Das Keplersche Glaubensbekenntnis von 1623 (1618). Zum biographischen und theologischen Hintergrund der Irenik

Johannes Keplers (1571–1630)

von Lorenz Kohl

Das Keplersche Glaubensbekenntnis von 1623 (1618). Zum biographischen und theologischen Hintergrund der Irenik Johannes Keplers (1571–1630) von Lorenz Kohl ursprünglich verfasst als Wissenschaftliche Arbeit im Rahmen der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien. vorgelegt an der Evangelisch-Theologischen Fakultät Prüfungsfach: Kirchengeschichte Betreuender Dozent: Prof. Dr. Volker Leppin

Ende 2019 überarbeitet eingereicht für den Hochschulpreis 2019 des Evangelischen Bundes zum Jahresthema „Frieden“.

Kirchheim am Neckar, Juli 2020.

Titelblatt Bildnis Johannes Kepler im Alter von 39 Jahren von einem unbekannten Maler aus Prag. Öl auf Holz, 1610, Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Johannes_Kepler_1610.jpg?uselang=de [abgerufen am: 25.01.2019]

I. Inhalt

I. Inhalt ...... i

II. Titelblatt des Glaubensbekenntnisses ...... iii

III. Abkürzungen ...... iv

1. Einleitung ...... 1

2. Prolegomena ...... 2

2.1. Forschungsstand ...... 2 2.2. Theologische Ansätze im Zeitalter der Konfessionalisierung ...... 5 2.2.1. Kontroverstheologie ...... 5 2.2.2. Irenik ...... 6 2.3. Keplers Konkordanz mit Württemberg ab 1609 ...... 8

3. Quellenkritik ...... 11

3.1. Historische Einordnung ...... 11 3.1.1. Historischer Kontext ...... 12 3.1.2. Datierung der Quelle ...... 13 3.2. Gattung ...... 14 3.3. Beschreibung der Quelle ...... 16

4. Inhalt und Kommentar ...... 17

4.1. Einleitung – Keplers Situation im Streit mit den Kirchen (23,1–24,15) ...... 18 4.2. Keplers Glaubensbekenntnis (24,16–25.37) ...... 19 4.3. Ablehnung der Anschuldigungen (25,43–29,20) ...... 20 4.3.1. Verdacht „den Menschen zum Munde zu reden“ (25,43–27,28) ...... 20 4.3.2. Verdacht von Verachtung der Sakramente (27,29–27,39) ...... 22 4.3.3. Verdacht von Zweifel in Glaubenssachen (27,40–29,20) ...... 22 4.3.4. Ablehnung der Unbeständigkeit und Neuerungssucht (29,21–36,9) ...... 24 4.3.4.1. Isaac Casaubonus (29,47–30,23) ...... 25 4.3.4.2. Marcantonio de Dominis (30,24–35,17) ...... 26 4.3.4.3. Einigkeit hinsichtlich der Lehre (35,18–36) ...... 31 4.3.4.4. Zusammenfassung und Abschluss (35,37–36,9) ...... 32 4.4. Ausschließung und Verfolgung (36,10–37,24) ...... 32 4.5. Beschluss (37,29–38,8) ...... 33

i

5. Interpretation – Keplers Irenik ...... 33

5.1. Voraussetzungen einer irenischen Theologie Keplers ...... 34 5.1.1. Zeitgenössische Beurteilungen ...... 34 5.1.2. Selbstaussagen – „Lay“ oder „Priester Gottes am Buch der Natur“? ...... 35 5.2. Keplers Sakramentsverständnis ...... 37 5.2.1. Im Glaubensbekenntnis und seiner Biographie ...... 37 5.2.2. Der „Unterricht vom H. Sakrament“...... 38 5.2.3. Keplers Taufe ...... 39 5.3. Consensus ...... 40 5.3.1. Consensus antiquitatis ...... 41 5.3.2. „In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas“ ...... 41 5.4. Keplers Kirchenverständnis ...... 42 5.4.1. Im Glaubensbekenntnis – „Partheyen“ und „factiones“ ...... 42 5.4.2. Die Widmung in der Harmonice Mundi ...... 44

6. Rezeption und weiterer Verlauf ...... 44

6.1. Reaktionen der Briefpartner auf das Glaubensbekenntnis ...... 45 6.2. Berneggers Tuba Pacis ...... 46 6.3. Keplers Notae ad Epistolam Hafenrefferi ...... 48

7. Fazit ...... 50

8. Literaturverzeichnis ...... 53

8.1. Quellen ...... 53 8.1.1. Handschriften ...... 53 8.1.2. Drucke ...... 53 8.1.3. Editionen ...... 55 8.2. Hilfsmittel ...... 58 8.3. Sekundärliteratur ...... 58 8.3.1. Lexikonartikel ...... 58 8.3.2. Aufsätze, Monographien und Sammelbände ...... 60

9. Anhang ...... 67

ii

II. Titelblatt des Glaubensbekenntnisses

Abb. 1.: Titelblatt des Glaubensbekenntnisses Johannes Keplers, 1623: N.N.: Glaubensbekandt=nus vnd Ableinung allerhand desthalben entstandener vngütlichen Nach=reden, Gedruckt Im Jahr M.DC.XXIII [Straßburg 1623], nachgewiesen im Bestand der Reformationsgeschichtlichen Forschungsbibliothek , Sign.-Nr.: LC 599/3.

iii

III. Abkürzungen

Schriften Keplers: KGW Johannes Kepler, Gesammelte Werke, 1938–2012.

KOO Joannis Kepler Astronomi Opera Omnia, ed. Christian FRISCH, 1858–1871. NK Nova Kepleriana, wieder aufgefundene Drucke und Handschriften von

Johannes Kepler, herausgegeben von Walther von DYCK, München 1910–36.

RT Rudolphinische Tafeln, ed. Jürgen REICHERT, tr. Herbert HOLLER, Karl-

Friedrich MOHRENSTEIN, Ernst REICHERT und Michael WIBEL, Würzburg 2014. Weitere Abkürzungen: ArSc Arbor scientiarum. Beiträge zur Wissenschaftsgeschichte, Reihe A: Abhandlungen BNTM Biographien hervorragender Naturwissenschaftler, Techniker und Mediziner

BSELK DINGEL, Irene (Hg.): Die Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche. Vollständige Neuedition, Göttingen 2014. CEH Central European History CGS Collana „Gioele Solari“ FN Frühe Neuzeit MSB Melanchthon-Schriften der Stadt Bretten LK Schriften zur politischen Landeskunde Baden-Württembergs RS Ricerche storiche SGNT Schriftenreihe Geschichte der Naturwissenschaften und der Technik SpK Schriften zur politischen Kommunikation StCo Studia Copernicana TBlä Tübinger Blätter TBLG Tübinger Baustein zur Landesgeschichte WUAT Werkschriften des Universitätsarchivs Tübingen

Alle weiteren Abkürzungen folgen:

SCHWERTNER, Siegfried M.: Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete. Zeitschriften, Serien, Lexika, Quellenwerke mit bibliographischen Angaben, Berlin/New York ³2014.

iv

1. Einleitung

Johannes Kepler ist bis heute als Mathematiker und Astronom bekannt. So zählen zu den der Nachwelt in Erinnerung gebliebenen Entdeckungen vor allem sein auf Nikolaus Kopernikus (1473– 1573) zurückgehendes, heliozentrisches Weltbild, das er durch elliptische Umlaufbahnen der Planeten erweitert hatte. Daneben ist er für eine Vielzahl von Erfindungen und Berechnungen für die Mathematik, Optik und Astronomie bis heute aktuell und in fast jedem naturwissenschaftlichen Grundlagenlehrbuch präsent. Gleichzeitig erfuhr Kepler aber durch die Theologie einen Zugang zu den Wissenschaften seiner Zeit. So gelang es ihm, trotz eines komplizierten familiären Hintergrunds durch das Bildungs- und Stipendiensystem, das durch die in Württemberg spätestens durch Herzog Christoph eingeführt worden war, eine höhere Bildung zu erreichen:1 Er bestand das Landexamen und durchlief die niedere Klosterschule in Adelberg, wo er erstmals auch in Kontakt mit einem reformierten Abendmahlsverständnis kam.2 Später besuchte er die höhere Klosterschule in Maulbronn, bevor er in das Herzogliche Stipendium in Tübingen aufgenommen wurde.3 Dort studierte er zwischen 1589 und 1594.4 Neben dem Studium der Theologie bildete sich Kepler besonders „in Naturphilosophie, Mathematik und Astronomie weiter. Mit Michael Mästlin (1550– 1631), der ihn in die kopernikanische Astronomie einführte, blieb er Zeit seines Lebens verbunden.“5 Nach dem Studium wirkte Kepler als Mathematicus und Astronom zuerst in Graz, später in Prag, Linz und Sagan. Dabei kam er immer wieder mit Religions- beziehungsweise Konfessionsfragen in Konflikt. Erst musste er vor der „Gegenreformation“ fliehen, bevor er in lutherischen Gebieten vom Abendmahl ausgeschlossen wurde.6 In diesem Zusammenhang

1 Ein Studium war in vorreformatorischer Zeit, ohne dieses neue Stipendiensystem, als Privileg dem Adel und dem reichen Bürgertum oder eben Geistlichen in den Klöstern vorbehalten. Nun war allein durch Bildung ein sozialer Aufstieg möglich. 2 Bereits 1583, also als Zwölfjähriger, machte Kepler eine anticalvinische Kanzelpolemik eines Diakons in Leonberg so sehr zu schaffen, dass er selbst versuchte, sich mit dessen Predigttexten auseinander zu setzen. Das Kirchentrennende darin widersetzte sich ihm und so befand er häufige die dem Prediger gegnerische Position als die für ihn richtige. Vermutlich waren es bereits hier Streitigkeiten hinsichtlich der Person Christi und des Abendmahls, vgl. HÜBNER, Theologie Johannes Keplers, S. 3. 3 Der Name „Tübinger/Evangelisches Stift“ ist in dieser Zeit, wenn überhaupt, dann nur umgangssprachlich gebräuchlich. Nachdem es im 19. Jahrhundert noch in Theologisches Seminar umbenannt wurde, erhält es diesen Namen erst offiziell im Rahmen der Staats-Kirchen Verträge in den 1920er Jahren. Vgl. dazu und zur ersten Namensgebung die Stipendiaten-Ordnung 1536/1541 in: HIRZEL, Württembergische Schulgesetze 2, S. 8–17. 4 Vgl. SECK, Keplers Studium in Tübingen, S. 49–67. 5 HÜBNER, Johannes Kepler, in: KLEINMANN/SCHOLDER, Protestanten, S. 104. 6 Natürlich ist der Begriff der „Gegenreformation“ ein polemischer und in der Geschichtswissenschaft ein überholter, vgl dazu auch HOFF, Gegenreformation. Der Begriff geht dabei auf Leopold von RANKE zurück und ist spätestens seit den 1970er Jahren überholt. Trotzdem passt dieser Begriff hier, um plastisch das auszudrücken, was Kepler an seinen Wirkungsorten wiederfahren ist. Dennoch sollte auf eine Einteilung der Begriffe in eine „Zeit der Reformation“ (bis 1555) und eine „Zeit der Gegenreformation“ (1555-1648) verzichtet werden, die rein inhaltlich falsch zu verstehen sind, vgl. BRENDLE, Das Konfessionelle Zeitalter, S. 13f. Die Theorie der Konfessionsbildung/Konfessionalisierung ist dann vor allem in den 1970er und 1980er Jahren u.a. von Wolfgang Reinhard weiter einwickelt worden. Vgl. REINHARD, Zwang zur Konfessionalisierung?, in: ZHF 10, S. 257– 277. Vgl. auch unten Kap. 2.2. Theologische Ansätze im Zeitalter der Konfessionalisierung. 1

bemühte er sich wieder um einen Ausgleich mit dem Stuttgarter Konsistorium, besonders, da er wohl nie den Wunsch aufgegeben hatte, als akademischer Lehrer an seine Alma Mater nach Tübingen zurückzukehren. Hierbei war es dann dieser Naturwissenschaftler, der nun wieder als Theologe tätig werden sollte. 1623 veröffentlichte er dazu ein eigenes Glaubensbekenntnis. Dieses steht im Mittelpunkt dieser Untersuchungen. Dabei ist es nicht möglich, aber auch nicht notwendig, die Theologie Keplers im Ganzen aufzuarbeiten, da diese beispielweise bei HÜBNER schon ausreichend erforscht ist.7 Vielmehr soll der Entstehungshintergrund und der Inhalt des Glaubensbekenntnisses untersucht werden, mit dem Ziel, Keplers Argumentationsbasis, das heißt, sein Selbstverständnis als irenischer Theologe und seine theologischen Wurzeln und Traditionen aufzuzeigen. Hier werden besonders zwei in England wirkende Theologen, Isaac Casaubonus (1559–1614) und Marcantonio de Dominis (1560–1624) in den Mittelpunkt rücken, da deren neue Ansätze hinsichtlich einer Versöhnung der Konfessionen den größten Einfluss auf das theologische Denken Keplers hatten. In einer anschließenden Interpretation des Glaubensbekenntnisses und weiteren Schriften Keplers hinsichtlich seiner Irenik sollen dann die dafür relevanten Teilbereiche seiner Theologie näher beleuchtet werden. So ist dabei vor allem eine Betrachtung seines Sakramentsverständnis und seiner Ekklesiologie entscheidend, um seiner irenischen Theologie ausreichend gerecht zu werden. Abschließend soll die weitere Rezeption des Glaubensbekenntnisses aufgezeigt werden, das heißt, zum einen die Folgen für seine eigene Biographie und sein weiteres theologisches Wirken und zum anderen die Reaktionen seiner Freunde und Gegner.

2. Prolegomena

2.1. Forschungsstand

Kaum eine Person und Werk des späten 16. und frühen 17. Jahrhunderts ist so erforscht wie Johannes Kepler. Dies liegt wohl nicht zuletzt daran, dass er aufgrund seines Wirkens von den verschiedensten wissenschaftlichen Disziplinen Aufmerksamkeit erfahren hat. Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts entstand eine erste Edition der Werke Keplers durch den Theologen, Mathematiker und Astronomen Christian FRISCH.8 Ab Beginn des 20. Jahrhunderts entstand eine neue Reihe der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Nova Kepleriana, die neu aufgefundene Quellen

7 HÜBNER, Theologie Johannes Keplers. 8 Johannes Kepleri astronomi opera omnia (KOO), FRISCH (Ed.), Frankfurt 1858–1871 (9 Bände). Christian von FRISCH (1807–1882) war wie Kepler erst Seminarist und später Stiftler in Tübingen. Gleichzeitig schloss er sein theologisches Examen ab, mit dem Ziel, hinterher Pädagoge zu werden und studierte danach in Erlangen Mathematik. Bekannt geworden ist er auch als Teilnehmer der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche 1848/49, vgl. dazu GÜNTHER, Art. Frisch, in: ADB 49, S. 149f. Die KOO ist über die die Website der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Leipzig verfügbar: https://digital.slub- .de/werkansicht/dlf/29173/1/0/ [abgerufen am 6. Juli 2019] . 2

Keplers veröffentlichte.9 Ab 1938 kam es zu einer völligen Neuedition durch die Bayerische

Akademie der Wissenschaften, besonders durch den Astronomiehistoriker Max CASPAR (1880–

1956), den Mathematiker Walther von DYCK (1856–1934) und den Bibliothekar Franz HAMMER (1898–1969).10 Fortgeführt und bis 2009 abgeschlossen, wurde diese Edition dann besonders durch den Wissenschaftshistoriker Volker BIALAS (*1938), Martha LIST (1908–1993) und den Theologen

Jürgen HÜBNER (*1932).11 Auf dem aktuellsten Stand ist auch die Kepler-Bibliographie.12 Zudem existieren eine Vielzahl von Biographien zu Kepler. Je nach Perspektive sind diese jedoch von stark unterschiedlicher Qualität. Aufgrund des vielfältigen Wirkens Keplers beschäftigen sich bis heute Astronomiehistoriker (CASPAR 1958), Astrophysiker (Hoppe 1975;

POSCH 2017), Informatiker (KLAEREN 2012), Historiker (LANZINNER 2006; RUBLACK 2015/18),

Journalisten (MÜLLER, 1938; LEMCKE 1995), katholische Theologen (ILLMER 1991), Techniker (L.

GÜNTHER 1905), Wissenschaftshistoriker (KRAFFT 1973, 1989, 1997, BIALAS 2004, 2013;

BOOCKMANN 2005) und protestantische Theologen (HÜBNER 1975, 1982, 1992; METHUEN 1998;

ZITELMANN 2016) mit dem Leben und Werk Johannes Keplers.13

Eine grundlegende Untersuchung bleibt dabei die CASPARS, wenngleich sie für weitergehende wissenschaftliche Beschäftigungen wenig von Nutzen ist, da der Autor auf Verweise bei seinen Zitaten verzichtet hat. Ansonsten sind für die folgenden Untersuchungen hinsichtlich des Glaubensbekenntnisses und der Irenik Johannes Keplers die wenigsten der genannten Biographien von größerer Relevanz. In diesem Zusammenhang ist aber die Biographie ZITELMANNs zu

9 Die Reihe „Nova Kepleriana” ist eine Unterreihe der Abhandlungen der mathematisch-naturwissenschaftlichen Klasse, zuerst herausgegeben von Caspar und von Dyck ab 1910. Ab Heft 137 (1969) erscheinen die Nova Kepleriana als Neue Folge. 10 Johannes Kepler. Gesammelte Werke (KGW), im Auftrag der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, herausgeben von der Kepler-Komission der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, begründet von Walther von Dyck† und Max Caspar†, fortgesetzt von Fritz Hammer, 25 Bände, München 1938–2009. 11 Zudem ist diese Edition online abrufbar unter: https://kepler.badw.de/kepler-digital.html [abgerufen am 6. Juli 2019]. 12 Dabei sind Band 1 und zwei gedruckt verfügbar: Bibliographia Kepleriana, München ²1968, Band 2: Bibliographie Kepleriana Ergänzungsband, München 1998 und ein dritter Teil: Bibliographia Kepleriana continuata, der online fortgeführt wird: https://kepler.badw.de/bibliographia-kepleriana.html [abgerufen am 6. Juli 2019]. Zur Edition ist leider anzumerken, dass sie nicht von Geisteswissenschaftlern konzipiert wurde, weshalb dann auch in den Theologica auf Fußnoten oder sonstigen kritischen Apparat verzichtet wurde. Stattdessen wird ein Endnoten- und Anmerkungsteil angehängt, der das Arbeiten mit dieser Edition deutlich erschwert. 13 Gemeint sind folgende Aufsätze und Biographien: CASPAR, Johannes Kepler, Stuttgart ³1958; HOPPE, Johannes Kepler (BNTM 17) Leipzig 51987, KLAEREN, Johannes Kepler, in: DRECOLL/BAUR/SCHÖLLKOPF, Stiftsköpfe, S. 41–48, Tübingen 2012; LANZINNER, Kepler – konfessionslos?, in: LAUFHÜTTE, /TITZMANN: Heterodoxie in der frühen Neuzeit, S. 201–216, Tübingen 2006; RUBLACK, Astronom und die Hexe, Oxford 2015/Stuttgart 2018, MÜLLER, Johannes Kepler – der Fürst der Sternkunde, in: DERS., Stiftsköpfe, Tübingen 1938; LEMCKE, Johannes Kepler, Reinbek ³2007; ILLMER, Göttliche Mathematik Johannes Keplers, St. Otilien 1991; L. GÜNTHER, Kepler und die Theologie, Gießen 1905; KRAFFT, Internationales Kepler-Symposium, Hildesheim 1973; KRAFFT: Art. Kepler, Johannes, in: TRE 18 (1989); KRAFFT, überkonfessionell orientierten Naturforschung, in: Zeitsprünge 1 (1997), S. 563–584BIALAS, Johannes Kepler, München 2004; BIALAS, Kepler, Astronom und Naturphilosoph, Linz 2013; BOOCKMANN, Miscellanea Kepleriana, Augsburg 2005; HÜBNER, Theologie Johannes Keplers, Tübingen 1975; HÜBNER, Johannes Kepler in: GRESCHAT, Orthodoxie, Stuttgart 1982, S. 65–78; HÜBNER, Johannes Kepler, in: KLEINMANN/SCHOLDER, Protestanten, Frankfurt a. M. ²1992, S. 97–111, METHUEN, Kepler’s Tübingen, Hampshire 1998; ZITELMANN, Keplers Welten, Reinbek 2016. 3

erwähnen, die gleichzeitig auch die umfangreichste Biographie darstellt. ZITELMANN ist es gelungen, Kepler aus den verschiedenen Perspektiven seines Wirkens jeweils ausreichend zu würdigen und seine Biographie für den Leser so aufzubereiten, dass er zumindest die Kepler- Verweise in Endnoten belegt hat.14

Die aktuellste deutschsprachige Biographie stammt von der Historikerin Ulinka RUBLACK. Ihr ist dabei eine hinsichtlich ihrer sozial- und mentalitätsgeschichtlichen Zugänge eine durchaus annehmbare Biographie gelungen. Hinsichtlich der für diese Untersuchung jedoch relevanten theologischen Themen in seiner Biographie arbeitete sie jedoch unsauber beziehungsweise falsch.15

Für das theologische Verständnis Johannes Keplers ist das Werk Jürgen HÜBNERs das bis heute Grundlegende. Keiner hat sich mit Keplers Theologie im Allgemeinen zuvor oder danach so intensiv beschäftigt wie er. Gleichzeitig versuchte er aber vor allem Keplers Theologie im Verhältnis zur seinem (Natur-)Wissenschaftsverständnis greifbar zu machen. So hatte es bisher in der Forschung kaum Relevanz gehabt, Keplers Theologie hinsichtlich seines Kirchenverständnisses zu untersuchen. Neben HÜBNER ist dies in Ansätzen nur bei METHUEN, LANZINNER und KRAFFT zu finden.16 In Ansätzen deshalb, da METHUEN besonders die Frühphase Keplers theologischen

Denkens in Tübingen untersuchte, LANZINNER eher eine Außenperspektive auf Kepler einnahm und deshalb zum Schluss kam, Kepler müsse konfessionslos sein, und KRAFFT die überkonfessionelle Orientierung aus Keplers naturwissenschaftlicher Forschung im Allgemeinen zog. So ist Keplers Glaubensbekenntnis in der Forschung bisher noch nicht hinsichtlich eines irenischen Verständnisses untersucht worden. Auf der einen Seite ist dies zwar konsequent, da viele irenische Grundsätze in der Forschung bei Georg Calixt (1586–1656) nachgewiesen wurden. Keplers Glaubensbekenntnis ist aber gut sechs Jahre älter als beispielweise Calixts „Prooemium zum Commonitorium des Vincentius von Lerinum“ 1629.17 Genau deshalb soll hier das Keplersche Glaubensbekenntnis Gegenstand dieser Untersuchung sein, um zu zeigen, dass Calixt nicht der erste protestantische Ireniker war, der beispielsweise einen consensus antiquitatis erkannt hatte und vertrat (vgl. 4.3.4.1 und 5.3.).

14 Hier verwendete der Autor leider, wie er selbst zugibt, meist die KOO, da zum Zeitpunkt seiner Untersuchungen die KGW noch nicht online stand, vgl. ZITELMANN, Keplers Welten, S. 1151. Zu anderen Autoren verzichtet er komplett auf Verweise. Trotzdem ist ihm auf 1208 Seiten eine sehr gute Biographie gelungen, auch weil sie trotz dieser Schwächen noch besser bearbeitet ist als jede andere. 15 Vgl. RUBLACK, Astronom und die Hexe: So wie sie sich ausdrückt muss der Leser annehmen, dass Kepler evangelisch getauft wurde und die Konkordienformel nie unterschrieben hätte, vgl. hier bes. S. 31. Hier ist sie leider mindestens 15 Jahre hinter der aktuellen Forschung zurück. Auch bezüglich seiner brieflichen Korrespondenz für das Jahr 1623 bleibt offen, was sie eigentlich meint, beziehungsweise, wo hier ihre Beobachtungen eine Relevanz haben (vgl. S. 329). Alles in allem ist diese Biographie für eine Untersuchung der Theologie Keplers und besonders seines Glaubensbekenntnisses nicht geeignet. 16 METHUEN, Kepler’s Tübingen; LANZINNER, Kepler – konfessionslos?, S. 201–216; KRAFFT, überkonfessionell orientierte Naturforschung, S. 563–584. 17 Vgl dazu bspw. ENGEL, Theologie Georg Claixts, S. 131–136. 4

2.2. Theologische Ansätze im Zeitalter der Konfessionalisierung

Die theologischen Ansätze haben sich im Zeitalter der Konfessionalisierung stark verändert. Dazu können zum Beispiel Bekenntnis- und Konfessionsbilder, die vor allem im lutherischen Protestantismus entstanden sind, betrachtet werden. Sie hatten gerade im ersten Teil des 17. Jahrhundert ihre Hochphase und waren ein „Orientierungsdokument der zeitgenössischen Selbstgewichtigkeit“.18 Besonders interessant an diesen Konfessionsbildern sind die Ketzerdarstellungen: So galten „als Ketzer expressis verbis […] aus Sicht der lutherischen Orthodoxie vor allem die Schweizer Reformatoren“19 und später alle nicht-lutherischen Reformatoren: beispielsweise Zwingli, Karlstadt und Oekolampad.20 Sie zeigen eine deutliche Akzentverschiebung der lutherischen Konfessionskritik nach einem offiziellen Abschluss des eigenen Bekenntnisbildungsprozesses spätestens mit Abfassung der Konkordienformel 1577 und der Veröffentlichung des Konkordienbuches 1580. Nun ist nicht mehr nur der Papst als leiblicher Antichrist der Feind, mit dem man sich auseinandersetzen muss, sondern die anderen protestantischen „Konfessionen“, die der eigenen Überzeugung theologisch eigentlich viel näher sind.21 Dies ist vor allem den Entwicklungen rund um den Augsburger Religionsfrieden 1555 geschuldet. Hier wurden neben den Altgläubigen,22 eben nur die Anhänger der Confessio Augustana (CA) von 1530 reichsrechtlich anerkannt, sodass sich die Lutheraner spätestens ab deren weiteren Selbstbeschränkung durch die Formula Concordiae (FC) noch deutlicher von den Reformierten abzugrenzen hatten, um ihre eigene reichsrechtliche Stellung nicht zu verlieren.

