch in Zukunft seinen Lebensunterhalt wieder als Händler – oder zumindest mit Gelegenheitsarbeiten - bestreiten wird können.

Das Bundesverwaltungsgericht verkennt nicht, dass eine angespannte Versorgungssituation, auch XXXX , vorliegt, angesichts der individuellen Umstände des Beschwerdeführers kann jedoch nicht erkannt werden, dass sich die angespannte Versorgungslage gerade in Bezug auf seine Person in einem Ausmaß auswirken würde, welches ihn in eine als unmenschlich oder erniedrigend zu bezeichnende Lebenssituation versetzen würde. - 82 -

In Hinblick darauf, dass sein Vorbringen wonach alle Verwandten, darunter auch seine Onkel und Tanten XXXX verlassen hätten, nicht glaubhaft ist und es seinem Onkel möglich war die für somalische Verhältnisse erheblichen Reisekosten des Beschwerdeführers in der Höhe von 3.500.- US Dollar aufzukommen, ist davon auszugehen, dass - sollte der Beschwerdeführer dennoch in finanzielle Schwierigkeiten geraten – seine sehr große Familie und/oder Clanangehörigen sowohl fähig als auch willig wären, den Beschwerdeführer zu unterstützen. Wie bereits weiter oben ausgeführt, ist der Clan des Beschwerdeführers in XXXX sehr einflussreich und zeigte sich bereits während der Dürre 2017 in der Lage externe Unterstützung zu mobilisieren. In diesem Zusammenhang ist überdies auf seine nach wie vor in XXXX beheimatete Schwägerin mit deren Familienangehörigen hinzuweisen (die Gegenteilige Behauptung musste vom Bundesverwaltungsgericht wie bereits weiter oben ausgeführt als unglaubwürdig gewertet werden) die ihm - für den Fall einer Relokation - ebenfalls behilflich sein könnten. d) Zum Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich:

Dass der Beschwerdeführer illegal in das Bundesgebiet einreiste und hier den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte, ergibt sich aus den im Akt des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl einliegenden Berichten österreichischer Behörden. Die Feststellungen zur Situation des Beschwerdeführers im Bundesgebiet gründen sich auf seine Angaben im Verfahren, den vorgelegten Unterlagen sowie auf Abfragen in den entsprechenden amtlichen österreichischen Registern (Zentrales Melderegister, Zentrales Fremdenregister, Grundversorgungs-Informationssystem, Strafregister) und seinen schriftlichen Stellungnahmen samt vorgelegten Unterlagen. Von den beim Beschwerdeführer vorhandenen Deutschkenntnissen konnte sich das Bundesverwaltungsgericht ferner in der Beschwerdeverhandlung überzeugen; siehe dazu weiter unten 3. Rechtliche Beurteilung zu A zu Spruchpunkt III. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl. e) Zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers:

Die Feststellungen beruhen auf dem in der Beschwerdeverhandlung dargetanen Dokumentationsmaterial und mittlerweile aktuelleren Berichten derselben Quellen. Die Parteien des Beschwerdeverfahrens haben keinen Einwand gegen die Heranziehung dieser Informationsquellen erhoben. Die herangezogenen Berichte und Informationsquellen stammen hauptsächlich von staatlichen Institutionen oder diesen nahestehenden Einrichtungen und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, Zweifel an deren Objektivität und - 83 -

Unparteilichkeit aufkommen zu lassen. Die inhaltlich übereinstimmenden Länderberichte befassen sich mit der aktuellen Lage in der Bundesrepublik Somalia.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Abweisung der Beschwerde

Zu Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl

In Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen.

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention definiert, dass als Flüchtling im Sinne dieses Abkommens anzusehen ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Kann Asylwerbern in einem Teil ihres Herkunftsstaates vom Staat oder sonstigen Akteuren, die den Herkunftsstaat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebietes beherrschen, Schutz gewährleistet werden, und kann ihnen der Aufenthalt in diesem Teil des Staatsgebietes zugemutet werden, so ist der Antrag auf internationalen Schutz abzuweisen (innerstaatliche Fluchtalternative). Schutz ist gewährleistet, wenn in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates keine wohlbegründete Furcht nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen kann und die Voraussetzungen zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten (§ 8 Abs. 1) in Bezug auf diesen Teil des Herkunftsstaates nicht gegeben sind (§ 11 Abs. 1 AsylG). - 84 -

