Max-Planck-Institut Für Plasmaphysik: Kernfusion
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Kernfusion Folge 2 Berichte aus der Forschung Zum Titelbild (von oben nach unten): Plasmagefäß der Fusions- anlage ASDEX Upgrade, Arbeiten für WENDELSTEIN 7-AS, Computerstudie für WENDELSTEIN 7-X, Testkryostat von WENDEL- STEIN 7-X, Hochfrequenzheizung an ASDEX Upgrade, Blick in das Plasma von ASDEX Upgrade. (Fotos: IPP, Peter Ginter) Vorwort nergieforschung ist Zukunftssicherung: fängen in den 50er Jahren in kontinuierlicher Über neunzig Prozent des Weltener- Detailarbeit auf ihr anspruchsvolles Ziel zu Egiebedarfs wird heute aus fossilen bewegt. Inzwischen können die ehemals kri- Energiequellen gedeckt. Die gegenwärtige Ver- tischen Probleme - die Heizung, Wärmeisola- sorgungssicherheit lässt leicht vergessen, dass tion und Reinhaltung des Plasmas sowie die drohende Klimaschäden und begrenzte Brenn- Energieauskopplung - als gelöst gelten. Es ist stoffvorräte auf längere Sicht einen Umbau gelungen, Fusionsleistungen von mehreren unseres Energiesystems verlangen. Das Pro- Megawatt freizusetzen. Diese Ergebnisse blem wird verschärft durch die schnell wach- erlauben die Planung eines Testreaktors, der sende Erdbevölkerung und den global stei- erstmals ein für längere Zeit energielieferndes genden Energiebedarf. Um die Versorgung Plasma erzeugen soll. künftiger Generationen zu sichern, müssen Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik deshalb alle Alternativen untersucht werden, (IPP) in Garching und Greifswald ist eines die Kohle, Erdöl und Erdgas ersetzen können. der großen Zentren für Fusionsforschung in Die Auswahl an ergiebigen Energiequellen ist Europa und beschäftigt sich mit den physi- jedoch begrenzt: Neben Kernspaltung und kalischen Grundlagen der Kernverschmel- Sonnenenergie bleibt als dritte Möglichkeit zung. Die vorliegenden „Berichte aus der For- die Fusion. schung“ wollen in allgemeinverständlicher Ziel der Fusionsforschung ist die Gewinnung Form einen Einblick in Grundlagen sowie der Energie, die bei der Verschmelzung von aktuelle Themen der Fusionsforschung ge- Wasserstoffkernen zu Helium frei wird. Zum ben, wie sie im IPP untersucht werden. Auf- Zünden des Fusionsfeuers muss der Brenn- bauend auf einer Einführung in die physika- stoff - ein Wasserstoff-Plasma - in Magnetfel- lischen und technischen Grundlagen und die dern eingeschlossen und auf hohe Tempera- historische Entwicklung werden der gegen- turen aufgeheizt werden. Da die für den wärtige Stand des Wissens ebenso wie noch Fusionsprozess nötigen Grundstoffe in nahe- offene Fragen dargestellt. Darüber hinaus ver- zu unbegrenzter Menge vorhanden und über mitteln die Berichte einen Eindruck von den die ganze Welt verteilt sind, könnte die vielfältigen physikalischen, technischen, Kernfusion einen nachhaltigen Beitrag zur handwerklichen und verwaltungstechnischen Energieversorgung der Zukunft leisten. Disziplinen, die zur Organisation des For- Die Fusionsforschung hat sich seit ihren An- schungsprozesses zusammenwirken. Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik auf dem Forschungsgelände Garching. Foto: Max Prugger Foto: Fetzi Baur Das IPP-Teilinstitut in Greifswald 3 IMPRESSUM Kernfusion - Berichte aus der Forschung Folge 2 Herausgeber: Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) Boltzmannstraße 2 85748 Garching bei München Telefon 089-3299-01 [email protected] www.ipp.mpg.de Redaktion: Isabella Milch Gestaltung: Dagmar Aalden Grafik: Karin Hirl, Monika Treske Druck: Steinmeier, Nördlingen Copyright 2002 Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, Garching und Greifswald ISSN 0172-8482 4 Inhalt Vorwort 3 Einführung in die Fusionsforschung 7 Grundlagen der Kernfusion 8 Experimenttypen 15 Elemente der Fusionsexperimente 19 Das Fusionskraftwerk 29 Kernfusion - eine internationale Gemeinschaftsaufgabe 37 Fusionsforschung im IPP 43 Tokamak-Experimente 44 Stellarator-Experimente 55 Allgemeine Arbeiten zur Fusion 67 Kooperationen 82 Wissenschaftliche Infrastruktur 88 Anhang 93 Verwaltung und Allgemeine Dienste 94 Stabsstellen der Geschäftsführung 95 Wissenschaftlich-Technisches Büro 95 Organisatorischer Aufbau des IPP 100 Literaturhinweise 103 Wegweiser 104 5 indie Einführung Fusions- forschung Grundlagen der Kernfusion Fusionsreaktionen Maßzahl für seine Masse ist 235 - oder durch Verschmelzung (Fusion) leichter Kerne wie Wasserstoff und seine Isotope Deuterium und Tritium - Massenzahlen 1, 2 und 3 - gewinnen uelle der Fusionsenergie ist die innere (siehe Abbildung). QBindungsenergie der Atomkerne. Die Atomkerne sind positiv geladen und stoßen Kernbausteine sind von einer Atomsorte zur sich daher gegenseitig ab. Sie können aber anderen verschieden stark aneinander gebun- nur dann miteinander verschmelzen, wenn sie den. Je fester sie verbunden sind, desto mehr sich sehr nahe kommen. Dann erst können die Energie muss aufgewandt werden, den Kern anziehenden Kernkräfte, die nur in der unmit- zu spalten. Umgekehrt wird umso mehr telbaren Umgebung der Kerne wirken, die Energie frei, wenn der Kern aus seinen Bau- abstoßenden elektrischen Kräfte überwiegen. steinen gebildet wird. Die stabilsten Kerne Um ihre gegenseitige Abstoßung zu überwin- besitzen die chemischen Elemente Eisen, den, müssen zwei Kerne mit großer Geschwin- Kobalt, Nickel oder Kupfer (Maßzahlen für digkeit aufeinander zufliegen. ihre Masse: etwa 60). Aus Kernumwand- Die erforderlichen hohen Geschwindigkei- lungen kann man deshalb Energie entweder ten erhalten die Teilchen bei hoher Tempe- durch Spaltung schwerer Kerne wie Uran - ratur. Die Atome eines Gases sind dann in ihre Bestandteile - Elektronen und Kerne - zerlegt: Die Kernbausteine Ein Atom, dem ein oder mehrere Elektronen sind von einer zu seiner Neutralität fehlen, nennt man „Ion“, Atomsorte zur anderen und ein Gas, dessen Atome in ihre Bestand- verschieden stark teile aufgetrennt sind, „ionisiert“. Ein solches aneinander gebunden. Gas weicht in seinen Eigenschaften stark von Durch Umordnung der normalen Gasen ab und wird deshalb mit Kernbausteine in fester verbundene einem eigenen Namen „Plasma“ bezeichnet. Gruppierungen - ent- Alltagsbeispiele sind die Plasmasäule in einer weder durch die Spal- Neonröhre, ein elektrischer Funke oder der tung schwerer Kerne Plasmafaden eines Blitzes. Ein Plasma ist oder durch die Ver- elektrisch leitend, seine Bewegung lässt sich schmelzung leichter daher durch elektrische und magnetische Kerne wie Wasserstoff - Felder beeinflussen. Dies macht man sich in können große Energie- den Fusionsanlagen zunutze, wo man das mengen freigesetzt werden. In einem Gas sind die Elektronen an die Atomkerne gebunden, in einem Plasma dagegen sind Elektronen und Kerne (Ionen) voneinander getrennt. 8 heiße Plasma in einen „Magnetfeldkäfig“ ein- Beim Zusammenstoß schließt und so von materiellen Wänden fern- Tritium eines Deuterium- und hält, die ansonsten das Plasma abkühlen kön- p p n eines Tritiumkerns nten. n n bildet sich über einen n p Helium Von allen möglichen Paaren leichter Atom- heliumartigen kerne, die verschmelzen können, liefert die Zwischenkern ein Reaktion zwischen den beiden schweren Vari- p Heliumkern und ein n n anten des Wasserstoffs - Deuterium und Tri- p n Neutron. Beide Reak- tium - die größte Energieausbeute bei der tionsprodukte besitzen niedrigsten Plasmatemperatur. Je ein Deu- hohe Bewegungsener- Neutron terium- und Tritiumkern verschmelzen dabei zu gie, die zur Plasmahei- p n einem Heliumkern. Dabei wird ein schnelles n zung und zur Energie- produktion im Kraftwerk Neutron frei, das achtzig Prozent der ge- Deuterium wonnenen Energie mit sich trägt. Da diese genutzt werden kann. Reaktion unter allen möglichen bei weitem am leichtesten zu verwirklichen ist, wird man sich trotz ihrer Nachteile - Tritium ist radioak- Die Wahrscheinlich- keiten verschiedener tiv, die bei der Fusion entstehenden schnellen –16 /sec) 3 10 Neutronen aktivieren die umgebenden Reak- Verschmelzungsreaktio- nen: Die Deuterium- torteile - zunächst dieses Verfahrens bedienen. T+ D Tritium-Fusion (D-T) Hinzu kommt, dass Deuterium in nahezu uner- –18 besitzt über einen schöpflicher Menge in den Weltmeeren vorhan- 10 D+D großen Energiebereich den ist; Tritium kann aus dem ebenfalls reich- 3 eine weitaus größere lich verfügbaren Element Lithium mit Hilfe der He+D Wahrscheinlichkeit als beim Fusionsprozess entstehenden Neutronen 10–20 11 alle anderen Reaktio- im Kraftwerk hergestellt werden. p+ B nen. Prozesse wie die Proton-Bor-Reaktion Reaktionswahrscheinlichkeit (cm 10–22 Fusionsreaktionen 10 100 1000 10000 (p-B), bei denen kein Neutron entsteht - oft D + T → 4He + n + 17,58 MeV Temperatur (Millionen Grad) D + D → 3He + n + 3,27 MeV als „reine“ Fusion D + D → T + p + bezeichnet - erfordern 4,03 MeV Wasserstoff oder Deuterium lässt sich näm- eine viel höhere D + 3He → 4He + p + 18,35 MeV lich überprüfen, ob bei Einsatz von Tritium Temperatur, bis sie mit 11 → 4 p + B 3 He + 8,7 MeV ein Zustand erreicht werden kann, bei dem ähnlicher Häufigkeit das Plasma „zündet“: Dann laufen gerade so ablaufen wie Brutreaktionen in Lithium viele Fusionsprozesse ab, dass die Energie der Deuterium-Tritium- 7 → 4 Li + n He + T + n - 2,47 MeV dabei erzeugten Heliumkerne ausreicht, die Verschmelzungen. Temperatur des Plasmas aufrechtzuerhalten. Verschiedene Fusionsreaktionen. Das für Das Plasma brennt ohne äußere Energiezu- die Deuterium-Tritium-Fusion nötige Tritium fuhr weiter, die Heizung von außen kann abge- kann im Kraftwerk durch die Fusions- schaltet werden. neutronen aus Lithium erzeugt werden. Für die Zündung sind vor allem drei Eigen- schaften des Plasmas von Bedeutung: die Temperatur, die Plasmadichte und die Energieeinschlusszeit. Letztere ist ein Maß