2.2.1. Kontroverstheologie

Dadurch entstand im letzten Teil des 16. Jahrhunderts noch einmal eine Verschärfung in der theologischen Sprache zwischen den einzelnen Konfessionen und die Kontroverstheologie kam zu einer neuen Blüte. Als Controversia wurde bereits in der Antike ein Streit und dessen Gegenstand unter Juristen bezeichnet, beispielsweise im Werk Senecas des Älteren (55 v.–40 n. Chr.). In der Reformationszeit entwickelte sich der Begriff dann zu einem spezifisch theologischen Begriff in allen konfessionellen Bereichen. So wurde die erste Kontroversschrift wohl 1527 veröffentlicht,23

18 SCHÖLLKOPF, Evangelisch im Bild (BWK 114), S. 73. 19 BRÜCKNER, Lutherische Bekenntnisgemälde, S. 82. 20 Vgl. bspw. das Junginger Stifterbild, hier beschrieben in: SCHÖLLKOPF, Evangelisch im Bild, S. 75. Das Stifterbild ist zwar erst 1711 entstanden, geht aber auf einen Entwurf von Bartholomäus Wagner aus Lauingen im Jahr 1628 in Reutlingen zurück. 21 Wie unsachlich der Begriff Konfession selbst im 17. Jh. noch ist, wird sich auch anhand des Keplerschen Glaubensbekenntnis zeigen. 22 Von „katholisch“ im Sinne der Römisch-Katholischen Konfession soll hier erst nach dem Tridentinum gesprochen werden (vgl. 2.4.) 23 Gemeint ist: GAST, Epistola, Nürnberg 1527. 5

1529 die erste Sammlung mit Streitschriften Luthers und ab den 1540er Jahren taucht der Begriff Controversia sehr häufig in Buchtiteln beispielsweise bei (1491–1551), Johannes Calvin (1509–1564) und Johannes Cochlaeus (1479–1552) auf.24 Der Jesuit Roberto Bellarmino (1542–1621) hat den Begriff der Kontroverstheologie im ausgehenden 16. Jahrhundert dann geprägt wie kein anderer, aber er stand eigentlich schon am Ende dieser Entwicklung. Am Collegium Romanum in Rom war bereits 1555 ein Lehrstuhl für Kontroverstheologie geschaffen worden. Dort war Martin Olave (1507/08–1556) der erste Lehrstuhlinhaber.25 Bellarmino selbst wurde 1576 auf diesen Lehrstuhl berufen.26 Die im Rahmen dieser Lehrtätigkeit entstandenen Disputationes de controversiis christianae fidei adversus hujus temporis haereticos von Roberto Bellarmino (1542–1621) sind dabei die bedeutendste Sammlung katholischer Kontroverstheologie für das 16. und 17. Jahrhunderts.27

2.2.2. Irenik

Die theologische Irenik entwickelte sich als Gegenidee zu der strikten, orthodoxen Absicherung der bekenntnisgebundenen, konfessionellen Identität der Kontroverstheologie. Dabei ist allein der Begriff schon ein anachronistischer. Wurde er in der Forschung eigentlich erst seit dem 20. Jahrhundert untersucht, so tauchte die Wortschöpfung bereits im 16. Jahrhundert auf.28 Zuvor wurde die Irenik häufig unter Synkretismus oder Heterodoxie zusammengefasst.29 Die Irenik zeichnete sich ebenso durch eine ekklesiologische als auch eine politische Dimension aus.30 So ist es ein irenisches Anliegen, eine Verständigung zwischen Konfessionen, Kirchen und Religionen zu schaffen.31 Während dabei der Ansatz und die Argumentationen der Ireniker ähnlich waren, die Wahrheitsliebe und die Friedensliebe, unterscheiden sie sich hinsichtlich ihrer Ziele. So wurden

24 Vgl. WALTER, Ketzer , 38f. Dort findet sich auch eine detaillierte Genese, Verbreitung und Funktion des Begriffes der Controversia. 25 MPSJ IV, S. 51: Constitutiones scriptae sunt post multas haereses nostril temporis. Quare et Pater Olavius, vivente, P. Ignatio, tractabat controversias. 26 Vgl. GALEOTA, Art. Bellarmini, in: TRE 5, S. 526. 27 Sie entstanden als Vorlesungen Bellarminos am Collegium Romanum und wurden zuerst zwischen 1586 und 1593 in drei Bänden in Ingolstadt gedruckt (Ingolstadt: David Sartorius, 1586, 1588, 1593). Ab 1596 kam in Venedig eine vierbändige Ausgabe heraus (Venedig: Minima Societas. 1596. Diese Ausgabe wurde fortan nachgedruckt als: Disputationum Roberti Bellarmini […] de controversiis christianae fidei, adversus huius temporis haereticos opus, ab ipsomet auctore nunc demum auctum, recognitum et in quatuor tomos distributum, 4 Bde., Ingolstadt: Adam Sartorius 1601. Dies ist ein Nachdruck der Venezianischen Ausgabe von 1596 und ist zudem die erste Ausgabe im deutschsprachigen Raum). Die Behandlung Martin Luthers und der lutherischen Theologie darin ist in der Forschung interessanterweise bisher noch nicht umfassend aufgearbeitet worden, vgl dazu auch Walter, Ketzer Luther, S. 37. 28 Bspw. bei Franz Junius d.Ä. (1545–1602), Eirenicum de pace ecclesiae catholicae, 1593 oder David Pareus (1548–1622), Irenicum, 1614. Bis 1636 sind zehn solche Titel nachweisbar, vgl. GARLOFF, Irenik, Gelehrsamkeit und Politik, S. 27. 29 Vgl. HOLTMANN, Art. Irenik, in: TRE 16, S. 268, bzw. selbst in jüngster Zeit die Untersuchungen zu Kepler, bei: LANZINNER: Kepler – konfessionslos?, in: Heterodoxie in der Frühen Neuzeit, S. 201–216. 30 „Die meisten Definitionen von Irenik greifen als Beschreibung der Bestrebungen für das 16. Und 17. Jahrhundert zu kurz und lassen politische Implikationen außer Acht, in: GARLOFF, Irenik, Gelehrsamkeit und Politik, S. 28. 31 Vgl. HOLTMANN, Art. Irenik, in: TRE 16, S. 268. 6

neben einem Religionsfrieden die Stabilisierung politischer Allianzen, die Beendigung religiöser Gewalt auch die Wiedervereinigung der Konfessionen angestrebt. Bereits im 15. Jahrhundert gab es irenische Tendenzen. Beispielweise bei Nikolaus von Kues (1401–1464) ist dies nachweisbar, durch seine Schrift De pace fidei, 1453, in welcher er eine Union zwischen der römischen und griechischen Kirche forderte. Im 16. Jahrhundert gab es dann besonders unter den Humanisten irenische Bestrebungen. So sind hier von Rotterdam (vor 1470–1535), Martin Bucer (1491–1551) und Wolfgang Capito (1470–1541) zu nennen.32 Gegen Ende des 16. Jahrhunderts wurde dann die innerprotestantische Verständigung vor allem aus den Zentren reformierter Theologie mit Vertretern wie Franz Junius d.Ä. (1545–1602) in Heidelberg und Ludwig Crocius (1586–1653) in Bremen bedeutsam.33 Bei Junius war die Basis seiner Irenik allein die Heilige Schrift, das Erbe der Frühen Kirche schloss er dabei aus.34 Während des Dreißigjährigen Krieges wurden größere Wirkungen der irenische Bemühungen jedoch verhindert, wie beispielweise die der pfälzischen irenischen Schriften. Jedoch zeigen das Wirken von Personen wie Johannes Duraeus (ca. 1596–1680) in England, Paul Stein (1585–1634) in Kassel, Hugo Crotius (1583–1645) in den Niederlanden, Georg Calixt in Helmstedt sowie das Leipziger (1631) oder das Thorner (1643) Religionsgespräch, dass es diese Bemühungen weiterhin gab.35 In der Forschung wird die Irenik spätestens seit den 1950er Jahren überhaupt erst beachtet. Eine Theoretisierung der Friedensbestrebungen ist dabei erstmals in der von Pius XII. (1939–1958) veröffentlichten Enzyklika Humani Generis (1950) nachweisbar.36 In den 1960er Jahren wurde das „Institut für Wissenschaftlichen Irenik“ an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt um Wolfgang PHILIPP und Axel SWINNE gegründet. Jedoch war ihr Ansatz, ein systematischer Zugriff auf eine anwendungsorientierte Irenik, nicht wirklich gewinnbringend, da dabei beispielweise Schriften Theodor ADORNOs neben Delio CANTIMORI, Immanuel KANT und dem Stichwort „Nestorianer“ stehen.37 Weitere Untersuchungen dieser Zeit schafften es ebenfalls nicht ausreichend genug, zwischen Toleranz- und Unionswillen zu differenzieren beziehungsweise blieben dann doch im 16. Jahrhundert stehen.38 Durch die Ausweitung des Forschungsinteresses auf das 17. und 18. Jahrhundert war eine deutliche Differenzierung zwischen Reunions- und

32 Vgl. a.a.O., S 268f. 33 Vgl. KIRN, Konfessionelles Zeitalter, S. 144. Vgl. zu den Heidelberger Theologen auch den Aufsatz von WOLGAST: Die Heidelberger Irenik, in: Refo 500 Academic studies 23, S. 181–201. 34 Zu Junius‘ theologischen Einsichten vgl. die Untersuchungen in SARX, Franciscus Junius d. Ä. 35 Vgl. HOLTMANN, Art. Irenik, in: TRE 16, S. 270. 36 Pius XII., Enzyklika Humani Generis, in: DH, Nr. 3875–3899, hier: Nr. 3880. Dabei warnte der Papst hinsichtlich des Modernismusstreites vor gefährlichen Haltungen, wozu er auch die Irenik zählte. 37 Vgl. PHILIPP/SWINNE, Bibliographie irenica. Kepler fehlt übrigens in dieser Zusammenstellung ebenfalls wie beispielweise Isaac Casaubon oder auch Jean Hotman (1552–1636). Bei SWINNE, Von der Oekumenik, wird Kepler wenigstens als Aufsatz Philipps erwähnt (S. 114). 38 Vgl. hierzu die bis heute durchaus grundlegende Arbeit zur Unionstheologie des 16. Jh.: KANTZENBACH, Das Ringen um die Einheit. 7

Toleranzansätzen erkennbar.39 So werden neuerdings verschiedene Versuche der Typisierung irenischer Bestrebungen vorgenommen. Beispielweise ist hier der Ansatz erwähnenswert, „zwischen politischen (Hotman, Grotius), konfessionellen (David Pareus [1548–1622], Calixt) und utopischen Friedensbemühungen“40 (z.B. Daniel Zwicker [1612-1678] oder Johann Amos Comenius [1592–1670]) zu unterscheiden. Dabei bleibt jedoch unklar, inwieweit eine Trennung der politischen Dimension von einer konfessionellen Irenik stattfindet beziehungsweise stattfinden kann, da die Übergänge fließend sind. Einen weiteren Versuch, innerhalb der religiösen

Bekenntnisse Unterscheidungsmerkmale zu finden, nimmt so MAHLMANN-BAUER vor: Sie arbeitete drei impacts heraus, die für die Konfessionsfrage der Wissenschaftler nach 1555 entscheidend werden:

1. „Eine selbstständige Bibellektüre und Demontage der Autorität der römisch-kirchlichen Lehrtradition. […] 2. Eine Professionalisierung der Theologie durch den Protestantismus: Die Theologie wurde […] auf eine wissenschaftliche Grundlage gestellt. […] 3. Ein landeskirchliches Religionsdiktat durch den Augsburger Religionsfrieden.“41

Auf dieser Grundlage an Voraussetzungen unterscheidet sie einen Sozzini-Typus, der allein aus Vernunft seine Bibelexegese begründete,42 einen Apian-Typus, der unverschuldet sowohl aus dem katholischen Ingolstadt, als auch dem lutherischen Württemberg verwiesen wurde, weil er die dort jeweils geltenden Bekenntnisse nicht mit tragen konnte43 und einen Kepler Typus, der dem Apian- Typus zwar ähnlich ist, jedoch selbst-initiativ seine Glaubensüberzeugungen äußerte. Diese Unterscheidung ist im Folgenden wichtig, wenn es um die Intentionen Keplers geht, sein Glaubenskenntnis zu veröffentlichen.

2.3. Keplers Konkordanz mit Württemberg ab 1609

Kepler war somit nicht der erste Wissenschaftler, der an der Tübinger Universität mit seiner Nicht- Unterschrift unter die FC für Aufsehen gesorgt hat. Das hatte ihm Apian voraus. Kepler aber war selbst initiativ geworden, spätestens ab 1609, als er an Herzog Johann Friedrich von Württemberg schrieb. Der Anlass des Briefwechsels ab 1609 war dabei ebenfalls eine mögliche Anstellung Keplers an der Tübinger Universität. Er suchte hier aber selbst den Kontakt zum Herzog bezüglich

39 Vgl. GARLOFF, Irenik, Gelehrsamkeit und Politik, S. 30. 40 A.a.O., S 31. 41 MAHLMANN-BAUER, Philipp Apian, in: BAUER/LORENZ: Universität Tübingen, S. 299f. 42 Gemeint ist der humanistische Theologe Lelio Sozzini (1525–1562), a.a.O., S. 303–305. 43 Gemeint ist Philipp Apian (1531–1589): In Ingoldstadt hätte er sich 1568 dem Tridentinum anschließen sollen, in Württemberg nach 14jähriger Lehrtätigkeit an der dortigen Universität spätestens 1583 die Konkordienformel unterschreiben müssen, beides konnte er aus Gewissensgründen nicht, da sich ihm auf dem Boden der CA die Enge der FC verbat, vgl. a.a.O., S. 299–346, bes. S. 306f. 8

einer geeigneten Stellung und legte dabei ein religiöses Bekenntnis nieder, ohne dazu aufgefordert zu sein.44 Darin bekannte er:

„Als hab ich zu mehrer befürderung einer sollichen hoffnung bey meiner person, mir einmahl, und zwar gewissens halben fürgenommen, der formulae Concordiae nit anders als conditionaliter, de [pace] non oppugnanda, und cum exceptione tractandae Pacis nachmahlen zu underschreiben.“45

Dabei vergaß Kepler, dass er die FC bereits 1594 unterschrieben hatte (vgl. 5.1.2.).46 Aber genau diese Aussage und die daraus resultierenden Streitigkeiten mit dem Stuttgarter Konsistorium waren es, die später zur Niederschrift des Glaubensbekenntnisses führten. Kepler wollte die FC nur noch conditionaliter, de non oppugnanda und cum exceptione tractandae Pacis unterschreiben.47 Nachdem er wohl keine Antwort erhalten hatte – zumindest ist keine mehr überliefert – wandte sich Kepler ein Jahr später an Matthias Hafenreffer (1561–1619). Hafenreffer war einer der bedeutendsten Vertreter der lutherischen Orthodoxie, spezieller der württemberg-lutherischen Orthodoxie, in Deutschland.48 Kepler kannte ihn noch aus seiner Studienzeit in Tübingen (1589– 1594), da Hafenreffer spätestens 1592 dort als dritter Ordinarius für Theologie berufen wurde.49 Dennoch wurde Hafenreffer im Verlauf der Konversation zu einem der unnachgiebigsten Gegner Keplers. Außerdem ergab sich für Kepler in der Folge eine neue Situation. Er war Ende 1611 von Prag nach Linz übersiedelt und ebendort nach dem Tod Kaiser Rudolfs II. (reg. 1576–1612) im Januar 1612 als Mathematicus an der dortigen Landhausschule bestätigt worden: Bereits in Prag hatte er es sich aber zur Gewohnheit gemacht, mit den jeweiligen Pfarrern über seine Zweifel an der FC zu sprechen.50 Seit 1611 war der Württemberger Daniel Hitzler (1576–1635) dann Pfarrer in Linz.51 Als dieser im Gespräch nun von den Zweifeln Keplers hörte, wollte er ihn zu einer Unterschrift unter die FC – wie jeden württembergischen Geistlichen – bewegen, um dessen Rechtgläubigkeit sicherzustellen. Als Kepler dies ablehnte, wurde er von Hitzler vom Abendmahl

44 Vgl. MAHLMANN-BAUER, S. 302. Gemeint ist der Brief Keplers an Johann Friedrich von Württemberg Anfang Mai 1609, in: KGW 16, Nr. 528 (S. 240–243). 45 KGW XVI, Nr. 528 (S. 242, Z. 74–77), vgl. dazu auch die Aufsätze von SCHREINER und SCHÄFER: SCHREINER, Rechtgläubigkeit, S. 351–380, bes. S. 367–369; SCHÄFER, Unterschriften, in: BAUER/LORENZ: Universität Tübingen, S. 51–100, bes. S. 54f. 46 Diese Unterschrift wurde erst 2009 wiederentdeckt. Sie ist zu finden in: in LKAS, Hs 7: Concordia. Christliche Widerholete einmütige Bekentnüs nachbenanter Churfürsten Fürsten vnd Stende Augspurgischer Confession […], Tübingen: Georg Gruppenbach 1580, handschriftlicher Anhang, S. 37, nachgewiesen in: SCHÄFER: Keplers Unterschrift (BWKG 108/109), S. 437f. 47 Dies muss hier übersetzt werden mit: „bedingungsweise, in Bezug auf den nicht zu bekämpfenden [Frieden], und mit Einschränkung, um den Frieden zu wahren.“ 48 Vgl. JUNG, „Coelestis doctrina“, in: BWKG 96, S. 33. 49 Vgl. METHUEN, Kepler’s Tübingen, S. 225. 50 Vgl. HÜBNER, Theologie Johannes Keplers, S. 32. 51 Zu Hitzler vgl. WESSELY, Daniel Hitzler, in: Jahrbuch der Stadt Linz 1951, S. 282–388, zudem HÜBNER, Theologie Johannes Keplers, S. 29–37, hier: S. 32: Hitzler hatte im Juni 1611 das Amt des Superintendenten, Inspektors und Religionslehres an der evangelischen Landschaftsschule übernommen. Eine besondere Tragik in der Person Hitzlers lag darin, dass er selbst 1621 in den Verdacht calvinistischer Umtriebe geriet und 1624 gezwungen war Linz zu verlassen. Ausgerechnet bei Kepler habe er dann wohl noch eine Zeitlang Zuflucht gefunden, vgl. a.a.O., S. 83. 9

ausgeschlossen, was de facto einem vorläufigen Kirchenausschluss gleichkam.52 Weil es im Folgenden nun darüber zu Gerede kam, rief er in dieser Sache erneut das Stuttgarter Konsistorium an. Sein Schreiben vom 20. August 1612 ist leider nicht erhalten, jedoch die betreffende Antwort an Kepler:53 Darin schrieben die Württemberger Theologen, dass „Hitzler kein Fehler gethan [habe], noch aus unzeitigen Eifer sich verstossen, sondern recht und wol gehandelt hat, dass er [Kepler] ad communionem vor geschehener Vergleich in doctrina cum Ecclesia Orthodoxa nicht admittiren wollte.“54 Ab 1615/16 intensivierte Kepler den Kontakt mit Württemberg noch einmal, da seine Mutter ab 1615 als Hexe angeklagt war und er ihre Verteidigung übernehmen wollte, was eine Präsenz in Württemberg erforderte. Dazu wäre eine Anstellung an der Tübinger Universität eine deutliche Erleichterung gewesen. So lenkte im weiteren Verlauf Kepler deshalb zwar insofern ein, dass er nun einsah, dass er das lutherische Abendmahl nun durchaus nicht mehr „eutychianistisch“ verstand, sondern, dass es sogar gar keine kirchentrennende Bedeutung zwischen Lutheranern und Calvinisten gab, sodass der Ausschluss ihm nicht einleuchtete.55 Mit Ende des Briefwechsels mit Hafenreffer und dem Stuttgarter Konsistorium 1619 blieb jedoch der Ausschluss vom Abendmahl für Kepler weiter bestehen. Hafenreffer schrieb dazu in seinem vorletzten Brief kurz vor seinem Tod, indem er versuchte Kepler klarzumachen, dass die Formulierung aus Joh 1,14 keinen Interpretationsspielraum zuließe: „verbum caro factum est. […]: Tria verba sunt, 1 verbum, 2 Caro, 3 factum.“56 Der Ausschluss von 1619 ist nie wieder aufgehoben worden, sodass Kepler de facto ohne Kirche war, was seinerzeit durchaus einer gesellschaftlichen Isolierung gleichkam.57 Dies sollte die existenzielle Basis für das weitere theologische Arbeiten Keplers, besonders an seinem Glaubensbekenntnis sein.

52 Vgl. a.a.O., S. 32. 53 Konsistorium in Stuttgart an Kepler in Linz, 25. September 1612, in: KGW XVII, Nr. 638 (S. 27–32). 54 A.a.O., S. 29 (Z. 60–64). 55 Vgl. dazu bspw. den Brief Keplers an Michael Mästlin, 12./22. Dezember 1616, in: KGW XVII, Nr. 750, S. 197–204. Der Eutychianismus wurde auf dem Konzil von Chalcedon 451 verboten. Eutyches hatte nur eine Natur Christi gelehrt und damit eine Vergottung des Leibes, vgl. BRENNECKE, Art. Eutyches/Eutyianischer Streit, in: RGG4 2, Sp. 1686f., außerdem ist Eutychianismus seit dem späten Mittelalter ein Synonym für eine Extremposition hinsichtlich der Christologie: Dabei werden die beiden Naturen Christi miteinander vereint, vgl. MARKSCHIES, Art. Nestorianismus, in: RGG4 6, Sp. 205. 56 Hafenreffer an Kepler am 17. Februar 1619, in: KGW XVII, Nr. 829 (S. 332, Z. 34–37). Dass dies jedoch nur de facto und nicht de jure einen Kirchenausschluss – zumindest keinen endgültigen, sondern nur bis zum Widerruf Keplers – darstellte, zeigt die –natürlich formelhafte – Anrede in seinem allerletzten Brief an Kepler: „Salutem in Christo, Domino et Salvatore nostro.“ Hafenreffer an Kepler am 31. Juli 1619, in: KGW XVII, Nr. 847 (S. 367, Z. 1). 57 Vgl. dazu KRAFFT, überkonfessionell orientiere Naturforschung, in: Zeitsprünge 1, Heft 3/4, Sonderheft, S. 570. 10

3. Quellenkritik

Das Glaubensbekenntnis Johannes Keplers als „Keplersches Glaubensbekenntnis“ zu bezeichnen, widerspricht dabei eigentlich dem Inhalt und der Intention Keplers.58 Zum einen ist es nicht als Glaubensbekenntnis im eigentlichen Sinn zu verstehen (vgl. 3.3.), zum anderen wollte er selbst eine solche Bezeichnung in Verbindung mit seinem Namen vermeiden, da er die divergierenden Gruppen in der Kirche nicht durch eine weitere vermehren wollte.59 So wurde das Glaubensbekenntnis auch nicht unter seinem Namen, sondern anonym (unter N.N.) veröffentlicht und stellt nach Peter Crüger (1580–1639) eine informatio ad Christianè vivendum60 („Anleitung zum christlichen Leben“) dar. In diesem Kapitel soll das Glaubensbekenntnis Johannes Keplers kritisch untersucht werden. Dabei wird zuerst der historische Entstehungskontext der Quelle betrachtet, das heißt, die Frage, warum sich Kepler zu diesem Zeitpunkt zu seiner eigenen Theologie äußert und in welchem Verhältnis dieses Zeugnis zu seiner Biographie und seinem Wissenschaftsverständnis steht (vgl. 3.1.1.). Danach soll durch die Datierung der Quelle die konkrete Entstehungssituation beleuchtet werden (vgl. 3.1.2.). Als nächstes wird dann die Quellgattung hinterfragt und innerhalb des Keplerschen Schriftcorpus verortet und mit Bekenntnissen anderer zeitgenössischer Autoren verglichen (vgl. 3.2.).

3.1. Historische Einordnung

Für eine angemessene historische Einordnung muss das Glaubensbekenntnis zusätzlich durch briefliche Äußerungen an und von Kepler erschlossen werden. Diese Briefe sind für eine Person des späten 16. und frühen 17. Jahrhundert besonders gut erhalten geblieben, wenngleich sie in einigen Teilen nicht mehr vollständig sind.61 Im fünften Kapitel soll später dann noch einmal genauer auf die Briefe und die Kommunikation mit den Briefpartnern eingegangen werden (vgl. 6.1.). Zudem soll hier aber sein Zugang zum Glauben durch sein Verständnis der Theologie als Wissenschaft betrachtet werden.

58 Im Folgenden soll der Einfachheit halber aber eben doch davon gesprochen werden, da dadurch eine personale Zuschreibung erfolgen kann. 59 Vgl. dazu HÜBNER, Theologica, S. 293 f.; sowie Keplers Brief an Peter Crüger am 28. Februar 1624 in welchem er sein Glaubensbekenntnis als „controversia privata“ bezeichnet, was seine eigentliche Intention und den Gebrauch der Schrift viel besser beschreibt, in: KGW XVIII, Nr. 974 (S.169, Z. 359). 60 Brief Crügers an Kepler (15.07.1624), in: KGW XVIII, Nr. 990 (S. 188–194, hier: S. 194, Z. 238f.). 61 Vgl. dazu die Anmerkungen HÜBNERs in: KGW XVIII, S. 269: Beispielweise der theologisch interessante Briefkontakt mit dem Jesuiten Paul Guldin weist dabei große Lücken auf. Ebenso die Briefwechsel mit Bernegger und Schickard (vgl. dazu auch. 6.1. und 6.2.). Sämtliche erhaltene Briefe sind in chronologischer Reihenfolge ediert in: KGW XIII–XVIII. Die Briefe sind dort in ihrer Originalsprache, das heißt in den allermeisten Fällen auf Latein, abgedruckt. Zusätzlich gibt es eine zweibändige Briefsammlung von CASPAR/VON DYCK in deutscher Übersetzung: CASPAR/VON DYCK, Kepler in seinen Briefen aus dem Jahr 1930. 11

3.1.1. Historischer Kontext

Neben dem Glaubensbekenntnis hat Kepler noch weitere, explizit theologische Texte verfasst. Es findet sich beispielweise ein Bericht zur richtigen Berechnung der Geburt Christi aus dem Jahr 1614 in seinen Werken,62 wenngleich diese aus der Perspektive des Naturwissenschaftlers verfasst ist. Die explizit theologischen Werke – neben dem Glaubensbekenntnis sind das eine Schrift über die Allgegenwart Christi und eine Art Katechismus für den privaten Hausgebrauch – sind alle innerhalb eines Zeitraums von knapp 15 Jahren entstanden.63 Hierzu zählt auch der theologische Schriftverkehr Keplers mit Matthias Hafenreffer beziehungsweise dem Stuttgarter Konsistorium ab 1609 bis zu Hafenreffers Tod.64 Es ist dabei jedoch schwierig, die theologischen von seinen restlichen Werken abzugrenzen: Keplers Maxime – auch als nicht-theologischer Fachwissenschaftler – war es nämlich, so zu handeln, wie es die methodischen Grundlagen der Wahrheitsfindung und -erkenntnis zuließen.65 So war dieses Methodenverständnis in der Mathematik und der Astronomie grundsätzlich dem des Theologen hinsichtlich einer biblisch fundierten Textwissenschaft ähnlich. Aber genau in der Frage der Wahrheitserkenntnis lag das Problem Keplers mit der Theologie: So konnte er diese nicht mehr vollumfänglich als übergeordnete, widerspruchsfreie Wissenschaft anerkennen, da ein Wahrheitsanspruch von mindestens drei Theologien – einer lutherischen, einer calvinischen und einer römisch-katholischen – für ihn einen Selbstwiderspruch darstellte.66 Für Kepler stand in seiner Herangehensweise die Theologie auf gleicher Stufe mit der Naturphilosophie, sodass nur der wissenschaftliche Diskurs hinsichtlich seiner Methoden universalen Geltungsanspruch hatte. So musste eine Erkenntnis a posteriori gewonnen und durch Beobachtung, Hypothesenbildung und Mathematisierung hinsichtlich einer Widerspruchsfreiheit überprüft werden. Als logische Konsequenz entwickelte Kepler – der weiter „an der traditionellen Einheit von Kirche, Theologie und Bekenntnis festhielt“67 – eine Vorstellung von einer ungeteilten christlichen Wahrheit:

„Wie unter den Bürger und Parteien eines Staates Streitigkeiten entstehen, so entstehen unter den zeitlich und örtlich geschiedenen Gliedern der einen Kirche aus menschlicher Schwachheit Irrtümer. Wenn die anderen den Gesetzen und wir dem Geist, der das Beste rät, folgen, so werden diese Wunden geheilt.“68

62 De anno natali Christi/Bericht vom Geburtsjahr Christi, in: KGW 5, S. 5–201. 63 „De omnipraesentia Christi“ 1610/11 und der „Unterricht vom H. Sakrament“ 1617, vgl. dazu den Nachbericht Hübners in: KGW XII, S. 280–291. 64 Vgl die Auflistung Hübners in: a.a.O., S. 296. 65 Vgl. hierzu den Aufsatz von Mahlmann-Bauer, die hervorragend die Grundlagen der Konflikte zwischen wissenschaftlicher Tätigkeit und religiösem Bekenntnis bei Kepler darstellt: MAHLMANN-BAUER, Philipp Apian, in: BAUER/KÖPF/LORENZ: Universität Tübingen, S. 299–346, bes. S. 301. 66 Vgl. LANZINNER, Kepler – konfessionslos, S. 213. 67 Ebd. 68 Brief Keplers an Guldin im Frühjahr 1628 nach der Übersetzung von CASPAR/VON DYCK: Kepler in seinen Briefen 2, S. 277; gemeint ist KGW XVIII, Brief Nr. 1083 (S. 354–357.) 12

Aufgrund dieser letztlichen Ablehnung der FC Keplers war ihm auch der Weg zurück in eine Stellung an der Tübinger Universität verbaut, da mit Abschluss des Briefwechsels mit Hafenreffer der Ausschluss vom Abendmahl weiter Bestand hatte.69 Die Entstehungszeit ist auch deshalb bemerkenswert, da die theologischen Aussagen zum einen in die Zeit des Hexenprozesses seiner Mutter Katharina (1546–1622) 1615–1622 und zum anderen, wenn man den „Unterricht vom H. Sakrament“ (1617) und das „Glaubensbekenntnis“ (1618/23) betrachtet, in den Beginn des Dreißigjährigen Krieges fallen.70 Besonders spannend ist dabei eine Selbstbeschreibung Keplers aus dem Jahr 1617: So schreibt er in der Einleitung der Epitome Astronomiae Copernicanae, dass er ein „Priester Gottes vom Buch der Natur“ sei (vgl. 5.1.2.).71 Aufgrund dieser Umstände muss im Folgenden der irenische Anspruch von Keplers Theologie – ist er ja eigentlich ein Selbstwiderspruch hinsichtlich der existenziellen Probleme, die er ihm bereitet – besonders berücksichtigt werden.