Wie in der Beweiswürdigung ausgeführt (siehe 2. Beweiswürdigung b zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers), ist derzeit nicht davon auszugehen, dass al-Schabaab in XXXX in der Lage sind, Steuern vom Beschwerdeführer zu erheben oder der Beschwerdeführer dort wegen seiner Clanzugehörigkeit oder aus sonstigen Gründen von irgendjemandem verfolgt wird. Aber selbst für den (bloß hypothetischen) Fall, wäre darauf zu verweisen, dass dem Beschwerdeführer eine Relokationsalternative in andere Landesteile, im konkreten Fall in XXXX (siehe 2. Beweiswürdigung c zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat), zur Verfügung steht. Es ist auf Grund der Länderfeststellungen (siehe 1. Feststellungen e zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers: XXXX ), jedenfalls nicht davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer dort von al-Schabaab und/oder sonst jemandem wegen seiner Clanzugehörigkeit verfolgt werden wird.

Da der Beschwerdeführer insgesamt keine wohlbegründete Furcht vor asylrelevanter Verfolgung in seinem Herkunftsstaat glaubhaft machen kann, ist die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des gegenständlichen Bescheides abzuweisen.

Zu Spruchpunkt II. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl

In Spruchpunkt II. des Bescheides wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Bundesrepublik Somalia gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen.

Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist der Status des subsidiär Schutzberechtigen einem Fremden zuzuerkennen, 1. der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder 2. dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden (§ 8 Abs. 2 AsylG). - 85 -

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11) offen steht.

Eine schwierige Lebenssituation, insbesondere bei der Arbeitsplatz- und Wohnraumsuche sowie in wirtschaftlicher Hinsicht, die ein Fremder im Fall der Rückkehr in sein Heimatland vorfinden würde, reicht für sich betrachtet nicht aus, um die Verletzung des nach Art. 3 EMRK geschützten Rechts mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit annehmen zu können (VwGH 31.10.2019, Ra 2019/20/0309).

Es obliegt grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde. Es reicht für den Asylwerber nicht aus, sich bloß auf eine allgemein schlechte Sicherheits- und Versorgungslage zu berufen (VwGH 25.04.2017, Ra 2017/01/0016; VwGH 25.04.2017, Ra 2016/01/0307; VwGH 23.02.2016, Ra 2015/01/0134).

Der Verwaltungsgerichthof hat in seinem Erkenntnis vom 21.05.2019, 2019/19/0006-3, unter Bezugnahme auf das Erkenntnis vom 06.11.2018, 2018/01/0106, zusammengefasst klargestellt, dass § 8 Abs. 1 AsylG, auch wenn er nicht der Statusrichtlinie entspricht, anzuwenden ist. Wie bereits in 2. Beweiswürdigung c zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat ausgeführt, wird betreffend Sicherheitslage seitens des Bundesverwaltungsgerichts, in Hinblick auf die aktuelle Lage im Herkunftsstaat, zwar nicht verkannt, dass die Situation XXXX nach wie vor angespannt ist. Dennoch ist festzuhalten, dass sich XXXX Wie aus den Länderfeststellungen zusammengefast hervorgeht, ist XXXX XXXX XXXX

Die insgesamt weltweit zu verzeichnende Zunahme von Terroranschlägen für sich alleine betrachtet, vermag jedoch nicht die Schlussfolgerung zu tragen, dass die Ausweisung in einen von Terroranschlägen betroffenen Staat automatisch gegen Art. 3 EMRK verstoßen würde bzw. für den Betroffenen unzumutbar wäre; insgesamt ist die aktuelle Sicherheitslage auf Grund der obigen Ausführungen XXXX für den Beschwerdeführer ausreichend sicher zu bewerten.

Laut 1. Länderfeststellungen e zur aktuellen Situation im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers: Grundversorgung, FEWS NET Nahrungsmittelkrise Prognosekarte (Juni - 86 - bis September 2020) sowie UN OCHA 05.07.2020 Karte Versorgungslage), gilt (von den fünf IPC Stufen grün: 1 bis rot: 5) in XXXX die IPC Stufe 3 (orange: crisis). Die Verwirklichung grundlegender sozialer und wirtschaftlicher Bedürfnisse, wie etwa der Zugang zur Arbeit, Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung ist häufig nur eingeschränkt möglich und hat sich die Situation bedingt durch die COVID-19 Pandemie zusätzlich verschärft.

