Ein Versuch, Pegida Zu Verstehen
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Ein Versuch, Pegida zu verstehen Ist Pegida eine rechtsextreme Bewegung? So einfach sei es nicht, meint eine neue Studie der TU Dresden, die bemerkenswerte Erkenntnisse liefert. Vincenzo Capodici Redaktor International @V_Capodici 23.01.2016 Stichworte Rassismus Pegida Proteste gegen die politische und mediale Elite Deutschlands: Pegida-Demonstration in Dresden. Bild: Reuters Pegida geht seit mehr als einem Jahr in Dresden nahezu jeden Montag auf die Strasse. Und sie macht Stimmung gegen Muslime, Flüchtlinge, Politiker und Medien. Pegida-Teilnehmer treten zunehmend aggressiver auf, die Hassreden häufen sich. «Die Flüchtlingskrise hat Pegida ein zweites Leben eingehaucht»: Hans Vorländer, Direktor «Pegida ist nicht nur ausländerfeindlich, sondern ruft jetzt auch zu Gewalt gegen des Instituts für Politikwissenschaft an der TU andere auf», sagte kürzlich der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (siehe Dresden und Leiter einer Studie über Pegida. Infobox). Die selbst ernannten Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes versetzen die deutsche Mehrheitsgesellschaft regelmässig in helle Aufregung. Nicht selten werden Pegida-Anhänger als Rassisten und Nazis Pegida bezeichnet. Ein Fall für Justiz Politikwissenschaftler der Technischen Universität (TU) Dresden haben nun eine Nach Meinung des sächsischen Studie über Pegida in Buchform vorgelegt. Dabei handelt es sich um die erste Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich (CDU) systematische Analyse des Phänomens Pegida auf der Basis von vorliegenden wird die fremdenfeindliche Pegida-Bewegung empirischen Studien sowie eigenen Untersuchungen und Beobachtungen. Die Studie ein Fall für die Justiz und die Strafverfolgungsbehörden. «Pegida ist nicht über die «rechtspopulistische Empörungsbewegung» bestätigt vieles, was über nur ausländerfeindlich, sondern ruft jetzt auch Pegida bereits bekannt ist; sie liefert aber auch neue und bemerkenswerte zu Gewalt gegen Andere auf», sagte Tillich der Ergebnisse. «Welt». Die Bewegung, die sich öffentlich friedlich gebe, habe sich jetzt entlarvt. Zugleich Die Teilnehmer der Pegida-Demonstrationen sprach sich der Ministerpräsident dafür aus, die Gespräche mit Pegida-Anhängern auszubauen. Der typische Pegida-Demonstrant in Dresden entstammt der Mittelschicht, ist gut «Damit meine ich nicht nur die Politik», sagte ausgebildet, berufstätig, verfügt über ein für sächsische Verhältnisse leicht Tillich. Auch die Unternehmer, die überdurchschnittliches Einkommen, ist 48 Jahre alt, männlich, gehört keiner Gewerkschaften und Kirchen müssten den Konfession an und weist keine Parteiverbundenheit aus. Der Protest wird keineswegs Dialog suchen. Die gesamte Gesellschaft sei von Rentnern und Arbeitslosen getragen. Während bei Pegida-Ablegern in anderen gefordert. Städten rechte und rechtsextreme Gruppen das Bild prägen, sehen die Strafanzeigen und Anklagen Studienautoren im Dresdner Original eine Empörungsbewegung, «die sich durch ihre Fixierung auf den Protest gegen Muslime und Migranten selbst in die Gegen Pegida-Frontfrau Tatjana Festerling rechtspopulistische, zum Teil auch – bei einigen Rednern – in die offen rassistische waren nach einem Auftritt vergangene Woche Ecke gestellt hat». in Leipzig erneut Strafanzeigen unter anderem wegen Volksverhetzung gestellt worden. Gegen Pegida-Gründer Lutz Bachmann hatte die Pegida und der Rechtsextremismus Was die Pegida-Demonstranten eint, sind «Ressentiments gegenüber Muslimen, Dresdner Staatsanwaltschaft bereits im Asylbewerbern, Ausländern sowie Hass- und Hetzreden, die sich gegen die Oktober Anklage wegen Volksverhetzung erhoben. Ihm wird vorgeworfen, im September politischen und medialen Eliten der Bundesrepublik richten». Gemäss der Dresdner 2014 auf seiner Facebook-Seite Studie passt das Etikett «rechtsextrem» nicht auf Pegida. Diese operiert zwar mit Kriegsflüchtlinge und Asylbewerber unter Nationalismus und Chauvinismus sowie Fremden- und Islamfeindlichkeit. Pegida ist anderem als «Gelumpe» und «Viehzeug» aber nicht zugleich antidemokratisch, diktaturaffin oder gar neo- beschimpft zu haben. (vin/afp) nationalsozialistisch. Der Politikwissenschaftler Hans Vorländer, der die Dresdner Studie leitete, erwähnt jedoch die latente Gefahr, dass Rechtsextreme die Themen Artikel zum Thema und Demonstrationen von Pegida für ihre Zwecke instrumentalisieren. Mit Blick auf die Reden von Pegida-Frontfrau Tatjana Festerling spricht Vorländer von «offenem Rassismus». Fremdenfeindliche Äusserungen und Aggressionen gegenüber Sie verschiesst Hasstiraden Andersdenkenden sind wegen Pegida zur Normalität geworden. Ihre wie Splittergranaten Demonstrationen sind mitverantwortlich für die sprunghafte Zunahme gewalttätiger Übergriffe auf Asylbewerberheime. Die Motive der Demonstrationsteilnehmer Pegida steht für Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes. Die