3.1.2. Datierung der Quelle

Die Schrift mit dem Titel „N.N.: Glaubensbekandt=nus vnd Ableinung allerhand desthalben entstandener vngütlichen Nach=reden, Gedruckt Im Jahr M.DC.XXIII [o.O.] 1623“ wurde – wie bereits mehrfach gesagt, aber noch nicht nachgewiesen – von Johannes Kepler verfasst. Dass das Glaubensbekenntnis von Kepler stammt, lässt sich bereits durch seinen Inhalt selbst nachweisen, wenn er schreibt: „Dergestalt müssen wir an stat dessen, das im Römischen Catechismo stehet, Ich glaub was die Römische Kirch glaubet, also setzen, Ich glaub was D. Luther / und ich Kepler / was M. Ant. De Dominis glaubet: revocirt ers / so revocir ichs auch.“72 Das Jahr des Drucks lässt sich

69 Dabei handelte es sich quasi um eine Exkommunikation, da der Ausschluss von den Sakramenten in den lutherischen Kirchen einen Verlust der Mitgliedschaftsrechte bedeutete. Gleichzeitig wurde in den lutherischen Kirchen eine zusätzliche weltliche Verfolgung des Betroffenen abgelehnt und im Fall Kepler dem Betroffenen ja auch offen gehalten zu widerrufen, was den Endgültigkeitscharakter des Bannes aufhob. In der Forschung wird dies jedoch unterschiedlich interpretiert, da, hinsichtlich des Bannes die Beschlüsse der lutherischen Kirchen schwierig zu verstehen sind, da eine eigentliche Unterscheidung zwischen excommunicatio maior und excommunicatio minor fließend bleibt; vgl. dazu LINK, Art. Bann V. Reformation und Neuzeit, in: TRE 5, S. 185–187. vgl. dazu LANZINNER, Kepler – konfessionslos?, S. 210 oder Hübner, in: KGW XII, S. 279: Sie sehen den Ausschluss dabei als Kleinen Bann an. Vgl. bspw. KRAFFT, Art. Johannes Kepler, in: TRE 19, S. 100; DERS., Was die Welt im Innersten zusammenhält, S. XI bzw. DERS., Überkonfessionell orientierte Naturforschung, in: Zeitsprünge 1, Heft 3/4, S. 570. KRAFFT vermeidet jedoch eine Unterscheidung zwischen „Kleinem“ und „Großem Bann“, da diese in Bezug auf lutherische Kirchen in der Tat schwierig bleibt aber spricht ausdrücklich von Exkommunikation, was dem Großen Bann entspräche. 70 Der Hexenprozess ist hervorragend aufgearbeitet bei RUBLAK, Astronom und die Hexe. Leider unterlässt sie es darin, seine Theologie näher zu betrachten, ist hier oft ungenau, oder behauptet Falsches, so bsw., dass Kepler die Konkordienformel nie unterschrieben habe (a.a.O., S. 31.) 71 “constitutum me veluti sacerdotem Dei Conditoris ex parte libri Naturae intelligam”, in: KGW VII, S. 9, Z.11. Vgl. dazu auch HÜBNERs Kommentar der Theologica: „Kepler ist nicht nur Christ, sondern auch ein christlicher Theologe“, in KGW XII, S. 269. 72 KGW XII, S. 35, Z. 33–36. Im Folgenden wird der Übersichtlichkeit halber werden die Seiten- und Zeilenangaben der Edition von HÜBNER (KGW XII) im Text in Klammern verwendet. Darin enthalten ist der Text des Glaubensbekenntnisses auf S. 21–38 und ein Nachbericht mit Anmerkungen zum Text auf S. 291–314. Leider ist diese Edition im Großteil der Forschungsliteratur, selbst der jüngsten immer noch nicht berücksichtigt, sondern dort wird immer noch die Edition VON DYCKs von 1912 zitiert (NK 2). 13

auf dem Titelblatt erkennen. Über die äußeren Umstände dieser Drucklegung lässt sich sowohl anhand von chronologischen Aufzeichnungen Keplers, in welchen sich für das Jahr 1623 die Bemerkung „Edita Confessio“ befindet,73 als auch anhand brieflicher Aussagen Keplers beziehungsweise ebensolcher an Kepler ebenfalls einiges sagen: So wird die Schrift am 2./12. April 1623 in einem Brief des Tübinger Juristen Christoph Besolds (1577–1637) an Kepler erstmals explizit erwähnt:74 Besold riet ihm darin das Glaubensbekenntnis besser nicht zu veröffentlichen. Daraufhin wandte sich Kepler nach Straßburg an Matthias Bernegger (1582–1640), damit die Schrift dort im Verborgenen auf Kosten Keplers gedruckt werden solle.75 Darin begrenzte Kepler die Auflage auf maximal 100 Exemplare. Auch ordnete Kepler an, dass die Drucke nach Ulm zur Abholung gebracht werden sollten und falls kein Druck möglich wäre, die Abschrift nach Tübingen an Thomas Lansius (1577–1657) oder Besold zurück zu schicken. Bernegger antwortete umgehend am 13./23. September und bestätigte darin die Drucklegung, wenngleich eine Fehlerkorrektur kaum noch möglich wäre.76 Am 4. Dezember antwortete Kepler und bat Bernegger in dessen letzten sechs Exemplaren noch zwei Druckfehler zu korrigieren.77 Somit lässt sich die Drucklegung des Glaubensbekenntnisses auf diese Zwischenzeit datieren, also wohl Oktober oder November des Jahres 1623. Entstanden sind jedoch große Teile des Werks schon deutlich früher: So spricht Kepler selbst in seinem Glaubensbekenntnis davon: „Weil ich das vorherige vor vier oder fünff Jahren geschriben“ (34,6).78 Als Adressaten des Glaubensbekenntnisses sind neben den bereits angesprochenen Tübinger Juristen Bernegger, Besold, und Lansius und dem Danziger Astronom Peter Crüger, auch der Tübinger Astronom und Illustrator Wilhelm Schickard (1592–1635) und der kaiserliche Landrat Erasmus Baron von Starhemberg (1575–1648; vgl. 6.1.) greifbar.79

3.2. Gattung

Das Keplersche Glaubensbekenntnis in einer Gattung Glaubensbekenntnisse zu verorten, ist schwierig. Das Wort Glaubensbekenntnis als Kompositum beider Wörter trat vor allem ab dem späten 16. Jahrhundert auf.80 Zuvor waren häufig einfache Bezeichnungen wie Credo, Symbolum

73 Vgl. Kepleri Vita, in: KOO, Band 8/2, S. 883. 74 Vgl. KGW XVIII, Nr. 945 (S. 122). 75 Brief Keplers an Bernegger am 21.08.1623, in: KGW XVIII, Nr. 958 (136f.). 76 Brief Berneggers an Kepler, in: KGW XVIII, Nr. 960 (S. 139). 77 Brief Keplers an Berrneeger, in: KGW XIII, Nr. 963 (S. 143). 78 und ebenso ein Vermerk auf 26,37. 79 Vgl. zu Besold: WALL, Politik, Recht und Maiestas, in: BAUER/KÖPF/LORENZ, Universität Tübingen, S. 223– 234; vgl. zu Lansius: HOLTZ, Gelehrte Bildung, soziale Bindung; vgl. zu Crüger: CANTOR, Art. Crüger, Peter, in: ADB 4, S. 625; vgl. zu Schickard: SECK, Wilhelm Schickard, in: BAUER/KÖPF/LORENZ, Universität Tübingen, S. 347–386, vgl. zu Starhemberg: WURZBACH, Art. Erasmus I., in: Biographisches Lexikon, S. 168f. 80 Vgl. GRIMM/GRIMM, Deutsches Wörterbuch, Sp. 7851f. 14

oder Confessio/Bekenntnis üblich. Nach LANCZKOWSKI sind Glaubensbekenntnisse dabei „formelhafte, in ihrem Wortlaut festliegende […], knappe Zusammenfassung[en] der Kernpunkte einer Religion. Neben seiner Aufgabe, die wesentlichen Gehalte eines Glaubens zu erfassen, hat das Glaubensbekenntnis die Funktion einer Abgrenzung gegenüber anderen Religionen sowie häretischen Strömungen innerhalb der eigenen.“81

HÄRLE beschreibt den systematisch-theologischen Autoritätsanspruch von Glaubensbekenntnissen folgendermaßen: So hat nach lutherischer Lehre allein die Bibel () vollständige Autorität als norma normans („normierende Norm“). Die altkirchlichen Symbola – also die eigentlichen (Glaubens-)Bekenntnisse – sind ihr danach als Anleitungen als norma normata („normierte, [aber verbindliche] Norm“) nachgeordnet. Da aber die Bekenntnisse aus der Bibel abgeleitet sind, wurde in der Reformationszeit die Frage nach einer Möglichkeit einer nachträglichen Kritik gestellt. Die CA ist damit das eigentlich letzte Bekenntnis im Sinne einer norma normata, die nachfolgenden seien im Sinne einer norma normata et normanda („normierte normierende Norm“), der norma normata untergeordnet.82 Die FC beispielsweise versteht sich dann selbst in Bezug auf die CA als deren Interpretation. Sie ist damit nach dem Verständnis der Verfasser kein neues Bekenntnis mehr.83 Diese beiden Definitionen sind aber für das Keplersche Glaubensbekenntnis noch nicht zielführend, da es ja eindeutig ein privates Glaubensbekenntnis darstellte (vgl. 3.1.2.).

So müssen andere Ansätze betrachtet werden: RITTER untersuchte den Beginn der Bekenntnisbildung in der Alten Kirche, eine Situation die mit der Bekenntnisbildung der Reformationszeit zwar nur bedingt vergleichbar ist, da es hier viel stärker um eine konfessionelle als um eine religiöse Abgrenzung ging.84 Doch durch seinen Ansatz ergibt sich eine Möglichkeit einer Gattungsbeschreibung: So haben schon in der Antike sich die Theologen in Privatbekenntnissen meist nur auf die Bibel berufen und ihr Bekenntnis in eigener Vollmacht aufgestellt.85 Bei der Betrachtung von Privatbekenntnissen lässt sich dabei feststellen, wenn man sich weniger an der Existenz von geprägtem Formelgut bekenntnisartigen Charakters orientiert, sondern an dem „was das frühe Christentum unter Bekennen und Bekenntnis verstanden hat, so ist klar: Der Ursprung christlicher Bekenntnisbildung liegt nicht in bestimmten Bekenntnisformeln, sondern im existenziellen Bekenntnisakt.“86 Natürlich ist auch diese Beschreibung noch nicht ganz

81 LANCZKOWSKI, Art. Glaubensbekenntnis(se) I., in: TRE 13, S. 384f. 82 Vgl. HÄRLE, Dogmatik, S. 151f. 83 Vgl. DINGEL, Concordia controversa, S. 619. 84 Vgl. RITTER, Art. Glaubensbekenntnis(se) V., S. 399. 85 Vgl. dazu auch die grundlegenden Überlegungen im Aufsatz von CANMPENHAUSEN: CAMPENHAUSEN, Bekenntnis (ZNW 63/3–4), S. 210–253. 86 RITTER, Art. Glaubensbekenntnis(se) V., S. 408. 15

ausreichend, da das Ergebnis, das Privatbekenntnis, dann eben doch formalartigen Charakter hatte – aber mit individuellen Aussagen. In der Zeit der Konfessionalisierung entstanden dann eine große Anzahl von Bekenntnissen, von denen einige oft auch privaten Charakter hatten. Beispielsweise das Bekenntnis des Kurfürsten Johann Sigismund von Brandenburg (1572–1619), der nach seiner Konversion als Reformierter in seiner Confessio Sigismundi 1614 den Lutheranern freie Entscheidung über ihr Bekenntnis zugestand.87 Erwähnenswert sei auch das Testament und Glaubensbekenntnis Johann Gerhards (1582–1637) aus dem Jahr 1603. Dieses kommt dem Typus des Keplerschen Glaubensbekenntnisses am nächsten, wenngleich der Entstehungskontext auf den ersten Blick ein anderer war. Gerhard hatte diese Schrift schwerkrank und in Erwartung seines Todes 1603 abgefasst.88 Vergleichbar wird sie aber genau dadurch: Die Verweigerung der Rückkehr auf einen Posten in Württemberg und der Beginn des Dreißigjährigen Krieges bedeutete für Kepler sicher auch eine existenzielle Bedrohung. Der restliche Text – also der zweite Teil des Titels „Ableinung allerhand deshalben entstandener ungütlichen Nachreden“ – sollte dabei aber weder als Bekenntnis, noch als Testament im Sinne eines einfachen Zeugnisses, sondern vielmehr als ausführliche Apologie seines Glaubens verstanden werden. Und so ist sein Glaubensbekenntnis eine Schrift, mit der Kepler als „einzelner seiner religiösen überzeugung und ansicht ausdruck“89 verlieh, nur eben nicht im klassischen Sinne, dass er das Wie seines Glaubens beschrieben hätte, sondern das Warum belegte und verteidigte.

3.3. Beschreibung der Quelle

Es handelt sich bei der Quelle um einen Druck mit einem Umfang von 30 Seiten.90 Sie ist auf Deutsch verfasst, aber mit zahlreichen Lateinischen und teilweise altgriechischen Begriffen ergänzt.91 Der oder die Adressat(en) des Schreibens werden nicht explizit genannt, auch die Gegner, die ihn zuvor angegriffen hatten, bleiben vorerst anonym, werden aber im Verlauf des

87 Vgl. SCHWARZ, Art. Glaubensbekenntnis(se) VII., S. 423. 88 Vgl. STEIGER, Johann Gerhard, S. 159. 89 GRIMM/GRIMM, Deutsches Wörterbuch, Sp. 7852. 90 Heute sind noch zwei Exemplare dieses Drucks bekannt, wenngleich bisher noch keiner davon in VD 17 digitalisiert, geschweige denn katalogisiert worden ist. Die bekannten Drucke befinden sich heute in der Reformationsgeschichtlichen Forschungsbibliothek in Wittenberg unter der Signatur LC 599/3. Dort ist der Druck noch nicht in den Online-Katalog aufgenommen, aber noch vorhanden, wie mir auf Anfrage an die Bibliothek von der Bibliothekarin Cordula Krol noch einmal bestätigt wurde. Das Titelblatt dieses Drucks mit der Ergänzung des Namens Johannes Keplers ist in der Edition VON DYCKs zu finden (vgl. Abb. 1 oben), in: NK 2, S. 11. Ein zweiter bekannter Druck befindet sich in der Österreichischen Nationalbibliothek Wien unter der Signatur 20.T.449. Zudem ist es dort seit kurzem auch online verfügbar: http://digital.onb.ac.at/RepViewer/viewer.faces?doc=DTL_2384505&order= 1&view=SINGLE, [abgerufen am 06.06.2019]. Ein weiteres, in Salzburg vermutetes Exemplar existiert nach HÜBNER nicht (mehr), vgl. KGW XII, 304. Auf beiden Exemplaren wurden nachträglich handschriftlich – vermutlich durch einen Bibliothekar – auf dem jeweiligen Titelblatt der Name Johannes Keplers ergänzt. 91 Das heißt natürlich, in dem Deutsch des frühen 17. Jahrhunderts, also Frühneuhochdeutsch. 16

Glaubensbekenntnisses direkt in der 2. Person Singular angesprochen, während der Verfasser ansonsten aus der 1. Person Singular seine Positionen darstellt und die Adressatenschaft allgemein in der 3. Person Singular hält.

Erst Anfang des 20. Jahrhundert wurde das Glaubensbekenntnis von VON DYCK in Wittenberg wiederentdeckt und erstmals ediert (NK 2). Daneben ist diese Edition 1930 nochmals unbearbeitet in eine Sammlung von Selbstzeugnissen aus dem dreißigjährigen Krieg aufgenommen worden.92

1990 wurde die Quelle dann kritisch, aber sehr unübersichtlich in der Edition HÜBNERs bearbeitet (in: KGW XII).93 Nach der Kontextualisierung, Datierung, Klärung der Gattung und der Beschreibung soll im Folgenden der Inhalt näher untersucht werden. Dazu wird dieser ausführlich vorgestellt (vgl. 4.), um danach einzelne Beobachtungen am Text hinsichtlich der Irenik Johannes Keplers interpretieren zu können (vgl. 5).

4. Inhalt und Kommentar

Der Inhalt des Glaubensbekenntnisses soll nun hier ausführlich aufgearbeitet und mit kritischen Anmerkungen versehen werden, damit im Rahmen der Interpretation nur noch einzelne, für Keplers irenische Theologie relevante Themen, näher untersucht werden können. Das Glaubensbekenntnis Keplers hat keine offensichtliche Gliederung durch Überschriften.94 Allerdings ist es immer wieder in einzelne Abschnitte unterteilt, denen er durch Marginalien am Rand teilweise Zusammenfassungen gibt. Jedoch sind darin nicht alle Marginalien als Zusammenfassungen im Sinne von Überschiften zu verstehen, manche sind auch nur als Korrekturen, entweder von Druckfehlern, oder von Ergänzungen der Version aus dem Jahr 1623 gegenüber der ursprünglichen aus dem Jahr 1618 zu verstehen. Trotzdem ist durch die Trennung der einzelnen Abschnitte Keplers Vorgehen gut zu verstehen und es lässt sich eine relativ gute Gliederung des Textes erstellen:95

I. Einleitung (23,1–24,15) Keplers Situation und Haltung im Streit mit den Kirchen II. Keplers Glaubensbekenntnis (24,16–25,37) III. Ablehnung der Anschuldigungen (25,43–36,9)

92 BEYER-FRÖHLICH (Hg.), Selbstzeugnisse, S. 15–39. 93 Unübersichtlich ist diese Edition vor allem deswegen, da kein kritischer Apparat existiert (abgesehen von Druckfehlern), sondern eine kritische Beschreibung der Quelle erst rund 250 Seiten später im Buch auftaucht und die kritischen Anmerkungen erst nach weiteren 20 Seiten folgen, was den Umgang und die Arbeit mit dem Buch um einiges erschwert, was aber wohl leider den Gesamteditionsrichtlinien der KGW geschuldet ist. 94 Mit Ausnahme des Beschlusses am Ende. 95 Diese Gliederung ist teilweise aus KGW XII, S. 294f. übernommen, versucht sich aber noch stärker an der Originalsprache zu orientieren. 17

III.1. Verdacht „den Menschen zum Munde zu reden“96 (25,43–27,28) III.2. Verdacht von Verachtung der H. Sakramente97 (27,29–27,39) III.3. Verdacht von Zweifel in Glaubenssachen98 (27,40–29,20) III.4. Ablehnung der Unbeständigkeit und Neuerungssucht99 (29,21–36,9) III.4.1. Beständigkeit der theologischen Kritik (29,21–29,34) III.4.2. Predigtkritik und Studium neuer Bücher (29,35–29,46) III.4.2.1. Isaac Casaubon (1559–1614) (29,47–30,23) III.4.2.2. Marcantonio de Dominis (1560–1624) (30,24–35,17) III.4.2.3. Einigkeit hinsichtlich der Lehre (35,18–36) III.4.2.4. Zusammenfassung (35,.37–36,9) IV. Ausschließung und Verfolgung100 (36,10–37,24) IV.1. Differenzierung (36,10–36,17) IV.2. Folgen (36,18–36,44) IV.3. Praxis (36,45–37,5) IV.4. Unterschied101 (37,6–37,24) V. Beschluss (37,27–38,8)

Diese Gliederung soll im Folgenden als Grundlage für die inhaltlichen Untersuchungen und den Kommentar dienen.

4.1. Einleitung – Keplers Situation im Streit mit den Kirchen (23,1–24,15)

In der Einleitung beschreibt Kepler zunächst seine Situation: Er habe versucht, gewissenhaft zu sein, was ihm zum Vorwurf gemacht wurde (23,4f). Die Geistlichen würden ihm zürnen, die Weltlichen ihn einen Narren schelten (5).102 Als Konsequenz ergab sich daraus für ihn, dass er aus Gründen der Kirchenzucht von der Communion ausgeschlossen worden war (19), da er die FC nicht vorbehaltlos unterschreiben wollte. Eine solche Unterschrift schließe er auch weiterhin aus,103 da

96 Marginalie auf S. 7 des Druckes: „Ableinung des Verdachts als begehr ich der Menschen gunst auff allen seiten zuerhalten / mit vergebung der warheit. Item als wöll ich mit singulariter gesehen sein“. 97 Marginalie auf S. 10 des Druckes: „Ableinung des Verdachts von verachtung der h. Sacramenten“. 98 Marginalie auf S. 11 des Druckes: „Ableinung des Verdachts von zweiffel in Glaubenssachen“. 99 Marginalie auf S. 13 des Druckes: „Ableinung der unbestendigkeit und newerung“. 100 Marginalie auf S. 26 des Druckes: „Wie fern die Ausschliessung eine verfolgung zu nennen“. 101 Marginalie auf S. 27 des Druckes: „Wi gestat die Ministri der verfolgung haben zuentschuldigen“. 102 Kepler schreibt dann weiter: „Die Kinder der Welt seind klüger dann die Kinder deß Reichs in jhrer art“ (23,7f.). Er versucht hier Lk 16,8 zu zitieren, verändert dies jedoch, indem er statt „Licht“ „Reich“ schreibt. 103 Wörtlich sagt er: „Man soll das Heilige nicht für die Hunde werffen.“, vgl. Mt 7,6. 18

er ein Urteil Christus am Jüngsten Tag überlassen wolle (24f.)104 und eine Unterschrift zum jetzigen Zeitpunkt einem Widerruf gleichkäme (28). Deshalb schreibt Kepler nun dieses Glaubensbekenntnis, um seinen Standpunkt ausführlich darzustellen. Er zählt darin zuerst die Vorwürfe auf, die ihm von denen gemacht werden, die seinen Standpunkt bereits kennen: Erstens, er sei gottlos und ein Gunstsuchender aller (31f.), zweitens, er sei ein Verächter des Wort Gottes und des Heiligen Sakraments (33f.), drittens, er sei ein Zweifler des Glaubens (35) und viertens, er sei unbeständig (37f.). Außerdem gäbe es noch weitere, größere Vorwürfe an Ketzereien, aber von Personen, die ihn eigentlich nicht kennen würden (40). Aber gerade um diese Vorwürfe zu vermeiden, möchte er nun dieses Glaubensbekenntnis schreiben, da diese ihm gefährlich werden könnten (41f.) und nicht, um ein weitere Confession unter seinem Namen zu schaffen, was er selbst als Ketzerei betrachte (24,9f.).

4.2. Keplers Glaubensbekenntnis (24,16–25.37)

Auch in seinem eigentlichen Glaubensbekenntnis hält sich Kepler nicht an den formelhaften Charakter von Glaubensbekenntnissen (vgl. 3.2.). Es ist weiterhin eine persönliche Erklärung. Dabei richtet er sich direkt an die Adressaten: „Ich aber erkläre mich hiermit gegen allen vnd jeden meinen Freunden oder widerigen, Geistlichen vnd Weltlichen“ (24,16f.). Er beruft sich dabei auf seinen Glauben, um Gott in der Welt dienen zu können (17f.) und auf die Bibel in ihrer Originalsprache (19f.). Dort wo die Sprache der Bibel jedoch unklar bleibe, wie beispielsweise hinsichtlich der Person Christi, beruft sich Kepler auf die Auslegungen in den drei altkirchlichen Symbola und der Kirchenväter (27–30).105 Dadurch kann er gleichzeitig den Häresieverdacht – zumindest nach altkirchlichem Verständnis – ausschließen, da er sich zusätzlich auf die Schriften der Kirchenväter gegen Häretiker beruft.106 Danach beschreibt er sein Verständnis der Bekenntnisse der Reformation und Konfessionalisierung (31–37). Konfessionen werden dabei von ihm als „Parthey“ oder factio bezeichnet, während er von Kirche meistens nur in einem universalen, altkirchlichen Sinne spricht (vgl. 5.4.). Die CA nehme er dabei an, ohne Unterscheidung der einzelnen Editionen, da die Unterschiede für ihn einerseits vernachlässigbar (37f.), andererseits durch eine Veränderung der Papstkirche selbst überholt seien (39f.).107 Außerdem lebe er zu einer

104 Hier beruft er sich auf 1. Kor 3 und 4. Präziser meint er wohl besonders 1. Kor 4,5: „Darum richtet nicht vor der Zeit, bis der Herr kommt, der auch ans Licht bringen wird, was im Finstern verborgen ist, und das Trachten der Herzen offenbar machen wird. Dann wird auch einem jeden von Gott Lob zuteilwerden.“ Hier und im Folgenden wird die Lutherübersetzung 2017 für die Wiedergabe biblischer Zitate herangezogen. 105 Damit sind das Apostolische, das Nicäno-Konstantinopolitanum und das Athanasianum, daneben beruft er sich auf die Hauptkonzilien. 106 Er nennt dabei namentlich die Arianer, Photinianer, Samosatener, Eutychianer und Apollinaristen (24,28f.), während er die Nestorianer hier noch nicht erwähnt (erst im Zusammenhang der Verwerfung der Konkordienformel). 107 Hiermit meint er wohl das Trienter Konzil. 19

anderen Zeit, sodass die Streitigkeiten in deren Entstehungszeit ihn nichts mehr angehen würden (42f.). Danach beschreibt er sein Verständnis der FC. Hier erklärt er, dass er sie im Sinne der CA bedingungslos unterschreiben könnte (25,10–12). Kepler hat damit doch zwei Probleme: Denn die FC weiche seiner Meinung nach vor allem hinsichtlich der Person Christi (Art. 8) von der CA ab (CA 13), widerspreche dadurch den Kirchenlehrern (14) und sei deshalb dem Vorwurf des Eutychianismus seitens der Calvinisten und der Papstkirche ausgesetzt (15).108 Als Konsequenz ergab sich dadurch für ihn, dass ihm, der bei der Lehre der Kirchenväter bleibe, vorgeworfen werde, er sei selbst ein Nestorianer (21).109 Diesen Vorwurf mache ihm allerdings nicht die FC selbst, sondern die Theologen, die diese unterschrieben. Daher könne Kepler diese FC nicht unterschreiben, da er dieses Unrecht dadurch nicht auch noch unterstützen möchte (25f.). Dem folgt noch ein Absatz über das falsche Amtsverständnis, da auch einige Unterzeichner der FC „Amptsmängel“ (29) aufweisen würden, sodass er hinsichtlich seines eigenen theologischen Verständnisses allein auf Gottes Urteil vertraue (34) und es daher den Amtsträgern110 nicht zustehe, ihn zu exkommunizieren (35), beziehungsweise ihn von der Communion auszuschließen (37). Das Bekenntnis schließt er mit einem Appell an seine Gegner, dass sie dieses Glaubensbekenntnis „vmb Christlicher Lieb willen“ (40) als das eines Christen beurteilten und nicht „schädliche vngnnst auff [ihn] werffen“ (42).

4.3. Ablehnung der Anschuldigungen (25,43–29,20)

Nach diesem Bekenntnis widmet sich Kepler dann den in der Einleitung bereits erwähnten, ungerechtfertigten Anschuldigungen, die er nun nacheinander ausführlich zu widerlegen versucht.