Auch übersieht das Bundesverwaltungsgericht nicht, dass es mittlerweile wieder Überschwemmungen in der Bundesrepublik Somalia gab. Der Beschwerdeführer bzw. seine zahlreichen Verwandten leben aber in XXXX und nicht in den am 01.08.2020 von Überschwemmungen betroffen Gebieten in der Region Lower Shabelle, als dort damals etwa 6.000 Menschen durch die Überschwemmungen vertrieben wurden. Somit auch nicht in dem von Überflutungen betroffenen Bezirke Afgooye und Wanla Weyn in Lower Shabelle, in denen seit dem 05.07.2020 schätzungsweise 70.000 Menschen betroffen waren. In vielen Gebieten Süd- und Zentralsomalias waren die anhaltenden Regenfälle in der Saison stärker als in den Vorjahren, wobei starke Winde und niedrigere Temperaturen gemeldet wurden. Der Beschwerdeführer kommt auch nicht aus den zwischen Mai und Juli von Sturz- und Flussfluten betroffen Gebieten.

Aus den Länderfeststellungen geht zudem hervor, dass im April 2020 die dreifache Bedrohung bereits bestehende Schwachstellen verschärft hat, die humanitären Bedürfnisse eskalierten und die Existenzgrundlage beeinträchtigt wurden, insbesondere für Geringverdiener und arme Familien. Infolgedessen werden von Juni bis September 2020 mindestens 3,5 Millionen Menschen in die Ernährungsunsicherheit von Krisen oder Notsituationen (IPC Phase 3 oder höher) fallen, wobei eine Million Kinder unterernährt sein dürften. Gleichzeitig fressen Wüstenheuschrecken Tausende Hektar Pflanzen und Weiden in Somaliland, Puntland und Galmudug auf. Allerdings ist der Beschwerdeführer nicht minderjährig, seine Familie nicht arm, im Ausland (Diaspora) sein Clan sehr gut vernetzt und aus 1. Feststellungen e zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers: Grundversorgung, Karte der von Wüstenheuschrecken befallenen Gebiete, ist ersichtlich, dass weder die Region um XXXX wo die Landwirtschaften einiger Onkel liegen, noch XXXX von Wüstenheuschrecken heimgesucht wurden.

Zudem haben humanitäre Partner ihre Reaktion auf die dreifache Bedrohung verstärkt. Der WASH Cluster hat 2.000 Haushalten Hygiene-Kits und per LKW Wasser für 700 Haushalte zur Verfügung gestellt. Die WHO hat Teams für primäre Gesundheits- und Krisenreaktionsteams eingesetzt, um Gesundheitsdienste zu unterstützen. Da die COVID-19-Fälle 3.200 überschreiten, haben die Partner die Test- und Behandlungskapazität erhöht. Die - 87 -

Risikokommunikation und das Engagement der Gemeinschaft haben etwa 10,9 Millionen Menschen erreicht. Auch die Reaktionen auf Wüstenheuschrecken wurden ausgeweitet. Die FAO und die regionalen Behörden haben mindestens 31.086 Hektar in Somaliland, Puntland und Galmudug besprüht und damit rund 62.100 Millionen Tonnen Grundnahrungsmittel eingespart. Insgesamt setzen 279 humanitäre Organisationen Programme in allen 18 Regionen Somalias um. Das Ministerium für humanitäre Angelegenheiten und Katastrophenmanagement der Bundesregierung Somalias eröffnete in Mogadischu am 05.07.2020 das Nationale Mehrfachgefahrenfrühwarnzentrum (Multi-Hazard Early Warning Center), das bei der Vorbereitung und Reaktion auf Katastrophen helfen soll. Der damalige stellvertretende Ministerpräsident Mahdi Gulaid, der bei der Eröffnung des Zentrums sprach, sagte, es sei ein Meilenstein für die Regierung und das Volk Somalias. Ausgestattet mit Technologie und Personal, hat das Zentrum vier Hauptbereiche: Datenerfassung und Mehrfachgefahrenforschung. Überwachung und Frühwarnung, Informationsaustausch sowie Einheit für frühzeitige Reaktion bei Mehrfachgefährdungen. Frühwarnsysteme sind integrale Bestandteile der Katastrophenrisikomanagementstrategie eines jeden Landes, die es nationalen Regierungen und lokalen Gemeinschaften ermöglicht, die Widerstandsfähigkeit der Gemeinschaft vor Katastrophen zu stärken. Der UN-Hilfekoordinator Mark Lowcock hat sich bereit erklärt, bis zu 140 Millionen Dollar aus dem Zentralen Notfallfonds (CERF) der Vereinten Nationen bereitzustellen, um eine Reihe von Antizipationsmaßnahmen in den nächsten 18 Monaten zu unterstützen, beginnend mit 15 Millionen Dollar in Somalia. Ziel dieses Pilotprojekts ist es, den prognostizierten Anstieg des humanitären Bedarfs aufgrund der Ernährungsunsicherheit infolge von Heuschreckenbefall, Überschwemmungen und der COVID-19-Pandemie zu bekämpfen, indem eine gezielte Reaktion durch fünf Wichtige Cluster und Interventionen erfolgt. Die kumulativen Auswirkungen der dreifachen Bedrohung und anderer Schocks dürften zu einer schweren Ernährungsunsicherheit führen. Daher wurden 4,6 Millionen US Dollar (31 %) des CERF-Zuschusses an das Cluster für Ernährungssicherheit bereitgestellt, um diese Auswirkungen zu mildern, indem die am stärksten gefährdeten Mittel mit bedingungslosen Geldtransfers, Rinderimpfungen und Wüstenheuschreckenbekämpfungsoperationen in der Region Somaliland, Puntland und Banadir unterstützt wurden.