Realität zeigt aber ein differenzierteres Bild. Umfragen zufolge sind die Demonstranten nur zu knapp einem Viertel durch die Themen «Islam, Islamismus oder Islamisierung» motiviert. Das Hauptmotiv für die Demo-Teilnahme ist die Porträt Überall sind sie: Die «afroarabischen Unzufriedenheit mit der Politik im Generellen und der Flüchtlings-/Asylpolitik im Sexterroristen», die «Volksverräter» und Speziellen. An zweiter Stelle geht es ihnen um die Kritik an Medien und «Deutschlandvernichter». Wer ist Pegida- Öffentlichkeit. An dritter Stelle der Umfragen folgen Ressentiments gegenüber Frontfrau Tatjana Festerling wirklich? Zuwanderern und Asylbewerbern. Dabei sind Vorbehalte gegen Muslime respektive Mehr... Von Dominique Eigenmann. 20.01.2016 den Islam besonders ausgeprägt. Das Demokratieverständnis der Pegida-Bewegung Die missbrauchte Stadt Die Pegida-Sympathisanten haben tendenziell ein einfaches Politikverständnis – Reportage Passive Bürger haben Dresden an gemäss dem Motto: Der Bürger fragt und bestellt, die Politik antwortet und liefert. die radikalen Fremdenfeinde von Pegida Dieses vulgärdemokratische Verständnis von Politik und Staat leugnet die ausgeliefert. Das Drama einer Stadt, die sich nicht wehrt. Mehr... Komplexität, die Zeitintensität und die Kompromissbedürftigkeit politischer Von Dominique Eigenmann. 21.11.2015 Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse. Abhilfe schaffen soll der plebiszitäre Stil der Unmittelbarkeit: Pegida wünscht sich die Durchsetzung des «unverfälschten Le Pen freut sich über Volkswillens». Einladung nach Basel Die Veranstalter der Schweizer Pegida-Demo Radikale Redner, rituelle Gemeinschaftsförderung haben viel rechte Prominenz eingeladen. Politikwissenschaftler Vorländer macht einen Unterschied zwischen Rednern und Auch Front-National-Gründer Jean-Marie Le Teilnehmern der Pegida-Demonstrationen. In der Tat werde eine radikale Rhetorik Pen steht auf der Gästeliste. Mehr... gepflegt, die aber von den Teilnehmern nur zum Teil geteilt werde, sagt Vorländer. 17.01.2016 Vielen Demonstranten gehe es auch nicht um die Reden, sondern um «eine Form ritueller Gemeinschaftsförderung». Die von Ohnmachtsgefühlen geplagten Pegida- Die Redaktion auf Twitter Anhänger gingen an die Demonstrationen, «um sich zwei Stunden an der frischen Luft Erleichterung zu verschaffen». Das «montägliche Ritual» sei für sie wichtig Stets informiert und aktuell. Folgen Sie uns auf geworden. dem Kurznachrichtendienst. Pegida als Dresdner Phänomen Pegida ist vor allem in Dresden erfolgreich. Politikwissenschaftler Vorländer spricht von einem seit langem gepflegten Ethnozentrismus: «Dresden ist eine sehr, sehr konservative Grossstadt, ist ein ganz besonderes politisches Biotop, ist mehr Mythos als wirkliche Stadt, hat eine geringer ausgeprägte Urbanität und lebt sehr stark von den Erzählungen der Vergangenheit.» Weitere Gründe für den grossen Zulauf von Pegida in Dresden sieht Vorländer im «sächsischen Chauvinismus», der mit Selbstüberhöhung und dem Bestehen auf Vorrechte für Alteingesessene einhergeht, und in der grossen «Reserviertheit gegenüber dem westdeutschen politischen System und den westdeutschen Medien» infolge der traditionellen Ost/West-Probleme. Die Zukunft von Pegida Nach den Massendemonstrationen im letzten Winter, wo in Dresden bis zu 15'000 Leute zusammengekommen waren, schien Pegida wieder zu verschwinden. Mitte 2015 gab es nur noch Kundgebungen mit wenigen Teilnehmern. Die Verschärfung der Flüchtlingskrise ab August habe aber Pegida «ein zweites Leben eingehaucht», sagt Politikwissenschaftler Vorländer. Damit einhergegangen sei eine «Radikalisierung der Rhetorik, die Verrohung auf der Strasse und die Gewalt am Rande». Pegida hätte geschätzt zwischen 3000 bis 4000 Anhänger weniger, wenn es die Flüchtlingskrise nicht geben würde, meint Vorländer. Ein Ende der Pegida- Bewegung sei nicht abzusehen. Vorländer sieht jedoch keine Chance für die Entwicklung zu einer Partei, deren Bildung Pegida-Chef Lutz Bachmann mehrfach angekündigt hat. Der politische Raum sei bereits besetzt, etwa mit der AFD. Pegida bleibe eine Empörungs- und Klagebewegung. Das Verhältnis von Pegida und AFD Nach Ansicht der Dresdner Politikwissenschaftler ist die Alternative für Deutschland (AFD) der «parlamentarische Arm» der Pegida-Bewegung, obwohl es keine unmittelbare Allianz zwischen den beiden gibt. Bei den kommenden Landtagswahlen werde Pegida der AFD «mehr Stimmen sichern», die sich aus der fremdenfeindlichen Bewegung rekrutieren. Aber, so die Warnung von Vorländer: Für die Parolen der selbst ernannten «Retter des Abendlandes» ist auch die «Mitte der Gesellschaft anfällig». Hans Vorländer / Maik Herold / Steven Schäller: Pegida. Entwicklung, Zusammensetzung und Deutung einer Empörungsbewegung. VS-Verlag für Sozialwissenschaften / Springer Fachmedien, 2016, Wiesbaden. (Tages-Anzeiger) (Erstellt: 22.01.2016, 21:42 Uhr).