4.3.1. Verdacht „den Menschen zum Munde zu reden“ (25,43–27,28)

Der erste Verdacht, dass Kepler der Menschen Gunst auf allen Seiten begehre, ohne Rücksicht auf die Wahrheit, und zwar so, dass er seine Einzigkeit hervorkehre (25, Marginalie),111 wird nun als erstes von ihm widerlegt. Hier gibt er zu, dass er zwar jeder Konfession112 etwas abgewinnen könne, aber nur, wenn sie die Heilige Schrift recht auslegt (25,43–45). So erkennt er die Position der

108 Zu Eutychianismus vgl. o. Anm. 55. 109 Kepler wird dieser Vorwurf gemacht, da er ein reformiertes Abendmahlsverständnis vertrat und die Realpräsenz Christi im Abendmahl ablehnte. Eutyches und Nestorius wurden seit dem späten Mittelalter als Synonyme für zwei christologische Irrwege verwendet, ersterer dabei eine extreme Einheitschristologie, die die beiden Naturen Christi ineinander vermengt und zweiterer für eine radikale Trennungschristologie, d.h. der göttlichen und menschlichen Person Christi, vgl. MARKSCHIES, Art. Nestorianismus, in: RGG4 6, Sp. 205. 110 Die Amtsträger bezeichnet er hier als fehlbar, da sie doch „Irdene gefesse“ seien, vgl. 2 Kor 4,7 und 2 Tim 2,20. 111 Ableihnung des Verdachts als begehr ich der Menscht gunst auff allen seiten zuerhalten mit der vergebung und warheit. Item als wöll ich mit der singularitet gesehen sein. 112 Hier verwendet Kepler wieder das Wort „Parthey“ für „Konfession“. 20

Jesuiten und Calvinisten bezüglich der Person Christi an und wehrt sich hierbei noch einmal explizit gegen den Vorwurf des Nestorianismus (26,1). Er gibt hierbei den Theologen, also den durch Universitätsstudium und Ausbildung legitimierten, geistlichen Amtsträgern die Schuld für diesen Konflikt, da diese sich durch Feindseligkeit und nicht durch christliche Nächstenliebe zu ihren gegenseitigen Verurteilungen hinreißen ließen (4–6). Dabei bezeichnet er sich selbst nicht mehr als Laie (7f.), da er als solcher den Streit um das Abendmahl vernachlässigen könnte (8). Er appelliert nochmal an die „brinnende Christliche Lieb im Hertzen, sanfftmütigkeit in geberden, vnd Gott für Augen“ (10f.) der anderen Theologen. Dies sollte der Anspruch in gegenseitigen konfessionellen Gesprächen sein und ist auch Keplers theologische Grundidee (13f.). So gibt er zwar eigene Untugenden zu, jedoch versuche er niemanden zu verleumden, sondern im Sinne des „ketzerischen Samariters“ (18) allein aus christlicher Nächstenliebe zu handeln.113 Nur dies sei sein Antrieb und keine selbstsüchtigen Motive wie der zeitliche Genuss oder die Erhaltung von Gunst (22) spielten dabei eine Rolle. Deshalb wirft er seinen Gegnern vor, die er hier anonym lässt und direkt mit „Du“ anspricht, sie würden nicht auf das hören, was er sagen würde, sondern die Positionen und Personen, die seine Lehre vertreten – das heißt Calvinisten und Jesuiten –, beurteilen. So greift er seinen Gegenüber hier direkt an und stellt dessen Intellekt beziehungsweise dessen Sachverstand in Frage (27 und 33)114, wenn dieser nicht zwischen „Lehr und Lehrern“ (33) unterscheiden könne. Selbst wenn Kepler nämlich einen Lehrpunkt eines Jesuiten oder Calvinisten vertrete (28f.), vertrete er dadurch weder all dessen andere Lehrpunkte, geschweige denn, dass er dadurch deren Konfession für sich in Anspruch nähme (34f.). So habe er „discretion“ (35, 37 und 39) hinsichtlich seiner Aussagen geübt, dadurch könne er zwar ein gutes Gewissen haben, doch gleichzeitig habe ihm dies nicht zu mehr Ansehen verholfen (38f.). So dreht Kepler die Anschuldigungen seiner Gegner im Folgenden um: Wenn er es also aus Gewissensgründen in manchen Glaubensfragen zwar mit den „Papisten vnd Calvinisten“ (40) halte und deshalb die FC nicht unterschreiben könne, so sei genau dies doch ein Beweis dafür, dass er den Lutheranern nicht nach dem Mund rede, sondern dass gerade durch diese Verweigerung ihm große Nachteile entstanden seien (45–48). So halte er sich nur an das, was ihm sein Gewissen sage, da er sich ansonsten gegenüber Gott schuldig machen würde, wenn er nur um einen eigenen Vorteil

113 Vgl. Lk 10,25–37. 11426,27: „…daß du etwa der Sachen keinen gründlichen verstand habest“ 26,33: „Oder hastu die gab nicht…“ 21

willen, ohne Gewissen, die FC unterschreibe. Gerade dann würde er zu einem αὐτοκατάκριτος werden.115 Die drei Konfessionen, hier weiter „factiones“ bezeichnet, seien deshalb besonders dafür verantwortlich zu machen, dass sie die Wahrheit zerrissen hätten, sodass er sich diese nun stückweise aus ihnen zusammensuche müsse (27,16–18). Ihm gehe es dabei nicht um eine Entwertung der einzelnen „Partheyen“ (18), vielmehr möchte er sie „conciliiren.“116 Wenn es also nicht möglich ist eine Vereinigung aller drei Konfessionen zu schaffen, so halte er bereits eine Einigung von zwei Konfessionen gegen eine dritte für einen Erfolg, da dadurch mehr Einträchtigkeit geschaffen sei (21–23) als bisher. Seine Gegner jedoch würden immer nur eine „Parthey“ gegen alle „in einbildung einer ewigen vnversöhnlichen vneinigkeit vnd zancks“ (24) vertreten. Deshalb habe Gott nun darauf mit einer „heimsuchung deß zancksüchtigen Teutschlandes“ (26) reagiert.117

4.3.2. Verdacht von Verachtung der Sakramente (27,29–27,39)

Dieser Teil umfasst nur 14 Zeilen im Originaldruck und elf Zeilen in der Edition der KGW. Ihm trotzdem einen eigenen Abschnitt zu gewähren, muss hier der Form halber gemacht werden, nahm Kepler diesen Verdacht wohl auch nur der Form halber in seine Verteidigung mit auf, da eine „Verachtung der H. Sacramenten“ ihm wohl niemand ernsthaft vorwerfen konnte. Er bestätigt dabei, dass er das Abendmahl weiterhin begehre, aber aus bereits genannten Gründen und nicht eines „ergerlichen lebens willen“ davon abgewiesen worden war (30–32). Er begehre das Abendmahl so also weiterhin und wenn man ihn weiterhin abweisen werde, werde er sich einen anderen Ort dafür suchen, bis er irgendwo dazu zugelassen werde (37f.).118

4.3.3. Verdacht von Zweifel in Glaubenssachen (27,40–29,20)

Der dritte Verdacht, den Kepler nun zu entkräften versucht, ist der „Verdacht von zweiffel in Glaubenssachen“ (27, Marginalie). Dieser Verdacht entstand, da Kepler im Kontakt mit Theologen bezüglich seiner Schriften und des Ausschlusses vom Abendmahl stand. Hier wird nun klar, wer mit den „Theologen“, die er anspricht, wohl gemeint ist: Nämlich das Stuttgarter Konsistorium um

115 Vgl. Titus 3,11: Dies ist die einzige Stelle, an der dieses Wort in der Bibel vorkommt. Vgl. dazu auch HÜBNER, in: KGW XII, S. 309: Kepler meint damit, er wäre gerade dann ein Häretiker, der sich gerade durch seine häretischen Gedanken selbst richte. Eine Anerkennung der lutherischen Christologie wäre für ihn demnach Häresie. Titus 3,10f.: „Einen Menschen, der die Gemeinde spalten will, weise ab, wenn er einmal und noch einmal ermahnt ist, und wisse, dass ein solcher ganz verkehrt ist und sündigt und sich selbst damit das Urteil spricht.“ 116 Gemeint ist wohl: vereinigen, versöhnen. 117 Gemeint ist hier der Ausbruch des Dreißigjährigen Krieges. Wenn dieser Teil tatsächlich bereits 1618 verfasst wurde, zeigt sich hier ein sehr eindrückliches Prognosticum Keplers, war doch die Dauer und Vehemenz dieser göttlichen „Heimsuchung“ weder 1618 noch 1623 absehbar. 118 Dabei beruft er sich auf 1 Kor 11,24, um sein Verständnis des Abendmahls in calvinstischer Tradition deutlich zu machen: „das Thut zu meinem gedächtnuß“ (27,36). 22

Christoph Binder (1575–1616), Erasmus Grüninger (1566–1631), Johannes Magirus (1537–1614) Tobias Lotter (1568–1631) und Johann Ludwig Walch († 1616119)120 beziehungsweise die Tübinger Theologieprofessoren Stephan Gerlach (1546–1612), Matthias Hafenreffer, Andreas Osiander d.J. (1562–1617), Johann Georg Sigwart (1554–1618), Michael Ziegler (1563–1615), Lucas Osiander d.J. (1571–1638) und Theodor Thumm (1586–1630).121 So erwartete Kepler eine Antwort beziehungsweise eine bessere Begründung des Ausschlusses vom Abendmahl (27,40–43), das war aber spätestens seit dem Brief Grüningers an Osiander aus dem Juli 1619 nicht mehr möglich.122 Daher ist davon auszugehen, dass dieser Teil des Glaubensbekenntnisses immer noch 1618/19 geschrieben wurde und tatsächlich erst ab der Bemerkung in 34,6 1623 fortgesetzt wurde.123 Kepler spricht dabei hinsichtlich seiner Gegner („Mißdeutern“, 48) von „Menschlicher blödigkeid“ (48), da diese zwar zugeben, dass Gewissheit nicht möglich sei, sie aber trotzdem an ihrer Konfession als der richtigen festhalten. Kepler aber versteht sich selbst als allgemeiner Christ,124 dessen einzige „Confession“125 die Heilige Schrift auf rechtmäßige Weise sei (28,4–8).126 Dabei weist er den Vorwurf zurück, dass die Zwietracht in der Auseinandersetzung mit den oben genannten Theologen von ihm ausgehe, sondern von diesen selbst.127 So macht er noch einmal deutlich, dass die Unterschrift unter die FC für ihn bedeute, die Jesuiten und Calvinisten des Nestorianismus bezichtigen zu müssen, wovon er sich distanzieren wolle (10–13). Gerade dadurch würden aber bei ihm nicht nur „zweiffel, sondern gar in ein Hertz- vnd gewissen klopffen“ (14f.) entstehen. Hierbei beruft er sich zum einen auf das Gebot der Feindesliebe beziehungsweise noch

119 Walch ist als Konsistorialdirektor für Visitationen nachweisbar zwischen 1611 und 1616, vgl. hierzu GEORGII- GEORGENAU, Fürstlich württembergisch Dienerbuch, S. 141. 120 Vgl. zu den Konsistorialräten das Gutachten, das auf den Brief Keplers an Herzog Johann Friedrich von Württemberg, vom 9./19. März 1611, in: KGW 16, Nr. 609 (S. 368f.) folgt im Nachbericht an das Schreiben, S. 464f.: Dort unterschreiben folgende Konsistorialräte das Schreiben: Magirus, Grüninger, Lotter, Binder, Walch wonach der Herzog sein placet gibt. Die Konsistorialräte Johannes Hauber (1572–1620) und Bernhard Ludwig Löher (1580–1631) sind hier ausgenommen, da sie in den Briefen nicht nachgewiesen werden können. 121 Die Professoren Johann Heinrich Hiemer (1573–1621), Melchior Nicolai (1578–1659) und Johann Ulrich Pregitzer (1577–1656) seien hier ausgenommen, da sie in den Briefen Keplers nicht nachgewiesen werden können. Vgl. zu den Tübinger Theologieprofessoren ab 1618, Lukas Osiander d.J., Thumm, Nicolai und Pregitzer vgl. auch BAUR, Tübinger Christologie in: BRECHT, Contubernium 15, S. 239–245. 122 Grüninger bezeichnet Kepler in einem Brief an Lukas Osiander vom 1. Juli 1619 als „Schwindelhirnlin“ mit dem man bereits lang genug verhandelt habe, in: KGW XVII, Nr. 843 (S. 360). 123 Vgl. zur Entstehung auch die wichtigsten Teile des Briefwechsels Keplers mit dem Stuttgarter Konsistorium, der in die Zeit zwischen 1612 und 1619 fällt (die Notae ad Epistolam Hafenrefferi aus dem Jahr 1625 sollte ebenfalls innerhalb dieses Zeitrahmens verstanden werden, da dieser 1619 bereits verstorben war), zusammengefasst in: KGW XII, S. 296–303. 124 Hier klingt zum ersten Mal eine freie Übersetzung von De Dominis Ausspruch „In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas“ (vgl. dazu 5.3.2.) an: „Ich aber halte mich zu allen einfältigen Christen in gemein, sie heissen wie sie wollen, mit dem Christlichen band der Liebe, bin feind aller mißdeutung, rede das beste wa ich kann.“ (28,3–5). 125 Dies muss hier als Bekenntnis und nicht als Konfession verstanden werden. 126 „allgemein“ versteht Kepler in einem Brief auch als „katholisch“, aber eben im allgemeinen katholischen Sinne, nicht in dem der Römisch-Katholischen Konfession, vgl. dazu den Brief Keplers an Paul Guldin, in: KGW XVIII, Nr. 1072 (S. 330–333, hier bes. S.331, 39–45). 127 Dies mag zwar inhaltlich richtig sein, doch wurde bereits oben beschrieben (vgl. 3.1.1.), dass der Briefwechsel tatsächlich von Kepler ausging. 23

einmal auf Paulus bezüglich der Kirchenspaltung.128 Dessen Warnungen hätten das Ziel gehabt, Frieden zu schließen, während die zeitgenössischen Theologen das Ziel hätten, nur „gutte Deutsche Landsknechte“ (44) auf ihrer Seite zu haben, die aber gleichzeitig nicht über Glaubenssachen nachdenken sollten, sondern gefügsame Untertanen sein sollen (44–48). Dem letzteren möchte Kepler ganz im Sinne der lutherischen Freiheitsschrift zwar nicht widersprechen, jedoch möchte er in Bezug auf 1Kor 7,23 sich nicht zum Knecht der Theologen machen.129 Abschließend nimmt er in diesem Teil Stellung zum Vorwurf, er sei weder kalt noch warm, den ihm viele Theologen machen würden.130 Dabei gibt er zu, dass er nach dem Verständnis der jeweiligen Konfession weder Lutherisch, noch Calvinisch noch Jesuitisch (Römisch-Katholisch) sei. Hierzu bezieht er nun trotzdem Stellung und erklärt sein theologisches Verständnis: So lehne er die doppelte Prädestination der Calvinisten ab, ebenso das Buch de servo arbitrio Luthers,131 da die CA dies ebenfalls ablehne und auch die Christologie der Lutheraner hinsichtlich der Verketzerung einer gegenteiligen Lehre (29,8–15). Auch hier beruft er sich auf die CA und so sei diese Haltung legitim, da weder er noch die CA sich selbst als papistisch verstehen würden (15f.). Und so schließt er diesen Verdacht ab mit Berufung auf Christi selbst, denn

„Gott lob das Christus der HErr, welcher diese Wort außgesprochen, auff diesen jhren schlag, weder Lutherisch, noch Calvinisch, noch Papistisch gewest, noch ist, auch dises Wort, Ich will dich außspeyen, nicht von einer discretion vnter vermischten strittigen Glaubens Articuln, sondern von eim Christlichen Leben vnd gutten Wercken geredt hat.“132

4.3.4. Ablehnung der Unbeständigkeit und Neuerungssucht (29,21–36,9)

Am ausführlichsten beschäftigte sich Kepler dann mit dem letzten Verdacht, in seiner „Ableinung der unbestendigkeit und newerung“ (29, Marginalie). Dabei dreht er gleich zu Beginn dieses Abschnitts die Argumentation seiner Gegner um, indem er sagt, dass, wenn er nun die FC unterschreiben würde, wenn er also widerrufe, er gerade dann unbeständig und neuerungssüchtig wäre. So beruft er sich auf Augustin, indem er sagt, dass die Halsstarrigkeit und Verstockung der Theologen nicht aus dem Streit mit ihm entstanden sei, sondern aus Ehrsucht, also die Unbeständigkeit und Neuerung nicht aus einem Bekehrungsanliegen heraus, sondern aus Kitzel

128 Vgl. Mt 5,44-48 und Tit 3,10f. 129 Vgl. Von der Freiheit eines Christenmenschen 1520 (WA 7, S. 12–38) und 1Kor 7,23: Ihr seid teuer erkauft werdet nicht der Menschen Knechte. 130 Vgl. Offb 3,15f.: Ich kenne deine Werke, dass du weder kalt noch warm bist. Ach dass du kalt oder warm wärest! Weil du aber lau bist und weder warm noch kalt, werde ich dich ausspeien aus meinem Munde. 131 Luther, de servo arbitrio, in: WA 18, S. 551–797. Kepler hatte diese Schrift bereits im Alter von 13 Jahren aus Tübingen angefordert und sich mit der Prädestinationslehre Luthers auseinandergesetzt. Die darin beschriebene Lehre von einer Willensunfreiheit lehnte er bereits damals ab, Vgl. HÜBNER, in: KGW XII, S. 310. 132 29,16–20. 24

und „Ohrenjucken“ zu beurteilen sei (29,32–34).133 So seien die Vorwürfe gegen ihn nicht wegen seinen Glaubensaussagen entstanden, sondern weil er die Predigten der Theologen gegen die Papisten kritisiert habe, die er für ungestüm und unbesonnen hielt (35–38), da die Papisten dadurch zu Feinden erklärt würden, aber nur indem sich diese Theologen negativ abgrenzen würden, anstatt inhaltlich zu argumentieren (39f.). Außerdem gibt er zu, dass er die Theologen durch Scherzreden herausgefordert haben könnte (43).134 Doch mit solchen Vorwürfen sei er nicht allein, er habe in einem solch unangebrachtem Umgang bereits Vorgänger, auf die er sich im Folgenden berufen möchte (44–46). Als erstes nennt er hierfür Isaac Casaubonus.

4.3.4.1. Isaac Casaubonus (29,47–30,23) Isaac Casaubonus wurde als Sohn eines hugenottischen Pastors in Genf geboren.135 Später war er Professor für Griechisch zuerst in Montpellier tätig, danach folgte er 1610 einem Ruf Jakobs I. nach England. Zeitgenössisch bekannt wurde er auch Kepler besonders durch den ein Jahr nach seinem Tod erschienenen Kommentar zu den Annales Cesare Kardinals Baronio (1538–1607).136 Casaubonus verteidigte darin den Anglikanismus gegenüber Rom und widmete seine Schrift dem englischen König, Jakob I. (reg. 1603–1625). Dabei war es seine besondere Intention, Frieden zwischen den Konfessionen zu stiften und nicht sich voneinander abzugrenzen. Mit Casaubonus empfiehlt Kepler eine bischöfliche Kirche im altkirchlichen Sinne und nach dem Verständnis der Kirchenväter (29,47–30,30).137 Dabei solle man die schweren disputiones bezüglich des Abendmahls als Geheimnis aus dem Blickfeld der Gemeinde gezogen werden und

133 Er verweist dabei auf das ein Augustinzitat: „Nicht die Pein vnd der Todt, sondern die Vnschuld vnd das Bekantnuß der Warheit [mache einen] zu einem Märtyrer.“, gemeint ist hier wohl der Ausspruch: martyrem non facit poena sed causa, der bei ihm an einigen Stellen zu finden ist, vgl. dazu PLOYD, Non poena sed causa, in: AugStud 49/1, S. 25–44, bes. S. 26. 134 „dann wer will allzeit zornig sein“, 43f. 135 Die Beschreibungen zu Casaubonus beziehen sich alle auf den Artikel von DINGEL, da keine aktuelle deutsche Monographie, Aufsatz oder sonstiger aktueller, umfangreicherer Lexikonaufsatz zu ihm zu finden sind, vgl. DINGEL, Art. Casaubonus, in: RGG4 2, Sp. 76. 136 Gemeint ist die Schrift Casaubonus, Exercitationes. Es handelt sich dabei um einen zwölfbändigen Kommentar an den in den Jahren 1588–1607 erschienen „Annales ecclesiastici a Christo nato ad annum 1198“ Beide Werke vertraten dabei die Anschauung, dass die Kirche in den ersten 5 bis 6 Jh. bei ihrem Ursprung geblieben war (der sog. Consensus quinquesaecularis). Danach unterschieden sie sich: War es für Casaubonus danach ein Abfall des Erbes, vertrat Baronio die Position der Bewahrung des Erbes. Baronio wandte sich mit seinen Annales auch gegen den Lutheraner Matthias Flacius Illyricus (1520–1575) und dessen Magdeburger Centurien (1559–1574), vgl. HÜBNER, in: KGW XII, S. 310. 137 Dabei zeigt sich, wie falsch es ist, Casaubonus in der heutigen Forschung immer noch zu missachten. Denn die Lehre vom Consensus quinquesaecularis (der Begriff geht eigentlich erst später auf Calixts Gegner Dorsche zurück) bzw. Consensus antiquitatis geht bereits auf Casaubonus im Jahr 1615 zurück und nicht erst auf Georg Calixt (1586–1656), der zum ersten Mal 1628 in seiner Einleitung Augustinus’ De doctrina christiana davon schreibt. Jedoch ist bis heute dieser als Ursprung in der Forschungsliteratur zu finden, bspw. bei: MAGER, Art. Calixt, in: RGG4 2, Sp. 12. Dabei war es im zeitgenössischen Luthertum Anfang des 17. Jahrhunderts bereits durchaus üblich von einem consensus antiquitatis zu sprechen, so verwendet vor allem Johann Gerhard in seinen Loci ab 1610 den Begriff, allerdings sprachen den Kirchenvätern zuerst Casaubonus, nach ihm Kepler und dann erst Calixt eine zweite Autorität um eine authentische Auslegung der Heiligen Schrift zu sichern, zu, vgl. hierzu bes. die Forschungen WALLMANNs zu Calixt in: WALLMANN, Helmstedter Theologie, S. 45f. und WALLMANN, Art. Calixt, in: TRE 7, S. 554. Er spricht dabei diese Erkenntnis zwar immer noch Calixt zu, erwähnt jedoch als erster den Begriff bei Gerhard. 25

der Streit darüber wirklich Gelehrten überlassen werden, sodass man als normales Gemeindeglied einen einfältigen Glauben annehmen dürfe, ohne die theologischen Einzelheiten danach im Detail zu verstehen, sodass mit Kepler auch mehrere Verständnisse im Gebrauch nebeneinander existieren dürfen (30,5–14). Diesen Vorschlag entnehme er jedoch nicht nur den Schriften Casaubonus‘, sondern dieser vertrete wie er selbst in diesem Punkt das gleiche Verständnis wie die Kirchenväter, um zu Frieden und Einigkeit zu gelangen.138 Und eben dies sei seinem Verständnis nach der CA nicht zuwider (18).

4.3.4.2. Marcantonio de Dominis (30,24–35,17) Als zweiten Fürsprecher beruft sich Kepler auf Marcantonio de Dominis. Bei de Dominis hat die damnatio memoriae leider mindestens genauso gut funktioniert, wie bei dem zuvor genannten Casaubonus.139 Zeitgenössisch muss er aber wohl nicht weniger bekannt gewesen sein als beispielsweise Giordano Bruno (1548–1600).140 Er studierte zuerst bei den Jesuiten, trat als Novize 19jährig dem Orden bei.141 Von den Jesuiten wurde er bereits als 21-Jähriger als Mathematiklehrer eingesetzt und studierte später Naturwissenschaften, Philosophie und Theologie, während er weiterhin Mathematik und ab 1592 auch Rhetorik, Logik und Philosophie lehrte. Nach dem Tod seines Onkels, des Bischofs von Senj in Dalmatien, bat er 1597 um die Entlassung aus dem Jesuitenorden, um sich um seine dort lebenden Verwandten zu kümmern und die kommissarische Nachfolge seines Onkels antreten zu können. So wurde er 1600 auch als dessen Nachfolger zum Bischof von Senj und Modruš geweiht. Dort spitzte sich in den folgenden Jahren seine Lage durch die immer stärker werdende Türkengefahr zu, sodass er aus Senj fliehen musste um am „5. Oktober 1602 zum Erzbischof von Split, Primas von Dalmatien und ganz Kroatien ernannt“142 zu werden. Er hatte in den nächsten 14 Jahren mit Schwierigkeiten bei der Ausübung

138 Leider fehlt hier jedoch ein Beleg, auf welchen Kirchenvater sich Kepler hier genauer beziehen will: „Ist ein fürschlag, nicht in seinem Kopff gefunden, sondern auß der Kirchenlehrer Bücher, so vor Tausent vnd mehr Jahren geschriben worden, herfür gezogen, vnd dahin angewendet, ob man etwa hiermit zu frid vnd einigkeit gelangen möchte.“ 139 Vgl. DITTMER, Kein Lutheraner, S. 336. Der Beitrag DITTMERs ist der erste größere, deutschsprachige Aufsatz zu de Dominis in den letzten 100 Jahren, abgesehen von dem kleinen Beitrag von OHST in der RGG4, vgl. OHST, Art. Dominis, Marcantonio de, in: RGG4 2, Sp. 936. Der letzte zuvor in Deutschland erschienene Aufsatz stammt aus der Mitte des letzten Jahrhunderts von dem großen italienischen Historiker Delio CANTIMORI, der im Archiv für Reformationsgeschichte auf Italienisch veröffentlicht wurde: CANTIMORI, Su M.A. De Dominis, in: ARG 49 (1958), S. 245–258. Weitere neuere, fremdsprachige Literatur zu de Dominis findet sich in der Monographie von MALCOLM, De Dominis, aus dem Jahr 1984 und besonders im Italienischen bei der Historikerin Eleonora BELLIGNI: eine Monographie, vgl: BELLIGNI, Auctoritas e potestas aus dem Jahr 2003 und ein Aufsatz, in welchem sie die Stellung de Dominis zu dem ebenfalls streitbaren Theologen Paolo Sarpi und die Wurzeln des Latitudinarismus bei den beiden untersucht hat: BELLIGNI, Paolo Sarpi, Marcantonio De Dominis, in: RS 6, S. 137–152, aus dem Jahr 2006. Außerdem erwähnenswert ist der später noch genauer zu betrachtende, niederländische Aufsatz NELLEN, De Zinspreuk „in Necessariis Unitas, in Non Necessariis Libertas, in Utrisque Caritas“, in: DRCH 79, S. 99–106. 140 Vgl. ebd. Bruno eignet sich leider deshalb hier als Vergleichsbeispiel, da de Dominis am selben Ort wie Bruno 24 Jahre zuvor – wenngleich posthum – mitsamt seinen Schriften auf dem Campo die fiori in Rom verbrannt wurde. 141 Die biographische Beschreibung bezieht sich auf DITTMER, Kein Lutheraner, S. 336–339. 142 A.a.O., S. 338. 26

auch dieses Amtes zu kämpfen, was er in seinem zehnbändigen Hauptwerk De Republica Ecclesiastica ab 1602 niederschrieb. Darin vertrat er zum einen einen starken Episkopalismus, beispielweise in Bezug auf seinen Einfluss auf die umliegenden Bischofssitze, die sich eher Rom, als ihm, als Erzbischof unterordneten und zum anderen stellte er auch die potestas indirecta des Papstes gegenüber weltlichen Herrschern infrage. Gleichzeitig entwickelte er darin auch bereits latitudinaristische Gedanken.143 1616 wurde von der Kurie in Rom seinem Wunsch entsprochen, aus Altersgründen aus seinem Bischofsamt entlassen zu werden. Um sein Hauptwerk veröffentlichen zu können floh er dann aber im September 1616 nach England. Dort wurden 1617 die ersten vier Teile gedruckt und ein Jahr später bereits noch einmal in Heidelberg.144 Dieses Werk muss nun auch Kepler unmittelbar nach dessen Veröffentlichung zur Verfügung gestanden haben, da dieser Teil des Glaubensbekenntnisses noch aus den Jahren 1618/19 stammt.145 Gleichzeitig ist dies nicht verwunderlich, hatte Kepler regen Kontakt in dieser Zeit zu Bernegger nach Straßburg und verfolgte die Schriften de Dominis spätestens seit dessen 1616 in Heidelberg erschienenen Manifests intensiver, in welchem er seine Flucht aus Kroatien erklärt hatte.146 Hier soll nun noch kurz die weitere Geschichte de Dominis‘ erzählt werden, da diese für das Glaubensbekenntnis noch Relevanz hat, bevor dieses weiter analysiert werden kann. In England wurde de Dominis zuerst herzlich empfangen. So wurde er sowohl in Cambridge 1617 als auch in Oxford 1618 mit einem Ehrendoktorat ausgezeichnet. Gleichzeitig wurden seine Schriften in England allerdings nach und nach häufiger kritisiert und er hatte im anglikanischen Lager einige Gegner, die ihn als „old man“ oder „poor old archibishop“ abfällig wahrnahmen.147 So änderte sich wohl auch seine Wahrnehmung hinsichtlich der Frage, wer für das Schisma die Schuld trage. In einem Brief an Joseph Hall (1574–1656)148 aus dem Jahr 1622 schrieb er, „dass die Protestanten es nicht für sich in Anspruch nehmen könnten, die Römische Kirche zu Recht verlassen zu haben, weil diese schismatisch sei.“149 Im Auftrag Papst Gregors XV. (1621–1623) gelang es dann der Römischen Kurie, de Dominis unter der Zusage von Straflosigkeit zu einer Rückkehr nach Rom zu