Wenn auch eine angespannte Lage vorliegt, so kann angesichts der individuellen Umstände des Beschwerdeführers nicht erkannt werden, dass sich diese angespannte Versorgungslage gerade in Bezug auf seine Person in einem Ausmaß auswirken wird, welches ihn in eine als unmenschlich oder erniedrigend zu bezeichnende Lebenssituation versetzen würde. Der Beschwerdeführer ist arbeitsfähig und im erwerbsfähigen Alter. Er hat im Herkunftsstaat drei - 88 -

Jahre die Grundschule besucht und dort bis zu seiner Ausreise sein eigenes Lebensmittelgeschäft betrieben, mit dem er seine Familie ernähren konnte. Er hat in der Bundesrepublik Somalia nach moslemischem Ritus geheiratet, eine Familie gegründet, spricht die Landessprache und ist mit den dortigen kulturellen Gepflogenheiten vertraut. Er verfügt über familiäre Anknüpfungspunkte in seinem Heimatort sowie mit der Familie der Schwester seiner Lebensgefährtin, bei der seine Kinder leben, auch in XXXX . Wie bereits in 2. Beweiswürdigung c zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat dargelegt, ist es dem Beschwerdeführer angesichts seiner individuellen Umstände möglich, sich in seinem Heimatort eine Existenz aufzubauen und diese zu sichern, wobei er im Falle seiner Rückkehr in seinen Herkunftsort XXXX oder nach XXXX auch mit der Unterstützung seiner dort nach wie vor beheimateten Familienangehörigen und Freunde rechnen kann.

Darüber hinaus kann der Beschwerdeführer durch die Inanspruchnahme von österreichischer Rückkehrhilfe zumindest übergangsweise das Auslangen finden, weshalb auch nicht zu befürchten ist, dass er bereits unmittelbar nach seiner Rückkehr und noch bevor er in der Lage wäre, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen, in eine existenzbedrohende bzw. wirtschaftlich ausweglose Lage geraten würde. Es gibt folglich keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer in Ansehung existentieller Grundbedürfnisse (z.B. Nahrung, Unterkunft) einer lebensbedrohlichen Situation ausgesetzt wäre.

Eine Rückführung des Beschwerdeführers in die Bundesrepublik Somalia stellt keine Verletzung nach Art. 3 EMRK dar, zumal er - wie bereits in 2. Beweiswürdigung c zu einer möglichen Rückkehr des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat dargelegt - an keinen schwerwiegenden oder akut lebensbedrohlichen Krankheiten leidet. Anlässlich einer Abschiebung wird zudem von der Fremdenpolizeibehörde stets der aktuelle Gesundheitszustand und insbesondere die Transportfähigkeit der Fremden beurteilt sowie gegebenenfalls bei gesundheitlichen Problemen die entsprechenden Maßnahmen gesetzt. Auch unter Berücksichtigung der COVID-19 Pandemie ergibt sich hierzu keine andere Beurteilung. Dass der gesunde XXXX Beschwerdeführer derzeit an einer COVID-19 Infektion leiden würde, wurde nicht vorgebracht.

