Die Familie Strozzi als Auftraggeber und Bauherren

des Palazzo Strozzi und der Cappella Strozzi

in Santa Maria Novella in Florenz

Diplomarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades einer Magistra der Philosophie an der geisteswissenschaftlichen Fakultät der Karl-Franzens-Universität Graz

vorgelegt von Sophie Theres NAGELE

am Institut für Kunstgeschichte Begutachter: Univ.- Prof. Dr. phil. Edgar Lein

Graz, 2013

Ehrenwörtliche Erklärung

Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und nur unter Hilfenahme der angegebenen Quellen und Hilfsmittel verfasst habe. Alle Stellen der Arbeit, die im Wortlaut oder dem Sinn nach anderen gedruckten Werken entnommen sind, habe ich durch genaue Quellenangaben gekennzeichnet.

Graz, Juli 2013

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VORWORT

Mein Bezug zur Renaissance rührt aus meiner Schulzeit in Udine her. Ich lebte ein Schuljahr lang in einem alten Konventgebäude der Franziskaner. Eine der bleibenden Erinnerungen an diese Zeit ist die aktive Auseinandersetzung mit der Bedeutung der Medici für die italienische Geschichte. Zurück in Österreich war es für mich klar, dass ich zur Matura die Familie der Medicis als Spezialgebiet wählen werde. In der eingehenderen Beschäftigung mit Lorenzo, dem Prächtigen, stieß ich dann auch erstmals auf den Namen Strozzi. Es war, als würde ich die andere Seite der glorreichen Medici Familie erblicken. Es war nicht mehr von prächtigen Gebäuden und aufregenden Ränken die Sprache, plötzlich ging es um Neid und Missgunst, Angst und Gier. Als ich dann erstmals in Florenz den Palazzo der Familie sah und die großartige Präsentation von Kunst erlebte, fragte ich mich, was steht hinter diesem Namen, wer sind bzw. waren „die Strozzi“. Daher lag es nahe, diese Frage im Rahmen meiner Diplomarbeit zu bearbeiten. Ich hoffe dabei nicht nur für mich eine Antwort gefunden zu haben, sondern auch dem Leser ein anschauliches Bild dieser Familie und ihrer Spuren zu vermitteln.

Hier möchte ich mich bei allen bedanken, die mich während meiner Diplomarbeit unterstützt haben. Mein besonderer Dank gilt meinen Eltern, die mich die gesamte Studienzeit hindurch uneingeschränkt unterstützt haben und mir vor allem jetzt immer zur Seite standen und mir die nötige Motivation gaben. Außerdem möchte ich mich bei Herrn Univ.-Prof. Dr. phil. Edgar Lein für die Betreuung der Diplomarbeit bedanken. Er war mir eine große Hilfe bei allen Fragen die während der Erarbeitung des Themas aufkamen.

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INHALTSVERZEICHNIS

EINLEITUNG ...... 1

STROZZI – DIE GESCHICHTE EINER FAMILIE ...... 4

STROZZIERE...... 4

ONOFRIO STROZZI ...... 8

PALLA STROZZI ...... 9

MATTEO STROZZI ...... 14

ALESSANDRA MACINGHI ...... 16

FILIPPO „IL VECCHIO“ STROZZI...... 24

SELVAGGIA GIANFIGLIAZZI ...... 33

FILIPPO „IL GIOVANE“ STROZZI...... 36

DIE NACHKOMMENSCHAFT ...... 46

DER PALAZZO STROZZI ...... 53

„CASA STROZZI“ ...... 53

AUFTRAGSGEBER UND BAUHERR ...... 58

DIE MODELLE ...... 61

DER BAU ...... 66

GESTALTUNG ...... 75

DER PALAZZO STROZZI IM WANDEL DER ZEIT...... 81

DIE CAPPELLA STROZZI ...... 83

DIE KIRCHE SANTA MARIA NOVELLA ...... 83

DIE CAPPELLA STROZZI ...... 89

CONCLUSIO ...... 104

LITERATURVERZEICHNIS...... 106

ABBILDUNGSVERZEICHNIS ...... 113

EINLEITUNG

In der Historie ist die Geschichte einer Familie häufig die einer Rivalität. Und auch hier haben wir es mit Konkurrenzkämpfen über Jahrhunderte hinweg zu tun. Die Familien Strozzi und Medici verbindet ein Band andauernder Auseinandersetzungen um Macht und Einfluss. Wie Ironie wirkt es, wenn sich die beiden Geschlechter im Lauf der Zeit durch die Verheiratung von Töchtern und Söhnen miteinander verschmelzen. 1509 heiratete Filippo Strozzi Clarice de‘ Medici, eine Enkelin Lorenzo des Prächtigen, und verband so seine Familie mit der des Erzrivalen.1 Es ist wie auch in allen anderen Kämpfen der herrschenden Dynastien im Europa der frühen Neuzeit. Wenn die Kriege den Erfolg des Machtzuwachses nicht ausreichend sichern konnten und somit die Gefahr bestand, dass sich eine Familie verbrauchte, griff man auf die ultima ratio der Machtpolitik zurück: die Heirat.

Der florentinische Händler und Bankier Palla Strozzi musste 1434, nachdem er gegen die Vorherrschaft der Medici aufbegehrt hatte, die Stadt verlassen. Er und seine Familie wurden mit einem jahrzehntelangen Bann bestraft. Palla floh nach Norditalien, nach Padua und wurde dort zum Prototyp des gebildeten und kunstsinnigen Renaissancebürgers.2 Er erwarb mit Geld nicht nur politischen Einfluss, sondern wurde zum Motor einer reichen Kulturentwicklung. Die Gelehrten, die Künstler, unter ihnen , Masaccio und Fra Filippo Lippi, Autoren sowie Philosophen scharten sich um ihn. Er finanzierte und beeinflusste die Kunstproduktion seiner Zeit nachhaltig. In der Geschichte seiner Familie ist Palla keine singuläre Erscheinung.

Filippo der Ältere stiftet nicht nur den großartigen Palazzo Strozzi und die Cappella Strozzi in Santa Maria Novella, ihn verbanden auch Freundschaften zu den hervorragendsten Künstlern seiner Zeit. Die Arbeiten von Filippino Lippi und Benedetto da Maiano geben darüber Auskunft. Filippo Strozzis Sohn, Lorenzo, war

1 Vgl. Walter 2011, 229ff. 2 Vgl. Zeri 1987, 404ff.

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ein begeisterter Kenner antiker Autoren und für die Niederschrift der Familiengeschichte verantwortlich. Für Ruberto Strozzi arbeitete Tizian in Venedig.3 So wurde die Familie Strozzi in der Renaissance zum Symbol für die Verbindung von Finanzkraft und Mäzenentum. Der hier vorgestellte Palazzo Strozzi und die Cappella Strozzi in Santa Maria Novella sind eindrucksvolle Belege dafür.

Im ersten Teil wird die Geschichte der Familie vorgestellt. Am Anfang steht der unglaubliche Reichtum, den Onofrio Strozzi seinem Sohn Palla hinterließ. In der großen Verbannung verbrauchte sich das Vermögen und es dauerte über fünfzig Jahre, bis der ältere Filippo die Familie in Florenz wiedervereinen konnte. Ich versuche darzustellen, wie wichtig seine Mutter Alessandra Macinghi als Familienoberhaupt einer verbannten Familie war. Die meisten Informationen dieser Zeit stammen aus dem Briefwechsel Alessandras mit ihren Söhnen. Im ersten Teil findet auch der tragende Konflikt mit den Medici Platz, der letztlich das Lebenswerk der Familie beinahe zum Scheitern brachte.

Im zweiten Abschnitt beschäftige ich mich mit dem Haus der Strozzi, dem Palazzo Strozzi in Florenz. Ich werde die entscheidenden Neuerungen, die der Palastbau mit sich brachte, darstellen – das Baumodell des Giuliano da Sangallo, den Verschluss des Innenhofes nach außen, den architektonischen Mut von Simone di Tommaso del Pollaiuolo genannt „il Cronaca“ und die städtebauliche Neuerung, die das Gebäude bedeutete.

Im dritten und letzten Abschnitt wird die Grabkapelle der Strozzi in Santa Maria Novella vorgestellt. Kurz wird die Baugeschichte der Kirchen im Zentrum des „Strozzi-Viertels“ angerissen. Ich beschreibe den Innenraum mit der großen Zahl an bedeutenden Kunstwerken und die Kapelle. Hier finden sich einige der großartigsten Fresken der Renaissance, sowie Benedetto da Maianos außergewöhnlicher Sarkophag mit dem darüber angebrachten Madonnentondo in der Grabnische.

Am Ende versuche ich die Frage zu beantworten, was die Familie Strozzi von den anderen Familien im Florenz des 15. Jahrhunderts unterscheidet und warum hat der

3 Vgl. Walter 2011, 208ff.

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Name Strozzi nicht nur überlebt hat, sondern weiterhin mit dem Glanz einer Epoche in Verbindung gebracht wird.

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STROZZI – DIE GESCHICHTE EINER FAMILIE

STROZZIERE

Der Ursprung der Familie Strozzi, so berichtet Lorenzo Strozzi (1482-1549) in der von ihm verfassten Familiengeschichte, geht zurück auf eine Familie alten Adels. Es ist schon sehr früh ein Bestreben mächtiger Familien gewesen, sich einen adäquaten Stammbaum zuzulegen, um sich gegenüber den rivalisierenden Familien durch eine vermeintlich hohe Geburt abzugrenzen. Daher war Lorenzo der Meinung, dass der Name Strozzi direkt auf das alte etruskische Geschlecht der Ritter von Arkadien zurückgeht. Die Erklärung dafür sieht er im Wappen dieses Geschlechts, das einen Mond zeigte. Auch das Emblem der Strozzi hat den Mond, genauer gesagt drei zunehmende Monde, als zentrales Motiv. Den Namen selbst leitet Lorenzo von der Kampftechnik eines Ritters aus dem Geschlecht der Edlen von Arkadien ab. Dieser soll seine Feinde mit seinen riesigen Händen Abb. 1. Giovanni Battista erdrosselt haben. Erwürgen bedeutet italienisch so viel Caccini, Wappen der Strozzi wie „strozzare“.4 Heute wissen wir, dass der Ursprung der Familie ein anderer war: „Strozziere ist die italienische Bezeichnung für Falkner; der sich mausende Falke und der ausschlagende Baum sind Sinnbilder der Erneuerung.“5 Filippo Strozzi ließ beispielsweise eine Medaille anlässlich der Grundsteinlegung des Palazzo Strozzi in Florenz gießen, die auf der Rückseite einen Falken zeigt. Er warf die Medaille in die Baugrube, als Glückspfand für das Gelingen des Baus und die Zukunft der Familie. Mit „strozzare“ bezeichnete man auch die erpresserischen Praktiken, mit denen die Wucherer ihre Opfer in die Mangel nahmen, der Begriff „strozziere“, verweist auf den Falkner, der dem Tier eine Schlinge um den Hals legte, um es zur Jagd abzurichten.

4 Vgl. Walter 2011, 16f. 5 Vgl. Christiansen/Weppelmann 2011, 132 zit. n. Sale 1979, 83f.

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Die Strozzis wählten einen Falken als Wappentier, was vermuten lässt, dass ihnen, den Bankleuten die erste Bedeutung unangenehm war und sie sich lieber an die zweite Bedeutung hielten.6 Im Florenz des 13. und 14. Jahrhunderts lieferten sich die Guelfen und Ghibellini einen blutigen Kampf um die gesellschaftliche Vorherrschaft. Es ging dabei um die Auseinandersetzung zwischen den Anhängern des Kaisertums und den Gefolgsleuten des Papstes. Wobei die Anhänger der beiden Gruppen nicht immer auf diese Positionen zu reduzieren sind. Es war vielmehr das aktuelle Machtinteresse, das die Zugehörigkeit zur einen oder anderen Formation bestimmte. Prinzipiell waren die kaisertreuen Ghibellinen mit dem Adel gleichzusetzen, während das Bürgertum, also auch die Strozzi und die Medici zur päpstlichen Partei der Guelfen gehörten.7 Die jeweils unterlegenen in diesen Auseinandersetzungen werden mit einem Bann belegt und müssen unter Zurücklassung von Hab und Gut die Stadt verlassen. Dieses Schicksal traf 1302 auch den Verfasser „Der göttlichen Komödie“, Dante Alighieri.8 Diese Praxis der Vertreibung diente der politischen Befriedung der Städte. Damit wurden die innerpolitischen Konflikte jedoch nicht gelöst, da die Verbannten in den Städten des Exils, in denen die Partei ihrer Gesinnung regierte, Schutz und Unterstützung fanden. Im Laufe des14. Jahrhunderts hatte sich in den meisten italienischen Stadtstaaten die Regierungsform der Signoria als Herrschaft eines Geschlechtsdurchgesetzt.9 In Florenz jedoch war die Herrschaft noch nicht auf eine Familie fixiert und wurde über ein kompliziertes System an Ratsversammlungen gesteuert. Erst mit der Rückkehr von Cosimo de‘ Medici aus dem Exil 1434 begann auch in Florenz die Alleinherrschaft einer Familie.10 Die Medici schickten alle politischen Gegner, potentielle Rivalen und alle, die sich gegen ihr Regime stellten, in das Exil. Darunter auch einige Male die Familie Strozzi. 11

6 Vgl. Walter 2011, 16f. 7 Vgl. Romano/Tenenti 1984, 59ff. 8 Vgl. Walter 2001, 8. 9 Vgl. Merzbacher 1991, 413. 10 Vgl. Brucker 1983, 156. 11 Vgl. Walter 2011, 8f.

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Alles begann mit dem 9.November 1434, als Palla Strozzi, als Aufrührer, von Cosimo de‘ Medici ins Exil geschickt wurde. Er war einer der angesehensten und wohlhabendsten Männer in ganz Florenz. Dies war der Endpunkt der Konflikt belasteten Beziehung zwischen Palla Strozzi und Cosimo de‘ Medici. Ganz im Sinne der Zeit und der Gepflogenheiten der Verbannung wurde nicht nur Palla, sondern auch Teile seiner Verwandtschaft und viele seiner Freunde aus Florenz ins Exil geschickt. Insgesamt betraf das 73 Bürger, die damit auch ihre politischen Rechte verloren. Palla Strozzi wurde nach Padua verwiesen. Ursprünglich sollte der Bann nur fünf Jahre andauern. Nach einem gescheiterten Umsturzversuch durch Girolamo Machiavelli, an dem Palla nicht einmal beteiligt war, wurden jedoch alle Bannsprüche auf 25 Jahre verlängert und auf alle männlichen Nachkommen ausgedehnt. Palla Strozzi starb, ohne Florenz jemals wieder gesehen zu haben, im Jahre 1462 in Padua. Hinter dem Bannspruch der Medici kann zu Recht vermutet werden, dass Pallas wirtschaftliche Macht Cosimo beunruhigte und er ihn deshalb aus der Stadt entfernen ließ. 1427 war Palla Strozzi noch der reichste Mann in Florenz, reicher als Cosimos Vater Giovanni de‘ Medici. Es war jedoch nicht nur sein Reichtum, sondern auch der große Familienzusammenhalt, auf den der Einfluss der Strozzi in Florenz fußte.12 1427 zählte man neununddreißig Familien mit dem Namen Strozzi. Die Familien wohnten in einem eigenen Bezirk namens Santa Maria Novella, ihre Häuser bildeten eine über mehrere Straßenzüge verteilte Einheit in der Innenstadt, deren Zentrum der „Corso degli Strozzi“ war.13 Fast alle Bauten der Strozzi fielen im 19. Jahrhundert der Stadtsanierung zum Opfer, nur der imposante Palazzo Strozzi und ein kleines Patrizierhaus, der Palazzo dello Strozzino, erinnern noch an die mächtige Familie. „Immerhin war es noch 1494 möglich, eine Lister der großen „Häuser“ (casate) von Florenz aufzustellen. Zu den Altoviti gehörten 66 „Männer“ (was vermutlich den genuesischen „Haushalten“ entspricht); zu den Albizzi gehörten 65, zu den Rucellai 60, zu den Strozzi 53.“14

12 Vgl. La Roncière 1990, 238ff. 13 Vgl. Walter 2011, S.15. 14 Burke 1984, 253.

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Die Familie Strozzi gehörte schon im 13. Jahrhundert zum „popolo grasso“, dem fetten Volk, der herrschenden Schicht. Die wirtschaftliche Bedeutung der Strozzis beruhte auf den Profiten des Geldgeschäftes. Sie gewährten Darlehen an die Florenz umgebenden ländlichen Gemeinden und forderten dafür überhöhte Zinsen. Erst gegen Ende des 13. Jahrhunderts wurde von der Kommune Pistoia diese Praxis untersagt. Später kamen zu den Geschäften mit Geld auch noch der Handel und die Fabrikation von Wolltuchen. Demgemäß waren viele Familienmitglieder in der „Arte del Cambio“ (Geldwechslerzunft) und in der Calimala oder „Arte della Lama“ (Wolltuchherstellerzunft) eingeschrieben. Sie waren damit Mitglieder der höchsten

Zünfte der Stadt.15

15 Vgl. Walter 2011, 17.

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ONOFRIO STROZZI

Palla Strozzis Vater Onofrio, genannt Nofri, wurde vom Halbbruder seines Vaters Francesco aufgezogen, da sein Vater schon früh an der großen Pestepidemie von 1348/49 verstorben war. Nofri arbeitete sich als erfolgreicher Händler empor und galt als einer der reichsten Männer von Florenz. 16 Er war auch der Reichste unter allen Strozzis im Laufe der Jahrhunderte. Onofrio handelte mit englischer Wolle, die er in Florenz einführte. Obwohl er keine Bank besaß, vermehrte er seinen Reichtum über risikoreiche Finanzspekulationen.17 Zur Geldanlage erwarb er Immobilien, darunter Bauernhöfe, Felder, einzelne Häuser und einen Fischteich. Der Preis der Immobilien betrug insgesamt 10 000 Fiorini. Er kaufte auch einige Häuser im alten Quartier der Familie Strozzi. Wäre sein Sohn Palla nicht ins Exil geschickt worden, hätte der Palazzo Strozzi schon früher entstehen können und nicht erst Jahre später unter Filippo. Nofri starb im Jahre 1418 und wurde in der Sakristei der Kirche Santa Trinità feierlich bestattet. Noch zu Lebzeiten gab Onofrio Pietro di Niccolò Lamberti den Auftrag für einen prachtvollen Sarkophag, in dessen Mitte das Wappen der Strozzi prangt. Der Sarkophag befindet sich in der Sakristei der Kirche Santa Trinitá. Es handelt sich hierbei um eine der frühsten Grabkapellen der Renaissance.

Vermutlich hat auch Lorenzo Ghiberti an der Abb. 2. Niccolò Lamberti, Sarkophag von Onofrio Strozzi Ausgestaltung mitgearbeitet.18

16 Vgl. Brucker 1983, 85f. 17 Vgl. Walter 2011, 21. 18 Vgl. Walter 2011, 22f.

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PALLA STROZZI

Als Nofri starb, hinterließ er einen rechtmäßigen Nachkommen: Palla Strozzi. Das Geburtsdatum Pallas wird meistens auf 1372 geschätzt, Genaueres ist nicht bekannt. Er wurde bereits 1380, ein Jahr nach seinem Bruder, von seinem Vater für geschäftsfähig erklärt. Sein Bruder Niccolò starb 1411, sodass Palla die Familiengeschäfte alleine leitete. 1397 heiratete er Marietta, seine Cousine. Als jüngerer Sohn Nofris hatte er die Gelegenheit sich intellektuell zu bilden. Pallas Leidenschaft gehörte dabei den „studia humanista“. Ein Ergebnis dieses Interesses war eine umfangreiche häusliche Bibliothek, die im Jahre 1431 bereits dreihundertfünfzig Handschriften griechischer und lateinischer Autoren umfasste.19 Seine bedeutendste Hinterlassenschaft ist aber das Altarbild von Gentile da Fabriano für die Sakristei in Santa Trinità: „Die Anbetung der Heiligen drei Könige“; es gilt als das Hauptwerk des italienischen Malers. Der Künstler erhielt für diese Arbeit 150 Fiorini. Die linke Bildhälfte umfasst die Anbetungsszene mit Maria und dem Kind, der Rest des Bildes wird von der Gruppe der reisenden Könige mit Gefolgschaft eingenommen. Das Gefolge von Kaspar, Melchior und Baltasar nimmt den gesamten Hintergrund des Bildes ein. Der Reichtum, den das Bild zeigt, das Gold des Rahmens, die üppige

Abb. 3. Gentile da Fabriano, Anbetung der Könige, Vegetation, die aufwendigen 1423, Uffizien, Florenz Rüstungen, der Prunk des Orients und dergleichen mehr weisen klar darauf, was Palla mit dem Bild bezweckte. Der Auftraggeber wollte, dass dem Betrachter der Reichtum der Familie Strozzi ins Auge stach. Dem Bild gegenüber ist der reichste Florentiner, sein Vater, begraben. Im

19 Vgl. Walter 2011, 30.

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rechten Teil des Bildes hinter den drei Königen blicken uns Palla und sein ältester Sohn Lorenzo entgegen. Auch das Wappentier der Strozzis, der Falke, kommt mehrfach vor.20 Auch Pallas sechs Söhne - Lorenzo, Nofri, Niccolò, Bartolomeo, Giovanfrancesco, Carlo – haben im Gegensatz zu seinen Töchtern eine humanistische Erziehung genossen, denn auch in den besten Florentiner Familien, wie zu dieser Zeit üblich, lehrte man die Töchter nur lesen und schreiben. Palla wurde nie Gonfaloniere di Giustizia, Oberhaupt der Stadt Florenz, oder als Prior der Signoria zum Mitglied einer Regierung gewählt.21 Dafür saß er ständig in zahlreichen Kollegien, die Teil der Florentiner Staatsmaschinerie waren. So war er unter anderem 1412 Mitglied der „Camera dell‘ Abbondanza“, die die Kornpreise und die Versorgung der Stadt mit Getreide überwachte; 1415 gehörte er der „Defectuum officiales“ an, die für Soldzahlungen zuständig waren; 1417 gehörte er den „Regolatores“ an, sie kontrollierten die Einkünfte und Ausgaben den Stadt; 1420 war er einer der fünf „Camerarii Camerae“, die der Schatzverwaltung vorstanden; 1426 bekleidete er das Amt eines „Ufficiale del Monte“, die fünf „Ufficiali“ waren für die Staatsfinanzierung und Schulden der Republik zuständig, außerdem legten sie die Steuern fest. Zu dieser Zeit war das Geldbedürfnis wegen des Krieges gegen Mailand besonders hoch. In den zwanziger Jahren des 15. Jahrhunderts, als Florenz gegen Mailand Krieg führte, wurde Palla öfters zum Mitglied des Zehnerrats (Dieci di Balìa) gewählt. Dies war ein mit Staatsvollmachten ausgestattetes Gremium, das in Kriegszeiten eingesetzt wurde; außerdem wurde er auch zum Rat der Acht (Otto di Custodia) berufen, der für innere und äußere Sicherheit zuständig war. Er stand damit am Schalthebel der Macht.22 In den letzten Jahren vor seiner Verbannung wurde die Spaltung der Stadt unübersehbar. Palla Strozzi sammelte alle Gegner der Medici auf seiner Seite. Sein Freund, der Humanist Filelfo, den er an die Florentiner Universität gebracht hatte, war in permanenten Auseinandersetzungen und Streitigkeiten mit Cosimos Gelehrten, Niccolò Niccoli und Carlo Marsuppini, verwickelt.23 Als Palla Strozzi 1434 verbannt wurde, musste auch er aus der Stadt fliehen.

20 Vgl. Bialostocki 1972, 217f. 21 Vgl. Martines 2004, 17. 22 Walter 2011, 31f. 23 Vgl. Walter 2011, 34.

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Palla musste erfahren, was Lorenzo de‘ Medici später auch bemerkte: „barg in Florenz Reichtum alleine – ohne Ämter und politische Befugnisse- immer die Gefahr, finanziell und gesellschaftlich ausgelöscht zu werden“24. Seinen gesellschaftlichen Erfolgen zum Trotz stand er nach seiner Verbannung nach Padua und den immensen Steuerauflagen in Florenz vor dem Bankrott. Zwischen 1423 und 1433 musste er 160 000 Fiorini an Steuern zahlen, dem steht 1431 ein Bruttovermögen von 124 063 Fiorini gegenüber, das bis 1433 auf 65 401 schrumpfte.25 Wenige Tage nach dem Bannspruch machte sich Palla Strozzi auf den Weg nach Padua, wo er ein einfaches Haus am Rande der Stadt, am Prato della Valle, erwarb. In seiner Nähe befindet sich ein Kanal, von dem aus die benachbarten Städte leicht erreichbar sind. Padua als Ort seiner Verbannung war für ihn auch wegen der alten und berühmten Universität erträglich.26

In die Zeit des Exils der Strozzi fällt auch Abb. 4. Donatello, Reiterstandbild des Gattamelata, 1447, Padua Donatellos Aufenthalt in Padua. Neben den Skulpturen in der Basilika des heiligen Antonius schuf er auch das Reiterstandbild des Condottiere Erasmo da Narni, genannt „Gattamelata“.

Obwohl in keiner Quelle eine Begegnung des Künstlers mit Palla Strozzi erwähnt ist, doch wird der Umstand, dass die Zahlungen für das Standbild über die Strozzi-Bank abgewickelt wurden, als Beleg dafür gewertet, dass Palla in die Errichtung des Monuments involviert gewesen sein könnte. Der humanistische Bildungshintergrund des Strozzi steht zumindest für sein Interesse an der Kunstproduktion dieser Zeit. Auch der Umstand, dass er 1436 in den Rat der Universität berufen wurde, spricht dafür, dass er und sein Sohn Nofri beträchtlichen Einfluss auf das künstlerische Leben in Padua ausübten.27

24 Martines 2004, 74. 25 Vgl. Walter 2011, 35ff. 26 Vgl. Garin 1991, 464. 27 Vgl. Walter 2011 40.

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„Durch Palla Strozzi wurde die regelrechte Verehrung der klassischen Antike um den hellenistischen Aspekt bereichert. Unter diesen Vorzeichen entstanden in Padua zwei diametral entgegengesetzte bildnerische Richtungen, deren Höhepunkt das Werk von Andrea Mantegna und jene stilistische Vielfalt bilden, die man vom Namen Francesco Squarciones her auch „Squarcionismus“ nennt. Mit Mantegna tritt die Welt, nach der sich die Humanisten – gestützt auf die Texte, die den Untergang des 7. und 8. Jahrhunderts überlebt hatten – sehnten, in erster Person in die Malerei ein; und sie enthält alle wichtigen Aspekte und Schemas der authentischen Renaissance.“28 Die Strozzis waren ökonomisch eine der erfolgreichsten Familien im Italien des 15. Jahrhunderts. Das eigentliche Verdienst Pallas liegt aber in seinen Studien der antiken Autoren. Die daraus hervorgehenden Impulse bestimmten die kunsthistorische Bedeutung Paduas nachhaltig. Sein ältester Sohn Lorenzo war mit seiner Familie zunächst nicht von dem Bann betroffen und durfte in Florenz bleiben. In seinem Bestreben, den Familienbesitz zu erhalten, verstrickte er sich zunehmend in zwielichtige Praktiken und wurde schließlich wegen Steuervergehen ebenfalls ins Exil geschickt. Von diesem Bannspruch ausgeschlossen waren die Frauen der beiden Verbannten, Marietta Strozzi und Alessandra Bardi. Mariettas Schwiegersohn Giovanni Ruccellai kaufte treuhänderisch die verbliebenen Immobilien Pallas, mit dem Versprechen sie zurück zu verkaufen, auf. Auch aus dem Exil hielt Palla seinen Widerstand gegen Cosimo de‘ Medici aufrecht und wurde dafür mit der Verlängerung des Bannspruchs belegt; zudem wurde der Bann auf alle männlichen Nachkommen ausgedehnt. Kurz vor seinem Tod, 1462, bestimmte er, dass er in der Klosterkirche Santa Maria di Betlemme beigesetzt werde. Palla Strozzi starb am 8. Mai 1462 in Padua und wurde auf einfache Weise, so wie er es gewünscht hatte, in Santa Maria di Betlemme begraben29. Keinem von Pallas Söhnen gelang es nach Florenz zurück zu kehren. Zum Todeszeitpunkt Pallas lebten allerdings aber auch nur mehr drei seiner Söhne - Nofri, Niccolò und Gianfrancesco - und lediglich einer von ihnen, Nofri, leistete ihm in

28 Zeri 1987, 406. 29 Vgl. Walter 2011, 45.

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Padua Gesellschaft.30 Gianfrancesco versuchte mit der Familie aus dem Exil zurück zu kehren und beschloss 1466 den Putsch gegen Piero de‘ Medici. Dieser scheiterte und endete mit weiteren Bannsprüchen.31 Nicht nur Palla Strozzis Söhne bekamen die Ächtung zu spüren. Auch seine fünf Töchter und deren Familien blieben nicht verschont. Mit den Enkelkindern Palla Strozzis endet diese Familienlinie der Strozzi.