143 Vgl. hierzu den Artikel von SPURR, Art. Latitudinarismus, in: TRE S. 493–495. SPURR spricht zwar erst ab dem späten 17. Jahrhundert von Latitudinarismus in England, jedoch übersieht er dabei wohl, dass als das irenische Grundlagenwerk dazu wohl jene „De Republica Ecclesiastica“ von de Dominis zu verstehen ist. 144 De Republica Ecclesiastica Libri X, Auctore Marco Antonio de Dominis, Achiepiscopo Spalatensi. Cum suis Indicibus, Londini, ex officina Nortoniana apud Io. Billium 1617 und De Republica Ecclesiastica Libri X, Auctore Marco Antonio de Dominis, Achiepiscopo Spalatensi. Cum suis Indicibus, Heidelberg: Johannis Lacelotti 1618. Seit 2003 liegt zudem eine wissenschaftliche Edition aus Kroatien vor: DOMINIS, Markantum de: De republica ecclesiastica libri X, libri I/II,III–IV, urednik Ante MALETIĆ, Split 2003. 145 Bereits seit 1613 verfolgt Kepler das Wirken de Dominis, vgl. dazu den Brief Starhembergs an Kepler am 12. April 1613, in: KGW XVII, Nr. 648 (S. 47, Z. 7). 146 Gemeint ist De Dominis, Causae Profectionis suae ex Italia. 147 Vgl. MALCOM, De Dominis, S. 59. 148 Dieser wurde spätestens 1666 öffentlich publiziert unter dem Titel „De pace religionis“. 149 DITTMER, Kein Lutheraner, S. 357. 27

bewegen.150 De Dominis unterwarf sich im Folgenden der katholischen Kirche.151 Deshalb sind seine Ausführungen in dieser Erklärung „warumb er auß Engelland von der falschen widerumb zu der wahren allein Seligmachenden Catholischen Römischen Kirchen getretten sey“ mit Vorsicht zu betrachten, da ihm ja nun wiederum nichts anderes übrig blieb, als öffentlich Abbitte zu leisten.152 Kepler war diese Abbitte bei seiner weiteren Niederschrift seines Glaubensbekenntnisses 1623 zwar bekannt, nicht jedoch, dass de Dominis in Rom nach dem Tod Gregors XV. unter Urban dem VIII. (1623–1644) in Hausarrest in die Engelsburg kam, sich dort vor seinem Tod erneut von der Römischen Kirche lossagte und zu seiner kirchenkritischen Position von 1616 zurückkehrte.153 Zurück zu Keplers Glaubensbekenntnis: Kepler beginnt den Abschnitt über de Dominis mit einem Verweis auf seine eigenen Schriften „Bericht vom Neuen Stern“ 1604 bzw. De stella nova 1606, in welchen er de Dominis bereits als eben diesen neuen Stern angekündigt („prognosticiert“) habe, der einen neuen Religionsfrieden schaffen sollte.154 Das spätere Auftreten von de Dominis entsprach dann verblüffend genau seinen Ankündigungen, die er noch einmal zitiert (30,24– 31,17).155 De Dominis, der neue Stern, der Prophet, werde auftreten, um mindestens zwei Konfessionen, so unterschiedlich und ungleich deren Bekenntnisse doch seien, in brüderlicher Liebe zusammenwachsen lassen zu können (31,5–7).156 Die neue Kirche sei dann die „warhafftige Catholische Kirch“ in apostolischer Einheit im Gottesdienst (20f.). Auch kündigte Kepler ein Konzil von „rechten Bischofflichen Mennern“ (33f.) an, die eine „vernünfftige Reformation“ (37) durchführen sollten, aber erst nachdem ein „schwärer verwirrter vnd mit Blut geferbter Anfang gemacht“ (38) worden sei.157 In diesem Konzil würde dann die Entscheidung gegen eine päpstliche Monarchie zugunsten einer Aristocratia Collegiorum, also einer episkopalen Aristokratie, gefällt werden (33). Nach zehn Jahren war dann de Dominis 1616 zum ersten Mal öffentlich aufgetreten

150 Vgl. HÜBNER, Theologie Johannes Keplers, S. 72. Unter Papst Paul V. (1605–1621) ging de Dominis nach England. In dessen Amtszeit fällt die erste Verurteilung als Ketzer und bei seiner Anwesenheit wäre er damals bereits als Ketzer verbrannt worden, vgl. dazu HÜBNER, in: KGW XII, S. 314. 151 Dazu schrieb er eine öffentliche Erklärung: „Marcus Antonius De Dominis Archiepisc. Spalaten. Sui reditus ex Anglia Consilium exponit, […] Romae die 24. Novembris 1622” welche umgehend auch ins Deutsche übersetzt wurde: Marcus Antonius De Dominis Archiepiscopus Spalatensis Zeigt an un[d] erkläret seine bewegliche ursachen/ warumb er auß Engelland von der falschen/ widerumb zu der wahren und allein Seligmachenden Catholischen Römischen Kirchen getretten sey / Von dem Authore selbst Lateinisch beschrieben/ und nachmals ... in die Teutsche Sprach versetzt/ durch Thomam Vitum/ Fürstlichen Augspurgischen Registratorem/ zu Dillingen: Rem 1623. 152 Vgl. hierzu bspw. die Ausführungen von ZITELMANN der diesem Fehler aufsitzt, dafür aber diese Abbitte ausführlich untersucht, in: ZITELMANN, Keplers Welten, S. 980–986. 153 Vgl. a.a.O., S. 986. Gemeint ist die Schrift: De Dominis, A relation sent from Rome, 1624. 154 Beide Schriften sind ediert in KGW I: Bericht von einem neuen Stern 1604, S. 391–399 bzw. De Stella Nova in pede Serpentarii et de Trigono igneo 1606, S. 147–390. 155 Die genauen Belegstellen sind zu finden bei HÜBNER, in: KGW XII, S. 312f. Darin weist HÜBNER nach, dass die Zitate zwar nachweisbar sind, allerdings frei ausgewählt und teilweise mit interpretierenden Zusätzen versehen. 156 Hierzu zieht Kepler auch eine wunderhafte Geburt von siamesischen Zwillingen in Straßburg als Beispiel heran, die sein Prognosticum auf de Dominis unterstützen soll (10–13). 157 Hier ist noch einmal ein Bezug zum Dreißigjährigen Krieg gemacht (vgl. oben 27,26). 28

und hatte mit seiner Schrift Causae Profectionis suae ex Italia einen „Donnerschlag, der seinen Widerhall in ganz Europa fand,“158 ausgelöst. Im nun folgenden Teil erklärt Kepler dann, wieso de Dominis dieser neue Stern sein muss. Dazu zählt er sechs Gründe auf: 1. Als Episkopalist nehme de Dominis neben dem Papst eine Aufsicht über die allgemeine Christliche Kirche war (32,11f.). 2. Er sei seit 1606 schon mit seiner Schrift De Republica Ecclesiastica befasst gewesen, aber eben noch an einem unbekannten („unbewusten“, 17) Ort in Dalmatien gewesen. 3. Seine Flucht von dort habe gezeigt, dass es dessen „inbrünstige begird [sei,] Friden in der Kirchen zustifften“ (19). 4. Ziel solle es sein, durch Eintracht und Zurückhaltung diesen kirchlichen Frieden zu erreichen. Dabei schränkt Kepler jedoch ein, dass die Form, die de Dominis zu dieser Friedenstiftung gewählt habe, wider seinem eigenen Wunsch gewesen sei, denn er halte die Forderungen de Dominis‘ noch für etwas verfrüht und zu verurteilend beziehungsweise abgrenzend (28–30).159 Weiter kritisiert er, dass man hinsichtlich der „Christlichen Lieb und fridens willen“ (36), sich weniger mit Wort und Bücher, sondern mit Werken einsetzen soll und führt dazu als Beispiele die Protestantische Union von Auhausen, oder die Confessio Bohemica an (38–42).160 5. Keplers bisherige, eigene Beschreibungen seien wie ein kurzer Auszug aus de Dominis‘ De Republica Ecclesiastica zu verstehen (Anschein der Ketzerei [33,5], Arbeit für Frieden [6], Ordnung und Verständigung aufgrund apostolischer Einheit [7f.], Bewahrung des gemeinsamen Alten [8f.]). Dabei kritisiert Kepler jedoch, dass die Auslegung der Kirchenväter bei de Dominis noch zu päpstlich sei (12f.), während Kepler hier radikaler argumentiert hätte. So erkennt er aber an, dass de Dominis das Papsttum infrage stelle (15f.) und dass dies der Ursprung aller konfessioneller Trennung sei (17). Trotzdem betont Kepler die Autorität der Kirchenväter hinsichtlich der Streitfragen. So nimmt Kepler hinsichtlich seines Sakramentsverständnis deren Auslegung an und spricht sich hierbei auf eine Wirksamkeit ex opere operantis aus (33), das heißt, dass ein gutes Zutun des Menschen erforderlich sei für einen heilsamen Empfang.161 Damit stellt er sich gegen die katholische Lehre seit der Scholastik und des Tridentinums die von einer Wirksamkeit allein durch den priesterlichen Vollzug, ex opere operato, aus (31), und die lutherische Lehre der CA die dessen Gegenteil behauptet (CA 24), dass allein durch Christus das Sakrament

158 DITTMER, Kein Lutheraner, S. 342. 159 Kepler bezieht sich hier wohl auf Röm 15,5 oder Phil 3,16 und 1Petr 3,8. 160 Bei der Protestantischen Union 1608 handelt es sich um ein Bündnis von mehreren calvinistischen und lutherischen Fürsten unter Führung von Friedrich IV. von der Pfalz, bei der Confessio Bohemica 1575 eher um eine Einigung innerhalb verschiedener Strömungen des Luthertums, als um ein ökumenisches Bekenntnis, vgl. dazu HÜBNER, in: KGW XII, S. 313. 161 Es bleibt hier weiter unklar auf welche Schriften oder Väter sich Kepler im speziellen berufen möchte. 29

sein Gültigkeit besitze (31f.).162 Auch hinsichtlich des Fegefeuer führt Kepler die Kirchenväter an, so sei demnach das Gebet für die Verstorbenen nicht hinsichtlich des Entkommens aus dem Fegefeuer zu verstehen, sondern weil der vollkommene Seligkeit erst am Jüngsten Tage folge (34f.). 6. Als letztes zutreffendes Prognosticum beschreibt Kepler, dass die von ihm erstrebte Reformation erst mit Schriften eingeleitet werde (46–48). So sei aber de Dominis demnach zu früh erschienen, da 1616 in „Teutschland damahlen noch kein Blutiger Krieg angesetzt“ war (34,1f.), der „durch langwüriges vnheil eine mehrere begird des fridens in Religionssachen“ (3) nach sich ziehen werde. Hier endet auch der bis 1618/19 entstandene Abschnitt des Glaubensbekenntnisses, da Kepler im nächsten Satz zugibt, dass er auctarii loco noch etwas zu dem hinzusetzen möchte, was er vor vier oder fünf Jahre geschrieben habe (5f.).163 Inzwischen war de Dominis nach Rom zurückgekehrt und hatte seine Erklärung Sui reditus ex Anglia Consilium exponit abgegeben. Dies ist auch der Grund, wieso Kepler 1623 sein Glaubensbekenntnis fortsetzte, da sich seine Gegner nun auch im Vorwurf der Irrlehre Keplers bestätigt sehen. Hier kann aber Kepler den Vorwurf der Unbeständigkeit zurückgeben, indem er sagt, er habe sich nicht auf die Person de Dominis‘ berufen, sondern auf dessen Lehre (12). Denn so kann er wiederum nun seinen Gegnern vorwerfen, sie wären dann ja auch wieder päpstlich geworden, wäre Luther wieder päpstlich geworden (13f.). Der Widerruf de Dominis‘ aber ändere nichts an Keplers Überzeugung der Richtigkeit dessen vorheriger Schriften. So zitiert er diesen selbst, dass er zwar nicht für ein Martyrium berufen sei, aber zur schriftlichen Kritik an der Tyrannei des Papsttums und dessen Kirche (17–22).164 Natürlich fühlt sich dabei Kepler von dessen Unbeständigkeit betrogen. Im Folgenden nennt Kepler einige weitere mögliche Gründe, die de Dominis bewegt haben könnten. Hierzu führt er als erstes Röm 3,7 an: Wenn aber die Wahrheit Gottes durch meine Lüge herrlicher wurde zu seiner Ehre, warum sollte ich dann noch als ein Sünder gerichtet werden? (25) Außerdem gibt Kepler an, dass de Dominis wohl in England eine Gefahr gedroht haben müsse und nun hinsichtlich seiner Verweigerung eines Martyriums nicht anders hätte handeln können, als nach Rom zurück zu kehren.165 Dabei stellt er fast verbittert fest, dass de Dominis „die Welt einer besserung in Religionssachen noch nicht würdig oder fähig befunden“ habe (29f.). Kepler vergleicht ihn mit dem Martyrium/Ketzertod von Thomas Cranmer (1489–1556) nach dessen Bekenntnis zum anglikanischen Glauben. Als weiteren möglichen Grund

162 Vgl. CA 24, in: BSELK, S. 140–147, bes. S. 145. 163 Dabei bleibt unklar ob bzw. wann der ursprüngliche Text wieder aufgenommen wird. Frühestens kann dies ab 36,10 sein, gleichzeitig ist es möglich, dass das Glaubensbekenntnis bis 1623 unfertig geblieben war und er erst nach dem Beschluss der Drucklegung es fertig geschrieben hat. 164 Er gibt hier wieder keine genaue Stelle an („Es sei der Christen regula“), jedoch lässt sich dies aus seiner Argumentation schließen. 165 Dass er damit einem Fehler aufgesessen hat, war Kepler nicht bewusst. 30

nennt Kepler, dass de Dominis sich von Papst Gregor XV. vielleicht einen milderen Umgang erhofft hätte. Für Kepler spielen all diese Gründe jedoch eine untergeordnete Rolle in seiner Bewertung („Summa der Mann sey fux noch haaß“, 39). Für ihn bleibe das Werk de Dominis‘ die einzige „unpartheische“ Kirchengeschichtsschreibung seiner Zeit, weder die Magdeburger Centurien, noch das Werk Cesare Baronios, könnten dies leisten, da sie gebogen und gezwungen seien (42–46).166 Abschließend zeigt Kepler seinen Gegnern auf, dass der Krieg und das Verderben in Deutschland bereits angefangen habe, so wie er es prognostiziert habe (46f.) und man sich mittlerweile nach dem Kirchenfrieden aus de Dominis‘ Werk zu sehnen anfange (35,1f.).167 Deshalb sei es unabdingbar, de Dominis allein anhand seiner Intention in re et modo zu beurteilen, dass nämlich Frieden nötig sei. Kepler schließt damit, dass er hoffe, mit dieser Verteidigung nicht der Person, sondern den genannten Schriften de Dominis‘, seinen Gegnern „das Maul etlicher massen zustopffen“ (16f.).

4.3.4.3. Einigkeit hinsichtlich der Lehre (35,18–36) Hinsichtlich des Vorwurfs der Unbeständigkeit geht Kepler auch noch einmal auf den Artikel von der Person Christi ein. Auch hier sieht sich Kepler noch einmal als unrechtmäßig von der Lutherischen Communion ausgeschlossen (21). So sei er hinsichtlich dieses Artikels zwar einig mit de Dominis und der Römischen Kirche und den Kirchenvätern (22f.). Hinsichtlich der FC seien die Streitigkeiten aber nicht inhaltlicher Natur, denn es bestehe eine wesentliche Einigkeit hinsichtlich der Praxis „disputandi, concionandi et arguendi“ (25f., theologische, kirchliche und kirchenpolitische Praxis) (23–27). Er habe danach viel mehr Konsens mit dem Augsburger Bekenntnis und widerspreche in vielerlei mehr Punkten de Dominis, der nach wie vor ein zu päpstliches Verständnis habe (28–31). So stellt er fest, dass er nicht an de Dominis glaube wie die Katholiken an die Römische Kirche, oder die Lutheraner an Luther, sonst müsste er ja in seinem Glaubensbekenntnis schreiben: „Ich glaub was D. Luther, vnd ich Kepler was M. Ant. de Dominis glaubet: revocirt ers, so revocir ichs auch“ (35.f.).168 Damit macht er noch einmal seine Trennung von Person und Sache und einen grundsätzlichen Konsens in Glaubenssachen mit den Lutheranern auf dem Boden der CA deutlich.

166 Das Wort unpartheisch wurde hier bewusst nicht mit übersetzt, da es wohl hier deutlich aussagekräftiger ist als jedes andere. Vgl. zu Flacius Illyricus und Baronio auch das vorangegangene Kapitel zu Isaac Casuabonus. Dieser hatte ebenfalls ein Kommentarwerk zu Baronio geschrieben, aber hier ist wohl de Dominis höher geschätzt von Kepler. 167 Kepler sieht damit auch die Kontroverstheologie, die nur in gegenseitigen Verurteilungen bestehe, als überholt und überwunden an (3). 168 Dies ist die einzige Stelle an der Kepler seinen eigenen Namen nennt, sodass spätestens ab hier deutlich ist, dass er der Verfasser dieses Glaubensbekenntnisses ist. 31

4.3.4.4. Zusammenfassung und Abschluss (35,37–36,9) Im letzten Abschnitt hinsichtlich des Vorwurfs der Unbeständigkeit, greift Kepler noch einmal die Anschuldigungen seiner Widersacher auf. So hält er es für ungerechtfertigt, dass, nur weil de Dominis widerrufen habe, auch ihm selbst Unbeständigkeit vorgeworfen werden könne (41–44). Kepler habe auch noch jüngst evangelische Prediger aufgrund unvorsichtiger Angriffe gegen die Papstkirche getadelt (48f.), sodass man feststellen könne, dass er selbst bei seinen Überzeugungen geblieben sei. Ob dies richtig gewesen sei, darüber könne allein Gott entscheiden und nicht die Menschen und deshalb bittet Kepler noch einmal darum, dass die Verleumdungen hinsichtlich einer Unbeständigkeit gegen ihn aufhören sollen, solange sie kein „Fundament“ hätten (36,2–8).

4.4. Ausschließung und Verfolgung (36,10–37,24)

Im vorletzten Teil seines Glaubensbekenntnisses möchte Kepler noch einmal den Unterschied zwischen „ausschließen“ und „verfolgen“ deutlich machen. So möchte er sich hier gegen diejenigen innerhalb des lutherischen Lagers wenden, die ihn als päpstlich bezeichneten. Diese schlössen Kepler zwar „nur“ von der Communion aus (36,10–17) Dabei wurde er jedoch vor die Entscheidung gestellt, ein aus seiner Perspektive erkanntes Unrecht gegen sein Gewissen anzunehmen oder von der Communion ausgeschlossen zu werden und zwischen „Thür und Angel“ stehen gelassen zu sein (18–23). Was dieser Ausschluss jedoch für ihn als Menschen und besonders als Wissenschaftler für Konsequenzen habe, würde diese Personen nicht interessieren. So schildert er seine Situation: Durch den fälschlichen Vorwurf der Ketzterei würde nämlich sein guter Ruf zerstört (27). Er wisse teilweise nicht, wie er sich ernähren soll (17f.), wo er wohnen soll (18), oder wen er wie heiraten könne (19). Es würden ihm dadurch überall die Türen verschlossen sein, da er ja auch in katholischen Gebieten nicht aufgenommen werde (20f.). Natürlich sehe er sich aufgrund seines Standes und seiner wissenschaftlichen Leistungen wegen nicht in Lebensgefahr (37f.), jedoch einer existenziellen Bedrohung ausgesetzt. Kepler sehe seinen Ausschluss trotz dieser Verfolgungssituation aber nicht als Verfolgung an, da er um die Gefahren in den katholischen Gebieten weiß (45): Dort gebe es eine „greuliche Verfolgung“, da dort Evangelische mit Gewalt gezwungen werden, alle ihren Besitz zu verkaufen und mit Weib und Kind das Land zu verlassen, wenn sie nicht wider ihres Gewissens handelten (37,1–5). So sei deren Leid an Verfolgung nicht mit seiner eigenen Situation zu vergleichen und so möchte er sich selbst keinesfalls als Verfolgter bezeichnen (13f.). Denn auch Kepler möchte seinen Gegnern nicht zumuten, dass diese gegen ihr Gewissen handelten, sondern er macht ihnen allein den Vorwurf, dass die Grenzen ihres Gewissen, auch im Vergleich zu anderen Evangelischen Kirchen, zu eng seien (16–19). So appelliert er noch einmal, dass man hinsichtlich des Ausschlusses von der Communion gegenüber einem, der „in puncto ubiquitatis der alten Kirchenlehrer wort vnd 32

argumentationes braucht, vnd von deren wegen die Calvinisten vnd Römische in diesem Puncten nicht verdammen will“ (21f.), man von der Ausführung des Ausschlusses doch absehen könne (19– 24).

4.5. Beschluss (37,29–38,8)

In seinem Beschluss fast Kepler noch einmal sein Glaubensbekenntnis zusammen: So sei darin nichts zu finden, was dem „rechten uralten Apostolischen Katholischen Glauben nach der Augsburgischen Confession zuwider“ (37,30f.) sei. Er verstehe sich selbst als frommer, evangelischer Christ und so hoffe er, dass seine Gegner mit ihm Einsicht haben, oder wenigstens Verständnis mit seiner Situation, um ihm den Zugang zur Communion wieder zu ermöglichen und die schweren Auflagen gegen ihn fallen ließen (35–40). So schließt er sein Glaubensbekenntnis mit der Bitte um Gottes Gnade und, dass der Verstand, der von ihm in „mancherley gradus“ (42)169 ausgeteilt werde, nicht zur Zerstörung, sondern zum gemeinen Nutzen gebraucht werde.170 So solle aus diesen unterschiedlichen Gaben ein Geist der Liebe entstehen. Danach folgt – fast wörtlich wiedergegeben – aus dem Hohelied der Liebe 1Kor 13,4–7 und ein Friedensgruß, um der vorherigen Bitte noch einmal Nachdruck zu verleihen:

Die Liebe ist Langmühtig vnnd Freundlich, die Lieb eyfert nicht, die Lieb treibt nicht mutwillen, sie blähet sich nicht, sie stellet sich nicht vngebärdig, sie suchet nicht das jhre (jhren Ruhm)171 sie lesset sich nicht erbittern, sie rechnet nicht das zugefügte vbel, sie frewet sich nicht vnbilligkeit zuerweisen, sie erfrewet sich aber vber der Warheit, sie vertregt alles, sie trawet alles, sie hoffet alles, sie duldet alles. Der Gott deß Fridens, der die Liebe selber ist, sey mit vns allen, vnd bewahre vns in der Liebe auff die selige Offenbarung seines Sohns, vnsers HErren JEsu Christi, AMEN.

5. Interpretation – Keplers Irenik

Eine angemessene Interpretation dieses Glaubensbekenntnisses muss im Folgenden auch den biographischen und theologischen Hintergrund Johannes Keplers beleuchten, da es mehr ist als ein Glaubensbekenntnis im eigentlichen Sinne, als reine formelhafte Beschreibung seines Glaubens. Die Untersuchung der Gattung (vgl. 3.2.) hat gezeigt – und die Kommentierung des Inhalts (vgl.

169 Vgl. 1Kor 2,4. Diese Aussage kann hier durchaus noch einmal als ein ironischer Angriff gegenüber seinen Gegnern gedeutet werden, da bei Kepler auch anderenorts häufig eine gewisse Bissigkeit und Ironie bzw. Witz nachweisbar sind, vgl. dazu JARDINE, Kepler and his serious jokes, in: KREMER/WLODARCZYK, From Tübingen to Zagan, S. 41–51 und darauf aufbauend RUBLACK, Astronom und die Hexe, S. 344. 170 Natürlich kann dies auch noch einmal als Spitze gegen seine Gegner gelesen werden, denen er im Glaubensbekenntnis mehrfach „blödigkeit“ unterstellt hat. Natürlich muss man dabei aufpassen, denn dieses Wort ist vermutlich nicht im heutigen Wortsinn – blöd – gemeint, sondern als Schwäche. Wenn er jedoch von der blödigkeit des Verstandes spricht, ergibt es jedoch ein ähnliches Ergebnis. 171 Die zitierten Verse folgen dem Bibeltext in leicht modifizierter Übersetzung Luthers, hier jedoch erfolgt durch Kepler der Einschub „jhren Ruhm“. 33

4.) hat bestätigt – dass es vielmehr eine Apologie seines Glaubens ist, der ohne seine Theologie und Biographie damit nicht zu verstehen wäre. Eine erste Hinführung zur Irenik Johannes Keplers ist bereits in den Prolegomena (vgl. 2.2.2.) erfolgt. Es soll dabei besonders betont werden, dass es im Folgenden nicht darum gehen soll, inwiefern Kepler heterodox oder synkretistisch aus einer Außenperspektive betrachtet wurde, sondern es soll positiv bestimmt werden, was Keplers Irenik ausmacht. Dies soll nun anhand des Glaubensbekenntnisses und seiner biographischen und theologischen Hintergründe aufgearbeitet werden.172 Noch eine weitere Vorbemerkung ist dabei für die folgenden Untersuchungen von Nöten: Die Kommentierung des Inhalts zeigte es bereits – die größte Schwierigkeit, die eine Interpretation dieses Glaubensbekenntnisses birgt, sind die sprachlichen Indifferenzen und Ungenauigkeiten. So ist natürlich zu beachten, dass es durchaus innerhalb Keplers Intention lag, einiges in seinem Bekenntnis offen zu lassen, auf manche Schlagwörter und Begriffe zu verzichten und manches nicht auszuführen, da er ja, wie er selbst sagt, keine neue Konfession schaffen wollte, sondern eine Befriedung der Konfessionen (und auch seiner eigenen Situation) sein Hauptanliegen war. Gleichzeitig verzichtete er aber – abgesehen von seinen eigenen Prognostices hinsichtlich de Dominis – auf Verweise und Bezüge, beispielweise gibt er kaum eine Bibelstelle an, noch macht er Angaben zu seinen Kirchenväterzitaten. Auch bleibt er trotz des Versuchs einer einigermaßen klaren Sprache nicht stringent, selbst wenn es um für ihn wichtige Begriffe wie beispielsweise die Unterscheidung von „Confession“, „Partthey“ und „Kirche“ geht. Trotzdem soll hier ein Versuch gemacht werden, das Glaubensbekenntnis angemessen auszulegen und dabei seine irenische Theologie herauszuarbeiten.

5.1. Voraussetzungen einer irenischen Theologie Keplers

Grundvoraussetzung, um Kepler als irenischen Theologen zu verstehen, ist es, hier zu klären, inwiefern man Kepler überhaupt als Theologen begreifen kann. Dazu sollen zuerst zeitgenössische Beurteilungen betrachtet werden, bevor Selbstaussagen Keplers analysiert werden.