Wie aus 1. Feststellungen e zur aktuellen Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers: medizinische Versorgung zusammengefasst hervorgeht, gingen mit Stand 21.08.2020 die bestätigten täglichen COVID-19 Fälle zurück. Somalia hatte am 21.08.2020 3.265 bestätigte Erkrankte, mit 2.396 Genesenen, aber die Zahl der Todesfälle war seit mehreren Wochen bei 93 geblieben. Im ganzen Land konzentrieren sich Gesundheitseinrichtungen und - 89 - gemeindebasierte Überwachungsaktivitäten auf Früherkennung, Tests, Erfassung und Rückverfolgung der Fälle. Die Bundesregierung Somalias hat die Wiederaufnahme internationaler Flüge zugelassen, was die Bewegung von Helfern und die Lieferung von Hilfsgütern und die Wiedereröffnung von Schulen erleichtern dürfte. Es wurden Leitlinien entwickelt, um das Risiko auf Flughäfen zu minimieren, und die Fluggäste benötigen ein ärztliches Attest, aus dem hervorgeht, dass sie frei von COVID-19 sind. UN-Organisationen und -Partner haben die Reaktionen auf die Pandemie verstärkt. Zur Unterstützung laufender Aktivitäten ermöglichte der Logistikcluster im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums, der WHO und wichtigen Gesundheitspartnern, auf Anfrage spezielle Frachtluftbrücken. Seit dem 06.08.2020 wurden über 34 Millionen Tonnen Fracht in Zusammenhang mit COVID-19 transportiert. Der Cluster installiert eine mobile Speichereinheit auf dem internationalen Flughafen Mogadischu, um die Lagerung der Fracht der Partner sowohl für COVID-19 als auch für Hochwasserreaktionen zu erleichtern. Die Risikokommunikation und das Engagement der Gemeinschaft (RCCE) wurden verstärkt. Im Juli 2020 schlossen die Partner des Clusters Camp Coordination and Camp Management (CCCM) in 921 von 2.344 Binnenvertriebenen- Standorten landesweit, die über eine Million Menschen (42 Prozent von 2,6 Millionen Binnenvertriebenen) abdeckten, eine COVID-19-Risikokommunikation und Sensibilisierungsmaßnahmen ab. Die CCCM-Partner arbeiteten mit Radio Ergo zusammen, um COVID-19-Nachrichten an die Binnenvertriebenen auszustrahlen. Auf der anderen Seite berichtet UNICEF, dass zwischen dem 01.07. und 23.07.2020 234.995 Menschen in ganz Somalia durch Hausbesuche, Sensibilisierungssitzungen für Gesundheitseinrichtungen, Gemeindeversammlungen, Ankündigungen von Moscheen und die Verbreitung von 17.976 Informations-, Bildungs- und Kommunikationsmaterialien erreicht wurden. Rund 2.857 Plakate und 25.000 Aufkleber wurden verteilt, und Radiospots wurden täglich auf 15 Radiosendern ausgestrahlt und erreichten etwa 6,5 Millionen Menschen. Im Rahmen der Kampagne Geistliche gegen COVID-19, die von OPM, dem Ministerium für religiöse Angelegenheiten, und der Benadir Regionalverwaltung (Benadir Regional Administration, BRA) geleitet wird, wurden in allen 17 Bezirken Mogadischus Schwerpunktmoscheen und COVID-19-Botschaften eingerichtet, die von 104 Scheichs, Imamen, Madrassa-Lehrern und Bezirksbeamten verbreitet wurden. Darüber hinaus erreichten die UNDP Social-Media- Kampagnen mit religiösen Führern, Komikern und Prominenten 1,3 Millionen Menschen auf Twitter und Facebook. Das UNDP unterstützte die nationale 449-Helpline, die mehr als 30.000 Personen pro Monat berät und medizinisch vermittelt. Die WHO berichtete in der Woche vom 02. bis 08.08.2020, dass 534.964 Personen in 105.851 Haushalten in 49 prioritären Bezirken von 1.109 integrierten Überwachungsteams der Gemeinschaft besucht wurden, die aktiv Fälle suchen, Kontaktverfolgung durchführen und sensibilisieren. Von den besuchten Haushalten - 90 - waren 46 Prozent in städtischen Gebieten, 35 Prozent in ländlichen Gebieten, neun Prozent waren nomadisch und zehn Prozent Binnenvertriebene. Rund 314 Gesundheitseinrichtungen wurden von Teams der Bezirksschnellreaktion besucht, um die Gesundheitsüberwachung, die Sensibilisierung der Gesundheitshelfer und die Fallsuche zu verstärken. 65 Medizinische Mitarbeiter an vorderster Front (darunter Ärzte, Krankenschwestern und Hebammen) wurden vom Bundesgesundheitsministerium in fünf Gesundheitszentren in Banadir ausgebildet. Rund 44 Prozent der von UNICEF unterstützten Einrichtungen boten Schulungen zu COVID-19- Themen für Mitarbeiter in Gesundheitseinrichtungen an: 359 Mitarbeiter an vorderster Front wurden in Management- und Gesundheitsdienstkontinuität geschult, während 381 Mitarbeiter der Gesundheitseinrichtungen in den Protokollen zur Infektionsverhütung geschult wurden und 339 Mitarbeiter des Gesundheitswesens in den Themen Bewusstsein, Schutz und Erkennung von Fällen. Im Juni und Juli 2020 wurden 418 mutmaßliche COVID-19- Patienten, die in UNICEF-unterstützten Gesundheitseinrichtungen diagnostiziert und registriert wurden, durch Telefonanrufe von Mitarbeitern von Gesundheitseinrichtungen oder Hausbesuche von Gesundheitspersonal der Gemeinde gefunden. Soziale Mobilisierungsteams besuchten zwischen Mai und Juli 2020 519.582 Haushalte und erreichten über 1,5 Millionen Mütter, Betreuer und Haushaltsmitglieder mit Gesundheitserziehung im Zusammenhang mit COVID-19. Soziale „Mobilisierer“ führten im Juni und Juli 2020 708 Gemeindeversammlungen durch, um 1.863 Gemeindevorsteher und „Influencer“ für COVID-19 zu sensibilisieren. Dass die Bundesrepublik Somalia somit weit weniger Fälle an Infizierten bzw. Toten, bezogen auf die Bevölkerungszahlt, verzeichnet als vergleichsweise Österreich, sei der Vollständigkeit halber erwähnt.