30 Vgl. Walter 2011, 47. 31 Vgl. Martines 2004, 93f.

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MATTEO STROZZI

Die Verbannung des Palla Strozzi bezog sich auch auf seinen Nachbarn und entfernten Verwandten Matteo. Wie Onofrio war auch Matteos Vater, Simone, im Wollhandel tätig. Der Stammvater von Palla Strozzi und Matteo Strozzi war Lapo Strozzi, der Anfang des 14. Jahrhundert lebte. Matteo war der älteste Sohn von Simone Strozzi und Adreuola Rondinelli. Simone war genau wie Palla und Nofri Strozzi im Wollgeschäft tätig. Als einziger Nachkomme ererbte er die Anteile seines Vaters am Handelsgeschäft der Strozzi. In der Erbschaft befand sich auch das Familienhaus am Corso degli Strozzi. Matteo war nun Vorstand einer kleinen Familie, er heiratete 1427 die zehn Jahre jüngere Alessandra Macinghi, die aus einer alten, sehr wohlhabenden Florentiner Familie stammte. Alessandras Mitgift betrug beachtliche 1600 Fiorini. Auch wenn die Familie Macinghi zum „popolo grasso“ zählte, spricht die Höhe der Mitgift wohl auch dafür, dass sich die Familie in den Klan der Strozzi einkaufte. Zu dieser Zeit war Matteo etwa genauso reich wie Palla.32 Matteos Karriere in Florenz war die eines Mitglieds einer hervorragenden Familie in der Stadt. Ähnlich wie seinem Cousin Palla kamen ihm vielfältige politische Ämter zu.33 Die politischen Ereignisse 1433/34 betrafen dann auch Matteo. Auch wenn er nur eine Nebenrolle in den Wirren um Cosimo de‘ Medicis Verbannung und seiner darauf folgenden siegreichen Rückkehr spielte, wurde er trotzdem mit Palla Strozzi verbannt. Er musste in kürzester Zeit das Land verlassen und sich für fünf Jahre in Pesaro niederlassen. Er verlor dabei die Hälfte seines Vermögens und durfte den Ort seines Exils nicht verlassen. 1435 folgte ihm seine Frau Alessandra ins Exil nach Pesaro, um der strengen Aufsicht der Behörden zu entgehen, denn auch der briefliche Kontakt zu Verbannten war verboten. Bei einer Zuwiderhandlung drohte jeweils eine Verlängerung oder

32 Vgl. Hausmann 1993, 25f. 33 Vgl. Walter 2011, 52ff.

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Ausweitung der Verbannungsbestimmungen. Die Familie war wieder vereint. Noch im selben Jahr starb Matteo an der Pest und mit ihm drei seiner Kinder. Mit der restlichen Familie und den Gebeinen ihres Mann und ihrer Kinder kam Alessandra zurück nach Florenz. Diese wurden in Santa Maria Novella begraben. 34

34 Vgl. Hausmann 1993, 33ff.

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ALESSANDRA MACINGHI

Als Alessandra Macinghi, Matteo Strozzis Witwe, nach Florenz zurückkehrte, war sie schwanger. Sie benannte das Kind nach seinem Vater Matteo. Nun musste sie fünf Kinder versorgen, was sich mit ihren bescheidenen Mitteln als eher schwierig erwies. Durch die Verbannung hatte die Familie den größten Teil des Vermögens verloren. Ihr blieben nur das Bauerngut „Pozzolatico“ und das alte Wohnhaus am Corso degli Strozzi. Alessandra beschloss jedoch das Haus zu vermieten und selber in eine bescheidenere Behausung zu ziehen, um Geld zu sparen. Erst 1454 kehrte sie in den Corso degli Strozzi zurück.35 Nach der Inventaraufstellung von 1451 schien das Haus mehr als komfortabel gewesen zu sein. Es hatte sieben, auf drei Stockwerke verteilte Räume mit kunstvoll gearbeiteten Möbeln. Die „camera“ war mit Fresken ausgeschmückt; dies vermutete man, weil sie „camera di pinta“ genannt wurde. Es gab sogar ein „scrittoio“, ein sogenanntes Studier- oder Arbeitszimmer.36 Sie erhielt von ihrem Mieter Antonio de Benedetto 36 Fiorini. Nachdem ihr die zustehende Mitgift nicht ausbezahlt werden konnte, erhielt sie für den ursprünglichen Grundbesitz ihres Mannes in der Via San Gallo eine Rente von 165 Fiorini.37 In einer Notsituation half Alessandra ihren beiden Brüdern, Zanobi und Antonio, ließ sich ihr Entgegenkommen aber mit der Überschreibung mehrerer Grundstücke abgelten. Nach dem Tod der beiden entbrannte ein Streit über die Rechtmäßigkeit des neuen Besitzes. Sie war gezwungen, die Villa Antella zu verkaufen, konnte jedoch einen Teil des Erlöses für sich behalten. So wenig Unterstützung sie aus ihrer Familie, den Macinghi, erhielt, konnte sie sich auf das Netzwerk der Strozzi stützen. Neben den drängenden und drückenden Geldsorgen, die sie in ihren Briefen immer wieder anspricht, war es vor allem die Sorge um die Verheiratung ihrer Töchter, die sie beschäftigte.38 In dieser Situation unterstütze sie Antonio Strozzi, ein entfernter

35 Vgl. Hausmann 1993, 44f. 36 Vgl. Walter 2011, 58. 37 Vgl. Hausmann 1993, 45f. 38 Vgl. Hausmann 1993, 49.

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Verwandter, bei der Suche nach geeigneten Ehemännern für ihre beiden Töchter. Die Wahl von Marco Parenti als künftigen Schwiegersohn erwies sich als Glücksgriff. „Er ist von guter Herkunft, ein trefflicher junger Mann, steht allein da, ist reich, 25 Jahre alt und betreibt ein Seidengeschäft; die Familie hat ein paar Ämter inne und vor gar nicht langer Zeit hatte der Vater einen Sitz im Kollegium.“39 Bei der Heirat ihrer zweiten Tochter, Alessandra, mit Giovanni Bonsi äußert sich deren Mutter wie folgt: „Es sind keine Verwandten, bei denen man auf irgendeinen Dienst rechnen könnte.“40 Giovanni Bonsi war ein glückloser Kaufmann mit vielen Geschwistern, die bei ihm im Haus lebten, zudem hatte er ein uneheliches Kind von einer Haussklavin. Als er starb, hinterließ er einen Schuldenberg, so dass seine

Söhne ohne Gehalt in Filippos Bank in Neapel arbeiten mussten.41 Alessandra Strozzi schrieb 1451 an einen ihrer Söhne :„Wie kann ich Dir diese zwei Monate des Hangens und Bangens beschreiben, in denen ich ohne Nachricht von ihnen war! Ich war sicher, dass ihnen etwas zugestoßen sein müsse.“42 Dieses Gefühl des Bangens um ihre Söhne begleitete Alessandra über viele Jahre. Ihre beiden Ältesten, Lorenzo und Filippo, verließen schon sehr früh das Haus der Mutter. Matteos Cousins, Jacopo, Filippo und Niccolò, waren aus Florenz fort nach Spanien gegangen und betrieben dort die Handels- und Bankniederlassungen der Familie. Aus dieser Zeit sind 73 Briefe Alessandras mit ihren Söhnen erhalten. Aus ihnen lassen sich der Schmerz und die Sorge der Mutter ablesen. 1450/51 schrieb Alessandra Strozzi: „Ich glaube, ich verzehre mich noch vor Sehnsucht nach euch (…) vom ganzen Herzen wünsche ich, leben zu können, wo ihr lebt. Meine Angst ist, sterben zu müssen, bevor ich euch noch einmal gesehen habe“43 Filippo, Jacopo und Niccolò waren die Söhne von Matteos Onkel Lionardo Strozzi. Filippo Strozzi verließ schon vor dem großen Bannspruch 1434 Florenz, er zog 1423 im Alter von 17 nach , 1433 zog er nach Barcelona weiter. Obwohl Lionardos Familie nicht vom Bann betroffen war, machten die Medicis der Familie das Leben in Florenz schwer. Nach und nach verließen auch Filippos Brüder die Stadt. Sie gründeten gemeinsam eine Bank-und Handelsgesellschaft in Valencia.

39 Hausmann 1993, 51, vgl. Martines 2004, 40f. 40 Hausmann 1993, 52. 41 Vgl. Walter 2011, 84. 42 La Roncière 1990, 267. 43 Hausmann 1993, 65.

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Niccolò übernahm die Filiale in Brügge. Der Handel mit Tuch, Korn und Geld war ein übliches Geschäftsmodell im Italien dieser Zeit. 1446 übernahm Niccolò die Niederlassung in Neapel. Bei einem Besuch in Florenz lernte Filippo Filippa Bischeri kennen und verliebte sich in sie. Die Ehe dauerte aber nur acht Jahre, weil Filippo starb. Seine Witwe kehrte nach Florenz zurück. Jacopo heiratete erst spät im Alter von 42, als er sich in Brügge niedergelassen hatte. Er entschied sich für Lucrezia, die Tochter von Donato Calvacanti. Sie gebar ihrem Mann mindestens drei Kinder, einen Sohn, Lionardo, und zwei Töchter, Margherita und Anna.44 Niccolò blieb jedoch bis zu seinem Lebensende Junggeselle. Er hinterließ keine Nachkommen, sondern nur eine Porträtbüste, angefertigt von Mino da Fiesole, die heute im Bode – Museum in Berlin aufbewahrt wird.45 1441 verließ Alessandra Macinghis ältester Sohn Filippo die Heimat Richtung Spanien. Dies war in dieser schweren Zeit ein unausweichlicher Schritt für Filippo. Im Florenz der Medici sah er keine Möglichkeiten für sich.

Abb. 5. Mino da Fiesole, Büste des Über Filippos Lehrjahre ist nicht sehr viel bekannt. Niccolò Strozzi, 1454, Skulpturensammlung und Museum für Der erste Brief erreichte die Mutter 1445 aus Byzantinische Kunst, Staatlichen Barcelona. Es war keine Seltenheit, dass die Museen zu Berlin briefliche Korrespondenz über so lange Strecken auch entsprechende Zeit dauerte. „Die Antwort an ein Schreiben aus Neapel an Alessandra Strozzi nach Florenz, datiert vom 18. Dezember 1464, traf erst am 18. Januar 1465 in Neapel ein.“46 In einem Brief aus Valencia an die Mutter versprach er ihr: „Ich habe die Absicht, unser Haus wieder aufzurichten.“47 Im Gegensatz zu Filippo hatte sein Bruder nicht die Absicht Spanien wieder zu verlassen. Filippo ging mit seinem Großcousin Niccolò

44 Vgl. Walter 2011, 64ff. 45 Vgl. Caglioti 2011, 293. 46 La Roncière 1990, 249. 47 Walter 2011, 72.

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1446 nach Neapel. Im Jahr darauf begannen die Überlegungen, was weiter mit dem jüngsten Sohn Alessandras, Matteo, geschehen sollte. Er war wohl erst zehn Jahre alt, aber in Florenz gab es keine Zukunft für ihn. Die Söhne rieten der Mutter, ihn jetzt schon wegzuschicken. Diese weigerte sich aber Jahre lang. Anfang 1450 kam Niccolò schließlich nach Florenz, um den kleinen Matteo abzuholen.48 Nach einer langen Reise kamen die beiden erst im Februar 1451 in Neapel an, wo Matteo seine Lehre antreten sollte. Bereits 1459 erkrankte Matteo an Malaria und starb kurz darauf.49 Matteo bekam in Neapel ein großes und ehrenvolles Begräbnis, wie es zu dieser Zeit für die Familie in Florenz nicht möglich gewesen wäre.50 Als Florentiner Geschäftsleuten zwischen 1451 und 1454 in Neapel die Tätigkeit verboten wurde, gründete Niccolò Strozzi eine neue Niederlassung in Rom. Filippo blieb jedoch in Neapel, um alle weiteren Angelegenheiten zu regeln. Dabei dehnte er seine Aktivitäten aus und beteiligte sich mit dem Geld seiner Mutter an lokalen Geschäften. 1455, als das Geschäftsverbot in Neapel wieder aufgehoben wurde, vertrat er auch die Medici-Bank in dieser Stadt.51 Alessandra gab die Hoffnung nie auf, dass ihre Söhne nach Florenz zurückkehren könnten. Als 1458 die Medici den Bann 1434 um weitere zehn Jahre verlängerten und auf alle männlichen Nachkommen ausdehnten, beschloss die Familie, den Hoffnungen der Mutter zum Trotz, dass Alessandra ebenfalls Florenz verlassen und zu ihren Söhnen ziehen sollte. Im Sommer desselben Jahres traf sich Alessandra mit ihren Söhnen in San Quirico, um alles zu besprechen. Angesichts der Lage in Neapel wussten die Strozzi nicht, ob es sinnvoll wäre, sich dauerhaft im Königreich niederzulassen. Außerdem wollte Jacopo Lorenzo nicht aus Brügge weggehen lassen und Filippo saß zu der Zeit auch noch bei Niccolò in Rom fest. Alessandra bat 1461 Jacopo ihren Sohn frei zu geben. Jacopo konnte diesen Brief nicht mehr lesen, da er bald darauf starb, was weitere Probleme mit sich brachte. Es ging um den Nachlass. Alessandra beschwor Lorenzo, sich nicht darum zu kümmern

48 Vgl. Hausmann 1993, 52. 49 Vgl. La Roncière 1990, 268. 50 Vgl. Walter 2011, 79. 51 Vgl. Walter 2011, 85f.

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und gleich nach Rom zu gehen. Doch dieser fühlte sich Jacopo gegenüber verpflichtet. Er machte sich an die Auflösung des Geschäfts, was nicht ganz einfach war, denn Jacopo steckte bis zum Hals in Schulden. Im Sommer 1461 war es dann soweit und Lorenzo kam nach Rom und die beiden Brüder planten, ein gemeinsames Unternehmen zu gründen. In diesem Jahr verließ Filippo Neapel für ein Jahr, konnte aber im Jahr darauf, nach dem Ausscheiden Niccolòs, dessen Geschäfte in Neapel übernehmen und wollte das Königreich nach dem Tod König Alfons nicht dauerhaft verlassen. „Keiner der Brüder dachte daran, wieder nach Florenz zurück zu kehren. Sie benahmen sich wie wahre Kosmopoliten und nannten es „fare patria“ (wörtlich: Heimat machen), wenn es galt, eine neue Niederlassung zu eröffnen. Gingen die Geschäfte jedoch nicht mehr so gut, wie z.B. Ende der Fünfziger Jahre in Brügge, dann wurde die „Patria“ auch ohne große Umstände wieder verlassen. (…) Nach den Vorstellungen Alessandras (…) sollte der Auslandsaufenthalt nur ein Zwischenspiel sein, (…) und blieb Florenz der Nabel der Welt.“52 Dass wir so viel über die Familienangelegenheiten wissen, obwohl durch den Bann die Mitglieder über Europa verstreut lebten, liegt vor allem daran, dass Alessandra in der Gepflogenheit einer gebildeten Italienerin dieser Zeit die Beziehungen über die Korrespondenz aufrecht erhielt. „Jeden Augenblick muss Gerardo kommen, den ich voller Ungeduld erwarte um endlich von einer lebenden Seele etwas über dich, dein Ergehen und deiner Gesundheit zu erfahren“53, äußert sich Alessandra 1459 besorgt gegenüber ihrem Sohn Lorenzo. In dieser Weise tauschte sich die Familie 23 Jahre lang über ihre Angelegenheiten aus und hielt damit auch ein Familienleben aufrecht.54 Um das Königreich Neapel stritten sich jetzt die Häuser von Anjou und Aragon. Jean von Anjou unterlag schließlich Alfons‘ unehelichem Sohn, Ferdinand I., Ferrante genannt. Nun machte sich Filippo seine guten Kontakte zum Haus Aragon zu Nutze und wurde zum Geldgeber des neuen Königs. „Geld und Einfluss konnten die Strozzis nun in die Waagschale werfen, als die Medici die Annäherung an den neuen König suchten. Jetzt kam es zu einem Duell auf Distanz zwischen dem siebenunddreißigjährigen Filippo Strozzi und dem sechszehnjährigen Lorenzo de‘

52 Hausmann 1993, 104. 53 La Roncière 1990, 246. 54 Vgl. La Roncière 1990, 245ff.

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Medici. (…) „sie haben diese Anerbieten dankbar angenommen und uns gebeten Dir zu schreiben, Du möchtest dich beim König, falls er dort wäre, verwenden, dass er ihnen ein eingerichtetes Haus sowie Vergütung ihrer Auslagen zusichern möge, wie es bei den anderen Gesandten der Brauch ist“.55 Dieser Brief Alessandras an ihren Sohn 1465 markiert den Anfang vom Ende des Banns. In der Zwischenzeit hatten ihre Söhne den Plan gemeinsamer Geschäfte in Neapel realisiert. Sie betrieben der Familientradition entsprechend Bank- und Handelswarengeschäfte. Lorenzo und Filippo teilten sich erfolgreich die Aufgaben im Geschäft. Filippo übernahm das Bankwesen und Lorenzo kümmerte sich um das Warenlager. Alessandra war immer noch nicht glücklich darüber, die Heimat verlassen zu müssen. Sie hielt an ihrer Bedingung fest, ihre Söhne vorher zu vermählen. Die Suche nach den perfekten Schwiegertöchtern ging also weiter.56

In Florenz selbst war nach dem Tod Cosimo de‘ Medicis 1464 ein Machtvakuum entstanden. „Risse treten jetzt aber auch innerhalb des bisher musterhaft geschlossenen Familienbandes auf. Pierfrancesco de‘ Medici (1430-1476) hatte 1466 den oppositionellen Eid unterzeichnet, eine Provokation, die man mit ungestilltem Ehrgeiz und Einflüsterungen seines Schwiegervaters Agnolo Acciaiuoli erklärte.“57 Alessandra zeigte sich in dieser Situation als geschickte Politikerin und riet ihrem Sohn Filippo, sich nicht am Aufstand gegen den gichtkranken Piero, den Vater von Lorenzo dem Prächtigen, zu beteiligen. Diese Aussicht auf die Rückkehr ist nicht nur dem Geschick Filippos zu danken, im Hintergrund hatte Alessandra mit der Mutter Lorenzo de‘ Medicis, Lucrezia Tornabuoni, ein Bündnis zum gegenseitigen Nutzen geschlossen. Lucrezia wusste um die Gefahr des Machtverlusts, nachdem Cosimo gestorben war. Um das unabwendbar Scheinende doch noch aufzuhalten, suchte sie nach Bündnispartnern und in diesem Fall nach einer Partnerin. Alessandra sah darin ihre Chance, die Rückkehr der Söhne endlich zu realisieren.58

55 Hausmann 1993, 116. 56 Vgl. Walter 2011, S. 92ff. 57 Reinhardt 2004, 77. 58 Vgl. Hausmann 1993, 94ff.

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Mit Hilfe von Filippo und Lorenzo Strozzi schloss Lorenzo de‘ Medici einen Pakt mit dem König von Neapel. Als die Gesandten des Medici als Bittsteller ins Königreich kamen, äußerte König Ferrante eine Bitte: Piero soll den Bann gegen die Strozzi aufheben. Die Abordnung sollte den Wunsch nach Florenz übermitteln. Filippo tat das Seine hinzu und traf alle Vorkehrungen, um die Florentiner entsprechend zu begrüßen und sie so günstig für das Anliegen zu stimmen. Pieros Frau, Lucrezia Tornabuoni, unterstützte das Begehren ebenfalls, nachdem ihr Filippo mehrere Ballen des begehrten süditalienischen Flachses geschickt hatte. Piero antwortete Filippo auch wohlwollend, dass er den Wunsch prüfen würde. Ferrante bekam allerdings eine weniger positive Antwort. Kurz nach dem Besuch der Gesandtschaft Florenz schickte König Ferrante seinen Bruder, um seine Braut, die Sforza Prinzessin Ippolita, nach Neapel zu holen. Auf dem Rückweg machte Don Federigo in Florenz Station und Piero übergab ihm einen kurzen Brief an Ferrante mit einer klaren Aussage: Die Zeit für die Rückkehr der Strozzi sei noch nicht reif.59 Doch es kam anders. Nach dem Tod von Herzog Francesco Sforza waren die Medici erneut auf die Vermittlung der Strozzi im Königreich Neapel angewiesen. Diesmal reiste Lorenzo de’ Medici selbst nach Neapel. Von den Strozzi-Brüdern unterstützt, sie hatten mittlerweile auch Regierungspositionen inne, gelang das Bündnis mit Neapel. Der junge Fürst kehrte mit dem Erfolg nach Florenz zurück und die Medici konnten ohne große Schwierigkeiten die Revolte im Keim ersticken. Die Balìa, der mit Sondervollmachten ausgestattete Krisenrat der Signoria, stellte in wenigen Monaten Pieros Vormachtstellung wieder her und schickte zahlreiche Gegner Pieros ins Exil. Zum Ausgleich hob sie einige Bannsprüche aus dem Jahre 1450 wieder auf, darunter auch die gegen die Familie Strozzi. Mit ihnen wurden auch einige andere begnadigt. Nur die Nachkommen Palla Strozzis waren ausdrücklich auf Wunsch Pieros ausgeschlossen. Nach 32 Jahren in der Verbannung durften die Strozzi als Gegenleistung für die Allianz mit dem Medici nach Florenz zurückkehren. „Zwei Monate später war Filippo Strozzi bereits in Siena und sandte seiner Mutter einen Boten mit der Bitte: „Sorgt

59 Vgl. Walter 2011, 93ff.

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dafür, daß es zum Abendessen etwas anderes als Wurst gibt, wie Ihr mir habt ausrichten lassen.““60 Dem drohenden Auszug aus ihrem Florenz entkommen, ging Alessandra nun zielstrebig daran, ihre Söhne zu verheiraten. „Alessandra Strozzi war es daran zu tun, zuerst ihre Töchter zu verheiraten und dann ihre Söhne (…) wobei ihre beiden Schwiegersöhne ihr zur Seite standen. Unzählige Verhandlungen, Beratungen und Bedenklichkeiten waren die Folge. (…) Doch leider ließen alle Kandidatinnen zu wünschen übrig, die eine hatte nichts im Kopf, die andere nichts im Geldbeutel (und war von belangloser Herkunft). Alessandra traf schließlich eine Entscheidung, jedoch nach mancherlei Herzenspein. Keine Mühe war zu groß, wenn Glück, Ehre, Sicherheit und das Fortleben der Familie auf dem Spiel standen.“61

60 Hausmann 1993, 121. 61 La Roncière 1990, 282f.

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FILIPPO „IL VECCHIO“ STROZZI

Im Jänner des folgenden Jahres heiratete Filippo Fiammetta Adimari. Die Höhe der Mitgift, 1500 Fiorini, hat Filippo diesen Entschluss vermutlich erleichtert. Sofort begann Filippo das Haus am Corso Strozzi zu erneuern. Er tauschte die Innenausstattung aus, um die Bleibe gemütlicher zu machen. Das wertvollste Stück war wohl die mit Intarsien geschmückte Truhe von Giuliano da Maiano. 62 Hier wurde die sogenannte „Tavola Strozzi" aufbewahrt. Dieses Tafelbild zeigt die Rückkehr der Flotte von König Ferrante nach der siegreichen Seeschlacht bei Ischia über die Kriegsschiffe der Fürsten von Anjou. „Wann genau dieses einmalige Gemälde entstand, die erste autonome, nahezu realistische Stadtansicht, ist nicht belegt. Es ist jedoch anzunehmen, dass Filippo schon bald nach der Heimkehr von 1466 malen ließ, als er das alte Haus in Florenz für seine neue Familie renovierte und einrichtete.“63

Abb. 6. Francesco Rosselli, Tavola Strozzi, 1472, Öl auf Holz, 82×245 cm, Museo di San Martino, Neapel

Nach langem Hin und Her entschloss sich auch Lorenzo zu heiraten. Das Unterfangen erwies jedoch sich als schwieriger als erwartet. Er hatte sich Hals über Kopf in Palla Strozzis Enkelin Marietta Strozzi verliebt; diese Heirat wurde von Alessandra und der Familie verhindert. Marietta Strozzis Vormund Gianfrancesco Strozzi hatte sich gegen die Medici gewandt und war zudem bankrott. Filippo konnte

62 Vgl. Walter 2001, 100ff. und Bialostocki 1972, 403f. 63 Lillie 2011, 140.

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seinen Bruder schließlich davon überzeugen, dass in dieser Situation der Familie nur eine politisch korrekte Hochzeit weiter helfen würde. Lorenzo heiratete schließlich 1470 Antonia Baroncelli, die eine Mitgift von 1200 Fiorini in die Ehe mitbrachte. Die Eheschließung fand mit dem Segen der Familie und Lorenzo de‘ Medici als Trauzeugen statt.64 „Alessandra war im Alter von 63 Jahren, am 2. März 1471, „mit allen Sakramenten und ganz sanft entschlafen“65, wie Filippo nüchtern in seinem Merkbuch festhielt.“ Sie wurde während der Fastenzeit in Familiengrab der Strozzi in Santa Maria Novella beigesetzt. Die Kapelle mit dem Namen der Familie wurde erst zum Ende des Jahrhunderts erbaut, so dass an Alessandra heute in der Kirche nichts erinnert. Erst 1470 wurde eine Geschäftsniederlassung der Strozzis in Florenz eröffnet. Bis dorthin pendelte Filippo zwischen Neapel, Rom und Florenz. Zwei heute noch vorhandene Geschäftsbücher geben Auskunft über die Aktivitäten der Strozzi-Bank in Neapel. „Die Kunden kamen aus dem ganzen Königreich und aus allen Gesellschaftsschichten. Nicht nur die großen Adeligen des Hofes (darunter der Thronfolger), die wohlhabenden Bürger der Hauptstadt und die in Neapel ansässigen Florentiner, auch große und kleine Kaufleute, Handwerker und sogar Bauern unterhielten ein Konto bei der Strozzi Bank. (…) Der wichtigste Kunde war der Staat selbst. (…) So verfügte sie immer über flüssige Mittel, die in andere Geschäfte investiert werden konnten.“66 In seiner Zeit in Neapel wohnte Filippo etwas außerhalb im Stadtbezirk Portanuova, in einem großen zweistöckigen Wohnhaus, das die Familie Sconnasorice gemietet hatte. Zu diesem Anwesen gehörte ein kleines Nebenhaus für Sklaven und die Lehrbuben. Die Lehrjungen kamen jeweils aus dem näheren Kreise der Familie Strozzi. Außerhalb von Neapel hatte Filippo ein kleines Landgut erworben. Hier baute er seltene, bislang unbekannte Obst-und Gemüsesorten an, die er nach Florenz exportierte.67 Mit der Aufhebung des Bannes bekam er auch seine bürgerlichen Rechte in Florenz zurück. Es war ihm damit wieder möglich, politische Ämter zu bekleiden und sich aktiv am Stadtgeschehen zu beteiligen. Es dauerte allerdings bis 1478, bis er wieder

64 Vgl. Hausmann 1993, 125f. 65 Hausmann 1993, 127. 66 Walter 2011, 108f. 67 Vgl. Walter 2011, 110.

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ein öffentliches Amt bekleidete. Er wurde in das „Ufficiale del Monte“ gewählt. Dieses Gremium war für die Aufsicht der Florentiner Staatsfinanzen verantwortlich.68 Die Zeit um 1470 ist in Florenz von neuen sozialen Spannungen bestimmt. Der Konflikt mit Volterra, hier ging es um Schürfrechte für das Mineral Alaun, zeigte deutlich, dass die Medici erneut die Republik für ihre Geschäftsinteressen und ihre Zwecke einsetzte. Lorenzo de‘ Medici eroberte Volterra im Namen von Florenz und sicherte sich dabei die wirtschaftlichen Gewinne. Möglich war dies, da man die damals neben den Medici mächtigste Familie, die Pazzi, von öffentlichen Ämtern ausschloss. „Die den Medici zu Gebote stehenden Methoden, unliebsame Konkurrenten zu schädigen, waren damit aber noch nicht erschöpft. Als Folge eines von Lorenzo als Reaktion auf Verschwörungsgerüchte durchgebrachten Gesetzes entging den Pazzi 1477 eine reiche Erbschaft; ihr Protest wurde von einer Kommission führender Patrizier unter starkem Druck Lorenzos zurückgewiesen, was eine weitere Brüskierung bedeutete. (…) Miteinbezogen in das sich ausweitende Netz der Medici – Gegner wurde (…) der König von Neapel, der sich durch die auf die Betreiben Lorenzos von Florenz nach Mailand und Venedig geschlossene Allianz von 1474 isoliert fühlte. 1476 schließlich fiel Galeazzo Maria Sforza, der Herzog von Mailand, einem Attentat in der Kirche zum Opfer – Modell und Ansporn für die

Verschwörer.“69 In dieser Situation des Umbruchs hielt sich Filippo Strozzi vom politischen Geschehen fern. Er beherzigte den alten Rat seiner Mutter sich nicht zu engagieren. „Wer mit den Medici ging, hat immer – so höre ich – das Rechte erwählt, und wer mit den Pazzi ging, stets das Gegenteil: die sind immer unter die Räder gekommen.“70 Mit dem Einverständnis Papst Sixtus IV. versuchten am 26. April 1478 mehrere Florentiner Familien unter der Führung von Jacopo de‘ Pazzi die Macht an sich zu reißen. Bei dem Anschlag im Dom gelang Lorenzo de‘ Medici die Flucht, sein Bruder Giuliano blieb tot in einer Blutlache zurück. „Noch weiß kaum jemand, was vorgefallen ist, es ist jetzt Mittag. Da erscheint Messer Jacopo de‘ Pazzi an der Spitze eines Zuges von 50 bis 100 Anhängern und Söldnern auf dem Platz vor dem Palazzo della Signoria. „Volk und Freiheit!“, ruft er, um die Florentiner aufzuwiegeln.