5.1.1. Zeitgenössische Beurteilungen

Erste zeitgenössische Beurteilungen sind dabei in dem Glaubensbekenntnis selbst zu finden. So sagt Kepler darin mehrfach, dass er von seinen Gegnern als „Ketzer“173 angesehen werde. Dies

172 Vgl. hierzu den Aufsatz von LANZINNER: Dieser arbeitet hervorragend Keplers Kirchenverständnis heraus, bleibt jedoch vor dem Versuch stehen, dies positiv zu begründen, indem er nur die Abgrenzungen zu den anderen Konfessionen aufzeigt und somit zur Konsequenz kommt, Kepler müsse als konfessionlos zu betrachten sein, vgl. LANZINNER, Kepler – konfessionslos?, S. 201–216, bes. 215f. 173 23,40; 24,10; 25,21; 28,11; 28,26; 36,24 34

wird dabei präzisiert durch den Vorwurf des „Nestorianismus“.174 Außerdem beschreibt er den Vorwurf, er werde als ein „beidenhander“175 angesehen und sei weder „warm noch kalt“176 Diese Vorwürfe sollen später im Rahmen des Sakramentsverständnisses und der Ekklesiologie Keplers untersucht werden (vgl. 5.2 und 5.4.). Allein bei der Untersuchung des Glaubensbekenntnisses bleibt dabei jedoch die Frage offen, ob seine Gegner ihn tatsächlich als Theologen anerkennen. Hierzu muss wieder der Briefwechsel mit Hafenreffer bzw. dem Stuttgarter Konsistorium betrachtet werden. Dabei wird deutlich, dass Kepler von diesen nicht als Laie behandelt wird. Gerade Hafenreffer versuchte dabei die ganze Zeit theologisch zu argumentieren und Kepler ließ sich auf diesen Diskurs auch ein.177

5.1.2. Selbstaussagen – „Lay“ oder „Priester Gottes am Buch der Natur“?

Um Kepler nun also als Theologen gerecht zu werden, ist es notwendig, seinen (theologischen) Werdegang in Gänze zu betrachten. In seinem Glaubensbekenntnis schreibt Kepler im Alter von ca. 50 Jahren selbst:178 „wann ich noch einmahl ein Lay wäre […].“179 Damit zeigt er an, dass er sich selbst nicht mehr Laie versteht, aber noch nicht präzise als was denn anderes. Eine erste Auskunft über sein Selbstverständnis gab Kepler aber schon viel früher: Als er nach Graz abreiste, um dort als Lehrer für Mathematik tätig zu werden, wollte er es sich noch vorbehalten als geistlicher Anwärter nach Württemberg zurückkehren zu können, um seine theologischen Studien fortzusetzen.180 Rund eineinhalb Jahre nachdem Kepler dann seine Stelle als Mathematiklehrer in Graz angetreten hatte, schrieb er an seinen Tübinger Lehrer Michael Mästlin:181 „Theologus esse volebam, diu angebar; Deus ecce mea opera etiam in astronomia celebratur“ (Ich wollte Theologe sein, lange war ich in Unruhe; nun aber sieh, wie Gott durch mein Bemühen auch in der Astronomie

174 25,21; 26,1; 26,43; 28,10f. 175 23,31 176 29,7 177 Entscheidend sind hierzu die Briefe vom 17. Februar und 31. Juli 1619, in: KGW XVII, Nr. 829 (S. 331–333) bzw. Nr. 847, S. 367–381, sowie Keplers Briefe an Hafenreffer am 28. November 1618 (KGW XVII, Nr. 808 [S. 283–287]) und am 11. April 1619 (KGW XVII, Nr. 835 [S. 342–351]) 178 Zwar wurde das Glaubensbekenntnis 1623 veröffentlicht, dieser Satz dürfte jedoch vier bis fünf Jahre älter sein, sodass Kepler zwischen 46 und 48 Jahre alt gewesen sein dürfte (Keplers Geburtstag ist der 27. Dezember 1571). 179 26,7f. 180 Vgl. den Brief Keplers an die Theologische Fakultät der Universität Tübingen, am 28. Februar 1594, in: KGW XIII, Nr. 8 (S. 9–11). Daraus wird ersichtlich, dass Kepler sein Theologiestudium nicht abgeschlossen hatte. Kurz darauf folgt dann die Unterschrift Keplers unter die Konkordienformel am 5. März 1594. Dies wurde ihm offenbar abverlangt, um nach einer möglichen Rückkehr aus Prag problemlos in den kirchlichen Dienst aufgenommen werden zu können. Als Kepler 1609 deshalb an den Herzog von Württemberg schrieb, konnte er sich wohl nicht mehr an diese Unterschrift erinnern, vgl. dazu SCHÄFER, Keplers Unterschrift (BWKG 108/109), S. 437f. und Anm. 44. 181 Zum Tübinger Mathematik- und Astronomieprofessor Mästlin siehe bes. den Aufsatz von SCHOOR: Michael Mästlin, in: DRECOLL/BAUR/SCHÖLLKOPF, Stiftsköpfe, S.33–40. 35

gepriesen wurde!)182 Diese Grundeinsicht bleibt für ihn fortan auch die entscheidende. So beschrieb er sich auch gegenüber einem seiner ersten großen Förderer, Johann Georg Herwarth von Hohenburg (1553–1622),183 Kanzler am bayerischen Hof unter Kaiser Maximilian, in einem Brief: als „Priester des höchsten Gottes vom Buch der Natur.“184 Diese Selbstbeschreibung verwendet er hier noch für Astronomen im Allgemeinen beziehungsweise im Besonderen nicht nur für sich selbst, sondern auch für die Astronomen Tycho Brahe (1546–1601), Helisäus Röslin (1546–1616) und Reimarus Ursus (1551–1600). In bereits erwähntem Zitat aus den Epitome Astronomiae Copernicanae aus dem Jahr 1617 nimmt er diesen Titel dann besonders für sich selbst in Anspruch.185 Das Bild vom „Buch der Natur“ ist dabei seit Plotin († 270) bekannt: Gott sei nicht nur der Verfasser des liber vitae, der Heiligen Schrift, sondern auch des liber naturae, des Buches der Natur.186 Gemeint ist damit die sinnliche Offenbarung Gottes beziehungsweise seine Erkenntnis aus und in der Natur,187 was übertragen in die Frühe Neuzeit durchaus dem Bild eines Naturwissenschaftlers und Astronomen entspricht. Als „Priester am Buch der Natur“ hatte er deshalb die Aufgabe, die Natur auszulegen. Diese Auslegung folgte dabei einer mathematischen Beweisführung.188 Gleichzeitig hielt sich Kepler in der Kommunikation mit dem Stuttgarter Konsistorium, in seinen Briefen und in seinen theologischen Schriften rund um das 1620 nicht damit zurück, als Theologe zu argumentieren, selbst wenn er es dabei bedauerte, nicht als Laie bewertet zu werden. In seiner theologischen Argumentation erkannte Kepler aber die Bibel – und die Kirchenväter – als Offenbarung als voraussetzungslos an. Dabei musste und konnte die Bibel nicht widerspruchsfrei und eindeutig sein, sonst könne sie dem Menschen nichts Höheres und Göttliches beibringen.189 Es stellte sich die Frage, „ob der Wortlaut der Bibel in jedem Satz und Wort in naturwissenschaftlicher Hinsicht zutraf, […] in dem Augenblick, in dem sie dem geozentrischen Weltbild widersprach.“190 So wird der Naturwissenschaftler zum Theologen und der Theologe zum Naturwissenschaftler und zwar mit je eigenem wissenschaftlichen Aufgabenfeld, aber eben ohne, dass er einem von beiden eine

182 Kepler an Mästlin am 3. Oktober 1595, in: KGW XIII, Nr. 23 (S, 40. Z. 256f.). Darin beschreibt Kepler seine philosophischen und physikalischen Grundgedanken seines eben bearbeiteten Werkes „Mysterium Cosmographicum“ (gedruckt: 1597). 183 Zu Johann Georg Herwarth von Hohenburg, d.Ä. vgl. LANZINNER, Johann Georg Herwarth d.Ä., in: AKuG 75/2, S. 301–334 und Hübner, in: KGW XIII, S. 374. 184 „Ego verò sic censeo, cum Astronomj, sacerdotes dej altissimj ex parte librj Naturae simus: decere non ingenij laudem, sed Creatoris praecipuè gloriam spectare.“, in: Brief Keplers an Herwart von Hohenburg am 26. März 1598, in: KGW XIII, Nr. 91 (S. 193, Z. 182–184). 185 Vgl. KGW VII, S. 9, Z.11. 186 Auch Augustin verwandte als Neuplatoniker diese Metapher, allerdings beiläufig als „Buch der Geschöpfe“, das neben der Bibel als Buch der Offenbarung eine weitere Quelle der Erkenntnis ist, vgl. FUHRER, Schöpfung als göttliche Rede, S. 235f. 187 Vgl. HUITZING, Art. Buch der Natur, in: RGG4 1, Sp. 1812f. 188 Vgl. LANZINNER, Kepler – konfessionslos?, S. 212. 189 Vgl. ebd. 190 Ebd. 36

Vorrangstellung hinsichtlich einer Deutungshoheit zusprechen würde. Deshalb widersetzte es sich ihm aus zweierlei Gründen, die Auslegungsautorität von nun an allein den anderen Theologen zu überlassen, zum einen als Konsequenz seines naturwissenschaftlichen Denkens und seiner eigenen theologischen Ausbildung, zum anderen wegen der erwiesener Maßen verschiedenartigen, weil gegenläufigen Auslegung der durch Spaltung entstandenen Konfessionen.191 Dies soll nun Grundlage für die weiteren Beobachtungen von Keplers irenischen Verständnis dienen.

5.2. Keplers Sakramentsverständnis

Hinsichtlich des im Folgenden zu untersuchenden Sakramentsverständnisses Keplers ist zu beachten, dass dies nur insofern beschrieben werden soll, wie es für das ekklesiologische Verständnis bezüglich der Keplerschen Irenik relevant wird.

5.2.1. Im Glaubensbekenntnis und seiner Biographie

Der explizite „Verdacht von Verachtung der Sakramente“ ist von Kepler selbst in dessen Glaubensbekenntnis schnell entkräftet worden (vgl. 4.3.2.), da dies ihm von Seiten der Theologen nicht wirklich vorgeworfen wurde. Gleichzeitig war jedoch sein Sakramentsverständnis hinsichtlich des Abendmahls und der Person Christi der ausschlaggebende Grund für seinen Ausschluss. Im Glaubensbekenntnis beschreibt er deshalb dazu an der Stelle den Vorwurf, er sein ein „beidenhander“192 und so sei er wie in Offb 3,15 „weder kalt noch warm“193 Damit ist natürlich auch ein ekklesiologisches Verständnis verbunden, dem aber das Sakramentsverständnis voransteht. So expliziert Kepler dieses besonders in seinen Briefen an Hafenreffer aber auch in seiner Schrift „Unterricht vom H. Sakrament“ aus dem Jahr 1617. Das erste Mal, dass sich Kepler explizit theologisch äußert, muss wohl um das Jahr 1599 gewesen sein. Belegt ist dies in einer Antwort von Colman Zehentmair, der auf eine verschollene Schrift „de coena domini“ Bezug nahm, welche dieser ihm zuvor wohl zukommen ließ.194 Zehentmair fasste in seiner Antwort den Inhalt dieser Schrift noch einmal zusammen.195 Demnach gehe es Kepler im Abendmahl um die Zueignung von Frucht und Verdienst des Todes Christi, nicht um die Gegenwart der Substanz

191 Vgl. hierzu noch einmal das Keplersche Glaubensbekenntnis, 24,16–30 (Fundament des Glaubens: Die Bibel und deren Auslegung durch die Kirchenväter). 192 23,31 193 29,7 194 Colmann(us) Zehentmair ist biographisch kaum greifbar. Nach Caspar handelt es sich dabei um einen Sekretär des Freiherrn Sigismund Friedrich von Herberstein auf Schloss Guttenhag in Steiermark. Dieser Freiherr war demnach der Vorsitzende der Landschaft Steyr, mit welcher Kepler bis zu seinem Übertritt in die kaiserlichen Dienste in professioneller Hinsicht zu tun hatte, da er deren Landschaftsmathematicus mit Sitz in Graz war, vgl. dazu auch BAUER, Der andere Kepler, S. 134–140. 195 Gemeint ist der Brief Zehentmairs an Kepler am 13. Oktober 1599, in KGW XIV, Nr. 137 (S. 78–82). 37

seines Körpers.196 Als Kepler dann in Linz durch Daniel Hitzler das Abendmahl verboten wurde, suchte Kepler Kapellen und Kirchen in Schlössern seiner Freunde und Förderer in der Umgebung von Linz auf, um dort Abendmahlsgottesdienste besuchen zu können, so beispielweise Baron Georg Erasmus von Tschernembl (1567–1626), der ein bewusster Calvinist war oder bereits erwähnter Baron Erasmus von Starhemberg.197 Damit lässt sich zeigen, dass der Vorwurf „beidenhander“ zu sein für Kepler eigentlich keiner war, da er dies selbst freimütig zugab.

5.2.2. Der „Unterricht vom H. Sakrament“

Sein eigenes Verständnis führte er dann besonders im „Unterricht vom H. Sakrament“ aus.198 Es handelte sich dabei um eine selbstständig verfasste Interpretation der agendarischen Abendmahlsvermahnung, war aber eben auch für den gottesdienstlichen Gebrauch geeignet.199 Aufgrund der eintönigen Vortragsweise innerhalb einer Predigt hatte Kepler seinen eigenen „Unterricht“ in Form eines Fragestückes, ähnlich eines Katechismus, angeordnet. Kepler zog – wie in den anderen Agenden auch – 1Kor 11,26–32 und 10,16f für die Vermahnung an. Damit betonte Kepler, dass das Abendmahl keine gewöhnliche Trinken, sondern als Predigt vom unschuldigen Leiden und Sterben um unserer Verschuldung willen als Sakrament zu verstehen sei. „Die Abendmahlselemente sind nicht gewöhnliches Brot und gewöhnlicher Wein, sondern Leib und Blut Christi, derer wir im Abendmahl teilhaftig werden und durch die wir Christus zu unserem gemeinsamen Haupt bekommen, können wir untereinander Glieder eines geistlichen Leibes werden.“200 Hier stimmte Kepler noch mit der FC und der württembergischen Agende überein.201 Aber im Folgenden interpretierte beziehungsweise formulierte Kepler Teile seines „Unterrichts“ anders: So betonte er den geistlichen Charakter der Vereinigung mit Christus durch das Abendmahl: Wo in der Agende steht „ …gib Ich euch mein Blut zu trinken“ ergänzte Kepler den Hinweis“ wie auch

196 Vgl. dazu auch HÜBNER, Theologie Johannes Keplers S. 13. 197 Vgl. a.a.O., S. 33. 198 Die Schrift ist 1617 in Prag gedruckt und ebenfalls ohne Namen für den privaten Hausgebrauch bzw. für seine Freunde entstanden, vgl. dazu a.a.O., S. 37. Der Zweck des Drucks wird aus dem weiteren Titel klar: „Vntericht Vom H. Sacrament des Leibs und Bluts Christi vnsers Erlösers. Für meine Kinder Hausgesind vnd Angehörige Auß deren Vermahnung so in der Evangelischen Kirchen vor der Austhailung fürgelesen würt hergenommen vnd Frag- vnd Antworts weise verfasset“. 199 Hintergrund dieser eigenen Version war wohl eine 1617 ebenfalls in Linz eingeführte, von Daniel Hitzler erstellte und herausgegebene Version der in Tübingen erschienenen Überarbeitung der württembergischen Agende. Zuvor war das „Agend Büchlein für die Pfarrherren auff dem Land“ von Veit Dietrich in Gebrauch gewesen, das Buch erschien 1543 und wurde teilweise noch bis 1755 nachgedruckt, vgl. ZSCHOCH, Art. Dietrich, in: RGG4 3, Sp. 848. Alle drei Agenden enthalten mit verschiedenen Varianten allerdings die gleiche Vermahnung, Keplers Grundlage bleibt größtenteils die württembergische Agende, in Abweichungen die Version Dietrichs. 200 HÜBNER, Theologie Johannes Keplers, S. 39. 201 Ein ausführlicher Vergleich der Texte der württembergischen Agende im Vergleich mit der oberösterreichischen und des keplerschen Textes ist dabei zu finden in: KGW XII, S. 284–287. 38

sonsten durch das trincken das leben im leib gesterckhet, vnd speise gefürdert wirt.“202 Hafenreffer reagierte sofort nachdem er Keplers „Unterricht“ gelesen hatte und schrieb an diesen: Er billige es nicht, was Kepler über Zeichen von Brot und Wein gesagt habe, das widerspreche den vorhergehenden Worten des Erlösers.203 In seiner Antwort ging Kepler ausführlich auf sein Verständnis ein:204 „Wenn nämlich das Brot hier Zeichen des Leibes genannt wird, während es im Vorhergehenden auch die wirkliche Vereinigung mit dem Leib bedeutet – wer soll das anders verstehen, als dass von sigmata exhibentiae die Rede ist, also von Zeichen, die das, was sie bezeichnen, auch gewähren?“205 Dabei beruft sich Kepler auf die Lehre, die er an der Tübinger Universität während seines Studium kennen gelernt hat.206 Weiter schrieb er: „Der unsichtbar gegenwärtige Leib bedürfe nämlich eines sichtbaren Zeichens, durch dessen Vermittlung erst mittels der Sinne der Glaube an die Darreichung des Leibes entstehen könne.“207 Der Ausgang dieser Konversation ist bekannt. Festgehalten werden muss dabei trotzdem: Keplers Argumentation – hier natürlich verkürzt dargestellt –, er bewege sich hinsichtlich seines Abendmahlsverständnisses auf dem Boden der CA ist nachvollziehbar und richtig, und so auch seine Beweggründe, wieso er das Calvinische durch die FC und ihre württembergischen Ausleger nicht verurteilt haben möchte.

5.2.3. Keplers Taufe

Johannes Kepler wurde 1571 in der Reichsstadt Weil der Stadt geboren. Diese Reichsstadt hatte sich nie der Reformation angeschlossen, obgleich alle umliegenden württembergischen Territorien dies getan hatten.208 So wurde Kepler – trotz evangelischer Mutter und lutherischer Erziehung – katholisch getauft.209 Sein Vater verließ die Familie als Söldner nur drei Jahre später für mehrere Jahre Richtung Belgien.210 Nach dessen Rückkehr zog die Familie nach Leonberg, wo er evangelisch erzogen wurde.

202 HÜBNER, Theologie Johannes Keplers, S. 40: Hübner erkennt hierin ein calvinisches Verständnis, vgl. ebd. Anm. 8. 203 Vgl. a.a.O. Gemeint ist der Brief Hafenreffers an Kepler am 17. Februar 1619, in: KGW XVII, Nr. 829 (S. 331– 333). 204 Keplers an Hafenreffer am 11. April 1619, in: KGW XVII, Nr. 835 (S. 342–351). 205 Diese Übersetzung folgt HÜBNER, Theologie Johannes Keplers, S. 41. 206 Vgl. dazu den Brenzschen Katechismus bezüglich des Abendmahls („Nachtmahl“): „Was ist das Abendmahl? Das Abendmahl ist ein Sakrament und göttlich Wortzeichen, worin uns Christus wahrhaftig und gegenwärtig mit Brot und Wein seinen Leib und sein Blut schenkt und darreicht, und vergewissert uns damit, dass wir haben Verzeihung der Sünden und ein ewiges Leben“ (zitiert nach dem Katechismus nach Luther und Brenz). Keplers Beschreibung entspricht dabei ziemlich genau dem Brenzschen Begriff „Wortzeichen“. 207 Ebd. 208 Zu den Vorgängen rund um die Reformation in Weil der Stadt. Vgl. auch HUBIG, Konflikte in Weil der Stadt. 209 Vgl. HÜBNER, Theologie Johannes Keplers, S. 2. Hier liegt einer der größten Fehler in der Biographie RUBLACKs, vgl. RUBLACK Astronom und die Hexe, S. 31. 210 Vgl. KLAEREN, Johannes Kepler, in: DRECOLL/BAUR/SCHÖLLKOPF, Stiftsköpfe, S. 42f. 39

Seine Taufe erwähnte er nur einmal noch: In einem Brief an den in Graz lebenden Jesuiten Paul Guldin (1577–1643).211 Mit ihm – sowie auch anderen Grazer Jesuiten – war Kepler auch nach seinem Fortgang in Kontakt geblieben. Unter anderem hat dabei Guldin immer wieder versucht, ihn zu einer (Re-) Konversion zu bewegen. Kepler reagierte darauf als er 1628 dazu in einem Brief an Guldin schrieb, dass er „von den Eltern an der Schwelle seines Lebens in die katholische Kirche hineingetragen und mit dem Taufwasser besprengt wurde […] und brauche deshalb, wie die Jesuiten wollten, nicht mehr katholisch zu werden. Er sei es bereits.“212 Katholisch hat hier wieder eine zweifache Bedeutung: So meint Kepler dies hier zwar auf der einen Seite ausdrücklich auch im konfessionellen Sinne, also die Römisch-Katholische, in die er getauft worden war, auf der anderen Seite, im Sinne seines Glaubensbekenntnisses, als wahrhaft katholisch, im Sinne der apostolischen Kirche. Dieser biographische Hintergrund lässt dabei vielleicht noch besser verstehen, wenn Kepler in seinem eigenen Glaubensbekenntnis schrieb und dabei Problematik der Konfessionsbildung noch einmal hervorragend zusammenfasste: „Gott lob das Christus der HErr […], weder Lutherisch, noch Calvinisch, noch Papistisch gewest.“213

5.3. Consensus

Die „begird des fridens in religionssachen“ ist für Kepler Herzenssache.214 Frieden hieß für Kepler zuallerst Frieden in Wort und Tat. So ist auch seine Widmung an Jakob I. in seiner Harmonice mundi zu verstehen, dass sich diese für eine Beendigung der Streitigkeiten zwischen den drei Konfessionen erhebe, gegen die „öffentliche, dreifache Dissonanz gegeneinander tönender Stimmen.“215 Dieser Friedenswille und der gleichzeitige Ausschluss eine neue Konfession zu schaffen, bilden die Grundlage der Keplerschen Irenik.216 Deshalb verzichtete er vermutlich darauf, vielleicht trennende Begriffe wie „consensus antiquitatis“ in sein Glaubensbekenntnis aufzunehmen. Gleichzeitig ist aber ein ebensolcher consensus Grundlage seines theologischen Denkens (vgl. 5.1.2.).

211 Guldin, Taufname Habakuk, war Sohn protestantischer Eltern jüdischer Abstammung. Er konvertierte 1597 zum Katholizismus und trat in den Jesuitenorden ein. Genau wie Kepler war er hauptsächlich als Mathematiker tätig, vgl. HAMMER, Art. Guldin, in: NDB 7, S. 304. 212 Zitiert nach der Übersetzung Hübners, in: HÜBNER, Theologie Johannes Keplers, S. 2. Der Brief Keplers an Guldin ist zu finden in: KGW XIX, Nr. 1072, S. 330–333, hier S. 331: „qui primo statim in vitae limine a parentibus in Ecclesiam catholicam illatus, sacro lavacro aspersus, […]“ 213 29,16f. 214 34,19 215 Vgl. KEPLER, Weltharmonik, S. 8. 216 24,9f. 40

5.3.1. Consensus antiquitatis

In der deutschen Forschung wird bisher noch immer angenommen, dass dieser Begriff auf Georg Calixt 1629 zurückzuführen ist.217 Die englischsprachige Forschung ist dabei schon weiter: Dort wurde bereits festgestellt, dass Calixt neben de Dominis das Werk Casaubonus‘ als Grundlage für seinen consensus antiquitatis herangezogen hat.218 Auf dieser Grundlage ist es nun also richtig, Kepler – als erstem deutschsprachigen protestantischen Theologen – ebendiese Einsicht noch zehn (1618) beziehungsweise fünf (1623) Jahre vor Calixt zuzusprechen.219 Dabei nennt Kepler diesen

Begriff zwar nicht explizit, doch wenn WALLMANN die Einsicht Calixts hinsichtlich seines conensus antiquitatis folgendermaßen beschreibt, dann hatte ihm Kepler diese Einsicht voraus:

„[Calixts] Grundgedanke war einfach: so zerstritten die Konfessionen in vielen Lehrpunkten sind, so einig sind sich doch alle im Bekenntnis zu denjenigen Wahrheiten, die im apostolischen Glaubensbekenntnis enthalten und in die kirchlichen Lehrentscheidungen der ersten fünf Jahrhunderte gültig interpretiert worden sind (Consensus quinquesaecularis). […] Das, worüber gegenwärtig zwischen den Konfessionen der Streit geht, gehört nicht zum Fundament der Kirche. […] Nach Calixt ist es nun eine Forderung der Liebe und Vernunft, die im gemeinsamen Fundament bereits bestehende gesamtkirchliche Einsicht aus einer unsichtbaren zu einer sichtbaren zu machen. Man solle vom konfessionellen Hass und Hader lassen und durch Religionsgespräche die Wiedervereinigung vorbereiten.220

Nicht anders verstand auch Kepler in seinem Glaubensbekenntnis die gemeinsame Grundlage der Kirche, die Heilige Schrift und die Kirchenväter und nichts anderes forderte auch Kepler in seinem Glaubensbekenntnis also die Überwindung durch ein Konzil.

5.3.2. „In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas“

„In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas“ (Im Notwendigen herrsche Einmütigkeit, im Zweifelhaften Freiheit, in allem aber Nächstenliebe). Lange Zeit ging auch hier die Forschung davon aus, dass dieser grundlegende Leitsatz erst nach Keplers Glaubensbekenntnis entstanden sei. So ließ er sich spätestens seit Mitte des 20. Jahrhunderts über Johann Amos Comenius (1668), Richard Baxter (1651) und Gregorius Francus (1628) bei dem württembergischen Theologen Peter Meiderlin/Meldenius 1626 in dessen Schrift Paraenesis votiva

217 Gemeint ist das Prooemium zum Commonitorium des Vincentius von Lerinum, 1629. Vgl. bspw. SAUTER, Art. Consensus, in: TRE 8, S. 186; MAGER, Art. Calixt, in: RGG4 2, Sp. 12; GARLOFF, Irenik, Gelehrsamkeit und Politik, S. 313; WALLMANN, Kirchengeschichte Deutschlands, S. 99; DERS., Art. Calixt, in: TRE 7, 553f und DERS. Zwischen Reformation und Humanismus, in: ZThK 74/3, S. 357f. Daneben stellte aber bereits 1961 Hermann SCHÜSSLER fest, dass Calixt die Grundlage für seinen consensus antiquitatis bereits bei de Dominis gefunden habe. Leider wurde dies nicht weiter beachtet, vgl. SCHÜSSLER, Georg Calixt, 49–52. 218 Vgl. dazu CALISSEN, Consensus of Antiquity, in: JHI 73/1, S. 1–23, bes. 15–21. 219 Allein HÜBNER erkennt den Zusammenhang, erklärt dabei aber das Kepler mit Calixt nie in Kontakt stand, und beide so unabhängig voneinander aus den Schriften Casaubonus‘ und de Dominis‘ ähnliche Schlüsse gezogen hatten, vgl. HÜBNER, Theologie Johannes Keplers, S. 104. 220 WALLMANN, Kirchengeschichte Deutschlands, S. 99. 41

nachweisen.221 Meldenius und seine Schrift hatte dadurch sogar „in der Forschung eine gewisse

Berühmtheit erlangt.“222 Erst 1999 hat der niederländische Historiker NELLEN entdeckt, dass auch dieser Grundsatz älter ist als bisher angenommen. So lässt er sich bereits in De Dominis‘ De republica ecclesiastica nachweisen.223 So schrieb de Dominis demnach 1617 diesen für seine Irenik entscheidenden Satz: „[…] amplecteremur unitatem in necessariis, in non necessariis libertatem, in omnibus caritatem,“224 welcher dann bei Meldenius leicht umgestellt wurde. Kepler kannte das Werk de Dominis‘. Er zitierte aus diesem in seinem Glaubensbekenntnis zwar nie wörtlich. Hinsichtlich des Inhalts und der Intention aber lässt sich das keplersche Glaubensbekenntnisses, besonders hinsichtlich des Apells am Ende (vgl. 4.4. und 4.5.), durch nichts besser als diesen Grundsatz de Dominis‘ zusammenfassen. Kepler als ersten Rezipienten de Dominis hinsichtlich dieses irenischen Leitsatzes auf protestantischer Seite anzunehmen, ist auch deshalb einwandfrei, da nachgewiesen wurde, dass sich Kepler mehrfach direkt auf diesen bezieht und so prägte er diesen Grundsatz als erster im deutschsprachigen Raum noch vor genanntem Meldenius.