In jedem Fall setzt eine durch die Lebensumstände im Zielstaat bedingte Verletzung des Art. 3 EMRK eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr voraus. Die bloße Möglichkeit eines dem Art. 3 EMRK widersprechenden Nachteils reicht hingegen nicht aus, um Abschiebungsschutz zu rechtfertigen (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Nach der derzeitigen Sachlage wäre eine mögliche Ansteckung des gesunden Beschwerdeführers in der Bundesrepublik Somalia mit COVID-19 und ein diesbezüglicher außergewöhnlicher Krankheitsverlauf allenfalls spekulativ. Eine konkrete bzw. nicht auf bloße Spekulationen gegründete Gefahr im Sinne des Art. 3 EMRK ist jedenfalls nicht zu erkennen.

Ziel der gesetzlichen Regelung ist es nicht, Menschen vor unangenehmen Lebenssituationen, wie es die Rückkehr in die Bundesrepublik Somalia sein kann, zu beschützen, sondern einzig und allein Schutz vor exzeptionellen Lebenssituationen zu geben. Der Beschwerdeführer hat für seinen Einzelfall keine individuellen, konkret seine Person treffenden exzeptionellen Umstände aufgezeigt bzw. diese glaubhaft gemacht. - 91 -

Irgendein besonderes „real risk“, dass es durch die Rückführung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat zu einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe kommen wird, kann nicht erkannt werden, außergewöhnliche Umstände im Sinne der Judikatur des EGMR, die gegen eine Abschiebung in die Bundesrepublik Somalia sprechen, sind nicht erkennbar.

Unter Berücksichtigung der Länderberichte und der persönlichen Situation des Beschwerdeführers ist diesem eine Rückkehr in seinen Herkunftsstaat, trotz der COVID-19 Pandemie, möglich und auch zumutbar; weshalb im Ergebnis spruchgemäß zu entscheiden ist.

Zu Spruchpunkt III. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl

In Spruchpunkt III. des Bescheides wurde gemäß § 57 AsylG ein Aufenthaltstitel aus Berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Bundesrepublik Somalia gemäß § 46 FPG zulässig ist.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 des § 10 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG nicht erteilt wird.

Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, liegen gegenständlich nicht vor, weil der Aufenthalt des Beschwerdeführers weder seit mindestens einem Jahr gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, geduldet ist, noch zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig ist, noch der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt gemäß § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015, wurde. Weder hat der Beschwerdeführer das Vorliegen eines der Gründe des § 57 FPG behauptet, noch kam ein Hinweis auf das Vorliegen eines solchen Sachverhaltes im Ermittlungsverfahren hervor. - 92 -

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist (§ 9 Abs. 1 BFA-VG). Gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG ist der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen: 1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, 2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, 3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, 4. der Grad der Integration, 5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, 6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit, 7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, 8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren, 9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes - 93 -

Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre. (§ 9 Abs. 3 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 70/2015).

Bei der Prüfung der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung ist eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien vorzunehmen. Dabei sind die Umstände des Einzelfalles unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen.

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig und in diesem Sinne auch verhältnismäßig ist.