68 Vgl. Brucker 1983, 261. 69 Reinhardt 2004, 85f. 70 Hausmann 1993, 112.

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Doch die Bürger verbarrikadieren lieber ihre Häuser, wenn sie nicht gleich zum Palazzo Medici eilen, um Lorenzo beizustehen. (…) Jacopo de‘ Pazzi, der erfahrene Spieler, verliert die Nerven. Mit einigen Anhängern reitet er zum Tor von Santa Croce und flieht aus Florenz. Es ist der Nachmittag des 26. April. Das Mordkomplott der Pazzi ist gescheitert. Und die Rache der Medici wird fürchterlich sein.“71 In der Folge des Komplottes geriet Lorenzo stark unter Druck. Er wurde von allen Seiten bedroht. Der Papst drohte ihm mit der Exkommunikation und forderte seine sofortige Absetzung. Neapel und Urbino erklärten ihm offen den Krieg. Auf Vermittlung von Filippo kam es schließlich 1479 zu einem Treffen mit Ferrante. Am 13. März 1479 wurde ein Friedensvertrag unterzeichnet, dem auch der Papst zustimmte. „Es war ein schwerer Frieden für Florenz, aber er hatte ein Gutes: die Stadt wurde nicht mehr von fremden Truppen

Abb. 7. Leonardo Da bedroht und die Plünderungen der ertragreichen Ländereien in Vinci, Zeichnung des 72 gehängten Pazzi der Florentinischen Toskana hörten auf.“ Verschwörers Bernardo Als gegen Ende 1479 die Türken in Süditalien einfielen und di Bandino Baroncelli, 1479, Musèe Bonnat Papst Sixtus IV. sich seinerseits bedroht fühlte, hob er die Exkommunikation auf und gewährte Absolution.73 Bald machten sich die erwiesenen Dienste für Filippo bezahlt. Er wurde 1485 als Mitglied der Signoria gewählt. Auch der Stimmzettel seines Sohnes Alfonso wanderte in den Wahlbeutel, ohne dass er ein passives Wahlrecht gehabt hätte. Nach zwanzig Jahren der Ächtung waren die Strozzi wieder vollwertige Florentiner Bürger. Dem Leitspruch seiner Mutter folgend hielt sich Filippo stets im Hintergrund und pflegte nur private Kontakte zu Lorenzo de‘ Medici. In der Finanzkrise nach der Pazzi- Verschwörung half er der Staatskasse mit mehr als 20 000 Fiorini aus.74 Nachdem seine Mutter Alessandra alles verkauft hatte, bis auf das alte Familienhaus am Corso degli Strozzi und den Bauernhof Pozzolatico, beschloss er, die Immobilien

71 Rademacher 2005, 80ff. 72 Martines 2004, 185. 73 Vgl. Martines 2004, 178ff 74 Vgl. Walter 2011, 118f.

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um das alte Familienhaus aufzukaufen. Schon 1473 sind erste Käufe in der Stadt dokumentiert.75 „Nach 1440 wurden Palazzi von Bauherren errichtet, die bewusst mit der Tradition zu brechen versuchten. Beispiele dafür sind die Palazzi Medici (1446), Pitti (ursprünglicher Bau 1446), Antinori (1465), Strozzi (1489) und Gondi (1490). Ganze Häuserzeilen riss man ab, um Platz für die neuen Prachtbauten zu schaffen.“76 Den Mann, der dieses Abenteuer einging, porträtierte Benedetto da Maiano in Marmor. Es gibt noch eine zweite Version aus Terracotta. „Filippo trägt für diese Zeit typische Kleidung: ein Wams mit Kragen und ein pelzgesäumtes Übergewand. (…) Der Rumpf wirkt leicht überproportional zum Kopf, (…) vermutlich blieb der Rumpf der Werkstatt überlassen – während der Kopf, der Fokus des Porträts, – zweifellos vom Meister selbst modelliert wurde. (…) Filippos reife Züge zeugen von ernster Würde. Der jetzt nach unten erweiterte Torso ist imposant aufgerichtet und die Arme sind regungslos.“77

Abb. 8. Benedetto da Maiano, Terracottabüste des Filippo Strozzi, ca. 1475, Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst, Staatliche Museen zu Berlin

75 Vgl. Markschies 2000, 37ff. 76 La Roncière 1990, 178ff. 77 Christiansen/Weppelmann 2011, 129ff

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Gleichzeitig erwarb er auch Häuser am Land. Reiche Florentiner Familien besaßen zu dieser Zeit ausgedehnte Landgüter, die sie zu bewirtschaften pflegten, um von dort die nötigen Lebensmittel für das Leben in der Stadt zu beziehen. Von 1475 bis zu seinem Tod erwarb er nach und nach größere Landhäuser und Güter. Viele von ihnen waren früher schon in Familienbesitz, wie beispielsweise die Villa Trefiano.78 1475 erwarb Filippo den Hof Capalle, den er zur Sommerfrische ausbauen ließ.79 Kurz darauf erwarb er das Gut Santuccio.80 Filippo stattete seine Villen auf dem Land sehr repräsentativ, aber nicht zu luxuriös aus. Er wusste, dass er für den Bau des Palazzo Strozzi große Mittel brauchen würde. Er vermietete die Villa Santuccio sogar für mehrere Jahre. 1483 renovierte er die Villa Santuccio und ließ einen Abb. 9. Filippino Lippi, Madonna mit zweistöckigen Flügel im rechten Winkel mit Kind, Öl auf Holz, 81.3 x 59.7cm, Metropolitan Museum of Art, New York geschmackvoller Loggia im Erdgeschoß

anbauen.81 Hier dürften sich drei Madonnen- Bildnisse befunden haben, von denen nur noch eines erhalten ist: „Die Madonna mit Kind“, die Filippino Lippi zugeschrieben wird. Dieses Bild hängt heute im Metropolitan Museum in New York. Diese Madonna mit Kind enthält in der Hintergrundgestaltung Anspielungen auf das Haus der Strozzi. Die Figuren sitzen in einem Raum vor einer Loggia, die der in Santuccio sehr ähnlich ist, weil auch diese hier von ionischen Säulen gestützt wird. In den Zwickeln der Rundbögen ist das Wappen der Strozzi zu erkennen. Hinter der Loggia ist ein Fluss mit einer Brücke und mehreren Gebäuden zu erkennen. Auch Santuccio war nahe einer Brücke über den Bisenzio.82

78 Vgl. Lillie 2011, 82ff. 79 Vgl. Lillie 2011, 28. 80 Vgl. Lillie 2011, 25. 81 Vgl. Lillie 2011, 105ff. 82 Vgl. Lillie 2011, 140ff.

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Als religiöser Mensch trat Filippo auch als Stifter in Erscheinung. Schon seine Mutter Alessandra wurde bei allen wichtigen Entscheidungen von zwei Franziskanern beraten.83 Filippo zeigte seine Dankbarkeit mit der Stiftung zweier Fenster und liturgischer Gewänder für die Pfarrkirche Santa Maria degli Unghi. Mit der Villa Le Selve renovierte er auch die dazugehörige Pfarrkirche und investierte dabei 100 Fiorini. Nahe Le Selve, in Lecceto, errichtete Fra Domenico Guerrucci eine Kapelle. Aus deren Bauaufzeichnungen geht hervor, dass Filippo Strozzi nach 1477 das Bauvorhaben großzügig unterstütze. Desgleichen unterstütze er den Bau, die Renovierung und die Ausstattung der Kapelle in Santuccio und die kleine Kirche San

Michele in Maglio.84 So gut es auch in Filippos öffentlichem und geschäftlichem Leben voranging, so schlecht lief es in seinem privaten Leben. In kürzester Zeit starben fast alle Menschen, die ihm wichtig waren. Nach seiner Mutter Alessandra Macinghi 1471 starb seine Frau Fiammetta Adimari 1476 und 1479 verstarb auch noch sein Bruder Lorenzo. Von seinen sechs Kindern überlebten nur drei, unter ihnen sein ältester Sohn Alfonso. Ganz Herr des Hauses und besorgt um die Sicherung der Nachkommenschaft der Familie, entschied er sich bereits 1477, erneut zu heiraten. Die achzehnjährige Selvaggia Gianfigliazzi kam aus einem alten adeligen Haus. Aus dieser Ehe gingen zwei Söhne, Lorenzo und Giovanbattista, sowie vier Töchter hervor. Giovanbattista war beim Tod seines Vaters knapp zwei Jahre alt und wurde in diesem Alter nach dem Verstorbenen auf Filippo umbenannt.85 Als Alessandra Macinghi 1435 nach Florenz zurückkehrt, beschwört sie ihren ältesten Sohn Filippo besonders ein Ziel zu verfolgen, „dass du dein Haus wieder in die Höhe bringen und mich zufrieden machen wirst.“86 Diese Aufgabe nahm der nun erwachsene Filippo am 14. Juli 1489 in Angriff: den Bau des Palazzo Strozzi.87 Filippo führte in den „Libri della Muraglia“ genau Buch darüber, welche Grundstückskäufe notwendig waren, um den Bau zu ermöglichen.88 Er nannte den

83 Vgl. La Roncière 1990, 294. 84 Vgl. Lillie 2011, 78ff. 85 Vgl. Hausmann 1993, 144. 86 Hausmann 1993, 44. 87 Vgl. Hausmann 1993, 141. 88 Vgl. Sebregondi 2011, 11.

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Palast immer nur „mein Haus“. Zwischen 1473 und 1489 kaufte Filippo Strozzi insgesamt fünfzehn Häuser, Läden und Werkstätten zwischen der Via Strozzi und der Via Tornabuoni. Insgesamt kostete ihn dieses Vorhaben 6259 Fiorini. Unter diesen Häusern befand sich auch der alte Wohnsitz Palla Strozzis, den er nach seiner Verbannung an die Rucellai veräußern musste. Schon Filippos Mutter bemühte sich das Haus zurückzubekommen.89 Von Anfang an stand Lorenzo de‘ Medici dem Bauvorhaben argwöhnisch gegenüber. Die geplante Größe des Palastes und die Kosten ließen ihn befürchten, seine hervorragende Stellung mit Filippo teilen zu müssen. Da Filippo nicht wollte, dass das Vorhaben zu einem Rivalitätskampf verkam, versuchte er Lorenzo davon zu überzeugen, dass er keinen großartigen Palast, sondern nur eine größere Bleibe für seine Familie bauen wolle.90 Im alten Haus lebten nicht nur Filippo mit seiner Familie, sondern auch seine Schwester, die Witwe seines Bruders Lorenzo, deren sechs Kinder und Lorenzos uneheliche Tochter. Von daher war der Wunsch nach einer größeren Bleibe für alle verständlich. Um die Bedenken der Medici weiter zu zerstreuen, behauptete er auch, dass er im Untergeschoß eine Geschäftszeile einbauen wollte. Diese Idee missfiel Lorenzo de‘ Medici so sehr, dass er Filippo nur den Palastbau genehmigte. Es gehörte damals zum politischen Konzept, der Stadt ein neues, modernes Aussehen zu geben, ohne jedoch die sozialen Strukturen zu verändern. Daher stand Lorenzo Filippos Vorhaben auch prinzipiell positiv gegenüber. Er wollte nur an allen Bauvorhaben der Stadt, ob privat oder öffentlich, beteiligt werden.91 Dem entsprechend bestimmte Filippo in seinem Testament: „Und im Falle, daß es in dieser Zeit, das heißt innerhalb des ganzen besagten Jahres 1496, nicht entsprechend obiger Beschreibung vollendet würde, überlasse ich die Aufgabe, es innerhalb von zwei Jahren nach 1496 zu vollenden, unter den anderen Aufgeführten den Magnifico Lorenzo de‘ Medici, falls er dann noch lebt (…)“92 Noch vor Filippo starb Lorenzo, 1492. Filippo wollte dem Namen seiner Familie über seinen Tod hinaus Ewigkeit verleihen. Deshalb baute er den Palast auch nicht irgendwo in der Stadt, sondern bewusst am

89 Vgl. Walter 2011, 129. 90 Vgl. Lillie 2011, 84. 91 Vgl. Hausmann 1993, 142f. 92 Markschies 2000, 19.

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Corso degli Strozzi. Auch die noch in Verbannung lebenden Verwandten fassten das Vorhaben als Entschädigung für die jahrelange Demütigung auf. Filippo dachte nicht nur daran, einen Palast für seine Familie zu bauen, er wollte auch die Grabstätte in der Dominikanerkirche Santa Maria Novella entsprechend ausbauen. Bis 1486 besaß die Familie nur ein Grab im Boden der Kirche. Mit dem Kauf einer Kapelle ging er daran, es der Familie Tornabuoni gleich zu tun und der Familie Strozzi eine Grabkapelle in bester Lage zu sichern.93 Allerdings erlebte Filippo weder die Fertigstellung des Palastes noch die Fertigstellung der Cappella Strozzi, er stirbt am 14. Mai 1491, im Alter von dreiundsechzig Jahren. „Und ich verfüge und will, daß mein besagtes Haus den Meinen und meinen Kindern und den legitimen und natürlichen männlichen Nachfahren, den von mir eingesetzten Erben bleibe und gehöre – und nachfolgend allen meiner und allen ihrer Nachkommen der legitimen und natürlichen Linie auf ewig. Damit meine ich, - daß Alfonso, meinen ältesten Sohn, - jener Teil und die Hälfte dieses Hauses zufalle, (…) und die andere Hälfte und Teil des Hauses (…) meinen anderen Söhnen, das heißt Lorenzo und Gianbattista zufalle, die von mir und Selvaggia, meiner Frau, geboren sind. (…) Denn ich meine und will, daß dieses mein besagtes Haus für jede zukünftige Zeit fortwährend von genau diesen Strozzi bewohnt sei, und in der Familie der Strozzi bleibe“.94

93 Vgl. Bialostocki 1972, 237. 94 Markschies 2000, 19f.

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SELVAGGIA GIANFIGLIAZZI

Filippo übertrug seiner zweiten Frau die Vormundschaft für die beiden minderjährigen Söhne.95 Zum ersten Mal seit Nofri Strozzis Tod erhielt ein Strozzi wieder eine seinem Rang entsprechende Totenfeier. Es wurde einer der größten Trauerzüge, den die Stadt je zu sehen bekam. Auch in Neapel und Rom wurden Feiern zu seinem Andenken veranstaltet. Weil der bei Benedetto da Maiano bestellte Sarkophag noch nicht fertig war, wurde Filippo vorerst hinter dem Altar seiner Kapelle in Santa Maria Novella in der Erde bestattet, so hatte er es sich selbst gewünscht.96 Nach Alessandra Macinghi war Selvaggia Gianfigliazzi die nächste Frau, die das Schicksal der Strozzi in ihren Händen hatte. Sie hatte jedoch nicht die finanziellen Sorgen ihrer Schwiegermutter.97 Filippo hatte großzügig für die Ausstattung seiner Familie gesorgt.98

Abb. 10. Benedetto da Maiano, Marmorbüste des Filippo Strozzi hatte testamentarisch Filippo Strozzi, 1475, Louvre, Paris genau festgelegt, in welcher Weise der Palast fertig zu stellen sei. Er wollte, dass seine Frau und Filippo Buondelmonti die Oberaufsicht teilten. Die Witwe tat alles nur Mögliche, um die Auflagen des Testaments zu erfüllen. Die Arbeiten am Palast gingen zügig voran. 1491 noch zu Lebzeiten Filippos war das Portal an der Via dei Ferravecchi fertig. Im Dezember des gleichen Jahres wurde in Lorenzos Teil das Gewölbe im Untergeschoß beendet, das entsprechende Gewölbe

95 Vgl. Walter 2011, 136. 96 Vgl. Hausmann 1993, 143f. 97 Vgl. Hausmann 1993, 48. 98 Vgl. Markschies 2000, 46.

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im gegenüberliegenden Teil wurde bald darauf fertig gestellt. Ebenfalls 1492 wurde mit dem Innenhof begonnen. Die Fenster im ersten Stock wurden 1495 eingesetzt. Der Palast war im darauffolgenden Jahr zwar noch nicht fertig, aber man arbeitete an den Fenstern im zweiten Stock. Die Fassade war bereits bis dorthin hochgezogen. 1498 waren die Fensteranlagen fertig. Bald darauf kam das Gesims. 1504 war Filippos und Lorenzos Teil des Palastes fertig gestellt. An Alfonsos Palasthälfte stockte die Arbeit hingegen. Der Bau kostete die Strozzis über 35 000 Fiorini.99 Während der langen Jahre des Baus war Alfonsos Verhältnis zu seiner Stiefmutter und seinen Halbbrüdern belastet. Er litt unter ständigen finanziellen Problemen und lieh sich Geld bei den Brüdern. Alfonso hatte wie sein Vater viele Jahre in Neapel gelebt. Mit dem Einmarsch von Karl VIII. von Frankreich geriet er in den Strudel des Chaos und verlor den größten Teil seines Vermögens. Zudem hatte er sich ein Leben auf großem Fuße angewöhnt und gab mehr Geld aus, als er besaß. Alfonsos Teil des Palastes blieb bis zu seinem Lebensende unvollendet und er und seine Familie waren gezwungen im Erdgeschoss zu leben.100 Selvaggia Gianfigliazzi bemühte sich nach Kräften, das Testament ihres Mannes umzusetzen und den Bau zu vollenden. Außerdem kümmerte sie sich mit großer Umsicht um das Vermögen ihrer Kinder. Sie war eine tüchtige Geschäftsfrau und schaffte es, das Vermögen der Kinder zu erhalten, indem sie es gewinnbringend investierte. Sie selbst war nicht sehr vermögend in die Ehe gekommen. Nach Filippos Tod erhielt sie, wie im Florenz dieser Zeit üblich, ihre Mitgift zurück. Anders als ihr Halbbruder Alfonso, bekamen Filippo und Lorenzo keine kaufmännische Ausbildung. Sie wuchsen unter den Reichen und Schönen in Florenz auf. Nachdem die Strozzi im Kreis der noblen Familien wieder ihren Platz gefunden hatten, verkehrten auch ihre Kinder gleichberechtigt. Lorenzo durfte beispielsweise 1491 in dem von Lorenzo de‘ Medici geschriebenen Stück, “Rappresentazione di SS. Giovanni e Paolo“, mitspielen. Drei Jahre später, im Alter von zwölf, empfing er mit anderen vornehmen Buben König Karl VIII. von Frankreich. Lorenzo liebte die Musik, er sang, spielte Instrumente, schrieb Gedichte und Komödien und war der Animator bei Festlichkeiten.101

99 Vgl. Walter 2011, 136ff. 100 Vgl. Walter 2011, 139. 101 Vgl. Walter 2011, 141f.

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Bald nach Filippo dem Älteren starb Lorenzo de‘ Medici. Eine Woche nach dessen Tod wurde ein Gesetz verabschiedet, das Piero de‘ Medici erlaubte, alle Ämter des Vaters zu übernehmen. Anders als sein Vater, der den Beinamen „der Prächtige“ trug, hatte Piero nicht dessen politisches Geschick und Glück. Demonstrativ bevorzugte er seine Günstlinge, frönte jedem erdenklichen Prunk und erwies sich als naiver Staatsmann. Seinem Vater war es nach dem Aufstand der Pazzi gelungen, die europäischen Großmächte Frankreich und Spanien von Italien fern zu halten. Als im Herbst 1494 König Karl VIII. von Frankreich nach Italien zog, um Neapel zu beanspruchen, verspielte Lorenzos Sohn das Vertrauen der Signoria in die Medici. Die Florentiner vertrieben Piero aus der Stadt. 1503 ertrank er während eines Gefechts um Neapel. Mit Pieros Auszug aus Florenz hatten die Medici ihre Führungsrolle verloren.102 In diese Zeit der politischen Unsicherheit fällt die Heirat Fiammetta Strozzis, Filippo Strozzis Tochter aus erster Ehe, mit Tommaso Soderini. Hierin zeigt sich die kluge Weitsicht von Selvaggia, die erkennt, dass die Zeit der Medici vorbei ist und dass sich neue Machtverhältnisse anbahnen. Die Familie Soderini gehörte wohl zum erweiterten Familienkreis der Medici, war aber nicht Teil von Pieros Gefolge.103 Lorenzo verheiratete sich mit Lucrezia Rucellai, für deren Familie das Gleiche galt.104 1502 wurde Piero Soderini zum Gonfaloniere auf Lebenszeit durch die Signoria gewählt. Lorenzo Strozzi feierte im Jahr danach seine Hochzeit mit Lucrezia Rucellai in dem fast fertig gestellten Palast. „Von den Festlichkeiten gibt Francesco Zeffi, Lorenzos Biograf, der seine Informationen sicher von Augenzeugen erhielt, eine Beschreibung, die an jene, die Marco Partenti seinem Schwager Filippo Strozzi 1469 über die Hochzeit Lorenzo de‘ Medici mit Clarice Orsini nach Neapel schickte. Nicht eines, sondern gleich drei Festmähler gab es, um die zahlreichen Gäste zu bewirten und bei jedem trat der Bräutigam in einem neuem Festkleid auf. (…) unzählige köstliche Gerichte wurden aufgetragen (…) auf den Schüsseln saßen lebende Tiere von der Art des Fleisches (…) die Eleganz und Schönheit der Dekorationen, schreibt Zeffi, ließ die Kosten noch höher erscheinen.“105

102 Vgl. Reinhardt 2004, 99ff. 103 Vgl. Reinhardt 2004, 103f. 104 Vgl. Walter 2011, 145f. 105 Walter 2011, 146f.

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FILIPPO „IL GIOVANE“ STROZZI

Lorenzo stand im Ruf eines Lebemannes. Er hatte unzählige Affären und kümmerte sich wenig um den Ruf der Familie. Seine Heirat mit Lucrezia Rucellai wurde von seiner Mutter und dem Vater Lucrezias arrangiert. Es war eine für diese Zeit übliche „Kinderhochzeit“.106 Anders bei Filippo. Er war nach dem Tod seines Vaters von seiner Mutter zum Familienoberhaupt erzogen worden. Auch wenn er nicht die humanistische Bildung des älteren Filippo genossen hatte, war ihm der Geschäftssinn des Vaters offenbar in die Wiege gelegt worden. Seine Hochzeit mit Clarice de‘ Medici entsprang dem gemeinsamen Wunsch Filippos und seiner Mutter, das Vermögen und den geschäftlichen Einfluss der Familie Strozzi zu vergrößern. Clarices Mutter, Alfonsina Orsini, hatte über den Kardinal Giovanni de‘ Medici, dem späteren Papst Leo X., verbreiten lassen, dass ihre Tochter eine Mitgift in der Höhe von 5000 bis 6000 Dukaten in eine Ehe mitbringen werde. Die dahinter stehende Absicht war, eine vornehme Florentiner Familie zu finden, die die Medici nach Pieros Verbannung wieder hoffähig machten. Und hierfür boten sich natürlich die Strozzis an.107 Im Geheimen handelte Filippo einen Ehevertrag aus, der ihm den Einfluss der Medici-Kardinäle sicherte. Dafür ging er das Risiko eines Konflikts mit dem Gonfaloniere der Stadt Florenz, Pietro Soderini, ein. Der Ehekontrakt wurde im Juli 1508 unterschrieben und die Heirat wurde in Florenz zur Staatsaffäre. Filippo brach Mitte September mit seiner Mutter auf eine Wallfahrt nach Loreto auf, von wo aus er alleine nach Neapel weiter reiste. Er wollte dann nach einiger Zeit weiter nach Rom, um dort die Ehe zu vollziehen und dann die Botschaft nach Florenz bringen. Nachdem der Plan, die Ehe geheim zu halten, nicht

106 Vgl. Badinter 1984, 26f. 107 Vgl. Walter 2011, 146ff.

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aufgegangen war und die Nachricht Florenz zu früh erreicht hatte, erklärte Soderini den Fall zur Staatsangelegenheit, der von der Regierung behandelt werden musste. Der Fall Medici – Strozzi hatte Florenz in zwei Lager geteilt, die Anhänger Sonderinis und die anderen, die zwar nicht für die Rückkehr der Medici nach Florenz waren, aber doch eine Minderung der Macht des Gonfaloniere wollten. Sogar der Papst Julius II. verfasste ein Schreiben, dass die Ehe nicht verhindert werden sollte. Filippo wurde von der Kommission zweimal verhört und man fällte im Jänner 1509 ein relativ mildes Urteil und verwies Filippo Strozzi für nur drei Jahre nach Neapel. Als einzige Auflage musste er 700 Fiorini zahlen. Die Ehe wurde nicht angefochten. Dies bedeute eine Niederlage für Soderini. Auf dem Weg nach Neapel machte Filippo kurz Halt in Rom, um seiner Clarice de‘ Medici endlich den Ring an den Finger zu stecken. Filippo hatte erreicht, was er wollte: Seine Ehe wurde nicht annulliert und er konnte unbehelligt bereits vor Ablauf der Dreijahresfrist mit seiner Frau in den Palazzo Strozzi einziehen. Möglicherweise stammt aus dieser Zeit eine auf zwei Holztafeln dargestellte Tobias- Geschichte aus dem Alten Testament: Etwas abgewandelt erzählen sie in zeitlicher Abfolge den Auszug Tobias aus der Heimat. Sein Vater hatte ihn beauftragt, einen Kredit einzufordern. Auf dieser Reise kassierte er als erfolgreicher Kaufmann nicht nur das ausständige Geld, sondern fand auch eine Ehefrau. Die Heimkehr und die prunkvolle Hochzeit sind Thema der zweiten Darstellung.108 Die Parallelen zu Filippos Leben sind schnell gefunden. Er war wie Tobias Kaufmann und kümmerte sich hierbei hauptsächlich um den finanziellen Teil der Geschäfte. Er musste die Heimat verlassen und kehrte – wohl nicht ganz so glorreich wie Tobias – mit seiner Braut Clarice de‘ Medici nach Florenz in seinen Palast zurück. Ingeborg Walter bezieht sich in ihrer Geschichte der Strozzi auf die Übereinstimmungen und die gleichzeitige Notwendigkeit, diese Entsprechungen diskret abzubilden, da die Hochzeit zwischen Filippo und Clarice doch gesellschaftlich umstritten war und er nicht wie Tobias mit seiner Angetrauten gemeinsam in den Palast einziehen konnte. Nichts desto trotz wollte er die Heirat

108 Vgl. Rachleff 1981, 241f.

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entsprechend dokumentieren. Etwas, was ihm mit den Holztafeln eindrucksvoll gelungen ist.109 In Florenz hatte sich in den Jahren nach der Jahrhundertwende eine stark antipäpstliche Stimmung aufgebaut.110 In Allianz mit dem französischen König, Ludwig XII., versuchten die Florentiner ein antipäpstliches Konzil in Pisa zu organisieren.111 Papst Julius II. seinerseits stellte gemeinsam mit der „heiligen Liga“ Truppen auf. In der Schlacht von Ravenna siegten wohl die französischen Truppen, aber da ihr Feldherr Gaston de Foix in der letzten Schlacht starb, zogen sich die Truppen aus Italien zurück.112 In dieser Schlacht fiel Giovanni de‘ Medici sogar in die Hände der Franzosen. Es gelang ihm jedoch die Flucht. Mit Hilfe des neapolitanischen Vizekönigs Ramón de Cardona, von Ferdinand II. zum Regenten Siziliens ernannt, kam er nach Florenz zurück. Der Spanier forderte unter anderem die Rücknahme des Banns gegen die Medici. Julius II. unterstützte diese Forderung und bestand seinerseits darauf, dass Soderini die Regierungsgeschäfte zurückzulegen hätte. Florenz kam diesen Forderungen nicht nach und Soderini ließ vierzig Bürger, die er für illoyal hielt, im Palazzo della Signoria festhalten. Unter ihnen war auch Filippo

Strozzi. Seine Brüder konnten Florenz rechtzeitig Richtung Lucca verlassen.113 Darauf zogen die Spanier mordend und plündernd durch die Toskana. Schließlich kam es nördlich von Florenz in Prato zur Entscheidungsschlacht und einer vernichtenden Niederlage der Florentiner. Das Gemetzel erinnert rückblickend an das Unglück im „sacco di Roma“ 15 Jahre später.114 Der Gonfaloniere auf Lebenszeit Pietro Soderini musste die Stadt verlassen. Er flüchtete nach Ragusa, dem heutigen Dubrovnik, um dem Machtbereich der Medici zu entkommen. Sein Bruder Paolo war Repräsentant der Stadt Florenz in Venedig und konnte so die notwendigen Schritte der Flucht nach Ragusa, einer venezianischen Handelsniederlassung, vorbereiten.115

109 Vgl. Walter 2011, 153 ff. und 225. 110 Vgl. Romano/Tenenti 1984, 227. 111 Vgl. Vahland 2005, 166. 112 Vgl. Brucker 1983, 272f. 113 Vgl. Walter 2011, 156. 114 Vgl. Brucker 1983, 274. 115 Vgl. Romano/Tenenti 1984, 302.

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Als florentinische Gesandte ins Heerlager bei Prato zogen, schloss sich Filippo Strozzi ihnen an, um seinen Geschäftspartner, den Kardinal Giovanni Medici, nach deren Absichten zu befragen. Allerdings blieb ihm dieser die Antwort schuldig. Um die Spanier zum Abzug aus der Toskana zu bewegen, musste Florenz unglaubliche 150.000 Dukaten an Ramón de Cardona bezahlen. „„Die Macht über die Stadt ist in ihrer Hand.“ Die Medici hätten aber alle Ausschreitungen des Volkes gegen diejenigen, die sich nicht gleich für sie erklärt hatten, verhindert.“116 Die Stadt beschloss unter dem Druck der von den Spaniern unterstützten Medici eine Verfassungsänderung. Das Amt des Gonfaloniere auf Lebenszeit wurde abgeschafft, ein Rat der Achtzig wurde eingerichtet und nur der Große Rat blieb bestehen. Kardinal Giovanni de‘ Medici zog am 14. September in die Stadt ein und zwei Tage später besetzten seine Anhänger die Piazza della Signoria und konstituierten ein ihnen genehmes Parlament. Bald darauf schafften sie den Großen Rat und den Rat der Achtzig wieder ab und ein außerordentlicher Rat, die Balìa, wurde- an deren Stelle gesetzt. Filippo Strozzi versuchte seinen Bruder Lorenzo jetzt dazu zu überreden, von Lucca zurück nach Florenz zu kommen. Das zurückhaltende Auftreten eines Teils der Familie und die Erinnerung an die Bannsprüche von 1434 blieben nicht ohne Folgen.117 Es wurde kein Strozzi in die von den Medici kontrollierte Balìa oder ein anderes von ihnen beeinflusstes Gremium gewählt. Filippo Strozzi bemühte sich erfolglos um die Beziehung zur Familie seiner Frau Clarice. Als Papst Julius II. starb und die Papstwahl anstand, begleitete er Giovanni de‘ Medici nach Rom. Der Kardinal hoffte zu Recht, dass Filippo seine Kandidatur ums Pontifikat finanziell unterstützen und die nötigen Schmiergelder zahlen würde. Giovanni de‘ Medici wurde am 11. März 1513 zu Papst Leo X. gewählt; er wählte seinen Namen Leo nach dem florentinischen Wappentier, dem Löwen. Hiermit begann Filippo Strozzis Leben im Dienste der Medici.118

116 Walter 211, 159. 117 Vgl. Walter 2011, 148ff. 118 Vgl. Walter 2011, 160.

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Es folgten viele rastlose Jahre, in denen Filippo zwischen Rom und Florenz hin-und herreiste, um die Wünsche der Medici zu erfüllen und um seine eigenen Geschäfte nicht zu vernachlässigen. Dieser Wechsel nach Rom ist durchaus auch auf die kulturellen Entwicklungen dieser Zeit zu übertragen. So wechseln sowohl Michelangelo als auch Leonardo da Vinci vom Arno zum Tiber.119 In Florenz übernahm Filippos Schwager Lorenzo de‘ Medici, Sohn von, Piero de‘ Medici und Alfonsina Orsini, die Geschäfte der Medici mit der Aufgabe, die Stadt unter Kontrolle zu halten. Giuliano und Giulio de‘ Medici kehrten beide nach Rom zurück. Lorenzo de‘ Medici ließ sich zum Generalkapitän des Florentinischen Heeres ernennen, ein Amt, das extra für ihn geschaffen wurde. Filippo Strozzi wurde zu seinem engsten Berater und Freund. Das Leben am Hof war für Filippo ungewohnt. Er litt darunter, seine Arbeit zu vernachlässigen und konnte sich mit dem Hofadel nicht anfreunden. Wie schon bei seiner Großmutter sind es Briefe, durch die wir über die Angelegenheiten der Familie Bescheid wissen. Nicht zu selten beklagte er sich in den Briefen an seinen Bruder: „Ich bleibe hier bei diesen Edelleuten zurück, die nur ihrem Vergnügen nachgehen und ihre Zeit so gut wie möglich vergeuden … Sie haben nichts anderes im Sinn, als tägliche Maskenaufzüge und am Abend Musik zu veranstalten und die Zeit mit Frohsinn zu verbringen, ohne irgendeinem Geschäft nachzugehen oder auch nur an eines zu denken. Und ich hätte bei Gott es mehr denn je jetzt nötig, mein Gehirn anzustrengen, da ich bald ins Geschäft kommen muss.“120 Natürlich war Filippo als Mitglied der vornehmen Gesellschaft im Florenz der Renaissance nicht nur Geschäftsmann und Financier der Medici-Päpste. Er wusste sehr wohl auch um die Genüsse das guten und schönen Lebens. Neben seiner Leidenschaft für die schönen Künste waren es unzählige Liebschaften, die von ihm überliefert sind. Der Briefwechsel mit der Kurtisane Camilla Pisani geben darüber Auskunft.121

119 Vgl. Brucker 1984, 275. 120 Walter 2011, 161. 121 Vgl. Walter 2011, 162.

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„Sein Bruder schreibt, er habe seinen Tag dreigeteilt: Ein Teil war der Durchsicht seiner Geschäftskorrespondenz gewidmet, der zweite den privaten Angelegenheiten, der dritte schließlich seinen Neigungen.“122 Lorenzo de‘ Medici starb im Mai 1519 an Tuberkulose in Florenz, wenige Tage zuvor war seine junge Frau gestorben, nachdem sie eine Tochter, Caterina de‘ Medici, zur Welt gebracht hatte. Die Trauer um Lorenzo hielt sich in der Stadt am Arno in Grenzen. Er war weder beliebt noch prachtvoll. Das Fehlen des Glanzes hob jedoch seine Tochter Caterina vollständig auf. Sie heiratete 1533 den französischen König, Heinrich II. und „versuchte als Mutter dreier Könige und Regentin, in den 1562 ausbrechenden französischen Religionskriegen durch Lavieren und Vermitteln, (…) auch skrupellos, die Macht der Monarchie zu bewahren.“123 Lorenzo de‘ Medici war der letzte legitime männliche Nachkomme Cosimo de‘ Medicis, der die informelle Herrschaft der Medici 1434 gründete. Leos X. Bruder Giuliano de‘ Medici, war schon gestorben und hatte nur einen illegitimen Sohn hinterlassen, Ippolito. Auch Lorenzo hatte nur einen unehelichen Sohn, Alessandro. Jedoch waren beide zu jung, um die Herrschaft zu übernehmen. Nach dem Tod Lorenzos stand Filippo Strozzi in der Gunst Kardinals Giulio de‘ Medici. Als Leo X. Clarice um die Erbschaft ihrer Mutter brachte, wurde das Verhältnis zu den Medici getrübt. Alfonsina Orsini, Filippos Schwiegermutter, war eine sehr habgierige und vermögende Frau. Sie war so reich, dass sie 1509 den römischen Palast der Medici, den , um 11.000 Dukaten erwerben konnte. Sie teilte sich das Haus mit der Familie ihres Schwagers, Kardinal Giovanni de‘ Medici.124 Alfonsina Orsini starb im Februar 1520 nach kurzer Krankheit in Rom. Da sie bis zu diesem Zeitpunkt kein Testament gemacht hatte, schickte Leo X. einen Beichtvater mit einem Testament zu ihr. Sie unterschrieb und überließ dem Papst alle ihre Besitztümer. Wäre Alfonsina ohne Testament gestorben, hätten sich ihre Tochter und ihre Enkelin Caterina das große Vermögen aufgeteilt.

122 Walter 2011, 163. 123 Reinhardt 2004, 108. 124 Vgl. Ercoli/Bellford/Mitchel 2003, 122.

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Ihr Schwiegersohn schätzte den Wert des hinterlassenen Schmucks auf 30.000. Die Gesamtheit des Vermögens dürfte 80.000 Dukaten ausgemacht haben. Leo X. ließ sofort alles beschlagnahmen und überließ Clarice auf deren Bitten nur Teile des Silberbestecks.125 Als Finanzgeber Leo X. wollte Filippo sich nicht mit dem Papst überwerfen und ließ den Affront gegenüber seiner Frau ungesühnt. Mit einem Bruch hätte er seinen privaten Ruin riskiert. Als Leo X. im Dezember 1521 starb, musste Filippo erkennen, dass die Kassen des Vatikans leer waren. Der Papst hatte sich in seinem Mäzenentum völlig verbraucht. „Seit Vasari sah man hier den Ausgangspunkt der „dritten Manier, die wir die moderne nennen wollen“, die 20 Jahre später im „Goldenen Zeitalter“ gipfeln. („So konnte sich das glückliche Zeitalter Leo X. für die kultivierten und kunstgewandten Adeligen nennen“, 1513 – 21).“126 Der Umstand leerer Kassen hat wohl auch verhindert, dass Leos Vetter Giulio unmittelbar nachfolgte. Erst nach der kurzen Amtszeit Hadrians VI. wurde er zu Papst Clemens VII. gewählt. Mit der Wahl Giulios hoffte Filippo, seinen Einfluss bei Hof zu erhalten. Allerdings musste er sehr schnell erkennen, dass Clemens VII. noch stärker als sein Vetter Leo X ausschließlich am eigenen Machtzuwachs interessiert war. Er beging hierbei den fatalen Fehler mit dem französischen König Franz I. eine Allianz gegen den Habsburger Karl V. einzugehen. Im darauffolgenden Krieg besetzten deutsch-spanische Söldner im Mai 1527 Rom und Clemens VII. musste von der Engelsburg, in die er geflüchtet war, mit ansehen, wie Rom verwüstet wurde. Der „Sacco di Roma“ führte in Florenz dazu, dass die Verwandtschaft des Papstes aus der Stadt vertrieben wurde. Im Vertrag von Barcelona kamen schließlich Karl V. und der Papst im gemeinsamen Interesse der Machterhaltung überein, Florenz für die Medicis zurückzuerobern. Mit Hilfe spanischer Truppen wurde die Republik wieder in den Einflussbereich der

Medicis gebracht. Nach einer fast einjährigen Belagerung kapitulierte die Stadt.127 „Als im August 1530 die Truppen Karl V: (…) den heldenhaften Widerstand der Verteidiger von Florenz brechen, die im Zustand eschatologischer Erregung auf göttlichen Beistand und Unverwundbarkeit gehofft hatten, ist zugleich die Basis jeder

125 Vgl. Walter 2011, 167f. 126 Previtali 1987, 157. 127 Vgl. Brucker 1983, 276f.

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republikanischen Ordnung für immer zerbrochen: Der wechselseitige Haß läßt zwischen Handwerkern und Patriziern keine Kooperation mehr zu.“128 Der Preis für die Wiedererlangung der Hegemonie über Florenz war die Abhängigkeit vom Kaiser. Clemens VII. musste in seinen Entscheidungen Karls Schiedssprüche akzeptieren. Folgerichtig ist es der Kaiser, der Alessandro de‘ Medici zum Herzog der Toskana ernennt. „Allerdings erwies sich Alessandro de‘ Medici (1510 – 1537) (…) in den Augen der Oberschicht als Fehlbesetzung. Was sollte man von einem Herrscher halten, der Flöte spielend über den Markt zog, den Frauen der Patrizier nachstellte (…)?“129 Alessandro wurde schließlich von einem Mitglied der Familie 1537 ermordet. Die darauffolgende politische Unsicherheit nütze der Vertraute Clemens VII., Francesco Guicciardini, einen „neuen“ Medici zu inthronisieren. Cosimo de‘ Medici, der spätere Großherzog der Toskana, war Spross der sogenannten jüngeren Linie der Medici.130 Ihn verband nicht nur der Name mit dem ersten Medici-Herrscher aus dem 14. Jahrhundert.131 Wie diesem gelang es Cosimo I., die Macht für die Familie zu festigen und Florenz zu neuem Wohlstand zu verhelfen. Vasari statte für ihn den Palazzo Vecchio unter anderem programmatisch mit dem Gemälde „Das goldene Zeitalter“ aus.132

Nach dem Tod seiner Frau Clarice de‘ Medici am 3.Mai 1528 entschloss sich Filippo, das brodelnde Florenz zu verlassen. Filippo fühlte sich in der Stadt seiner Väter nicht mehr sicher. Die Ereignisse in Rom, das „Sacco di Roma“ und die Vertreibung der Medici aus Florenz, haben tiefe Spuren hinterlassen. Er hielt es aber nicht lange in Lyon aus, dem selbstgewählten Exil. Er hatte bereits 1517 in Lyon eine Bankniederlassung gegründet. Neugierig, was sich in der Heimat abspielte, zog es ihn im Sommer 1529 nach Lucca, um aus sicherer Entfernung die Geschehnisse in der Heimat zu beobachten. Nachdem er 1530 nach Florenz zurückkehrt war, wurde er der Verbindungsmann Clemens VII. Der Papst beriet sich 1531/32 mit Florentiner Patriziern, unter ihnen auch Filippo, über die Umwandlung Florenz von einer Republik in ein Fürstentum. Hierbei kam

128 Reinhardt 2004, 109. 129 Reinhardt 2004, 110. 130 Vgl. Parks 2009, 278. 131 Vgl. Merzenbacher 1991, 414. 132 Vgl. Grote 1997, 400ff.

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erstmals das Thema des Festungsbaus auf, um die Herrschaft der Medici auch militärisch in der Stadt abzusichern. Geplant wurde ein Gegenentwurf zu Michelangelos Festung zur Verteidigung der Freiheit. Die „Fortezza da Basso“ wurde zum Sinnbild der Herrschaft Alessandros.133 Wieder wurde Filippo Strozzi der Geldbeschaffer der Medici. In Florenz musste die Festung erbaut werden, und noch viel wichtiger, die Tochter Lorenzos, Caterina de‘ Medici musste verheiratet werden. Nach dem Tod ihrer Eltern hatte Clemens VII. die Vormundschaft inne und plante verschiedene Hochzeiten für das Mädchen. Zur gleichen Zeit wollte auch Franz I. von Frankreich seine Söhne vermählen. Caterina war geeignet, um den Papst wieder für sich zu gewinnen, und 1529 kam eine französische Heirat ins Gespräch. 1530 wurden erstmals dann konkrete Vorschläge gemacht. Caterina sollte den zweiten Sohn heiraten, und als Mitgift wünschte sich Franz I. Parma und Piacenza. Vorerst stand allerdings der Plan Karls V., Caterina mit Francesco Sforza, dem Herzog von Mailand zu verheiraten, im Weg. 1531 gab Clemens VII. in einem geheimen Vertrag doch dem französischen König seine Zustimmung, und nach langem Zögern wurde die Hochzeit im Herbst 1533 geplant. Als Mitgift bekam der König allerdingt keine Territorien sondern 130.000 Scudi. Der Dukaten war mittlerweile durch den Scudo in Rom ersetzt worden. Und dabei kam wiederum Filippo ins Spiel. Er musste diese immense Summe aufbringen und sollte auch die Ausstattung der kleinen Herzogin bezahlen. Clemens VII. vollzog in die Trauung und ließ Caterina noch einen Heiratsvertrag unterschreiben, in dem sie auf all ihre Ansprüche auf das Erbe ihres Vaters verzichtet. Sie durfte nur das Herzogtum Urbino behalten. Caterina focht nach Clemens VII. Tod diesen Verzicht an und prozessierte bis zu ihrem Lebensende mit dem Medici.134 Filippo blieb auf Wunsch des Papstes noch ein Jahr bei seiner Nichte in Frankreich. Die Strozzi-Bank war zu dieser Zeit die mächtigste in ganz Europa. Neben den Niederlassungen in Florenz, Rom, Venedig und Neapel und wurde 1532 auch eine in

133 Vgl. Walter 2011, 180ff 134 Vgl. Kinder/Hilegmann/Hergt 2010, 237ff.

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Sevilla eröffnet. Bei all diesen Banken war Filippo der Hauptgesellschafter, der das höchste Kapital einbrachte. Caterinas Mitgift sollte in Raten abbezahlt werden: eine sofort, eine zu Allerheiligen und eine im Laufe des Jahres 1534. Clemens VII. besicherte den Kredit mit Juwelen, brauchte aber gleichzeitig zusätzlich 36.000 Scudi. Filippo hoffte, die Geldvergabe seinerseits an eine Forderung zu knüpfen. Er wollte, dass sein Sohn Piero zum Kardinal ernannt wurde. Doch der Papst verwehrte ihm diesen Gefallen. Nach dem Tod Clemens‘ VII. 1534 begann Filippos Abstieg als Kreditgeber des Vatikans. Der neue Papst Paul III. zeigte keine Anstalten, die Schulden seines Vorgängers zu übernehmen. Außerdem weigerte er sich, die Ausgaben für den Krieg um Florenz anzuerkennen und wollte auch die ausstehende Rate der Mitgift Caterina de‘ Medicis nicht bezahlen.135 Der Farnese-Papst hatte kein Interesse, einen Vertrauensmann der Medici als Financier an seiner Seite zu haben. Außerdem strengte die Stadt Rom einen Prozess gegen Filippo Strozzi an. Wegen ausgebliebener und unzulänglicher Kornlieferungen an die Stadt wurde die Strozzi Bank zu einer Schadensersatzzahlung von 700.000 Scudi verurteilt. Filippo erreichte einen Kompromiss. Aber auch dieser kostete ihn noch 175.000 Scudi. Damit entging er wohl dem Bankrott, aber die Bank erholte sich nie wieder vollständig. Trotzdem war er immer noch sehr reich und sein Bankhaus war weiterhin eines der renommiertesten in ganz Europa. „Der Dichter Francois Rabelais (…) bezeichnete Filippo Strozzi als den „reichsten Kaufmann der Christenheit nach den Fuggern von Augsburg in Deutschland.“ “136 Filippos Söhne, Piero und Leone, waren in der ersten Zeit von Alessandros Regentschaft Teil seiner Entourage. So war der Medici auch regelmäßig Gast im Palazzo Strozzi. Die beiden Strozzi Jünglinge zählten nicht nur zur politischen Elite der Stadt, sie waren im Gegensatz zum Medicifürsten auch gebildet. Sie hatten wie ihre Vorfahren Latein und Griechisch studiert und waren in der Lektüre der Klassiker bewandert. Zudem waren sie sich ihrer Stellung in der Gesellschaft bewusst und wussten auch, wie reich ihre Familie war.

135 Vgl. Walter 2011, 187ff. 136 Walter 2011, 190

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DIE NACHKOMMENSCHAFT

Nicht unbegründet hatte Alessandro Angst davor, dass ihm die legitimen Urenkel von Lorenzos des Prächtigen – ihre Mutter war die Tochter von Piero dem Unglücklichen - eines Tages zur Gefahr werden könnten. Durch einen Vorfall während einem der vielen Bälle 1534 in der Karnevalszeit mit einem Vertrauten Alessandros kam es zum Zerwürfnis mit dem Medici. Giuliano Salviati machte der Tochter Filippos, Luisa, den Hof. Sie war allerdings frisch vermählt. Obwohl sie die Zudringlichkeiten ablehnte, prahlte Salviati damit, die Gunst der jungen Frau errungen zu haben. Als er nun von drei Maskierten überfallen wurde, ging man davon aus, dass die Strozzi-Brüder dahinter steckten. Die Ereignisse erreichten Filippo in Frankreich und er legte seinen Söhnen nahe, die Stadt zu verlassen. Die Geschichte nahm ein trauriges Ende, denn Luisa starb noch im gleichen Jahr. Man vermutete, dass sie vergiftet worden war. Als Filippo Strozzi im Herbst 1534 nach Rom zurückkehrte, lebten seine Söhne im Borgo nahe Sankt Peter. Er ließ auch seine jüngeren Kinder nach Rom holen. Alessandro de‘ Medici ernannte Filippo zum Mitglied der offiziellen Florentiner Delegation, die Paul III. den Gehorsam schwören sollte. Filippo lehnte aber aus gesundheitlichen und geschäftlichen Gründen ab. Der Herzog lud Filippo auch ein, zurück nach Florenz zu kommen. Er sollte den Streit zwischen Salviati und den Söhnen schlichten. Aber auch das lehnte er ab. Filippo wollte zuerst seinen Prozess mit der Stadt Rom zu Ende bringen.137 Das Haus in Borgo war während der Abwesenheit Filippos der Treffpunkt der Opposition gegen Alessandro de‘ Medici. Filippo Strozzi hatte die Absicht, dem Treiben ein Ende zu setzen. Er wollte Leone nach Capua und dann nach Malta schicken und Piero sollte in Venedig, Lyon oder Padua das Bankgeschäft erlernen. Aber Ende 1534 waren beide immer noch in Rom und standen eng in Verbindung mit Ippolito de‘ Medici, dem gebildeten und ehrgeizigen Sohn Giuliano de‘ Medicis, der in

137 Vgl. Walter 2011, 191ff.

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seinem Herrschaftsanspruch übergangen wurde. Um Ippolito hatte sich die florentinische Opposition formiert. Piero Strozzi reist mit einer Delegation Mitte April nach Barcelona, um Karl V. zu überzeugen, Alessandro abzulösen. Allerdings starb Ippolito 1535. Der Kaiser versprach, sich die Sache zu überlegen und lud die Gesandtschaft nach Neapel ein. Nun setzt sich Filippo mit den Kardinälen Salviati und Ridolfi an die Spitze der Opposition. Ganz Geldgeber übernahm er auch die Kosten der Mission. Vor seiner Abreise aus Rom setzt er noch ein Testament auf. Der erste Punkt betraf seine Grablegung. Filippo verbot seinen Erben, ihn in Florenz zu begraben, solange die Stadt noch in den Händen Alessandros war. In Rom wollte er in Sant‘ Onofrio am Abhang des Gianicolo unweit des Vatikans begraben werden. Sobald Florenz wieder frei wäre, sollte er in der Familienkapelle in Santa Maria Novella neben seiner Frau Clarice beigesetzt werden. Außerdem verpflichtete er seine Söhne, Piero, Vincenzio, Ruberto, Giulio, Lorenzo und Alessandro - Leone als Geistlicher war von der Erbfolge ausgeschlossen - den Familienpalast zu vollenden. Filippo reiste also nach Neapel. Karl V. versuchte zwar zwischen den Parteien zu vermitteln, schlussendlich ergriff er jedoch Partei für Alessandro de‘ Medici und vermählte ihn im Feber 1536 mit seine Tochter Margarethe. Während der Verhandlungen in Neapel ließ Franz I. von Frankreich Filippos Geschäftspartner, Gianfrancesco Bini, verhaften. Der König hatte die letzte Rate von Caterina de‘ Medicis Mitgift nicht wie vereinbart erhalten und brauchte dringend das Geld für seine Kriege. Trotz der Schulden, die Franz I. bei der Bank hatte, musste Bini 30.000 Dukaten für seine Freilassung zahlen.138 Als die Verhandlungen in Neapel scheiterten, traten viele der Exilierten in die Armee des französischen Königs ein, der im Piemont eingefallen war, um die französischen Ansprüche auf Mailand durchzusetzen. Und wieder lieh er sich Geld von der Strozzi- Bank in Lyon. Daraufhin beschlagnahmte Karl V. die Güter der Strozzi in Sizilien und Neapel und veräußerte sie. Filippo finanzierte also beide Kriegsparteien.

138 Vgl. Walter 2011, 195ff.

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Die Lage der Bank in Lyon wurde immer aussichtsloser. Piero reiste im Auftrag seines Vaters nach Frankreich, um die Schulden bei Franz I. einzutreiben. Dieser schloss sich jedoch dem französischen Heer an. Aus Angst vor der Rache des Kaisers verließ daraufhin Filippo Rom, nachdem er sein Kapital aus der Stadt abgezogen hatte, und reiste er im Sommer 1536 mit einem Geleitbrief des Dogen nach Venedig. Er hoffte, sich so dem Konflikt zu entziehen. Aber schon knapp danach, im Oktober 1536, traf ihn und seine beiden Söhne Piero und Ruberto der Bannspruch der Medici und ihr Besitz in Florenz wurde beschlagnahmt, auch die Anteile Filippos am Palazzo Strozzi. 139 Im Jänner 1537 wurde Alessandro de‘ Medici von einem entfernten Verwandten ermordet. Lorenzo, genannt Lorenzino, stammte von Cosimo de‘ Medicis Bruder Lorenzo ab. Bei der Tat dürften nicht politische Motive im Vordergrund gestanden sein. Lorenzo war wohl während seines Aufenthalts mit der Opposition in Kontakt und auch eng mit Piero Strozzi befreundet, aber mit der Rückkehr nach Florenz schloss er sich Alessandro an. Die Tatsache, dass der Herzog den jüngeren Cosimo als Nachfolger und nicht Lorenzo bevorzugte, könnte ein Motiv für den Mord gewesen sein. „Die Erleichterung über Alessandros Ermordung am 5. Jänner 1537 durch einen Medici der jüngeren Linie, der sich zum neuen Brutus stilisierte, aber letztlich aus privaten Motiven handelte, hielt die Angst über die Zukunft von Florenz die Waage: Wie würde der jetzt abermals gereizte Kaiser reagieren, der Alessandro immerhin seine uneheliche Tochter zur Frau gegeben hatte?“140 Unmittelbar nach dem Mord flüchtete Lorenzino aus der Stadt nach Bologna und dann weiter nach Venedig. Filippo Strozzi gewährte ihm vor seiner geplanten Flucht ins Ausland Asyl. Filippo kümmerte sich um Lorenzos Mutter und Geschwister und versprach, die Schwestern mit zwei seiner Söhne zu verheiraten. Piero und Vincenzio heirateten Laudomia und Maddalena. Nachdem die vertriebenen Florentiner, die „Fuoriusciti“, vernichtend bei Montemurlo geschlagen worden waren, verließ Lorenzino Italien Richtung Konstantinopel. Im April wurde in Florenz ein Bann über ihn verhängt und ein Kopfgeld von 4000 Goldfiorini für seine Tötung ausgeschrieben. Er kehrte im August 1544 nach Venedig

139 Vgl. Walter 2011, 196f. 140 Reinhardt 2004, 110.

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zurück und wurde hier im Auftrag Cosimos ermordet.141 Vor seinem Tod hatte er erneut Unterschlupf bei den Strozzi gefunden. Der Nachfolger Alessandros, Cosimo, entpuppte sich anders als von der Partei um Francesco Guicciardini geplant: nicht als naiver und lenkbarer Jüngling. Ihm gelang es innerhalb kürzester Zeit, die hinterlassene Lücke in der Herrschaft zu schließen. Er wurde vom Kaiser anerkannt, hielt jede Opposition in Schach und führte Florenz zu einer neuen Blüte.142 Die Strozzis hofften unter dem neuen Herrscher wieder nach Florenz zurückkehren zu können. Am 30. Jänner wurde die Verbannung 1536 wieder aufgehoben. Der Vertrag wies jedoch große Lücken auf und so formierte sich unter den Exilierten erneut Widerstand. Filippos Söhne, Piero, Ruberto und Vincenzio nahmen daran teil. Filippo Strozzi zögerte und verließ Bologna in Richtung Venedig. Er hoffte, sich und seine Geschäfte so in Sicherheit zu bringen. Allerdings führte sein Rückzug zum Bruch mit den Söhnen.143 Sogar Karl V. versuchte 1537 zu vermitteln, allerdings ohne Erfolg. Eine kriegerische Auseinandersetzung war somit unausweichlich. Die schlechtformierten Truppen der Exilierten wurden am 1. August beim Kastell von Montemurlo bei Pistoia restlos vernichtet. Die erhoffte Unterstützung durch Franz I. blieb aus. Die Schlacht besiegelte „Filippos Geschick und das der Familie“144 Filippo Strozzi, der gehofft hatte mit dem französischen Botschafter als Befreier in Florenz einzuziehen, wurde mit den Anführern des Aufstandes gefangen genommen. Sein Sohn Piero konnte fliehen. Die Gefangen wurden nun nach Florenz geschafft und in Lumpen gekleidet durch die Straßen der Stadt zur Fortezza da Basso gejagt. Die meisten der Rebellen wurden zum Tode verurteilt oder kamen in schwere Kerkerhaft. Filippo Strozzi entging dieser Strafe. Cosimo I. hatte keine Rechtsgewalt über ihn, da sich der Kaufmann dem kaiserlichen Kommando der Fortezza ergeben hatte und damit ein Gefangener des Kaisers war. Er wurde anders als seine Mitstreiter in der Festung respektvoll behandelt, durfte sich frei bewegen, Besuche empfangen und Briefe verschicken. Diese Privilegien hatte

141 Vgl. Grote 1997, 378. 142 Vgl. Reinhardt 2011, 111f. 143 Vgl. Walter 2011, 198f. 144 Walter 2011, 200.

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sich Filippo mit sehr viel Geld erkauft und so auch verhindert, an Cosimo I. ausgeliefert zu werden.145 Aus der Ferne versuchten seine Söhne, Getreue um sich zu sammeln, um den Vater zu befreien. Piero hatte kurz am Hof des Sultans in Konstantinopel Unterschlupf gefunden und war dann nach Frankreich weiter gereist. Vincenzo war bei den französischen Truppen im Piemont. Filippo wusste, dass eine Befreiung nicht möglich war. Einzig der Kaiser hätte ihn begnadigen können. Aber die enge Verbindung zu Frankreich machte dieses Unternehmen sehr unsicher. Wohl war es gelungen, imPapst einen gewichtigen Fürsprecher zu finden. Aber die Angelegenheit kam nicht vom Fleck. In seiner Not besann sich Filippo auf sein Geschäft. Er war bereit sich auszukaufen. Er bot dem Kaiser 100.000 Scudi. Mittlerweile war es einem Freund der Familie, dem Sohn des Dichters Torquato Tasso, Bernardo Tasso, gelungen, in Spanien ein Treffen zwischen den Söhnen und den Repräsentanten des Kaisers zu arrangieren. Aber die Hoffnung einer klaren Antwort wurde enttäuscht. Nun machte Cosimo Anstalten, Filippo aus der Festung vorführen zu lassen. In der Aussicht einer Hinrichtung machte dieser ein neues Testament. Darin wiederholte er, sollte eine Bestattung neben seiner Frau in Santa Maria Novella nicht möglich sein, dass er in Venedig begraben werden möchte. Piero und Vincenzio blieben wohl erbberechtigt, wurden aber aus der Erbfolge ausgeschlossen. Die jüngeren Söhne sollten als Bankiers ausgebildet werden und die Geschäfte weiterführen. 146 Im Juni 1538 lud Paul III. Franz I. und Karl V. nach Nizza ein, um Kaiser und König auszusöhnen, und am 18. Juni wurde ein zehnjähriger Waffenstillstand mit Hilfe des Papstes unterzeichnet.147 Nach der Abreise Pauls III. flehte auch noch Caterina de‘ Medici, die mit dem französischen Thronfolger verheiratet war, den Kaiser um Gnade für ihren Onkel an. Der Kaiser schenkte daraufhin Filippo das Leben, aber er bestand darauf, ihm den Prozess zu machen. Karl V. wollte feststellen lassen, ob Filippo in das Mordkomplott gegen Alessandro eingeweiht war. Im Dezember des gleichen Jahres sollte der Prozess beginnen. Filippo Strozzi kam dem jedoch zuvor und nahm sich am 18. Dezember 1538 das Leben. „Auf der Brust des Toten fand man ein Blatt von seiner

145 Vgl. Walter 2011, 203f. 146 Vgl. Walter 2011, 207f. 147 Vgl. Kinder/Hilgemann/Hergt 2010, 237.

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Hand mit der lateinischen Überschrift „Deo Liberatori“ - Gott, dem Befreier - auf dem er seinen Entschluss, Selbstmord zu begehen, begründete.“148 Er wurde nicht, wie er es sich gewünscht hatte, neben seiner Frau in Santa Maria Novella begraben, sondern als Selbstmörder außerhalb der Stadt. 149

Filippos Söhne kamen am französischen Hof unter. Die Hoffnung, wieder nach Florenz zurückzukehren, blieb bei ihnen immer wach. Gemessen am Schicksal der Mitverschwörer hatten Piero und seine Brüder jedoch Glück gehabt. Sie hatten in ihrer Cousine Caterina eine mächtige, der Familie verbundene Fürsprecherin. Piero stieg sehr rasch zum Kammerherrn des Königs auf. Mit der Regentschaft Heinrich II. machte er in den Kriegen gegen die Habsburger Karriere und befehligte schließlich die italienische Infanterie. Leone wurde Kommandant der französischen Galeeren in der Levante. Lorenzo schließlich brachte es mit Hilfe Papst Pauls III. zum Kardinal. Und Ruberto übernahm das Geschäft der Familie. Er führte die Familienbanken in Rom, Venedig und Lyon und finanzierte die Kriege Heinrichs II. Das Schicksal von Piero und Leone entschied sich auf den Schlachtfeldern gegen den Kaiser und die Medici. Heinrich II. unternahm mehrere Versuche Teile der Toskana zu erobern. Als sich Siena von den spanischen Besatzern befreite, sahen die Strozzi Brüder ihre Stunde gekommen. Unterstützt von Caterina und dem König, der Piero zum Marshall ernannt hatte, sahen sie die Möglichkeit, die Medici aus der Toskana zu vertreiben. Die Unternehmung stand jedoch unter einem ungünstigen Stern. Leone wurde so schwer verletzt, dass er 1554 an den Folgen starb. Und Pieros Heer wurde im gleichen Jahr in der Schlacht bei Marciano vernichtend geschlagen. Er entkam mit knapper Not. Enttäuscht wendet er sich von Italien ab und starb 1558 ebenfalls an der Folgen einer Kriegsverletzung. Ruberto Strozzi verließ Venedig und etablierte die Familie in Rom. Seiner Familie gelang es, in den römischen Adel einzuheiraten. Die Familienkapelle in San Andrea della Valle wurde am Anfang des 17. Jahrhunderts von seinem Sohn Leone in Auftrag gegeben. Aus seiner Zeit in Venedig stammt ein Portrait seiner Tochter

148 Walter 2011, 207. 149 Vgl. Walter 2011, 208.

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Clarice, das Tizian 1542 angefertigt hatte. Das Mädchen reicht einem kleinen Hund ein Brotgebäck, das in seiner Form an das Wappen der Strozzi erinnert. Filippos älterer Bruder Lorenzo hatte Florenz in den Schicksalsjahren der Familie nicht verlassen. Abseits der Geschehnisse und von ihnen weitestgehend unberührt, begann er die Lebensgeschichte seines Bruders aufzuzeichnen. Der Selbstmord Filippos verstörte ihn jedoch so sehr, dass mit der Gefangenschaft in der Fortezza da Basso der Bericht auch abbricht. Die Schlusskapitel wurden von einem unbekannten Autor vollendet. Lorenzo starb 1549 zurückgezogen und vereinsamt. Nach der Niederlage in Montemurlo hatte Cosimo I. Filippos Teil des Palazzo Strozzi, der an der Piazza Strozzi gelegen ist, beschlagnahmt. Erst 1568 gab er diesen Teil des Palastes an die Erben zurück.150 1699 wurde der Besitz durch die Heirat von Lorenzo Francesco, Prinz von Forano und Theres di Giovan Batista Strozzi wieder vereint. Im 18. Jahrhundert wurde die Piazza Strozzi vom Volk in „Piazza delle Cipole“ (Zwiebelplatz) umbenannt, weil dort der Gemüsemarkt beheimatet war. Mit dem frühen Tod von Ferdinando Lorenzo 1878 begannen die finanziellen Probleme der Familie. Meisterwerke von Benedetto da Maiano, Mino da Fiesole, Tizian, Bronzino und Bernini, die Jahrhunderte lang im Besitz der Strozzi waren, wurden an ausländische Museen verkauft. 1937 wurde der Palast verkauft, nachdem die testamentarisch von Filippo Strozzi dem Älteren festgelegte männliche Erbfolge ausgeblieben war.151

150 Vgl. Walter 2011, 209ff. 151 Vgl. Sebregondi 2011, 15f.

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DER PALAZZO STROZZI

„CASA STROZZI“

Die „Casa Strozzi“ bezeichnet mehreres.152 Es ist die bevorzugte Bezeichnung für die familiäre Einheit, das Wort „casa“ meint aber auch das Wohnhaus der Strozzi.153 In der Zeit des großen Banns von 1434 war für die Familie Strozzi beides in Gefahr. Als Palla Strozzi die Stadt Florenz verlassen musste, verloren er und seine Verwandtschaft nicht nur ihre Heimat, auch die räumliche Geschlossenheit des Familienverbandes drohte zu Abb. 11. Außenansicht des Palazzo Strozzi, Florenz zerbrechen. Der Beharrlichkeit von Alessandra Macinghi, Matteo Strozzis Ehefrau, verdankte es die Familie im 15. Jahrhundert, dass das Zusammengehörigkeitsgefühl erhalten blieb. „Alessandra Strozzi unterrichtete ihre Söhne, die von den Medicis in die Verbannung geschickt worden waren, 23 Jahre lang brieflich über häusliche Belange (1447-1470). Ihr Schwiegersohn, ihre Töchter und der kleine Matteo (...) schrieben eigene Botschaften dazu. Von den Verbannten trafen Antworten ein. So blieb das Familienleben intakt.“154 Schon bald nach ihrer Hochzeit mit Verbannung und Witwenschaft konfrontiert, gab sie ihrem Erstgeborenen, Filippo dem Älteren, eine Mission mit auf seinen Lebensweg: „daß du dein Haus wieder in die Höhe bringen und mich zufrieden machen wirst.“155

152 Vgl. Sebregondi 2011, 9. 153 Vgl. Hausmann 1993, 147. 154 La Roncière 1990, 247f. 155 Hausmann 1993, 44.

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Diesen Auftrag verlor Filippo bis zuletzt nicht aus den Augen, die Familie wieder zu vereinen und ihr ein gemeinsames Haus zu geben: den Palazzo Strozzi. Ende des 15. Jahrhunderts erlebte Florenz einen regelrechten Bauboom: Eine neue an der Antike orientierte Stilrichtung gab der Stadt ein verändertes Gesicht. Ohne das Alte zu zerstören, entstanden innerhalb des Geflechts aus mittelalterlichen Märkten, Gassen und Plätzen moderne Bauten. Es war die Zeit des Neubaus des Domes, der mit Filippo Brunelleschis großartiger Kuppel einen triumphalen Abschluss erlebte. Brunelleschi war der meistbeschäftigte und gefragteste Baumeister der Stadt dieser Zeit. Er schuf das öffentliche Findelhaus, das Ospedale degli Innocenti, die Kirche San Lorenzo mit der alten Sakristei, die den Medici als Grabstätte diente, sowie die Pazzi Kapelle bei Santa Croce. „Während Santa Maria in Fiore errichtet wurde, führte Filippo noch viele andere Bauten aus, von denen ich nun hier der Reihe nach erzählen werde. - Zuerst arbeitete er mit eigener Hand im Auftrag der Familie Pazzi (...) dann das Modell zum Haus der Busini (...) für Cosimo di Medici arbeitete (sic!) er (...).“156 Außerdem entstanden viele neue Familienhäuser und Paläste im modernen Stil.157 Diese Paläste stellten das neugewonnene Selbstverständnis der Zeit dar. Die Patrizierfamilien in Florenz lösten sich aus der mittelalterlichen Beschränkung eines Lebens nur im öffentlichen Raum der Stadt. Bis dahin dominierte die Übergangslosigkeit von öffentlich zu privat die Architektur der Häuser vornehmer Familien.158 „„Der Palazzo“, schreibt R. Goldthwaite, „gehörte zu einer neuen Welt der >Privatheit<, diente dem Gebrauch einer relativ kleinen Gruppe.“ Tatsächlich war die Anzahl der Zimmer nicht größer geworden: im Palazzo Strozzi war nur eine einzige Etage bewohnt, und es gab kaum mehr als ein Dutzend Zimmer. (…) Weiter schreibt R. Goldthwaite (…): diese Palazzi „waren offensichtlich dazu entworfen, einer zahlenmäßig kleinen Familie eine Privatwelt, eine Welt für sich zu verschaffen.““159 Im Unterschied dazu waren die Palazzi des 13. und 14. Jahrhunderts durch eine zur Stadt hin offene Loggia und zumindest einem Turm, der Schutz vor Feinden bot, gekennzeichnet.

156 Vasari 2010, 168. 157 Vgl. Adams/Nussdorfer 1994, 222f. 158 Vgl. Ariès 1982, 61f. 159 Ariès 1982, 62f.

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„Abgesehen vom Turm und von der Loggia unterschied der Palazzo sich kaum von der städtischen Nachbarschaft. Zur Straße hin bestand das Erdgeschoß aus Arkaden, (...), die den Eingang zu den Läden und zugleich den Zugang zum Palazzo und seinen Treppenhäuser bildeten.“160 Um 1445 ließ Cosimo de‘ Medici einen prachtvollen Palast im neuen Stil nach Plänen von Michelozzo erbauen. Im Nachhinein schloss vermutlich Michelangelo das zur Straße hin offene südöstliche Eck der Loggia.161 Die Palastanlage der Medici nahm so viel Platz ein, dass ein einfacher Bauplatz nicht gereicht hätte. Cosimo kaufte daher viele kleine Häuser in der Nachbarschaft auf und ließ sie niederreißen, um so ausreichend Platz zu schaffen. Das alte Haus der Familie übernahm sein Neffe Pierfrancesco.

Diese Idee war das Vorbild nach dem Filippo Abb. 12. Bartomoleo di Michelozzo, Palazzo Medici-Riccardi handelte, um Platz für seinen Palast zu schaffen. Das alte Haus der Strozzis lag in einem dichtbebauten Viertel, das vom Corso degli Strozzi bis zur heutigen Via Tornabuoni (damals noch Via Larga die Legnaiuoli oder Via Larga dei Santa Trinità) reichte. Das Haus grenzte südseitig an die Via Ferravecchi, die zu einem alten Markt führte. Hier standen damals mehrere Wohnhäuser, kleine Läden, Werkstätten von Holzschnitzern, Steinmetzen, Hufschmieden, Bäckern und Fleischern und ein Turm. Schon 1473 kaufte er den Turm an der Via Legniaiuoli dem Grafen Poppi ab. Inmitten des Netzes aus Gässchen und Höfen befand sich ein kleiner Platz, der sich im Besitz der Familien Tornabuoni, Tornaquinci, Popoleschi und Giachinotti befand. Filippo bat Lorenzo dè Medici, bei dessen Onkel Giovanni Tornabuoni zu Gunsten des Verkaufs zu intervenieren. Nachdem Lorenzo von der Familiengruppe die Zustimmung erhalten hatte, sorgte er dafür, dass 1489 die „Ufficiali della Torre“

160 Ariès 1982, 62 161 Vgl. Zimmermanns 2012, 198.

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Filippo erlaubten, den nicht bebauten öffentlichen Raum, der sich im Bereich des Baus befand, zu besetzen.162 Filippo plante großräumig, Gebäude schleifen zu lassen, um Raum für seinen Palast herzustellen.163 Außerdem kaufte er einigen weitschichtigen Verwandten kleinere Häuser außerhalb des Corsos degli Strozzi ab, um Ausweichmöglichkeiten für seine Familie zu schaffen. Von 1482 bis 1487 ließ er in unmittelbarer Nähe der geplanten Baugrube einen vorübergehenden Wohnsitz, den Palazzo Strozzino, erbauen, der ebenfalls eine beträchtliche Summe kostete. Das Bauprojekt „Palazzo Strozzi“ verschlang in Summe mehr als 40000 Fiorini. Die Jahresmiete für ein Haus in der Florentiner Innenstadt kostete 12 Florini.164 Dies, um die Höhe der Summe in Relation zu setzen und auch zu ermessen, wie reich die Familie zur Zeit Filippos war. Der Palazzo wurde ganz der Intention seines Bauherrn folgend einer der größten und mächtigsten Bauten seiner Zeit. „Vo tuta volta pensando e disegnando, es se Iddio mi presta chonpetenete vita spero fare qualche cosa di memoria.“ („Ich denke und erschaffe und wenn mich Gott so lange am Leben lässt, dann erschaffe ich etwas so Großes, dass ich für immer in der Erinnerung der Menschen lebendig bleibe“.) 165, heißt es in einem seiner Briefe. Der Palast war das mächtigste Privatgebäude in ganz Florenz und hatte die von Alessandra und ihrem Sohn Filippo erhoffte Wirkung. Das Volk bezeichnete ihn als „grande“, „magnifico“, „superbo“ und „bello“. Außerdem waren die enormen Summen, die der Bau verschlungen hatte, ein andauernder Anlass für Tratsch und Gerüchte. „In Florenz verfestigte sich das Kaufmannspatriziat im späten 15. Jahrhundert zu einer Adelsklasse. Neue Familien wurden in die von den Medici angeführte Gruppe nicht aufgenommen, der überdies (um nur die mit den Medici durch Heirat verbundenen zu erwähnen) die Albizzi, die Bardi, die Pazzi, die Ridolfi, die Salviati, die Strozzi und die Tornabuoni angehörten.“166

162 Vgl. Walter 2011, 129f. 163 Vgl. Marschies 2000, 39 164 Vgl. Markschies 2000, 31. 165 Sebregondi 2011, 10. 166 Burke 1984, 250.

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Neben dem Palazzo Pitti auf der anderen Seite des Arnos, einigen Kirchen und dem Turm des Palazzo della Signoria, zählte der Palazzo Strozzi zu den höchsten Gebäuden der Stadt. Der Palast hat drei freistehende Seiten, so dass sich drei Ansichtsseiten ergeben. Er liegt an der Via Tornabuoni, nach der Via Larga, die am Palazzo Medici vorbeiführt, eine der belebtesten Straßen in Florenz. Der Umstand, dass hier die großen Prozessionen - am Johannestag, zu Fronleichnam und auch die Fürbittenprozession - mit dem Ziel Dom und Baptisteriums Vorplatz- vorbeizogen, verleiht dem Straßenzug zusätzliche Attraktivität. In unmittelbarer Nachbarschaft befinden sich auch die Paläste der Familien Spini, Antinori und Tornabuoni.

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AUFTRAGSGEBER UND BAUHERR

Als Auftraggeber von Kunstwerken trat die Familie Strozzi schon vor der großen Verbannung 1434 auf. Schon um die Mitte des 14. Jahrhundert gab die Familie in Santa Maria Novella in Florenz eine Kapelle in Auftrag. „Die Familie gehörte zum Quartiere di Santa Maria Novella und hatte schon im Trecento eine enge Bindung zur florentinischen Dominikanerkirche. (…) Sämtliche Ausstattungsstücke der Kapelle sind durch Wappen als Stiftungen der Kaufmannfamilie ausgewiesen.“167 Gut belegt ist dabei die Entstehungsgeschichte der zentralen Altartafel. Nachdem Andrea Orcagna mit der Arbeit in Verzug war, dürfte Palla Strozzi die Vermittlung zwischen Künstler und Stifter, Tommaso di Rossello Strozzi, übernommen haben.168 In der Kirche Santa Maria Trinità in Florenz beauftragte Onofiro „Nofri“ Strozzi vermutlich Lorenzo Ghiberti mit der Planung der Sakristei und einer Familienkapelle.169 Nachdem Nofri 1418 gestorben war, übernahm sein Sohn Palla die Stiftungsaufgabe und sorgte für den Bau wie auch für die Ausführung des Sarkophags seines Vaters durch Nicolò Lamberti. 1421 war die Sakristei samt Kapelle fertig. Das Grabmal von Nofri befindet sich an der linken Seite in der Kapelle. Doch mit der Sakristei und der Kapelle allein wollte sich Palla Strozzi nicht zufrieden geben: „Der Laie (konnte) ein religiöses Bild für eine Kirche bestellen, vor allem für seine Familienkapellen, falls er eine solche besaß. Palla Strozzi etwa forderte Gentile da Fabriano auf, für die Strozzi-Kapelle in der Kirche S. Trinità zu Florenz eine Anbetung der Weisen zu malen.“170 Der Umstand, dass im Bild ein Teil der Familie abgebildet ist, die Zurschaustellung des Reichtums in der Farbverwendung – Gold und Stuck – spricht dafür, dass Palla als Auftraggeber nicht nur das Sujet vorgegeben, sondern vertraglich auch die Art der Ausführung beeinflusst hatte. 171 Auch in der Cappella Strozzi di Mantova stößt man immer wieder auf diese

167 Heinemann 2010, 26ff. 168 Vgl. Heinemann 2010, 35. 169 Vgl. Zimmermanns 2012, 151. 170 Burke 1984, 86. 171 Vgl. Burke 1984, 99ff.

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vertraglichen Vereinbarungen, die neben Fertigstellungsdatum auch Format und Materialaufwand festlegen.172 Palla Strozzi war, ob seiner humanistischen Bildung und seines Wissen um die antiken Klassiker, der Prototyp des kunstsinnigen Mäzens, der nicht nur aus Vergnügen an der Betrachtung Werke in Auftrag gibt, sondern in seiner Haltung auch die Kunst seiner Zeit beeinflusst.173 „Durch Palla Strozzi wurde die regelrechte Verehrung der klassischen Antike um den hellenistischen Aspekt bereichert.“174 Soweit dürfte der Einfluss Filippos nicht gegangen sein. Aber auf jeden Fall war er ein bedeutender Förderer und Sammler.175 Ein Umstand, der in der Renaissance von immer größerer Bedeutung wurde. Er bestellte Gemälde, beispielsweise bei Ghirlandaio und Filippino Lippi. Benedetto da Maiano fertigte „einen Marmorkopf nach meinem Bildnis, nach dem Leben“.176 Laut Vasari stand diese Büste im Palazzo Strozzi. Auch Niccolò Strozzis Büste wanderte nach dessen Tod in Filippos Besitz und dürfte so wie seine eigenen letztlich im Palazzo eine Heimstätte gefunden haben.177 Es gilt als eine Tugend der Zeit, die in der patriarchalischen Florentiner Gesellschaft des 15. Jahrhunderts erwartet wurde. „Die von der Zeit gezeichneten Gesichter dieser Männer beugen sich dem Alter nicht – ihre Haltung zeugt von Kraft, Lebendigkeit und Würde -, sie vermitteln Erfahrung und Weisheit.“178 Benedetto da Maianos Büste Filippos strotzt vor Kraft und Selbstsicherheit. Dem Bildhauer ist es gelungen, diese Forderung in ein Bild zu setzen, dass eine Synthese zwischen dem Aussehen und dem Habitus erreicht.179 Bereits lange vor der Erbauung des Palastes hatte die Familie eine weitreichende Tradition in der Förderung von Künstlern, als Auftragsgeber bedeutender Werke, Villen und klerikaler Gebäude.180 Die Aufgabe, die sich Filippo beim Bau des Palazzo als Auftraggeber und Bauherr stellte, war jedoch auch für die Strozzis neu.

172 Vgl. Heinemann 2010, 34f. 173 Vgl. Burke 1984, 93f. 174 Zeri 1987, 406. 175 Caglioti 2011, 293 176 Valiela 2011, 129. 177 Vgl. Caglioti 2011, 293f. 178 Rubin 2011, 16. 179 Vgl. Weppelmann 2011, 64. 180 Vgl. Lille 2011. und Heinemann 2010, 23ff.

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Aus den biografischen Aufzeichnungen seines Bruders Lorenzo, den Einträgen im Tagebuch des Apothekers Luca Landucci, der Lebensbeschreibung Giorgio Vasaris über den Architekten Simone di Tommaso del Pollaiuolo, genannt „Il Cronaca“ und nicht zuletzt aus Filippos Testament ist uns das meiste der Baugeschichte bekannt.181 Hier ist viel von den bautechnischen Problemen, den Anlaufschwierigkeiten und Filippos Angst, der Bau könnte nicht zu seinen Lebzeiten fertig werden, überliefert. Filippo hatte indes eine ganz präzise Vorstellung den fertigen Palast betreffend. In zwei Modellen hat sich der Kaufmann und Bankier seine Ideen exemplarisch darstellen lassen. Nicht nur das von ihm gewünschte Erscheinungsbild ist erhalten. „Neben dem Gesamtmodell haben sich noch zwei Teilmodelle des Palazzo Strozzi erhalten; es sind die ersten Modelle für einen Privatbau in der Architekturgeschichte.“182 Filippo als Auftraggeber des Projekts ist gut dokumentiert. Für seine Einflussnahme als Bauherr sprechen zwei Dinge: Es scheint ihm wichtig gewesen zu sein, dass der Eindruck, der Bau sei ohne Architekten durchgeführt worden ist, entstand. In den Baubüchern zu Filippos Lebzeiten fehlt die Erwähnung des Namens, eines letztverantwortlichen Planers und zum anderen wechseln die eigentlich ausführenden Architekten mehrfach. Somit ist es auch aus der zeitlichen Distanz nicht leicht, den für den Bau Verantwortlichen bis zu Filippos Tod, 1491 zu benennen. Filippo dürfte dies zur Sicherung seines Nachruhms beabsichtigt haben. „In dieser Funktion ist er (il Cronaca) von 1490 bis 1504 nachweisbar und wird so auch maßgeblich für die äußere Gestalt des Palastes verantwortlich gezeichnet haben. (...) Trotz seines beachtlichen Ruhmes findet sein Name in der Vita des Bauherrn keine Erwähnung. Der Palazzo Strozzi bleibt dort ein anonymer Bau.“183

181 Vgl. Markschies 2000, 7ff. 182 Markschies 2000, 51. 183 Marschies 2000, 81.

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DIE MODELLE

Als der Bau 1489 begonnen wurde, war Filippo bereits 61 Jahre alt. Er hatte die durchschnittliche Lebenserwartung seiner Zeit schon weit überschritten.184 Die Fertigstellung des Baus sollte sich mehr als fünfzig Jahre hinauszögern. Strozzi wusste also, dass er den fertigen Palast niemals sehen würde können. Das dürfte ein gewichtiges Motiv gewesen sein, kurz nach Baubeginn Holzmodelle des Palastes in Auftrag zu geben. Historisch bedeutsam sind die beiden für den Palazzo hergestellten Modelle, weil es sich hierbei um die ersten eines Privatbaues handelten. Es war nach Leon Battista Alberti üblich Modelle abzufertigen, um unter anderem die Kosten eines Baues besser einschätzen zu können. Darüber hinaus war laut Alberti für den Bauherrn die Idee eines Abb. 13. , Brunelleschi und Ghiberti präsentieren Cosimo ein Modell von St. Gebäudes, der disegno, nur über ein Lorenzo, 1562, Palazzo Vecchio, Florenz Modell nachvollziehbar.185 Beim Modell ging es nicht nur darum, dem Auftraggeber die Vorstellungen des Architekten zu präsentieren, es erlaubte auch den Grundgedanken darzustellen und zu studieren. Somit lieferte das Modell für die Ausführenden den Plan, nach dem die Idee Gestalt annehmen sollte. 1420 war mit dem Bau der Kuppel von Santa Maria del Fiore beauftragt worden. Er musste sich diesen Auftrag jedoch mit Lorenzo Ghiberti teilen. „Die Kirchenvorsteher entschuldigten sich bei Filippo und ermutigten ihn, vorwärts zu schreiten, indem sie sagten, er und kein anderer sei der Erfinder und Urheber dieses Baus, zahlten jedoch bei all dem Lorenzo dasselbe Gehalt wie Filippo. (…) Unterdes erwachte in Filippo der Gedanke, ein Modell auszuführen, was bis dahin noch gar

184 Vgl. Imhof 1981, 81. 185 Vgl. Millon 1994, 22.

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nicht geschehen war; er legte Hand daran und ließ es von einem Tischler arbeiten“ (…). Die Gerüchte, welche von diesem Künstler in Umlauf gewesen waren, hatten sich verloren; man sah, wie leicht der Bau sich wölbte und sein seltener Geist wurde anerkannt, sodass, wer nicht in Leidenschaft war, dafür hielt, er habe einen Mut bewiesen, wie vielleicht kein Baumeister vor ihm in alten und neuen Zeiten; dies geschah, weil er sein Modell zum Vorschein brachte (…).“186 Vasari beschrieb hier, wie der Umstand, dass Brunelleschi die Domkuppel im Modell konzipierte, seine Urheberschaft unzweifelhaft für die Domvorsteher bewies. Als es nun darum ging die Kuppel fertig zu stellen, war er laut Vasari erneut auf eines seiner vielen Modelle angewiesen: „Man sah nunmehr schon die beiden Wölbungen gegen das runde Fenster zu sich schließen, wo die Laterne anfangen sollte, und Filippo, der in Rom und Florenz viele Modelle von Erde und Holz zu dem einen wie Abb. 14. Filippo Brunelleschi, Holzmodell der Kathedrale von Florenz, ca. 1436 dem andern gearbeitet hatte, ohne sie

jemand zu zeigen, musste sich endlich entscheiden, welches er zur Ausführung bringen wolle (…).“187 Aufgrund einer dokumentierten Zahlung zwischen September 1489 und Februar 1490 an Giuliano da Sangallo ist bekannt, wann das heute noch erhaltene Modell des Palazzo Strozzi hergestellt wurde. Es wurden dem Modellbauer 115,10 Lire für das Modell überwiesen.188 Zum Vergleich: Brunelleschi erhielt für sein Modell 50,15 Lire und Lorenzo Ghiberti 300 Lire für sein nicht realisiertes.189 Das zweite Holzmodell wurde vermutlich von Benedetto da Maiano angefertigt. Es ist allerdings nicht erhalten geblieben und es ist auch nicht dokumentiert. 190

186 Vasari 2010, 163ff. 187 Vasari 2010, 166. 188 Vgl. Markschies 2000, 53ff. 189 Vgl. Vasari 2010, 163. 190 Vgl. Sebregondi 2011, 11.

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Filippo Strozzi wollte, dass seine Erben seine Idee so realisierten, wie er es sich vorgestellt hatte. Vermutlich wurden vom Modell die Maße abgenommen und daraufhin eine 1:1 Zeichnung angefertigt.191

Abb. 15. Giuliano da Sangallo, Modell des Palazzo Strozzi, 1489- Man erkennt schon auf den 1490, Museo Nazionale del Bargello, Florenz ersten Blick viele Ähnlichkeiten, aber auch Unterschiede zum Originalbau. Das Modell ist annähernd im Maßstab 1:40 gebaut. Allerdings stimmen die Proportionen nicht völlig überein. Das Gebäude ist beispielsweise um dreieinhalb Meter höher als das Modell.192 Außerdem reduzieren sich beim Modell die Stockwerkhöhen nach oben hin und beim Palazzo bleiben sie in der Höhe unverändert. Am Bau nimmt die Rustika in ihrer Plastizität fortwährend ab, so dass sie im dritten Stock nur noch als flaches Relief erscheint, am Modell reduziert sie sich von Stockwerk zu Stockwerk. Auch das Kranzgesims unterscheidet sich zwischen Modell und Palast. Allen Differenzen zum Trotz, überwiegen jedoch die Übereinstimmungen bei weitem. Im Gesamtmodell lassen sich alle drei Stockwerke abheben; so erhält man einen Einblick in die Geschosse. Die einzelnen Räume, das Verhältnis von Fensterachsen und Raumgrößen lassen sich so im Kleinen vorweg bestimmen. Wie wichtig die Belichtungsfrage beim Bauvorhaben war, ist über die nicht ausgeführte Rückseite erkennbar. In die Abb. 16. Giuliano da Sangallo, Modell des Palazzo Strozzi von Holzfassade sind in unterschiedlichen Höhen oben, 1489-1490, Museo Nazionale del Bargello, Florenz Lichtschlitze eingearbeitet, über die man den

191 Vgl. Markschies 2000, 58. 192 Vgl. Sebregondi 2011, 11.

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Lichteinfall unterschiedlich erproben konnte. Licht war insgesamt eine zentrale Fragestellung in der Baukultur der Renaissance. „Ein Problem waren fraglos die schlechten Lichtverhältnisse in den Häusern bei Dunkelheit und selbst bei Tage, wegen der dicht aneinander gerückten Gebäude. So beklagt sich beispielsweise die florentinische Patrizierin Alessandra Macinghi – Strozzi über einen Nachbarn, dessen Haus ihr das Tageslicht raubte.“193 In einer Zeichnung wäre es nicht möglich gewesen diese Aufgabe des einfallenden Lichtes adäquat zu lösen. Das gleiche gilt auch für die Lichtsituation in den Treppenaufgängen. So kann man sich vorstellen, dass Architekten und Bauherren zusammen am Modell Planspiele veranstaltet haben, um die beste äußere und innere Gestalt auszuloten. Auch die Idee der aufeinanderfolgenden, in einer Flucht stehenden Türöffnungen dürfte am Modell entstanden und erprobt worden sein.194 Begleitend zum Gesamtmodel wurden zwei Teilmodelle gefertigt. Hier ist, anders als bei Sangallos Modell, eine genaue Datierung nicht möglich.195 Mit den beiden Fassadenmodellen wurden dem Auftraggeber unterschiedliche Gestaltungsvarianten des äußeren Erscheinungsbildes angeboten. Die beiden Teilmodelle unterscheiden sich in ihren Längen. Das kürzere der beiden konnte an die Langseite, das längere an die Schmalseite des großen Modells eingesetzt werden. Dadurch war es möglich, unterschiedliche Fassadengestaltungen anschaulich zu überprüfen. Es ergaben sich drei verschiedene Gestaltungsvarianten: Einmal gab es nur geringe Abweichungen zum ursprünglichen Erscheinungsbild, nur die Rustika erhielt über eine gleichmäßigere Verteilung der Quader ein ruhigeres Erscheinungsbild. Das zweite Teilmodell unterscheidet sich jedoch prinzipiell vom Baumodell. Die Fassade ist ohne Rustika gearbeitet und das Fenster rechts außen ist als

Abb. 17. Teilmodelle des Palazzo Strozzi, ca. 1490, Museo hochgezogener Rundbogen Nazionale del Bargello, Florenz ausgebildet. Im Florentiner

193 La Roncière 1990, 191. 194 Vgl. Markschies 2000, 55f. 195 Vgl. Markschies 2000, 59.

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Palastbau des 14. Jahrhunderts waren diese Rahmungen sehr verbreitet. Im Quattrocento mussten sie jedoch veraltet gewirkt haben. Die anderen Fenster in diesem Detailmodell sind Tabernakel Fenster mit wechselnden Rahmen – der Segmentgiebel löst einen Dreiecksgiebel ab - und über einer Sohlbank erheben sich Pilaster auf hohen Basen. Solche Tabernakel Fenster finden sich auch bei Brunelleschis Ospedale degli Innocenti und in der Kirche San Salvatore e San Francesco al Monte. Filippo entschied sich für die dritte, die konservative Variante. Er gab dem Gesamtmodell ohne Modifikationen den Vorzug.196 Das Gesamtmodell und die beiden Teilmodelle befinden sich heute in Florenz, im „Museo Nazionale del Bargello“. Das Gesamtmodell misst ohne Basis 135 x 98,7 x 67,5 cm.

196 Vgl. Markschies 2000, 59ff.

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DER BAU

Zur Urheberschaft des Palastes gibt es unterschiedliche Theorien. Keine ist aber zu hundert Prozent belegbar, da keine Schriftquelle über den Architekten gesichert Auskunft gibt. In Filippos Vita steht, dass er sich selbst Gedanken zur Erscheinung des Palastes gemacht hatte und sogar einige Entwurfszeichnungen selber anfertigte, was auf Grund seiner Bildung durchaus möglich war. Die Bedeutung der Architekten und Maurer war für ihn nachrangig. Eine genaue Zuordnung, wer wieviel Einfluss zu Filippos Lebenszeit beim Bau hatte, ist nicht immer zweifelsfrei möglich. Auch bei vielen Bauvorhaben Lorenzo de‘ Medicis stellt sich diese Frage nach seinem eigenen Anteil an bei der Bauplanung. Im 15. Jahrhundert beeinflusste und finanzierte Lorenzo viele Bauprojekte in Florenz und außerhalb und arbeitete auch aktiv an diesen Bauten mit. Obwohl keine einzige Zeichnung Lorenzo de‘ Medicis existiert, wird er immer wieder als großer Zeichner beschrieben und stellt so oft die Leistungen der Architekten in seinen Schatten. „Als weit entscheidender wird das Gespräch mit Lorenzo de‘ Medici gewertet, mit dem Filippo vor allem die zentralen, die Wirkung des Palastes betreffenden Baudetails bespricht. Der Bauherr wird in der Vita seines Sohnes zu einer Autorität in architektonischen Fragen stilisiert.“197 Giorgio Vasari stellte unabhängig davon jedoch Vermutungen über den Namen des Architekten an. Laut Vasari war es Benedetto da Maiano, der nicht nur ein Modell des Palastes schuf, sondern auch mit der Fassade des Palastes begann. In dieser Hinsicht irrte sich laut Alexander Markschies Vasari vermutlich. Glaubt man den Baubüchern, wurde Giuliano da Sangallo für das große Modell bezahlt. Aber ob Sangallo der Architekt des Palazzos war, ist ebenfalls fraglich. Hierbei beziehe ich mich auf die Schlussfolgerungen Markschies, der davon ausgeht, dass die Formensprache des Palastes mit den übrigen Bauten Sangallos, beispielsweise des Palazzo Gondi in Florenz, nicht übereinstimmt.198

197 Markschies 2000, 77f. 198 Vgl. Markschies 2000, 79.

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„Als Autor weitaus plausibler erscheint indes der durch vergleichende Stilanalyse ermittelbare Giuliano da Maiano. Mit dessen architektonischem Hauptwerk, dem Palazzo Spannocchi in Siena, weist der Palazzo Strozzi zahlreiche Gemeinsamkeiten auf.“199 Zur Zeit des Baubeginns lagen nur sehr allgemeine Pläne vor, die nach Filippos Vorstellungen angefertigt wurden und möglicherweise eher die Fassadengestaltung betraf.200 Den Hauptanteil am Bau bestritt laut Vasari Simone del Pallaiuolo, „il Cronaca“ genannt. Im Bauregister steht, dass er von 1490 bis knapp vor seinem Tod in führender Position am Bau beteiligt war. Damit übernimmt „il Cronaca“ ein Jahr vor Filippos Tod die Koordination der Arbeiten am Palazzo. Als ausgebildeter Steinmetz waren speziell die Steinarbeiten in seiner alleinigen Verantwortung. Gegen Ende des 15. Jahrhunderts zählte er zu den bekanntesten und meist beschäftigten Architekten in Florenz. Zusammen mit Giuliano da Sangallo schuf er die Sakristei von Santo Spirito. Mit Antonio da Sangallo d. Ä. errichtete er den Ratssaal im Palazzo della Signoria. Nachdem Brunelleschi die Kuppel von Santa Maria del Fiore beendet hatte, übernahm er die Überwachung der noch ausstehenden Baugeschehnisse. Als sein Vermächtnis gilt die Kirche San Salvatore e San Francesco als Monte.201 Aus dieser regen Bau- und Planungstätigkeit erklärt sich sein Jahreseinkommen von 800 Fiorini, womit er zu den bestbezahltesten Baumeistern seiner Zeit zählte.202 Beendet wurde der Palazzo schließlich 1534. Allerdings verhinderte die testamentarische Verfügung Filippos vor 1494, dass die Söhne die beiden Bauteile gleichzeitig beendeten. Alfonso Strozzi konnte auf Grund seiner permanenten Geldnot dem väterlichen Willen nicht entsprechen. Auf seiner Seite des Palastes, hin zur Via Ferrabvecchi (jetzt Via Strozzi), blieb das Kranzgesims unvollendet. Diese Lücke wurde bis heute nicht geschlossen.

199 Markschies 2000, 79. 200 Vgl. Walter 2011, 134. 201 Vgl. Markschies 2000, 80. 202 Vgl. Burke 1984, 75.

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Abb. 18 Palazzo Strozzi von oben, Florenz

Baubeginn war am frühen Morgen des 15. Juli 1489. Zuerst wurde eine kleine Schreinerwerkstatt in der Via di Legnaiuoli abgerissen. Die Arbeiten wurden sehr genau dokumentiert, Filippo schuf sogar eine eigene Verwaltung, um den komplexen Bau unter Kontrolle zu haben. So wissen wir heute, dass beispielsweise die meisten Arbeiter über viele Jahre am Bau beschäftigt wurden. Am Corso degli Strozzi wurden Unterkünfte geschaffen, um sie zu beherbergen. „Alberti und Filarete rieten dazu, für die Grundsteinlegung eines Gebäudes ein >gute Konstellation< zu wählen. Filippo Strozzi ließ den Grundstein zu seinem Palast erst legen (am 6. August 1489), nachdem er einen >in der Astrologie bewanderten Mann< konsultiert hatte.“203 Obwohl Filippo ein gottesfürchtiger Mann war, ließ er sich von Bernardo Biliotti ein Horoskop erstellen.204 Dieses Nebeneinander von Gottgläubikeit und Astrologie wurde von der katholischen Obrigkeit geduldet. Der Bauherr verließ sich jedoch nicht nur auf die Astrologie. Er war davon überzeigt, dass die letzte Entscheidung bei Gott selbst liegt. Hier könnte er durchaus Lorenzo de‘ Medicis Zeilen im Gedächtnis gehabt haben:

203 Burke 1984, 182. 204 Vgl. Walter 2011, 128ff.

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„Großer Gott, von dessen unwandelbarem Gesetz und unter dessen immerwährender Herrschaft dieses Universum regiert und erhalten wird (...). Vortrefflichster Baumeister, der Du die vortrefflichste Welt zuerst in deinem ewigen Geist ersannst, und sie dann nach diesem Bild geschaffen hast.“205 Am 6. August 1489 wurde der Grundstein gelegt. Einer der aufmerksamsten Beobachter der Bauarbeiten war der Apotheker Luca Landucci, der in seinem Tagebuch die Arbeiten genau beschrieb: Er klagte über die schlechte Luft, die durch aufgewühlten Bauschutt entstand. An diesem Tag begann man die Baugrube mit Sand und Kalk zu füllen. Zu diesem Anlass warf Filippo Strozzi mehrere, möglicherweise hierfür geprägte, Medaillen in die Baugrube. Die Münzen werden dem Medailleur Niccolò Fiorentino zugeschrieben. Sie zeigen auf der Vorderseite das Porträt eines deutlich gealterten Filippo Strozzi und auf der Rückseite einen mausernden Falken mit ausgebreiteten Flügeln. Der Greifvogel sitzt auf dem Baumstumpf einer Eiche. Hier ist ein Schild mit dem Wappen der Familie Strozzi festgebunden. „Strozziere“ ist die italienische Bezeichnung für den Falkner. Der Falke und der Baumstumpf sind Sinnbilder der Erneuerung. Filippo warf die beiden Münzen als Unterpfand für das Gelingen des Baus in die Grube, damit sich durch den Palast die Familie eint.206

Abb. 19. Niccolò Fiorentino, Vorderseite der Abb. 20. Niccolò Fiorentino, Rückseite der Medaille des Filippo Strozzi, National Gallery of Medaille des Filippo Strozzi, National Gallery of Art, Washington Art, Washington

205 Burke 1984, 184. 206 Vgl. Christiansen 2011, 23f.

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Die Erinnerungen Tribaldo de Rossis, der zufällig an der Baustelle vorbeikam, geben einen guten Eindruck des Geschehens. Als er in der Früh auf dem Weg zum Fleischer war, forderte ihn Filippo Strozzi auf, eine Münze in die Grube zu werfen: „„Nehmt einen Stein und werft ihn hinein“, und so machte ich es und dann griff ich in seiner Gegenwart zum Beutel und warf einen alten Quattrino mit der Lilie hinein. Er sagte, er wolle das nicht, aber ich warf ihn dennoch zur Erinnerung hinein, und er war’s zufrieden. Ich ging dann weg und befand mich mit Lorenzo und Giorgio im Laden gegenüber Santa Trinità, als ich beschloss, zur Erinnerung an das Ereignis meinen Sohn Guarnieri und meine Tochter Francescha holen zu lassen … und meine Frau Nannina schickte beide Kinder fein angezogen, und ich führte sie zu diesen Grundmauern, nahm Guarnieri auf den Arm und schaute nach unten und gab ihm einen Quattrino mit der Lilie, den er hineinwarf, und ein Rosensträußchen, das er in der Hand hatte, ließ ich ihn auch hineinwerfen. Ich sagte zu ihm: Erinnere dich immer daran, und er sagte Ja … Guarnieri war an diesem Tag vier Jahre und zwei Tage alt (…) und Nannina hatte ihm vor wenigen Tagen ein neues Röckchen aus grün-gelb changierendem Taft gemacht.“207 Filippo Strozzi hatte in seinem Testament verfügt, „(...)vermache ich meinen unten aufgeführten Söhnen und Erben und ihren männlichen Nachkommen, der männlichen Linie auf ewig in der Erbfolge mein neues großes Haus, (…) damit es als zwei Wohnungen diene (…). Und ich will und verpflichte meine besagten Erben, daß, wenn zum Zeitpunkt meines Todes seine Innen- und Außenmauern nicht der Zeichnung und dem Entwurf entsprechend vollendet sind und nicht in der Weise fertiggestellt sind, daß man in beiden Wohnungen wohnen kann, diese meine Erben es vollkommen fertigstellen lassen (…). Damit meine ich, - daß Alfonso, meinem ältesten Sohn, - (…) die Hälfte dieses Hauses zufalle, (…) und die andere Hälfte und Teil des Hauses, (…) meinen anderen Söhnen, das heißt Lorenzo und Gianbatista, zufalle, die von mir und selvaggia (sic), meiner Frau, geboren sind.“208 Der Palazzo musste also von Anfang an in zwei gleiche Hälften aufgeteilt werden. Bei Nichteinhalten der unrealistischen Frist für die Fertigstellung, 1496, sollte die Oberaufsicht auf Lorenzo de‘ Medici übertragen werden und bei dessen Tod, auf die „consoli de‘ mercantanti“, die Kaufmannszunft.

207 Walter 2011, 132. 208 Markschies 2000, 18ff.

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Der Bau des Palazzos erregte großes Aufsehen. Neben der Freude über die Erneuerung des Viertels bedeutete der Bau auch eine Belastung für die Anwohner. „Und immerfort riß man noch Häuser nieder, mit großer Zahl von Meistern und Handlangern, so daß alle Straßen ringsum von Bergen von Steinen und Kalkschutt eingenommen waren, und von Maultieren, Eseln, die wegtrugen und die Sand herbrachten, so daß man mit Schwierigkeiten hier vorüberkam. Und wir anderen Gewerbsleute standen immerfort im Staub und in der Belästigung der Leute, die hier anhielten, um zuzusehen und mancher, weil er mit den beladenen Tieren nicht vorwärts konnte.“209

Die Familie Strozzi lebt seit Generationen im Viertel Santa Maria Novella. Nicht von ungefähr ließen sich hier entfernte Verwandte von Filippo in der Kirche Santa Maria Novella eine Grabkapelle errichten.210 Also war es naheliegend, daran nichts zu ändern. Die räumliche Zuordnung war für den Status einer Familie im politischen System der Republik mitentscheidend. Das Gebiet, das im Norden von der heutigen Via Strozzi, im Osten sowie Westen von der heutigen Piazza Vittorio Emmanuele sowie der Via Tornabuoni und im Süden von der heutigen Via Porta Rossa begrenzt wird, galt von alters her als vornehm. Das Herzstück des Viertels bildete die Piazza Marmora, mittlerweile Piazza Strozzi, in deren Umkreis die Wohnhäuser der Familienmitglieder lagen.211 Die Stadt erlaubte Filippo Strozzi 1488 die Piazza Marmora zu einer privaten Platzanlage umzuwandeln. Bevor man mit dem Bau des Palazzos begann, wurde ein geerbter Palast, der

Palazzo Strozzino, restauriert, damit die Abb. 21. Palazzo Strozzino, Florenz Familie während der Bauzeit einen Ort zum Wohnen hatte.

209 Markschies 2000, 23. 210 Vgl. Heinemann 2010, 26ff. 211 Vgl. Lillie 2005, 85.

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Filippo Strozzi kaufte sehr viele Häuser in der Gegend auf, um die Grundfläche für den Palast zu erweitern. Ein größeres Haus mit drei Geschäften war ebenso darunter, wie zahlreiche Läden und Handwerksstuben. Filippo wusste laut der Vita seines Sohnes, dass er für die dafür getätigten Ausgaben bereits einen Palast bauen hätte können. 18% der gesamten Baukosten wurden für den Ankauf der Baufläche und die Abrissarbeiten aufgewendet.212 1489 erhielt Filippo sogar die Genehmigung die Stadtfluchten im Umfeld des Palastes zu korrigieren. Seiner Absicht, dem Bau eine zentrale Position im architektonischen Gefüge Florenz zu geben, ordnete er alles unter. So erwarb er zusätzliche Grundflächen, um den Blick von drei Seiten auf den Palazzo frei zu geben. Seit der Errichtung des Palazzo Medici-Riccardi galt dieses Platzschaffen als architektonisches Prinzip.213 Die Paläste des 14. Jahrhunderts waren noch durch die offenen Arkaden mit den Ladenzeilen gekennzeichnet. Nachdem die Größe und Anlage eines Palastes auch Rückschlüsse auf die gesellschaftliche Stellung seines Erbauers zulassen, wollte Filippo, Lorenzo de‘ Medici nicht mit seinem Bauvorhaben verärgern. „Eine Ansammlung von kleineren Geschäften war im Erscheinungsbild einer Stadt im Mittelalter gängig. Hier sollte sie nun ersetzt werden durch den monolithischen Block eines einzelnen Palastes. Daß Filippo die problematische Implikation eines solchen Vorhabens – etwa die Veränderung der Sozialstruktur innerhalb des Quartiers – bewußt gewesen sein dürfte, verdeutlicht eine Passage seiner Vita. Hier wird geschildert, wie er mit Lorenzo de‘ Medici über das Aussehen seines neuen Palastes verhandelte (Dok. I, Z. 34 ff.): In diesem Zusammenhang erwägt er die Errichtung eines Nutz- anstelle eines Repräsentationsbaus, der u. a. Geschäfte im Erdgeschoß besitzen sollte, die zum Unterhalt der Familie beitragen würden. Der Lebensbeschreibung zufolge hat Lorenzo de‘ Medici Filippo Strozzi dies jedoch untersagt, was zur Errichtung einer Palastes führte, der die Struktur des Quartiers entscheidend veränderte.“214 Ob die Frage Filippos ein taktisches Manöver war, lässt sich nicht ohne weiteres beweisen, allerdings entspricht Lorenzos Haltung dem Zug der Zeit.215

212 Vgl. Markschies 2000, 38f. 213 Vgl. Millon 1994, 222f. 214 Markschies 2000, 39f. 215 Vgl. La Roncière 1990, 78ff.

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Der Grundstein für den Palast wurde erst fünfzehn Jahre nach Ankauf des ersten Hauses gelegt. Das hauptsächliche Wissen über die Kosten ist durch fünf große Baubücher, die „Libri della muraglia“, die im Florentiner Staatsarchiv lagern, überliefert.216 Das Gebäude wurde aus Steinen aus der Umgebung, die „pietra forte“, errichtet. Das restliche Material stammte aus regionalen Betrieben in Florenz. Bis zur Bestellung von „il Cronaca“ überwachte Filippo selbst die Arbeiten am Bau. Entgegen der Befürchtung, dass mit Filippos Tod 1491 die Arbeiten zu stocken beginnen würden, gelang es „il Cronaca“ den Fortgang zu beschleunigen. Filippos Leichnam wurde in einem langen Zug, an dem alle am Bau Beteiligten teilnahmen, nach Santa Maria Novella gebracht. Er hatte für diese Situation gut vorgesorgt. Testamentarisch war das Bauvorhaben klar umrissen und zudem lagen 52. 000 Fiorini für die Auslagen bereit. Siebzehn Monate nach der Grablegung des Auftraggebers war der Bogen des Portals zur Via Ferravecchi fertig. „Und am 1. April 1492 begann man die Fensterbrüstung des Palastes zu legen […] Und am gennannten Tag [18. Juli 1495] wurde die Fensterreihe des Palastes Strozzi fertig […] und am 18. Mai 1498 wurde die zweite Fensterreihe des Filippo Strozzi fertig […] und in diesen Tagen [Juli 1500] wurde man damit fertig, die Kragsteine am Hauptgesimse des Palastes der Strozzi zu setzten, nämlich an der Hälfte des Palastes gegen den Mercato vecchio zu […] und am 15. September 1500 wurde man mit dem Kranzgesims des Palastes der Strozzi an der Hälfte des Palastes gegen den Mercato zu fertig […] und am 16. Juni 1504 wurde der Palast der Strozzi fertig, jene halbe Seite; und es führte Lorenzo di Filippo Strozzi seine Gattin hinein (…).“217 Der Apotheker Luca Landucci vermerkte akribisch genau jede Einzelheit des Baufortschritts in seinem Tagebuch. Die andere Hälfte des Palazzo, hin zur heutigen Via Strozzi, ist unvollendet geblieben. Alfonsos Seite war zur Via Tornabuoni hin nur bis zum zweiten Stock ausgeführt. Mit der finanziellen Hilfe seiner Brüder wurde diese Seite 1534 zumindest bis zum Kranzgesims abgeschlossen. 218 Im gleichen Jahr starb Alfonso. Da er nur zwei Töchter hatte und die Erbfolge nur in der männlichen Linie möglich war, wurde seine Hälfte auf Lorenzo und Filippo

216 Vgl. Sebregondi 2011, 11. 217 Markschies 2000, 24. 218 Vgl. Markschies 2000, 49.

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aufgeteilt. 1534 wurde das zweite Geschoß samt der Verkleidung mit den Quadratsteinen fertig gestellt. Die Arbeiten an Gesims und Dach gerieten jedoch ins Stocken. Die Streitigkeiten der Geschwister dürfte dafür der Grund gewesen sein. Das Gesims auf Alfonsos Seite fehlt bis heute.219 Bis auf den Innenhof ist im Grundriss des Bauwerks die Zweiteilung des Palastes gut nachzuvollziehen. Die Teilung wird durch zwei getrennte Treppenaufgänge, die eine unabhängige Begehung der Hälften möglich macht, verdeutlicht. Davon ausgenommen ist der Innenhof, der Cortile.

Abb. 22. Stadtplan der Umgebung des Palazzo Strozzi, Florenz

219 Vgl. Walter 2011, 139f.

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GESTALTUNG

Der beherrschende Eindruck bei der Wahrnehmung des Palazzo Strozzi ist der eines in sich geschlossenen Kubus. Abgeschlossen wird der dreigeschossige Bau von einem weit vorspringenden Kranzgesims. Der Palast hat eine Geschosshöhe von 5 Metern und es wirkt, als würden die Stockwerke nach oben hin an Höhe abnehmen. Wie aus dem Aufriss leicht abzulesen, ist dem nicht so, die Geschosshöhen sind nach oben hin unverändert. Bei den, zwischen den Stockwerken, eingefügten Gesimse ist zu beachten, dass sie nicht auf die einzelnen Geschosshöhen abgestimmt sind. Sie werden von Ebene zu Ebene höher. Damit wurde versucht, der perspektivischen Verkürzung entgegen zu arbeiten. Die Wirkung dieser Elemente wurde in den Modellen erprobt. Es konnten, wie bereits erwähnt, bautechnische Experimente in ihren Effekten an den Teil- und Architekturmodellen gezielt erprobt werden.220 Die Idee hinter der Konzeption, der disegno, des Palazzo war die Erzeugung von Größe und Einheitlichkeit in der Gesamterscheinung. Nicht nur, dass alle Etagen aus dem gleichen Stein, dem rustizierten „pietra forte“, gebaut wurden, auch alle geschosstrennenden Gesimse wurden fast gleich ausgearbeitet. Die oberen Geschosse wurden von je neun Biforienfenstern auf den Breitseiten und 13 auf den Längseiten durchfenstert. Die Rustika jedes Stockes wird oben und unten von Profilleisten umrahmt. Giorgio Vasari hob speziell die Rustika des Palazzo hervor: „Ebenso sind alle anderen Steine jenes Palastes so ausgearbeitet und so fest verbunden, dass sie nicht wie aneinander gefugt, sondern wie aus einem Stück erscheinen“221 Die einzelnen Steinschichten der Rustika folgen keinem besonderen Muster. Die Fassade erfährt erst nach oben hin eine Entwicklung. Die Steinlagen werden flacher und niedriger, während die Quadersteine in der untersten Etage sehr bauchig hervortreten. Die Nordseite (zur Via Strozzi) ist von einem unruhigen Fugennetz überzogen, während die Südseite (Corso degli Strozzi) rhythmischer erscheint. Hier

220 Vgl. Millon 1994, 70ff. 221 Markschies 2000, 69.

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reihen sich gleich lange Bossen aneinander und die Fensterzwischenräume sind symmetrisch. Baugeschichtlich wurde diese Seite später gestaltet. Als der Palazzo Strozzi im Jahre 1534 fertiggestellt wurde, war er nur von einer Seite gut sichtbar. Er war im Norden von der Via Ferravecchi (heute Via Strozzi)

Abb. 23. Süd-Ost-Ansicht des Palazzo Strozzi, Florenz begrenzt, im Osten lag die Piazza degli Strozzi, die damals noch nicht so breit war wie heute. Im Süden lag die schmale Via degli Anselmi bzw. der Corso degli Strozzi. Auf der Seite der Via degli Anselmi wurde ursprünglich nicht daran gedacht, den Palast freistehend zu errichten. Daher wurde diese Fassadenfront auch nicht ausgearbeitet. Anders dagegen bei den drei verbleibenden Seiten, die voll ausgebildet sind. Es waren die weithin „sichtbaren“ Palastteile. Ein Umstand der bereits am Modell sichtbar ist. Wobei Sangallo dabei über die eingearbeiteten Lichtschlitze auf allen drei Ebenen eine Experimentfläche für die Beleuchtungsfrage im Palast eingeplant hatte. Das Aussehen der Südfassade unterscheidet sich kaum vom Modell. Filippo Strozzi hatte umliegende Gebäude erworben, um den Palast freizustellen. Sein Tod allerdings verhinderte vorerst dieses Vorhaben.222 Lorenzo schuf dann 1525 einen kleinen Platz am Corso degli Strozzi, in dem er weitere Häuser aufkaufte, sie abreißen ließ und so dem Palazzo mehr Luft und Raum verschaffte. „Der Palast verfügt über vier Portale. Das mittige Hauptportal und die Hauptfassade gehen zur Kirche S. Trinità, ein anderes Portal auf die Via de’ Ferravecchi, ein weiteres gegen die Kirche S. Maria Unghi und das vierte, das Botenportal, auf ein rückwärtiges Gässchen, das auf die Straße vor S. Trinita führt.“223, schrieb der florentinische Geschichtsschreiber Bartolomeo Masi in den Ricordanze. Den Zeitgenossen Filippos war also das Gestaltungsprinzip der vier Portale an den Seiten des Palastes durchaus bewusst; sie folgen einer Rangordnung:

222 Vgl. Markschies 2000 70ff. 223 Markschies 2000, 73.

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Das Portal in Richtung Santa Trinità, hin zur Via Tornabuoni, ist als Hauptportal erkennbar, da es als einziges über einen vierstufigen Aufgang verfügt. Der Prozessionsweg Richtung Dom ist in der Logik der hierarchischen Anordnung ein Beleg dafür.224 Wie am knapp 50 Jahre zuvor errichteten Palast der Medici haben auch die Strozzi ihr Familienwappen in die Fassade mehrfach einarbeiten lassen. Es ist auf der Höhe des ersten Stocks auf den Schnittkanten der Fassaden angebracht. Zusätzlich sieht man das Wappen auch in den Bogenscheiteln der Biforienfenster im ersten Stock. Hier wechseln sich die Symbole in reduzierten Form- drei Halbmonde- mit dem vollständigen Wappen ab. Im zweiten

Obergeschoss findet sich nur die reduzierte Abb. 24. Fassadendetail des Palazzo Strozzi, Florenz Form an jedem zweiten Fenster. Im Inneren des Palastes gestaltete „Il Cronaca“ eine außergewöhnliche Variante des traditionellen vierseitigen Portikus-Hofes, wie er im Quattrocento üblich war. Als charakteristisch scheinen hier die bautechnische Anordnung der Säulen, die Plastizität der Gliederungselemente und die Größe der Pfeilerarkaden. „Entscheidend neu ist am Hof neben den Ausmaßen, die aus den Gegebenheiten resultieren, der piano nobile. Mit seiner großen Pfeilerarkatur weicht er vom bis dahin in Florenz üblichen Aufrißschema ab.“225 Wie bereits ausgeführt, waren die Höfe des 14. Jahrhunderts und auch noch des 15. Jahrhunderts als Öffnung zum urbanen Umfeld gedacht. Sie waren anders als beim Palazzo Strozzi oder auch beim Palast der Medici nicht über versperrbare Türen zugänglich, sondern ihre Arkaden boten Händlern und Handwerkern Raum. Der Cortile der Strozzi war natürlich nicht nur als Spielplatz privater Repräsentation gedacht. „Durch ihre Größe, Monumentalität und klassische Harmonie sind diese Cortili hervorragende Beispiele des Renaissancestils im ausgehenden 15. Jahrhundert. Ihre

224 Vgl. Sebregondi 2011, 11. 225 Markschies 2000, 94.

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Funktion entsprach ihrer Großartigkeit: Sie waren nicht nur Mittelpunkt des privaten Lebens, sondern auch der Ort, an dem man Klienten empfing, Feste feierte und Familien möglichst vorteilhaft der Öffentlichkeit präsentierte.“226 Filippo Strozzis Sohn Lorenzo kommentierte die Intention seines Vaters zum Großen wie folgt: „Und neben dem so bewundernswerten und prächtigen Palazzo, von dem ein großer Fürst und nicht eine Privatperson der Gründer gewesen zu sein scheint (…).“227

Der Wechsel vom 15. zum 16. Jahrhundert ist vom Übergang unterschiedlicher Formen des Zusammenlebens gekennzeichnet.228 Die Familie als Sozialstruktur ist Teil dieser grundlegenden Veränderung. Nachdem das Zusammenleben auch eine

Abb. 25. Innenhof des Palazzo Strozzi, Florenz

örtliche Qualität darstellte, ist die Frage inwieweit die Wohnungen, Häuser und Paläste in ihrer Gestaltung diesen Wandel mitzeichneten, wichtig. Philippe Ariès beantwortet diese Frage für Frankreich mit dem Hinweis, dass diese Entwicklung für

226 La Roncière 1990, 183. 227 Markschies 2000, 15. 228 Vgl. Elias 1969, 97ff.

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das 17. und 18. Jahrhundert gut nachvollziehbar ist, verweist aber darauf, dass "R. A. Goldthwaite zeigt, dass sich in Florenz seit dem 15. Jahrhundert, von gewissen Unterschieden abgesehen, eine ziemlich ähnliche Privatisierung des Familienlebens beobachten läßt. Der Autor stützt seine Argumentation auf eine Analyse der florentinischen Palazzi, ihres Äußeren und dessen, was sich über ihre innere Organisation in Erfahrung bringen läßt."229 Das Schließen der Arkadenbögen, wie es schon beim Palazzo Medici-Riccardo beobachtet wurde, ist ein klarer Hinweis darauf, dass sich das Haus nach außen, also gegen die Öffentlichkeit zu schließen begann. Das bedeutet natürlich nicht automatisch, dass damit die Familie als private Institution die Gesellschaft beherrschte. Das Private als vorherrschende Kategorie des Zusammenlebens war noch weit entfernt. Das Mittelalter mit seiner durchmischten Gesellschaft war einer "hierarchisch geordneten Ständegesellschaft" gewichen, in der niemand ein Haus bauen durfte, "dass in seiner Größe, seinem Prunk" an das des Herrschers heranreichte.230 Es geschieht also zweierlei: völlige Unterwerfung unter die Macht des Königs bzw. Herrschers, und die vollkommene Ausrichtung nach einem neuen, einheitlichen Ideal. "Der Typ der Haushaltsfamilie setzt (...) weder quantitativen Umfang noch qualitativen Reichtum an Produktionsmittel voraus. Auch der Kleinbürger mit seinem Kramladen, der Flickschuster, der Weber mit Garten oder Feld ist darunter zu subsumierten, sofern er mit seiner Familie und eventuellen Hilfskräften eine gemeinsam wirtschaftende Einheit, eben das Haus bildete.“231 Lorenzos Verbot im Palazzo Strozzi Läden einzurichten, bedeutet demnach auch, dass das Oberhaupt der Medici diese Veränderung bewusst wahrgenommen hatte und "seine" Stadt danach zu gestalten gedachte. Sicherlich war die moderne Familie um 1490 keine durchgesetzte Sozialform, aber das Patriziat der toskanischen Städte zeigte mit den Palazzi die Macht der Familie als geschlossenen Raum. "Das Alltagsleben konzentrierte sich auf das Innere eines (...) Vierecks, um den Cortile, geschützt vor dem Lärm und des Indiskretionen der Straße."232

229 Ariès 1982, 61. 230 Vgl. Elias 1969, 95. 231 Weber-Kellermann 1979, 18. 232 Ariès, 1982, 62.

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Im „piano nobile“, der sogenannte „belle etage“, (dem ersten Stock) befanden sich traditionell die Wohn- und Repräsentationsräume. Wichtig in der Konzeption ist die Verbindung zum Innenhof. In seinem Grundriss wurde der Cortile als Mittelpunkt geplant.233 Das vornehme Stockwerk zeichnet sich durch höhere Räume, gewölbte Zimmerdecken, als Zeichen herrschaftlicher Zimmer und einer besseren Ausstattung aus. Unabhängig davon waren die Räume jedoch eher spärlich möbliert. R. Goldthwaite stellt in seiner Analyse der veränderten Wohnverhältnisse auch fest, dass die konkrete Bestimmung der Räume und Zimmer nicht bekannt ist. Vermutlich ist „das Studiolo, Vorläufer unseres Kabinetts, (…) Immerhin hat man damals angefangen, diese Räume, deren Funktion nicht genau festgelegt waren, die jedoch für das Privatleben vorgesehen waren, mit kleinen Gegenständen in der Art unseres Nippes zu schmücken.“234 Auch die Zimmer waren noch nicht strikt voneinander getrennt. „Tatsächlich war die Anzahl der Zimmer nicht größer geworden: im Palazzo Strozzi war nur eine einzige Etage bewohnt, und es gab kaum mehr als ein Dutzend Zimmer. Allerdings hingen diese Zimmer sämtlich ohne Flur oder einen zentralen Aufenthaltsraum zusammen, sodaß es ist nicht möglich war, sich abzusondern und eine wirkliche Intimität durchzusetzen, wie es die Architektur des 18. Jahrhunderts ermöglichen wird. (…)Tatsächlich wird man dem Neuen dieses Palazzo am besten dadurch gerecht, daß man ihn als eine Ausweitung des privaten Bereichs beschreibt, die von einem aus einer Wohnung mittlerer Dimension bestehenden Kern ausgeht.“235 Demgegenüber steht allerdings die Sammlertätigkeit von Filippo, die nicht an einen „kleinen“ Privatmann erinnert, sondern ganz im Geist aristokratischen Mäzenentums zu sehen ist. Amanda Lillie führt für ihn ca. 30 Gemälde und Skulpturen auf, die für den Palast angeschafft wurden. Neben seinen Büsten von Benedetto da Maiano, befanden sich darunter auch Filippino Lippis Madonna mit Kind, als „Strozzi Madonna“ bekannt, Arbeiten aus der Werkstatt von Ghirlandaio und Piero di Cosimo und die Tabula Strozzi von Francesco Rosselli. In den Landhäusern der Strozzi in Santuccio und Uzzano befanden sich weitere 25 Kostbarkeiten.236

233 Vgl. Schweikhart 2001, 14f. 234 Ariès 1982, 63. 235 Ariès 1982, 62f. 236 Vgl. Lillie 2011, 145.

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DER PALAZZO STROZZI IM WANDEL DER ZEIT

Filippo Strozzi hatte der Familie Ruhm und Reichtum hinterlassen. Sein jüngster Sohn Filippo il Giovane hatte das Talent des Vaters geerbt und führte die Familiengeschäfte mit großem Erfolg weiter. Zwischen 1533 und 1536 wurde das Gesims auf der Nordseite vollendet. Danach war aufgrund der politischen Ereignisse ein Weiterbau unmöglich. Mit dem gescheiterten Aufstand gegen die Medici und der erneuten Verbannung fiel ein Teil des Palastes an die Stadt Florenz. Erst 30 Jahre nach dem Tod von Filippo dem Jüngeren übergaben die Medici 1568 diesen Teil wieder der Familie. Allerdings hatten die politischen Wirren einen tiefen Keil in die Familienbanden geschlagen, sodass erst die Heirat von Lorenzo Francesco, erster Prinz von Forano, und Teresa di Giovanna Battista, Strozzi zum gemeinsamen Haus führte. Im 18. Jahrhundert wurde die Piazza degli Strozzi vom Volk nach dem dort ansässigen Gemüsemarkt in „Piazza delle Cipolle“ umbenannt. Im Ausstellungskatalog zu „Denaro e Belezza“ wird der Florentiner Francesco Maria Bellini mit den Worten zitiert: „Sie haben dem Platz den Namen anstatt dem der Strozzi gegeben, Zwiebelplatz, weil es so scheint als ob die Zwiebel die hin und wieder von den Proleten hier verkauft werden, die Inhaber des Platzes wären“. Die Familie hatte zu diesem Zeitpunkt die Herrschaft über das ehemals mächtige Viertel um die Piazza verloren. Im 19. Jahrhundert begann schließlich der große Abverkauf. Eine große Zahl an Gemälden und Skulpturen ging hauptsächlich an die großen Museen in aller Welt. Darunter waren Meisterwerke von Bellini, Benedetto da Maiano, Mino da Fiesole Tizian, Bronzino und Bernini. Mit dem Erlös wurde der „piano nobile“ restauriert und der Zeit entsprechend in eine Luxussuite verwandelt. 1937 machte es die testamentarische Verfügung von 1491 möglich, dass der Palast schließlich ans „Istituto Nazionale delle Assicurazione“ INA verkauft wurde; es war ein legitimer männlicher Nachfahre ausgeblieben. Unmittelbar danach begannen die Restaurierungsarbeiten. Der Palazzo sollte in seiner alten Monumentalität wieder entstehen. Im Inneren wurden Räume

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zusammengezogen und im dritten Stock eine Loggia hinzugebaut. Allerdings sah man davon ab, das Gesims an der Seite zur Via Tornabuoni, der Seite von Alfonso Strozzi, zu vollenden. Die Familiengeschichte sollte mit dieser Lücke architektonisch erhalten bleiben. Im April 1940 wurde der Palazzo seiner neuen Bestimmung als Ausstellungsfläche mit der Schau „Mostra del Cinquecento Toscano“ übergeben. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Palazzo Strozzi zu einem der wichtigsten Ausstellungsorte in Florenz. 1999 übernahm schließlich der italienische Staat den Palast in seine Verwaltung. Im April 2006 taten sich private und öffentliche Förderer zusammen um die Stiftung „Fondazione Palazzo Strozzi“ gegründet. Seither organisiert die Stiftung große internationale Ausstellungen an drei Orten: im piano nobile, in der Strozzina (im Keller) und im Cortile.237 Hier die bedeutendsten Ausstellungen seit 1945: „La collezione Peggy Guggenheim“ (1949), „Gustav Klimt“ (1992), „La natura morta italiana“ (2003), „Botticelli e Filippino Lippi“, „Leon Battista Alberti“ (2006) und „Cézanne a Firenze“, „Bronzino – Pittore e Poeta alla Corte di Medici“ (2010), „Picasso, Mirò, Dalì. Giovani e arrabbiati: la nascita della modernità“ (2011).

Abb. 26. Ausstellungsplakat zu „Bronzino – Pittore e Poeta alla Corte di Medici“ im Palazzo Strozzi, Florenz

237 Vgl. Sebregondi 2011, 15

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DIE CAPPELLA STROZZI

DIE KIRCHE SANTA MARIA NOVELLA

Abb. 27. Santa Maria Novella, Florenz Im 14. Jahrhundert gab es in Florenz mehrfach das Bestreben, den Platz um die Kirche Santa Maria Novella zu vergrößern und an den Bau anzupassen. Auf einen Antrag des „Bruders Petrus, aus dem Orden der Prediger“ hin, gemeint sind die Dominikaner, wurde 1344 die Vergrößerung des Platzes endgültig beschlossen. Für unser Thema ist dabei der Umstand wichtig, dass dieser ‘Bruder Petrus‘ der Sohn Ubertino Strozzis war. Er war damals der Abt des Klosters.238 Die Geschichte des Viertels und der Kirche sind untrennbar mit der Geschichte der Familie Strozzi verbunden. Es ist also nicht verwunderlich, dass Santa Maria Novella die Grablegungskirche der Familie war. Schon um 1340 gaben die Nachkommen von Rosso Strozzi den Bau einer reich ausgestatteten Kapelle in Auftrag. „Wer sich der Strozzikapelle vom Querhaus nähert, wird zunächst das Wandgemälde mit der Höllenschilderung und die Glasmalerei bemerken. Sobald der Besucher jedoch die Stufen zu Kapelle empor gestiegen ist, dominiert das reich vergoldete

238 Vgl. Grote 1997, 137.

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Altarbild von Andrea Orcagna seine Wahrnehmung (…). Flankiert von den Darstellungen der beiden Jenseitsreiche ist das Polyptychon vor der Fensterwand mit dem Weltgericht platziert.“239 Der Kirchenbau, wie wir ihn heute kennen, wurde ab 1279 erbaut. Als die Dominikaner 1221 nach Florenz kamen, wurde ihnen die alte, um die Jahrtausendwende, erbaute Kirche Santa Maria delle Vigne überlassen. Anders als der Neubau war die Front der alten Kirche nach Osten ausgerichtet. Der Bau erstreckte sich etwa bis zur Hälfte des Mittelschiffs. Vor dem Portal befand sich ein kleiner Friedhof. Im Süden, auf der heutigen Piazza Santa Maria Novella hinaus, befanden sich vereinzelte Unterkünfte für die Kanoniker.240 Nachdem der Orden einen raschen und sehr regen Zulauf verzeichnete, war es bald notwendig, das Kloster an die neuen Gegebenheiten anzupassen. Um die stetig wachsende Schar der Gläubigen zu fassen, wurde ein Neubau der Kirche unumgänglich, Bereits 1246 wurde dem Dominikanerorden von Papst Nikolaus III. der Ablasshandel zur Baufinanzierung zugestanden. Um 1300 war der Bau schließlich fertig. Allerdings fehlte zu diesem Zeitpunkt noch die prachtvolle Fassade. 1350 wurde die untere Frontseite bis zum ersten Gesims mit weißem und grünem Marmor verkleidet. Die sechs Grabnischen stammen ebenfalls aus dieser Zeit. Sie sind auf der Portalseite verteilt und setzen sich entlang der Friedhofsmauer fort. In diesen Mauernischen befinden sich Sarkophage. Einer davon beinhaltet die Überreste des Malers Domenico Ghirlandaio. Die Spitzbögen der Nischen wurden gemeinsam mit der unteren Fassadenseite verkleidet. Der obere Bereich der Kirche wurde ab 1458 nach Entwürfen von Leon Battista Alberti verkleidet. Den Bau selbst führte er allerdings nicht aus. „Zur Zeit jenes Künstlers wollte Giovanni di Paolo Rucellai auf seine Kosten die Fassade von Santa Maria Novella ganz mit Marmor bekleiden lassen; er redete deshalb mit Leon Battista, seinem sehr nahen Freund, und dieser erteilte ihm nicht nur Rat, sondern verfertigte auch eine Zeichnung dazu, nach welcher Rucellai beschloss, dieses Werk auf alle Fälle ausführen zu lassen, um damit seines Namens Gedächtnis zu stiften. Die Arbeit wurde begonnen und im Jahr 1477 zu aller

239 Heinemann 2010, 43. 240 Vgl. Tarquini 2000, 7ff.

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Zufriedenheit beendet, indem das ganze Werk, vornehmlich aber die Tür, bei welcher Leon Battista mehr als gewöhnlichen Fleiß aufgewandt hatte, sehr wohl gefiel.“241 Was das Datum der Fertigstellung betrifft, irrt Vasari. Die Fassade wurde bereits 1470 beendet. Also noch vor dem Tod Albertis 1472. In seinem Entwurf gelang es Alberti, die Proportionen der vorgegebenen Fassade in eine tempelartige Frontverkleidung zu integrieren. Er verstand es, die ursprünglichen gotischen Elementen in sein, von der Stilsprache der Renaissance getragenes Konzept, einzufügen. Die nach unten gekehrten Voluten verbinden das Mittelschiff mit den niedrigeren abgeschrägten Dächern derart, dass dadurch die tempelhafte Ansicht schwungvoll und elegant verstärkt wird. Er verkleidete die gotische Basilika nicht nur, er verschaffte ihr ein architektonisch funktionales Aussehen, in dem er die drei Bauteile miteinander neu verband. Das mittlere der drei Portale ist ebenfalls von Alberti und er hat es, laut Vasari, mit großer Hingabe ausgeführt. Die Lünetten der Portale wurden erst im frühen 17. Jahrhundert mit Fresken geschmückt. Zur Erinnerung an sich und seine Familie, für deren Nachruhm war ihm die Finanzierung der Fassade auch einiges wert, ließ Giovanni di Paolo Rucellai, in riesigen Lettern seinen Namen und das Datum der Fertigstellung in der Frieszone unter dem Giebelfeld anbringen: IOHANNES ORICELLARIVS PAV F AN SAL MCCCCLXX Zur Zeit der Renaissance war die Piazza, die die Stadt „den Dominikanern zum Schmuck und der Würde der neuen Kirche überlassen“ hatte,242 vor dem Kirchenportal nicht nur ein sakrales Vorfeld für die jährliche Fronleichnamsprozession. Auf der Piazza wurden schon im Mittelalter weltliche Spektakel gefeiert. „Gegen den dreiundzwanzigsten Juni, am Vortag des Johannes-Festes, veranstaltete man das Wagenrennen auf dem großen und schönen Platz, dessen Länge größer als seine Breite ist (…) Ich bemerkte, daß das Volk sein Schweigen brach, als es den Strozzi sich nähern sah, und daß es ihn unter den Augen des Prinzen mit lautem Geschreien anfeuerte. Als es schließlich darum ging, das Rennen durch einig vornehme, welche den Rang von Schiedsrichtern bekleideten, entscheiden zu lassen, stellten die Anhänger der Strozzi-Partei sich dem Entscheid der Menge anheim (…)“243,

241 Vasari 2010, 211. 242 Tarquini 2000, 10 243 Grote 1997, 134f.

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beschrieb der französische Philosoph Montaigne 1581 das Treiben auf dem Kirchplatz. Santa Maria Novella ist eine dreischiffige Kirche in der Form eines lateinischen Kreuzes: 99,20 Meter lang und 28,20 Meter breit. Das Querschiff hat eine Länge von 61, 54 Meter. Die Kirche wird von einem gotischen Kreuzrippengewölbe überspannt. Hier wie auch bei den Scheidbögen und den großen Fenstern in den Seitenschiffen dominieren Spitzbögen. Die Stützpfeiler im Mittelschiff stehen auf Kapitellsockeln und der Abstand der Pfeiler nimmt aus statischen Gründen ab. Für den Betrachter resultiert daraus eine perspektivische Verlängerung. Licht erhält der Raum durch die Rundfenster entlang des Mittelschiffs. Heute ist die Zweiteilung des Innenraums nicht mehr klar sichtbar. Ursprünglich war die Apsis bis hin zu den Stufen für die Klosterbrüder als Chorraum reserviert. Von den Stufen bis zum Eingang erstreckte sich die „Kirche der Gläubigen“. Daraus erklärt sich auch die Kanzel, die weit entfernt vom Altar in der Mitte des Raums thront. Diese wurde von Brunelleschi 1443 im Auftrag von Andrea Rucellai entworfen. Der Lettner, die Schranke, der die beiden Räume vor einander versperrte, wurde von Vasari 1567 im Auftrag Cosimos I. entfernt.244 Der Innenraum ist der außergewöhnlichen Architektur entsprechend reich und vielfältig geschmückt. Der Raum hinter dem Hauptaltar wurde ursprünglich von Giottos legendärem Kreuz eingenommen, das um 1488 über dem Hauptportal im Innenraum angebracht wurde.245 Abb. 28. Innenansicht von Santa Maria Novella, Florenz Im linken Seitenschiff befindet sich Masaccios Trinitätsfresko. Das Fresko wurde während der Umbauarbeiten von Vasari mit seiner „Madonna und die Rosenkranzgeheimnisse“ übermalt und erst 1860 im Zuge von Restaurierungsarbeiten wiedergefunden. Der unterste Teil des Bildes mit der

244 Vgl. Tarquini 2000, 10. 245 Vgl. Ciatti/Seidl 2001, 28ff.

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Darstellung des Todes als Skelett, wurde allerdings erst 1954 freigelegt. Seither ist die Inschrift „Ich war wie ihr seid und ihr werden sein wie ich bin“ wieder sichtbar.246 Der ursprüngliche Hauptaltar stammte von Ghirlandaio und befindet sich mittlerweile in der Alten Pinakothek in München.247 Vasaris „Auferstehung Christi mit Heiligen“ befindet sich ebenso in dieser Kirche wie Masaccios einzigartige „Dreifaltigkeit“. Ein Weihwasserbecken in Form einer Karyatide von Michelangelo säumt den Weg der Gläubigen ebenso wie die „Muttergottes mit dem Jesuskind“ von Nino Pisano. Ein besonderes Thema in Santa Maria Novella sind die Familienkapellen. Neben der bereits erwähnten Cappella Strozzi di Mantova, hat natürlich die Familie Rucellai eine Kapelle, immerhin sind sie die Stifter der heutigen Fassade der Kirche. Die Cappella Gondi enthält Brunelleschis berühmtes Holzkruzifix mit einem entblößten Jesus. Es ist die erste Darstellung des Gekreuzigten ohne Lendentuch. In der Kapelle der Familie Tornabouni, der sogenannten Hauptchorkapelle findet sich ein Freskenzyklus von Ghirlandaio, mit der „Heimsuchung Mariens“. In der Cappella Gaddi befindet sich Bronzinos letztes Werk, die „Auferstehung der Töchter des Hohenpriesters“. Die Cappella della Pura wird von dem Tabernakel der „reinen Madonna“, eines unbekannten deutschen Bildhauers, beherrscht. Filippo Strozzis Kapelle wurde von Filippino Lippi ausgestattet.

246 Vgl. Huber 1990, 17ff. 247 Vgl. Syre 2007, 108f.

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Abb. 29. Giotto di Bondone, Kruzifix, ca. 1285/90, Santa Maria Novella, Florenz

Abb. 30. Masaccio, Trinität, 1426-1427, Santa Maria Novella, Florenz

Abb. 31. Domenico Ghirlandaio, Detailansicht der Cappella Tornabuoni: Szenen aus dem Leben Johannes des Täufers, Heimsuchung, Namengebung durch Zacharias, Santa Maria Novella, Florenz

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DIE CAPPELLA STROZZI

Filippo Strozzi erwarb die Rechte für die Kapelle 1486. Sie hatte sich ursprünglich im Besitz der Familie Boni befunden und war dem heiligen Johannes geweiht.248 „Der notarielle Vertrag mit den Brüdern de‘ Boni legte fest, daß wöchentlich drei Messen und überdies jährlich zum Tag des hl. Philippus und Jakobus (1.Mai) eine Gedenkmesse für den Stifter und seine Familie gelesen werden sollten. Zur geistlichen Betreuung der Kapelle

Abb. 32. Cappella Strozzi, Santa Maria Novella, Florenz wurde der jährliche Ertrag aus der Pacht einer „apotheca“ bestimmt, die Filippo Strozzi aus dem Merchato Vecchio besaß. Der Betrag, den Strozzi insgesamt für die Ausstattung der Kapelle veranschlagte, betrug ca. 1000 Florin, wie sich aus seinem Testament vom 14. Mai 1491 ergibt. (…) Das Testament legt außerdem die Beschaffenheit der Grabstätte fest, für deren Errichtung der Stifter hier Sorge trug. So heißt es ausdrücklich, daß sich sein Grab unterhalb des Fensters und hinter dem Altar befinden sollte, während die Grablege für seine Nachkommen zu Füßen seines Grabes anzulegen sei.“249

248 Vgl. Orlandi 2004, 26. 249 Reottgen 1997, 231.

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Die Kapelle befindet sich rechts neben der sogenannten Chorkapelle der Tornabuoni. Die ältere Kapelle der Familie, die sogenannte Cappella Strozzi di Mantova befindet sich im linken Seitenschiff. Der Umstand, dass Filippo 1483 in dieser Kapelle ein färbiges Glasfenster mit einem Marienbild und seinem Namensheiligen stiftete, lässt vermuten, dass er einen legitimen Rechtsanspruch auch auf diese Kapelle erhob.250 Nachdem er die Rechte an der Boni-Kapelle erworben hatte, erlosch sein Interesse an der älteren Familienkapelle. Nicht unähnlich seinem Ansinnen beim Bau des Palastes, versuchte Filippo auch hier, als Bauherr bzw. Ausstattungsspezialist aufzutreten. „Als sich Filippino Lippi im Jahre 1487 verpflichtete, Fresken in der Strozzi – Kapelle von S. Maria Novella zu malen, willigte er ein, daß das Werk ‚ganz von seiner Hand [sein sollte], und insbesondere die Figuren‘ (tutto di suo mano, e massime le figure); diese Klausel mag ein wenig unlogisch klingen, aber ihr Sinn ist offensichtlich – daß die Figuren, die wichtiger und schwieriger waren als die architektonischen Hintergründe, zu einem relativ großen Teil Filippos persönliche Schöpfung sein sollten.“251 Als Filippo Strozzi 1491 starb, waren weder der Palast noch die Kapelle fertig gestellt. Er hatte Filippino Lippi vier Jahre zuvor, am 21. April 1487 mit der Ausstattung der Kapelle beauftragt. „Die Klausel des Vertrags, die das Datum der Vollendung bestimmt, ist nicht eingehalten worden. Ebenso wenig hat Filippo Strozzi von dem Recht, einen anderen Künstler mit der Ausführung zu betrauen, falls Filippino die Arbeit zu festgesetzten Zeit nicht beendet haben sollte, Gebrauch gemacht.“252 Festgesetzt war der 1. März 1489. Also noch einige Zeit vor Filippos Ableben. Neben der Kapelle gab er auch einen prachtvollen Sarkophag und den Marmorfußboden in Weiß, Schwarz und Rot für die Kapelle bei Benedetto da Maiano in Auftrag. In den Rechnungsbüchern der Strozzi wurde auch noch vermerkt, dass sehr pompös gestaltete und mit dem Familienwappen bestickte Messgewänder und Chorhemden, angefertigt wurden.253

250 Vgl. Roettgen 1997, 231. 251 Baxandall 1987, 33. 252 Scharf 1950, 34. 253 Vgl. Roettgen 1997, 231

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Mit welcher Frist der Auftrag an Maiano versehen war, ist nicht geklärt. Allerdings gibt ein letzter Zahlungsnachweis an ihn, datiert mit 1495, einen Hinweis darauf, wann das Grabmal fertiggestellt wurde. Auch in diesem Fall wurde die testamentarische Verfügung missachtet. „Filippo Strozzi erwähnte das Grabmal in seinem Testament vom 14. Mai 1491 als unvollendet und setzte für die Vollendung (…) eine Frist von zwei Jahren.“254 So wurde der Stifter vorerst in der Erde vor dem Altar begraben.255 Zum Zeitpunkt seines Todes waren die Themen der Wandbilder noch nicht genau abgeklärt. Man sprach zu Anfang ganz generell von vier Propheten, Evangelisten oder anderen Figuren an der Decke, je zwei figürliche Szenen an den Seitenwänden und außerdem wollte man die Fenster und den Eingang der Kapelle in das Ausstattungsprogramm miteinbeziehen. Filippo Strozzi erwähnte in seinem Testament die Darstellungen an den Seitenwänden. Er wollte je eine Wunder und ein Martyrium des Evangelisten Johannes und seines Namenspatrons, dem Heiligen Philippus. Einer der Hauptgründe für die Verzögerung in der Fertigstellung der Kapelle lag darin, dass Filippino Lippi zeitgleich den Auftrag für die Cappella Caraffa in Santa Maria sopra Minerva in Rom angenommen hatte. „Nach Florenz zurück gekehrt arbeitete Filippo mit Gemächlichkeit und fing an, die Kapelle des älteren Filippo Strozzi in Santa Maria Novella zu verzieren. Kaum jedoch hatte er die Decke vollendet, so musste er zum anderen Mal nach Rom gehen. (…) Filippo erhielt die Summe, kehrte damit nach Florenz zurück und beendete die Kapelle der Strozzi mit so viel Kunst und nach so guter Zeichnung, dass wer sie sah in Staunen geriet über die Neuheit, die Mannigfaltigkeit und Seltsamkeit aller darin gestalteten Dinge: Krieger, Tempel, Vasen, Helmschmuck, Waffen, Trophäen, Lanzen, Fahnen, Gewänder, Fußbekleidungen, Hauptschmuck, priesterliche Ornate und andere Gegenstände, so dass Filippo deshalb großes Lob verdient.“256 Die Kapelle wurde schließlich elf Jahre nach Filippo Strozzis Tod 1502 fertiggestellt.257 Ein weiterer Grund für die stockenden Arbeiten an der Kapelle könnte die verhältnismäßig schlechte Bezahlung gewesen sein: Filippino wurden vertraglich nur 300 Fiorini zugesichert. Davon musste er auch die Materialien, wie

254 Lein 1987, 110. 255 Vgl. Hausmann 1993, 143f. 256 Vasari 2010, 288. 257 Vgl. Scharf 1950, 34f.

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Baugerüste, Hölzer, Kalk und Farben anschaffen. Zudem wurde er verpflichtet, mit guten Farben zu arbeiten. Er musste für das Gewölbe Gold und Ultramarin verwenden, wobei in dieser Zeit eine Unze Ultramarin vier Fiorini kostete. Laut den erhaltenen Rechnungsbüchern musste Lippi seine Arbeiten 1495 sogar unterbrechen, weil ihm das Geld für die Materialien ausgegangen war. Filippos Erben strengten daraufhin gegen den Maler beim Zunftgericht „Arte dei Medici e degli Speziali“ ein Verfahren an. Dieses gab aber Lippi Recht und verpflichtete die Strozzis ihm zusätzliche 100 Goldfiorini zu zahlen.258

Wunder und Martyrium „Das Programm der Strozzi-Kapelle folgt bis auf die eigenwillige Gestaltung der Fensterwand weitgehend den Prinzipien, die sich seit dem 14. Jahrhundert für die Ausstattung von Familienkapellen in Florenz etabliert hatten. Dies gilt insbesondere für die Gestaltung des Gewölbes und der Seitenwände.“259 In den vier Gewölbefeldern sind der biblischen Urvater Adam und die Ahnväter Noah, Abraham und Jakob mit ihren Attributen dargestellt. Im Adamsfresko weist eine Schlange mit menschlichem Kopf auf den Sündenfall hin. Bei Noah erinnern die Arche und eine Taube an die Sintflut. Im Abrahamsfresko weisen der Altar, der Widderkopf und das Messer in Abrahams Hand, auf die geplante Opferung Isaaks hin. Die Schale in Jakobs rechter Hand deutet auf den Kauf des Erstgeburtsrechts. Alle vier Gestalten sitzen auf Wolkenbänken. Die Gewänder der vier Urväter umschleiern ihre Leiber, so dass sie körper- und formlos wirken.260

Abb. 33. Filippino Lippi, Gewölbe der Strozzi-Kapelle, 1487-1502, Santa Maria Novella, Florenz

258 Vgl. Roettgen 1997, 231f. 259 Roettgen 1997, 233. 260 Vgl. Scharf 1950, 35.

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Abb. 34. Filippino Lippi, Auferweckung der Drusiana, 1487-1502, Santa Maria Novella, Florenz

Abb. 35. Filippino Lippi, Martyrium des heiligen Johannes im Ölkessel, 1487-1502, Santa Maria Novella, Florenz

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Die beiden Geschichten, ein Wunder und ein Martyrium, auf der linken und der rechten Wand der Kapelle, sind gegenläufig angelegt. Auf der linken Wand ist die Erzählsequenz chronologisch von oben nach unten zu lesen- auf der rechten Seite von unten nach oben. Dieser Wandaufbau war im Florenz des 15. Jahrhunderts gebräuchlich. Das Bildgeschehen auf beiden Wänden wurde auf die Haupthandlung beschränkt. Das Augenmerk liegt auf der Auswahl und der Platzierung der Szenen. Die beiden Wunder wurden in den rechteckigen Feldern dargestellt und die Martyrien in den Lünetten.261 Auf der linken Seite an der Wand befindet sich das Wunder der Auferweckung der Drusiana durch Johannes den Evangelisten. Der Legende nach erweckte Johannes seine verstorbene Freundin Drusiana kurz nach seiner Rückkehr in die Stadt Ephesus. Er wurde davor in Rom von Kaiser Domitian gefoltert und danach nach Patmos verbannt, wo er das Buch von der Offenbarung schrieb. In der Mitte des Bildes befindet sich die Bare mit der sitzenden Drusiana, die ihre linke Hand Richtung Johannes ausstreckt, der ihr seine hilfreich entgegenstreckt. Die rechte Hand hält er segnend, als Zeichen seiner Wundertätigkeit, hoch. Filippino stellt den Moment des Wunders dar. Alle Figuren sind ungefähr auf gleicher Kopfhöhe und befinden sich in einer dynamischen Bewegung. Im Hintergrund sind kulissenhafte, antikisierende Architekturelemente zu erkennen, Bogenhallen mit Tonnengewölbe befinden sich direkt hinter den Personen und unterstreichen die Dynamik des Freskos. Die Trage der Drusiana steht schräg im Bild. Gepaart mit der einheitlichen Bewegungsrichtung der Personen nach links unterstreicht der Künstler die Tiefe des Bildraumes. Filippino stellt ein biblisches Themen in den Vordergrund, doch der ehrfurchtsvolle Charakter des Wunders tritt eindeutig hinter die erzählende Form der Darstellung zurück. Auch die antikisierende Architektur im Hintergrund hat eine wichtige Bedeutung. „Bewundernswert ist hierbei das Staunen der Umgebenden, indem sie sehen, wie durch das einfache Zeichen des Kreuzes einer Gestorbenen das Leben wiedergegeben wird, und mehr als alle anderen wundert sich ein Priester oder vielleicht Philosoph, altertümlich gekleidet, mit einer Vase in den Händen. Zwischen mehreren verschieden gekleideten Frauen sieht man ein spanisches, rot geflecktes Hündchen, das mit den Zähnen an dem Röckchen eines Kindes zerrt; erschrocken

261 Vgl. Roettgen 1997, 234f.

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und voller Angst verbirgt sich das Kind in die Kleider der Mutter und fürchtet von dem Hündchen gebissen zu werden, so wie auch die Mutter beim Erwachen der Drusiana ein gewissen Entsetzen kundgibt.“262 Ganz ähnlich verhält es sich bei der Gestaltung des Johannesmartyriums. Johannes wurde in der Nähe der Porta Latina auf Befehl des Kaisers in einen Topf kochenden Öls getaucht und blieb unversehrt. Die Szene spielt in einem aufwändig dekorierten Hof. Ein Diener links schürt das Feuer etwas zu heftig, und die Personen rechts schützen sich mit einem Schild vom heißen Rauch. Kaiser Domitian links im Bild hat sich von seinem Thron erhoben und streckt seinen Arm in Richtung des Evangelisten. Er will, dass das Öl stärker brennt. „In dem Bild, worin dargestellt ist, wie St. Johannes in Öl gesotten wird, erkennt man die Wut des Richters, welcher befiehlt, das Feuer heller zu schüren; man sieht den Widerschein der Flammen auf den Angesichtern derer, die sie anfachen, und alle Figuren sind schön und in verschiedenen Stellungen geordnet.“263 Die gegenüberliegende Wand der Kapelle widmete Lippi dem heiligen Philippus. Den apokryphen Geschichten nach wurde Philippus gezwungen, im Tempel des Mars ein Götzenbild anzubeten. Daraufhin erschien ein Drache. Dieser tötete mit seinem giftigen Atem den Sohn des obersten Priesters und versetzte die Menschen in Angst und Schrecken. In ihrer Not baten sie Philippus um Hilfe. Er versprach zu helfen, wenn sie die Götzenbilder zerstörten. Dies wollten sie tun, wenn er zuvor den Drachen in die Wüste vertrieb. Später, im Alter von 87 Jahren, wird er doch gekreuzigt.264 Sowohl Wunder, als auch Martyrium, sind auf der rechten Seite dargestellt: Die Kreuzigung in der Lünette und darunter die Beschwörung des Monsters. Bei der Wunderdarstellung spielt sich die Handlung vor dem Altar des Mars ab. Die ganze Szene ist figurenreich ausgeschmückt. Die Darstellung der Handlung ist einfach gehalten. Den Hauptteil bilden, in einem kompositionellen Dreieck, Philippus, der Drache und der Marspriester. Einige Menschen auf der linken Seite halten sich wegen des Gestanks die Nase zu. Lippi verwendet hier auffällige Farbgegensätze

262 Vasari 2010, 288. 263 Vasari 2010, 288. 264 Vgl. Roettgen 1997, 237.

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um Lichteffekte zu erzielen. Es wirkt, als würde sich Filippino an da Vincis Sfumato- Technik erproben.265 Der Marsaltar hat an den Seiten je drei antikisierende Säulen und ist im unteren Bereich mit vier Hermen und im oberen Bereich mit jeder Menge skulpturalem Dekor ausgestattet. Der Tempel, der Altar mit dem Kriegsgott Mars, sind, wie die Bogenhallen im Johannesfresko, Phantasiearchitektur. „Auf der anderen Seite ist der heilige Philippus, wie er unter dem Altar im Tempel des Mars die Schlange hervorkommen lässt, welche durch ihren Gestank den Sohn des Königs tötet. Hier dachte sich der Künstler an einer Treppe das Loch, aus welchem die Schlange unterhalb des Altar hervorkommt; zu dem Ende malte er den Spalt einer Stufe so täuschend, dass eines Abends einer seiner Jungen in Eile darauf zulief, um irgendetwas darin zu verbergen, was jemand nicht sehen sollte, der an der Tür pochte. Gleichviel Kunst zeigte er bei der Schlange; Gift, Hauch und Feuer scheinen eher natürlich als gemalt zu sein.“266

Abb. 36. Filippino Lippi, Der heilige Philippus gebietet den Drachen sich fortzumachen, 1487-1502, Santa Maria Novella, Florenz

265 Vgl. Scharf 1950, 36f. 266 Vasari, 2010, 288.

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Bei der Kreuzigung des Philippus bilden die antikisierenden Ruinen den Hintergrund. Die Figuren sind hier besser in die Lünettenbegrenzung eingepasst. Die naturalistische Darstellung steht im Gegensatz zur unrealistischen Bilderzählung des Kreuzaufstellens. Nicht der Inhalt stört das Bildgeschehen. Die Darstellung des Kreuzes wirkt unharmonisch, als würde sich das Holzgebälk jeden Moment in der Lünette verkeilen. „Wie es scheint, dachte der Künstler sich den Heiligen ausgestreckt auf dem noch liegenden Kreuz, und sodann mit Tauen, Stricken und Stützen emporgerichtet; diese Stricke sind um verfallene Mauern, Pfeiler und Postamente geschlungen und werden von einigen Arbeitern gezogen; auf der entgegengesetzten Seite wird die Last des Kreuzes und des Heiligen, den man nackend darauf geheftete hat, durch zwei Männer gestützt; der erste hat das eine Ende des Kreuzes mit einer Leiter aufgegabelt, der zweite stemmt am anderen Ende eine Stütze dagegen, so dass die Bürde im Gegengewicht bleibt, und ein paar andere bewegen mit einem Hebel den Fuß des Kreuzes, damit er in das Joch in der Erde komme, worin das Kreuz aufrecht stehen soll. (…) Zudem sind in dem ganzen Werk viele Grotesken und andere ähnliche Dinge in hell und dunkel, dem Marmor ähnlich, in schönster Mannigfaltigkeit und vortrefflicher Zeichnung ausgeführt. “267

Abb. 37. Filippo Lippi, Kreuzigung des heiligen Philippus, 1487- 1502, Santa Maria Novella, Florenz

267 Vasari 2010, 288f.

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Filippino Lippis Geschick besteht darin, dass: „Alle Ereignisse, die nicht Teil der dargestellten Handlung sind, ausgeschlossen werden, so daß die Figuren und Motive der Komposition sämtlich im Dienste des Geschehens stehen.“268

Fensterwand Die Fensterwand in der Cappella Strozzi, unterscheidet sich völlig von den bisher in Familienkapellen üblichen Fensterwänden. „Zwar hatte Vasari in seiner Beschreibung der Kapelle ausdrücklich die Chiaroscuro-Malerei und deren „disegno bellissimo“ gelobt, späteren Autoren war die Fensterwand dagegen höchstens eine pauschale Erwähnung wert. Sie hat erst in neuerer Zeit größeres Interesse auf sich gezogen, vor allem in ikonographischer Hinsicht.“269 Die Farbigkeit der Fenster und die seitlich aufgemalten Pilaster und Säulen drängen die bemalte Wand und das Glasfenster weit in den Hintergrund. Der Kontrast zu den seitlichen Wänden verdeutlicht dem Betrachter, dass es hierbei um Grabmalikonografie handelt. Der Wandaufbau mit seiner einheitlichen Scheinarchitektur und die Fenster mit den antiken und christlichen Themen gelten als eines von Filippino Lippis Meisterwerken.270 Nur wenige Elemente sind auf dieser Wand in Farbe gestaltet, ein paar Engel und wenige Ornamentmotive. Die gemalten Motive sind ohne Frage im Zusammenhang mit dem Tod und der Grablege dieser Kapelle zu sehen: Die beiden Engel über der Grabnische stehen mit je einem Bein auf Totenköpfen und beide haben Totenköpfe in der Hand. Weitere Totenköpfe befinden sich links und rechts von der Inschriftentafel in Kopfhöhe der Engel. Das Strozzi-Wappen kommt auf dieser Wand in verschiedenen Formen immer wieder vor. Der schon öfter erwähnte Falke mit den ausgespreizten Schwingen und dem Eichenast in seinen Krallen befindet sich über dem Bodenscheitel des Fensters mit dem Motto „SIC VITVS EXPECTO“. Spruch und Falke symbolisieren Filippo Strozzis Sieg über das Familienschicksal von Verbannung und Verlust der Familie. Ein weiteres Motiv ist das kauernde Lamm, einmal im Schlussstein der Grabnische und ein zweites Mal in einem Medaillon im Fensterbogen. Es spielt auf Demut und Güte an und erinnert an das lange Exil der Strozzi.271

268 Roettgen 1997, 237. 269 Roettgen 1997, 237. 270 Vgl. Scharf 1950, 38. 271 Vgl. Roettgen 1997, 233f.

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Die Schriftzüge FIDES und CARITAS werden von zwei Frauengestalten versinnbildlicht. Die Bedeutung der beiden Frauen über den Wörtern DEO und MAX ist nicht geklärt, sie könnten jedoch Musen darstellen. Die Theatermasken zu ihren Füßen sprechen dafür. Viele Motive und Inschriften an der Fensterwand sind in ihrem Sinn nicht klar zu erkennen. Das Fenster, das sich in der Mitte der Wand befindet, enthält im oberen Teil die Darstellung einer Madonna mit Kind zwischen zwei Engeln und im Bild darunter ist der Evangelist Johannes und der heilige Philippus, der ein geöffnetes Buch auf den Knien hat, zu erkennen. „Die kurze Beschreibung verdeutlicht, dass die Fensterwand in drei Zonen geteilt ist: Erstens in eine untere, dem Erdboden verhaftete, irdische Zone, der auch das Grabmal angehört; zweitens in Wandfelder, die allegorische Figuren enthalten, und drittens in einen himmlischen Bereich, der aus dem Glasfenster besteht, in dessen strahlend farbigen Glanz die heiligen Personen weilen.“272 Die Wand stellt eine faszinierende Mischung aus christlichen und heidnischen-antiken Motiven dar. Jede Szene spielt in einer, vom

Abb. 38. Benedetto da Maiano, Grabmal des Filippo Künstler konstruierten, imaginären Strozzi, Santa Maria Novella, Florenz Antike.

Grabmal Unterhalb des Fensters befindet sich eine niedrige Wandnische mit Filippo Strozzis Grabmal. Benedetto da Maiano, der zuvor schon die Porträtbüsten Strozzis geschaffen hatte, wurde mit der Durchführung der Arbeit beauftragt. Durch die

272 Carl 2006, 376f.

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scheinarchitektonische Ausarbeitung der Fensterwand fügt sich das Werk harmonisch in den Hintergrund ein. Der Vertrag zwischen Auftraggeber und Künstler ist nicht bekannt. Nur ein kurzer „Ricordo“, eine Notiz, beweist, dass Maiano der Urheber des Grabmales ist. Dieses undatiertes Stück Papier befindet sich in den Carte Strozziane des Florentinischen Staatsarchivs im selben Band, wie der Vertrag über die Kapelle mit Filippo Lippi. In der Notiz heißt es, dass Benedetto da Maiano mit eigener Hand ein Werk in der Kapelle in der Kirche Santa Maria Novella auszuführen hat.273 Genaue Angaben wann Maiano mit den Arbeiten am Grabmal begann, sind jedoch nicht vorhanden. In seinem Testament erwähnte Filippo Strozzi auch das Grabmal. Er wollte, dass es in zwei Jahren, also 1493, fertiggestellt sei. Die zeitliche Vorgabe wurde jedoch nicht eingehalten. Auf der Grundlage der letzten bekannten Zahlungen an Benedetto da Maiano, ist zu vermuten, dass das Grabmal 1495 fertiggestellt wurde. Die Gesamtkosten des Grabes beliefen sich auf 400 Fiorini.274 Das Grabmal ist als Arcosoliumgrabmal konzipiert. In der Lünette über dem Sarkophag Abb. 39. Benedetto da Maiano, Madonnen-Tondo vom Grabmal des Filippo Strozzi, Santa Maria Novella, befindet sich ein Madonnentondo mit Florenz zwei Cherubsköpfen und vier Engeln. Der Tondo ist eins der gelungensten dieser Zeit. Es wird von einem dicken Kranz aus Rosen eingefasst. Die beiden Cherubsköpfe ober- und unterhalb der Rahmung wirken wie ein Teil von dieser. Sie sind auf der gleichen Ebene gearbeitet und heben sich deutlich vom Mittelpunkt, der Mutter Maria, ab. Sie sind die einzigen Figuren die frontal aus dem Tondo herausblicken. Sie bilden den Übergang zu den, um die Rahmung herumschwebenden, Engelsfiguren. Die

273 Vgl. Carl 2006, 368. 274 Vgl. Lein 1988, 110f.

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Madonna befindet sich in einer Dreivierteldrehung dem Christusjungen zugewandt und fügt sich so perfekt in den Rahmen ein. Die Zuwendung der Maria zu ihrem Kind soll auch die intensive Beziehung zwischen den beiden symbolisieren.

Die grazile Körperdrehung der vier Engel, die um die Tondorahmung herumfliegen, vermittelt dem Beobachter den Eindruck, dass die Figuren frei schweben. Die Flügel der oberen Engel streifen ganz leicht, fast unmerklich, über die Eierstabrahmung der Leibung hinaus, damit wird der Eindruck, sie wären von dem Hintergrund losgelöst noch verstärkt. Außerdem bilden sie die Verbindung zum freistehenden, schwarzen Sarkophag darunter. Die Engel und die Cherubine sind ähnlich gearbeitet. Die Flügelfedern gleichen einander, die vollrunden Gesichter und das lockige Haar wirken ident. Die Gewänder unterscheiden sich nur in Details.

Abb. 40. Benedetto da Maiano, Sarkophag des Filippo Da die Strozzi Kapelle ohne Retabel Strozzi, Santa Maria Novella, Florenz auskommt, kann man den Tondo als Ersatz für ein Altarbild betrachten. Auch der Platz hinter dem Altartisch erweckt diesen Eindruck, da dieser Platzierung typisch für ein Altarbild wäre. Filippo Strozzi wollte den Sarkophag aus „Pietra di Paragone“ hinter dem Altar platziert wissen. Wodurch das Tondo in seiner Funktion zum Sarg und nicht zum Altartisch gehört.275 Die gesamte Bogennische ist mit weißem Marmor eingefasst. An der Außenwand erkennt man zwischen den profilierten Rahmenbändern ein Reliefband mit Ornamenten von Pflanzen, Voluten, Vasen, Halbmonden und Masken. Wieder geht es darum zu erkennen, wer hier begraben liegt. Die Wappen der Familie Strozzi, in reduzierter und vollständiger Form, tauchen immer wieder auf. „In Höhe des Bogenansatzes sind Wappenkartuschen mit dem Wappen der Familie Strozzi an das Rankenwerk eingelassen. Die Halbmonde aus dem Wappen erscheinen wiederholt als dekoratives Element in den Pflanzenranken des Bogens.

275 Vgl. Carl 2006, 375.

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Als Schlußstein dient eine Doppelvolute aus Blattspitzen mit einem davorliegenden Lamm.“276 Die Rückseite der Nische ist ganz in rotem Marmor gearbeitet. Die Ähnlichkeiten mit dem Grabmal Onofrio di Palla Strozzis in der Sakristei der Kirche Santa Trinità sind klar zu erkennen. Die Engel an Filippos Sarkophag erinnern frappant an jene auf dem Sarg Onofrios. Vier Löwenpranken bilden die Füße mit denen der Sarkophag Filippos vom Boden abgehoben wird. Der Deckel hat einen zwiebelförmigen Griff. Wie beim Grabmal Piero und Giovanni de‘ Medici in San Lorenzo ist weder auf dem Sarkophag noch in der Kapelle eine figürliche Darstellung des Verstobenen zu sehen. „Benedetto da Maiano vereinigte im Grabmal für Filippo Strozzi Elemente aus den bedeutendsten Grabmälern des 15. Jahrhunderts in Florenz zu einem neuen Typus. (…) Die Figuren auf dem Strozzi-Grabmal lassen sich gemäß ihrer Plastizität in drei Gruppen

Abb. 41. Andrea del Verrocchio, Grabmal unterteilen. Das Madonnenbildnis im Tondo ist des Giovanni und Piero de‘ Medici, 1472, wesentlich flacher gearbeitet als die beiden San Lorenzo, Florenz Cherubsköpfe, die ober- und unterhalb des Tondorahmens ansetzen. Die Cherubsköpfe und die Engel auf der Vorderseite des Sarkophags treten dagegen voll rund und fast freiplastisch aus der Grundfläche heraus. Die vier betenden Engel neben dem Tondo sind selbstständige Freifiguren, die losgelöst von der Nischenrückwand zu schweben scheinen.“277 Die Entwicklung der Grabmalarchitektur ist hier sehr gut zu erkennen. Maiano hob die geschlossen Anordnung der traditionellen Grabmäler auf. Anstatt dessen betonte er die Autonomie der einzelnen Elemente.

276 Lein 1988, 112. 277 Lein 1988, 113.

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Tondo, Sarkophag, Nischenbogen sind wohl aufeinander bezogen, haben jedoch ebenso für sich selbst Bedeutung und sind auch ohne Bezug auf ein anderes Element als Kunstwerk wahrzunehmen.278

278 Vgl. Lein 1988, 114ff.

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CONCLUSIO

Der Weg der Familie Strozzi im Florenz der Renaissance ist neben allem Ruhm auch von Misserfolgen und Niederlagen gekennzeichnet. Und doch schaffte sie es immer wieder sich zurück in den Kreis der gesellschaftlichen Eliten zu kämpfen. Dieses Ringen um Macht, Einfluss und Ehre wird hauptsächlich mit drei Namen in Verbindung gebracht: Palla Strozzi, Filippo „il Vecchio“ Strozzi und Filippo „il Giovane“ Strozzi Der große Bann von 1434 und das darauffolgende Exil sind die prägenden Ereignisse in der Chronik der Familie. Erst Jahrzehnte später gelang Filippo dem Älteren die Rehabilitierung und doch wiederfuhr seinem Sohn Filippo „il Giovane“, dem Bankier der Medici-Päpste, das gleiche Schicksal wie seinem Vorfahren Palla Strozzi. Er verlor das Vertrauen der Mächtigen und nahm sich in der Haft das Leben. So ist es bemerkenswert, dass die Familie bis heute in unserem Gedächtnis geblieben ist. Woran mag das liegen? Eine Antwort auf diese Frage geben die Hinterlassenschaften der Familie. Geld ist keines geblieben. Die Nachfahren mussten sich aus wirtschaftlichen Gründen von den kostbaren Kunstwerken ihrer Ahnen trennen. Schon Palla Strozzi war zu seiner Zeit ein passionierter Kunstsammler und Auftraggeber. Er verkehrte in Florenz und Padua, in der Stadt seines Exils, mit den intellektuellen Größen der Stadt. Er war mit den berühmtesten Künstlern und den bekanntesten Humanisten befreundet. Legendär war seine Sammlung klassischer antiker Texte.279 Filippo „il Vecchio“ führte die Familie mit Hilfe seiner Mutter Alessandra Macinghi aus der Verbannung zurück nach Hause, damit „du dein Haus wieder in die Höhe bringen und mich zufrieden machen wirst.“280 Er ließ den größten und prächtigsten Palast in Florenz erbauen. Er kaufte eine Grabkapelle in Santa Maria Novella und ließ sie von Filippino Lippi und Benedetto da Maiano ausstatten. Filippo der Jüngere folgte dem testamentarischen Auftrag des Vaters und vollendete den Palast. Aber es war auch

279 Vgl. Garin 1991, 464. 280 Hausmann 1993, 44.

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er, der mit seinem Streben nach der Macht in Florenz das Vermächtnis und den Namen der Familie gefährdete. Beinahe erlitt sie das Schicksal der Pazzi-Familie, die nach einem Aufstand gegen die Medici aus dem Gedächtnis der Stadt Florenz gelöscht wurde. Es sind die Kunstwerke und Bauten sowie Palla Strozzis Bibliothek, die die Zeit überdauert haben. Wirtschaftliche Macht, politischer Einfluss und gesellschaftliche Bedeutung überdauern die Jahrhunderte zumeist nicht. Aber wenn wir zu unserem Vergnügen nach Florenz reisen, können wir uns an den Ausstellungen im Palazzo Strozzi erfreuen, über die Kraft der Fresken des Filippino Lippi staunen und den prächtigen Sarkophag des Benedetto da Maiano in der Kapelle der Familie bewundern.

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ABBILDUNGSVERZEICHNIS

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Abb. 2: Niccolò Lamberti, Sarkophag von Onofrio Strozzi, aus: http://www.europeana.eu/portal/record/08501/673EBC50C23813BBB748332722264 90B8C59C792.html

Abb. 3: Gentile da Fabriano, Anbetung der Könige, 1423, in Uffizien, Florenz, aus: http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/image/show/bern- 5953c1ef5cf022aaae414182fdeeafedf261be7f

Abb. 4: Donatello, Reiterstandbild des Gattamelata, 1447, in Padua, aus: http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/image/show/genf- ffdeac1367fc0e79e3ae60e8354c10b453cdf397

Abb. 5: Mino da Fiesole, Büste des Niccolò Strozzi, 1454, in der Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst, Staatliche Museen zu Berlin, aus: http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/image/show/bpk- b782f14acfa4e7aedb6938cdb162a0aa7e15236c

Abb. 6: eventuell Francesco Rosselli, Tavola Strozzi, 1472, im Museo di San Martino, Neapel, aus: http://www.arte-m.net/2010/11/25/napoli-dentro-inside/

Abb. 7: Leonardo Da Vinci, Zeichnung des gehängten Pazzi Verschwörers Bernardo di Bandino Baroncelli, 1479, im Musée Bonnat, aus: http://www.casasantapia.com/engels/firenze/bargellomuseum.htm

Abb. 8: Benedetto da Maiano, Büste des Filippo Strozzi aus Terracotta, ca. 1475, in der Skulpturensammlung und Museum für Byzantinische Kunst, Staatliche Museen zu Berlin, aus: http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/image/show/bpk- d6165162a4b4c6efd1a3c65b2e4f871003347d4e

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Abb. 9: Filippino Lippi, Madonna mit Kind, ca. 1485, in Metropolitan Museum of Art, New York, aus: http://www.metmuseum.org/en/about-the-museum/now-at-the- met/features/2011/filippino-lippis-madonna-and-child

Abb. 10: Benedetto da Maiano, Büste des Filippo Strozzi aus Marmor, 1475, im Louvre, Paris, aus: http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/image/show/berlin_udk- d2866e8ed62520e316a6f55fd62b2e06f088a03e

Abb. 11: Palazzo Strozzi, Außenansicht, Florenz, aus: http://prometheus.uni- koeln.de/pandora/image/show/bern-5d6fce9135805b38be73c9efc7c00ac3f9672e1a

Abb. 12: Bartomoleo di Michelozzo, Palazzo Medici-Riccardi, aus: http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/image/show/genf- c7209c1dfe9122661838aefa0012ef10c52ef6dd

Abb. 13: Giorgio Vasari, Brunelleschi und Ghiberti präsentieren Cosimo ein Modell von St. Lorenzo, 1562, im Palazzo Vecchio, Florenz, aus: http://prometheus.uni- koeln.de/pandora/image/show/hamburg- 445e00d547f497725198e3c97ed66b4310c29974

Abb. 14: Filippo Brunelleschi, Holzmodell der Kathedrale von Florenz, ca. 1436, aus: http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/image/show/dadaweb- 89c6c983732a4ed26e1a8001aa2d6272369fb5dc

Abb. 15: Giuliano da Sangallo, Modell des Palazzo Strozzi, 1489-1490, im Museo Nazionale del Bargello, Florenz, aus: http://prometheus.uni- koeln.de/pandora/image/show/bochum_kgi- 7ef6ddf5d3df1240322b078c02be7625e4c7797d

Abb. 16: Giuliano da Sangallo, Modell des Palazzo Strozzi von oben, 1489-1490, im Museo Nazionale del Bargello, Florenz, aus: http://prometheus.uni- koeln.de/pandora/image/show/bochum_kgi- a74846639071d43091d814937584cb8fe7963192

Abb. 17: Teilmodelle des Palazzo Strozzi, ca. 1490, im Museo Nazionale del Bargello, Florenz, aus: http://prometheus.uni- koeln.de/pandora/image/show/bochum_kgi- 8c6495a71448e9e51562ba224960a22d3c1a4c99

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Abb. 18: Palazzo Strozzi von oben, Florenz, aus: http://www.panoramio.com/photo_explorer#view=photo&position=67&with_photo_id= 55277359&order=date_desc&user=2026818

Abb. 19: Niccolò Fiorentino, Medaille des Filippo Strozzi (1428-1491): Vorderseite mit männlicher Büste, The National Gallery of Art, Washington, aus: http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/image/show/bern- b1a698a5ab23a81eedc44c7352df6fcd54fde80c

Abb. 20: Niccolò Fiorentino, Medaille des Filippo Strozzi (1428-1491): Rückseite mit einem Adler über einem Schild, der das Wappen der Strozzi zeigt, The National Gallery of Art, Washington, aus: http://prometheus.uni- koeln.de/pandora/image/show/bern-e2335b7fefe1025e66d44bb9ea2784750ef9238d

Abb. 21: Palazzo Strozzino, Florenz, aus: http://prometheus.uni- koeln.de/pandora/image/show/bochum_kgi- faef8b98309f3a5ff87d7542ae9715960d8481a4

Abb. 22: Joaquin Medina-Warmburg, Zeichnung des Stadtplans der Umgebung des Palazzo Strozzi, Florenz, aus: http://prometheus.uni- koeln.de/pandora/image/show/digidia- 4b90c32ce908cb3cc3980096fedc3c9014c5b22b

Abb. 23: Palazzo Strozzi, Süd-Ost-Ansicht, Florenz, aus: http://www.florence-on- line.com/palazzos/palazzo-strozzi.html

Abb. 24: Palazzo Strozzi, Fassadendetail: Fenster mit dem Familienwappen, Florenz, aus: http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/image/show/digidianeu- b9868fddc4ae23da0f857692560bae5a1a0478e2

Abb. 25: Palazzo Strozzi, Innenhof, Florenz, aus: http://prometheus.uni- koeln.de/pandora/image/show/dadaweb- 5ed7aac0d527e4d9b5eec30b8770c8aca326e277

Abb. 26: Ausstellungplakat zu „Bronzino – Pittore e Poeta alla Corte di Medici“, Florenz, aus: http://www.palazzostrozzi.org/SezioneBronzino.jsp?idSezione=349

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Abb. 27: Santa Maria Novella, Florenz, aus: http://prometheus.uni- koeln.de/pandora/image/show/digidianeu- d68eb2a14e289034587b8528f2383ac87f886751

Abb. 28: Santa Maria Novella, Innenansicht, Langhaus, Florenz, aus: http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/image/show/digidianeu- 2337b37e99489a1bd6ae96467a0f2af573a50066

Abb. 29: Giotto di Bondone, Kruzifix, ca. 1285/90, Santa Maria Novella, Florenz, aus: http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/image/show/digidia- 81f97a7f1cce43c6d52bd0b95aed8ab79b73f4c4

Abb. 30: Masaccio, Trinität, 1426-1427, Santa Maria Novella, Florenz, aus: http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/image/show/saarbruecken_ifk- d9fce17200317431b1b43b27508224cf0294759a

Abb. 31: Domenico Ghirlandaio, Cappella Tornabuoni: Detailansicht, Szenen aus dem Leben Johannes des Täufers, Heimsuchung, Namengebung durch Zacharias, Santa Maria Novella, Florenz, aus: http://prometheus.uni- koeln.de/pandora/image/show/dadaweb- e08533fb9d48242025c0621a091717dd8751eb89

Abb. 32: Cappella Strozzi, Santa Maria Novella, Florenz, aus: http://prometheus.uni- koeln.de/pandora/image/show/artemis- c928ae25393059705a74f404135da60d4e1bb11a

Abb. 33: Filippino Lippi, Gewölbe der Strozzi-Kapelle, 1487-1502, Santa Maria Novella, Florenz, aus: http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/image/show/artemis- f8eae46119089f94c989f08658c5a6695ad2aece

Abb. 34: Filippino Lippi, Auferweckung der Drusiana, 1487-1502, Santa Maria Novella, Florenz, aus: http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/image/show/artemis- 3e9d7732ec93df52e2e7dc2c538abed67de7668d

Abb. 35: Filippino Lippi, Martyrium des heiligen Johannes im Ölkessel, 1487-1502, Santa Maria Novella, Florenz, aus: http://prometheus.uni- koeln.de/pandora/image/show/artemis- 01edf4c1577d297de39c481b301641ca6267b513

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Abb. 36: Filippino Lippi, Der heilige Philippus gebietet den Drachen sich fortzumachen, 1487-1502, Santa Maria Novella, Florenz, aus: http://prometheus.uni- koeln.de/pandora/image/show/artemis- 1a0fbd1f66a4b4596feca4864665aeb878c60557

Abb. 37: Filippino Lippi, Kreuzigung des heiligen Philippus, 1487-1502, Santa Maria Novella, Florenz, aus: http://prometheus.uni-koeln.de/pandora/image/show/artemis- 6feb513098bf47bffc81c1c52d08835e19d28a16

Abb. 38: Benedetto da Maiano, Grabmal von Filippo Strozzi, Santa Maria Novella, Florenz, fotografiert am 10.07.2012

Abb. 39: Benedetto da Maiano, Madonnen-Tondo vom Grabmal des Filippo Strozzi, Santa Maria Novella, Florenz, aus: http://prometheus.uni- koeln.de/pandora/image/show/dadaweb- 4f488051fc883ae71cbae548692da0a3f02409b3

Abb. 40: Benedetto da Maiano, Sarkophag vom Grabmal des Filippo Strozzi, Santa Maria Novella, Florenz, fotografiert am 10.07.2012

Abb. 41: Andrea del Verrocchio, Grabmal des Giovanni und Piero de‘ Medici, 1472, San Lorenzo, Florenz, aus: http://prometheus.uni- koeln.de/pandora/image/show/dadaweb- 97448d4fc550021324d9b36d4aeff6d30642de4c

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