5.4. Keplers Kirchenverständnis

Als letztes soll hier nun das Kirchenverständnis Keplers genauer untersucht werden. Darin gehen letzten Endes die bisherigen Interpretationen und das ganze Keplersche Glaubensbekenntnis auf.

5.4.1. Im Glaubensbekenntnis – „Partheyen“ und „factiones“

In seinem Glaubensbekenntnis hat Kepler hinsichtlich der Worte „Kirche“ und „Konfession“ beziehungsweise „Bekenntnis“ am genauesten zu differenzieren versucht. Beim ersten Begriff, „Kirche“, ist Kepler dabei bezüglich dieser drei Begriffe noch am uneindeutigsten: So sprach er mindestens fünf Mal bezüglich der Evangelischen/Lutherischen/Reformierten Kirche von Kirche.225 Bezüglich der Römisch-Katholischen Kirche sprach er mindestens an drei Stellen von Kirche (Römische Kirche).226 Am häufigsten steht dieser Begriff jedoch für die Kirche im

221 Vgl. NELLEN, De Zinspreuk „in Necessariis Unitas, in Non Necessariis Libertas, in Utrisque Caritas“, in: DRCH 79, S. 100. 222 Vgl. FRANZ, Bücherzensur und Irenik, in: BRECHT, Contubernium 15, S. 150. Es ist aber vielmehr anzunehmen, dass Meldenius diese Lehre bei Kepler über Schickard aufgegriffen hatte, oder über ihn mit de Dominis in Berührung gekommen ist. So waren Schickard und Meldenius (hier: Meyderlin) gut befreundet und in regem Austausch; vgl. den Brief Schickards an Kepler am 11. Mai 1624, in: KGW XVIII, Nr 985, S. 185. 223 Vgl. Den Aufsatz NELLEN, De Zinspreuk „in Necessariis Unitas, in Non Necessariis Libertas, in Utrisque Caritas“, in: DRCH 79, S. 100. 224 DOMINIS, De republica ecclesiastica, lib. IV, cap. VIII (S. 585). 225 Evangelisch, Lutherisch und Reformiert stehen dabei ebenfalls synonym. Mit reformiert ist hier ausdrücklich nicht Calvinisch gemeint. Die entsprechenden Stellen sind: 23,18; 25,15; 32,18; 37,18f.; 37,20. 226 25,9; 35,22; 35,34f. 42

Allgemeinen, also der „warhafftigen Catholischen Kirch“, das heißt der Kirche, die als einzige im Sinne Keplers als solche einen Wahrheitsanspruch für sich beanspruchen kann.227 Das zweite Begriffspaar, das es nun zu untersuchen gilt, sind „Partheyen“228 und „factiones“229. Beim Umgang mit diesen Worten war Kepler deutlich präziser, selbst wenn auch sie synonym zueinander verwendet wurden. Mit Parthey beziehungsweise dessen lateinischer Übersetzung factio machte Kepler sein Verständnis von den einzelnen Konfessionen deutlich: Sie sind nicht mehr als Parteien, der lateinische Begriff ließe sich dabei sogar mit „Sekte“ übersetzen.230 Den Begriff „Confession“ dagegen verwandte Kepler nur im eigentlichen Wortsinn, also für Bekenntnis.231 Damit ist besonders in 24,9 und 28,6 sein eigenes Bekenntnis gemeint, das er gerade ablegte. Anhand dieser drei Begriffe und dem Keplerschen Verständnis derselben in Verbindung mit seiner „begird des fridens in religionssachen“232 lässt sich der Kern Keplers Irenik, nämlich hinsichtlich seines ekklesiologischen Verständnisses hervorragend beschreiben. Wenngleich hinsichtlich des Begriffes „Kirche“ noch keine qualitative Eindeutigkeit festzustellen ist, so lässt sich wenigstens eine quantitative Auffälligkeit erkennen: Kirche ist vor allem dann „Kirche“ für Kepler, wenn sie eine Kirche ist. Wenn sie sich selbst in Partheyen oder factiones aufspaltet, dann ist ihre wahre Gestalt nicht mehr erkennbar. Oder anders – durch den Naturwissenschaftler Kepler beschrieben –, wenn mehrere Partheyen einen Wahrheitsanspruch an sich selbst haben, dann muss dies ein Selbstwiderspruch sein, der in die Irre führt.233 Hinsichtlich des Confession-Begriffes Kepler lässt sich auf den ersten Blick nichts Auffälliges erkennen. Im 16. Und 17. Jahrhundert wurde dieser Begriff noch nicht im heutigen Sinnverständnis verwendet. Diese Umdeutung von Bekenntnis zu Kirche im institutionellen Sinne dieses Wortes geschah erst im 19. Jahrhundert.234 An zwei Stellen verwendete Kepler den Begriff jedoch nicht für die Augsburgische Confession, sondern für seine eigene. Bei der ersten Verwendung betont er dabei noch, dass er keine eigene Confession unter seinem eigenen Namen verfassen möchte, um dadurch nicht selbst zum Ketzer zu werden.235 An der zweiten Stelle betonte er dann aber eine eigene

227 25,32; 28,26; 29,48; 30,3; 30,6; 31,20; 31,27; 32,11f.; 32,19; 33,8; 34,18 und 35,1f. 228 Kepler verwendet diesen Begriff insgesamt 23,32; 24,11; 24,31; 25,18; 25,30; 25,43; 27,14; 27,18; 27,21; 27,22; 27,23; 30,23; 30,41; 31,3; 31,5f.; 32,41; 33,5; 33,9; 34,43 und 35,7. 229 27,16; 31,18. 230 Vgl. HÜBNER, Theologie Johannes Keplers, S. 70. 231 24,9; 24,31; 25,5; 25,10; 25,23; 28,5; 29,12; 29,15; 29,16; 30,18; 31,35; 31,40f.; 32,41; 33,31; 35,31 und 37,31. 232 34,19. 233 Vgl. 4.3.1. und 25,43–45. 234 Vgl. dazu OBERDORFER, Art. Konfession, Sp. 1546. Natürlich ist dies eine protestantische Perspektive auf diesen Begriff, die Römisch-Katholische Kirche nimmt weder für sich selbst, noch für protestantische Kirchen diesen Begriff in Anspruch, ersteres ist demnach die Kirche zweiteres kirchenähnliche Gemeinschaft. 235 24,9. 43

Confession zu haben.236 Diese Confession entspreche dabei aber genau seinem Kirchenbegriff und ist durch eine „begird des fridens“ und „Christliche Band der Liebe“ (28,4) zu finden.237

5.4.2. Die Widmung in der Harmonice Mundi

Seine Prognostices die er hinsichtlich de Dominis in seiner Verwerfung des Verdachts der Unbeständigkeit gemacht haben, bestätigen diese Annahme.238 Dort kündigte Kepler de Dominis als neuen Propheten an, der die Kirche nach einem „blutigen Krieg“ (34,2) zu einem „Konzil“ (32,30) und einer „vernünftigen Reformation“ (34,41) führen und „vereinen“ (32,41) werde. De Dominis wurde deshalb von Kepler noch an anderen Stellen erwähnt. In seinen Briefen nannte er de Dominis häufig. Dabei beschrieb er ihn als italienischen oder wällschen Eckard.239 An viel prominenterer Stelle wurde er aber ebenfalls von Kepler erwähnt. Und zwar in seinem Widmungsschreiben an Jakob I. von England in seiner Harmonice mundi, in welcher er de Dominis zwar nicht wörtlich nennt, jedoch mit der Metapher von einem Arzt umschreibt. De Dominis sei demnach der

„höchste Arzt […], der die Heilung schon in Angriff genommen, schon zur Ausführung gebracht, indem er der Welt schon die gesundenden Mittel gezeigt [habe.] inzwischen aber in dem allgemeinen Unheil und Verderben ätzende Mittel anwende, bis das faule, wilde Fleisch der gegenseitigen Lieblosigkeit aufgezehrt [sei] und das Schmerzgefühl bis zur Tiefe des gesunden Fleisches vorgedrungenden [sei. Er werde] ehestens auch lindernde Mittel gebrauchen, um die Geschwülste zu vertreiben, auf dass schließlich jene Mittel zur Vernarbung Anwendung finden können und endlich diese lange Dissonanz in reine, dauerhafte Harmonie auflösen“.240

Auch hier konnte Kepler 1619 in einer durch seine eigene Situation und den Beginn des Dreißigjährigen Krieges ohnehin schwierigen Lage nicht offen schreiben und wählte diese Metapher des Arztes für de Dominis. Was er damit meinte, ist jedoch nach den bisherigen Ausführungen zu Keplers Irenik offensichtlich und fasst seine Hoffnungen hinsichtlich einer „echten“ Reformation und Wiedervereinigung der Kirchen noch einmal bestens zusammen.

6. Rezeption und weiterer Verlauf

Für Kepler nahmen die Auseinandersetzungen hinsichtlich seiner Theologie kein gutes Ende: Er sollte im Weiteren nie wieder eine Stelle in Württemberg annehmen können. Auch in Linz blieb er nicht mehr lange. Nachdem die anderen Protestanten 1625 bereits aus Linz vertrieben worden waren und er nur aufgrund seines Namens davon ausgenommen war, fand er in Sagan in Schlesien

236 28,5. 237 Vgl. BIALAS, Johannes Kepler, 150–154. 238 Prognostices sind im 16./17. Jahrhundert eigentlich gebräuchliche Zeichen des Glaubens. Im Pietismus später werden beispielweise durch Berechnungen aus der Bibel die Parusie Christi vorherberechnet, auch spielen Visionen und Träume in der Zeit vor der Aufklärung noch eine viel bedeutendere Rolle. 239 Vgl. bspw. im Brief Keplers an Johannes Remus Quietanus (1588–1654), Ende Oktober 1619, in: KGW XVII, Nr. 859, S 406–411. 240 KEPLER, Weltharmonik, S. 9. 44

ausgerechnet in Albrecht von Wallenstein (1583–1634) einen neuen Förderer.241 1630 verstarb Kepler dann auf einer Reise in Regensburg an Folge einer Krankheit. Das Grab Keplers, des Mannes, der seine persönliche Stellung und seinen Ruf aufgrund seiner irenischen Theologie immer wieder aufs Spiel gesetzt hatte und zeit seines Lebens deshalb mit existentiellen Herausforderungen zu kämpfen hatte, befand sich wohl auf dem Friedhof von St. Peter vor den Stadtmauern und verschwand während des von ihm angekündigten – aber wohl in seiner Tragweite und Heftigkeit maßlos unterschätzten – Konfessionskrieges, während der Belagerung durch die Schweden.242

6.1. Reaktionen der Briefpartner auf das Glaubensbekenntnis

Kepler hatte sein Glaubensbekenntnis in einer Auflage von 100 Stück drucken lassen. Der Zweck desselbigen war also, in einem kleinen (Freundes-) Kreis verbreitet zu werden. Der Versand des Glaubensbekenntnisses an Freunde ist in zwei Antwortbriefen direkt nachweisbar. So ist es zuerst bei Wilhelm Schickard belegt. Dieser schrieb an Kepler im Februar 1624 und bedankte sich für den Erhalt des Glaubensbekenntnisses.243 Ein zweites versandtes Exemplar ist bei Peter Crüger im Juli 1624 nachweisbar.244 Crüger antwortete Kepler auf das Glaubensbekenntnis, dass er dadurch etwas mehr Klarheit in dieser Kontroverse erfahren habe und so könne er das Glaubensbekenntnis auch als „Anleitung zu christlichem Leben“ begreifen.245 Schickard bemerkte dazu, dass dieses Bekenntnis in Tübingen kaum Gehör finden würde, da die Tübinger Theologen durch die Auseinandersetzungen mit den sächsischen Theologen viel zu sehr beschäftigt seien, als Keplers Schrift zu zerrupfen.246 Des Weiteren sind schon in Briefen zuvor Diskussionen bezüglich des Glaubensbekenntnisses beziehungsweise seines Inhalts erkennbar. Angesprochen wurde bereits der Brief Besolds an Kepler, in welchem dieser Kepler abriet, das Glaubensbekenntnis zu veröffentlichen;247 ebenso die Korrespondenz mit Erasmus von Starhemberg: Bereits für das Jahr 1613 ist darin nachweisbar, dass dieser und Kepler sich über de Dominis austauschen.248 Starhemberg war in Oberösterreich neben genanntem Tschernembl wohl der wichtigste Förderer Keplers. Dabei war er lange Sprecher der oberösterreichischen Protestanten und hatte spätestens ab 1625 mit der strengen Religionspolitik

241 Vgl. ZITELMANN, Keplers Welten, S. 1193f. 242 Vgl. ebd. 243 „Gratias magnas pro Calendario et confessione“, in: Schickard an Kepler am 25. Februar 1624, in: KGW XVIII, Nr. 975 (S.171, Z. 41f.). 244 Crüger an Kepler am 15. Juli 1624, in: KGW XVIII, Nr. 990 (S. 194, Z. 231). Zu der Briefkorespondenz mit Schickard und Crüger s.o. Kap. 3.1. Historischer Kontext. 245 A.a.O., S. 194, Z. 236. 246 Schickard an Kepler am 25. Februar 1624, in: KGW XVIII, Nr. 975, S. 171, Z. 42f. 247 Brief Besolds an Kepler am 2./12. April 1623 in: KGW XVIII, Nr. 945 (S. 122). 248 Starhemberg an Kepler am 12. April 1613, in: KGW XVII, Nr. 648 (S. 47, Z. 7). 45

Ferdinands II. (reg. 1619–1637) zu kämpfen, als seine Güter konfisziert wurden.249 Auch mit dem Venezianer Vinzenz Bianchi sprach Kepler in einem Brief im Jahr 1619 über seine Prognostices hinsichtlich de Dominis.250 Ebenso ist de Dominis in der Korrespondenz mit Johannes Remus Quietanus (1588–1654), zu finden.251 Zudem müssen Thomas Lansius und auch Besold als Empfänger des Glaubensbekenntnisses angenommen werden, da im bereits erwähnten Brief Keplers an Bernegger aus dem August 1623 die Anmerkung zu finden war, dass eben diese die Schrift an sich nehmen sollten, sollte Bernegger der Druck des Glaubensbekenntnisses in Straßburg zu große Probleme bereiten.

6.2. Berneggers Tuba Pacis

Der erste, der das Glaubensbekenntnis zu sehen bekam, war Matthias Bernegger, der auch die ersten Korrekturen daran besorgt hatte.252 Bernegger zählte neben Schickard und Besold in Tübingen zu Keplers engsten und dauerhaftesten Briefpartner. Ihre überlieferte Korrespondenz beträgt allein 46 Briefe seit 1605. Dabei standen vor allem ökumenische Gedanken, sowie naturwissenschaftliche Modelle, vor allem das auf Kopernikus zurückgehende neue Weltbild im Mittelpunkt ihrer Konversation.253 Bernegger hatte zwei Jahre vor der Veröffentlichung von Keplers Glaubensbekenntnis eine eigene irenische Schrift veröffentlicht unter dem Titel „Tuba pacis“, „Friedensfanfare“.254 Gleichzeitig ist diese aber eben auch drei Jahre, nachdem Keplers mit seinem Glaubensbekenntnis begonnen hatte, veröffentlicht und durch den Briefkontakt zwischen den beiden und einer Widmung in der Tuba pacis nachvollziehbar, dass diese Schrift deshalb zur Rezeption des Glaubensbekenntnisses zu zählen ist.255 So hat er darin Keplers Rat angenommen, jedoch ohne seinen Namen zu nennen, im Kampf der Konfessionen eine irenische Haltung einzunehmen und alle Parteien in christlicher Liebe zu umfangen. Dabei formulierte er folgende Vorschläge zur Herbeiführung eines Kirchenfriedens:256

249 Vgl. WURZBACH, Art. Erasmus I., in: Biographisches Lexikon, S. 168f.: „Bereits im Jahre 1601 wurde er nach Wien einberufen, um sich zu verantworten, warum er das im Landhaus zu Linz durch kaiserlichen Befehl schon einmal abgestellte lutherische Religions-Exercitium, dem kaiserlichen Befehle entgegen, wieder eingeführt habe.“ 250 Brief Keplers an Bianchi am 17. Februar 1619, in: KGW XVII, Nr. 827 (S. 321–328, hier. S. 504, Z. 290). 251 Brief Keplers an Johannes Remus Quietanus Ende Oktober 1619, in: KGW XVII, Nr. 859, S 406–411. 252 Vgl. Brief Berneggers an Kepler, in: KGW XVIII, Nr. 960 (S. 139) und ZITELMANN, Keplers Welten, S. 987. 253 Vgl. ZITELMANN, Keplers Welten, S. 987. 254 BERNEGGER, Tuba pacis, Straßburg 1621. 255 Vgl. den Brief Keplers an Bernegger am 11./21. August 1621, in: KGW XVIII, Nr. 920 (S.75). Darin bestätigt Kepler, dass er sich in Berneggers Tuba pacis wiedererkenne. 256 Dabei sagt Bernegger ausdrücklich, dass er den Namen dessen, auf den er sich hier beruft, nicht nennen möchte, da 1621 unklar war, ob Kepler sein Glaubensbekenntnis überhaupt veröffentlicht: nec illum nominabo, in: BERNEGGER, Tuba Pacis, S. 361. Gleichzeitig ist durch den Verweis in Keplers darauffolgenden Brief erkennbar, dass dieser diesen Teil auf sich bezieht, (vgl. Anm. zuvor). 46

1. Jeder einzelne beuge sich der Heiligen Schrift. Wo diese unklar bleibt, sollen die Interpretationen der alten Kirchenväter herangezogen werden, die unabhängig von den Kirchenspaltungen der heutigen Zeit anerkannt werden können. Außerdem orientiere man sich an jenen unverfälschten Konzilen, die sich von keinem fanatischen Eifer einnehmen ließen. 2. In den Kontroversen dieser Zeit, in denen es keine Beschlüsse eines Konzils gibt, soll niemand den anderen verurteilen. Jeder möge sich in aller Zurückhaltung eine andere Meinung bilden, unter der Voraussetzung, dass sie sich später einem freien von einem Papst unabhängigen Konzil beugen. 3. Alle Teile ([Konfessions-]Parteien) seien verbunden in der Nächstenliebe.257 Alle Lehrmeinungen sind, soweit möglich, in wohlmeinendem Sinn aufzufassen. Man solle sie nicht von vornherein verdächtigen, oder einzelne Äußerungen und Vorfälle hochspielen.

Berneggers Intention war es aber dabei, nicht wie Kepler eine irenische Theologie zu verteidigen, sondern sich auf friedensphilosophischer Ebene für eine Ende des in Deutschland wütenden Religionskrieges einzusetzen. Er interessierte sich besonders für die politischen Folgen und zeigte ein imperialistisches Interesse Spaniens besonders auf die Nachfolge als Schutzmacht des Papstes auf.258 Dabei wäre aber auch der Papst schlecht bedient, da Spanien dadurch nur seine Weltmachtstellung festigen wolle. So prangerte Bernegger den Völkermord Spaniens an den Indios in der Neuen Welt an. Hier vertrat er den Standpunkt, dass diese besser unterwiesen und gefördert werden sollten, anstatt unter dem Deckmantel der Religion unterjocht zu werden.259 Berneggers Ziel war es also, aufzuzeigen, dass Religionsunterschiede kein Menschrecht verletzen würden und deshalb auch keine Religionskriege geführt werden dürften (nec bellum religionis causa suscipi potest).260 Bernegger setzte so die irenische Idee Keplers sowohl auf politischer und ethischer Ebene fort und schien damit – trotz einer deutlich größeren Kritik an der politischen Praxis – auf weniger Kritik zu stoßen, als Kepler der auf einer theoretisch- apologetischen Ebene argumentierte. Bernegger wird dann auch noch einmal in der Rezeption des Keplerschen Glaubensbekenntnisses bedeutsam: So legte Bernegger, der wohl ein paar Exemplare des Druckes behalten hatte, einem Straßburger Ratsherrn das Glaubensbekenntnis Keplers vor, der aus konfessionellen Gründen einer Berufung Keplers dorthin widersprochen hatte.261 Aber auch hier

257 Übersetzt aus BERNEGGER, Tuba pacis, S. 362. Auch hier ist der Einfluss de Dominis‘ erkennbar. 258 Vgl. ZITELMANN, Keplers Welten, S. 988. 259 Vgl. ebd. Für die damalige Zeit waren dies relativ unerhörte Töne. Abgesehen von der Mission der Jesuiten – die dafür teilweise ebenfalls scharf kritisiert wurden – hatte zu dieser Zeit kaum jemand versucht, die Naturvölker als Menschen zu betrachten. 260 Vgl. BERNEGGER, Tuba pacis, S. 91. 261 Vgl. HÜBNER, Theologie Johannes Keplers, S. 77f. 47

war eine Durchsicht desselbigen durch diesen Ratsherrn nicht zielführend. So musste Bernegger Kepler darauf antworten, dass der Ratsherr Keplers „terribilem generis neutri belluam“262 stärker fürchte, als bei diesem Anstoß nehmen zu wollen. Mit dem „bellua neutri generis“ („geschlechtsloses Monster“) war dabei das Stuttgarter Konsistorium gemeint: „Unter dem Tier sind die württembergischen Theologen, insbesondere das Konsistorium in Stuttgart und die theologische Fakultät zu verstehen.“263 Damit sind also die gleichen Personen gemeint, die Kepler in seinem Glaubensbekenntnis als Widersacher anzugehen versucht hatte (vgl. 4.3.3.). Das eigentliche Interessante an dieser Aussage ist aber, dass dadurch offensichtlich wird, dass es in der Folge nicht mehr um eine mögliche Heterodoxie oder Ketzerei Keplers ging, also um die (Glaubens-)Sache Keplers selbst, sondern, dass allein die Auslegung der (Glaubens-)Sachen durch Hafenreffer und das Stuttgarter Konsistorium bis 1619 entscheidend für jede weitere Beurteilung geworden war.

6.3. Keplers Notae ad Epistolam Hafenrefferi

Kepler hatte sowohl zuerst in seiner Korrespondenz mit Hafenreffer und dem Stuttgarter Konsistorium als auch danach in seinen theologischen Schriften, dem „Unterricht vom H. Sakrament“ und seinem Glaubensbekenntnis seine theologischen Erkenntnisse eigentlich ausreichend dargestellt. Trotzdem verfasst er 1625, zwei Jahre nach dem Druck des Glaubensbekenntnisses und sechs Jahre nach dem Tod Hafenreffers eine Schrift, die er „Notae ad Epistolam Hafenrefferi“ nannte und die eine ausführliche Reaktion auf den letzten Brief Hafenreffers vom 31. Juli 1619 darstellte.264 1625 bekam die konfessionelle Frage für Kepler noch einmal eine neue Relevanz: In Linz wurde Ende 1624 schon die evangelische Landschaftsschule geschlossen und im März 1625 alle nicht-katholischen Bücher verboten. Allein Kepler und sein Linzer Drucker Planck waren vom Reformationspatent am 10. Oktober 1625 nicht betroffen und er konnte nun in kaiserlichen Diensten weiter als Mathematiker arbeiten.265 So ließ Kepler im April 1625 seinen Sohn Hildebert katholisch taufen.266 Gleichzeitig lehrte er aber seinen Kinder weiter einen evangelischen Glauben, aber eben das, was dem Frieden diene, was beiden Kirchen gemeinsam sei.267

262 Brief Berneggers an Kepler am 23. Februar 1627, in: KGW XVIII, Nr. 1038 (S. 281, Z. 31). 263 So interpretiert zumindest CASPAR eine Stelle aus dem Prognosticum Keplers, vgl. CASPAR, Prognosticum, in: NK 7, S. 47–53, hier: S. 48. und mit ihm HÜBNER, vgl. HÜBNER, Theologie Johannes Keplers, S. 78. Kepler spricht selbst in einem Brief an Crüger am 28 Februar 1624 noch von einem „Animali Generis Neutri“, in: KGW XVII, Nr. 974 (S. 168, Z. 327). 264 Die Schrift ist ediert in den Theologica Keplers, in: KGW XII, S. 46–62. 265 Vgl. HÜBNER, Theologie Johannes Keplers, S. 87. 266 Der Name Hildebert ist hier wohl bewusst gewählt, da Kepler wohl hier an den Erzbischof von Tours, Hildebert von Lavardin (ca 1056–1133), erinnern wollte, besonders an dessen Abendmahlsverständnis, vgl. a.a.O., S.88. 267 Kepler an Guldin, am 7. Februar 1626, in: KGW XVIII, Nr. 1024 (S. 258, Z. 51–53). 48

Ein weiterer Grund für die Veröffentlichung der Notae war der, dass in der Verteidigungsschrift der Tübinger Theologen gegen Balthasar Mentzer d.Ä. (1565–1627) und dessen Gesinnungsgenossen in Gießen der letzte Brief Hafenreffers an Kepler veröffentlicht worden war.268 Dort findet sich der Brief deklariert als „Epistola Hafenrefferi privata […] ad D. Kepplerum“, jedoch ist er dort auch ausdrücklich von Lucas Osiander und Theodor Thumm, also den anderen beiden theologischen Ordinarii, unterzeichnet.269 In der Kontroverse zwischen den Gießener und Tübinger Theologen ging es um die Frage, wie sich das irdische Leben Jesu mit den göttlichen Eigenschaften vereinigen lässt, die von der göttlichen Natur Christi nach lutherischer Auffassung auch seiner menschlichen Natur übereignet worden sind (genus majestaticum in der Lehre von der communicatio idiomatum).270 Mentzer vertrat die Auffassung, dass Christus nach seiner menschlichen Natur während seines irdischen Lebens die göttlichen Majestätseigenschaften nicht nur verborgen, sondern veräußert habe (Kenosis). Die Tübinger Theologen hielten weiter an einer strengen Ubiquitätslehre fest. Kepler erkannte in dieser Kontroverse natürlich Parallelen zwischen seiner und Mentzers Auffassung, die die Menschlichkeit der menschlichen Natur Christi stärker betonte. Kepler erfuhr bei einem Aufenthalt in Tübingen im Juni/Juli 1625 von der Veröffentlichung des Briefes Hafenreffers in den Acta Mentzeriana, wodurch er „in aller Öffentlichkeit fast als Ketzer gebrandmarkt und sein persönliches Ansehen nicht eben gehoben“271 wurde. Daraufhin verfasste er seine Notae um sich zu rechtfertigen und gleichzeitig seinen Standpunkt darzustellen. So sind diese so aufgebaut, dass er immer wieder auf einzelne Vorwürfe Hafenreffers einging und diese aus seiner Perspektive theologisch zu entkräften versuchte. Seine dogmatische Hauptthese war darin, dass „der göttliche Logos dadurch, dass er die menschliche Natur in die Einheit in seiner Person aufgenommen hat, nicht aufgehört hat, bei den übrigen Kreaturen der Welt als deren Grund und Ziel zu sein.“272 So hat das Fleisch eine in Raum und Zeit begrenzte Natur. Daher sei es nicht möglich, dass es mit dem Logos allgegenwärtig geworden ist, wie die württembergischen Theologen lehrten.

„Der göttliche Logos tut vielmehr ein doppeltes Werk – das der Erlösung, das er als zweite Person der Trinität in persönlicher Vereinigung mit der menschlichen Natur durch das stellvertretende Leiden und Sterben Christi ausrichtet, und das der Erhaltung und Lenkung der Schöpfung, das er seinem Wesen entsprechend, zusammen mit dem Vater und dem Heiligen Geist ausübt.“273

268 Vgl. HÜBNER, in: KGW XII, S. 297. Vgl. dazu auch BAUR, Tübinger Christologie in: BRECHT, Contubernium 15, S. 195–269. 269 Vgl Acta Menteriana, S. 62. 270 Vgl. HÜBNER, in: KGW XII, S. 297. 271 A.a.O., S. 99. 272 Ebd. 273 Ebd. 49

Darin, so argumentierte Kepler, stimme er überein mit der Heiligen Schrift und dem christlichen Altertum, also den Kirchenvätern und stehe im Gegensatz zur württembergischen Christologie. Also auch hier stellt er den consensus antiquitatis höher als die dogmatische Engführung der lutherischen Orthodoxie. Dies war die letzte theologische Veröffentlichung Keplers, wenngleich in Briefen noch ein verschollener Text nachweisbar ist, die er gegen die Römisch-Katholische Kirche vorbereitet hatte, aber nie zum Druck kam.274

7. Fazit

Die Untersuchung des Keplerschen Glaubensbekenntnisses hat gezeigt, dass Johannes Kepler auch als Theologe selbstständig agierte. Dabei zog er seine Erkenntnisse allein aus der Bibel und den Lehren der Kirchenväter. Diese grundlegende Einsicht versuchte er dabei gegen alle Widrigkeiten konsequent umzusetzen. So entwickelte er eine eigenständige Irenik, basierend auf den Schriften der heute in Vergessenheit geratenen, in England wirkenden Theologen Isaac Casaubonus und Marcantonio de Dominis. Seine irenischen Einsichten unterschieden sich deshalb beispielweise von Franz Junius in Heidelberg, der einen consensus antiquitatis noch kategorisch ausgeschlossen hatte. Für Kepler war aber allein dies konsequent, wenn sein Ziel eine Einheit der verschiedenen Konfessionen sein sollte und die Römisch-Katholische Kirche dabei ebenfalls berücksichtigt werden sollte. Auf Grundlage der Schriften Casaubonus‘ und de Dominis‘ vertrat Kepler neben dem consensus antiquitatis auch – zumindest implizit – eine Irenik, die bis heute durch den Leitsatz „In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas“ zusammengefasst wird. So war es Kepler – und nicht wie in der Forschung bisher angenommen Georg Calixt –, der als erster Protestant im deutschsprachigen Raum zu dieser Einsicht gelangt ist. Freilich ist Calixt kurz darauf beim Studium ähnlicher Schriften – er erkannte dies zuerst in seinem Kommentar Vinzenz von Lérins –, zur gleichen Einsicht, unabhängig von Kepler gekommen, ebenso Peter Meldenius. Anhand dieses Nachweises aber, auch anhand der Briefkorrespondenz, zeigte sich, wie gut vernetzt und informiert Kepler über das Geschehen in großen Teilen Europas war. Neben dem Studium der Schriften der beiden in England wirkenden Theologen sind beispielweise Beziehungen bis nach Danzig (Crüger), Straßburg (Bernegger), oder auch Venedig (Bianchi) nachweisbar. Inhaltlich ergab sich dieser Grundsatz für ihn aus seiner Ekklesiologie, seiner Christologie und seines Abendmahlsverständnisses und seinen persönlichen Konsequenzen. Dort wo eine Kirche einen Wahrheitsanspruch erheben kann, muss sie eine Kirche sein, das heißt, mit einem Fundament auf der Heiligen Schrift und der Auslegungen der Kirchenväter. Dort wo es Zweifel gibt, der sich durch Uneinigkeit ausdrückt, wie beispielweise im Abendmahlsverständnis und der Christologie

274 Vgl. Besold an Kepler am 17./27. September 1626, in. KGW XVIII, Nr. 1030 (S. 271f.). 50

der einzelnen Konfessionen, müsse gegenseitige Toleranz gegeben sein. Und dort, wo auf dieser Grundlage kein Konsens zu finden sei, soll dieser aufgrund von Nächstenliebe geschaffen werden. Keplers theologisches Selbstverständnis war dabei das eines Naturwissenschaftler, wie auch umgekehrt das naturwissenschaftliche Selbstverständnis aus seiner Theologie entstanden war. So gewann Kepler die Grundlagen seiner Irenik aus seiner Wahrheitssuche. Deshalb konnte eine Konfession für ihn keine Wahrheit für sich selbst beanspruchen, geschweige denn, seinen Mitgliedern vorschreiben, was wahr ist, wenn diese Erkenntnis nicht direkt aus der Heiligen Schrift beziehungsweise der Auslegung der Kirchenväter gezogen worden ist. Dies brachte ihm zeitgenössisch den Vorwurf ein, ein „Schwindelhirnlin“275 zu sein, während er sich selbst als „Priester Gottes am Buch der Natur“276 verstehen konnte. Das Glaubensbekenntnis war somit eine persönliche Apologie seiner Einsichten vor allem gegenüber dem Stuttgarter Konsistorium und der Tübinger Theologischen Fakultät. Darin bestand er darauf, dass er als Lutheraner auf dem Boden der CA sich nichts vorzuwerfen hatte, was einen Ausschluss vom Abendmahl rechtfertigen könnte. Dass er dabei die Konkordienformel nicht anerkennen wollte, beziehungsweise wie er bereits 1609 an Herzog Johann Friedrich schrieb, nur „bedingungsweise, in Bezug auf den nicht zu bekämpfenden [Frieden], und mit Einschränkung, um den Frieden zu wahren“, zeigt, dass er bereits zu diesem Zeitpunkt eine Irenik entwickelt hatte, die eine gegenseitige Verurteilung der Konfessionen ausschloss. Diese Einsicht zog er hier, wie auch später in seinem Glaubensbekenntnis, wiederum aus seinem Schriftverständnis der Bibel und der Kirchenväter und seinem in seiner naturwissenschaftlichen Erkenntnis begründeten Suche nach der Wahrheit, die einen Selbstwiderspruch in den konfessionellen Spaltungen erkannt hatte. Aufgrund der in seinem Glaubensbekenntnis beschriebenen, grundlegenden Ablehnung der verschiedenen Kirchen, die sich zu seiner Zeit in einer immer noch anhaltenden, kontroverstheologischen Polemik ausdrückte, kündigte er deshalb als einzige Möglichkeit einer nachfolgenden Einigung der Konfessionen einen blutigen Krieg an. Dass er damit Recht behalten sollte, war ihm dabei spätestens ab 1618 klar, als ebendieser Konfessionskrieg, der Dreißigjährige Krieg begann. Die Ausmaße und die Folgen dieses Krieges sollten aber viel verheerender sein als es sich Kepler wohl je hätte vorstellen können. Das eigentlich makabre an seiner Ankündigung dieses Krieges war jedoch, dass, als das Glaubensbekenntnis im Oktober/November 1623 veröffentlicht wurde, im Westfälischen Frieden 1648 ein zwei bis drei Monate auf Keplers Veröffentlichung folgender, normierender Referenzpunkt mit dem 1. Januar 1624 als dies decretorius rückwirkend angenommen wurde, um die Konfessionsfrage der einzelnen Territorien zu klären: Was bis dahin katholisch war, musste nach 1648 auch katholisch sein, was bis dahin

275 Grüninger über Kepler in einem Brief an Lukas Osiander vom 1. Juli 1619, vgl. Anm. 122. 276 Vgl. 5.1.2. 51

lutherisch war, musste wieder lutherisch werden ebenso hinsichtlich der Reformierten.277 Vielleicht wäre der Graben zwischen den Konfessionen nicht so tief geworden und Kepler hätte mit seinen Prognostices mehr Recht behalten, wenn der Krieg 1624 tatsächlich geendet hätte. Denn so kam kein Konzil der Konfessionen nach dem Krieg zusammen, sondern ein Reichstag, der zwar eine interkonfessionelle Einigung schuf, eine konfessionelle Einung aber stand nicht mehr zur Debatte. Die Apologie, die Kepler in seinem Glaubensbekenntnis ausführte, brachte hinsichtlich ihrer Wirkung in seinem weiteren Leben wenig Ertrag. So zeigte sich spätestens in dem Versuch Berneggers, Kepler an der Straßburger Universität zu empfehlen und mit dem Glaubensbekenntnis Zweifel auszuräumen, dass mittlerweile das Urteil des Stuttgarter Konsistorium, des „geschlechtslosen Monsters“, mehr Autorität besaß, als eine selbstständige, unabhängige Auseinandersetzung mit den Schriften Keplers. So war das Urteil über die Keplersche Heterodoxie durch die lutherische Orthodoxie in Stein gemeißelt. Kepler fand nachfolgend ausgerechnet in Wallenstein in Sagan einen neuen Förderer. Neben dem Glaubensbekenntnis wird die Irenik Keplers nicht zuletzt durch seinen biographischen Hintergrund erklärbar: als getaufter Katholik, als zum Luthertum konvertiertes Kind und dem calvinistischen Abendmahlsverständnis nahestehenden Studenten. Diesen „Trispalt“, der ihm von Zeitgenossen oft genug den Vorwurf der Heterodoxie einbrachte, deutete Kepler selbst in seinem Glaubensbekenntnis inhaltlich positiv: durch eine Irenik, die auch seinem naturwissenschaftlichen Verständnis als Wahrheitssuchender entsprach und die seiner Zeit wohl um einiges voraus war. So war es dieser große Geist, der durch die neu gewonnene Freiheit der Reformation, besonders durch das Stipendiensystem Herzog Ulrichs und Christophs überhaupt an Bildung gelangen konnte, der zu einem großen Verlierer der theologischen Engführung des Konfessionsbildungsprozesses durch die FC wurde, die ihm eine weitere Anstellung in Württemberg verwehrt hatte und ihn immer wieder auch vor existenzielle Probleme stellte.

277 Vgl. BRENDLE, Das konfessionelle Zeitalter, S. 199f. 52

8. Literaturverzeichnis

8.1. Quellen

8.1.1. Handschriften

KEPLER, Johannes: Unterschrift unter die FC, in: Landeskirchliches Archiv Stuttgart (LKAS), Hs 8: Concordia. Christliche Widerholete einmütige Bekentnüs nachbenanter Churfürsten Fürsten vnd Stende Augspurgischer Confession […], Tübingen: Georg Gruppenbach 1580, handschriftlicher Anhang, S. 93.

8.1.2. Drucke

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BERNEGGER, Matthias: Tuba Pacis TUBA PACIS OCCENTA SCIOPPIANO BELLI SACRI CLASSICO, Salpiste THEODOSIO BERENICO, NORICO, Historiarum et Patriae Studioso. PAX OPTIMA RERUM, Straßburg: Nicolaus Wyriot d.J. 1621 [VD17 23:258806B]

CASAUBONUS, Isaac: Exerciationes

ISAACI CASAUBONI DE REBUS SACRIS & Ecclesiasticis EXERCITATIONES

XVI. Ad Cardinal. Baronii Prolegomena in Annales, & primam eorum partem, de D.N.

JESU CHRISTI Natiuitate, Vita, Passione, Assumtione AD IACOBVM DEI GRATIA

[…] CUM PROLEGOMENIS AUCTORIS, in quibus de Baronianis Annalibus candide disputatur […] Frankfurt: Ruland, Johann/Bringer, Johann 1615 [VD17 12:116615R].

DOMINIS, Marcantonio de: - Causae Profectionis suae ex Italia: Marci Antonii De Dominis, Archiepiscopi Spalatensis, Causae Profectionis suae ex Italia, Heidelberg: N.N. 1617 [VD17 23:249417V]. - De pace religionis:

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DE PACE RELIGIONIS MARCI ANTONII DE DOMINIS SPALATENSIS ARCHIEPISCOPI EPISTOLA Ad Venerlabiem Virum Iosephum Hallum, Archpresbyterum Vigorniensem […] O.O. 1666. - De Republica Ecclesiastica: De Republica Ecclesiastica Libri X, Auctore Marco Antonio de Dominis, Achiepiscopo Spalatensi. Cum suis Indicibus, Londini, ex officina Nortoniana apud Io. Billium 1617. De Republica Ecclesiastica Libri X, Auctore Marco Antonio de Dominis, Achiepiscopo Spalatensi. Cum suis Indicibus, Heidelberg: Johannis Lacelotti 1618. [Normnummer: VD17 12:199730L]. - Sui reditus ex Anglia Consilium exponit: Marcus Antonius De Dominis Archiepisc. Spalaten. Sui reditus ex Anglia Consilium exponit. Ad Exemplar Romanum Impressum, [Romae die 24. Novembris 1622.] Mainz: Antonius Strohecker 1623 [VD17 3:002923A]. Deutsche Übersetzung: Marcus Antonius De Dominis Archiepiscopus Spalatensis Zeigt an un[d] erkläret seine bewegliche ursachen/ warumb er auß Engelland von der falschen/ widerumb zu der wahren und allein Seligmachenden Catholischen Römischen Kirchen getretten sey / Von dem Authore selbst Lateinisch beschrieben/ und nachmals ... in die Teutsche Sprach versetzt/ durch Thomam Vitum/ Fürstlichen Augspurgischen Registratorem/ zu Dillingen, Dilingen: Ulrich Rem 1623 [VD17 23:234829P] - A Relation Sent from Rome: A Relation Sent from Rome, of the Processe, Sentence, and Execution, Done upon the Body, Picture, and Bookes of Marcvs Antonius De Dominis, Archbishop of Spalato, after His Death (London 1624)

DIETRICH, Veit: Agend Büchlein für die Pfarrherren auff dem Land: Agend buͤ chleim für die Pfarherren auf dem Land, Nürnberg: Johan Vom Berg vnd Vlirch Neuber 1543 [VD16 A 638]

GAST, Hiob: Epistola: EPISTO=LA HION GAST AD IOANNEM Stiglerium, suoper contruersi rei Sacramentarieae. ITEM RESPONSIO D. MARTINI LVTHERI ad minstros uerbi dei apud Argentina, per G: Caselium Legatu, de uer=bis coenae dominicae. ITEM ANDREAE ALTHAMERI BREN=zii Epistola ad Chonradum Som Concionato rem

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Ulmensem, qua breuibus respo=det, […] Nürnberg: Peypus, Friedrich 1527 [VD 15 G 517].

GEORGII-GEORGENAU, Eberhard Emil von (Hg.): Fürstlich württembergisch Dienerbuch vom IX. bis zum XIX. Jahrhundert. „Das Gedächtnuss der Gerechten bleibt im Segen“, seiner Königlichen Hoheit dem Herzog Eugen von Württemberg, dem erhabenen Gönner aller wissenschaftlichen Bestrebungen in tiefster Ehrfurch gewidmet vom Herausgeber, Stuttgart: F. Simon 1877.

KEPLER, Johannes: - Glaubensbekenntnis: N.N.: Glaubensbekandtnus vnd Ableinung allerhand desthalben entstandener vngütlichen Nachreden, Gedruckt Im Jahr M.DC.XXIII, Straßburg 1623. Online verfügbar unter: http://digital.onb.ac.at/RepViewer/viewer.faces?doc=DTL_2384505&order=1&view =SINGLE, [abgerufen am 06.06.2019].

MELDENIUS, Rupertus (MEIDERLIN, Peter): Paraenesis votiva Paraenesis votiva, pro pace Ecclesiae ad Theologos Augustanae Confessionis. Auctore Ruperto Meldenio Theologo, ex sent. Ambros. Pax est nostra fides, ubi lis est: Sana laborat. Relligio, vel ibi Relligio omnis abest, S.I. 1625.

8.1.3. Editionen

BSELK: DINGEL, Irene (Hg.): Die Bekenntnisschriften der Evangelisch-Lutherischen Kirche. Vollständige Neuedition, Göttingen 2014.

DH: DENZINGER, Heinrich/ HÜNERMANN, Peter (Hgg.): Enchiridion symbolorum deefinitorum et declaratoum de rebus fide et morum. Kompendium der Glaubensbekenntnisse und kirchlichen Lehrentscheidungen, Lateinisch – Deutsch, verbessert, erweitert, ins Deutsche übertragen und unter Mitarbeit von Helmut

HOLPING, Basel/Freiburg i. Br./Wien 452017.

DOMINIS, Marcantonio de: De Republica Ecclesiastica

DOMINIS, Markantum de: De republica ecclesiastica libri X, libri I/II,III–IV, ediert von

Ante MALETIĆ, Split 2003.

HIRZEL, Carl: Vollständige, historisch und kritisch bearbeitete Sammlung der

württembergischen Gesetze, hrsg. von August Ludwig REYSCHER, Band 11,

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Abtheilung 2: Sammlung der Württembergischen Schulgesetze 2: Die Gesetze für die

Mittel- und Fachschulen bis zum Jahr 1846, Tübingen 1847.

KEPLER, Johannes: Briefe:

KGW, Bände XIII–XVIII, herausgegeben von Max CASPAR, im Auftrag der Deutschen Forschungsakademie und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, unter Leitung von Walther von Dyck† und Max Caspar, München 1945–1959.

Johannes Kepler in seinen Briefen, herausgegeben von Max CASPAR und Walther von DYCK, 2 Bände, München/Berlin 1930.

Werke:

Bibliographia Kepleriana:

Bibliographia Kepleriana, besorgt von Martha LIST, München ²1968.

Bibliographia Kepleriana, Ergänzungsband, zur zweiten Auflage, besorgt von Jürgen HAMEL, München 1998.

Bibliographia Kepleriana continuata: https://kepler.badw.de/bibliographia-kepleriana.html [abgerufen am 6. Juli 2019]

Bericht von einem neuen Stern 1604, in: KGW I, Mysterium Cosmographicum. De Stella Nova, herausgegeben von Max CASPAR, herausgegeben im Auftrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Forschungsakademie und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, unter Leitung von Walther von Dyck† und Max Caspar, München 1937, S. 391–399.

De Stella Nova in pede Serpentarii et de Trigono igneo 1606, in: KGW I, Mysterium Cosmographicum. De Stella Nova, herausgegeben von Max CASPAR, herausgegeben im Auftrag der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Forschungsakademie und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, unter Leitung von Walther von Dyck† und Max Caspar, München 1937, S. 147–390.

Glaubensbekenntnis, in:

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Band 6), herausgegeben von Marianne BEYER-FRÖHLICH, unveränderter reprografischer Nachdruck der Ausgabe Leipzig 1930, Darmstadt 1970. S. 15–39.

N. N. Glaubensbekandtnus und Ableinung allerhand deshthalben enstandener vngültlichen nachreden, Gedrcukt Jm Jahr 1623, in: Theologica: KGW, Band XII, Theologica, Hexenprozess, Tacitus-Übersetzung, Gedichte, bearbeitet von Jürgen HÜBNER, Helmuth GRÖSSING, Friedericke BOOCKMANN, Friedrich SECK, Redaktion Volker BIALAS, im Auftrag der Deutschen Forschungsakademie und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, begründet von Walther von Dyck† und Max Caspar†, fortgesetzt von Fritz Hammer, München 1990, S. 21–38.

Harmonice Mundi: Johannes Kepler, Weltharmonik, übersetzt und eingeleitet von Max CASPAR, herausgegeben im Auftrag der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in München, zweiter, unveränderter Nachdruck der Ausgabe von 1939, Sonderausgabe Darmstadt 1971.

Kepleri Vita: KOO, Band 8/2, Frankfurt 1871, S. 668–1028.

Notae ad Epistolam Hafenrefferi, in: Theologica: KGW, Band XII, Theologica, Hexenprozess, Tacitus-Übersetzung, Gedichte, bearbeitet von Jürgen HÜBNER, Helmuth GRÖSSING, Friedericke BOOCKMANN, Friedrich SECK, Redaktion Volker BIALAS, im Auftrag der Deutschen Forschungsakademie und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, begründet von Walther von Dyck† und Max Caspar†, fortgesetzt von Fritz Hammer, München 1990

Prognosticum:

Prognostikum auf d. Jahr 1620, herausgegeben von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, bearbeitet von Max CASPAR und Walther von DYCK (NK 7), München 1933.

Unterricht vom H. Sakrament:

Unterricht Vom h. Sacrament des Leibs vnd Bluts Jesu Christi vnsers Erloͤ sers. Fuͤ r meine Kinder / Hausgesind und Angehoͤ rige / Auß deren Vermahnung / so in den Evangelischen Kirchen vor der Außthailung fuͤ rgelesen wuͤ rt / hergenommen / und frag=und Antworts weise versfasset. Marci am X. Capitel. Wer das Reich Gottes nit empfahet wie ein Kind / der wuͤ rt nit hein kommen, in: KGW, Band XII Theologica, Hexenprozess, Tacitus- Übersetzung, Gedichte, bearbeitet von Jürgen HÜBNER, Helmuth GRÖSSING, Friedericke BOOCKMANN, Friedrich SECK, Redaktion Volker BIALAS, im Auftrag der Deutschen Forschungsakademie und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, begründet von Walther von Dyck† und Max Caspar†, fortgesetzt von Fritz Hammer, München 1990, S. 12–19.

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LUTHER, Martin:

De servo arbitrio, in: WA 18, herausgegeben von Joachim Karl Friedrich KNAAKE, Weimar 1908, S. 551–797. Die gantze Heilige Schrifft Deudsch, auffs new zugericht, Wittenberg 1545, letzte zu Luthers

Lebzeiten erschienene Ausgabe, herausgegeben von Hans VOLZ unter Mitarbeit von

Heinz BLANKE, Textredaktion Friedrich KUR, 2 Bände, nebst Beiheft, München 1972. Von der Freiheit eines Christenmenschen, in: WA 7, herausgegeben von Joachim Karl

Friedrich KNAAKE, Weimar 1897, S. 12–38.

MPSJ: Monumenta Paedagogica Societatis Iesu. Nova editio penitus retractracta IV (1573– 1580), (MHSJ 124), edidit ex integro refecit novisque textibus auxit Ladislaus LUKÁKS, Rom 1981.

8.2.Hilfsmittel

DER NEUE GEORGES. Ausführliches Handwörterbuch Lateinisch – Deutsch, aus den Quellen zusammengetragen und mit besonderer Bezugnahme auf Synonymik und Antiquitäten unter Berücksichtigung der besten Hilfsmittel, ausgearbeitet von Karl-Ernst GEORGES, herausgegeben von Thomas BAIER, bearbeitet von Tobias DÄNZER, Würzburg 2012.

Die Bibel. Nach Martin Luthers Übersetzung (=Lutherübersetzung), Lutherbibel, revidiert 2017, Jubiläumsausgabe, 500 Jahre Reformation, mit Sonderseiten zu Martin Luthers Wirken als Reformator und Bibelübersetzer, herausgegeben durch die DEUTSCHE BIBELGESELLSCHAFT, Stuttgart 2017.

GRIMM, Jacob/GRIMM, Wilhelm: Deutsches Wörterbuch, 16 Bde. in 32 Teilbänden, bearbeitet von Hermann WUNDERLICH und der Arbeitsstelle des Deutschen Wörterbuchs, Hans NEUMANN, Theodor KOCHS, Bernhard BECKMANN und anderen, Leipzig 1854-1961.

SCHWERTNER, Siegfried M.: Internationales Abkürzungsverzeichnis für Theologie und Grenzgebiete. Zeitschriften, Serien, Lexika, Quellenwerke mit bibliographischen Angaben, Berlin/New York ³2014.

8.3. Sekundärliteratur

8.3.1. Lexikonartikel

BAUTZ, Friedrich Wilhelm: Art. Dominis, Marcantonio de, in: BBKL 1, Nordhausen 1990, Sp. 1358.

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BRENNECKE, Hanns Christoph: Art. Eutyches/Eutyianischer Streit, in: RGG4 2, Tübingen 1999, Sp. 1686f.

CANTOR, Moritz: Art. Crüger, Peter, in: ADB 4, Leipzig 1876, S. 625.

DINGEL, Irene: Art. Casaubonus, in: RGG4 2, Tübingen 1999, Sp. 76f.

GALEOTA, Gustavo: Art. Bellarmini, Roberto (1542–1621), in: TRE 5, Berlin/New York 1980, S. 525–531.

GÜNTHER, Siegmund: Art. Frisch, in ADB 49, München/Leipzig 1904, S. 149f.

HAMMER, Franz: Art. Guldin, in: NDB 7, Berlin 1966, S. 304.

HOLTMANN, Wilhelm: Art. Irenik, in: TRE 16, Berlin/New York 1987, S. 268–273.

KRAFFT, Fritz.: Art. Kepler, Johannes, in: TRE 18, Berlin/New York 1989, S. 97–109.

LANCZKOWSKI, Günter: Art. Glaubensbekenntnis(se) I., Religionsgeschichtlich, in: TRE 13, Berlin/New York 1985, S. 384–386.

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MAGER, Inge: Art. Calixt, in: RGG4 2, Tübingen 1999, Sp. 12f.

MARKSCHIES, Christoph: Art. Nestorianismus, in: RGG4 6, Tübingen 1999, Sp. 204–206.

OBERDORFER, Bernd: Art. Konfession, in: RGG4, Tübingen 1999, Sp. 1546f.

RITTER, Adolf Martin: Art. Glaubensbekenntnis(se) V., Alte Kirche, in: TRE 13, Berlin/New York 1985, S. 399–412.

Sauter, Gerhard: Art. Consensus, in: TRE 8, Berlin/New York 1981, S. 182–189.

SCHWARZ, Hans: Art. Glaubensbekenntnis(se) VII., Reformationszeit bis 17. Jh., in: TRE 13, Berlin/New York 1985, S. 416–429.

SPURR, John: Art. Latitudinarismus, in: TRE 20, Berlin/New York 1990, S. 493–495.

WALLMANN, Johannes.: Art. Calixt, Georg (1586–1656), in: TRE 7, Berlin/New York 1981, S. 552–559.

WURZBACH, Constantin von: Art. Erasmus von Starhemberg, in: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich, enthaltend die Lebensskizzen der denkwürdigen Personen, welche seit 1750 in den österreichischen Kronländern geboren wurden oder darin gelebt und gewirkt haben, 37. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1878, S. 168f.

59

ZSCHOCH, Hellmuth: Art. Dietrich, in: RGG4 3, Tübingen 1999, Sp. 848.

8.3.2. Aufsätze, Monographien und Sammelbände

BAUER, Dieter R./KÖPF, Ulrich/LORENZ, Sönke (Hg.): Die Universität Tübingen zwischen Reformation und Dreißigjährigem Krieg. Festgabe für Dieter Mertens zum 70. Geburtstag, in Verbindung mit dem Institut für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften der Universität Tübingen (TBLG 14), Ostfildern 2010, darin: - SCHÄFER, Volker: Die Unterschriften unter das Konkordienbuch an der Universität Tübingen (1582–1781). Zweiter Teil: Edition, S. 51–100. - WALL, Heinrich de: Politik, Recht und Maiestas – Zur Staatslehre Christoph Besolds, S. 223–234. - MAHLMANN-BAUER, Barbara: Philipp Apians Berufung auf sein Gewissen, S. 299–346. - SECK, Friedrich: Wilhelm Schickard – Herkunft und Werdegang, S. 347–386.

BAUER, Katrin: Der andere Kepler – Vom Aufstieg eines frühneuzeitlichen Gelehrten mit Hilfe der Astrologie. Der Philosophischen Fakultät mit Fachbereich Theologie der Friedrich- Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg zur Erlangung des Doktorgrades Dr. phil. vorgelegt von Katrin Bauer aus Leonberg, online publiziert am 29.09.2014 und abrufbar unter: https://opus4.kobv.de/opus4-fau/frontdoor/index/index/docId/5165 [abgerufen am 01.07.2019]

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ZITELMANN, Arnulf: Keplers Welten. Johannes Kepler, Ein Lebensbild, Reinbek bei Hamburg 2016.

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9. Anhang

1. Bildnis Johannes Kepler im Alter von 3. Johannes Kepler. Gesammelte Werke 39 Jahren von einem unbekannten (KGW), herausgeben von der Kepler- Maler aus Prag. Öl auf Holz, 1610, Komission der Bayerischen Akademie [abgerufen am: 25.01.2019]: der Wissenschaften, 25 Bände, https://commons.wikimedia.org/wiki/Fi München 1938–2009. le:Johannes_Kepler_1610.jpg?uselang https://kepler.badw.de/kepler- =de digital.html

2. Johannes Kepleri astronomi opera 4. Bibliographia Kepleriana continuata omnia (KOO), FRISCH (Ed.), [abgerufen am 6. Juli 2019]: Frankfurt 1858–1871 (9 Bände) [abgerufen am 6. Juli 2019]: https://kepler.badw.de/bibliographia- https://digital.slub- kepleriana.html dresden.de/werkansicht/dlf/29173/1/0/

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5. N.N.: Glaubensbekandtnus vnd Ableinung allerhand desthalben entstandener vngütlichen Nachreden, Gedruckt Im Jahr M.DC.XXIII, Straßburg 1623, [abgerufen am 06.06.2019]: http://digital.onb.ac.at/RepViewer/view er.faces?doc=DTL_2384505&order=1 &view=SINGLE

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