Betreffend einen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers ist Folgendes zu erwägen:

Da keine Familienangehörigen des nach moslemischem Ritus verheirateten Beschwerdeführers, der Vater von vier Kindern ist, in Österreich leben, ist ein Eingriff in sein Recht auf Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK auszuschließen. Die aufenthaltsbeendende Maßnahme könnte daher allenfalls in das Privatleben des Beschwerdeführers eingreifen.

Geht man im vorliegenden Fall von einem bestehenden Privatleben des Beschwerdeführers in Österreich aus, fällt die gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK gebotene Abwägung nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes zu Lasten des Beschwerdeführers aus und die Ausweisung stellt jedenfalls keinen unzulässigen Eingriff im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK dar.

Der Beschwerdeführer hält sich zwar mittlerweile seit etwas mehr als vier Jahren im Inland auf, sein Aufenthalt war jedoch lediglich auf Grund des gegenständlichen Antrages auf internationalen Schutz erlaubt, der sich auf Grund der bewusst unwahren Behauptungen des Beschwerdeführers als unberechtigt erwiesen hat. Der Beschwerdeführer verfügte nie über Aufenthaltsrechte außerhalb seines Asylverfahrens. Dieser Aufenthalt im Bundesgebiet steht zudem in keinerlei Verhältnis dazu, dass der XXXX Beschwerdeführer den bei weitem - 94 -

überwiegenden Teil seines Lebens in der Bundesrepublik Somalia verbracht hat. Der Beschwerdeführer ist nicht aus Furcht vor Verfolgung(sgefahr) aus seinem Herkunftsstaat ausgereist, sondern hat während des Verfahren bewusst unwahre Angaben gemacht. Bewusst unwahre Angaben vor einer österreichischen Behörde und bis zuletzt in der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht bilden keine solide Basis für die Integration des Beschwerdeführers bzw. konnte er schon deshalb nie auf die Erteilung eines dauernden Aufenthaltsrechtes vertrauen und musste sich von Anbeginn der Unsicherheit des Aufenthaltsstatus bewusst sein.

Der Beschwerdeführer hat auch keine zum dauernden Aufenthalt berechtigten Angehörigen im Bundesgebiet. Er verfügt nach wie vor über sehr starke Bindungen zum Herkunftsstaat, hat er doch dort noch zahlreiche Verwandte sowie Clanangehörige und beherrscht seine Muttersprache Somali, nunmehr zusätzlich etwas Deutsch, nachdem er die B1 Prüfung im Jahr 2018 bestanden (Anmerkung: überprüft die Fähigkeit zur selbstständigen Sprachverwendung in Situationen des Alltags- und Berufslebens, in denen es um vertraute Themen und persönliche Interessensgebiete geht) und danach Kurse Deutsch B2 belegt hat. Der Beschwerdeführer hat sich laut eigenen Angaben im Herkunftsstaat Berufserfahrung aneignen können und keine Probleme bis zur Ausreise den Lebensunterhalt für sich, seine Lebensgefährtin und die gemeinsamen Kinder zu bestreiten. Es ist daher davon auszugehen, dass er sich wieder in die dortige Gesellschaft eingliedern kann, wobei er auf die Unterstützung seiner Familien- und Clanangehörigen sowie Freunde zählen kann, womit er nicht völlig auf sich alleine gestellt ist. Nach alledem kann nicht gesagt werden, dass der Beschwerdeführer seinem Kulturkreis völlig entrückt wäre und sich in seiner Heimat überhaupt nicht mehr zurechtfindet.

Demgegenüber verfügt der Beschwerdeführer lediglich über Deutschkenntnisse, soweit es sich um ihm vertraute Themen und persönliche Interessensgebiete handelt. Er half zwar ehrenamtlich von 21.07.2017 bis 07.11.2017 ein Mal pro Woche bei einem Flohmarkt, ist am österreichischen Arbeitsmarkt jedoch nicht integriert. Er geht in Österreich keiner Erwerbstätigkeit nach, sondern bezieht die staatliche Grundversorgung.

Der Beschwerdeführer verfügt in Österreich über soziale Kontakte. Es liegen jedoch keine besonderen Abhängigkeitsverhältnisse zu Personen in Österreich vor und sind allfällige freundschaftlichen Beziehungen zu einem Zeitpunkt entstanden, in dem sich der Beschwerdeführer seiner unsicheren aufenthaltsrechtlichen Stellung bewusst sein musste. - 95 -

Es ist dem illegal eingereisten, in Österreich auf Dauer nicht selbsterhaltungsfähigen, Beschwerdeführer nicht verwehrt, bei Erfüllung der allgemeinen aufenthaltsrechtlichen Regelungen des FPG bzw. NAG in Zukunft legal in das Bundesgebiet einzureisen. Es kann ein durch Missachtung der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Vorschriften und Missbrauch des Asylverfahrens erwirkter Aufenthalt keinen Rechtsanspruch aus Art. 8 EMRK bewirken. Eine andere Auffassung würde zu einer Bevorzugung dieser Gruppe gegenüber den sich rechtstreu Verhaltenden führen.

Nach Maßgabe einer Interessenabwägung im Sinne des § 9 BFA-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, ist davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der Beendigung des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers im Bundesgebiet sein persönliches Interesse am Verbleib im Bundesgebiet überwiegt und daher durch die Anordnung einer Rückkehrentscheidung eine Verletzung des Art. 8 EMRK nicht vorliegt. Auch sonst sind keine Anhaltspunkte hervorgekommen, dass im gegenständlichen Fall eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig wäre.

Mit der Erlassung der Rückkehrentscheidung ist gemäß § 52 Abs. 9 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 145/2017, gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung gemäß § 46 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 56/2018, in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist.

Gemäß § 50 Abs. 1 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, ist die Abschiebung Fremder in einen Staat ist unzulässig, wenn dadurch Art. 2 oder 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK), BGBl. Nr. 210/1958, oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre. Das entspricht dem Tatbestand des § 8 Abs. 1 AsylG. Das Vorliegen eines dementsprechenden Sachverhaltes wurde bereits verneint (siehe 3. Rechtliche Beurteilung zu A zu Spruchpunkt II. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl).

Gemäß § 50 Abs. 2 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, ist die Abschiebung in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort sein Leben oder seine Freiheit aus Gründen seiner Rasse, seiner Religion, seiner Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder seiner politischen Ansichten bedroht wäre (Art. 33 Z 1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974), es - 96 - sei denn, es bestehe eine innerstaatliche Fluchtalternative (§ 11 AsylG). Das entspricht dem Tatbestand des § 3 AsylG, in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2016.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers zu den behaupteten Verfolgungsgründen und Rückkehrbefürchtungen ist als nicht glaubhaft zu werten (siehe 2. Beweiswürdigung b zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers) und es bestehen keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass das Leben oder die Freiheit des Beschwerdeführers aus Gründen seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Ansichten bedroht wäre, weshalb kein Fall des § 50 Abs. 2 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, vorliegt (siehe 3. Rechtliche Beurteilung zu A zu Spruchpunkt I. des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl).

Die Abschiebung ist schließlich nach § 50 Abs. 3 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 122/2009, unzulässig, solange dieser die Empfehlung einer vorläufigen Maßnahme durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte entgegensteht. Eine derartige Empfehlung besteht für die Bundesrepublik Somalia nicht.

Insgesamt ist daher die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides abzuweisen.

Zu Spruchpunkt IV. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl

In Spruchpunkt IV. wurde ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise des Beschwerdeführers gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung beträgt.

Gemäß § 55 Abs. 1 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 38/2011, wird mit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 zugleich eine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt gemäß § 55 Abs. 2 FPG, in der Fassung BGBl. I Nr. 87/2012, 14 Tage ab Rechtskraft des Bescheides, sofern nicht im Rahmen einer vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorzunehmenden Abwägung festgestellt wurde, dass besondere Umstände, die der Drittstaatsangehörige bei der Regelung seiner persönlichen Verhältnisse zu berücksichtigen hat, die Gründe, die zur Erlassung der Rückkehrentscheidung geführt haben, überwiegen.

Da derartige besondere Umstände von dem Beschwerdeführer nicht behauptet wurden, ist die Frist zu Recht vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit 14 Tagen festgelegt worden und auch die Beschwerde gegen Spruchpunkt IV. des Bescheides abzuweisen. - 97 -

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 (VwGG), in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im konkreten Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. In der Beweiswürdigung wurde ausgeführt, dass den Angaben des Beschwerdeführers keine Glaubwürdigkeit zuzubilligen ist (siehe 2. Beweiswürdigung b zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers) und sämtliche Angaben zu den behaupteten Ausreisegründen nicht den Tatsachen entsprechen. Dieses Erkenntnis beschäftigt sich vor allem mit der Erforschung und Feststellung von Tatsachen und es ergaben sich im Lauf der Verfahren keine Hinweise auf das Vorliegen von ungeklärten Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung.