Kernfusion Folge 2 Berichte aus der Forschung Zum Titelbild (von oben nach unten): Plasmagefäß der Fusions- anlage ASDEX Upgrade, Arbeiten für WENDELSTEIN 7-AS, Computerstudie für WENDELSTEIN 7-X, Testkryostat von WENDEL- STEIN 7-X, Hochfrequenzheizung an ASDEX Upgrade, Blick in das von ASDEX Upgrade. (Fotos: IPP, Peter Ginter) Vorwort

nergieforschung ist Zukunftssicherung: fängen in den 50er Jahren in kontinuierlicher Über neunzig Prozent des Weltener- Detailarbeit auf ihr anspruchsvolles Ziel zu Egiebedarfs wird heute aus fossilen bewegt. Inzwischen können die ehemals kri- Energiequellen gedeckt. Die gegenwärtige Ver- tischen Probleme - die Heizung, Wärmeisola- sorgungssicherheit lässt leicht vergessen, dass tion und Reinhaltung des Plasmas sowie die drohende Klimaschäden und begrenzte Brenn- Energieauskopplung - als gelöst gelten. Es ist stoffvorräte auf längere Sicht einen Umbau gelungen, Fusionsleistungen von mehreren unseres Energiesystems verlangen. Das Pro- Megawatt freizusetzen. Diese Ergebnisse blem wird verschärft durch die schnell wach- erlauben die Planung eines Testreaktors, der sende Erdbevölkerung und den global stei- erstmals ein für längere Zeit energielieferndes genden Energiebedarf. Um die Versorgung Plasma erzeugen soll. künftiger Generationen zu sichern, müssen Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik deshalb alle Alternativen untersucht werden, (IPP) in Garching und Greifswald ist eines die Kohle, Erdöl und Erdgas ersetzen können. der großen Zentren für Fusionsforschung in Die Auswahl an ergiebigen Energiequellen ist Europa und beschäftigt sich mit den physi- jedoch begrenzt: Neben Kernspaltung und kalischen Grundlagen der Kernverschmel- Sonnenenergie bleibt als dritte Möglichkeit zung. Die vorliegenden „Berichte aus der For- die Fusion. schung“ wollen in allgemeinverständlicher Ziel der Fusionsforschung ist die Gewinnung Form einen Einblick in Grundlagen sowie der Energie, die bei der Verschmelzung von aktuelle Themen der Fusionsforschung ge- Wasserstoffkernen zu Helium frei wird. Zum ben, wie sie im IPP untersucht werden. Auf- Zünden des Fusionsfeuers muss der Brenn- bauend auf einer Einführung in die physika- stoff - ein Wasserstoff-Plasma - in Magnetfel- lischen und technischen Grundlagen und die dern eingeschlossen und auf hohe Tempera- historische Entwicklung werden der gegen- turen aufgeheizt werden. Da die für den wärtige Stand des Wissens ebenso wie noch Fusionsprozess nötigen Grundstoffe in nahe- offene Fragen dargestellt. Darüber hinaus ver- zu unbegrenzter Menge vorhanden und über mitteln die Berichte einen Eindruck von den die ganze Welt verteilt sind, könnte die vielfältigen physikalischen, technischen, Kernfusion einen nachhaltigen Beitrag zur handwerklichen und verwaltungstechnischen Energieversorgung der Zukunft leisten. Disziplinen, die zur Organisation des For- Die Fusionsforschung hat sich seit ihren An- schungsprozesses zusammenwirken.

Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik auf dem Forschungsgelände Garching. Foto: Max Prugger Foto: Fetzi Baur Das IPP-Teilinstitut in Greifswald

3 IMPRESSUM Kernfusion - Berichte aus der Forschung Folge 2

Herausgeber: Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) Boltzmannstraße 2 85748 Garching bei München Telefon 089-3299-01 [email protected] www.ipp.mpg.de

Redaktion: Isabella Milch Gestaltung: Dagmar Aalden Grafik: Karin Hirl, Monika Treske Druck: Steinmeier, Nördlingen

Copyright 2002 Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, Garching und Greifswald ISSN 0172-8482

4 Inhalt

Vorwort 3

Einführung in die Fusionsforschung 7

Grundlagen der Kernfusion 8 Experimenttypen 15 Elemente der Fusionsexperimente 19 Das Fusionskraftwerk 29 Kernfusion - eine internationale Gemeinschaftsaufgabe 37 Fusionsforschung im IPP 43

Tokamak-Experimente 44 Stellarator-Experimente 55 Allgemeine Arbeiten zur Fusion 67 Kooperationen 82 Wissenschaftliche Infrastruktur 88 Anhang 93 Verwaltung und Allgemeine Dienste 94 Stabsstellen der Geschäftsführung 95 Wissenschaftlich-Technisches Büro 95 Organisatorischer Aufbau des IPP 100

Literaturhinweise 103 Wegweiser 104

5

indie Einführung Fusions- forschung Grundlagen der Kernfusion

Fusionsreaktionen Maßzahl für seine Masse ist 235 - oder durch Verschmelzung (Fusion) leichter Kerne wie Wasserstoff und seine Isotope Deuterium und Tritium - Massenzahlen 1, 2 und 3 - gewinnen uelle der Fusionsenergie ist die innere (siehe Abbildung). QBindungsenergie der Atomkerne. Die Atomkerne sind positiv geladen und stoßen Kernbausteine sind von einer Atomsorte zur sich daher gegenseitig ab. Sie können aber anderen verschieden stark aneinander gebun- nur dann miteinander verschmelzen, wenn sie den. Je fester sie verbunden sind, desto mehr sich sehr nahe kommen. Dann erst können die Energie muss aufgewandt werden, den Kern anziehenden Kernkräfte, die nur in der unmit- zu spalten. Umgekehrt wird umso mehr telbaren Umgebung der Kerne wirken, die Energie frei, wenn der Kern aus seinen Bau- abstoßenden elektrischen Kräfte überwiegen. steinen gebildet wird. Die stabilsten Kerne Um ihre gegenseitige Abstoßung zu überwin- besitzen die chemischen Elemente Eisen, den, müssen zwei Kerne mit großer Geschwin- Kobalt, Nickel oder Kupfer (Maßzahlen für digkeit aufeinander zufliegen. ihre Masse: etwa 60). Aus Kernumwand- Die erforderlichen hohen Geschwindigkei- lungen kann man deshalb Energie entweder ten erhalten die Teilchen bei hoher Tempe- durch Spaltung schwerer Kerne wie Uran - ratur. Die Atome eines Gases sind dann in ihre Bestandteile - Elektronen und Kerne - zerlegt: Die Kernbausteine Ein Atom, dem ein oder mehrere Elektronen sind von einer zu seiner Neutralität fehlen, nennt man „Ion“, Atomsorte zur anderen und ein Gas, dessen Atome in ihre Bestand- verschieden stark teile aufgetrennt sind, „ionisiert“. Ein solches aneinander gebunden. Gas weicht in seinen Eigenschaften stark von Durch Umordnung der normalen Gasen ab und wird deshalb mit Kernbausteine in fester verbundene einem eigenen Namen „Plasma“ bezeichnet. Gruppierungen - ent- Alltagsbeispiele sind die Plasmasäule in einer weder durch die Spal- Neonröhre, ein elektrischer Funke oder der tung schwerer Kerne Plasmafaden eines Blitzes. Ein Plasma ist oder durch die Ver- elektrisch leitend, seine Bewegung lässt sich schmelzung leichter daher durch elektrische und magnetische Kerne wie Wasserstoff - Felder beeinflussen. Dies macht man sich in können große Energie- den Fusionsanlagen zunutze, wo man das mengen freigesetzt werden.

In einem Gas sind die Elektronen an die Atomkerne gebunden, in einem Plasma dagegen sind Elektronen und Kerne (Ionen) voneinander getrennt.

8 heiße Plasma in einen „Magnetfeldkäfig“ ein- Beim Zusammenstoß schließt und so von materiellen Wänden fern- Tritium eines Deuterium- und hält, die ansonsten das Plasma abkühlen kön- p p n eines Tritiumkerns nten. n n bildet sich über einen n p Helium Von allen möglichen Paaren leichter Atom- heliumartigen kerne, die verschmelzen können, liefert die Zwischenkern ein Reaktion zwischen den beiden schweren Vari- p Heliumkern und ein n n anten des Wasserstoffs - Deuterium und Tri- p n Neutron. Beide Reak- tium - die größte Energieausbeute bei der tionsprodukte besitzen niedrigsten Plasmatemperatur. Je ein Deu- hohe Bewegungsener- Neutron terium- und Tritiumkern verschmelzen dabei zu gie, die zur Plasmahei- p n einem Heliumkern. Dabei wird ein schnelles n zung und zur Energie- produktion im Kraftwerk Neutron frei, das achtzig Prozent der ge- Deuterium wonnenen Energie mit sich trägt. Da diese genutzt werden kann. Reaktion unter allen möglichen bei weitem am leichtesten zu verwirklichen ist, wird man sich trotz ihrer Nachteile - Tritium ist radioak- Die Wahrscheinlich- keiten verschiedener tiv, die bei der Fusion entstehenden schnellen Ð16 /sec)

3 10 Neutronen aktivieren die umgebenden Reak- Verschmelzungsreaktio- nen: Die Deuterium- torteile - zunächst dieses Verfahrens bedienen. T+ D Tritium-Fusion (D-T) Hinzu kommt, dass Deuterium in nahezu uner- Ð18 besitzt über einen schöpflicher Menge in den Weltmeeren vorhan- 10 D+D großen Energiebereich den ist; Tritium kann aus dem ebenfalls reich- 3 eine weitaus größere lich verfügbaren Element Lithium mit Hilfe der He+D Wahrscheinlichkeit als beim Fusionsprozess entstehenden Neutronen 10Ð20 11 alle anderen Reaktio- im Kraftwerk hergestellt werden. p+ B nen. Prozesse wie die Proton-Bor-Reaktion Reaktionswahrscheinlichkeit (cm 10Ð22 Fusionsreaktionen 10 100 1000 10000 (p-B), bei denen kein Neutron entsteht - oft D + T → 4He + n + 17,58 MeV Temperatur (Millionen Grad) D + D → 3He + n + 3,27 MeV als „reine“ Fusion D + D → T + p + bezeichnet - erfordern 4,03 MeV Wasserstoff oder Deuterium lässt sich näm- eine viel höhere D + 3He → 4He + p + 18,35 MeV lich überprüfen, ob bei Einsatz von Tritium Temperatur, bis sie mit 11 → 4 p + B 3 He + 8,7 MeV ein Zustand erreicht werden kann, bei dem ähnlicher Häufigkeit das Plasma „zündet“: Dann laufen gerade so ablaufen wie Brutreaktionen in Lithium viele Fusionsprozesse ab, dass die Energie der Deuterium-Tritium- 7 → 4 Li + n He + T + n - 2,47 MeV dabei erzeugten Heliumkerne ausreicht, die Verschmelzungen. Temperatur des Plasmas aufrechtzuerhalten. Verschiedene Fusionsreaktionen. Das für Das Plasma brennt ohne äußere Energiezu- die Deuterium-Tritium-Fusion nötige Tritium fuhr weiter, die Heizung von außen kann abge- kann im Kraftwerk durch die Fusions- schaltet werden. neutronen aus Lithium erzeugt werden. Für die Zündung sind vor allem drei Eigen- schaften des Plasmas von Bedeutung: die Temperatur, die Plasmadichte und die Energieeinschlusszeit. Letztere ist ein Maß Zündbedingungen für die Güte der Wärmeisolation des Plasmas und darf nicht mit der Entladungszeit, d.h. der Gesamtdauer der Entladung, verwechselt ei den gegenwärtigen Experimenten werden. In einem Fusionskraftwerk muss das Bverzichtet man meist auf Tritium und Produkt aus diesen Werten eine Mindestgröße arbeitet lediglich mit einfachem Wasserstoff besitzen. Die günstigsten Bedingungen für oder Deuterium. Da Tritium radioaktiv ist, Einschlusszeit und Dichte erhält man bei würde seine frühzeitige Verwendung die einer Temperatur von etwa 100 Millionen Experimente unnötig erschweren. (Lediglich Grad. Dann fordert die Zündbedingung Ener- das europäische Experiment JET sowie das gieeinschlusszeiten von ein bis zwei Sekun- inzwischen stillgelegte amerikanische Experi- den und Dichten von etwa 1014 Ionen pro ment TFTR in Princeton haben bisher mit Kubikzentimeter. Wegen dieser extrem nied- Tritium gearbeitet.) Auch mit einfachem rigen Dichte - 250 000fach dünner als die Luft-

9 1.000.000 Zündung ITER JT 60-U JET 100.000 WENDELSTEIN TFTR JET (DT) TFTR (DT) TFTR ALCATOR: Boston, USA ALCATOR DIII-D 10.000 JET ASDEX Upgrade ASDEX: Garching, D ASDEX Upgrade: Garching, D Tore D III-D: San Diego, USA Supra ISAR 1: Garching, D ASDEX JT 60 JET: Culham, GB JT 60, JT 60-U: Naka, Japan 1.000 LHD LHD: Toki, Japan ASDEX TFTR: Princeton, USA WENDELSTEIN 7-AS Tore Supra: Cadarache, F T 10 T 3, T 10: Moskau, Russland Pulsator WENDELSTEIN 7-AS: Garching, D WENDELSTEIN 7-X: Greifswald, D 100 WENDELSTEIN 7-A ISAR 1 geplant bis 2002

T 3 bis 1986 10

17 bis 1977

(10 x Sekunde Grad) pro Kubikzentimeter Teilchen T 3 bis 1965 Fusionsprodukt = Dichte x Energieeinschlusszeit xFusionsprodukt = Dichte x Energieeinschlusszeit Temperatur 1 1 10 100200 500 1.000

Temperatur (Millionen Grad)

Ein Deuterium-Tritium- hülle der Erde - besitzt ein gezündetes Plasma Die nötige Energieeinschlusszeit scheint am Plasma zündet, wenn trotz der hohen Temperatur eine kaum größere schwierigsten zu erreichen zu sein. Wird die das Fusionsprodukt aus Leistungsdichte als eine normale Glühbirne. Energie zu schnell aus dem Plasmazentrum Plasmadichte, Inzwischen hat sich die Fusionsforschung nach außen abgeführt, kann die Temperatur Plasmatemperatur und nahe an die Zündung herangearbeitet (siehe des Plasmas nicht aufrechterhalten werden und Energieeinschlusszeit Abbildung oben). Die weltweit besten Werte der Brennvorgang erlischt. Der brennende Kern einen bestimmten liefert das europäische Gemeinschaftsexperi- eines Plasmas muss also genügend gut wärme- Minimalwert über- ment JET (), das nur isoliert sein gegenüber der Wand des Plasma- schreitet. Wie die noch um einen Faktor sechs von den Zünd- gefäßes. Da das Plasma aus geladenen Teilchen Abbildung zeigt, sind bedingungen entfernt ist. Mit den erarbeiteten besteht, bietet ein magnetisches Feld eine be- im Verlauf der Kenntnissen wird die Hochrechnung auf sonders günstige Möglichkeit, das Plasma zu Fusionsforschung die Kraftwerksverhältnisse möglich, was sich in isolieren und einzuschließen. Experimente dem den Plänen für den internationalen Experimen- angestrebten Ziel - der talreaktor ITER niederschlägt. Kurve oben rechts - Der magnetische bereits sehr nahe Die zur Zündung notwendige Temperatur gekommen. des Plasmas wird durch Heizung von außen Einschluss erzeugt. Dazu wurden mehrere Verfahren - Heizung durch Strom, schnelle neutrale eladene Teilchen - Ionen und Elektronen - Atome oder Hochfrequenzwellen - entwickelt Gwerden in einem Magnetfeld bei Bewe- (siehe Abschnitt: Plasmaheizung). gungen senkrecht zur Magnetfeldrichtung auf Die Plasmadichte kann zunächst von außen Kreis- und Schraubenbahnen um die Feldlinien durch Nachfüllen von Gas, aber auch durch gezwungen. Die Teilchen sind auf diese Weise andere Methoden erhöht werden, allerdings an die Feldlinien angebunden. In Längsrich- nur innerhalb bestimmter Grenzen (siehe tung der Magnetfeldlinien können sie sich da- Abschnitt: Brennstoffnachfüllung). gegen unbeeinflusst bewegen. In einem geeig- net geformten Magnetfeldkäfig kann ein Zündbedingungen für Zündbedingungen Plasma daher eingeschlossen und von materi- ein Deuterium-Tritium- ellen Wänden ferngehalten werden. Plasma. Plasmatemperatur 100 - 200 Millionen Grad Um zu vermeiden, dass die Teilchen an den Plasmadichte ca. 1014 Teilchen pro Polen des Magnetfeldes entweichen, benutzt Kubikzentimeter man Magnetfelder, die ringförmig (toroidal) Energieeinschlusszeit 1 bis 2 Sekunden in sich geschlossen sind. Diese toroidalen Felder allein reichen jedoch nicht aus, um die

10 Teilchen wirklich einzuschließen. Weil in Die von den Magnet- einem Toroidalfeld die Feldstärke aus geome- feldlinien aufgespann- trischen Gründen nach außen hin absinkt, wür- ten magnetischen den die Teilchen sehr schnell an die Wand Flächen - hier das getrieben. Die Feldstärkeänderung verursacht Magnetfeld eines nämlich eine Drift der Teilchen über die Feld- . Die Feld- linie hinweg nach oben oder unten entspre- linien auf den inneren chend der positiven oder negativen Ladung der Flächen drehen sich Teilchen. Diese Ladungstrennung wiederum er- öfter um die Seele - zeugt ein elektrisches Feld und dieses zusam- die zentrale Ringlinie - men mit dem Magnetfeld eine Kraft, die die als Feldlinien auf den Teilchen nach außen an die Wand führt. äußeren Flächen: Das Feld hat eine Deshalb werden zum Einschluss des Plas- Verscherung. mas Felder benutzt, deren Feldlinien nicht nur kreisförmig um die Torusachse laufen, son- die Plasmateilchen nach außen führen würde, dern sich schraubenförmig um die Seele des ist Voraussetzung für den magnetischen Torus - die zentrale Magnetfeldlinie - winden. Plasmaeinschluss. Die verschiedenen toroi- Teilchen, die diesen Feldlinien folgen, empfin- dalen Konfigurationen, deren Hauptvertreter den zwar weiterhin eine Drift. Solange sich und Stellarator im folgenden be- die Feldlinien bei ihrem schraubenförmigen schrieben werden, nutzen unterschiedliche Verlauf in der oberen Hälfte des Plasmatorus Methoden, um die magnetischen Flächen auf- befinden, bedeutet eine Drift nach unten zu- zuspannen. gleich eine Drift auf die Torusseele zu; für Ein Plasma erzeugt wie ein heißes Gas Feldlinien in der unteren Hälfte bedeutet die einen erheblichen Druck, der durch Plasma- Drift nach unten dagegen eine Drift von der dichte und -temperatur bestimmt ist. In einem Torusseele weg - und umgekehrt. Nach einem brennenden Plasma führen die genannten ganzen Umlauf eines Teilchens hat sich damit Zündbedingungen zu einem Plasmadruck von seine Entfernung von der Seele nicht geän- 5 bis 10 bar. Dieser Druck muss durch das dert. Durch die Verdrillung der Feldlinien wird Magnetfeld aufgefangen werden, das über die also ein dauerhafter Einschluss des Plasmas Bindung der Teilchen an die Feldlinien einen möglich. Gegendruck ausübt und so das Plasma ein- Die umlaufenden Feldlinien spannen dabei schließt; die Gefäßwände verspüren davon sogenannte „magnetische Flächen“ auf, die nichts. Der Druck des Magnetfeldes ist durch man sich wie die ineinander liegenden das Quadrat seiner Feldstärke bestimmt. Das Jahresringflächen in einem Baumstamm Verhältnis von Plasmadruck zu Magnetfeld- vorstellen kann. Feldlinien, die in einem druck, genannt Beta, sollte nicht zu klein sein, „Jahresring“ starten, behalten während ihres weil die Erzeugung starker Felder technisch schraubenförmigen Umlaufs um die Seele des aufwändig und kostspielig ist. Eines der Torus „ihren“ Jahresring bzw. ihre magneti- wichtigen Ziele der Fusionsphysik ist daher sche Fläche bei (siehe Abbildung oben). die Untersuchung der Bedingungen, die Beta- Dieses Fehlen einer radialen Feldkompo- Werte von mindestens einigen Prozenten nente, welche die Magnetfeldlinien und damit garantieren.

Durch einen Kranz von ringförmigen Spulen lässt sich ein in sich geschlossenes Magnetfeld ohne offene Enden herstellen.

11 Stöße und gen. Auf diese Weise können auch Wand- atome, die durch Plasmateilchen aus der Verunreinigungen Wand des Plasmagefäßes herausgeschlagen wurden, in das Plasma eindringen. Die schwe- ren Atome der Elemente Eisen, Nickel, töße der Ionen im Plasma untereinander Chrom, Sauerstoff, o. ä. sind jedoch - anders Ssind eine wichtige Voraussetzung für die als der leichte Wasserstoff - auch bei den Fusion: Nur bei einem Zusammenstoß zweier hohen Fusionstemperaturen nicht vollständig Ionen kann eine Verschmelzung stattfinden. ionisiert. Je höher die Ladungszahlen dieser Die allermeisten Stöße führen allerdings nicht Verunreinigungen sind, desto mehr Elek- zur Fusion, sondern nur zu einer Änderung tronen sind noch an die Atomrümpfe gebun- von Richtung und Geschwindigkeit der auf- den. Umso stärker entziehen sie dem Plasma einanderprallenden Ionen. Dadurch wird Energie und strahlen sie als Ultraviolett- oder deren Bindung an die Feldlinien kurzzeitig Röntgenlicht wieder ab. Auf diese Weise aufgebrochen. Jeder Stoß versetzt die Ionen kühlen sie das Plasma ab, verdünnen es und auf eine neue Feldlinie in der Nachbarschaft verringern so die Fusionsausbeute. Oberhalb der früheren. So können Plasmateilchen nach einer bestimmten Verunreinigungskonzen- zahlreichen Stößen, auch wenn sie zunächst tration kann ein Plasma überhaupt nicht mehr im Inneren des Plasmas eingeschlossen waren, zünden. Die zulässige Konzentration ist für nach außen und schließlich auf die Wand des leichte Verunreinigungen wie Kohlenstoff Plasmagefäßes gelangen. und Sauerstoff mit einigen Prozent relativ Bei diesen Stößen wird abgesehen von den Teilchen auch Energie nach außen trans- 0 portiert. Diese Energietransportprozesse be- 10 stimmen die Wärmeisolation, d.h. bei gegebe- Maximal zulässige ner Heizleistung den Energieinhalt des Plasmas Verunreinigungskonzentration und die Fusionsausbeute in einem späteren Kraftwerk. Dabei wird der Einschluss der Wär- meenergie des Plasmas bei gegebener Isola- tionsfähigkeit um so besser, je dicker die iso- 10Ð1 lierende Magnetfeldschicht ist, d.h. je größer 200 Mio Grad die Fusionsapparaturen sind. Dies hat zur Folge, dass ein Fusionskraftwerk unter einer bestimmten Mindestgröße nicht funktioniert. 100 Mio Grad Eine wichtige Aufgabe der gegenwärtigen Ex- perimente ist es, hier die erforderliche Daten- Ð2 basis zu beschaffen. 10 Typische Energieeinschlusszeiten in großen Experimenten reichen bis etwa eine Sekunde. Die modernen Fusionsanlagen erreichen C damit beachtliche Wärmeisolationswerte von O mehreren Millionen Grad pro Zentimeter Mag- netfelddicke. Trotz dieser hohen Einschluss- 10Ð3 güte ist der Einschluss ein Problemfeld, das Fe W die Fusionsforschung stark beschäftigt. Denn neben den stoßbedingten, sogenannten „klassi- Ni schen“ und - in toroidalen Anlagen - „neo- klassischen“ Verlusten gibt es weitere auf- Mo grund der turbulenten Natur des Plasmas. 10Ð4 Während die stoßbedingten Transportanteile 1 2 5 10 20 50 100 sich beschreiben und verstehen lassen, haben Ordnungszahl die diagnostischen und theoretischen Schwie- rigkeiten auf dem Gebiet starker Turbulenz Die für die Zündung und das Brennen eines ein genaues Verständnis des „anomalen“ Trans- Fusionsplasmas maximal zulässigen ports bislang verhindert. Konzentrationen verschiedener Verunreini- Stöße sind auch die Ursache dafür, dass gungen. Je höher die Ordnungszahl der Teilchen, die sich ursprünglich am Rand des Elemente, desto niedriger muss ihre Konzen- Plasmas befanden, bis in das Innere vordrin- tration im Plasma sein.

12 hoch. Sie sinkt jedoch mit zunehmender Ord- nungszahl der Elemente und beträgt für me- tallische Verunreinigungen wie Eisen, Nickel oder Molybdän gerade noch wenige Promille. Die Kontrolle der Wechselwirkungen zwi- schen dem heißen Plasma und der Wand zur Erzeugung „sauberer“ Plasmen ist daher eine der großen Aufgaben der Fusionsforschung.

Druck

Strom- Magnetfeld- richtung linien Instabilitäten Druck

er Plasmaeinschluss wird außer durch DStöße vor allem durch Instabilitäten behindert. Instabil nennt man einen Vorgang, bei dem eine anfangs geringe Störung eine Kraft hervorruft, die diese Störung verstärkt. Die Abbildung gibt zwei Beispiele: Der obere Teil der Abbildung zeigt ein Plasma, in dem ein elektrischer Strom fließt. Sein Magnetfeld hält das Plasma in einem geraden zylindri- schen Schlauch zusammen; die Magnetfeld- Zwei Beispiele für linien liegen wie Ringe um den Schlauch. Plasmaheizung Instabilitäten in einem Wenn sich der Plasmaschlauch durch eine stromdurchflossenen zufällige kleine Störung nach oben aus- Bis zur Zündung muss das Plasma von außen Plasma: In der Abbil- buchtet, dann verdichten sich die Feldlinien geheizt werden. Dafür stehen mehrere Me- dung oben hat sich der an der unteren Einwölbung. Der damit ver- thoden zur Verfügung. Plasmaschlauch zufäl- bundene höhere Magnetfelddruck drückt das lig nach oben ausge- Plasma noch weiter nach oben. In der Abbil- Die Stromheizung buchtet. Dadurch ver- dung unten hat sich der Plasmaschlauch as Plasma ist elektrisch leitfähig und be- dichten sich die Feld- zufällig an einer Stelle zu einem etwas gerin- Dsitzt wegen der Stöße seiner Teilchen linien an der unteren geren Durchmesser verengt. Die von einem einen Widerstand. Wird daher ein elektrischer Einwölbung. Der damit Strom am Plasmarand erzeugte Magnetfeld- Strom durch das Plasma geschickt, erzeugt er verbundene höhere stärke ist aber umso größer, je kleiner der Plas- - wie in einer elektrischen Kochplatte - über Magnetfelddruck maradius ist. Also wird dort das Magnetfeld den Widerstand Wärme im Plasma. Da die drückt das Plasma und damit sein Druck stärker und presst den Stöße der Teilchen und damit der Widerstand weiter nach oben. In Schlauch infolgedessen weiter zusammen. des Plasmas mit zunehmender Temperatur ab- der Abbildung unten Unter Umständen wird auf diese Weise der nehmen, ist diese Methode nur zur Anfangs- hat sich der Strom- Strom unterbrochen und damit auch der Plas- heizung des Plasmas geeignet. querschnitt an einer maeinschluss zerstört. Instabilitäten dieser Der Strom wird im Plasma am einfachsten Stelle verengt. Das Art lassen sich verhindern, wenn der Strom in über einen Transformator erzeugt, bei dem Feld und damit der einem Längsmagnetfeld fließt. Dieses Feld das leitende Plasma die Aufgabe der Sekun- Druck an der Ver- übt dann zum Beispiel beim Zusammen- därwicklung übernimmt: Solange in der Pri- engung ist also größer drücken einen Gegendruck aus. märwicklung des Transformators der Strom als im übrigen Teil und Die Anzahl möglicher Instabilitäten ist sehr ansteigt, wird auch im Plasma ein Strom drückt das Plasma groß. Die Ursache der verschiedenen Instabili- getrieben. Da der Plasmastrom seine Rich- weiter zusammen. täten zu erkennen und Gegenmaßnahmen zu tung nicht umkehren und nicht verschwinden finden, war eines der Hauptarbeitsfelder in soll, kann immer nur eine Halbwelle der den Anfängen der Fusionsforschung. Es erfor- induzierten Wechselspannung ausgenutzt dert in den meisten Fällen lange Experiment- werden. Der von einem Transformator ge- reihen und eine intensive Zusammenarbeit triebene Strom fließt daher nur pulsweise. In von Experimentalphysikern und Theoretikern. ASDEX Upgrade können bis zu 2 Millionen Aktuelle Beispiele sind die Beta-Grenze für Ampere erzeugt werden; JET kann für den Plasmaeinschluss sowie die Stromab- mehrere Sekunden einen Strom von 7 Milli- bruchinstabilität der Tokamaks. onen Ampere aufrechterhalten. Für ITER sind

13 100 Megahertz, die der leichteren Elektronen zwischen 60 und 150 Gigahertz.

Die Neutralteilchenheizung Die Neutralteilcheninjektion ist ein seit vielen Jahren bewährtes Verfahren, um Energie und Teilchen in Plasmen einzukoppeln. Teilchen hoher Bewegungsenergie, die in das Plasma hinein geschossen werden, geben über Stöße ihre Energie an die Plasmateilchen ab und heizen sie auf (Abbildung rechts): In dem Neutralteilcheninjektor werden zunächst in einer Ionenquelle positiv geladene Ionen erzeugt, dann durch ein Beschleunigungsgitter

Stromheizung: Foto: Peter Ginter Ein relativ kleiner Stromstärken von 15 Millionen Ampere für Strom, der in vielen mindestens 300 Sekunden geplant. Windungen um den Eisenkern eines Die Hochfrequenzheizung Transformators geführt Die Ionen und Elektronen eines Plasmas wird, kann in der führen im Magnetfeld verschiedene Eigen- „Sekundärwicklung“, schwingungen aus, die von außen durch Ein- dem Plasmaring, einen strahlung einer elektromagnetischen Welle großen Strom treiben. der richtigen Frequenz resonant angeregt wer- den können. Dabei nehmen die Teilchen Energie aus dem Feld der Welle auf und ge- ben sie über Stöße an die anderen Teilchen weiter. Besonders geeignete Resonanzen bieten zum Beispiel die oben beschriebenen Kreisbewegungen der Ionen und Elektronen um die Magnetfeldlinien. Die Kreisfrequenz (Zyklotronfrequenz) der Ionen liegt bei den üblichen Magnetfeldstärken zwischen 10 und Wellenleiter der Ionen-Zyklotron- Resonanzheizung an ASDEX Upgrade

abgesaugt und auf die gewünschte Geschwin- digkeit beschleunigt. Damit die schnellen Ionen durch den Magnetfeldkäfig nicht abge- lenkt werden und ungehindert in das Plasma eindringen, müssen sie vorher wieder neutra- lisiert werden. Da dies nur bei einem Teil der Ionen gelingt, werden die nicht neutralisierten Ionen mit einem magnetischen Ablenksystem aus dem Strahl entfernt. Sie werden in einen Ionensumpf gelenkt, wo ihre Energie aufge- nommen - später vielleicht auch zurückgewon- nen wird. Die neutralisierten Teilchen dagegen Hochfrequenzheizung: Wenn eine elektro- schießen mit einer Geschwindigkeit von eini- magnetische Welle die gleiche gen 1000 Kilometern pro Sekunde in das Drehfrequenz hat wie ein Ion bzw. Elektron Plasma hinein und werden dort durch Stöße im Magnetfeld, kann das Teilchen aus dem wiederum ionisiert. Sie sind nun als schnelle elektrischen Feld der Welle Energie Ionen im Magnetfeld gefangen und geben über aufnehmen. weitere Stöße ihre Energie an die Plasma- teilchen ab.

14 Neutralteilchenheizung: In dem Injektor werden in einer Ionenquelle Ionen erzeugt, dann beschleunigt und neu- tralisiert. Die schnellen Teilchen dringen in das Plasma ein, wo sie ihre Energie über Stöße an die Plasmapartikel weitergeben.

Die Teilchen können um so tiefer in das tralisationsgrad energieunabhängig ist. Ihre Plasma eindringen, je schneller sie sind. Da Herstellung ist allerdings schwieriger als die aber mit wachsender Geschwindigkeit der Neu- positiver Ionen, weil das zusätzliche Elektron tralisationsgrad der positiven Ionen abnimmt, des negativen Wasserstoff-Ions nur schwach sinkt auch der Wirkungsgrad der Heizung. gebunden ist. Injektoren mit negativen Ionen Für große Plasmaexperimente wie ITER, bei werden an mehreren Laboratorien entwickelt, denen große Eindringtiefe erwünscht ist, sind unter anderem für ITER in einer Zusammen- positive Ionenstrahlen daher ungeeignet. Man arbeit zwischen CEA Cadarache und IPP. will deshalb negative Ionen nutzen, deren Neu- Experimenttypen

Die Fusionsforschung konzentriert sich gegen- wird die zum Einschluss des Plasmas nötige wärtig auf zwei verschiedene Experimenttypen, Verdrillung der Feldlinien und der Aufbau den Tokamak und den Stellarator, die beide im magnetischer Flächen erreicht. Max-Planck-Institut für Plasmaphysik unter- Wenn sich die Feldlinien auf den ineinander sucht werden. geschachtelten Flächen bei einem Umlauf um den Torus alle gleich oft um die Seele drehen, nennt man das Feld verscherungsfrei. Ein Toka- makfeld weist stets eine Verscherung auf. Hier Der Tokamak drehen sich die Feldlinien auf den inneren Magnetfeldflächen öfter um die Seele als auf m die magnetischen Flächen des Mag- den äußeren (siehe Abbildung Seite 11). Unetkäfigs aufzubauen, schließen in Außer dem Toroidalfeld und dem Feld des einem Tokamak zwei sich überlagernde Stromes benötigt der Tokamak noch ein drit- Magnetfelder das Plasma ein: erstens ein toroi- tes, vertikales Feld, das die Lage des Stromes dales Feld, das durch äußere Spulen erzeugt im Plasmagefäß fixiert. Obwohl der Strom im wird, und zweitens das Feld eines im Plasma Tokamak vorwiegend benötigt wird, um das fließenden Stroms. Dessen Feldlinien schlie- einschließende Magnetfeld zu erzeugen, hat ßen sich kreisförmig um den Strom. In dem er noch eine zweite Funktion: Er sorgt auch kombinierten Feld laufen die Feldlinien dann für eine wirksame Anfangsheizung des Plas- schraubenförmig um die Seele des Torus, die mas (siehe Abschnitt: Stromheizung). zentrale Magnetfeldlinie. Auf diese Weise Der Plasmastrom wird durch eine Trans-

15 einer Stunde vorstellen. Da jedoch ein Kraft- werk aus technischen Gründen kaum gepulst betrieben werden darf, werden Methoden untersucht, einen kontinuierlichen Strom - zum Beispiel durch Hochfrequenzwellen oder den sogenannten „Bootstrap-Strom“, der durch Druckunterschiede im Plasma entsteht - zu erzeugen.

Der Stellarator

tellaratoren können - anders als Tokamaks S- von vorneherein im Dauerbetrieb arbei- ten: In einem Stellarator wird die schrauben- förmige Verdrillung der Feldlinien um die Torus-Seele ausschließlich durch äußere Spulen erzeugt. Ein Stellarator kommt also ohne einen Längsstrom im Plasma und damit ohne Transformator aus. Er kann daher im Die Skizze eines formatorspule induziert, die in der Achse des Prinzip stationär arbeiten. Stromgetriebene Tokamaks zeigt die Torus angeordnet ist. Wegen des Transforma- Instabilitäten (Plasmaabbrüche) können nicht Transformator-, tors arbeitet ein Tokamak nicht kontinuier- auftreten und auch ein Vertikalfeld - wie beim Toroidalfeld- und lich, sondern gepulst: In einem Transformator Tokamak - zur Lageregelung des Plasma- Vertikalfeldspulen kann nur für eine beschränkte Zeit ein anstei- stroms ist nicht nötig. In einem Stellarator sowie den Plasma- gender Strom in der Primärwicklung erzeugt wird der magnetische Käfig durch ein einzi- strom, die zusammen und damit ein Strom im Plasma getrieben ges Spulensystem erzeugt. Der Verzicht auf das Magnetfeld- werden. Danach muss der Transformator den ringförmigen Plasmastrom bedeutet je- system eines „entladen“ und der Strom von neuem hochge- doch die Aufgabe der bei den Tokamaks vor- Tokamaks erzeugen. fahren werden. Bei einem späteren Tokamak- handenen Axialsymmetrie; Plasma und Mag- kraftwerk kann man sich Pulszeiten von etwa netspulen besitzen eine kompliziertere Form. Durch die Aufgabe der Axialsymmetrie ge- winnt man aber auch zusätzliche Freiheiten, das Magnetfeld zu formen und damit seine Eigen- schaften zu optimieren. Für ein Fusionskraft- werk könnten Stellaratoren eine technisch einfachere Lösung sein als Tokamaks. Auf theoretischem Wege ist diese Frage nicht zu beantworten, sie experimentell zu entschei- den, ist das Ziel der WENDELSTEIN-Expe- rimente des IPP. Auch das Magnetfeld des Stellarators be- sitzt magnetische Flächen und kann mit und ohne Verscherung erzeugt werden. Die soge- nannte „Rotationstransformation“ gibt an, wie oft sich eine Feldlinie bei einem Umlauf im Gefäß um die Seele gedreht hat. Ist dies eine rationale Zahl, bedeutet dies, dass die Feldlinie wieder in sich zurückläuft. Beispiels- weise bedeutet eine Rotationstransformation von 1/3, dass die Feldlinie nach drei Umläu- fen um den Torus in sich zurückläuft. Ist die Rotationstransformation nicht rational, laufen Die schematische Skizze eines Stellarators zeigt ein System aus nicht- die Feldlinien beliebig oft auf ihrer magneti- ebenen Einzelspulen. Ihre spezielle Form bewirkt die Drehung der schen Fläche um, ohne jemals wieder an Feldlinien um die Seele, ohne dass ein Strom im Plasma fließen muss. dieselbe Stelle im Torus zu kommen. In

16 einem Magnetfeld ohne Verscherung hätten sorgung, Plasmaheizung und Datenaufnahme alle Feldlinien die gleiche Rotationstrans- dafür, dass die geplante Folge von Plasma- formation und schlössen sich bei einem ratio- entladungen abgearbeitet wird. Die zahlrei- nalen Wert nach der gleichen Zahl von Um- chen Physiker, die die Plasmadiagnostiken läufen mit sich selbst. betreuen, sind für das Sammeln möglichst Es zeigt sich, dass der Plasmaeinschluss umfangreicher Daten verantwortlich, die zu- stark von der Rotationstransformation des nächst zwischengespeichert werden. Die end- Feldes abhängt. Gutes Einschlussverhalten gültige Archivierung und vor allem die Aus- stellt sich ein, wenn man niedrige rationale wertung geschieht erst im Anschluss an die Werte der Rotationstransformation wie 1/2, experimentelle Arbeit. 1/3, 2/3, 1/4, ... vermeidet. Wesentliche Bei- träge zur Klarstellung dieses Sachverhaltes Ablauf einer Tokamakentladung lieferten die WENDELSTEIN-Anlagen des Der typische Ablauf einer Tokamakentladung IPP. Für Experimente dieser Art ist zum im Experiment ASDEX Upgrade ist in der Beispiel der Stellarator WENDELSTEIN 7- Abbildung unten dargestellt. Sie zeigt die AS mit zusätzlichen Toroidalfeldspulen aus- zeitliche Entwicklung wichtiger physikalischer gerüstet, mit denen die Feldverdrillung verän- Größen - Transformatorstrom, Umfangs- dert werden kann. spannung, Plasmastrom, Plasmadichte, Plas- maheizung, Energieinhalt des Plasmas und Plasmatemperatur: Vor der Entladung herrscht im Plasmagefäß ein Hochvakuum von 10-8 Plasmaentladungen Millibar. Durch Einschalten der Stromversor- gungen wird zunächst das äußere Magnetfeld ie Fusionsexperimente in der gegenwär- aufgebaut sowie der Strom in der Transfor- Dtigen Phase der plasmaphysikalischen matorspule hochgefahren, die später im Plasma Grundlagenforschung arbeiten mit kurzen den Plasmastrom induzieren soll. Kurz vor Plasmaentladungen von 1 bis 20 Sekunden Beginn der Entladung wird Wasserstoffgas in Dauer. Während dieser Zeit haben sich die das Gefäß eingelassen, der Druck steigt auf wesentlichen Vorgänge im Plasma eingepen- einige 10-5 Millibar. Anschließend wird der delt, so dass ein weitgehend unveränderlicher Transformator entladen, d.h. der Strom lang- Zustand erreicht ist. Längere Entladungen sam heruntergefahren. Die damit verbundene würden - wegen des hohen Stromverbrauchs magnetische Flussänderung induziert eine der Magnetspulen - die Experimente unnötig Umfangsspannung von etwa zehn Volt, die verteuern. In einem spä- teren Tokamakkraftwerk Ablauf einer typischen 40 rechnet man jedoch mit Ent- Transformatorstrom (kA) Entladung in einem ladungsdauern bis zu einer 0 Tokamak: Gezeigt ist Stunde, ein Tokamak mit die zeitliche Entwick- nicht-induktivem Strom- Umfangsspannung (V) lung von Transformator- trieb bzw. ein Stellarator- 5 strom, Umfangsspan- kraftwerk würden im Dau- 0 nung, Plasmastrom, 1 Plasmadichte, Plasma- erbetrieb arbeiten. Diese heizung, Energieinhalt Anlagen werden dann aber Plasmastrom (MA) 0 und Plasmatemperatur. supraleitende Magnetspulen 10 besitzen, die wesentlich weniger Leistung verbrau- Plasmadichte (1019mÐ3) chen als die heute über- 0 10 Heizung (MW) wiegend genutzten normal- leitenden Kupferspulen. 0 Der Ablauf eines Expe- Plasmaenergie (MJ) rimentiertages orientiert 0.4 sich an einem vorher fest- 0 gelegten wissenschaftli- 20 chen Programm. Experi- mentleiter und technische Elektronentemperatur (Mio Grad) 0 Mannschaft sorgen zusam- 0123456 men mit den zuarbeitenden Zeit [s] Gruppen für die Stromver-

17 durch den Transformator, der den Plasma- strom erzeugt. Ist dort das Stromminimum erreicht - in der Abbildung nach vier Sekun- den - dann ist keine weitere Flussänderung mehr möglich: der Strom im Plasma wird Foto: Ulrich Schwenn heruntergefahren. In der Wartezeit zwischen zwei Entladungen - rund zehn Minuten - wer- den die stromliefernden Generatoren wieder aufgeladen.

Ablauf einer Stellaratorentladung In einer Stellaratorentladung (siehe Abbil- dung unten) wird zunächst - durch Ein- schalten des Spulenstroms - das Magnetfeld aufgebaut, das seine Einschlusseigenschaften bereits ohne Plasma besitzt. Wie beim Tokamak wird kurz vor der Entladung Wasser- stoffgas in das leere Gefäß eingelassen. Das Plasma wird jedoch nicht durch Induktion Kontrollraum der die Entladung startet: Das Wasserstoffgas einer Umfangsspannung und daraus folgen- Fusionsanlage WEN- wird ionisiert und verwandelt sich in ein dem Plasmastrom erzeugt, sondern durch DELSTEIN 7-AS. Von Plasma, das durch feedback-kontrollierte Re- Einstrahlung hochfrequenter elektromag- hier aus wird der gelung der Plasmalage, des Plasmaquer- netischer Wellen. Die Hochfrequenzwellen Ablauf der Experimente schnitts und des Plasmastromes aufgebaut beschleunigen und heizen die Elektronen im gesteuert. wird. Der Stromaufbau geschieht langsam, Wasserstoffgas bzw. im entstehenden Plasma, um Instabilitäten zu vermeiden. Angepasst an die dann durch Stöße das Gas vollständig den Stromanstieg wird auch die Plasmadichte ionisieren. durch Gaseinlass von außen auf den gewünsch- Da im Unterschied zum Tokamak der ten Wert gebracht. An die Phase des Strom- langsame und kontrollierte Stromaufbau ent- aufbaus schließt sich die Plateauphase mit fällt, bestimmt nur der Dichteaufbau die konstantem Plasmastrom an, in der mit Be- Anfangsphase der Entladung, so dass rasch ginn der Plasmaheizung die eigentlichen die für die Plasmaexperimente entscheidende Experimente ablaufen. Plateauphase erreicht wird. Zur Regelung ist Das Ende der Entladung ist i.a. bestimmt lediglich auf die richtige Gas-Nachfüllrate zu achten, um die Plasmadichte stabil Typische Stellarator- zu halten. Um kleine, vom Plasma 18 Entladung: Gezeigt ist 600 Gas (10 Teilchen/s) selbst erzeugte Ströme - den soge- die zeitliche Entwick- nannten „Bootstrap-Strom“ - zu lung von Gasfüllung, kompensieren, benutzen einige Plasmadichte, Plasma- 0 Stellaratoren, zum Beispiel auch heizung, Energieinhalt 19 Ð3 4 Plasmadichte (10 m ) WENDELSTEIN 7-AS, noch einen und Plasmatemperatur. Ein Plasmastrom ist 2 Transformator. Vollständig opti- nicht notwendig. mierte Anlagen wie WENDEL- 0 STEIN 7-X können jedoch auf diese 500 ECRH-Heizung (kW) Steuerung verzichten. Allein die Dauer der Heizung bestimmt das Ende der Entladung, was im Prinzip 0 den Dauerbetrieb möglich macht. Plasmaenergie (kJ) 3

0 Elektronentemperatur (Mio Grad) 2

0 0.0 0.5 1.0 1.5 Zeit [s]

18 Elemente der Fusionsexperimente

getroffen werden. Anders ist dies bei Expe- Plasmagefäß rimenten wie JET, das bereits mit Tritium experimentiert, oder dem geplanten Testreak- bwohl das Plasma durch ein Magnetfeld tor ITER, der mit einem brennenden Deu- Oeingeschlossen wird, muss es in einem terium-Tritium-Plasma arbeiten wird. Hier Gefäß erzeugt werden, das sowohl das werden an das Gefäß besondere Anforde- Eindringen von Luft als auch das Austreten rungen gestellt, zum Beispiel Doppelwandig- des Brennstoffs - Wasserstoff und Deuterium, keit. später das radioaktive Tritium - verhindert. Damit bei einem Tokamak der Transfor- Schon geringe Mengen eindringender Luft mator den Strom im Plasma und nicht in der würden ein brennendes Plasma sofort zum Gefäßwand induziert, muss die Leitfähigkeit Erlöschen bringen. Ein Fusionskraftwerk ist des Gefäßes sehr gering sein oder der Torus auch aus diesem Grund inhärent sicher gegen durch einen Isolatorspalt getrennt sein. We- ein „Durchbrennen“ bei einem Schadensfall. gen der hohen Beanspruchung durch Druck Das Gefäß muss vakuumdicht sein und auf und magnetische Kräfte, die durch lokal indu- einen Druck unter 10-8 Millibar - also Ultra- zierte Ströme hervorgerufen werden können, hochvakuum - ausgepumpt werden können. kommt als Gefäßmaterial vor allem Edelstahl Das ist nur möglich, wenn für das Gefäß aus- in Frage. Für Diagnostiken, Heizungen und schließlich Materialien mit niedrigem Dampf- Steuerungen benötigt das Gefäß zahlreiche druck verwendet werden, die auch bei hohen Öffnungen und Stutzen. Im Fall von ASDEX Temperaturen von 100 bis 300 Grad ausge- Upgrade sind dies 115 Öffnungen, das Plasma- heizt werden können. gefäß von WENDELSTEIN 7-X wird mehr Da für die Experimente im IPP kein Tritium als 300 Öffnungen besitzen, die vakuumdicht benötigt wird, müssen hier keine Vorkeh- angeschweißt oder über Metalldichtungen mit rungen gegen das Entweichen von Tritium dem Gefäß verbunden werden.

Blick in das Plasmagefäß von ASDEX Upgrade. Die Wände sind vollständig mit Graphitziegeln bedeckt. Die Kohlenstoffplatten sollen während des Experimentierens die Gefäßwand vor dem heißen Plasma und umgekehrt das Plasma vor metallischen Verunreinigungen aus der Wand schützen. Foto: Thomas Henningsen

19 Wand geschädigt werden, andererseits verun- Das Blanket reinigen die aus der Wand erodierten Materi- alien das Plasma. Methoden, dem entgegen- as Blanket - ein Bauteil, das in heutigen zuwirken, werden auf Seite 68 beschrieben. DFusionsexperimenten noch nicht benö- Für das Materialverhalten im Kraftwerk am tigt wird - wird in ITER und einem späteren wichtigsten ist die Belastung durch die Fusionskraftwerk eine wichtige Rolle spielen. energiereichen Fusionsneutronen. Sie dringen Dort wird es in rund einem Meter Dicke die in die Erste Wand und das Blanket ein und innere Wand des Plasmagefäßes bedecken. geben dort ihre Energie ab. Dabei aktivieren Die aus dem Plasma kommenden schnellen sie die Baustoffe und können - je nach Material Fusionsneutronen werden im Blanketmaterial - Störungen hervorrufen wie Schwellen, Krie- abgebremst. Ihre Bewegungsenergie wandelt chen, Verfestigung und Versprödung. sich dabei in Wärme um, die durch ein Kühl- Es ist die Aufgabe der Materialforschung, neue Materialien für die speziellen Bedingun- gen in Fusionsanlagen herzustellen und wei- terzuentwickeln. So werden im IPP für beson- ders beanspruchte Stellen des Plasmagefäßes wie Divertor und Erste Wand Materialien und Beschichtungen entwickelt, die hitzebestän- dig sind gegen physikalische und chemische Erosion. Außerdem Ziel der Entwicklungs- arbeiten - in Deutschland vor allem im For- schungszentrum Karlsruhe - sind widerstands- fähige und zugleich niedrig-aktivierbare Werkstoffe. Ihre Zusammensetzung soll zu einer möglichst geringen und rasch abklingen- den Aktivierung führen und damit eine ein- fache Wiederverwendung oder Entsorgung möglich machen. Die Wechselwirkung von Plasma und Gefäßwand wird in heutigen Experimenten Aufbau eines mittel über einen Wärmetauscher und Dampf- wie ASDEX Upgrade und JET intensiv Festkörper-Blanket- erzeuger zur Stromproduktion weitergeführt studiert. Dies kann mit ITER unter kraftwerks- Moduls wird. Außerdem erzeugen die abgebremsten relevanten Plasmabedingungen fortgesetzt Neutronen im Blanket aus Lithium den Fu- werden. Dagegen spielen Neutronenschäden sionsbrennstoff Tritium (siehe Seite 9). Eine in ITER wegen der vergleichsweise kurzen an der Rückwand des Blankets angebrachte Entladungen und der geringen akkumulierten Abschirmung schließlich schirmt die Magnet- Neutronenfluenz von 0,1 Megawattjahren pro spulen und äußere Teile der Anlage vor den Quadratmeter in zehn Jahren Betrieb noch Neutronen ab. keine große Rolle. Die Entwicklung neutro- Das Blanket ist hohen Belastungen ausge- nenbeständiger Materialien muss daher paral- setzt: Dies sind zum einen die Einwirkungen lel zu ITER vorangetrieben werden. Teilweise des Plasmas, die sich jedoch nur auf eine rela- können die zu erwartenden Neutronen- tiv dünne Schicht der Ersten Wand auswirken: schäden an Beschleunigeranlagen oder Spalt- Teilchen und elektromagnetische Strahlung aus dem Plasma verursachen thermo-mecha- nische Belastungen sowie hohe Wärmefluss- dichten - bis zu 10 Megawatt pro Quadrat- meter auf den relativ kleinen Flächen des Divertors und etwa 0,2 Megawatt pro Qua- dratmeter auf der übrigen Wand. Aktiv gekühl- te Bauteile, die Spitzenwerte von 20 Mega- watt pro Quadratmeter kontinuierlich abfüh-

ren können und extremen thermo-mechani- Foto: Forschungszentrum Karlsruhe schen Belastung standhalten, wurden bereits erfolgreich erprobt. Hinzu kommt die Erosion von Wandmaterial, das durch das Plasma Kügelchen aus keramischem Lithiumoxid

Grafik: Forschungszentrum Karlsruhe abgetragen wird. Dadurch kann einerseits die (Li4SiO4, Durchmesser rund 0,5 Millimeter)

20 reaktoren simuliert werden, wo in umfangrei- unterteilt, in denen Kühlkanäle verlaufen. chen Testreihen unterschiedliche Materialien Dazwischen befinden sich Kugelschüttungen geprüft werden. Zur endgültigen Qualifi- abwechselnd aus dem Brutmaterial Li4SiO4 zierung der Materialien ist jedoch eine Neu- und dem Neutronenvervielfacher Beryllium. tronenquelle erforderlich, in der Proben im Das im Brutmaterial erzeugte Tritium wird reaktorrelevanten Energiebereich mit Neutro- durch Helium ausgespült und abgeführt. Dazu

nen bestrahlt werden können. Eine solche strömt das Gas durch kleine Rohre in die Foto: EFDA „International Fusion Materials Irradia- tion Facility“ (IFMIF) wird zur Zeit in Für ITER ist in der internationaler Zusammenarbeit ge- ersten Betriebsphase ein plant. Die Ergebnisse aus dem Betrieb Abschirmblanket vorge- sehen; erst später sollen von ITER und aus der parallel laufen- auch Module des den Materialentwicklung liefern dann Brutblankets erprobt die Grundlagen für den Demonstrations- werden. Um die Herstell- reaktor DEMO, in dem Materialien barkeit des Abschirm- und Komponenten in Langzeitver- blankets zu prüfen, wur- suchen erprobt werden können. den zwei Module in Weltweit werden verschiedenste Originalgröße gefertigt. Blanketkonzepte mit unterschiedlichen Hier einer der Prototypen. Kühlmitteln und Strukturmaterialien untersucht. Im Rahmen des europäis- chen Fusionsprogramms werden für das Kugelschüttungen und von dort zur Rück- DEMO-Blanket zwei unterschiedliche wand, wo es durch Sammelleitungen aus dem Konzepte entwickelt: das Feststoff- und das Blanket abgeleitet wird. Flüssigmetall-Blanket. Beide bestehen aus Die Fusionsenergie der Neutronen wird in niedrig-aktivierbarem Stahl als Struktur- einem getrennten Kühlkreislauf wiederum material und werden mit Helium gekühlt. Zur durch Helium weitergeleitet. Das Kühlmittel besseren Austauschbarkeit ist das Blanket aus Helium strömt zunächst durch Kanäle direkt einzelnen Segmenten aufgebaut. hinter der Ersten Wand, dem Bereich höchster Der wesentliche Unterschied beider Kon- Leistungsdichte. So vorgewärmt, strömt es zepte ist der benutzte Brutstoff zum Erzeugen durch die Kanäle in den Platten durch das des Tritiums: Flüssigmetall-Blankets nutzen Blanketinnere auf die Rückwand zu. Hier eine Mischung aus geschmolzenem Lithium führen Kanäle mit größerem Querschnitt das und Blei (Schmelzpunkt 235 Grad Celsius). inzwischen auf 500 Grad Celsius erhitzte Das Blei dient dabei als Neutronenver- Helium in Richtung Dampferzeuger ab. Bei vielfacher (hauptsächlich: 208Pb + n → 207Pb + dieser Temperatur wird ein thermischer 2n), da ansonsten die aus dem Plasma kom- Wirkungsgrad von rund 37 Prozent erreicht. menden Neutronen nicht genügend Tritium er- Mit Hilfe von Teststücken sollen beide zeugen würden. Zur Tritiumabtrennung und Konzepte in ITER erprobt werden. Insgesamt Reinigung wird das flüssige Metall langsam können hier bis zu sechs unterschiedliche nach außen umgewälzt. Die von den Fusions- Brutblanket-Module getestet werden. Geprüft neutronen im Blanket abgeladene Wärmeener- wird dabei die elektromechanische Belastbar- gie wird durch Helium abtransportiert, das bei keit der Bauteile bei Magnetfeldänderungen hohem Druck und hoher Temperatur durch von bzw. Stromabbrüchen, die thermo-mechani- der Schmelze umgebene Kanäle strömt. sche Belastbarkeit, d.h. die Festigkeit gegen Feststoff-Blankets dagegen setzen Lithium- Verformungen, die durch thermische Aus- haltige Keramiken als Brutmaterial ein. Hier dehnung hervorrufen werden könnten, die nutzt man Beryllium als Neutronenverviel- Neutronenfestigkeit, das Erzeugen, Abtren- facher entsprechend der Reaktion: n + 9Be → nen und Migrieren des Tritiums sowie die 2 4He + 2n. Brutmaterial und Beryllium wer- Kühltechnik. den in fester Form, als kleine Kügelchen, in Da Wirkungsgrad und Leistungsdichte des die Blanketsegmente eingeschüttet. Blankets wesentlich den Gesamtwirkungs- Ein Feststoff-Blanket ist folgendermaßen grad eines Fusionskraftwerkes bestimmen, aufgebaut (siehe Abbildung links oben): Ein wird intensiv an Materialien geforscht, die druckfestes stählernes Gehäuse umhüllt die höhere Temperaturen und damit einen einzelnen Segmente, aus denen das Blanket höheren Anlagenwirkungsgrad erlauben und aufgebaut ist. Das Innere eines jeden zudem die Verfügbarkeit, Sicherheit und Segments ist durch waagrechte Platten Zuverlässigkeit des Bauteils noch verbessern.

21 bogen, zusammengesetzt und verlötet. Mit Glasfaserbändern isoliert und mit Kunstharz vergossen, erhalten die Windungen ihre Verbindung untereinander und die Spule die nötige mechanische Festigkeit. Die anspruchs- voll geformten Spulen für Stellaratorex- perimente werden etwas anders als die flachen Tokamakspulen hergestellt. Statt steifer Kupferschienen benutzt man hier leichter biegbare Kupferlitze, die in Wickel- formen eingelegt wird. Wiederum sorgen Glasfaserbänder und Kunstharz für die Festig- keit. Nur wenige der heutigen Experimente, zum Beispiel der französische Tokamak Tore Supra und der japanische Stellarator LHD (Large Helical Device) arbeiten bereits mit supraleitenden Spulen. Wegen des hohen Stromverbrauchs wird ein späteres Kraftwerk jedoch mit supraleitenden Magneten aus- gerüstet sein müssen. Auf tiefe Temperaturen abgekühlt, verbrauchen diese Spulen nach dem Einschalten keine Energie mehr; der Spulenstrom fließt verlustlos. Lediglich die wesentlich geringere Energie zum Kühlen der Querschnitt durch eine Spulen ist aufzuwenden. Für Fusionsmagnete Wicklung aus dem 1 cm kommen vor allem zwei supraleitende Materi- Supraleiterkabel für alien in Frage: Spulen aus Niob-Titan (NbTi) WENDELSTEIN 7-X: können bei einer Betriebstemperatur von vier Man erkennt die Magnetspulen Kelvin (minus 269 Grad Celsius) Magnetfel- rechteckigen Kabel- der bis etwa neun Tesla erzeugen; weiter abge- Windungen, die durch kühlt auf 1,8 Kelvin sogar Felder bis 12 Tesla. harzimprägnierte ie Magnetspulen eines Fusionsexperi- Höhere Felder bis zu etwa 15 Tesla werden Glasfaser gegeneinan- Dmentes, die den magnetischen Käfig für mit Niob-Zinn (Nb3Sn) erreicht. Anders als der elektrisch isoliert das Plasma erzeugen, müssen hohen Belas- Niob-Titan, das mechanisch gut bearbeitbar sind. Eine Aluminium- tungen gewachsen sein, da nach dem Einschal- ist, ist Niob-Zinn jedoch spröde und daher Hülle umschließt ten des Spulenstroms starke magnetische weniger leicht zu verarbeiten. Entwicklungen jeweils das Seil aus Kräfte zwischen den Spulen wirken. Die hin zu nochmals höheren Feldstärken, die supraleitenden Spulen müssen daher hohe mechanische höhere magnetische Energiedichten und kom- Standard-Drähten. Festigkeit besitzen und dürfen sich während paktere Geometrien ermöglichen, haben mit Durch die Hohlräume des Experimentierens nicht unzulässig verfor- anderen Materialien - zum Beispiel (NbTi) Sn zwischen den Drähten 3 men. Mit Magnetkräften entsprechend einer - begonnen. fließt Helium zum Kühlen auf Tieftempe- Gewichtskraft bis zu 1600 Tonnen drückt zum Supraleitende Spulen aus Niob-Titan sind raturen nahe dem Beispiel jede der 16 Hauptfeldspulen von zum Beispiel für den IPP-Stellarator WEN- absoluten Nullpunkt. ASDEX Upgrade in das Zentrum. Aufge- DELSTEIN 7-X mit seiner relativ geringen fangen werden solche Kräfte entweder von Magnetfeldstärke von sechs Tesla (gemessen dem Gesamtverband der Spulen selbst, die auf den Spulen, d.h. drei Tesla auf der sich gegeneinander gewölbeartig abstützen, Magnetfeldachse) vorgesehen. Das supra- oder durch massive Stützstrukturen. leitende Material ist in dünnen Fasern in Die meisten Fusionsexperimente besitzen Kupferdrähte eingebettet, die zu einem ein heute noch normalleitende Magnetspulen aus Zentimeter dicken Kabel verseilt werden. Kupfer. Die 2,5 Meter hohen Hauptfeldspulen Flüssiges Helium zum Abkühlen auf vier von ASDEX Upgrade zum Beispiel wurden Kelvin fließt zwischen den Einzeldrähten aus massiven handbreiten Kupferschienen durch die Hohlräume des Kabels. Dazu ist das gefertigt. Zur Kühlung sind sie von Boh- Kabel von einer heliumdichten Hülle umge- rungen durchzogen, durch die Kühlwasser ben, die außerdem - zusammen mit Glasfaser- fließt. Die Schienen wurden in Einzelwin- und Kunstharzverstärkung - auch für die dungen in die gewünschte Spulenform vorge- Festigkeit der Spule sorgt. Hierfür wurde ein

22 besonderes Hüllenmaterial - eine Aluminium- legierung - gewählt, das während des Wickel-

prozesses weich und biegbar ist und nachher Foto: ITER durch Erwärmen ausgehärtet werden kann. So können die Erfahrungen beim Wickeln der normalleitenden Kupferspulen des Vorgän- gers WENDELSTEIN 7-AS direkt übernom- men werden. Der für den Testreaktor ITER vorgesehene Leiter aus Niob-Zinn soll ein Magnetfeld von 11,8 Tesla (an der Spule, d.h. 5,3 Tesla auf der Magnetfeldachse) erzeugen. Die supraleiten- den Fasern sind in Kupferdrähte eingebettet und mit einem Edelstahlmantel umhüllt, innerhalb dessen das flüssige Helium zirku- liert. Nachdem zunächst Musterstücke geprüft wurden, sollten zwei komplette Modellspulen - je ein verkleinertes Modell für die Transforma- torspule und eine der 20 Hauptfeldspulen - das Verhalten des Supraleiters im Verbund testen und die wesentlichen Herstellungsschritte zeigen. Das Modell für die Transformator- Kunstharz und schließlich das Verbinden der Die Transformator- spule besteht aus zwei ineinander gesteckten verschiedenen Lagen - folgten nach der Wär- Probespule für den Modulen. Da Niob-Zinn ein sprödes Material mebehandlung. In einer Testanlage in internationalen ist, wurden in den ursprünglichen Fasern die Naka/Japan geprüft, zeigten Supraleiter und Experimentalreaktor beiden Komponenten zunächst getrennt in Modellspule schließlich alle verlangten ITER eine Kupfermatrix eingebettet. In diesem Eigenschaften. Zustand konnte das Kabel problemlos bear- Mit dem Hauptfeldspulen-Modell wollte beitet und gebogen werden. Erst nach einer man vor allem die komplexere Windungs- 200stündigen Wärmebehandlung bildete sich technik dieses Spulentyps entwickeln: Hierfür dann der supraleitende Verbund. Alle tempe- wurde ein anderes Stabilisierungs-Konzept raturempfindlichen Arbeitsschritte - wie die genutzt. Das Niob-Zinn-Kabel wurde in ein elektrische Isolierung, die Imprägnierung mit dünnes Hüllrohr eingezogen, in Form gebo- gen, dann erhitzt und isoliert. Zur mechani- schen Unterstützung wurden die Windungen dann in die spiralförmigen Rillen einer mas- Foto: FZK siven Stahlplatte eingelegt. Fünf dieser beid- seitig belegten Platten wurden in einem stützenden Stahlgehäuse zusammengefasst. Die fertige Spule wurde in der Testanlage TOSKA im Forschungszentrum Karlsruhe in einem realistischen magnetischen Umge- bungsfeld getestet. Bei Temperaturen von vier Kelvin flossen verlustlos Ströme bis zu 80 Kiloampere - die höchste jemals in einer supra- leitenden Magnetspule erreichte Stromstärke.

Plasmabegrenzung

as Magnetfeld, das das Plasma ein- Dschließt, erfüllt den gesamten Raum des Plasmagefäßes. Infolgedessen breitet sich auch das Plasma so weit aus, bis es die Ge- fäßwände berührt (siehe Abbildung Seite 22). Test der supraleitenden ITER-Modellspule Die Wand übernimmt dabei - abgesehen von im Forschungszentrum Karlsruhe der Strahlung - an den Berührungsstellen die

23 Blick in das die Fusion nutzloses Licht wieder Plasmagefäß des ab. Um dieses Problem zu ent- Experimentes ASDEX, schärfen, werden Limiter daher das 1990 stillgelegt möglichst aus Materialien mit wurde: Auf beiden niedrigen Ladungszahlen herge- Seiten ist ein Limiter stellt, zum Beispiel aus Kohlen- angebracht, der an das Foto: Thomas Henningsen stoff. Plasma herangefahren werden kann. Die Magnetischer Limiter engen Schlitze oben Leistungsfähiger als Limiter sind und unten führen in die Anordnungen, die den direkten Divertorkammern. Auf Kontakt des eingeschlossenen diese Weise konnten in Plasmas mit Wand oder Limiter ASDEX sowohl Limiter- vermeiden. Dies wird möglich, als auch Divertorent- ladungen ablaufen. wenn das Magnetfeld so gestaltet wird, dass auf eine geschlossene äußere Magnetfläche - den letzten geschlossenen „Jahresring“ - nur noch offene Magnetflächen folgen, deren Feldlinien auf die Wand tref- fen. Die letzte geschlossene ganze Energie, die aus dem Inneren des Magnetfläche wird „Separatrix“ genannt; sie Plasmas nach außen transportiert wird. Da sie separiert das Gebiet des guten Einschlusses dafür normalerweise nicht geeignet ist, muss innen von einem nicht eingeschlossenen man für eine kontrollierte Begrenzung des Gebiet außen. Weil nur die äußeren Zonen der Plasmas sorgen. Hierfür gibt es verschiedene Felder die Wand oder Limiter-ähnliche Möglichkeiten: Strukturen berühren, laufen die meisten Verunreinigungen auf die Wand, bevor sie in Limiter das Plasma eindriften können. Weil das gut Die einfachste Methode, das Plasma einzu- eingeschlossene Plasma durch die Form des grenzen, ist der Einbau von „Begrenzern“ Magnetfeldes begrenzt ist, spricht man von (Limiter) in das Plasma- gefäß, die aus der Ge- fäßwand in das Plasma hinein ragen. Sie sind so ausgelegt, dass sie die zu erwartenden Energiemengen unge- fährdet aufnehmen kön- nen. Trotzdem ist es unvermeidlich, dass bei dem Kontakt des Plas- mas mit Wand und Limitern Atome - zum Beispiel der Elemente Eisen, Nickel, Chrom oder Sauerstoff - her- ausgelöst werden und in das Plasma eindrin- gen. Je höher die La- dungszahlen dieser Ver- unreinigungen sind, Zwei Querschnitte durch das ASDEX-Gefäß und die magnetischen desto mehr Elektronen Flächen des Feldes: rechts mit Limiter, links mit Divertor. Der sind noch an die Atom- Limiter begrenzt das Plasma und fängt alle Teilchen auf, die über rümpfe gebunden. Um- die letzte geschlossene Magnetfläche hinausgehen. Im Divertor- so stärker entziehen sie betrieb werden die Teilchen, die die Separatrix nach außen über- dem Plasma Energie queren, in den Divertor geführt und dort auf den Prallplatten neu- und strahlen sie als für tralisiert.

24 einem „magnetischen Limiter“. Da hier das Querschnitt durch das gut eingeschlossene Plasma nicht in direktem Plasma-Gefäß von Kontakt mit der Wand steht, kann der ASDEX Upgrade und durch die magnetischen Plasmarand viel heißer sein, als bei materi- Flächen des Feldes. eller Limiterbegrenzung. Dies erklärt auch Hier liegen die das die beobachtete Verbesserung des Ein- Divertorfeld erzeugen- schlusses in solchen Experimenten. den Spulen - wie in einem späteren Divertor Kraftwerk - außerhalb Den besten Schutz des Plasmas erhält man, des Gefäßes. Daher ist wenn die Feldlinien jenseits der Separatrix der Divertorraum nicht nicht direkt auf die Wand treffen, sondern in mehr - wie bei ASDEX - angemessener Entfernung vom heißen Plasma- durch enge Schlitze zentrum auf speziell ausgerüstete Platten vom Hauptraum gelenkt werden, die die Plasmateilchen auf- getrennt, sondern fangen und neutralisieren. Das vor diesen weit offen. Platten entstehende Neutralgas baut einen gegenüber dem Plasmahauptraum höheren Druck auf und kann dadurch leichter abge- pumpt werden. Die im IPP am Experiment ASDEX (Axialsymmetrisches Divertorexperiment) mit Divertor ausgeführten Experimente haben nicht nur zu besonders sauberen Plasmen geführt, sondern überraschend auch Plasmen mit hohen Einschlusszeiten ermöglicht, die in können. In Gaskanonen oder Zentrifugen Limiter-Entladungen nicht erreichbar sind. beschleunigt, werden sie in das heiße Plasma Daher geht man inzwischen davon aus, dass hineingeschossen, wo sie wieder verdampfen ein Divertor auch für ein späteres Fusions- und die einzelnen Atome ionisiert werden. kraftwerk notwendig ist. So wird der interna- Da die Pellets den Brennstoff tief im tionale Testreaktor ITER mit einem Divertor Plasmainneren abladen, kann man mit dieser ausgerüstet sein. Um dies vorzubereiten, Nachfüllmethode auch das Dichteprofil des untersucht der ASDEX-Nachfolger ASDEX Plasmas vorteilhaft verändern sowie - in Upgrade die Funktion des Divertors unter einem späteren Fusionskraftwerk - das Aus- kraftwerksähnlichen Bedingungen. waschen der Fusionsasche Helium aus dem brennenden Plasma verbessern. Die an ASDEX Upgrade installierte und im IPP entwickelte Pelletzentrifuge kann Serien von Brennstoff- bis zu 80 Pellets pro Sekunde mit einer Maximalgeschwindigkeit von 1200 Metern nachfüllung pro Sekunde - vierfache Schallgeschwindig- keit - in das Plasma schießen. Dabei kann mit in über Divertoren begrenztes Plasma einem einzigen der etwa ein Milligramm Everliert ständig Plasmateilchen, die - schweren Pellets bis zu ein Drittel des zusammen mit den Verunreinigungen - von Plasmas nachgefüllt werden. den Divertorpumpen entfernt werden. Bei Die Plasmadichte in ASDEX Upgrade kann einem späteren Fusionskraftwerk wird auf vollständig über den Pelleteinschuss geregelt diese Weise auch die „Asche“ des Fusions- werden. Ziel ist es, auf diese Weise nicht nur prozesses, das Helium, entfernt. Zum Nach- den zeitlichen sondern auch den räumlichen füllen gibt es verschiedene Methoden: Verlauf der Plasmadichte zu modellieren: Gaseinlass vom Gefäßrand, Neutralteilchen- Wird das Plasma mit schnellen Pellets im injektion oder Pelletinjektion. Neben dem Zentrum nachgefüllt, spitzt sich die zentrale Gaseinblasen erscheint die Pelletinjektion als Plasmadichte zu. Damit verbunden ist eine besonders geeignete Nachfüllmethode. Dabei Verbesserung des Teilchen- und Energieein- wird Deuterium - später eventuell auch schlusses im Magnetfeld, d.h. ein Anstieg der Tritium - so stark abgekühlt, bis es gefriert Wärmeisolation der heißen Plasmamitte. Auf und Kügelchen (Pellets) von wenigen diese Weise ließe sich in einem Deuterium- Millimetern Durchmesser geformt werden Tritium-Plasma die Zündung erleichtern.

25 Nach der Zündung ist ein spitzes Dichteprofil jedoch weniger günstig, weil dann bei verbessertem Teilcheneinschluss auch das Verbrennungsprodukt Helium zu lange fest- gehalten wird und den Brennstoff verdünnt. Erwünscht wäre nun ein flaches Dichteprofil, an dessen steilen Flanken das Helium nach

Blick in das Plasma von ASDEX Upgrade. Die helle Spur links oben ist die Bahn eines Pellets aus gefrorenem Deuterium, das gerade im Plasma verdampft. Kleines Bild: Blick von oben auf die Divertorplatten. Man sieht die Spuren von drei kurz hintereinan- der in das Plasma geschossenen Pellets.

außen in die den Pumpen zugängliche Plasmas nach außen untersucht. Diese Wir- Randschicht gespült würde. Dies lässt sich kungen äußern sich in magnetischen oder mit kleinen, langsamen Pellets erreichen, die elektrischen Feldern, durch die Aussendung nur wenig in das Plasma eindringen. Die geladener oder neutraler Teilchen sowie Pellets werden so zu einem wichtigen durch Strahlung im gesamten Bereich des Steuerinstrument für das Plasma, dessen Frequenzspektrums. Theoretische Arbeiten Möglichkeiten - insbesondere im Hinblick auf stellen den Bezug dieser Wirkungen zu den den Testreaktor ITER - an ASDEX Upgrade Plasmaeigenschaften her. im Detail studiert werden. Dort weisen jüng- Neben diesen „passiven“ Methoden werden ste Experimente sogar darauf hin, dass die für auch aktive Verfahren eingesetzt, sofern man den Betrieb von ITER nötigen Plasmadichten sicher sein kann, dass sie das zu untersuchen- nur durch kombiniertes Nachfüllen per de Plasma nicht verändern. Besonders ergie- Gasblasen und Pelletinjektion erreicht werden big ist die Einstrahlung von Laserlicht oder können. Mikrowellen, die durch das Plasma beein- flusst werden und so über seine Eigenschaften Auskunft geben können. Auch Teilchenstrah- len werden zur Diagnose verwendet. Plasmadiagnostik Messung der Elektronentemperatur ie extremen Bedingungen in einem Die Temperatur der Elektronen äußert sich DFusionsplasma erfordern besondere eindeutig in ihrer Geschwindigkeit. Die Messmethoden, um seinen Zustand zu diag- Temperaturmessung ist daher eigentlich eine nostizieren. Generell versucht man, die Geschwindigkeitsmessung, die ähnlich funk- Eigenschaften des Plasmas zu erkunden, ohne tioniert wie die Radar-Geschwindigkeits- es zu stören, indem man die Wirkungen des messung an Automobilen: Ein intensives

26 Lichtstrahlbündel einer festen Frequenz wird von einem Laser in das Plasma eingestrahlt. Das Licht wird an den bewegten Elektronen gestreut (Thomsonstreuung) und erleidet dabei eine Frequenzänderung, die der Ge- Foto: Stefanie Graul schwindigkeit der Elektronen entspricht. Aus einer genauen Frequenzmessung des gestreu- ten Lichtes kann man so die Temperatur der Elektronen berechnen. Eine andere Methode benutzt die vom Plasma ausgesandte Elektronen-Zyklotron- strahlung. Die Plasmaelektronen, die sich mit der Zyklotronfrequenz auf Spiralbahnen um die Magnetfeldlinien bewegen, strahlen dabei Wellen dieser Frequenz und deren Ober- wellen ab. In normalen Fusionsplasmen hängt die Intensität der zweiten Oberwelle dieser Strahlung nur von der Temperatur ab, die auf diese Weise messbar wird. Außerdem kann man aus der Frequenz der Strahlung auf die Magnetfeldstärke und hieraus auf den Ent- durch Luft, der andere Teil durch das Plasma Auf den Monitoren im stehungsort der Strahlung schließen. Aus der geschickt. Bringt man die beiden Teilwellen Kontrollraum erschei- Messung von Intensität und Frequenz kann wieder zusammen, kann man aus dem entste- nen die von den also die Verteilung der Temperatur im gesam- henden Interferenzmuster auf die Änderung Plasmadiagnostiken ten Plasma bestimmt werden. der Wellen-Geschwindigkeit im Plasma und gewonnenen Mess- daraus auf die Plasmadichte schließen. Auf daten. Messung der Elektronendichte diese Weise erhält man ein stationäres Signal Mit Hilfe der Thomsonstreuung lässt sich über die gemittelte Dichte. Da das Plasma ins- nicht nur - aus der Frequenzänderung des gesamt neutral ist, ist die Dichte der Wasser- Lichtes - die Temperatur der Elektro- nen, sondern aus der Intensität des gestreuten Lichtes auch deren Dichte bestimmen. Mit geeichten Detektoren, die das Streulicht des Laserstrahls von

verschiedenen Orten des Plasmas auf- Foto: Ulrich Schwenn sammeln, erhält man so ein Profil der Elektronendichte über dem Plasmaquer- schnitt. Da das benötigte Laserlicht gepulst erzeugt werden muss, ist die Beobachtung des Plasmas mit dieser Methode nur während der kurzen Pulszeiten möglich. Eine hohe Wieder- holungsfrequenz des Lasers ist daher wünschenswert. Der an ASDEX Up- grade eingesetzte Laser kann bis zu 120 Impulse pro Sekunde feuern und er- laubt damit eine Messung von Elektro- nentemperatur und Plasmadichte mit guter Zeitauflösung. Eine Methode der Dichtemessung, die praktisch stationär arbeitet, nutzt die Veränderung der Lichtgeschwindigkeit im Plasma. Ein Plasma verhält sich wie ein Dielektrikum mit einem von der Frequenz abhängigen Brechungsindex für elektromagnetische Wellen. Zur Messung der Plasmadichte wird eine Das Fusionsexperiment WENDELSTEIN 7-AS, Mikrowelle gesplittet und der eine Teil umringt von Diagnostiken und Heizapparaturen.

27 Hohlleiter der ECE- lung, die für die jeweilige Ionen- oder Diagnostik an ASDEX Atomsorte charakteristisch ist. Diese Frequen- Upgrade. Sie leiten die zen ändern sich in Abhängigkeit von der Zyklotronstrahlung der Geschwindigkeit, mit der sich die Ionen rela- Plasmaelektronen zu tiv zum Beobachter bewegen. Aus einer Detektoren, die die genauen Frequenzmessung kann man also auf Elektronentemperatur die Geschwindigkeit und damit die Tempe- bestimmen. ratur der Teilchen schließen.

Messung von Plasmaverunreinigungen Über die Analyse der charakteristischen Linien- strahlung aus dem Plasma können auch die Plasmaverunreinigungen identifiziert und ihre Konzentration im Plasma festgestellt werden. Vergleicht man die so gewonnenen Profile der Verunreinigungskonzentration mit Transportmodellen, so lässt sich auch Aufschluss über Transportprozesse im Plasma gewinnen. Da die von einer Ionensorte ausgesandte Linienstrahlung stark von der Temperatur

Foto: Ulrich Schwenn abhängt, überstreicht die Strahlung aus einem verunreinigten Plasma einen weiten Frequenz- stoffionen praktisch identisch mit der Dichte bereich. Zum Beispiel sind leichtere Atome der Elektronen, weshalb eine eigene Messung wie Sauerstoff im heißen Plasmazentrum der Ionendichte nicht nötig ist. vollständig ionisiert und senden dort daher keine Linienstrahlung aus. Nur schwere Messung der Ionentemperatur Atome - wie Metalle - geben auch noch im Bei genügend hoher Plasmadichte kann man Plasmazentrum Linienstrahlung ab. Mit zu- meistens davon ausgehen, dass die Ionen die nehmendem Abstand vom heißen Zentrum gleiche Temperatur besitzen wie die Elek- sind die Sauerstoffionen jedoch immer weni- tronen. Da aber die verschiedenen Heizme- ger ionisiert und befinden sich in tieferen thoden entweder die Ionen oder die Elektro- Energiezuständen, was sich in der niedrigeren nen heizen, können sich bei Fusionsplasmen Frequenz ihrer Linienstrahlung widerspiegelt. deutliche Temperaturunterschiede ergeben. Vom kalten Plasmarand kommt daher vor- Da die Ionen eine sehr viel größere Masse wiegend Licht aus dem sichtbaren Teil des besitzen als die Elektronen, kann man ihre Spektrums, während in den weiter innen Temperatur nicht mit der Thomsonstreuung liegenden Zonen Ultraviolett-Licht und von messen. Die Ionen des Plasmas entreißen hochgeladenen Ionen im Plasmazentrum allerdings, wenn sie bei einem Stoß einem sogar Röntgenstrahlung ausgesandt wird. neutralen Atom nahekommen, diesem gele- Daher benutzt man jeweils verschiedene gentlich sein Elektron und werden dadurch spektroskopische Techniken, um die selbst neutral (Umladungsneutrale). Dadurch Linienstrahlung in den unterschiedlichen sind sie nicht mehr im Magnetfeld gebunden Frequenzbereichen zu messen. und können das Plasma verlassen. Misst man die Energien dieser neutralen Teilchen, kann Messung des Magnetfeldes man auf die Temperatur der Ionen im Plasma Veränderungen der Magnetfelder werden mit zurückrechnen. kleinen Spulen beobachtet, die in das Eine andere Methode zur Messung der Plasmagefäß eingebaut sind. Ein sich verän- Ionentemperatur benutzt das Licht, das derndes Magnetfeld induziert nämlich eine Verunreinigungsatome im Plasma ausstrah- Spannung in den Spulen, die gemessen wird. len. Die Wasserstoffatome sind im Plasma Aus Messungen an vielen derartigen Spulen vollständig ionisiert und leuchten daher nicht oder Drahtschleifen können die Stärke des mehr. Verunreinigungsatome mit vielen Plasmastroms, die Position der Plasmasäule Elektronen sind jedoch noch nicht völlig ioni- im Gefäß und Informationen über Lage und siert. Ihre Elektronen strahlen Licht fester Struktur der magnetischen Flächen abgeleitet Wellenlängen ab, die sogenannte Linienstrah- werden.

28 Das Fusionskraftwerk

Aufbau und Funktion

ernstück eines Fusionskraftwerks Kist eine ringförmige Brennkam- mer. Sie enthält das heiße Deuterium- Tritium-Plasma, das durch Magnetfelder von der innersten, sogenannten „ersten Grafik: Forschungszentrum Karlsruhe Wand“ ferngehalten wird. Bis zur Zündung führt eine Startheizung dem Plasma für einige Sekunden eine Leistung von etwa 50 bis 100 Mega- watt zu. Die schnellen Heliumkerne, die bei den nun einsetzenden Fusionsre- aktionen entstehen, sind als geladene Teilchen im Magnetfeld gefangen und geben ihre Energie über Teilchenstöße an das Plasma ab. Schließlich kann die äußere Heizung abgeschaltet werden; das Plasma brennt selbständig weiter und hält die hohen Fusionstemperaturen per Blanket wird außerdem die Energie der ein- Schematische Selbstheizung aufrecht. Über den Divertor fallenden Neutronen aufgenommen: Die Darstellung eines werden die entstehenden Heliumteilchen - zu- schnellen Teilchen werden im Blanketmaterial Fusionskraftwerks sammen mit Verunreinigungen aus den abgebremst, das sich auf diese Weise erwärmt. Gefäßwänden - laufend aus dem Plasma ent- Diese Wärmeenergie wird dann über Kühl- fernt, um ein Erlöschen des Fusionsfeuers zu mittel, Wärmetauscher, Dampferzeuger und verhindern. Die Fusionsneutronen dagegen Turbogenerator in elektrische Energie umge- können den Magnetfeldkäfig wegen ihrer elek- wandelt. Das Blanket wiederum ist von einer trischen Neutralität ungehindert verlassen. abschirmenden Hülle umgeben. Sie hält Strah- Das Plasmagefäß ist umgeben von einem lung und Neutronen aus dem Plasma von den lithiumhaltigen Mantel, dem „Blanket“. Hier supraleitenden Magnetspulen, den Heizappara- erzeugen die einfallenden Fusionsneutronen turen und der übrigen Umgebung weitgehend aus Lithium den Fusionsbrennstoff Tritium. fern. Den gesamten Kraftwerkskern umgibt Er wird aufgesammelt und über Zwischen- schließlich eine äußere Sicherheitshülle. Einen speicher dem brennenden Plasma zusammen Überblick über typische Daten eines Tokamak- mit dem zweiten Brennstoffmaterial Deu- Kraftwerks gibt die Tabelle (zum Stellarator- terium wieder zugeführt. Etwa 20 Gramm Kraftwerk siehe Seite 66). Tritium pro Stunde verbraucht ein Kraftwerk Wie alle Kraftwerke soll auch ein Fusions- von 1000 Megawatt elektrischer Leistung. Im kraftwerk die freigesetzte Wärmeenergie mit möglichst hohem Wirkungsgrad in elektrische Energie umwan- Großer Plasmaradius: 9 Meter deln (oder direkt als thermische Plasmahöhe: 10 Meter Plasmabreite: 6 Meter Energie nutzen). Dabei muss die Plasmavolumen: 760 Kubikmeter Energiebilanz auch den Eigen- Magnetfeld: 7 Tesla bedarf des Kraftwerks berück- Maximaler Plasmastrom: 28 Megaampere sichtigen. Ein Teil der erzeugten Startheizung und Stromtrieb: 234 Megawatt elektrischen Bruttoenergie wird Wandbelastung durch Neutronen: 1,8 Megawatt pro m2 nämlich zur Deckung des elektri- Fusionsleistung: 3400 Megawatt schen Eigenbedarfs benötigt, d.h. Brenndauer: Dauerbetrieb zum Betrieb der Hilfssysteme des Kraftwerkes verwendet. Hierzu Charakteristische Daten eines Tokamak-Kraftwerks gehören die Plasmaheizung, das (Quelle: D. Maisonnier et al., Power Plant Conceptual Study, 2002)

29 Magnete ηm

Fusions- Thermische Heizung Energie- E ηh reaktor wandlung e Eth Eb En ηth

Pumpen, Kühlung, etc. ηp

Magnetsystem, das System zum Stromtrieb Vereinfachtes Energieflussdiagramm eines (bei einem Kraftwerk vom Tokamak-Typ), Fusionskraftwerks. Dabei ist: Pumpen, Kühlung und die Anlagen zur Ee = energetischer Eigenbedarf des Tritiumabtrennung. Da auch die Hilfssysteme Kraftwerks nicht verlustfrei, sondern mit Wirkungsgra- Eth = thermische Fusionsenergie η η η den n, h und p arbeiten, taucht nur ein Teil Eb = elektrische Bruttoenergie der zu ihrem Antrieb verwendeten Energie in En = nutzbare elektrische Nettoenergie η der insgesamt vom Kraftwerk abgegebenen m = Wirkungsgrad der Magnete η Wärmeenergie wieder auf. Diese Gesamt- h = Wirkungsgrad der Plasmaheizung η energie wird in der thermischen Energie- p = Wirkungsgrad der Pumpen, Kühlung η wandlung, zum Beispiel in einem Dampfturbi- th = Wirkungsgrad der thermischen η nenprozess, mit dem Wirkungsgrad th in die Energiewandlung elektrische Bruttoenergie Eb umgewandelt. Die nutzbare elektrische Energie En ergibt sich daraus nach Abzug des Eigenbedarfes Ee des Kraftwerkes (siehe Abbildung oben).

Sicherheits- und Umwelt- liche Leistungsanstiege, die zum „Durch- gehen“ des Kraftwerks führen könnten. eigenschaften der Fusion • Die auftretenden radioaktiven Substanzen - Tritium sowie aktivierte Bauteile - haben ein relativ niedriges biologisches Gefährdungs- ussagen über Sicherheit und zu erwar- potential. Atende Umwelteinflüsse eines späteren • Langfristig sieht man die Möglichkeit, Fusionskraftwerks werden durch Kraftwerks- Menge und Aktivität der entstehenden radio- entwürfe möglich, die in den letzten Jahren aktiven Stoffe durch geeignete Materialent- nahe an die Praxis herangerückt sind. Die wicklung ganz erheblich zu vermindern. Fusionsanlagen der nächsten Generation - Nahezu vollständiges Rezyklieren des Abfalls zum Beispiel der Internationale Experimental- könnte möglich werden. reaktor ITER - sollen Fusionsleistungen von • Es werden bei der Energieerzeugung kei- mehreren hundert Megawatt liefern und ent- ne Treibhausgase freigesetzt, ebensowenig sprechen insofern beinahe schon einem Leis- Stick- oder Schwefeloxide. tungsreaktor. Weder die von außen zugeführten Roh- Auf Grundlage dieser Arbeiten kann man brennstoffe - Deuterium und Lithium - noch einem Fusionskraftwerk die folgenden günsti- ihr Reaktionsprodukt Helium sind radioaktiv. gen Eigenschaften zusprechen: Sicherheitsüberlegungen werden jedoch nötig • In einem Fusionskraftwerk ist ein Unfall im Zusammenhang mit dem im Kraftwerk mit katastrophalen Folgen unmöglich. erzeugten radioaktiven Tritium. Hinzu kommt • Es gibt es keine Kettenreaktion oder ähn- die Aktivierung der plasmanahen Bauteile -

30 insbesonders Brennkammerwand und Brut- mantel - durch die bei der Fusion freigesetz- ten energiereichen Neutronen. Wie intensiv diese Aktivierung ausfällt, hängt sehr stark

von den Materialien ab, auf die die Neutronen Foto: JAERI, Naka auftreffen. Anstelle der heute einsetzbaren Stahlsorten werden für die erste Wand und das Blanket spezielle Materialien mit niedrigem Aktivierungspotential entwickelt. Dabei arbeitet man an Stählen ohne störende Beimengungen, wie zum Beispiel Nickel, Kobalt und Molybdän, an Vanadiumlegie- rungen oder an nichtmetallischen Materialien wie Silizium-Carbid. Durch die Entwicklung geeigneter Baumaterialien und die Verrin- gerung der im Kraftwerk vorhandenen Tritiummenge kann man deshalb bei der Fusion die Gefahr durch radioaktive Stoffe beeinflussen und ganz wesentlich reduzieren. Dies ist anders im Falle der Kernspaltung, wo wesen wird sie schädlich, wenn das Tritium In der Fusionsneutronen- die anfallende Radioaktivität durch die durch Einatmen, Essen, Trinken oder Diffu- quelle FNS in JAERI, Spaltprodukte naturgesetzlich mit der erzeug- sion durch die Haut vom Körper aufgenom- Japan, wird unter ten Energie verknüpft ist und zwangsläufig men wird. Einmal in den Körper gelangt, Neutronenbestrahlung entsteht. besitzt Tritium dort eine effektive biologische die Aktivierung und Tritium, die schwerste und einzige radioak- Halbwertszeit von etwa zehn Tagen. Im Neutronenabschirmung tive Variante des Wasserstoffs, besitzt eine Ökosystem verdünnt sich Tritium schnell von Fusionsmaterialien Halbwertszeit von 12,3 Jahren. Durch die (siehe Abbildung unten) und kann Landstriche untersucht. Höhenstrahlung entstehen auf natürliche Wei- nicht für längere Zeit kontaminieren. Ebenso- se ständig geringe Mengen an Tritium; das wenig gibt es Anzeichen für eine Tritiuman- Weltinventar wird auf etwa sieben Kilo- reicherung in der Nahrungskette. gramm geschätzt. Eine europäische Richt- linie, die radioaktive Stoffe nach ihrer Radioaktive Belastung im Normalbetrieb Schadenswirkung in vier Klassen - sehr hohe Da das sehr flüchtige Tritium erst an Ort und Radiotoxizität, hohe, mäßige und niedrige - ein- Stelle im Brutmantel aus Lithium-haltigen teilt, ordnet Tritium in Klasse vier ein: Materialien erzeugt wird, läuft der Brennstoff niedrige Radiotoxizität. Seine radioaktive für die Fusion nur im Inneren des Kraftwerks Strahlung - Beta-Strahlung, das heißt Elektro- um. Sicherheitstechnisch ist dies von Vorteil. nen - ist zu energieschwach, um menschliche Insgesamt wird ein Fusionskraftwerk einige Haut durchdringen zu können. Für Lebe- Kilogramm Tritium enthalten, wovon ein

Experiment zum Verhal- 100 ten von Tritium in der Umwelt: Freigesetzt wurden zehn Milli- 10 gramm Tritium. Die im Boden in einer Tiefe von 0 bis 20 Zentimeter gemessenen Tritium- 1 Konzentration nahmen im Laufe eines Jahres schnell ab. Bequerel / Kilogramm Hintergrund 0,10 (Quelle: R.M. Brown et al., Field Studies of HT Oxidation and Dispersion in the Environment II. The 1987 June Experiment at Chalk River; Canadian Fusion Fuels Technology Project, 0,01 CFFTP-G-88007, Ontario Hydro, Canada, October 1988.) 0,10 1 10 100 1000 Zeit (Tage)

31 Temperaturverlauf Millisievert pro Jahr in Deutschland. Sie liegt nach einem Unfall - damit deutlich unterhalb der Dosisschwan- 2000 vollständiger Strom- kung der natürlichen Radioaktivität von Ort ausfall, d.h. Verlust zu Ort. Berechnet wurde dies für eine Person, der gesamten Kühlung 1500 die sich ständig in einem Kilometer Entfer-

- im Innern eines C) nung vom Kraftwerk aufhält und alle Nah- ° Fusionskraftwerks (aus rungsmittel aus unmittelbarer Kraftwerksum- niedrig aktivierbarem 1000 gebung bezieht. Stahl). Die Tempera-

turen bleiben stets weit Temperatur ( Störfälle unterhalb des Schmelz- 500 Zukünftige Fusionskraftwerke lassen eine punktes von Stahl große Sicherheit vor Unfällen erwarten, die (etwa 1400 °C). 1 Tag 1 Woche 1 Monat 0 die Umgebung gravierend belasten könnten: 101 102 103 104 105 106 107 Die Brennstoffmenge in der Plasmakammer Zeit nach dem Unfall (Sekunden) ist - mit etwa einem Gramm - sehr klein und reicht nur für rund eine Minute Brenndauer aus. Ebenso sind die Leistungsdichten im großer Teil fest in Speichern und Metallen Plasma und Blanket mit etwa drei bzw. gebunden ist. Sicherheit und Umwelteinflüsse zwanzig Watt pro Kubikzentimeter gering. hängen entscheidend von der Rückhaltung Sie entsprechen in etwa der Leistungsdichte des Tritiums im Kraftwerk ab. Hierzu dient normaler Glühbirnen. ein System von mehrfach überwachten, inein- Ein unkontrollierter starker Leistungsan- ander geschachtelten Umhüllungen. Nach stieg ist nicht möglich, denn jede Änderung bisherigen technischen Erfahrungen nimmt der Betriebsbedingungen bringt über Plasma- man an, dass im Normalbetrieb etwa ein instabilitäten den Brennvorgang sehr schnell Gramm Tritium pro Jahr aus dem Kraftwerk zum Erlöschen. entweichen kann. Auch die Nachwärme nach Abschaltung des Die von den Fusionsneutronen aktivierten Kraftwerks reicht nicht aus, um ganze Bau- Strukturmaterialien besitzen Halbwertszeiten teile zu schmelzen (siehe Abbildung oben). im wesentlichen zwischen einigen Monaten Das gleiche gilt für die restlichen in der und einigen Jahren. Sie sind alle als feste Anlage gespeicherten Energien, wenn man Metalle in die innere Kraftwerkskonstruktion daran festhält, als Brutmaterial kein reines eingebunden. Auch Korrosionsprodukte spie- Lithium in flüssiger Form zu verwenden. len hier keine große Rolle, so dass die Die wichtigste Folgerung aus diesen natur- aktivierten Bauteile im Normalbetrieb wenig gesetzlich gegebenen Eigenschaften ist: Ein zur Freisetzung von Radioaktivität an die Fusionskraftwerk kann so konstruiert werden, Umwelt beitragen. dass es keine Energiequellen enthält, die seine Die von allen Freisetzungen an Tritium und Sicherheitshülle von innen zerstören könnten. aktiviertem Strukturmaterial hervorgerufene Konstruktionsziel kann es damit sein, die radioaktive Belastung führt zu einer Dosis Folgen eines Störfalls auf das Innere der von weniger als einem Prozent der natür- Anlage zu beschränken. lichen radioaktiven Belastung von etwa 2 In Studien zu möglichen Störfällen und ihren Folgen werden diese grundsätz- lichen Eigenschaften genauer unter- Querschnitt durch ein sucht, insbesondere auch im Rahmen Fusionskraftwerk. des internationalen ITER-Projekts. Pläne ähnlicher Art Viele technische Details des zukünfti- liegen den System- gen Kraftwerks sind heute noch nicht und Sicherheitsstudien festgelegt. Die Analysen, deren Ergeb- zugrunde. nisse die Planung fortwährend beein- flussen, sollen zunächst dazu dienen, mögliche Störfallursachen zu erkennen und durch passive Mechanismen auszu- schalten: Eine Gefahrensituation wäre gegeben, wenn durch einen Unfall Tritium oder auch aktiviertes Material der Bauteile - als Metallstaub oder nach längerem Ausfall der Kühlung als

32 flüchtige Oxide - innerhalb des Gebäudes einer Woche). Jenseits dieses Bereiches liegt freigesetzt würden. Es ist heute noch nicht die Belastung wieder unter dem Evakuierungs- genau bekannt, wieviel festes Material auf richtwert von 100 Millisievert. Angesichts diese Weise mobilisiert werden könnte. Grobe dieser moderaten Werte ist davon auszugehen, Abschätzungen ergeben mehrere Kilogramm dass die von der äußeren Einwirkung in der Metallstaub. Genauere Daten hierzu soll das Umgebung hervorgerufenen Schäden die durch ITER-Experiment liefern. Die freisetzbare das Fusionskraftwerk hinzugefügten Schäden Tritiummenge will man vor allem durch die um ein Vielfaches übertreffen würden. Reduktion des insgesamt in der Anlage vorhandenen Tritiums begrenzen sowie durch dessen Unterteilung in getrennte Teilinven- Radiotoxischer Inhalt tare. 1 verschiedener Kraft- Da das Kraftwerk seine Sicherheitshülle werkstypen gleicher elektrischer Energieab- von innen nicht durchbrechen kann, hätten 0,1 gabe, bezogen auf die diese Unfälle geringe Auswirkungen nach Druckwasserreaktor Nahrungsaufnahme außen. Für die schwersten Unfälle in der 0,01 Fusion (Vanadium) (Ingestion). Aufgetra- Fusion (Stahl, He/Be) Anlage ergeben detaillierte Abschätzungen gen ist in relativen 0,001 Fusion (Stahl, H2 O/LiPb) maximale Dosiswerte in der Höhe der natür- Einheiten die zeitliche lichen radioaktiven Belastung. Die in Entwicklung der Radio- Deutschland geltenden Richtwerte sowohl für 0,0001 toxizität nach Still- die Genehmigung der Anlage als auch für die legung der Anlage Einleitung von Evakuierungsmaßnahmen 0,00001 (einschließlich ausge-

nach einem Unfall würden also deutlich unter- Einheiten) (relative Radiotoxizität Kohleasche tauschter Bauteile): schritten. Für die Anlagengenehmigung gilt in 0,000001 1) Fusionskraftwerk Deutschland ein Dosisgrenzwert von 50 aus niedrig aktivierba- Millisievert für die sogenannten „Ausle- 0,0000001 rem Stahl und wasser- gungsstörfälle“. Dabei wird die sich in fünf- 0 100 200 300 400 500 gekühltem Blanket, zig Jahren ergebende Gesamtdosis der meist- Zeit nach dem Abschalten (Jahre) 2) Fusionskraftwerk belasteten Person durch alle Einwirkungs- aus niedrig aktivier- möglichkeiten, d.h. Bestrahlung, Einatmen barem Stahl und heli- und Nahrungsaufnahme, unter den ungünstig- umgekühltem Blanket, sten Wetterbedingungen zugrunde gelegt. Abfall 3) Fusionskraftwerk Eine Evakuierung ist zu erwägen, wenn die Während der etwa 30jährigen Lebenszeit der aus einer Vanadiumle- Gesamtdosis der am meisten belasteten Anlage werden der Divertor, die erste Wand gierung, Person durch Bestrahlung und Einatmen und das Blanket aufgrund der hohen Belas- 4) Druckwasserreaktor während einer Woche am Ort der höchsten tung und des Abbrandes mehrfach ausge- und 5) Kohlekraftwerk. Belastung 100 Millisievert übersteigt. tauscht werden. Zusammen mit den aktivier- Auch äußere Einwirkungen - zum Beispiel ten Bauteilen, die nach Betriebsende zurück- Erdbeben oder Flugzeugabsturz - werden bleiben, erzeugt ein Fusionskraftwerk je nach durch die Sicherheitshülle abgefangen. Es Bauart insgesamt zwischen 65 000 und 95 000 bleibt jedoch eine verschwindend kleine, aber Tonnen radioaktiven Materials. Ein Fusions- dennoch denkbare Wahrscheinlichkeit, dass kraftwerk würde damit etwa das gleiche bis eine äußere Katastrophe extremer Stärke ein- doppelte Volumen an radioaktivem Abfall er- tritt, zum Beispiel ein unvorhersehbar starkes zeugen wie Spaltreaktoren vergleichbarer Ener- Erdbeben, das die Sicherheitshülle beschä- gieerzeugung - je nachdem, ob der Spaltabfall digt. Auch für diesen äußersten, auslegungs- endgelagert oder wieder aufgearbeitet wird. übergreifenden Störfall wurden Abschät- (Keine Entsprechung bei der Fusion gibt es zungen gemacht: Schadensobergrenze in für die pro Spaltkraftwerk anfallenden 1,5 diesem Fall wäre etwa ein Kilogramm Tri- Millionen Kubikmeter Erzreste aus dem Uran- tium, das in die Umgebung freigesetzt würde. abbau. Sie müssen sorgfältig abgedeckt wer- Bei ungünstigen Wetterbedingungen - d.h. den, weil sie sonst längerfristig größere Men- Wind, der konstant aus einer Richtung bläst - gen des radioaktiven Gases Radon und radioak- könnte dann in einem in Windrichtung orien- tive Stäube freisetzen.) tierten, etwa zwei Quadratkilometer großen Die Umwelteigenschaften von Fusions- Landsektor in der Nähe der Anlage die und Spaltabfall sind jedoch sehr verschieden: Belastung bis zu 450 Millisievert betragen So sind die Halbwertszeiten der wesentlichen (Gesamtdosis der am meisten belasteten Per- Fusionsrückstände bedeutend kleiner - ein bis son durch Bestrahlung und Einatmen während fünf Jahre gegenüber 100 bis 10 000 Jahren

33 Verwertungsmöglich- Es ist noch unbekannt, ob es langfristig keiten des Fusions- gelingen kann, anstelle der Deuterium-Tri- abfalls für verschie- 160 tium-Fusion andere Fusionsreaktionen wie dene Kraftwerksmo- Nicht-aktiver Abfall 140 Deuterium-Deuterium, Deuterium-Helium-3 delle: Heliumgekühltes Einfache Rezyklierung (< 2 mSv/h) oder Proton-Bor (siehe Seite 9) technisch Blanket aus Vanadium- 120 Komplexe Rezyklierung (2 - 20 mSv/h) nutzbar zu machen. Hier würde die Tritium- legierung (1),wasser- Endzulagernder Abfall (> 20 mSv/h) herstellung im Kraftwerk und die Neutronen- gekühltes Blanket aus 3 100 aktivierung noch einmal vermindert werden niedrig aktivierbarem oder nahezu ganz verschwinden. Stahl (2), 80 Heliumgekühltes 60 Blanket aus niedrig- Sozio-ökonomische aktivierbarem Stahl (3). 40 Arbeiten zur Fusion 20 Aktiviertes Material (10 Tonnen) Aktiviertes Material (10 0 uch wenn es bis zur technischen und 123 wirtschaftlichen Einsatzbereitschaft von Kraftwerksmodell A Fusionskraftwerken noch einige Zeit dauern wird, ist schon heute zu fragen, welche Eigen- schaften diese Anlagen besitzen und wie sie im Falle der Kernspaltung. Das biologische sich im Vergleich zu anderen Energiewand- Gefährdungspotential oder der radiotoxische lungstechniken darstellen werden. Dabei ist Inhalt der Fusionsabfälle klingt rasch ab und ganz allgemein zu berücksichtigen, dass Ener- ist im Vergleich zu Spaltabfall nach hundert gie einer der zentralen Produktionsfaktoren Jahren bereits mehr als tausendfach geringer. der modernen Volkswirtschaften ist und in Nach hundert bis fünfhundert Jahren ist es ihrer guten oder mangelhaften Verfügbarkeit vergleichbar mit dem Gefährdungspotential den Lebensstil einer Gesellschaft grundlegend der gesamten Kohleasche aus einem Kohle- prägen kann. kraftwerk gleicher Energieerzeugung. (Kohle- Analysen dieser Art sind die Aufgabe der asche enthält stets natürliche radioaktive SERF-Aktivitäten (Socio-Economic Research Stoffe wie Uran, Thorium und ihre Toch- on Fusion), die 1998 im Rahmen des Euro- terelemente, allerdings in wesentlich verdünn- päischen Fusionsprogramms ins Leben gerufen terer Form.) wurden. Dazu muss zunächst ein realistisches Von der Gesamtmasse des Fusionsabfalls Bild eines Fusionskraftwerks entwickelt wer- können 30 bis 40 Prozent sofort und unbe- den. Sodann ist zu beschreiben, wie die zukünf- schränkt freigegeben werden. Weitere 60 tige Energiewirtschaft insgesamt aussehen Prozent können nach fünfzig bis hundert könnte und welche Rolle insbesondere Um- Jahren fernbedient rezykliert und in neuen welt- und Sicherheitseigenschaften darin Kraftwerken wiederverwendet werden (siehe spielen. Abbildung oben). Längerfristig gelagert wer- Die Eigenschaften eines künftigen Fusions- den müssten nach heutigem Wissen lediglich kraftwerks werden in Systemstudien unter wenige - ein bis einige - Prozent des Mate- den verschiedensten Fragestellungen, insbe- rials. Gemäß derzeitiger EU-Regelung müsste sondere Kosten und Umweltaspekte, unter- das Endlager wegen der vergleichsweise sucht. Da das ITER-Experiment einem geringen Radiotoxizität wohl nicht tiefer als späteren Kraftwerk bereits sehr nahe kommt, etwa 50 Meter sein. folgen auch aus den Planungen für ITER Da die Recyclingtechnik für Fusionsabfall wesentliche Informationen. noch nicht entwickelt und ihre Wirtschaft- lichkeit daher gegenwärtig nicht prüfbar ist, Kosten des Fusionsstroms wurden trotz der Möglichkeit, die Materialien Die Stromgestehungskosten der Fusion lassen wiederzuverwenden, auch ihre Eigenschaften sich vorerst nur mit großen Unsicherheiten in einem Endlager untersucht. Hier wäre die angeben. Die Grundlagen dafür liefern geringe Nachwärme von Vorteil, da sie eine Systemstudien sowie die für den Testreaktor größere Packungsdichte ermöglicht. Die maxi- ITER abgeschätzten Kosten. Letztere sind male Nachwärme pro Kilogramm Fusions- besonders aussagekräftig, weil sie in engem abfall ist hundert mal niedriger als bei Spalt- Zusammenwirken mit der Industrie erarbeitet abfall. Der Platzbedarf ist also wesentlich wurden. Zudem werden die Kosten der geringer. Fusion stark von den physikalischen und

34 technischen Fortschritten beeinflusst werden, tisch zu sein; die Nachfragesteigerung bei die in den nächsten Jahrzehnten erzielt wer- elektrischer Energie wird nochmals deutlicher den können. ausfallen. Die Stromgestehungskosten eines jeden Wie diese Nachfrage unter verschiedenen Kraftwerks setzen sich zusammen aus den Randbedingungen befriedigt werden könnte, Investitionskosten, den Betriebs- und Brenn- untersuchte eine detaillierte SERF-Studie des stoffkosten sowie den Kosten für den Abbau niederländischen Energieinstitutes ECN der Anlage und die Lagerung der Abfälle. (Energieonderzoek Centrum Nederland) über Eine Abschätzung der Investitionskosten für die Entwicklung des europäischen Energie- die wesentlichen Elemente eines Fusions- marktes. In einem Rechenmodell wurden An- kraftwerks gibt die Abbildung unten. nahmen über die künftige Energienachfrage Zugrunde gelegt sind dabei Annahmen, die gemacht, über die Entwicklung der Energie- mit den heute erreichten Werten gut in ressourcen, über die Entwicklung der Ener- Einklang zu bringen sind. Zugleich sind die gietechnologien sowie über weitere Faktoren, physikalischen Grenzen bei weitem noch die den Energiemarkt beeinflussen. Fusions- nicht ausgeschöpft, so dass für die Zukunft kraftwerke standen in diesem Modell ab dem Raum für Verbesserungen bleibt. Jahr 2050 zur Verfügung. Die Dynamik des Der Vergleich der Kraftwerkskosten mit Modells wird durch eine Optimierung be- den entsprechenden Kosten bei ITER zeigt stimmt, die die Gesamtkosten des Systems eine gute Übereinstimmung. Neben den minimiert. Dabei werden Kosten, die erst in Brennstoffkosten - die bei der Fusion ver- Zukunft anfallen, diskontiert. nachlässigbar niedrig sind - und den reinen Die Ergebnisse der Berechnungen zeigen, Betriebskosten gehören dazu die Kosten für dass Fusion als neue und kapitalintensive den Austausch des Blankets und der Technologie nur dann in den europäischen Divertorplatten, die während der Betriebszeit Markt eindringen kann, wenn eine Randbe- des Kraftwerkes mehrfach ausgetauscht wer- dingung der Energiewirtschaft ist, dass der den müssen. Die Anlagenkosten sind jedoch Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid nicht statisch, sondern sinken mit der Zeit deutlich reduziert werden soll. Dann könnte durch sogenannte Lerneffekte. Auch die Fusion im Jahr 2100 etwa 20 bis 30 Prozent Anlagengröße spielt eine Rolle: Die spezifi- des europäischen Strombedarfes decken. schen Kosten sind umso niedriger je größer Hauptkonkurrenten der Fusion sind dabei die Anlagen sind, ebenso wenn zwei Anlagen Kohle und Kernspaltung. Während ein starker sich die Infrastruktur teilen. Damit dürften die Ausbau von Kohle- oder Kernspaltenergie die Stromgestehungskosten der Fusion - die Ausbreitung der Fusion verhindern würde, Brennstoffgewinnung, Bau, Betrieb und entwickeln sich Fusion und Erneuerbare Abbau des Kraftwerks sowie Lagerung der Energien parallel, was sich durch die sehr Rückstände berücksichtigen - bei der zehnten Anlage ihrer Art Abschätzung der zwischen sechs und zehn Cent pro Investitionskosten für erzeugter Kilowattstunde liegen. die wesentlichen Elemente eines Die Fusion in der künftigen Fusionskraftwerks. Energiewirtschaft (Quelle: T.C. Hender et al., Fusion Die zukünftige Entwicklung der Technology, Vol. 30, 12/1996). Energiewirtschaft ist aller Wahr- scheinlichkeit nach durch eine deutlich steigende Nachfrage von Energie gekennzeichnet. Gründe sind vor allem das An- wachsen der Weltbevölkerung und das stetige Wachstum der wirtschaftlichen Aktivitäten welt- weit, das sich wohl über das ganze Jahrhundert erstrecken wird. Steigerungen der Energie- nachfrage auf das Drei- bis Vierfache des heutigen Wertes scheinen dabei durchaus realis-

35 40 Jahren ausgelegt - zu dieser Zeit soll das 0,3 Fusionsdemonstrationskraftwerk DEMO mit der Stromerzeugung beginnen. 0,25 Wasserkühlung 0,2 Fusion in einer nachhaltigen Energie- Heliumkühlung wirtschaft 0,15 Wie lassen sich die Umwelt- und Sicher- 0,1 heitsaspekte eines Fusionskraftwerks (siehe Seite 28) mit den Umwelt- und Sicher- 0,05 heitseigenschaften anderer Energiewand- 0 lungstechniken vergleichen? Einen mögli- Externe Kosten (Eurocent/kWh) Externe Kosten chen Ansatz liefert das europäische „Ex-

Bau ternE“-Projekt, das mit der Bestimmung der Abbau Betrieb sogenannten „externen Kosten“ unterschied- Endlager licher Technologien eine erste Vergleichs- Recycling grundlage schafft. Dabei versteht man unter der Landschaft externen Kosten all jene, die nicht von den Wiederherstellung eigentlichen Marktteilnehmern getragen wer- den. Zum Beispiel ist in dem Preis für ein Externe Kosten für die unterschiedliche Charakteristik der Techniken Flugticket, das ein Fluggast kauft, keine Erzeugung von Fusions- erklärt: Fusion bedient in erster Linie die Entschädigung für die Anwohner des strom. Mit wenigen Grundlast, wofür Wind- und Sonnenkraft- Flughafens wegen Lärmbelästigung enthal- Tausendstel Euro pro werke wegen ihrer intermitterenden Leistungs- ten. Ebenso verursachen die Emissionen von erzeugter Kilowatt- abgabe nicht geeignet sind, solange nicht Kraftwerken möglicherweise erhebliche stunde liegt die Fusion Speicher mit großer Kapazität zur Verfügung Gesundheitsbeeinträchtigungen, die zwar im Bereich erneuer- stehen. vom Gesundheitswesen, nicht aber von den barer Energietechniken Die ECN-Studie zeigt, dass Fusion dort die Stromkunden bezahlt werden. wie Sonne und Wind. meisten Marktanteile gewinnen wird, wo die Die ExternE-Methode versucht nun, alle

(Quelle: T. Hamacher et al., Fusion geforderte Reduktion der Treibhausgase am Nebenwirkungen einer Energiewandlungs- Engineering and Design 56-57, 2001, striktesten ist. Zwar werden kurz- und mittel- technik aufzuspüren, ihre Auswirkungen zu Seite 95-103) fristig Kohlendioxid-Einsparungen möglich, beschreiben und schließlich monetär zu be- indem Kohle durch Gas ersetzt wird. In der werten. Als Beispiel können die Schwefel- zweiten Jahrhunderthälfte müssen die Gas- emissionen eines Kohlekraftwerks dienen: kraftwerke aber ersetzt werden, wofür sich Zuerst ist zu analysieren, wie viel Schwefel- die Fusion anbietet. Im globalen Blickwinkel dioxid den Schornstein des Kraftwerkes ver- wird die Bedeutung der Option Fusion noch lässt, wie sich die Substanz ausbreitet und wo deutlicher: In Ländern wie Indien und China sie niedergeht. Sodann werden die Auswir- sind in den nächsten Jahrzehnten fast nur kungen - Gesundheitsschädigung beim Men- Kohlekraftwerke geplant. Kraftwerke und schen, Schäden an Fassaden, Auswirkungen Infrastruktur sind auf Lebenszeiten von 30 bis auf die Ernte oder einen Wald, etc. -

Leistungsvermessung an einem Solarkraft-

werk. Die Stromerzeu- Foto: RWE gungskosten neuer Energiequellen wie Photovoltaik oder Fusion liegen etwas höher als die heutiger Techniken.

36 analysiert. Im letzten Schritt werden diese Schäden dann monetär bewertet. Für die Beeinträchtigung der Ernte ist dies einfach: der Geldwert des Ernteverlustes. Schwieriger ist es, Auswirkungen auf den Menschen oder ein Biosystem zu bewerten. In einem pragma- tischen Ansatz versucht man den „Wert“ eines menschlichen Lebens abzuschätzen, indem man untersucht, was Menschen bereit sind auszugeben, um die Wahrscheinlichkeit eines tödlichen Unfalls herabzusetzen. Ebenso untersucht man Gehaltsstrukturen von Arbeitsplätzen mit erhöhtem Unfallrisiko um so herauszufinden, wie viel Geld ein Arbeitnehmer als Ausgleich für ein höheres Todesrisiko verlangt. Um die verschiedenen Kraftwerksarten - Kohle, Erdgas, Kernspaltung, Biomasse,

Wasser-, Wind- und Solarenergie sowie Foto: Norma UFZ-Umweltforschungszentrum Neuheiser, Leipzig-Halle Fusion - zu vergleichen, wurden alle Auswir- kungen im Brennstoff- und Lebenszyklus der die Fusion - externe Kosten im Bereich Mit der ExternE-Metho- jeweiligen Anlagen untersucht. Für die weniger Zehntel Cent pro erzeugter Kilowatt- de versucht man, Fusion erstreckte sich diese Analyse von der stunde - sind vielversprechend (siehe Abbil- Nebenwirkungen einer Gewinnung der Rohbrennstoffe Deuterium dung links). Bezüglich der externen Kosten Energiewandlungs- und Lithium über die eigentliche Betriebs- kann die Fusion damit leicht mit erneuerbaren technik - hier der Land- phase des Kraftwerks bis zur Lagerung der Energietechniken wie Sonne und Wind kon- schaftsverbrauch durch radioaktiven Reststoffe. Die Ergebnisse für kurrieren. die Braunkohlegewin- nung - monetär zu bewerten und so ver- gleichbar zu machen. Kernfusion - eine internationale Gemeinschaftsaufgabe

ihren Anfängen Teil eines europäischen Fusionsforschung Forschungsverbundes, in dem die Fusions- in Europa zentren der Europäischen Union und der Schweiz mit etwa 2000 Wissenschaftlern und Ingenieuren zusammengefasst sind. Koordi- n Deutschland liegt der Schwerpunkt der niert von der Europäischen Atomgemein- IFusionsforschung bei der „Entwicklungs- schaft EURATOM mit Sitz in Brüssel, stellen gemeinschaft Kernfusion“. Von dem Max- die Partner das europäische Programm auf, Planck-Institut für Plasmaphysik und dem beteiligen sich an seiner Finanzierung und Forschungszentrum Karlsruhe gegründet, kontrollieren seine Ausführung in den arbeits- werden hier arbeitsteilig Plasmaphysik (IPP) teilig forschenden nationalen Laboratorien und Fusionstechnologie (FZK) untersucht. (Abbildung Seite 39). Zusätzlich betreibt Eu- Seit 2000 ist auch das Forschungszentrum ropa seit 1983 ein gemeinsames Großexperi- Jülich Mitglied. Die drei Institute sind zudem ment, den „Joint European Torus“ (JET) im im „Programm Kernfusion“ der Helmholtz- englischen Culham. Dieses weltweit größte Gemeinschaft organisiert. Beiträge zum deut- Fusionsexperiment hat die Aufgabe, ein Plasma schen Fusionsprogramm liefern außerdem in der Nähe der Zündung zu untersuchen. zahlreiche Universitäten. Neben dem europäischen Fusionspro- Die deutsche Fusionsforschung ist seit gramm existieren weltweit noch drei weitere

37 eigenständige große Programme in den USA, des physikalisch-technischen Problems der in Japan sowie in der Gemeinschaft Unab- Aufgabe nicht gerecht wurden: Wenige Jahre hängiger Staaten (GUS). In kleinerem Um- hielt 1952 das für Fusion zuständige amerika- fang betreiben auch andere Länder - so Austra- nische Kontrollgremium für ausreichend, um lien, China und Südkorea - Fusionsforschung. zu entscheiden, ob die Kernfusion realisierbar Zwischen den Programmen gibt es zahlreiche sei. Nur vier experimentelle Schritte sah das Wechselwirkungen. Herausragend ist dabei Fusionsprogramm des amerikanischen Fu- die seit 1988 bestehende Zusammenarbeit der sionsforschers Lyman Spitzer in Princeton großen Fusionsprogramme, die gemeinsam vor: Der Erfinder des Stellarators wollte mit den nächsten großen Schritt in der Fusions- einem ersten Experiment, Modell A genannt, forschung, den internationalen Testreaktor ein eine Millionen Grad heißes Stellara- ITER planen, der erstmals ein längere Zeit torplasma untersuchen. Die kleine Anlage, die energielieferndes Plasma erzeugen soll. auf einem Labortisch Platz fand, ging 1952 in Betrieb. Auf die jeweils größeren und lei- stungsfähigeren Modelle B und C sollte Historischer Modell D folgen, das bereits energieliefernde Fusionskraftwerk. Im Unterschied zu dem Überblick ambitionierten Princetoner Programm war man andernorts bescheidener. In Los Alamos 1929 vermuteten Atkinson und Houtermans, zum Beispiel war bereits der Name des dort dass Verschmelzungsreaktionen leichter geplanten Experiments - Perhapsatron („Viel- Atome die Energiequelle von Sonne und leicht-Maschine“) - Ausdruck dieser Vorsicht. Sternen seien. Als die Teilchenbeschleuniger Tatsächlich zeigten sich bald massive genügend hohe Energien erreichen konnten, Schwierigkeiten und die Hoffnung auf einen um im Laboratorium leichte Kerne zur Reak- schnellen Durchbruch musste aufgegeben tion zu bringen, gelang es 1934 Rutherford, werden. Neben normalen technischen Rück- die Fusion von Deuteronen nachzuweisen. schlägen zeigten sich grundlegende Pro- 1939 waren die Kenntnisse bereits so weit bleme: Zum Beispiel waren die Plasmen gediehen, dass Bethe und Weizsäcker eine durch Wandmaterial stark verunreinigt; die quantitative Beschreibung des Fusionszyklus erwarteten Gesetze der klassischen stoßbe- der Sonne geben konnten. Erste Untersu- dingten Diffussion galten überraschend nicht, chungen mit dem Ziel, die Kernverschmel- d.h. die Plasmateilchen verließen den Magnet- zung zur Energiegewinnung auf der Erde käfig wesentlich schneller, als vorhergesehen nutzbar zu machen, begannen Ende der 40er und überdies zeigten sich eine ganze Reihe WENDELSTEIN 1a, Jahre, vor allem in den USA, Russland und verschiedenster Instabilitäten, die den magne- der erste Stellarator Großbritannien. tischen Einschluss zerstörten. Ende der 50er im IPP, ging 1960 in Blickt man von einem der modernen Jahre setzte sich daher die Erkenntnis durch, Betrieb (vorne), Fusionsexperimente zurück in diese Vergan- dass zur Entwicklung der Fusion ein Lang- rechts hinten: genheit, so nehmen sich die Anfänge der zeitprogramm mit intensiver Grundlagen- WENDELSTEIN 1b, Fusionsforschung sehr bescheiden aus: Die forschung nötig sei. Die theoretischen und links: WENDELSTEIN 4. Plasmen der ersten Experimente waren mit experimentellen Arbeiten wurden nun sehr wenigen Litern klein, die breit angelegt und mit einer Vielzahl von Magnet- und Vakuumtech- Anlagentypen - lineare und ringförmige nik war nicht entwickelt, Pinche verschiedenster Bauart, Stellaratoren, experimentelle Erfahrung Multipole, Spiegelmaschinen, usw. - experi- und theoretisches Ver- mentiert. Schwerpunkt war zunächst die ständnis des Plasmaver- Suche nach geeigneten Magnetfeldkäfigen, haltens fehlten ebenso die ein Plasma stabil und wärmeisoliert wie leistungsfähige Heiz- einschließen können. In Deutschland began- apparaturen, ausgefeilte nen Überlegungen zu einer Ausweitung der Messverfahren zum Be- Fusionsforschung Ende der 50er Jahre. obachten und schnelle Trotz beachtlicher Kenntnisfortschritte Computer zum Berech- blieben die experimentellen Resultate nen des komplexen Plas- während der 60er Jahre weltweit unbefriedi- maverhaltens. gend: Fast alle Anlagentypen litten unter Es ist daher wenig ver- Instabilitäten und zeigten einen zu starken wunderlich, dass die Teilchenverlust - die berüchtigte Bohm- ersten Einschätzungen Diffussion. Eine der wenigen Ausnahmen war

38 Helsinki 10

Stockholm 9

9

11 3 Dublin 12 3 Berlin 2 1 12 1

6 6 13 21 Prag

14 4 5 16 20 12 Wien Budapest 16 16 15 22 8 8

7

Rom Madrid 8 17 Lissabon 18

19 Athen

Fusionslaboratorien in Europa

1 Niederlande - Bereich Berlin - Instituut voor Plasmafysica, Nieuwegein 13 Forschungszentrum Jülich GmbH, Institut für Plasmaphysik, Jülich, Deutschland - NRG (Energy Research Foundation ECN - KEMA) 14 Forschungszentrum Karlsruhe GmbH, Programm Kernfusion, Karlsruhe, Deutschland 2 Culham Laboratory, United Kingdom Atomic Energy Authority (UKAEA), 15 Ecole Polytechnique Federale de Lausanne, Schweiz Abingdon, Großbritannien 16 Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW), Wien 3 Irland - Technische Universität Wien - Universität Dublin, Irland - Universität Innsbruck - Dublin Institute for Advanced Studies - Österreichisches Forschungszentrum, Seibersdorf - University College Cork, - Technische Universität Graz 4 EFDA - The European Fusion Development Agreement, Garching, 17 Centro de Investigaciones Energéticas Medioambientales y Tecnológicas (CIEMAT), Deutschland Madrid, Spanien 5 ITER - Europan Joint Work Site, Garching, Deutschland 18 Instituto Superior Técnico, Technische Universität Lissabon, Lissabon, Portugal. 6 Belgien 19 Griechenland - Ecole Royale Militaire, Plasma Physics Laboratory, Brüssel - National Technical University of Athens, Athen - Université Libre de Bruxelles - Demokritos, National Centre for Scientific Research, Athen - Centre d'étude de l'Energie Nucléaire, Mol - The University of Ioannina, Greece 7 Le Commissariat à l'Energie Atomique (CEA), Departement de Recherches - Foundation for Research and Technology - Hellas sur la Fusion Controlée, Cadarache, Frankreich 20 The Hungarian Academy of Sciences, Budapest, Ungarn 8 Ente per le Nuove tecnologie, l'Energia e l'Ambiente (ENEA), Italien - Budapest University of Technology and Economics, Budapest - Centro Ricerche Energia, ENEA, Frascati 21 Tschechien - Istituto di Fisica del Plasma, CNR, Mailand - Academy of Sciences of the Czech Republic, Prag - Consorzio RFX, Padua - Czech Technical University, Prag 9 Naturvetenskapliga Forskningsradet, Stockholm, Schweden - Charles University Prag - Royal Institute of Technology, Alfvén Laboratory, Stockholm - J. Heyrovsky Institute of Physical Chemistry, Prag - Chalmers University of Technology, Göteborg 22 Agentia Nationala pentru Stiinta, Tehnologie si Inovare, Rumänien 10 National Technology Agency (TEKES), Helsinki, Finnland 11 Risø National Laboratory, Roskilde, Dänemark 12 Max-Planck-Institut für Plasmaphysik, Deutschland - Garching - Teilinstitut Greifswald

39 der kleine WENDELSTEIN-Stellarator in Konzentration der Arbeitsgebiete und zu Garching, das „Munich mystery“. Ende der größeren, leistungsstärkeren Experimenten. 60er Jahre meldeten dann sowjetische Fusi- Der Tokamak setzte sich dabei als weltweit onsforscher außerordentlich gute Ergebnisse führender Experimenttyp durch. Mit seiner ihres Tokamak-Experimentes T3. Die russi- Hilfe wurden zunächst die zentralen physika- sche Erfindung sollte wesentlich bessere lischen Fragen - insbesondere Einschluss und Einschluss- und Stabilitätseigenschaften besit- Aufheizung eines Fusionsplasmas - unter- zen als alle bisherigen Konfigurationen. Auch sucht. Ein wesentlicher Erfolg war 1982 die die erreichten Plasmatemperaturen waren Entdeckung des H-Regimes - ein Plasma- erheblich höher. Nach anfänglichen Zweifeln zustand mit besonders guter Wärmeisolation - an den russischen Angaben bestätigte ein eng- am Tokamak ASDEX in Garching. Große lisches Team, das nach Russland gereist war Tokamakexperimente wurden während der und nachgemessen hatte, die Angaben. Die- folgenden Jahrzehnte in den USA, Japan und sem Wissenschaftlerteam stand ein damals vor allem in Europa gebaut, wo JET, der Joint neues Hilfsmittel zur Bestimmung von European Torus, 1983 in Betrieb ging. 1991 Temperatur und Dichte im Plasma zur gelang es hier, in einem zunächst noch „ver- Verfügung - ein leistungsstarker Laser. Die dünnten“ Deuterium-Tritium-Plasma über ein Bestätigung war der Auslöser für ein weltwei- Megawatt an Fusionsleistung zu erzeugen. tes Tokamak-Fieber. Schnell entstanden über- Zum zweiten Mal gelang dies Ende 1993 mit all neue Tokamaks. Auch das bisherige dem amerikanischen Fusionsexperiment Stellaratorzentrum der USA, Princeton, stell- TFTR (Tokamak Fusion Test Reactor) in te sich um und verwandelte seinen glücklosen Princeton, das rund sechs Megawatt Fusions- C-Stellarator in einen Tokamak. leistung freisetzte und sich später auf zehn Die gewonnenen Erfahrungen führten Megawatt steigern konnte. 1997 schließlich schließlich in den 70er Jahren zu einer gelang JET die Erzeugung von 14 Megawatt

Wichtigste laufende und geplante Fusions- Experiment Typ Laboratorium Aufgabe Betriebs- experimente des beginn Europäischen Fusionsprogramms JET Tokamak Europäisches Plasmaphysik in der 1983 Gemeinschafts- Nähe der Zündung unternehmen

TEXTOR-94 Tokamak Forschungszentrum Plasma-Wand- 1982 Jülich (D) Wechsel- wirkung

TORE SUPRA Tokamak CEA Cadarache (F) Test supraleitender 1988 Spulen, stationärer Betrieb

FT-Upgrade Tokamak ENEA Frascati (I) Plasmaphysik bei 1989 hohen Dichten

ASDEX Upgrade Tokamak IPP Garching (D) Plasmaphysik unter 1991 kraftwerksähnlichen Bedingungen, ITER-Vorbereitung

WENDELSTEIN 7-AS Stellarator IPP Garching (D) Test der Prinzipien 1988 des „Advanced Stellarator“

WENDELSTEIN 7-X Stellarator IPP-Teilinstitut Test der Kraftwerks- ca. 2010 (im Bau) Greifswald (D) tauglichkeit des „Advanced Stellarator“

ITER (geplant) Tokamak Internationales Testreaktor, brennen- ca. 2014 Gemeinschafts- des Plasma, unternehmen Technologie- Erprobung

40 Fusionsleistung für zwei Sekunden; 65 Prozent der Konzeptverbesserung zum Heizen aufgewandten Leistung wurden dabei per ente rim in e d Fusion zurückgewonnen. p e

x n Neben den Tokamaks E JET ITER DEMO wurde in geringerem Um- A fang auch mit anderen Ex- s n so ne perimenttypen gearbeitet, ziatio Technologie Die Struktur des von denen sich in den letz- Materialentwicklung ten Jahren der Stellarator Europäischen als besonders leistungs- Fusionsprogrammes fähig erwiesen hat. Nach dem schweren des zugrundeliegenden Tokamakkonzeptes - Rückschlag für die Stellaratoren in den 60er vor allem in Hinblick auf den Dauerbetrieb - Jahren konnte 1980 das Experiment WEN- gearbeitet. Zusammen mit den Ergebnissen DELSTEIN 7-A weltweit zum ersten Mal das der Stellaratorforschung werden diese Arbei- Stellaratorprinzip erfolgreich mit einem ten sowie die experimentellen Erfahrungen heißen Plasma demonstrieren. „Garching mit einem brennenden Plasma, die ITER lie- shows stellarators may be good after all“, fern soll, dann in die Planung des Demon- meinte damals die Zeitschrift „Physics strationskraftwerks DEMO einfließen. Er soll Today“: „Stellarators appear to be back in bereits alle Funktionen eines energiegewin- business.“ Aufbauend auf diesen Erfolgen nenden Kraftwerks erfüllen, ohne allerdings wird im IPP das Experiment WENDEL- wirtschaftlich arbeiten zu müssen. Falls die STEIN 7-AS betrieben, das 1988 in Betrieb Fusionsforschung nach diesem Plan voran- ging. Der verbesserte Nachfolger WENDEL- schreitet, könnte - angesichts der für ITER STEIN 7-X, der die Kraftwerkstauglichkeit und seinen Nachfolger DEMO nötigen der Stellaratoren zeigen soll, entsteht gegen- Planungs-, Bau- und Betriebszeit - die wärtig im IPP-Teilinstitut Greifswald. Er soll Fusionsenergie etwa in der Mitte des Jahr- die Stellaratoren als leistungsfähige Alterna- hunderts wirtschaftlich nutzbar sein. tive auf das Niveau der bislang bevorzugten Tokamaks heben. Gelingt dies, dann könnte das Demonstrationskraftwerk, das auf den in internationaler Zusammenarbeit ge- planten Tokamak-Experimentalreaktor ITER folgen soll, auch ein Stellarator sein. Nachdem die großen Fortschritte der Plasmaphysik in den letzten Jahren die physikalischen Probleme eines Fu- sionskraftwerks als lösbar erscheinen lassen, wird die Bearbeitung technischer Fragestellungen verstärkt. Schlüssel- probleme sind hier Materialentwicklung und Konzeption der „ersten“, das Plas- ma unmittelbar umgebenden Wand, die Entwicklung geeigneter Blanket- materialien und der Tritiumtech- nologie sowie der Bau großer supralei- tender Magnete. Ebenso wichtig ist die Erforschung der Sicherheits- und Um- weltfragen der Fusion. Diese technologischen Zeitplan der Fusions- Fragen werden in Europa in einem eigenen forschung beginnend Technologieprogramm bearbeitet sowie in mit dem Baubeschluss Zusammenhang mit der weltweiten ITER- für ITER über DEMO Zusammenarbeit. ITER soll zeigen, dass es bis zum ersten physikalisch und technisch möglich ist, durch Fusionskraftwerk Kernverschmelzung Energie zu gewinnen. Parallel zu ITER wird an der Verbesserung

41

Fusions- forschung im IPP Tokamaks

usionsexperimente vom Typ Tokamak, dere zur Vorbereitung des in weltweiter Zu- FAnfang der 50er Jahre in der Sowjetunion sammenarbeit geplanten Testreaktors ITER entwickelt, wurden bald weltweit zum füh- geeignet. Das Arbeitsprogramm für ASDEX renden Experimenttyp der Fusionsforschung. Upgrade wird durch ein europäisches Pro- Schwerpunkt der Tokamak-Aktivitäten des grammkomitee aufgestellt, so dass Forscher Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik ist das aus ganz Europa die Anlage für ihre Experi- Experiment ASDEX Upgrade. Es ging 1991 mente nutzen können. in Betrieb, nachdem ein Jahr zuvor der Abgesehen von der Zuarbeit durch ASDEX Vorgänger - das „Axialsymmetrische Divertor- Upgrade wirken Wissenschaftler des IPP auch Experiment“ ASDEX - nach zehnjähriger, direkt an der Vorbereitung des internationalen überaus erfolgreicher Experimentierzeit still- Experimentalreaktors ITER mit. Der Toka- gelegt worden war. ASDEX hatte das Ziel, mit mak soll erstmals ein energielieferndes Plasma Hilfe eines Divertors saubere Plasmen zu erzeugen und zugleich technische Kompo- erzeugen und seine Bedeutung für ein zukün- nenten eines Fusionskraftwerks untersuchen. ftiges Fusionskraftwerk zu prüfen. Tatsächlich Seit 1988 ist das IPP in Garching Gastgeber konnte das Experiment zeigen, dass ein der internationalen ITER-Planungsgruppe. Divertor das Plasma nicht nur sauberhalten Daneben beteiligt sich das IPP intensiv an kann, sondern auch zu einer bedeutenden Ver- dem wissenschaftlichen Programm des Toka- besserung der Energieeinschlusszeiten führt. maks JET (Joint European Torus), dem euro- Der Nachfolger ASDEX Upgrade soll den päischen Gemeinschaftsexperiment im engli- Divertor in einer Form untersuchen, wie er schen Culham. Das Plasma dieser weltweit auch in einem Kraftwerk einsetzbar wäre. größten Fusionsanlage kommt in vielem bereits Von der Divertor- und Randschichtphysik hat einem Kraftwerksplasma nahe. Im Deuterium- sich das Arbeitsfeld von ASDEX Upgrade im Tritium-Betrieb hat JET 1997 kurzzeitig eine Laufe der Zeit auf das Plasmazentrum aus- Fusionsleistung von 16 Megawatt erzeugt und gedehnt. Aufbau und wesentliche Plasma- dabei 65 Prozent der zur Plasmaheizung ver- eigenschaften der Anlage sind einem späteren brauchten Energie als Fusionsenergie zurück- Kraftwerk angepasst. Sie ist damit insbeson- gewonnen.

Blick in das Plasmagefäß des Fusionsexperiments ASDEX Upgrade Foto: Peter Ginter

44 Transformator- Aufbau von ASDEX spule Vertikalfeld- spulen Upgrade (aufgeschnitten) mit Plasmagefäß, Öffnungen für Heizung, Stützgerüst Hauptfeldmagneten, Messgeräte Poloidalfeldspulen und und Pumpen Stützgerüst. Stützgerüst Vertikalfeld- spulen

Plasma Magnetspule

Plasmarand Plasmagefäß

Divertorplatten

Fusionsexperiment „Advanced Tokamak-Szenario“, das auf lange Sicht die hauptsächliche Beschränkung der ASDEX Upgrade Tokamaks, den gepulsten Betrieb, aufheben soll. Einen Weg, Teilchen- und Energieabfuhr as Tokamakexperiment ASDEX Upgrade, aus dem Plasma zu kontrollieren, zeigte das Ddie gegenwärtig größte Fusionsanlage in Experiment ASDEX (Axialsymmetrisches Deutschland, ging 1991 im IPP in Betrieb. Divertor-Experiment), das von 1980 bis 1990 Eine der Aufgaben des Experiments ist es, die im IPP betrieben wurde. Spezielle Spulen Wechselwirkung zwischen dem heißen erzeugten hier ein zusätzliches Magnetfeld, Grafik: Johann Weber Plasma und den Gefäßwänden unter bereits das Divertorfeld. Es lenkt („divertiert“) die kraftwerksähnlichen Bedingungen zu unter- gesamte äußere Randschicht des Plasmas in suchen. Obwohl der heiße Plasmaring im einen separaten Bereich des Plasmagefäßes, Inneren des Gefäßes von magnetischen den Divertor. Eine geschlossene Magnetfeld- Kräften in Schwebe gehalten wird, gerät das fläche, die Separatrix, verhindert den Kontakt Plasma an seinem Außenrand dennoch in des inneren, heißen Plasmas mit der Gefäß- Kontakt mit den umgebenden Wänden. Dies wand und trennt den inneren Einschlussbe- kann zur Folge haben, dass Material von der reich vom äußeren offenen Plasma (siehe Wand abgetragen wird, in das Plasma ein- Abbildung Seite 24. Die Plasmateilchen des dringt, es verunreinigt und abkühlt. offenen Bereichs werden in den Divertor Weiterhin wird an ASDEX Upgrade die gelenkt. Sie treffen dort abgekühlt und vom gleichzeitige Optimierung der zentralen heißen Plasmazentrum entfernt auf Prallplat- Plasmaeigenschaften wie Isolationsgüte und ten auf und werden abgepumpt. Ebenso kön- Stabilität unter Berücksichtigung der Teil- nen störende Verunreinigungen - in einem bren- chen- und Wärmeabfuhr untersucht. Obwohl nenden Plasma auch die „Fusionsasche“ nämlich moderne Tokamakexperimente die Helium - aus dem Plasma entfernt werden. für ein Kraftwerk notwendigen Isolations- Zugleich wird die Gefäßwand geschont. und Stabilitätseigenschaften punktuell bereits Überraschend wurde mit ASDEX auch ein demonstrieren konnten, gelingt ein „integrier- Ausweg für ein grundlegendes Problem des tes“ Szenario, das alle Anforderungen gleich- magnetischen Plasmaeinschlusses entdeckt, zeitig erfüllt, noch nicht. Zu diesem Zweck nämlich die an allen Experimenten beobach- untersucht ASDEX Upgrade zwei mögliche tete Abnahme der Energieeinschlusszeit mit Entladungstypen, das sogenannte „ELMy H- zunehmender Heizleistung: Unvermeidbar mode-Szenario“, das einen konventionellen hat die Annäherung der Temperatur an die Ansatz für den Betrieb eines Fusions- Zündbedingungen ein Absinken der Wärme- kraftwerks darstellt, sowie das fortschrittliche isolation zur Folge. 1982 wurde nun mit Hilfe

45 Die verschiedenen Divertoranordnungen von ASDEX Upgrade

der Divertoranordnung an ASDEX ein Plasmas denen im Fusionskraftwerk ent- Plasmazustand mit guter Wärmeisolation des sprechen. Außerdem wurde das Experiment Brennstoffes entdeckt. Er wurde H-Regime so dimensioniert, dass in der auf Kraft- (High Confinement Regime) getauft. Dieses werksmaße vergrößert gedachten Anlage Entladungsszenario ist auch heute noch die Blanket und erste Wand innerhalb der Grundoption für den Betrieb eines zukünfti- Magnetspulen Platz fänden. Damit kann gen Fusionskraftwerks. ASDEX Upgrade trotz seiner kleineren Das Divertor-Konzept erwies sich als so Abmessungen wesentliche Randschichteigen- leistungsfähig, dass mittlerweile alle moder- schaften ausreichend simulieren, die in ITER nen Fusionsexperimente das ASDEX-Prinzip sowie in einem Kraftwerksplasma auftreten übernahmen oder entsprechend modifizierten. werden. Nicht zuletzt wurde das europäische Die unmittelbare Übertragung der bewährten Gemeinschaftsexperiment JET für Divertor- Betriebsweise des H-Regimes auf ITER ist betrieb umgestaltet. Die größten Erfolge hatte wegen der hohen Fusionsleistungen jedoch die Fusionsforschung mit JET, seit es in der nicht problemlos: Von der insgesamt im Divertorkonfiguration und im H-Regime Kraftwerk erzeugten Fusionsleistung wird zwar arbeitet. Diese Betriebsweise ist auch für den der Hauptteil von den entstehenden Fusions- geplanten Internationalen Testreaktor ITER neutronen großflächig auf den Wänden des vorgesehen. Plasmagefäßes abgeladen. Die eng gebündelt in Die von ASDEX erfolgreich begründete den Divertor strömenden Plasmateilchen brin- Divertorlinie des IPP wird seit 1991 mit dem gen aber dennoch wesentlich mehr Leistung auf Nachfolger ASDEX Upgrade fortgesetzt, in die begrenzte Fläche der Divertorplatten, als dem das einfache Divertorkonzept von diese ohne Zerstörung aushalten können. ASDEX den Erfordernissen eines Fusions- Eine mögliche Lösung dieses Problems hat kraftwerks angeglichen wurde. Im Gegensatz - nach Vorarbeiten am Jülicher TEXTOR- zum Vorgänger sind dabei auch wesentliche Experiment - ASDEX Upgrade 1994 vorge- Plasmaeigenschaften, vor allem die Plasma- führt: Damit nicht die gesamte Energie in dichte und die Belastung der Wände, den Form von Plasmateilchen auf die Diver- Verhältnissen in einem späteren Kraftwerk torplatten einprasselt, wurden in die Rand- angepasst. Durch genügend hohe Heizleis- schicht des Plasmas gezielt Verunreinigungen tung wird dafür gesorgt, dass die Energie- - Atome des Edelgases Neon - eingeblasen. flussdichten durch die Randschicht des Durch den Kontakt mit dem heißen Plasma werden sie zum Leuchten Charakteristische Daten Radius der Anlage (über alles): 5 Meter angeregt und schaffen so die des Experimentes Höhe (über alles): 9 Meter Energie auf sanfte Weise und ASDEX Upgrade Gewicht: 800 Tonnen über die ganze Gefäßwand Großer Plasmaradius: 1,65 Meter verteilt als Ultraviolett- oder Plasmahöhe: 1,60 Meter Röntgenlicht aus dem Plasma. Plasmabreite: 1,00 Meter Anders als im heißen Plasma- Plasmavolumen: 13 Kubikmeter zentrum, wo diese abkühlende Plasmagewicht: 0,003 Gramm Anzahl der Toroidalfeldspulen: 16 Wirkung vermieden werden Spulenstrom: 84 Kiloampere muss, sind Verunreinigungen am Magnetfeld: max. 3,90 Tesla Rand des Plasmas äußerst nütz- Plasmastrom: max. 1,4 Megaampere lich: Bevor die Plasmateilchen Entladungsdauer: bis 10 Sekunden auf den Divertorplatten ankom- Heizleistung: men, haben sie ihre Energie be- - Neutral-Injektion: 20 Megawatt reits an die Neonatome verloren. - Ionen-Zyklotronheizung: 8 Megawatt - Elektronen-Zyklotronheizung: 2 Megawatt Die Wärmeisolation dieses Plasma- zustandes entspricht außerdem

46 annähernd den günstigen Werten des H- einem Kraftwerk standhalten können. Neben Regimes. dem an vielen Fusionsanlagen eingesetzten Ein zusätzlicher Vorteil: Im H-Regime wirken Kohlenstoff, der sich durch hervorragende Rand-Instabilitäten des Plasmas, sogenannte thermische und mechanische Eigenschaften ELMs (Edge Localized Modes) besonders auszeichnet, wurden an ASDEX Upgrade belastend für die Divertorplatten, weil sie auch sehr erfolgreich Wolframbeschichtung Plasmateilchen und -energien gebündelt und des Divertors und der inneren Wand unter- schlagartig auf die Platten werfen. sucht. Wolfram ist in seinen thermischen und Andererseits sorgen sie damit auch für das mechanischen Eigenschaften dem Kohlen- Ausschleudern von Verunreinigungen aus stoff noch überlegen und kann darüber hin- dem Plasma. Statt der starken ELM-Ein- aus, im Gegensatz zu Kohlenstoff, nur wenig schläge des H-Regimes wünscht man sich Wasserstoff binden, was sich in einem deshalb schwächere und dafür häufigere ELMs. Genau dies ist in Experimenten mit strahlender Randschicht festzustellen. Aller- Querschnitt durch das dings zeigten Versuche, dieses Regime auch am Plasmagefäß von derzeit größten Fusionsexperiment JET in ASDEX Upgrade. Einge- Culham zu verwirklichen, dass sich die günsti- zeichnet sind Plasmen gen Wärmeisolationseigenschaften nicht ohne verschiedener weiteres auf künftige Experimente übertragen „Dreieckigkeit“ des lassen. Daher werden an ASDEX Upgrade Plasmaquerschnitts. auch andere Möglichkeiten der sanften Durch die Erhöhung der Teilchen- und Leistungsauskopplung unter- „Dreieckigkeit“ kann sucht. gute Wärmeisolation Eine weitere Möglichkeit, die auf die Prall- auch bei hoher platten auftreffende Leistung zu handhaben, Plasmadichte aufrecht- ist nämlich die bessere Gestaltung des erhalten werden. Divertors selbst. Durch eine optimierte geometrische Form und Anordnung der Prallplatten kann man das Neutralgas in der Divertorkammer so steuern und an der energieführenden Schicht des Plasmas konzentrieren, dass ein Teil der Leistung von den neutralen Atomen absorbiert und großflächig verteilt wird. Dadurch werden die Prallplatten spürbar entlastet. Außerdem kön- nen Strömungen so aufgebaut werden, dass die Verunreinigungen im Divertorbereich konzentriert werden und bevorzugt dort Energie abstrahlen. Solche Überlegungen, unterstützt durch aufwändige Computersimu- lationen, führten zur Ausarbeitung eines 2,0 neuen Divertorkonzepts für ASDEX Bei niedriger Dreieckig- Upgrade. Dieser sogenannte „Divertor II“ keit δ (schwarzer wurde im Sommer 1996 in die Anlage einge- Plasmaquerschnitt oben baut und im Herbst 2000 als „Divertor IIb“ so 1,5 und schwarze Punkte modifiziert, dass Plasmaquerschnitte mit links) nimmt die Energie- erhöhter Dreieckigkeit in den Divertor einge- einschlusszeit mit stei- passt werden können (Abbildung Seite 46). 1,0 gender Plasmadichte Mit diesem Konzept konnte die Belastung der bereits vor Erreichen des Divertorplatten deutlich verringert werden. Reaktorzielwerts ab. Der Erfolg erhöht auch die Glaubwürdigkeit Plasmen mit hoher der verwendeten Computerprogramme im 0,5 Dreieckigkeit (rote und δ = 0,35 grüne Kurven bzw. Hinblick auf die Modellierung zukünftiger δ normierte Energieeinschlusszeit = 0,29 Punkte) besitzen dage- Anlagen. δ = 0,18 ITER gen auch bei hoher Zusätzlich untersucht man an ASDEX 0 Plasmadichte ausrei- Upgrade unterschiedliche Wandmaterialien, 0 0,5 1,0 chende Isolationsgüte. die den Leistungs- und Teilchenflüssen in normierte Plasmadichte

47 Links: Plasmaquer- schnitt von ASDEX 2,5 Upgrade mit magneti- schen Inseln (rot). Das Diagramm rechts zeigt den Verlauf der 2,0 Elektronentemperatur mit und ohne Inseln. Die beim Plasmaradius 22 bis 29 Zentimeter 1,5 auftretenden Inseln (blauer Bereich) führen zu einem deutlich flacheren Temperatur- 1,0 profil. Dadurch nimmt auch die Zentral- temperatur ab. 0,5 ASDEX Upgrade #8216 Elektronentemperatur (Millionen Grad) ohne magnetische Inseln mit magnetischen Inseln

0 10 20 30 40 kleiner Plasmaradius (cm)

Kraftwerk günstig auf das Tritiuminventar Man nähert sich damit einem Entla- auswirken würde. Jedoch können Wolfram- dungsszenario mit ausreichender Isolationsgüte verunreinigungen in wesentlich geringerem bei hoher Plasmadichte und akzeptablen Maße als Kohlenstoff im Plasma geduldet Leistungsflüssen auf die Divertorplatten. Eine werden, da Wolfram zu starken Abstrahlungs- weitere Bedingung für ein Fusionskraftwerk ist verlusten führt. Es hat sich aber gezeigt, dass allerdings die Effizienz des magnetischen in Verbindung mit der sanften Wärmeabfuhr Einschlusses: Einerseits muss die im Plasma im Divertor nur wenige Wolframatome an den gespeicherte Energie möglichst groß sein, da Prallplatten losgelöst werden und ins Plasma dies hohe freisetzbare Fusionsleistung bedeutet. eindringen können. Wolfram steht damit als Andererseits sollte die dazu benötigte ernsthafter Kandidat zur Wandauskleidung in Magnetfeldenergie möglichst gering sein, da künftigen Fusionsanlagen zur Verfügung. das Magnetfeld von supraleitenden Spulen Der Veränderung des Divertors von Version erzeugt werden muss, die die Kosten der II zu IIb liegt die Erkenntnis zugrunde, dass Anlage wesentlich bestimmen. Das Verhältnis mit der gezielten Formung des Plasmaquer- von thermischer Plasmaenergie zu magneti- schnitts deutliche Fortschritte auf dem Weg scher Energie bezeichnet man als Plasma- zu einem kraftwerkstauglichen integrierten Beta (siehe Seite 11). Hohes Beta bedeutet Entladungsszenario erzielbar sind. So war es also effiziente Nutzung des Magnetfeldes. durch die Erhöhung der „Dreieckigkeit“ des Es zeigt sich jedoch, dass die Beta-Werte Plasmaquerschnitts erstmals möglich, die nicht beliebig erhöht werden können, da bei vom H-Regime bekannte Isolationsgüte auch hohem Beta im Plasma Instabilitäten bei hoher Plasmadichte aufrechtzuerhalten: auftreten. Theoretische Arbeiten sagen für Während bei niedriger Dreieckigkeit die Tokamaks und Stellaratoren eine Beta-Grenze Wärmeisolation mit steigender Plasmateil- bei einigen Prozent vorher. Zur Vorbereitung chendichte bereits vor Erreichen des für ein von ITER ist es daher ein wichtiges Kraftwerk notwendigen Wertes abnimmt, Untersuchungsziel, sowohl den maximal er- besitzen Plasmen mit hoher Dreieckigkeit reichbaren Beta-Wert zu ermitteln als auch auch bei kraftwerksrelevanter Plasmadichte einen stabilen Arbeitspunkt mit möglichst ausreichende Isolationsgüte (Abbildungen hohem Beta zu demonstrieren. Mit seiner Seite 47). Zusätzlich ist in diesem Betriebs- ITER-ähnlichen Geometrie ist ASDEX bereich die Belastung der Prallplatten - durch Upgrade für solche Untersuchungen gut das Auftreten kleiner ELMs mit nahezu kon- geeignet. Obwohl an der Anlage gezeigt wer- tinuierlicher Leistungsbeaufschlagung der den konnte, dass stationäre Entladungen bei Platten - besonders günstig. dem von ITER angestrebten Beta-Wert ohne

48 Plasmainstabilitäten möglich sind, findet man Strom“ zu Nutze zu machen. Dieser durch doch in der Nähe des ITER-Arbeitspunktes einen thermoelektrischen Effekt getriebene eine spezifische Art von Instabilitäten - soge- Ringstrom ist um so stärker, je größer das nannte magnetische Inseln - die sich negativ Plasma-Beta ist. Daher ist es denkbar, bei aus- auf den Plasmaeinschluss auswirken. Dies reichend hohem Plasma-Beta stationäre Toka- zeigt die Abbildung links. Magnetische Inseln makentladungen zu erreichen, bei denen der sind in sich geschlossene Strukturen mag- Plasmastrom nicht durch den Transformator, netischer Flächen, die verschiedene radiale sondern durch den internen Bootstrap-Strom Bereiche des Plasmas mit Magnetfeldlinien aufrecht erhalten wird. Dies hebt die verbinden und somit für die Wärmeisolation Beschränkung der Pulsdauer eines Tokamak einen Kurzschluss darstellen. Da zudem nicht auf und kann im Prinzip, wie im Stellarator, klar ist, wie sich diese Ergebnisse auf ITER zu einem Kraftwerk mit Dauerbetrieb führen. übertragen lassen, ist es wünschenswert, eine Daher wird weltweit neben den Untersu- aktive Kontrollmethode zu entwickeln, die chungen zum H-Regime auch die Möglich- magnetische Inseln vermeidet oder beseitigt. keit von „Advanced Tokamak-Szenarien“ Dies wurde an ASDEX Upgrade 1999 untersucht. Es zeigt sich jedoch, dass hierzu demonstriert: Durch gezieltes Einstrahlen sowohl Isolationsgüte als auch Plasma-Beta elektromagnetischer Wellen bei der Elektron- noch über den im H-Regime erreichbaren Zyklotron-Resonanzfrequenz mit einer Werten liegen müssen. Leistung von weniger als zehn Prozent der Ein nochmals verbesserter Energieeinschluss gesamten Heizleistung konnten im Plasma lässt sich durch den Aufbau sogenannter inter- lokale Ströme getrieben werden, welche die ner Transportbarrieren realisieren. Dies sind unerwünschten Inseln zerstören und den Bereiche im Plasmainneren, in denen die ursprünglichen Zustand mit guter Wärme- Wärmeisolation durch das Ausbilden einer isolation wieder herstellen. Diese Methode Plasmaströmung stark verbessert ist. An könnte auch in ITER oder einem Kraftwerk ASDEX Upgrade konnte 1998 zum ersten Mal den Betrieb bei ausreichend hohen Beta- gezeigt werden, dass interne Transportbarrieren Werten gewährleisten. gleichzeitig in den Profilen der Ionen- und der Neben dem H-Mode-Szenario mit ELMs Elektronentemperatur erreicht werden können wird seit einigen Jahren noch eine weitere (Abbildung unten). Ein Hauptproblem liegt Betriebsweise für Tokamaks untersucht. Bei aber im dauerhaften Aufrechterhalten solcher diesem „Advanced Tokamak-Szenario“ ver- Entladungen, die wegen der hohen Druckunter- sucht man, sich den sogenannten „Bootstrap- schiede zwischen benachbarten magnetischen

150 Profile der Ionen- und Elektronentemperatur ASDEX Upgrade #12229 in ASDEX Upgrade über dem Plasmaradius. Im Elektronentemperatur Bereich der internen Ionentemperatur Transportbarriere (blauer Bereich) wer- 100 den die Profile deutlich steiler, so dass hohe Zentraltemperaturen erreicht werden.

50 Temperatur (Millionen Grad) Temperatur

0 0 0,2 0,4 0,6 0,8 1,0 normierter Plasmaradius

49 Flächen zur Instabilität neigen. Daher ist die lassen. Dazu wurde JET von Anfang an tech- Verwirklichung stationärer Advanced Toka- nologisch auf den Betrieb mit Tritium und die mak-Szenarien mit hohem Plasma-Beta auch in dann notwendige Fernsteuerung der Anlage Zukunft ein wichtiger Forschungsschwerpunkt ausgerichtet. für ASDEX Upgrade. Erst dann wird sich her- Heute ist das JET-Plasma nur noch um ausstellen, ob diese Betriebsweise auch in einen Faktor sechs von der Zündbedingung ITER oder einem Kraftwerk anwendbar sein entfernt und hat bis zu 16 Megawatt wird. Fusionsleistung erzeugt. Der gewaltige Fort- schritt der Fusionsforschung, der sich hinter diesen Daten verbirgt, wird deutlich im Vergleich zu den Werten des Jahres 1970, als die Überlegungen zum Bau des Experimentes begannen: Damals lagen die Resultate der JET-Mitarbeit weltbesten Experimente um einen Faktor 25.000 unter den Kraftwerkserfordernissen. Generell experimentieren heutige Fusions- as Tokamak-Experiment JET (Joint experimente mit Modellplasmen aus nor- DEuropean Torus) wird gemeinsam von malem Wasserstoff oder Deuterium. Der allen Laboratorien des Europäischen Fusions- Vergleich dieser zwei Möglichkeiten erlaubt programms, darunter auch dem Max-Planck- eine Hochrechnung der Ergebnisse auf Institut für Plasmaphysik, in Culham/Groß- Deuterium-Tritium-Bedingungen, wie sie für britannien betrieben. Es ist das weltweit ein künftiges Kraftwerk relevant sind. Zur größte und am weitesten fortgeschrittene Prüfung dieser Ergebnisse wurde in JET - der Fusionsexperiment: Der Plasmaring der heute einzigen Anlage weltweit, die mit Anlage hat einen Umfang von 20 Metern, Tritium-Plasmen experimentieren kann - in eine Höhe von über drei Metern und einen zwei Experimentreihen mit Deuterium- Tritium-Plasmen gearbeitet (Abbil- dung Seite 52). In der ersten Experi- Charakteristische Daten des Experimentes JET Radius der Anlage (über alles): 7,5 Meter mentierphase im Jahr 1991 wurde die Höhe (über alles): 11,5 Meter Menge des verfügbaren Tritiums auf Gewicht: 4000 Tonnen 0,2 Gramm beschränkt, weil man Großer Plasmaradius: 2,93 Meter - wegen geplanter Umbauten im Plas- Plasmahöhe: 4 Meter magefäß - dessen radioaktive Belas- Plasmabreite: 2,5 Meter tung möglichst niedrig halten wollte. Plasmavolumen: 80 Kubikmeter Das Plasma bestand daher nur zu elf Plasmagewicht: 0,02 Gramm Prozent aus Tritium. Dennoch wurden Anzahl der Toroidalfeldspulen: 32 - erstmalig in der Geschichte der Spulenstrom: max. 78 Kiloampere Fusionsforschung - 1,5 Megawatt Magnetfeld: max. 4,0 Tesla Fusionsleistung erzeugt. Plasmastrom max. 5 Megaampere Im Jahre 1997 fand eine zweite Reihe Entladungsdauer: max. 60 Sekunden von Deuterium-Tritium-Experimenten Heizleistung: statt. Dabei veränderte man die - Neutralteilchenheizung 22 Megawatt Mischung von Deuterium und Tritium - Ionen-Zyklotronheizung: 15 Megawatt von 100 Prozent Deuterium über eine - Lower-Hybrid-Stromtrieb 7 Megawatt Zusammensetzung aus gleichen Teilen wie im späteren Kraftwerk bis hin zu 100 Prozent Tritium. So wurden Durchmesser von 2,5 Metern. Das Experiment zuverlässige Vorhersagen der Plasmabe- wurde ab 1972 von den Europäern gemein- dingungen mit reaktorrelevanten Brennstoff- sam konzipiert, innerhalb des vorgegebenen mischungen möglich. Kosten- und Zeitrahmens gebaut und seit Die höchste Fusionsleistung bis zu 16 1983 auch gemeinsam betrieben. JET hat die Megawatt wurde unter transienten, d.h. Aufgabe, das Verhalten eines Fusionplasmas vorübergehenden Bedingungen produziert. In nahe der Zündung zu untersuchen. Das der besten Entladung betrug das Verhältnis Q Experiment soll Plasmazustände erreichen, der erzeugten Fusionsleistung zur Heiz- die für ein Brennstoffgemisch aus Deuterium leistung 0,64. Rund 65 Prozent der aufgewen- und Tritium einige Megawatt an Heizleistung deten Heizleistung wurde also durch Fusions- aus den entstehenden Heliumkernen erwarten reaktionen zurückgewonnen. Unter statio-

50 Blick in das Plasmagefäß des Joint European Torus (JET). Foto: JET

nären Bedingungen, wie sie für ein Kraftwerk Fusion Development Agreement betrieben notwendig sind, erreichte der Wert Q in JET und ist kein selbständiges Gemeinschafts- ungefähr 0,2. Insgesamt lieferten diese projekt der Europäischen Fusionslaboratorien Ergebnisse eine solide Grundlage zur Vorher- mehr. Das Vorbereiten, Ausführen und Aus- sage der erreichbaren Fusionsleistung in werten der Experimente übernehmen nun einem zukünftigen Kraftwerk. zeitweise von ihren Heimatlaboratorien abge- Im zweiten Deuterium-Tritium-Experiment ordnete Wissenschaftler und Techniker. Für wurde sehr viel mehr Tritium verwendet als den technischen Betrieb ist das britische im Jahr 1991. Um das Inventar dennoch zu Fusionslabor in Culham zuständig, das die begrenzen und ebenso die für das Fusions- Forschungsanlage samt der zugehörigen Mess- kraftwerk notwendige Technologie zu testen, geräte und Plasmaheizungen betriebsbereit zur wurde eine Tritium-Recycling-Anlage zur Verfügung stellt. In der neuen Organisations- Wiederaufbereitung des nach jeder Entladung form soll das leistungsfähige JET-Experiment zurückgewonnenen Tritiums eingesetzt. Auf über das geplante Betriebsende im Jahr 1999 diese Weise wurde die gesamte Tritiummenge hinaus zur Vorbereitung des Internationalen auf 20 Gramm begrenzt; durch Wiederver- Experimentalreaktors ITER genutzt werden. wendung des gesammelten Tritiums wurden Die Experimentierprogramme verfolgen jedoch Experimente mit fast 100 Gramm zwei Ziele: Erstens die Demonstration eines Tritium möglich. konventionellen Plasmazustandes, wie er für Die Aktivierung des Plasmagefäßes nach ITER notwendig ist: Dazu muss der stabile dem zweiten Deuterium-Tritium-Experiment Einschluss von Deuterium-Tritium-Plasmen macht langandauernde Wartungs- oder Umbau- mit hoher Plasmadichte und niedrigem arbeiten durch im Gefäß arbeitende Techniker Leistungsfluss auf die erste Wand kombiniert unmöglich. Stattdessen wird inzwischen für werden. Auf Kraftwerksgröße hochgerechnet, solche Arbeiten routinemäßig ein fernge- soll dies direkt zu einer wirtschaftlichen steuertes Robotersystem benutzt. Während Energiequelle führen. Zweites Ziel des JET- einer fünfmonatigen Experimentierpause im Programms ist die Entwicklung eines „Ad- Jahr 1998 wurde zum Beispiel die gesamte vanced Szenario“ mit deutlich besserem Divertorstruktur am Boden des Plasmagefäßes Plasmaeinschluss als in herkömmlichen Ex- vollständig durch Roboter ersetzt. Der Erfolg perimenten: Kontrolliert man das Profil des dieser und späterer ferngesteuerter Instand- Plasmastroms mit Hilfe externer Stromtrieb- haltungsarbeiten zeigt die Brauchbarkeit dieser systeme, zum Beispiel durch Hochfrequenz- Technik auch in einem späteren Kraftwerk. heizung, so sollte man den Turbulenz- Seit dem Jahr 2000 wird JET in einer neuen mechanismus stabilisieren können, der den Organisationsform im Rahmen des European Energietransport aus dem Zentrum des

51 Zeitlicher Verlauf der in JET erzeugten Fusionsleistung in ver- JET schiedenen Plasmen: (1997) Die schwarze Linie 15

zeigt eine der Q≈0.64 û Deuterium-Tritium- Entladungen 1991 mit geringem Tritium- Anteil. Die übrigen 10 Kurven zeigen Entla- dungen aus dem Jahr 1997. Das Verhältnis Q der erzeugten Fusions-

leistung zur Heizleis- Fusionsleistung (Megawatt) JET (1997) tung ist für die besten 5 transienten (blau) und stationären Entladun- Q≈0.2

gen (rot) angegeben. JET (1991)

0 JG00.57/1c 0 1.0 2.0 3.0 4.0 5.0 6.0 Zeit (Sekunden)

Plasmas zur Wand beherrscht. Anfängliche Ergebnisse sind ermutigend, obgleich noch ITER-Mitarbeit viel Entwicklungsarbeit zu leisten ist, bis diese Plasmen unter stationären Beding- ungen existieren und Werte erreichen, die mit as Experiment JET kann wichtige den technischen Randbedingungen in einem Dphysikalische Erfordernisse für ein Kraftwerk verträglich sind. Fusionskraftwerk prüfen. Vor dem Bau eines Das Max-Planck-Institut für Plasmaphysik Demonstrationskraftwerks muss jedoch der ist ein Hauptteilnehmer des wissenschaft- Nachweis erbracht werden, dass ein für län- lichen JET-Programms. In den Jahren 2000 gere Zeit brennendes Plasma physikalisch und 2001 haben sich über 35 IPP-Physiker an und technisch realisierbar ist. Außerdem Experimenten bei JET beteiligt, die alle müssen eine große Zahl technischer Kraft- wichtigen plasmaphysikalischen Gebiete werkskomponenten weiterentwickelt und abdeckten. Dabei beginnt die Teilnahme mit erprobt werden. Hierzu gehören supraleitende einem Experimentiervorschlag der inter- Magnetspulen, die Tritium-Technologie, das essierten Parteien und schließt Besuche bei Abführen der erzeugten Wärme-Energie, die JET und die dortige Ausführung der Expe- Entwicklung fernbedient auswechselbarer rimente ein. Die Ergebnisse werden dann im Komponenten sowie die Erforschung der allgemeinen in den Heimatlaboratorien im Sicherheits- und Umweltfragen der Fusion. Detail analysiert. Da das JET-Programm vor Dazu beteiligt sich Europa seit 1988 an der allem der Vorbereitung von ITER dienen soll, weltweiten ITER-Zusammenarbeit. Die ist der Vergleich zwischen JET und dem Dimensionen dieses Experimentalreaktors Garchinger ASDEX Upgrade - den beiden werden die von JET noch einmal deutlich größten ITER-ähnlichen Tokamaks in Europa übersteigen, vor allem wegen der zusätzlich - besonders fruchtbar. IPP-Physiker und -In- nötigen technischen Komponenten wie genieure sind darüber hinaus auch an der Blanket und radiologischer Abschirmung. Definition und Realisation des Ausbaus der Das ITER-Projekt wurde 1985 in Gesprächen JET-Maschine beteiligt, wiederum hauptsäch- des damaligen sowjetischen Generalsekretärs lich mit dem Ziel, das Verhalten von ITER Gorbatschow mit den Präsidenten Frank- besser vorauszusagen zu können. reichs und der USA, Mitterand und Reagan, eingeleitet. Im Frühjahr 1988 begannen dann am IPP als Gastlabor die Planungsarbeiten. Im Dezember 1990 legte die amerikanisch- europäisch-japanisch-russische ITER-Studien-

52 gruppe einen ersten Entwurf des Test- reaktors vor.

Während der 1992 angelaufenen, sechs- Grafik: ITER jährigen detaillierten Planungsphase arbeitete ein gemeinsames, international besetztes Team von rund 210 ITER-Mitarbeitern an drei Fusionszentren: in San Diego/USA, an dem japanischen Fusionslabor in Naka sowie wiederum am IPP in Garching. Dabei war jedes dieser Zentren für besondere Pla- nungsarbeiten verantwortlich: Garching für physikalische Fragen und die Komponenten im Plasmagefäß - Abschirmung und Blanket, erste Wand und Divertor - Naka für die Kom- ponenten außerhalb des Plasmagefäßes, d.h. supraleitende Magnete und Abstützung, sowie San Diego für Sicherheitsunter- suchungen und Koordination. Sitz des Aufsichtsgremiums - des ITER-Rates - war Moskau. Unterstützt wird das zentrale ITER- Team durch Gruppen in den jeweiligen Der Internationale Heimatlaboratorien der Partner, die auch die Experimentalreaktor nötigen Forschungs- und Entwicklungsar- ITER im Entwurf. Von beiten für ITER übernehmen. Das EFDA- weiteren Experimentgeneration bis zum innen nach außen: Team (European Fusion Development Demonstrationskraftwerk zu bringen. Letzte- Transformatorspule Agreement) in Garching fungiert dabei seit res erfordert, dass auch in einem verkleinerten (rosa), Blanket (grau), 1998 als das europäische ITER-Team. Vorher ITER die thermonukleare Selbstheizung des Plasmagefäß mit den war dies die Aufgabe des ebenfalls in Plasmas jede Fremdheizung um einen Faktor am Boden angebrach- Garching angesiedelten NET-Teams (Next zwei übertrifft, dass ein echt stationärer ten Divertorplatten European Torus). Betrieb bei dominierender Fusionsheizung (grau), Magnete (gelb) Der fertige Entwurf für einen Testreaktor, möglich ist und wesentliche Technologien und Kryostat. der das selbständige Brennen eines eines Fusionskraftwerks wie supraleitende Fusionsplasmas demonstrieren sollte, wurde Spulen, Fernbedienungstechnik für Service-, am Ende dieser Planungsphase 1998 Reparatur- und Umbauarbeiten sowie Brut- vorgelegt. Obwohl mit diesem Entwurf aus module zum Erzeugen des Brennstoff- wissenschaftlich-technischer Sicht aller bestandteils Tritium zum Einsatz kommen. Beteiligten eine solide Grundlage für den Bau Der Prozess des Abwägens zwischen der Anlage vorlag und die Kosten von 13 angestrebter Kostensenkung einerseits und Milliarden Mark im zuvor genehmigten erreichbaren Betriebsbedingungen und tech- Finanzrahmen blieben, konnte man dennoch - nischen Zielen andererseits wurde mit dem angesichts der Finanz- schwierigkeiten in den Partnerländern - nicht zu Gesamtradius (über alles): 15 Meter einer Bauentscheidung Höhe (über alles): 30 Meter kommen. Dies führte zu Gewicht: 15000 Tonnen einem Rückzug der USA Plasmaradius: 6,2 Meter aus den ITER-Aktivi- täten. Plasmahöhe: 7,4 Meter Die verbleibenden Part- Plasmabreite: 4,0 Meter ner Japan, Europa und Plasmavolumen: 837 Kubikmeter Russland beschlossen, den Magnetfeld: 5,3 Tesla ITER-Entwurf in einer Maximaler Plasmastrom: 15 Megaampere dreijährigen Planungs- Heizleistung und Stromtrieb: 73 Megawatt verlängerung kostenspa- Wandbelastung durch Neutronen: 0,57 Megawatt pro m2 rend zu überarbeiten. Charakteristische Daten Dabei sollte das Ziel bei- Fusionsleistung: 500 Megawatt des ITER-Experiments behalten werden, die Fu- Brenndauer: ≥ 300 Sekunden (nach dem Abschluss- sion innerhalb nur einer bericht vom Juli 2001)

53 Prototyp der Hälfte zum Auswechseln von Blanket- und eines Plasmagefäß- Divertor-Teilen gefertigt. Alle Proto- Sektors in typen und Modelle wurden inzwischen Originalgröße - nach unter den späteren Betriebsbedin- dem ITER-Entwurf von gungen getestet. Auch die in diesem 1998 - hergestellt Technologieprogramm gewonnenen in Japan fertigungstechnischen Erfahrungen sind kostensparend in den Neuentwurf eingeflossen. Zur Zeit wird die Frage des möglichen ITER-Standortes diskutiert. Seit dem Jahr 2000 liegt ein offizielles Angebot der kanadischen Regierung vor, Gast- geber für ITER zu sein. Auch in Japan und Europa gibt es konkrete Ent- wicklungen auf einen Standortvor- schlag hin, so dass die baldige Be- kanntgabe weiterer Angebote erwartet werden kann. Angesichts dieser posi- tiven Entwicklungen erscheint auch eine Wiederaufnahme der ITER-Akti- vitäten in den USA nicht ausge- schlossen. Ungefähr zehn Jahre nach der Baugenehmigung könnte ITER das erste Plasma erzeugen, so dass mit Foto: ITER einem Betriebsbeginn im nächsten Jahrzehnt gerechnet werden kann. Mitte des Jahres 2001vorgelegten Entwurf für Abgesehen von seiner Rolle als Gastgeber ITER-FEAT (Fusion Energy Amplifying der EFDA- und ITER-Gruppe trägt das IPP Tokamak) abgeschlossen: Mit einer Ver- mit dem Forschungsprogramm seines Experi- kleinerung des Plasmavolumens von ur- ments ASDEX Upgrade mit einem Großteil sprünglich 2000 auf 840 Kubikmeter ließen seiner Aktivitäten zur Vorbereitung des sich die Baukosten auf rund 4 Milliarden Testreaktors bei. Hier sind vor allem die Euro ungefähr halbieren. Die größten Ein- Untersuchungen zur Divertorphysik, zur sparungen ergaben sich dabei durch die magnetohydrodynamischen Stabilität sowie Größenreduzierung bei den Gebäuden und der Konzeptverbesserung hin zum „Advanced den supraleitenden Magnetspulen. Der von Tokamak“ zu nennen. Außerdem stehen die den Spulen erzeugte Magnetfeldkäfig schließt IPP-Wissenschaftler in allen physikorien- einen Plasmaring ein, dessen Radius von tierten Fragen in engem Kontakt mit der zuvor acht auf jetzt sechs Meter gekürzt ITER-Gruppe und haben darüber hinaus in wurde. Daraus folgt eine reduzierte Fusions- zahlreichen Vertragsstudien spezielle Proble- leistung von 500 Megawatt (zuvor 1500) und me für ITER bearbeitet. Schließlich über- ein Energiegewinnungsfaktor von etwa 10: nimmt das IPP zunehmend Arbeiten, die auf Das zehnfache der zur Plasmaheizung aufge- den Entwurf und Bau spezieller Kompo- wandten Energie wird als Fusionsenergie ge- nenten von ITER hinzielen. Hier sollen wonnen. Beiträge zur Diagnostikentwicklung, zu Heiz- Neben der Verkleinerung der Anlage konnte und Stromtriebmethoden sowie zur Experi- man zur Kostensenkung ebenso neue techno- mentsteuerung und -regelung erbracht werden. logische Erkenntnisse nutzen. Zur Unter- stützung der ITER-Planung wurden nämlich 1995 sieben große Technologieprojekte begonnen: Um die industrielle Machbarkeit und Tauglichkeit der wesentlichen ITER- Bauteile zu zeigen, wurden zwei Magnet- spulen-Modelle (siehe Seite 23), ein Proto- typ-Teil des Plasmagefäßes (Abbildung oben), Blanket-Bausteine, Divertor-Kompo- nenten sowie Fernbedienungs-Apparaturen

54 Stellaratoren

usionsexperimente vom Typ Stellarator helikalen Windungen und begann zweitens Fhaben sich in den letzten Jahren als aus- mit der systematischen Suche nach dem opti- sichtsreiche Alternative zu Tokamaks ent- malen Magnetfeld eines Stellarators. Der wickelt. Stellaratoren schließen das Plasma dafür notwendige große Theorie- und Rechen- durch Magnetfelder ein, die allein durch aufwand konnte erst durch die modernen Spulen außerhalb des Plasmabereichs erzeugt schnellen Computer bewältigt werden. In werden. Ein Strom im Plasma - wie im Toka- mehr als zehnjähriger Arbeit beschrieb und mak - ist also nicht nötig. Wichtigste Folgen untersuchte die Gruppe „Stellarator-Theorie“ hieraus sind: Stellaratoren eignen sich für den des IPP den weiten Raum theoretisch möglicher Dauerbetrieb, die unerwünschten Abbrüche Stellarator-Konfigurationen. Die Anforde- des Plasmastromes treten nicht auf. Als rungen an die Kraftwerkseigenschaften wurden weltweit einziges Institut betreibt das IPP mit schrittweise eingebaut und so die bezüglich den Tokamaks der ASDEX- und den Stella- Plasmagleichgewicht, Stabilität und Ein- ratoren der WENDELSTEIN-Serie beide schlussvermögen optimale Konfiguration ent- Linien parallel zueinander und hat damit die wickelt - der „Advanced Stellarator“. In die- Möglichkeit des direkten Vergleichs. ser optimierten Form können Stellaratoren als Einer der Gründe für den historischen echte Alternative zu einem Tokamakkraft- Vorsprung der Tokamaks waren die mäßigen werk gelten. Kraftwerkseigenschaften des früheren „klas- Das Experiment WENDELSTEIN 7-AS, sischen“ Stellarators. Mit seinem unzurei- die erste Anlage dieser neuen Stellarator- chend einschließenden Magnetfeldkäfig, der Generation, ging 1988 in Betrieb und unter- überdies von ineinander verketteten, d.h. wirft die theoretischen Überlegungen einem schwer demontierbaren Spulensystemen er- ersten praktischen Test. Gleichzeitig ist ein zeugt wurde, hatte er als Fusionskraftwerk modulares Spulenkonzept verwirklicht, das wenig Aussichten. Zur verbesserten Umset- auch technologisch kraftwerksrelevant ist. zung des Stellaratorprinzips beschritt die Der weiterentwickelte Nachfolger WENDEL- Stellaratorforschung im IPP daher gänzlich STEIN 7-X, der gegenwärtig im IPP-Teil- neue Wege: In strikter Ausrichtung auf die institut Greifswald entsteht, soll die Kraft- Kraftwerkserfordernisse löste man sich werkstauglichkeit der neuen Stellaratoren erstens von dem alten Spulenkonzept der demonstrieren.

Das Stellarator- Experiment WENDEL- STEIN 7-AS. Foto: Peter Ginter

55 Fusionsexperiment miert wurden verschiedene Heizverfahren. Bisher liefen 53.000 Entladungen mit typi- WENDELSTEIN 7-AS schen Pulsdauern von 0,5 bis 1,5 Sekunden. In diesen Entladungen konnte WENDELSTEIN 7-AS die bekannten Vorzüge des stromlosen er Stellarator WENDELSTEIN 7-AS ist Stellarators gegenüber dem Tokamak bestäti- Dseit 1988 in Betrieb. Als erste Anlage der gen: Der nettostromfreie Betrieb wurde de- neuen Generation der „Advanced Stella- monstriert, d.h. Stellaratoren eignen sich für rators“ unterwirft er die zugrundeliegenden den Dauerbetrieb; Stromabbrüche treten nicht Optimierungsprinzipien einem ersten prakti- auf. Die bisherigen Experimente zeigen schen Test: Von bisherigen Stellaratoren außerdem die Leistungsfähigkeit der Optimie- unterscheidet sich WENDELSTEIN 7-AS rungskriterien. Damit wurden die Vorausset- durch ein besser geformtes Magnetfeld, das zungen geschaffen, mit der zur Zeit im Teil- eine höhere Dichtigkeit des magnetischen institut Greifswald entstehenden größeren Käfigs besitzt und ein Plasmagleichgewicht und vollständig optimierten Anlage WEN- bei höherem Druck ermöglicht. Auch tech- DELSTEIN 7-X die Kraftwerkstauglichkeit nisch geht WENDELSTEIN 7-AS durch der Stellaratoren zu untersuchen. seine neuartigen Magnetspulen über bisherige Kernstück von WENDELSTEIN 7-AS ist der Stellaratoren hinaus: Ein einziger Satz aus 45 Kranz aus 45 Stellaratorspulen, der das nichtebenen Einzelspulen erzeugt das gesam- gesamte zum Plasmaeinschluss nötige Feld te zum Plasmaeinschluss nötige Feld. Es konnte produziert (siehe Abbildung). Überlagerte gezeigt werden, dass das berechnete Mag- toroidale und vertikale Felder, die von zusätz- netfeld sich von diesen modularen Spulen mit lichen Spulen erzeugt werden, können dieses der erforderlichen Genauigkeit erzeugen System verändern. So lässt sich der Einfluss Spulenanordnung von lässt. unterschiedlicher Magnetfeldkonfiguratio- WENDELSTEIN 7-AS: Ziel der Untersuchungen an WENDEL- nen, die sich hinsichtlich Rotationstrans- Das Experiment besitzt STEIN 7-AS ist es, die physikalischen und formation, Verscherung der magnetischen ein Hauptspulensystem technischen Grundlagen des Advanced Feldlinien oder magnetischer Spiegel unter- aus 45 nicht-ebenen Einzelspulen (rot). Ihr Stellarator zu testen. Untersucht werden ins- scheiden, auf das Plasmaverhalten unter- Magnetfeld kann mit besondere die Einschlusseigenschaften des suchen. Hilfe ebener Zusatz- verbesserten Magnetfeldes, d.h. der Energie- An WENDELSTEIN 7-AS werden drei spulen (grün) zur und Teilchentransport, auch unter dem Ein- unterschiedliche Heizverfahren zur Erzeu- Veränderung der fluss von elektrischen Feldern und Plasma- gung und Heizung „stromloser“ Plasmen Rotationstransforma- strömen, sowie das Plasmagleichgewicht und benutzt: Heizung durch Wellen der Elek- tion variiert werden. seine Stabilität in Abhängigkeit vom Plasma- tronen- und Ionen-Zyklotronfrequenz sowie Ein Vertikalfeld (graue druck. Seit kurzem liegt ein besonderer Neutralteilchenheizung. Bei den Hochfre- Poloidalfeldspulen) Schwerpunkt auf der Untersuchung des Verun- quenz-Heizverfahren koppelt die Ionenzyklo- dient zur Verschiebung reinigungstransports und der Verunreini- tronheizung an die Kreisbewegung der Ionen der Plasmasäule gungskontrolle. Neu entwickelt oder für die um die Magnetfeldlinien an, die Elektronen- im Gefäß. Anwendung an WENDELSTEIN 7-AS opti- Zyklotronheizung an die der Elektronen. Der Hochfrequenzheizung bei der Elektronen-Zyklotronfrequenz kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Die Mikrowellen können das Plasma Stützgerüst nicht nur wirksam heizen, sondern auch aus einem Neutralgas erzeugen. Poloidalfeld- An WENDELSTEIN 7-AS stehen in spulen der letzten Ausbaustufe vier Mikro- wellen-Generatoren, sogenannte Gyro- trons, mit einer Frequenz von 140 Gigahertz sowie ein weiteres bei 70 Neutralteilchen- Heizung Zusatzspulen Gigahertz zur Verfügung. Das bedeu- Gefäßöffnung tet eine Gesamtheizleistung von etwa Stellaratorspulen zwei Megawatt bei 140 Gigahertz und Plasma Plasmagefäß 0,5 Megawatt bei 70 Gigahertz mit jeweils einer Pulsdauer von etwa einer Sekunde. Die Mikrowellen können bei

den Resonanzfeldstärken von 1,25 bzw. Grafik: Johann Weber

56 2,5 Tesla Plasmen bis zu einer Dichte- elektrostatische Wellen, ähnlich den grenze von 3 . 1013 bzw. 6 . 1013 (bei 70 Gi- Schallwellen, umzuwandeln. So konnte der gahertz) oder 1,2 . 1014 Teilchen pro Kubik- Einsatzbereich der Elektron-Zyklotron- zentimeter (bei 140 Gigahertz und 2,5 Tesla) heizung zu extrem hohen Plasmadichten aus- aufbauen. Bei höheren Plasmadichten werden geweitet werden. Da bei diesen hohen die Mikrowellen normalerweise vom Plasma Dichten an WENDELSTEIN 7-AS Plasma- reflektiert. zustände mit besonders attraktiven Eigen- Wegen der kurzen Wellenlänge im Millime- schaften gefunden wurden, ist diese neu terbereich können die Mikrowellen direkt gefundene Technik besonders bedeutsam. über Fenster und Spiegel „quasioptisch“ in das Plasma Charakteristische Daten eingestrahlt werden, ähnlich Radius der Anlage (über alles): 3,6 Meter des Experimentes wie bei einer Richtfunk- Höhe (über alles): 4 Meter WENDELSTEIN 7-AS. strecke. Eine Antenne in Gewicht: 250 Tonnen Plasmanähe, die zu einem Großer Plasmaradius: 2 Meter Zufluss von Verunreini- Mittlerer kleiner Plasmaradius: 0,18 Meter gungen führen könnte, ist Plasmavolumen: ca. 1 Kubikmeter also nicht nötig. Ein großer Plasmagewicht: ≤ 0,001 Gramm Vorteil der Elektronen- Anzahl der modularen Spulen: 45 Zyklotronheizung ist auch, Strom pro Spulenwindung: 35 Kiloampere dass sie das Plasma lokal Magnetfeld: bis 2,5 Tesla aufheizen kann. So lässt sich Rotationstransformation: 0,3 - 0,6 die Temperaturverteilung Pulsdauer: bis 3 Sekunden der Elektronen lokal verän- Heizleistung: dern und damit der Wärme- - Elektronen-Zyklotronheizung: 2,1 Megawatt transport der Elektronen ge- - Ionen-Zyklotronheizung: 0,5 Megawatt zielt untersuchen. Die - Neutralinjektion: 2,6 Megawatt Experimente zur Elektronen- Zyklotronheizung an WEN- DELSTEIN 7-AS werden zusammen mit dem Die Neutralteilchenheizung an WEN- Institut für Plasmaforschung (IPF) der DELSTEIN 7-AS ist mit zwei Injektoren Universität Stuttgart ausgeführt, wo die mit jeweils vier Ionenquellen ausgerüstet. Leitungen zur Übertragung der Mikrowellen Sie erzeugen zusammen Heizleistungen bis entwickelt wurden. zu 2,6 Megawatt. Diese Leistung kann nur Für WENDELSTEIN 7-AS ist die Heizung in ein „Startplasma“ eingekoppelt werden, mit Elektron-Zyklotronwellen nicht nur ein das im allgemeinen durch Elektronen- Zünd- und Heizverfahren, sondern auch ein Zyklotronheizung erzeugt worden ist. Da eigenständiges Forschungsprogramm. Es die Neutralteilchenheizung das Plasma konnte zum Beispiel gezeigt werden, dass nicht nur heizt, sondern mit dem Ein- man durch geeignete Einstrahlung der Wellen schießen der Neutralteilchen auch die einen toroidalen Strom wie im Tokamak Dichte des Plasmas erhöht, lässt sich die treiben kann. Bei diesem sogenannten Elek- Plasmadichte vor allem bei hoher Heiz- tronzyklotron-Stromtrieb wird über eine leistung nur noch schwer kontrollieren. asymmetrischen Verformung der Geschwin- Dichtekontrolle konnte jedoch mit der digkeitsverteilung der Elektronen eine Netto- gleichzeitigen Verwendung der Elektronen- drift der Elektronen erzeugt. Zyklotronheizung erreicht werden, wenn In einem weiteren wichtigen Entwicklungs- die Leistung der Neutralteilchenheizung die schritt konnte die Dichtebeschränkung für die der Elektronen-Zyklotronheizung nicht Elektronen-Zyklotronheizung überwunden wesentlich übersteigt. Dabei muss aber werden: Ab einer kritischen Elektronendichte gegebenenfalls auch die Dichtegrenze der ist das Plasma für elektromagnetische Elektronen-Zyklotronheizung beachtet wer- Zyklotronwellen nämlich reflektierend und den. Erst durch den Einbau von Divertor- damit unzugänglich - ähnlich wie Licht, also Modulen konnte dieses Problem gelöst Strahlung im sichtbaren Frequenzbereich, an werden, da nun die von der Wand des metallischen Oberflächen reflektiert wird. An Plasmagefäßes zurückkommenden Teilchen WENDELSTEIN 7-AS ist es nun gelungen, besser kontrolliert werden können. unter bestimmten Voraussetzungen die elek- Die Hochfrequenzheizung bei der Ionen- tromagnetischen Zyklotronwellen im Plasma in Zyklotronfrequenz von 38 Megahertz - die

57 ein weiteres Verfahren zur Erzeugung eines Startplasmas zur Verfügung, mit dem Vorteil, nicht wie die Elektronen-Zyklotronheizung auf bestimmte Werte des Magnetfeldes fest- gelegt zu sein. Wichtig für die Qualität einer Plasmaent- ladung ist eine geeignete Kontrolle der Plasma-Wand-Wechselwirkung, d.h. des Plasmarandbereichs mit dem Übergang vom heißen Plasma auf die kalten Wände. Dabei muss so weit wie möglich verhindert werden, dass Wandmaterialien mit hoher Kernla- dungszahl wie zum Beispiel Eisen und andere Plasma und Edelstahlbestandteile in das Plasma eindrin- Divertor-Module von gen. Bei hoher Plasmatemperatur und -dichte WENDELSTEIN 7-AS strahlen sie sonst einen beträchtlichen Teil der dritte Heizmethode an WENDELSTEIN 7-AS Heizleistung ab, der dann nicht mehr zur - hat den Vorteil, dass sie direkt die Plasma- Heizung des Plasmas zur Verfügung steht. ionen heizt, deren Temperatur in einem Fu- Plasmanahe Einbauten werden deshalb mit sionsplasma besonders hoch sein muss. Graphitziegeln bedeckt, da Kohlenstoffatome Allerdings ist eine Ankopplung an das Plasma schon bei relativ niedrigen Plasmatem- unter den in WENDELSTEIN 7-AS gegebenen peraturen alle Elektronen verlieren und damit Bedingungen besonders schwierig. Die kaum noch strahlen können. Auch die Limi- Wellenlänge ist nämlich wesentlich größer als ter, mit denen bis vor kurzem das Plasma in die Abmessungen des Plasmagefäßes. Erst nach WENDELSTEIN 7-AS an wenigen Stellen mehreren Versuchen konnten die damit verbun- begrenzt wurde, waren deshalb mit Graphit- denen technischen Probleme gelöst und eine ziegeln belegt. Durch Bedecken der Wände geeignete Antennenform gefunden werden. Bei mit dünnen Schichten aus Bor konnten die einer Leistung von etwa 500 Kilowatt konnte aus der Wand stammenden Verunreinigungen damit das Plasma mit einem Wirkungsgrad weiter verringert werden. Vor allem die geheizt werden, der mit dem anderer Heiz- Konzentration von Sauerstoff, der aus der methoden vergleichbar ist. Luft stammt und von Bor chemisch fest gebun- Mit Hilfe einer einfachen Schleifenantenne den wird, kann damit wesentlich reduziert wer- ist bei einer Frequenz von 900 Megahertz der den. Plasmaaufbau mit anschließender Heizung Unter diesen Bedingungen konnten in durch Neutralinjektion gelungen. Damit steht WENDELSTEIN 7-AS Ergebnisse erzielt werden, die in Stellaratoren vergleichbarer Plasmaquerschnitt von Größe immer noch weltweit die besten sind. WENDELSTEIN 7-AS Wichtig ist dabei nicht nur das Erreichen von am Ort zweier Maximalparametern. Ebenso wichtig ist die Divertor-Module. Der Untersuchung von Energie- und Teilchen- Plasmarand fächert transport des Plasmas sowie seiner Stabilität, sich entsprechend der da sie Größen wie Plasmatemperatur, -dichte „Inselstruktur“ des Feldes in einzelne und -druck auf Werte begrenzen können, die Ausläufer auf. häufig noch weit unter den in einem Fusions- plasma notwendigen Werten liegen. Mit Hochfrequenzheizung bei 70 und 140 Gigahertz und Leistungen bis zu 2,1 Mega- watt wurden bei vollem Magnetfeld von 2,5 Tesla Elektronentemperaturen bis zu 70 Millionen Grad und Ionentemperaturen um sieben Millionen Grad erreicht bei Plasma- dichten bis zu 2 . 1013 Teilchen pro Kubik- zentimeter. Die Ionen werden dabei nur über Stöße durch die heißeren Elektronen geheizt. Neutralteilchenheizung heizt sowohl die Elektronen als auch die Ionen. Bei niedriger Heizleistung kann damit die Energieein-

58 schlusszeit mehr als 60 Millisekunden betra- STEIN 7-AS wesentlich kleiner ist als die gen bei Plasmatemperaturen von etwa 10 heutigen Tokamaks und die Ergebnisse in Millionen Grad und Plasmadichten bis zu einem limiterbegrenzten Plasma erzielt wur- 1 . 1014 Teilchen pro Kubikzentimeter. Je bes- den, so ergeben sich für einen größeren und ser die Einschlusszeit ist, desto höher werden mit Divertor ausgerüsteten Stellarator wie die Plasmatemperaturen bei vorgegebener WENDELSTEIN 7-X günstige Perspektiven. Heizleistung. Vorstudien zu einem Stellarator-Divertor Experimente mit kombinierter Heizung wurden bei WENDELSTEIN 7-AS ab 1994 durch Neutralteilcheninjektion und Elektro- begonnen. Ausgangspunkt war die Erkennt- nen-Zyklotronwellen erlaubten eine Kontrol- nis, dass vor allem bei hoher Heizleistung und le der Dichte im Bereich von ca. 5 . 1013 langen Entladungen die Dichte- und Verun- Teilchen pro Kubikzentimeter bei rund einem reinigungskontrolle nur beschränkt möglich Megawatt Neutralteilchen- und 400 Kilowatt Elektronen-Zyklotronheizung. Unter diesen Bedingungen wurden die höchsten Ionen- temperaturen von ca. 15 Millionen Grad er- reicht bei noch etwas höheren Elektronen- temperaturen. Durch Heizung mit Neutralteilcheninjek- tion allein ergaben sich bei Plasmadichten von 3 . 1014 Teilchen pro Kubikzentimeter - also Reaktordichte - Elektronen- und Ionen- temperaturen von rund vier Millionen Grad. Die hohen Dichtewerte sind allein über die Energiebilanz begrenzt, d.h. über die ange- botene Leistung im Verhältnis zu Strahlungs- und Wärmetransportverlusten. Sie über- steigen deutlich die Werte, die in vergleich- baren Tokamaks erzielbar sind, wo Strom- instabilitäten einschränkend wirken. Bei maxi- maler Heizleistung wurden auch die höch- sten Plasmadrücke erzielt und damit die besten Werte für Beta, das Verhältnis von Plasmadruck zu magnetischem Druck. Wesentliches Ziel dieser Experimente war es, die erreichbaren Beta-Werte zu testen und mit den Vorhersagen der Theorie zu vergleichen. Erzielt wurden bei einer Injektionsleistung von zwei Megawatt und einem Magnetfeld von 1,25 Tesla mittlere Beta-Werte bis zu zwei Prozent. Dieser Wert führt nahe an die war - zum Beispiel wegen einer lokalen Über- Einbau der Divertor- für WENDELSTEIN 7-AS vorhergesagte hitzung der das Plasma begrenzenden Module in das Stabilitätsgrenze von ebenfalls etwa zwei Limiter-Graphitziegel. Durch Einstellen einer Vakuumgefäß von Prozent heran. Trotzdem waren keine Anzei- geeigneten Form des Magnetfeldes kann man WENDELSTEIN 7-AS chen für eine durch Instabilitäten verursachte das Plasma aber weniger von den Limitern, Einschlussverschlechterung erkennbar. sondern mehr durch eine magnetische 1992 ist es in WENDELSTEIN 7-AS welt- Separatrix begrenzen. In diesem Separatrix- weit erstmalig gelungen, das bei den Betrieb laufen Energie- und Teilchen aus dem Tokamaks so erfolgreiche H-Regime mit Plasma auf eng begrenzte Stellen an der seinen verbesserten Einschlusseigenschaften Gefäßwand, entsprechend der am Plasmarand auch in einem Stellarator zu beobachten. durch sogenannte „magnetische Inseln“ Allerdings ist die Verbesserung der Energie- veränderten Magnetfeldgeometrie. Diese einschlusszeit um rund 30 Prozent nicht so magnetischen Inseln sind eine natürliche ausgeprägt wie in Tokamaks. Zudem ist das Eigenschaft der nicht-axialsymmetrischen H-Regime in WENDELSTEIN 7-AS bislang Stellaratorfelder und müssen nicht - wie das nur in einem engen Arbeitsbereich von Dichte Divertorfeld der Tokamaks - erst durch zusätz- und Rotationstransformation zu erreichen. liche Magnetfelder erzeugt werden. Zur Berücksichtigt man jedoch, dass WENDEL- besseren Kontrolle der Plasma-Wand-Wech-

59 oder ganz von den Divertorplatten ab, da der Wärmefluss aus dem Plasma kurz vor den Divertorplatten über Strahlung gleichmäßig auf die Plasmaoberfläche verteilt wird. Damit verbunden ist die erwünschte und im Fusionskraftwerk notwendige Abnahme der Wärmebelastung der Divertorplatten (siehe Abbildung Seite rechts). Während des Divertor- Einbaus wurde auch die Neutralteilchenheizung umgebaut, so dass sich die Heizleistung nun um ungefähr 40 Prozent erhöht hat. Zusammen mit einer ver- ringerten Verunreinigungsstrahlung war damit eine weitere Erhöhung des Plasmadruckes bei niedrigem Magnetfeld möglich. Der für die Wirtschaftlichkeit eines Fusionskraftwerks so wichtige Beta-Wert konnte auf drei Prozent angehoben werden. Trotz dieser erheblichen Steigerung blieb das Plasma unverändert sta- Mit einer CCD- selwirkung trägt der Separatrixbetrieb aber bil, womit bestätigt werden konnte, dass der Kamera beobachtete nur bei, wenn an den beaufschlagten Wand- Advanced Stellarator günstige Stabilitäts- Auftreffstellen des stellen geeignete - divertorähnliche Teilchen- eigenschaften besitzt. Plasmas auf den fallen eingebaut werden. Zu diesem Zweck Ausschlaggebend für die Einschlussgüte Divertorplatten. wurden „Divertor-Module“ entwickelt und in einer Fusionsanlage ist der lokale Energie- den Jahren 1999 und 2000 an Stelle der und Teilchentransport. Er wird über die Limiter eingebaut. Die Abbildung auf Seite Energie- und Teilchenbilanz analysiert. Dazu 58 oben zeigt, wie diese Divertor-Module um werden lokale Energieaufnahme und Teil- das Plasma herum verteilt sind. Die chenerzeugung mit gemessenen Plasma- Abbildung unten zeigt einen Querschnitt werten, wie Temperatur- und Dichteprofilen, durch das Plasma am Ort zweier gegenüber- Neutralteilchendichten und Strahlungspro- liegender Divertor-Module. Der Plasmarand filen verknüpft. Die so gewonnenen Trans- fächert sich entsprechend der „Inselstruktur“ portkoeffizienten lassen sich mit Vorhersagen des Feldes in einzelne Ausläufer auf, so dass der theoretischen Modelle vergleichen, Energie und Teilchen aus dem Plasma loka- welche die besonderen Eigenschaften des lisiert auf die Graphitplatten des Divertors Advanced Stellarator berücksichtigen. Im all- gelenkt werden. gemeinen wurde eine gute Übereinstimmung Die Experimente nach dem Einbau der der experimentellen Ergebnisse mit der Divertor-Module haben die Erwartungen Theorie gefunden: Die lokalen Werte für die vollständig erfüllt. Eine Aufnahme mit einer Elektronen- und Ionenwärmeleitung sowie CCD-Kamera (Abbildung oben) zeigt zum für den Teilchentransport werden durch die Beispiel, dass das Plasma - wie vorhergesagt Optimierungsprinzipien im Zentralbereich - entlang zweier Streifen auf den des Plasmas gut beschrieben. Im Randbereich Divertorplatten auftrifft, ganz ähnlich dem finden sich jedoch für die Elektronen deut- Divertorplasma in einem Tokamak. Dabei hat liche Abweichungen - ähnlich wie bei sich die Verunreinigungs- und Dichte- Tokamaks. Die physikalische Ursache dieser kontrolle und damit die Kontrolle der Plasma- erhöhten Verluste ist immer noch nur teil- Wand-Wechselwirkung ganz erheblich ver- weise verstanden. bessert. So wurden weitgehend stationäre Zum Verständnis der Divertorexperimente Plasmaentladungen über viele Energie- und mussten Computerprogramme weiterent- Teilcheneinschlusszeiten möglich und zwar wickelt oder neu geschrieben werden, die auch bei sehr hoher Plasmadichte und maxi- speziell die dreidimensionale Struktur und maler Heizleistung. Zugleich sind die andere Eigenschaften des „Insel-Divertors“ Energieverluste durch Verunreinigungsstrah- berücksichtigen. Diese Entwicklung ist noch lung im Plasmazentrum stark reduziert und nicht abgeschlossen; der Vergleich mit den treten fast nur noch - wie erwünscht - am Messergebnissen zeigt jedoch in viele Fällen Plasmarand auf. Bei Plasmadichten oberhalb bereits gute Übereinstimmung. von etwa 3 . 1014 Teilchen pro Kubikzenti- Zur Beobachtung des Plasmas werden rund meter löst sich das Plasma sogar teilweise 40 Messeinrichtungen verwendet. Sie regis-

60 trieren - zum Teil mit hoher zeitlicher und räumlicher Auflö- sung - Plasmaparameter wie Plasmadichte und Plasmatem- peratur, die vom Plasma ausge- Die Wärmebelastung sandte elektromagnetische der Divertorplatten Strahlung und Fluktuationen. nimmt bei Erhöhung der Die komplizierte nicht-axial- Plasmadichte ab. symmetrische Plasmagestalt Links: 0,35 Sekunden macht es manchmal notwendig, nach Entladungsbeginn; an unterschiedlichen Positionen unten: 0,3 Sekunden des Plasmaringes zu messen später. und bestimmte Plasmawerte (Die Grauskala gibt die nicht auf den Radius, sondern Wärmebelastung in auf magnetische Flächen zu Megawatt pro Quadratmeter an). beziehen. Dabei ist zusätzlich die Verformung der magnetischen Flächen durch den Plasmadruck zu berücksichtigen. Mit dem Einbau der Divertor-Module war eine erhebliche Erweiterung der vorhandenen Messeinrichtungen verbunden, zu der der IPP-Bereich in Berlin wesentliche Beiträge geliefert hat. Die gewonnenen Messdaten wer- den von dem im IPP entwickelten Daten erfas- sungssystem UDAS (Universal Data Acqui- sition System) aufgenommen, das seit seiner Einführung zuverlässig läuft. Pro Plasma ent- ladung werden bis zu 100 Megabyte an Daten gewonnen und zur Auswertung und Doku- mentation in Hochleistungs-Workstations übertragen. WENDELSTEIN 7-AS hat in den vergan- genen Jahren den in Stellaratoren zugäng- lichen Parameterbereich erheblich erweitert. Zur Bewertung der experimentellen Ergeb- nisse wurden umfangreiche theoretische Ar- Fusionsexperiment beiten ausgeführt und vergleichende Daten- banken bereitgestellt. Dabei wurden auch die WENDELSTEIN 7-X Rechenmodelle überprüft, die für das Konzept des Advanced Stellarator und speziell zur Festlegung des Nachfolgers er Experimentvorschlag für den WENDELSTEIN 7-X entwickelt wurden. In DStellarator WENDELSTEIN 7-X wurde allen Fällen ergab sich eine gute Übereinstim- 1990 formuliert und den zuständigen euro- mung im Rahmen der Messgenauigkeit, so päischen Gremien vorgelegt. Die endgültige dass die Weiterverfolgung der Entwicklungs- positive Entscheidung zur ersten Phase des linie gerechtfertigt ist. Ein besonders wich- Genehmigungsverfahrens, in der die wis- tiges Ergebnis war der Nachweis, dass im senschaftlichen Pläne für das Experiment und Divertorbetrieb schon in WENDELSTEIN 7- seine Einbettung in das europäische Fusions- AS nahezu stationäre Entladungen bei hoher programm begutachtet wurden, erging im Mai Plasmadichte und großer Heizleistung mög- 1994. Die zweite Phase des Genehmigungs- lich sind. Damit hat sich die Entscheidung für verfahrens - Begutachtung der Technik sowie supraleitende Magnetfeldspulen in WENDEL- der Kosten- und Personalschätzung - erfolgte STEIN 7-X, mit denen die Entladungsdauer 1995. Im Sommer 1996 begann der Aufbau zu einem echt stationären Betrieb ausgedehnt des Projektteams und die Detaillierung des werden kann, als richtig bestätigt. Maschinenentwurfs. Ende Juli 2002 wurden die Experimente an WENDELSTEIN 7-X wird in dem 1994 WENDELSTEIN 7-AS abgeschlossen. gegründeten IPP-Teilinstitut in Greifswald aufgebaut, dessen neue Gebäude 1999 ein-

61 sichere Rückschlüsse auf ein Kraftwerks- Durchmesser der Anlage (über alles): 16 Meter plasma zulassen. Höhe (über alles): 5 Meter Dazu gehört im Einzelnen, ein heißes und Gewicht: 725 Tonnen dichtes Wasserstoffplasma mit Temperaturen Großer Plasmaradius: 5,5 Meter von rund 100 Millionen Grad und Beta- Mittlerer kleiner Plasmaradius: 0,53 Meter Werten von fünf Prozent in einem optimierten Plasmavolumen: 30 Kubikmeter Magnetfeld einzuschließen, verschiedene Plasmagewicht: 0,005 - 0,03 Gramm Heizmethoden anzuwenden, stabilen Plasma- Anzahl der modularen Spulen: 50 einschluss zu zeigen sowie die Plasma-Wand- Anzahl der ebenen Zusatzspulen: 20 Wechselwirkung zu studieren und die Magnetfeld (Achse): 3 Tesla Entstehung und den Abtransport von Verun- Rotationstransformation (Achse): 0,84 reinigungen über längere Zeit zu kontrol- Verscherung: 0,1 - 0,14 lieren. Energieeinschlusszeit: 0,15 Die Magnetfeldstruktur des WENDEL- Heizleistung (erste Ausbaustufe): 15 Megawatt STEIN 7-X ist eine fünf-periodische Helias- Pulsdauer: Dauerbetrieb für Konfiguration (Helias = Helical Advanced 30 Minuten mit Stellarator). Sie zeichnet sich unter anderem Elektronenzyklotron- durch eine helikal gewundene magnetische Heizung Achse aus. Umfangreiche theoretische Unter- suchungen haben die besondere Kraftwerks- eignung dieser Konfiguration gezeigt: Die Charakteristische geweiht wurden. Ab 2004 werden hier rund Lage der Plasmasäule im Gefäß ändert sich Daten des 300 Mitarbeiter mit dem Aufbau und dem mit steigendem Plasmadruck nur sehr wenig, Experimentes Betrieb von WENDELSTEIN 7-X beschäftigt die Stabilitätsgrenze lässt mittlere Beta-Werte WENDELSTEIN 7-X sein. Der Zeitplan für die Montage der Anlage von 4,3 Prozent erwarten. Auch die schnellen wird durch die Fertigungsgeschwindigkeit der Heliumkerne, die in einem brennenden supraleitenden Magnetspulen bestimmt und Plasma für die Selbstheizung sorgen, werden sieht die Inbetriebnahme etwa für das Jahr in einer Helias-Konfiguration gut einge- 2007 vor. schlossen. In WENDELSTEIN 7-X, der mit Das Experiment WENDELSTEIN 7-X soll einem Plasma aus normalem Wasserstoff und die prinzipielle Kraftwerkseignung des Ad- Deuterium - also ohne Tritium - arbeiten wird, vanced Stellarator demonstrieren und so soll das Verhalten der Heliumkerne durch Konzeptverbesserungen für ein künftiges eingeschossene schnelle Wasserstoff-Teilchen Stellaratorkraftwerk aufzeigen. Da Stellara- mit Energien von 60 Kiloelektronenvolt toren zum Einschluss des Plasmas keinen zir- simuliert werden. kulierenden Strom im Plasma benötigen, ist Eingehende Untersuchungen befassten sich ihr Bauprinzip für den Dauerbetrieb eines mit den Verlusten des Plasmas aufgrund der Kraftwerks besonders geeignet. Ziel des Ex- Coulomb-Wechselwirkung der geladenen periments ist es, ein heißes und dichtes Stella- Plasmateilchen bei großen freien Weglängen. ratorplasma hinreichend lange einzuschlie- Dieser sogenannte neoklassische Verlust, der ßen, so dass die gewonnenen Ergebnisse durch die Stöße zwischen den Plasmateilchen

Der Aufbau von WENDELSTEIN 7-X: Die 50 nichtebenen (blau) und 20 ebenen Magnet- spulen (grau) werden auf Supraleitungs- temperatur abgekühlt. Für ihre Wärmeisola- tion sorgt ein Kryostat (grau). Dessen innere Wand ist das Plasmagefäß (grün). Stutzen (grün) zum Anschluss von Mess- geräten, Heizung und Pumpen führen durch den kalten Spulenbereich.

62 zustande kommt, ist in einem klassischen Flexibilität des Experiments zu erhöhen und Stellarator so hoch, dass eine Zündung un- charakteristische Größen des Magnetfelds um möglich wäre. In einer Helias-Konfiguration bis zu zehn Prozent verändern zu können, gelingt es jedoch, die Teilchenbahnen so zu wird den nichtebenen Spulen ein zweiter Satz gestalten, dass der neoklassische Verlust auf von zwanzig ebenen Spulen überlagert. Die ein für die Zündung tolerables Maß vermin- Abmessungen der Anlage sind in der Tabelle dert werden kann. Besonderer Wert bei diesen (links) zusammengestellt. Untersuchungen wurde auch auf die Elimi- Wegen der angestrebten langen Pulszeiten nierung des Bootstrap-Stroms gelegt. Dieser wird das Magnetfeld von WENDELSTEIN 7- Ringstrom, der sich aus der inneren Energie X - anders als beim Vorgänger - mit Hilfe von des Plasmas speist, könnte das Magnetfeld supraleitenden Spulen erzeugt. Diese Spulen auf ungünstige Weise verändern. In der für sind das technische Kernstück der Anlage. WENDELSTEIN 7-X gewählten Konfigura- Mit ihrer Hilfe soll WENDELSTEIN 7-X die tion ist er jedoch auf unwesentliche Werte wesentliche Stellaratoreigenschaft erreichen, reduziert. Ein wichtiges Thema für WENDELSTEIN Die supraleitende Demonstrationsspule 7-X ist die Plasma-Wand-Wechselwirkung für WENDELSTEIN 7-X und die Entwicklung eines Divertors. Dabei vor der Prüfung in der besitzt die optimierte magnetische Konfigura- Testanlage TOSKA tion Eigenschaften eines „natürlichen“ Diver- im Forschungszentrum tors: Eng begrenzte magnetische Flussbündel Karlsruhe winden sich um das Einschlussgebiet und laufen in Richtung der Gefäßwand. Anders als beim Tokamak sind keine zusätzlichen Mag- netfelder nötig. Über Diffusionsvorgänge lau- fen Teilchen und Energie in diese Flussbündel und strömen parallel zum Magnetfeld auf fern vom heißen Plasma angebrachte Divertor- platten. Hier werden die geladenen Teilchen neutralisiert und mit Hilfe von Vakuumpum- pen aus dem Plasmaraum abgesaugt. Durch geeignete Regelung der Gasdichte vor den Prallplatten wird die Produktion von Verun- reinigungen verringert und gleichzeitig deren Rückfluss in das Plasma eingeschränkt. In detaillierten Berechnungen der Teilchen- bahnen und Monte-Carlo-Rechnungen für die Neutralteilchen wurden unter Berücksichti- Foto: Forschungszentrum Karlsruhe gung der komplizierten Geometrie Größe und den Dauerbetrieb. Wegen des relativ geringen Lage der Prallplatten, Leitplatten und Kryo- Magnetfeldes von sechs Tesla auf den Spulen pumpen für die zehn Divertoreinheiten von kann man für den Bau der WENDELSTEIN- WENDELSTEIN 7-X bestimmt. Um die Spulen auf supraleitende Standard-Drähte aus maximale Flächenbelastung von 10 Megawatt Niob-Titan zurückgreifen (siehe Kapitel pro Quadratmeter nicht zu überschreiten, „Magnetspulen“ Seite 20 ). Um den supralei- kann das Magnetfeld durch zusätzliche tenden Zustand im Stromleiter aufrechtzuer- Regelspulen im Randbereich räumlich und halten, muss er mit flüssigem Helium auf zeitlich verändert werden. etwa 4 Kelvin nahe dem absoluten Nullpunkt Das modular aufgebaute Spulensystem abgekühlt werden. setzt die bereits beim Vorgänger WENDEL- Alle siebzig Einzelspulen des Magnet- STEIN 7-AS mit Erfolg verwirklichte Linie systems werden im französischen Forschungs- fort. Es besteht aus 50 nichtebenen Einzel- institut der CEA in Saclay einer Funktions- spulen, die in fünf gleichen Modulen zu je prüfung bei Betriebsbedingungen unterzogen, zehn Spulen angeordnet sind. Da jeweils zwei bevor sie in die Experimentieranlage einge- Spulen eines Moduls gleich geformt, aber baut werden. Dort sind sie an einer massiven umgedreht angeordnet sind, gibt es insgesamt Stützstruktur befestigt, damit die exakte Form nur fünf geometrisch verschiedene Spulen. des Magnetfelds auch bei den hohen elektro- Dieser Spulensatz alleine wäre ausreichend, magnetischen Kräften zwischen den Spulen um das Plasma einzuschließen. Um die erhalten bleibt.

63 stoffatome einer Leistung bis zu 20 Megawatt in das Plasma hineinschießt, können die Tem- peratur und die Dichte des Plasmas weiter erhöht werden. Zur Absicherung des technischen Entwurfs von WENDELSTEIN 7-X dienten umfangrei- che Forschungsarbeiten. Zunächst wurde der Supraleiter in mehreren Schritten entwickelt und verbessert. Der Leiter besteht aus 243 Einzeldrähten, die in mehreren Stufen zu einem Seil gewunden werden. Diese Ver- seilung verhindert, dass sich die Einzeldrähte durch die hohen Lorentzkräfte im Magnetfeld gegeneinander bewegen können. Zur zusätz- lichen Verstärkung wird das Seil in eine Alu- miniumhülle eingeschlossen. Der Hohlraum zwischen den Drähten des Seils und der Aluminiumhülle wird als Kühlkanal für das Plasma und Die tiefe Betriebstemperatur der supralei- flüssige Helium genutzt. Die Legierung der Divertorplatten für tenden Spulen erfordert eine wirksame Wärme- Aluminiumhülle wurde so ausgewählt, dass WENDELSTEIN 7-X isolation gegenüber allen Bauteilen der An- der Leiter im weichen Ausgangszustand gut lage, die sich auf Umgebungstemperatur gewickelt und danach durch Erwärmen auf befinden. Das gesamte Spulensystem ist da- 170 Grad Celsius ausgehärtet werden kann. In her in einem Kryostaten angeordnet, wo es diesem versteiften Zustand kann er den durch eine Vakuumisolation und gekühlte starken Kräften beim Betrieb der Maschine Zwischenflächen wärmeisoliert wird. Die innere Wand des Kryostaten ist die Wand des Plasmagefäßes. Es ist mit mehr als dreihundert Öffnungen für Beobach- tungs- und Heizstutzen ausgestattet, die thermisch isoliert durch den kalten Spu- Foto: Balcke-Dürr AG Foto: Balcke-Dürr lenbereich hindurchgeführt werden. Das Magnetfeld des Spulensystems von WENDELSTEIN 7-X speichert beim Betrieb des Experiments große Energiemengen von rund 600 Mega- joule. Zum Schutz der Spulen wird daher ein zuverlässiges Abschaltsystem aufge- baut, das bei einer Störung der Strom- versorgung oder dem plötzlichen Zusam- menbruch des supraleitenden Zustandes diese magnetische Energie kontrolliert abbaut, indem es den Strom über schnel- le Schalter zu Widerständen umleitet. Die Aufheizung des Plasmas geschieht Der Testkryostat beim Zusammenbau im Dauerbetrieb über Mikrowellen- strahlen mit einer Frequenz von 140 Giga- standhalten. Aus den Prototypleitern wurden hertz und einer Leistung von zehn Megawatt. schließlich Zylinderspulen gewickelt und im Die Mikrowellen werden in speziellen Sende- Teststand STAR des Forschungszentrums röhren, sogenannten Gyrotrons, erzeugt, über Karlsruhe elektromagnetisch und hydraulisch Metallspiegel umgelenkt und in das Plasma bei den späteren Betriebswerten geprüft. fokussiert. Dort heizen sie bevorzugt jene Zur weiteren Vorbereitung wurden eine Elektronen, welche im Magnetfeld gerade in supraleitende Prototypspule in Originalgröße Resonanz zur eingestrahlten Frequenz rotieren. und ein Teilstück des Kryostaten gefertigt, um Die Ionen des Plasmas können zusätzlich die Herstellbarkeit und die Funktion der Bau- mit Radiowellen einer Leistung von vier teile bei Betriebsbedingungen nachzuwei- Megawatt aufgeheizt werden. Durch die Neu- sen. Beim Bau der Prototypspule wie auch der tralteilchenheizung, die energiereiche Wasser- späteren Serienspulen kommt es darauf an,

64 die Sollform innerhalb weniger Millimeter Das Prototyp-Gyrotron einzuhalten und den Stromleiter so zu ver- für WENDELSTEIN 7-X steifen, dass er den starken Lorentzkräften im Teststand in standhält. Bei der Fertigung müssen die Karlsruhe einzelnen Leiterwindungen daher sehr präzise in ihre Wickelform gepresst werden. Zur elek- trischen Isolation wird der Leiter wie auch das gesamte Wickelpaket mit Bandagen aus Glasfaser umwunden und zur Versteifung mit Epoxidharz imprägniert. Um das Wickel- paket zusätzlich zu verstärken, wird es in ein Stahlgehäuse eingeschweißt. Dabei konnte der Prototyp sowohl für die Spulenwicklung wie auch für die Gehäuseschalen eine Maß- genauigkeit von einem Promille erreichen. Der Zwischenraum zwischen den Spulenwick- lungen und dem Stahlgehäuse wird mit Quarz- sand und Epoxidharz ausgefüllt, so dass eine gleichmäßige Kraftübertragung vom Wickel- paket auf das Gehäuse gewährleistet ist. Die Prototypspule wurde 1998 fertig- gestellt und anschließend im Forschungs- zentrum Karlsruhe in der Spulentestanlage TOSKA geprüft. Dabei wurden bei Leiter- strömen bis zu 19 Kiloampere die geforderten elektrischen Eigenschaften nachgewiesen. Um die elektromagnetischen Belastungen der

Spulen während des späteren Betriebs von Foto: Forschungszentrum Karlsruhe WENDELSTEIN 7-X zu simulieren, wurde die Prototypspule in TOSKA dem starken Elektronen. Diese Gyrotrons wurden bisher Magnetfeld der großen europäischen LCT- industriell nur für Heizpulse von wenigen Spule (Large Coil Task) ausgesetzt. Auch Sekunden und Leistungen von einigen hun- unter höchsten Belastungen von 10,6 Mega- dert Kilowatt gebaut. Das Plasma von WEN- newton blieben die Verformungen der Spule - DELSTEIN 7-X soll jedoch kontinuierlich wie zuvor berechnet - im elastischen Bereich. durch zehn Mikrowellensender mit je einem Das Kryostat-Stück, ein Achtel des Stella- Megawatt Ausgangsleistung geheizt werden. rators in Originalgröße, sollte zeigen, dass das Dazu ist der Aufbau der Gyrotrons so zu kompliziert geformte Plasmagefäß ent- verändern, dass die Ausgangsleistung bei ver- sprechend den engen Maßtoleranzen gefer- bessertem Wirkungsgrad erhöht und die tigt, der Zusammenbau des Kryostaten wie Kühlung optimiert ist. Das Gyrotron verlas- geplant ausgeführt und eine ausreichend gute sen die Mikrowellen durch Diamant- Wärmeisolation der suprakalten Teile erreicht fenster; sie werden dann durch eine Vielzahl werden kann. Dazu wurden Außen- und Innen- von gekühlten Umlenkspiegeln zum Plasma wand sowie Kühlleitungen, Kälteschild, übertragen. Das gesamte Mikrowellensystem Superisolation und die Stutzen in Original- wird durch das Forschungszentrum Karlsruhe ausführung gefertigt; die Spulen wurden beigestellt. Das Forschungszentrum koor- durch Platzhalter ersetzt. Bereits beim Zusam- diniert die Arbeiten, die im Verbund mit dem menbau der Komponenten konnten wichtige IPP in Garching und Greifswald, dem Institut Erkenntnisse für die Detailkonstruktion von für Plasmaforschung der Universität Stutt- WENDELSTEIN 7-X gewonnen werden. Die gart, dem Fusionslaboratorium der Polytech- Messungen der Wärmeisolation beim abschlie- nischen Hochschule in Lausanne und der ßenden Test mit flüssigem Helium zeigten, europäischen Industrie ausgeführt werden. Im dass die Vorgaben für den Wärmeeinfall auf Jahr 2001 lieferte ein erster Gyrotron-Prototyp die tiefkalten Teile von WENDELSTEIN 7-X bei einer Frequenz von 140 Gigahertz mit erhöht und die Kühlung der Spulen verbessert gutem Wirkungsgrad eine Leistung von einem werden muss. Megawatt für mehrere Sekunden. Bei gerin- Entwicklungsbedarf bestand auch bei den geren Leistungen konnten die Heizpulse bis auf Mikrowellensendern zur Aufheizung der mehrere Minuten Dauer ausgedehnt werden.

65 zeichnen sich unter anderem durch eine heli- kal gewundene magnetische Achse aus. Das Hochrechnen der WENDELSTEIN-Konfi- guration auf Kraftwerksgröße führt zu einem großen Plasmaradius von 22 Metern und einem mittleren kleinen Plasmaradius von 1,8 Metern. Modifiziert man die Konfiguration von WENDELSTEIN 7-X etwas und geht von fünf auf vier Feldperioden zurück, dann wird das Kraftwerk mit 18 Metern für den großen Radius und einem kleinen Plas- maradius von im Mittel 2,1 Metern kompak- ter und benötigt nur 40 anstelle von 50 modu- lare Spulen. Mit einem Magnetfeld von fünf Tesla im Plasma und zehn Tesla auf den Spulen ist das Feld klein genug, um die tech- nisch einfach herzustellenden Niob-Titan- Supraleiter verwenden zu können. Die in dem Schema eines Spulensystem gespeicherte Magnetfeld- Stellaratorkraftwerks: Das Stellaratorkraftwerk energie, die auch ein ungefähres Maß für die Dargestellt sind das Kosten des Spulensystems ist, liegt mit 100 Plasma, die Magnet - Gigajoule etwas unterhalb der Magnetfeld- spulen und der ie seit 1992 laufenden Studien zu einem energie eines Tokamakkraftwerks. äußere Kühlmantel. DStellaratorkraftwerk nach dem Helias- Wegen der relativ großen Fläche der ersten Prinzip zeigen, dass dieses Konzept eine Wand von 2600 Quadratmetern liegt die mitt- echte Alternative zu einem Tokamakkraft- lere Belastung durch Neutronen unter einem werk (siehe Seite 29) sein könnte. „Helias“ Megawatt pro Quadratmeter, was sich günstig steht dabei für „Helical Advanced Stella- auf die Lebensdauer der Wandverkleidung rator.“ Der besondere Vorteil des Stellarators auswirkt. Eine detailliertere Studie zu den tech- liegt in seiner Fähigkeit zum Dauerbetrieb nischen Komponenten wie Spulensystem, und dem Fehlen eines toroidalen Plasma- Blanket und Abschirmung soll zeigen, dass der stromes. Dadurch entfallen sowohl die Ein- Heliasreaktor eine konkurrenzfähige Alternative richtungen zum Erzeugen und Regeln dieses zu anderen Kraftwerkskonzepten ist. Stromes als auch die Gefahr einer Stromab- Nach jetzigem Kenntnisstand sind die plas- bruchinstabilität. maphysikalischen Bedingungen für die Helias-Konfigurationen - wie das gegenwär- Zündung eines Heliaskraftwerks erfüllbar. tig im IPP-Teilinstiut Greifswald entstehende Die theoretische Stabilitätsgrenze für den Stellaratorexperiment WENDELSTEIN 7-X - Plasmadruck liegt hoch genug, so dass bei den angestrebten Plasmatem- peraturen und -dichten ein Durchmesser der Anlage (über alles): 50 Meter magnetohydrodynamisch Höhe (über alles): 15 Meter stabiler Betrieb zu erwar- Großer Plasmaradius: 18 Meter ten ist. Numerische Rech- nungen zeigen, dass die Mittlerer kleiner Plasmaradius: 2,1 Meter neoklassischen, d.h. stoß- Plasmavolumen: 1600 Kubikmeter bestimmten Transportver- Plasmagewicht: 0,2 - 1,5 Gramm luste deutlich niedriger lie- Anzahl der modularen Spulen: 40 gen als bei herkömmlichen Plasmastrom: 0 Stellaratoren, so dass sie Magnetfeld (Achse): 5 Tesla die Zündung nicht beein- eaktor HSR4/18 Maximalfeld (Spule): 10 Tesla trächtigen. Für die anoma- len Transportverluste lie- Neutronenwandbelastung: ≤ 1 Megawatt pro m2 fern die gegenwärtigen Pulsdauer: Dauerbetrieb Stellaratorexperimente Startheizung: 50 - 80 Megawatt mehrere Skalierungsge- : Studie zum Helias-R

e setze, die in der Extrapo- l Fusionsleistung: 3000 Megawatt l e u

Q lation zum Kraftwerk auf Charakteristische Daten eines Stelleratorkraftwerks unterschiedliche Ergeb-

66 nisse führen. Skalierungsgesetze, die allein Wegen der speziellen Eigenschaften der auf Messungen in WENDELSTEIN 7-AS Heliaskonfiguration wird sogar noch eine und dem japanischen Experiment LHD Verminderung des anomalen Transports beruhen, bestätigen in der Hochrechnung auf erwartet. Gewissheit über das Auftreten den Heliasreaktor die Zündung. Ein Verbes- dieses Effektes kann aber nur das Experiment serungsfaktor - wie zum Beispiel im H-Re- WENDELSTEIN 7-X liefern. gime der Tokamaks - ist nicht notwendig.

Allgemeine Arbeiten zur Fusion

kerne gewissermaßen von außen „simuliert“ Plasmaheizung werden. Nimmt man die genannten 500 Megawatt als Bezugsgröße, so fällt der in die- sen Experimenten nötige Heizungsaufwand ie Entwicklung und der Einsatz von bereits erheblich ins Gewicht. Da - je nach DPlasmaheizverfahren an den Fusions- physikalischer Fragestellung - Volumen, Ober- experimenten des IPP - ASDEX Upgrade, fläche oder auch Plasmaumfang als Maß ge- WENDELSTEIN 7-AS und WENDELSTEIN nommen werden müssen, erreicht die Heiz- 7-X - ist die Aufgabe des Bereichs Technologie. leistung die Größenordnung von einigen zehn Auch in einem künftigen Fusionskraftwerk Megawatt. wird die richtige Energie- bzw. Leistungsein- Der Heizungsaufwand erhöht sich noch kopplung in das Fusionsplasma wichtig sein. weiter dadurch, dass bei den Plasmaexperi- Zur Zündung des Fusionsfeuers muss zunächst menten mehrere unterschiedliche Heizver- für einige zehn Sekunden die vergleichsweise fahren zugleich einzusetzen sind, um entwe- „geringe“ Leistung von 50 bis 100 Megawatt der die Plasmaionen oder die Elektronen von außen zugeführt werden, um die Fusions- gezielt zu heizen, oder - wie bei der Neutral- reaktionen und damit die Selbstheizung des teilcheninjektion - zugleich auch neue Teil- Plasmas einzuleiten. Mit erfolgter Zündung sollte dann die im Plasma frei werdende Hei- Die Neutralinjektions- zung durch die Heliumkerne auf ihren Endwert box für ASDEX Upgrade von etwa 500 Megawatt angestiegen sein, um beim Transport. so die hohen Fusionstemperaturen selbständig aufrechtzuerhalten. Heizsysteme werden jedoch nicht nur zur Heizung des Plasmas sondern auch zum nicht- induktiven Stromtrieb angewandt. So kann das den Energieeinschluss bestimmende Stromprofil kontrolliert werden und ein sta- tionärer Tokamakbetrieb erreicht werden. Im Gegensatz zum Kraftwerk spielt die innere Fusionsheizung in den derzeitigen Fu- sionsexperimenten bei der Leistungsbilanz noch keine Rolle. Dementsprechend muss das Plasma in den Tokamak- oder Stellarator- Experimenten durch die äußere Heizung nicht nur gestartet, sondern die noch fehlende, viel

höhere innere Heizung durch die Helium- Foto: Simon Ertl

67 heizung"), ist die Realisierung eines zuverläs- sig arbeitenden Hochleistungsinjektors den- noch eine Herausforderung. Ein Beispiel ist die Herstellung des Ionenstrahls: Die beiden Foto: Simon Ertl Injektoren für ASDEX Upgrade besitzen je vier Plasmaquellen, aus denen die positiv ge- ladenen Wasserstoffionen abgesaugt und durch drei hintereinander liegende Elektroden beschleunigt werden. Um die verlangte Heiz- leistung zu erzielen, ist ein hoher Strahlstrom von 85 Ampere notwendig. Aus einer einzel- nen Elektrodenöffnung gezogen, wäre dieser Strom durch die entstehende Raumladung begrenzt. Deshalb werden mehrere 100 Einzel- strahlen aus ebenso vielen Öffnungen einer gemeinsamen Elektrode herausgezogen. Die feinen Einzelstrahlen verschmelzen anschlie- Blick auf zwei chen in das Plasmainnere einzufüttern. Da die ßend zu einem Gesamtstrahl mit etwa teller- Antennen der Frage der optimalen Plasmaheizung für ein großem Querschnitt. Ionen-Zyklotron- Fusionskraftwerk noch nicht beantwortet ist, Die Gitterelektroden sind ein handwerkli- Resonanzheizung im kommt auch dem Vergleich unterschiedlicher ches Meisterstück: Mit höchster Präzision Plasmagefäß von Heizverfahren an ein und derselben Plasma- gefertigt, hält eine ausgefeilte Wasserkühlung ASDEX Upgrade anlage große Bedeutung zu. jede einzelne Öffnung trotz der hohen Wärme- An den zwei großen IPP-Experimenten belastung während des Heizpulses auf hun- ASDEX Upgrade und WENDELSTEIN 7-AS dertstel Millimeter relativ zu ihrem Partner im wurden in den letzten Jahren die Plasma- folgenden Gitter in Position. Inzwischen arbei- heizungen weiter ausgebaut und neue Heiz- ten diese Injektoren sehr erfolgreich und zu- systeme erfolgreich in Betrieb genommen. verlässig. Mit 14 (statt 12) Megawatt in Wasser- Die Tabelle gibt einen Überblick über die ein- stoff und über 20 (statt 18) Megawatt in Deu- gesetzten Heizverfahren - Neutralteilchen- terium konnte die vorgesehene Nennleistung injektion, Elektronen- und Ionen-Zyklotron- sogar deutlich überschritten werden. Die Abbil- Resonanzheizung. dung auf Seite 67 zeigt die 50 Tonnen schwere Die Neutralteilcheninjektion ist ein seit vie- Injektorbox auf dem Transport zum Experi- len Jahren erprobtes Verfahren, um Energie ment. und Teilchen in Plasmen einzukoppeln. Der zweite Injektor ist ausgestattet mit neu Obwohl das Grundprinzip der Neutralteilchen- entwickelten Hochfrequenz-Ionenquellen - injektion einfach ist (siehe Abschnitt "Plasma- mit maximal je 90 Ampere Strahlstrom und bis zu 100 Kilovolt Extraktionsspannung. Durch Einbau von vier weiteren Ionenquellen wurde inzwischen auch die Leistung der zwei kleineren Neutralstrahlinjektoren am Experi- ment WENDELSTEIN 7-AS aufgestockt. Zusätzlich wurde die ursprüngliche Anord- nung der beiden Injektoren umgestellt: die Injektoren schießen die Neutralteilchen nun nicht mehr gegensinnig sondern im gleichen Drehsinn ein. Mit dieser Maßnahme und der Leistungsverdoppelung auf etwa drei Mega- watt kommt die erreichbare Plasmaenergie an die für den Stellarator vorhergesagte Stabilitäts- grenze heran. Die Ionen-Zyklotron-Resonanzheizung Schwenkbares (ICRH) koppelt Wellenenergie im Bereich der Spiegelsystem im Ionen-Zyklotron-Frequenzen von typisch 30 Plasmagefäß von bis 80 Megahertz in das Plasma ein, um die ASDEX Upgrade zur mit der jeweiligen Frequenz resonanten Ionen Einkoppelung von gezielt zu beschleunigen. An ASDEX Upgra- Mikrowellen de stehen vier Hochfrequenz-Generatoren mit

68 je zwei Megawatt maximaler Ausgangs- An ASDEX Upgrade ist eine ECRH-An- leistung zur Verfügung. Die Hochfrequenz- lage mit viermal 0,5 Megawatt bei 140 Leistung wird über längere Koaxialleitungen Gigahertz und einer Pulslänge von zwei Se- bis zum Plasmagefäß übertragen und hier kunden in Betrieb; eine größere Anlage mit über vier Antennen mit jeweils zwei Dipol- zehn Sekunden Pulslänge wird vorbereitet. schleifen in das Plasma eingestrahlt. Die Die Mikrowellen bieten die Möglichkeit, die Abbildung links zeigt zwei dieser Antennen, Plasmaelektronen sehr lokalisiert zu heizen. wobei die Sicht auf die eigentlichen Di- Damit könnten durch Leistungsmodulation polschleifen durch eine Vielzahl von paralle- der Gyrotrons Wärmewellen im Plasma ange- len Stäben verdeckt ist. Diese sogenannten regt werden, die Aufschluss über die Elek- „Faraday-Stäbe“ wirken als Polarisationsfilter tronenwärmeleitfähigkeit geben. Es hat sich und sorgen für die richtige Ausrichtung, d.h. gezeigt, dass sie nichtlinear vom Temperatur- Polarisation, der abgestrahlten Wellen. gradienten abhängt, wie es von Turbulenz- Da die Wellenausbreitung stark von den theorien vorher gesagt wird - ein wichtiger Plasmawerten abhängt, stellt die effiziente Beitrag zur Aufklärung des anomalen Wärme- Einkopplung der Hochfrequenzleistung ins transports. Plasma ein größeres Problem dar, das durch Durch Einstrahlen von ECRH-Wellen die vielfach auftretenden Instabilitäten des schräg zum Magnetfeld kann außerdem lokal Plasmarandes, sogenannte „Edge Localized ein Gleichstrom getrieben werden. Damit ist Modes“, noch zusätzlich erschwert wird.Für es geglückt, Plasmainstabilitäten zu unter- die ICRH-Antennen bewirken diese Schwan- drücken, die den Energieeinschluss ver- kungen des Plasmarandes starke Lastwechsel, schlechtern. In gleicher Weise kann durch die den Volllastbetrieb der Hochfrequenz- ECRH-Stromtrieb das globale Stromprofil im Grundparameter der Systeme bisher unmöglich machten. Aus die- Plasma verändert werden und das Plasma in an WENDELSTEIN 7-AS sem Grunde konnten auch an ASDEX ein anderes Einschlussregime - zum Beispiel und ASDEX Upgrade Upgrade bisher nur zwei Drittel der erwarte- das „Advanced Tokamak-Regime“ - gebracht eingesetzten Heiz- ten maximalen Heizleistung von sechs Mega- werden. verfahren watt erreicht werden. Inzwischen wur- den jedoch neue, schnell reagierende Last-Anpassungskonzepte entwickelt, WENDELSTEIN 7-AS ASDEX Upgrade so dass in neueren ICRH-Experimen- ten deutliche Verbesserungen erzielt max. Teilchenenergie 50 (H0) 65 (100) (D0) werden konnten. (Kiloelektronenvolt) Entsprechend dem Verhältnis von Ionen- zu Elektronenmasse liegt die Leistung 3 20 Frequenz der Elektronen-Zyklotron- heizung (Megawatt)

Resonanzheizung (ECRH) über Neutralteilchen- 1000mal höher im Bereich der Mikro- max. Pulslänge 3 10 (Sekunden) wellen. Dieses Höchstfrequenzheiz- verfahren ist ausschließlich auf die Plasmaelektronen ausgerichtet und Frequenz 30 - 80 30 - 80 wurde schon seit Beginn der 80er (Megahertz) Jahre - als Gemeinschaftsvorhaben des Instituts für Plasmaforschung der Leistung 1 8 (Megawatt) Universität Stuttgart und des Gar- Resonanz * Ionen-Zyklotron- chinger Stellarator-Teams - erfolg- max. Pulslänge 1 5 reich an den Stellaratoren WENDEL- (Sekunden) STEIN 7-A und WENDELSTEIN 7- AS eingesetzt. Inzwischen hat in enger Zusammenarbeit dieser Grup- Frequenz 70 und 140 140 (105-140) pen ein entsprechendes ECRH-Pro- (Gigahertz) gramm auch am Tokamak ASDEX Up- Leistung 0,5 und 1 (2) 2 (4) grade begonnen. Beteiligt an diesem Resonanz (Megawatt) Programm sind außerdem das Institute for Applied Physics in Nishni Now- Elektronen-Zyklotron- max. Pulslänge 3 2 (10) gorod, das auf dem Gebiet der Hoch- (Sekunden) leistungs-Millimeter-Wellenröhren, der so genannten Gyrotrons, weltweit *) an WENDELSTEIN 7-AS seit Anfang 2000 außer Betrieb führend ist.

69 reinigungen zur Verdünnung des Fusions- brennstoffs und damit zum Absinken der Fusionsleistung. Die Wechselwirkungen zwi- schen Plasma und Wand werden vornehmlich in Laborexperimenten untersucht, um die zugrundeliegenden physikalischen Prozesse aufzuklären und die zugehörenden atomaren Daten zu bestimmen. Darüber hinaus werden an den Fusionsanlagen direkt die Teilchen- flüsse zu den Wandkomponenten und die da- raus resultierenden Veränderungen der Wand- oberfläche untersucht. Bei der Auswahl von Materialien für Fusionsmaschinen muss man zwei Bereiche des Plasmagefäßes bezüglich der Art der Belastung durch einfallende Teilchen unter- scheiden: In der Plasmahauptkammer handelt es sich bei den einfallenden Teilchen haupt- sächlich um neutrale Atome, die im Plasma durch Umladungsprozesse erzeugt werden. Sie besitzen Energien bis zu einigen zehn Kiloelektronenvolt und Flussdichten im Be- reich von 1020 Teilchen pro Quadratmeter und Sekunde. Dagegen sind im Divertorbereich, wo die Plasmaionen abgeführt werden, die Targetplatten einem hohen Ionenfluss bis zu einigen 1023 Teilchen pro Quadratmeter und Sekunde ausgesetzt, jedoch wesentlich gerin- geren Energien unter 100 Elektronenvolt. In heutigen Fusionsexperimenten wird in der Regel Kohlenstoff als Material für plas- mabelastete Wandkomponenten sowohl im Divertor als auch in der Hauptkammer ver- wendet. Bei diesem Element führen die aus der Materialerosion stammenden Verunreini- gungen im Plasma nur zu vergleichsweise geringen Strahlungsverlusten, so dass opti- male Plasmabedingungen erreicht werden Blick in das Plasma- können. In einem Fusionskraftwerk ist die gefäß von ASDEX Plasma-Wand- Verwendung von Kohlenstoff jedoch prob- Upgrade. Die dunklen Wechselwirkung lematisch, da bei der Wiederablagerung Graphitziegel sind mit erodierter Kohlenstoffatome das radioaktive Wolfram beschichtet. Brennstoffisotop Tritium in größeren Mengen m Bereich Oberflächenphysik werden die fest gebunden wird. Am Tokamak ASDEX IBelastungen untersucht, denen die dem Upgrade wird aus diesem Grund Wolfram als Plasma zugewandten Oberflächen des Plas- alternatives Material für plasmabelastete magefäßes ausgesetzt sind. Insbesondere tref- Komponenten untersucht. Wolfram weist fen fortwährend Teilchen aus dem heißen wesentlich niedrigere Abtragungsraten als Wasserstoffplasma auf die umgebenden Wän- Kohlenstoff auf. Durch seine hohe Kernla- de, wobei sie Atome des Wandmaterials he- dungszahl verursacht es jedoch wesentlich rausschlagen können. Diese Teilchen können stärkere Strahlungsverluste, so dass die in das Plasma eindringen und führen dort als tolerierbare Konzentration um einen Faktor Verunreinigungen zu Energieverlusten. Sie 1000 unter der von Kohlenstoff liegt. Die nehmen nämlich durch Stöße mit den Plasma- Eignung von Wolfram als Wandmaterial war teilchen Energie auf, die sie in Form von Licht- deshalb zunächst in Frage gestellt und musste strahlung wieder freigeben.Dies führt zu uner- untersucht werden. wünschter Kühlung des Plasmas. Darüber Für den Divertorbereich konnte an ASDEX hinaus führt ein zu großer Anteil an Verun- Upgrade die Verwendbarkeit von Wolfram

70 bereits erfolgreich demonstriert werden. nennenswert abzutragen. Die Erosion kann Wünschenswert wäre die Verwendung von deshalb nicht durch Deuteriumionen, sondern Streuspektren von Wolfram jedoch auch für Wandkomponenten muss durch Kohlenstoffionen erfolgen, die Heliumionen an Wolf- in der Plasmahauptkammer. Dazu wurde an noch immer als Verunreinigung im Plasma ram-beschichteten der Abdeckung der inneren Hauptkammer- vorhanden sind. Eine ähnliche Beobachtung Graphitziegeln der wand von ASDEX Upgrade in den letzten wurde früher bereits im Wolfram-Divertor Hauptkammerwand von Experimentierkampagnen Wolfram mit stetig gemacht. Für die in Zukunft geplanten ASDEX Upgrade vor zunehmendem Flächenanteil benutzt. Auf die Experimente sollen deshalb die noch vorhan- (rot) und nach (grün) verwendeten Graphitziegel wurde dafür eine denen Kohlenstoffkomponenten durch Wolf- einer Experimentkam- Wolframschicht mit einer Dicke von einen ram ersetzt werden. Mit dem damit einherge- pagne. Die Änderung Mikrometer aufgedampft (siehe Abbildung henden Rückgang der Kohlenstoffkonzentra- der Fläche unter der links). tion im Plasma ist zu erwarten, dass sich die Messkurve ist ein Maß Die bisherigen Experimente haben gezeigt, Wolframerosionsrate entsprechend weiter für die Abnahme der dass auch in diesem Bereich die Erosion von vermindern wird. Wolframbeschichtung. Wolfram nicht zu Konzentrationen über der Toleranzschwelle im Plasma führt. Allerdings stellte sich heraus, dass die gemessene Ero- sion wesentlich stärker war als ursprünglich aufgrund des vergleichsweise geringen Flusses von Umladungsatomen angenommen wurde. Zur Quantifizierung der Erosionsrate und zur Erkundung der beteiligten Prozesse wurde die Erosion durch Messung der Wolframschichtdicke vor und nach der Experimentierkampagne mittels Ionenstrahl- analyse bestimmt. Die Abbildung rechts zeigt das Energiespektrum von Heliumionen, die an den beschichteten Ziegeln zurückgestreut wurden. Die Fläche unter dem zur Wolf- ramschicht gehörenden Signalanteil ent- spricht näherungsweise der Schichtdicke. Bei dem nach der Experimentierkampagne auf- genommenen Spektrum hat sich, wie die Abbildung zeigt, die Wolframmenge deutlich vermindert. Entsprechende Messungen wurden an einer ganzen Reihe von Ziegeln ausgeführt, um die Materialforschung räumliche Verteilung der Erosionsrate zu be- stimmen. Dabei beobachtet man starke Variationen der Erosionsrate selbst auf einzel- lasmabelastete Materialien unterliegen in nen Ziegeln. Daraus kann man schließen, dass P Fusionsanlagen hohen Belastungen durch die Erosion nicht durch den Einfall neutraler die Wärmeabstrahlung aus dem Plasma und Atome erfolgen kann, da deren räumliche durch energiereiche Plasmateilchen wie Elek- Verteilung sehr homogen ist. Durch Analyse tronen, Ionen und Atome, die auf die Material- der Magnetfeldlinien, entlang derer sich die oberfläche treffen. Hierdurch entstehen hohe eingeschlossenen Plasmateilchen bewegen, Wärmeflüsse, die von der Materialoberfläche kann man zeigen, dass die Oberflächen- abgeführt werden müssen. Zusätzlich wird bereiche mit starker Erosion von Feldlinien das plasmabelastete Material durch die auf- geschnitten werden, die aus der Plasmazone treffenden Plasmateilchen abgetragen, was kommen, während Bereiche geringer Erosion die Lebensdauer der plasmabelasteten Kom- entlang der Feldlinien abgeschattet sind. Die ponenten stark verringern kann. In einem Fu- beobachtete Erosion kann also im wesent- sionskraftwerk werden überdies hohe Flüsse lichen auf den Einfall von Ionen aus dem von Fusionsneutronen erzeugt, die auf ihrem Plasma zurückgeführt werden. Weg durch die plasmabelasteten Komponen- Messungen der Ionentemperaturen an den ten Strahlenschäden verursachen. Die For- betrachteten Oberflächen deuten jedoch schungsarbeiten im Bereich Materialfor- darauf hin, dass die Energie der einfallenden schung befassen sich daher mit der Ent- Deuteriumionen nicht ausreicht, um Wolfram wicklung und Untersuchung von möglichst

71 Wandverkleidung für WENDELSTEIN 7-X mit Borkarbid-Beschichtung (Prototyp)

robusten Materialien für die plasmabelasteten dung wurden erstmalig plasmagespritzte Komponenten von Fusionsanlagen. Schichten mit einer Schichtstärke bis zu 0,5 Millimeter auf großflächige Wandbauteile Plasmabelastete Materialien: aufgebracht. Borkarbid hat gegenüber Koh- In gegenwärtigen Fusionsanlagen werden lenstoff den Vorteil, dass es gegen den vornehmlich Materialien mit niedriger Kern- chemischen Angriff durch das Wasserstoff- ladungszahl Z wie Kohlenstoff oder Beryl- plasma resistent ist. Unter zyklischen Wärme- lium eingesetzt. Wird die Oberfläche der flussbelastungen in einer Testanlage des Materialien bei Plasmakontakt erodiert, so Forschungszentrums Karlsruhe zeigten die können Atome des Wandmaterials ins Plasma mit Borcarbid beschichteten Bauteile keine eindringen. Wegen der geringen Kern- Schädigung. ladungszahl sind bei den hohen Plasmatem- Für Komponenten, deren Oberfläche hohen peraturen jedoch nur noch wenige bzw. keine Wärmelasten ausgesetzt ist - zum Beispiel die Elektronen an die Atomrümpfe gebunden. Divertorplatten - bieten sich Graphite und Daher entsteht nur begrenzte Strahlung am kohlefaserverstärkte Kohlenstoffe an. Einen Erodierte Graphit- kälteren Plasmarand, die zu einem tolerier- Weg, die Vorteile des Graphits wie hohe ther- oberfläche nach Belas- baren Leistungsverlust aus dem Plasma führt. mische Stabilität und gute Wärmeleitfähigkeit tung mit Deuterium- So werden für die Erste Wand von WEN- zu nutzen und die chemische Erosion durch Ionen. Man erkennt DELSTEIN 7-X Borkarbidschichten entwi- den Wasserstoffangriff zu reduzieren, weisen Titankarbidkörner ckelt, die auf großflächigen, dreidimensional dotierte Graphite auf. Karbiddotierungen auf den Spitzen der geformten Wandbauteilen aus Edelstahl bilden durch ihre Anreicherung an der be- Graphitnadeln. aufgebracht werden können. Für diese Anwen- lasteten Oberfläche einen wirkungsvollen Schutz des graphitischen Matrixmaterials. Der Wasserstoff aus dem Plasma trifft vor- nehmlich auf die an der Oberfläche befind- lichen Karbide und kann nicht mit dem freien Kohlenstoff des Graphits zu Methan rea- gieren. Zusätzlich können, je nach Karbid, chemische Oberflächenprozesse die Reakti- vität des Graphits beeinträchtigen, so dass bei erhöhten Temperaturen eine weitere Ver- ringerung der chemischen Erosion erreicht wird. Trotz seiner hohen Kernladungszahl ist jedoch auch ein Material wie Wolfram von großem Interesse für die Anwendung in Fusionskraftwerken. Als schweres Element ist Wolfram einer wesentlich geringeren Zerstäubungserosion durch Wasserstoff-

72 teilchen unterworfen. Die Lebensdauer von karbid, könnte zu thermisch hochbelastbaren Wolfram-beschichteten Komponenten könnte Werkstoffen mit hoher Festigkeit führen. daher auch für den Betrieb eines Kraftwerks Grundlagenuntersuchungen sollen zeigen, ob ausreichend sein. Da wegen der hohen diese Materialklasse, die insbesondere für die Dünne Wolfram- Kernladungszahl nur sehr geringe Verun- Luftfahrt entwickelt wurde, auch für die An- schichten, die durch reinigungskonzentrationen im Plasma toleriert wendung in Fusionsanlagen angepasst wer- unterschiedliche werden können, wurde in ASDEX Upgrade den kann. Dabei ist die Entwicklung der Grenz- Verfahren abgeschie- die Plasmaverträglichkeit von Wolfram unter- flächeneigenschaften zwischen der Faserver- den wurden; sucht. Die dazu entwickelten dünnen Wolf- stärkung und der metallischen Matrix von oben: Verdampfung in ramschichten hafteten auch unter hohen ther- entscheidender Bedeutung für die mechani- einem Lichtbogen, mischen Belastungen gut auf Graphit und auf schen Eigenschaften des Verbundmaterials. unten: Magnetron- Kohlefaser-verstärktem Kohlenstoff. Weitere Entsprechend werden im IPP Modellkompo- Zerstäubung. Die Mikro- Informationen zu Wolfram als Wandmaterial site synthetisiert, an denen die Phasenbildung struktur der abgeschie- finden sich im Kapitel „.Plasma-Wand-Wech- an inneren Grenzflächen und die mikromecha- denen Schichten ist in selwirkung“. nischen Eigenschaften untersucht werden hohem Maße prozess- können. abhängig. Dünne Sperrschichten: Wasserstoffisotope können sich in vielen me- tallischen Materialien leicht ansammeln oder auch durch sie hindurch treten. Im Falle von Tritium ist diese Permeation unerwünscht, da in einer Fusionsanlage das Tritiuminventar möglichst begrenzt und lokalisierbar sein muss. Dünne oxidische Beschichtungen auf Metallen können jedoch zu einer sehr starken Absenkung der Wasserstoffpermeation füh- ren. Derartige Sperrschichten aus Aluminium- oxid werden im IPP gezielt durch einen ato- maren Plasmaprozess abgeschieden. Durch die Einstellung der Ionenenergie während der Abscheidung konnte dabei eine stabile kristalline Mikrostruktur der Schicht erreicht werden.

Metall-Matrix Komposite: Die Verstärkung von Metallen wie Kupfer oder niedrig-aktivierbarer Stahl durch kera- mische Fasern, insbesondere aus Silizium-

Intensiv beschäftigt man sich zum Beispiel Plasmatechnologie mit amorphen wasserstoffhaltigen Kohlen- stoffschichten, die sowohl kommerziell ge- nutzt als auch in den großen Fusions- ie Gruppe „Plasmatechnologie“ verfolgt experimenten zum Schutz der metallischen Ddrei Aufgaben: Mit Hilfe plasmachemi- Gefäßwände eingesetzt werden. Das Ab- scher Verfahren werden Oberflächen vergütet tragen und an anderer Stelle wieder Ablagern und Beschichtungen hergestellt, die in den solcher Schichten in einem Plasma, also Fusionsanlagen des Instituts benötigt werden. Deposition und Erosion, wird mit einem Falls notwendig, werden hierfür spezielle neuartigen, zum Patent angemeldeten Mess- Beschichtungsverfahren entwickelt oder verfahren untersucht, das auf der spek- verbessert. Da dies ein tieferes Verständnis troskopischen Ellipsometrie beruht. Das der zugrundeliegenden chemischen und hochempfindliche optische Verfahren kann physikalischen Vorgänge erfordert, werden die Eigenschaften eines Schichtsystems sehr Plasma- und Schichteigenschaften systema- genau und in-situ vermessen, d.h. während tisch analysiert und mikroskopische Prozesse die Schichten dem Plasma ausgesetzt sind. der Plasma-Oberflächen-Wechselwirkung Damit wurde das Aufwachsen und Abtragen untersucht. von wasserstoffhaltigen Kohlenstoffschichten

73 Zur Simulation zu berücksichtigen. Deshalb mikroskopischer werden diese Prozesse in Vorgänge an der Modellexperimenten inten- Gefäßwand von siv untersucht. Eine ganze Fusionsexperimen- Reihe mikroskopischer Pro- Foto: Doris Beirer ten werden in dieser zesse wurde in den letzten Anlage amorphe Jahren detailliert analysiert Kohlenwasserstoff- und teilweise quantitativ Schichten hergestellt aufgeklärt. Insbesondere und während des konnte das Haftvermögen Wachstums durch von Methyl-Radikalen auf ausgefeilte Messver- der Oberfläche von Koh- fahren beobachtet. lenwasserstoffschichten be- stimmt werden. Abgesehen von ihrem Nutzen für die Fusionsforschung sind die in Abhängigkeit von der Energie der auftref- hierbei gewonnenen Elementardaten ebenso fenden Plasmaionen und der Temperatur des für die Modellierung gleichartiger Prozesse Substrats untersucht. Im allgemeinen stieg die bei der Plasmadeposition technologisch inte- Erosionsrate mit zunehmender Ionenenergie ressanter Schichten - zum Beispiel harter und steigender Substrattemperatur, wobei amorpher Kohlenstoff- oder Diamantschich- allerdings im Detail überraschende Abwei- ten - von Bedeutung. chungen entdeckt wurden. Insbesondere die Wechselwirkungen von atomarem Wasserstoff und Kohlenwasser- stoff-Radikalen mit Kohlenstoff-Oberflächen spielen in der Randschicht und im Divertor von Fusionsexperimenten eine wichtige Rolle und sind bei der Auslegung künftiger Anlagen

Tokamakphysik

er Bereich Tokamakphysik untersucht Dgrundlegende Fragen der theoretischen Plasmaphysik und unterstützt die experi- mentellen Tokamak-Aktivitäten des IPP. Der Schwerpunkt liegt bei ASDEX Upgrade, zunehmend werden aber auch JET-Plasmen analysiert. Dabei kommt dem Vergleich der beiden Tokamaks eine besondere Bedeutung zu: Nur wenn die entwickelten Rechen- programme beide - unterschiedlich großen - Tokamaks gut beschreiben, kann man ihren Vorhersagen für den nochmals größeren ITER oder gar für ein Fusionskraftwerk vertrauen. Zu den untersuchten Fragestellungen gehören Turbulente Plasmastörungen führen zu einem erhöhten die Berechnung von Plasmagleichgewichten Transport von Teilchen und Energie. und ihrer Stabilität gegenüber makroskopi- Die hier für ASDEX Upgrade gezeigten Fluktuationen schen und mikroskopischen Störungen, die sind das Resultat einer Computersimulation. Ausbreitung und Absorption von Wellen in inhomogenen Plasmen, die Beschreibung der Plasma-Randschicht, Modellierungen zum Teilchen- und Energietransport sowie

74 Simulationen des turbulenten Transports. nach der Entwicklung schneller Hochleis- Makroskopische Plasmainstabilitäten wer- tungsrechner - erzielen. So gelang es beispiels- den meist von Druckunterschieden, aber auch weise, den grundlegenden Charakter der expe- von Stromstärkedifferenzen angeregt. Auch rimentell beobachteten Plasmafluktuationen schnelle Plasmateilchen, die durch Mikro- in numerischen Simulationen zu reprodu- wellen- und Neutralteilchenheizung beschleu- zieren (links unten). Insbesondere für die nigt wurden, oder die schnellen Heliumionen etwas kühlere und daher für Sondenmes- in einem brennenden Plasma können solche sungen zugängliche Plasmarandschicht wur- Instabilitäten hervorrufen. Sie führen zu den Theorie und Experiment vielfach detail- einem Verlust von Teilchen und Energie und liert verglichen, mit größtenteils guter qualita- schränken so den Bereich der erzielbaren tiver Übereinstimmung. Weiterhin wurde Plasmawerte ein. Besonders kritisch ist dabei gezeigt, dass der numerisch berechnete turbu- die Begrenzung der erreichbaren Beta-Werte, lente Transport in der Tat groß genug ist, um also des Plasmadrucks im Verhältnis zu dem die zusätzlichen Verluste in den Plasmen zu vom Magnetfeld erzeugten Druck. Da man - um Kosten zu sparen - den zur Fusion 8 erforderlichen Plasmadruck bei möglichst kleinem Magnetfeld erreichen will, werden Experiment insbesondere druckgetriebene Instabilitäten Modell intensiv untersucht. Durch gemeinsame theo- 6 retische und experimentelle Arbeiten ist es gelungen, solche Instabilitäten gänzlich zu vermeiden oder bereits aufgetretene Instabi- litäten aktiv zu unterdrücken. 4

Den Energie- und Teilchentransport in (r = 0,4 a)

Tokamak-Plasmen hat man in den vergan- (keV) Temperatur genen Jahren deutlich besser verstanden. Zu 2 Beginn der Fusionsforschung wurde ange- nommen, dass der Transport von Teilchen und Energie senkrecht zum Magnetfeld aus- schließlich durch Stöße zwischen den Plas- 0 0 1 2 3 4 mateilchen hervorgerufen wird. Wäre das richtig, könnte die Zündung des Plasmas Temperatur (keV) (r = 0,8 a) schon in einem sehr kleinen Tokamak erreicht werden. Experimente haben jedoch gezeigt, dass der tatsächliche Transport senkrecht zum erklären. Darüber hinaus konnte nachgewie- Vergleich zwischen Magnetfeld bis zu drei Größenordnungen sen werden, dass die Turbulenz im Plasma- gemessenen und größer sein kann, als durch bloße Teilchen- zentrum überwiegend von Ionen-Temperatur- berechneten stöße erklärt werden könnte. Intensive theo- Unterschieden verursacht wird. Da diese Art Ionentemperaturen im retische und experimentelle Arbeiten konnten von Turbulenz erst beim Überschreiten eines Plasmazentrum und den Grund für diesen zusätzlichen, „ano- kritischen Temperaturgradienten einsetzt, am Plasmarand. malen“ Transportmechanismus klären: Mikro- dann aber mit wachsendem Gradienten rasch skopische Instabilitäten, getrieben durch zunimmt, erwartete man, dass die experimen- Druckdifferenzen im Plasma, führen zu turbu- tellen Werte für den Temperaturgradienten lenten Strömungen und damit zu einem nahe an den von der Theorie vorhergesagten Transport von Teilchen und Energie. Das theo- kritischen Werten liegen. Diese Vermutung retische Verständnis dieses zusätzlichen konnte in zahlreichen Experimenten bestätigt Transportmechanismus ist von großer Bedeu- werden. Eine Konsequenz dieses Verhaltens tung für die Planung künftiger Fusions- ist, dass der Temperaturverlauf im Plasma- anlagen, denn bis heute ist man dabei noch zentrum wesentlich von der Temperatur am auf Hochrechnungen mittels empirischer Plasmarand bestimmt wird (siehe oben). Skalierungsgesetze angewiesen, die man aus Die Arbeiten zur Randschicht- und bisherigen Fusionsexperimenten gewonnen hat. Divertorphysik führten zur Entwicklung eines Einfache Modelle können dieses nichtlineare Rechenprogramms, mit dem das Verhalten Phänomen allerdings nicht beschreiben; der Randschicht eines Fusionsplasmas berech- hierzu sind aufwendige numerische Simu- net werden kann. Das Programm wurde lationen nötig. Entscheidende Fortschritte gemeinsam mit Wissenschaftlern aus Jülich konnte man daher erst in den letzten Jahren - und New York entwickelt. Für eine

75 vorgegebene Heizleistung und Geometrie der werden? Um diese und andere Fragen zu Fusionsanlage gibt es Antwort auf die Fragen: beantworten, müssen sowohl das Verhalten Wie groß sind die Leistungsflüsse auf die der geladenen Plasmateilchen und der Verun- Divertorplatten? Welche Dichte und Tempe- reinigungen im Magnetfeld korrekt erfasst als ratur hat das Randplasma, das auf die Diver- auch die Bahnen der Neutralteilchen verfolgt torplatten gelenkt wird? Gelingt es, die Verun- werden, die aus den Plasmaionen beim Kon- reinigungen aus dem Divertor vom Eindrin- takt mit den Divertorplatten entstehen. Zu- gen in das Hauptplasma abzuhalten? Ist die gleich sind atomphysikalische Vorgänge wie Energieabfuhr durch Verunreinigungsstrah- das Ablösen von Teilchen aus den Divertor- lung hoch genug? Kann das bei der Fusion platten oder die Aussendung von Strahlung entstehende Helium genügend gut abgepumt durch die Verunreinigungen zu beschreiben.

stoßbestimmten Einschlussverhalten des ther- 3 mischen Plasmas und der ein Kraftwerks- plasma heizenden Helium-Teilchen führen. Das gegenwärtig in Greifswald entstehende 2 Experiment WENDELSTEIN 7-X ist ein wesentlicher Schritt hin zu einem Stellarator- 1 kraftwerk, da es hinsichtlich dieser Eigen- schaften theoretisch optimiert wurde. Bestand-

(s) 0 teil der Optimierung waren auch die das Mag- n

φ netfeld erzeugenden Spulen. Im Bereich

Stellaratortheorie werden diese Theorien wei- -1 ter vertieft, so dass die für WENDELSTEIN 7-X vorhergesagten Eigenschaften detailliert -2 und quantitativ beschrieben werden können. Wesentlich für den Betrieb von WENDEL- -3 STEIN 7-X sind ebenso der nicht durch die 00,20,4 0,6 0,8 1,0 Stöße der Plasmateilchen bestimmte, sondern normierter Plasmaradius (s) turbulente bzw. anomale Plasmatransport (siehe Abbildung links) und die Eigenschaf- Vollentwickelte ten der Plasmarandschicht, in der ein Insel- Turbulenz in einem divertor den Teilchen- und Energiefluss kon- zylindrischen Plasma. trollieren soll. Entsprechend beschäftigt sich Ursache sind von Stellaratortheorie die aktuelle Forschung auch mit der Ent- Temperaturunterschie- wicklung stellaratorspezifischer Theorien des den getriebene Insta- turbulenten Transports und der Plasmarand- bilitäten. Der ufgabe des Bereichs Stellaratortheo- schicht. Abbildung liegt eine Arie im IPP-Teilinstitut Greifswald ist Darüber hinaus trägt der Bereich zur sogenannte Particle-in- es, kraftwerkstaugliche Magnetfelder in Fortentwicklung des Stellaratorkonzepts im Cell-Simulation mit der toroidalen dreidimensionalen Geome- allgemeinen bei. Sie verläuft bisher im wesent- etwa 100.000.000 trie der Stellaratoren zu finden und das lichen entlang dreier Entwicklungslinien, die Teilchen zugrunde. Verhalten des Plasmas in ihnen zu be- alle einen zu großen stoßbestimmten Trans- Gezeigt wird der schreiben. Die für ein Kraftwerk notwen- port vermeiden. Sie werden charakterisiert Verlauf von etwa digen Plasmaeigenschaften werden dabei durch sogenannte Quasisymmetrien: erstens tausend Fourierkom- durch zwei sich ergänzende theoretische axiale, das heißt tokamakartige Symmetrie, ponenten des fluktu- Beschreibungen erfasst: Dies ist zum einen zweitens helikale, das heißt lineare schrau- ierenden elektrischen die Magnetohydrodynamik, in deren benartige und drittens poloidale Symmetrie. Potenzials über dem Rahmen dreidimensionale Plasmagleich- Dabei bezieht sich der Symmetriebegriff Plasmaradius. gewichte und deren Stabilität beschrieben nicht auf die räumliche Geometrie sondern werden. Der sie charakterisierende Beta- auf die funktionale Form der Magnetfeldstär- Wert (siehe Seite 11) muss ein ausrei- ke. WENDELSTEIN 7-X gehört zum dritten chend gutes Verhältnis von Plasma- zu Typus, der im Unterschied zu den beiden Magnetfelddruck garantieren. Zum ande- ersten nicht in reiner Form existiert. Er kann ren muss die driftkinetische Beschreibung jedoch in einem verallgemeinerten Konzept, der Ionen und Elektronen zu einem guten das die Konturen der sogenannten „zweiten

76 adiabatischen Invarianten“ betrifft, sehr gut angenähert werden. Die Forschungen in diesen Arbeitsgebieten gehören zur Sparte der Physik mit dem Computer, der „Computational Physics“, da eine realistische Beschreibung der dreidimen- sionalen Stellaratorplasmen nur numerisch möglich ist. Aktuelle Forschungsthemen sind hierbei die Weiterentwicklung der Rechen- verfahren für Gleichgewicht (PIES) und Spulen (NESCOIL), die Weiterentwicklung 1,95 Sekunden nach des dreidimensionalen magnetohydrodynami- Entladungsbeginn wird schen Stabilitätscodes CAS3D für leitende, kontinuierlich Argon in das Plasma einschließende Wände, dessen das Plasma von ASDEX kinetische Erweiterung CAS3D-K sowie die Upgrade eingeblasen. Weiterentwicklung linearer und nichtlinearer Die gemessene gyrokinetischer Codes, GYGLES und TORB. Entwicklung der Argon- Hinzu kommt die Entwicklung eines dreidi- Dichte ist über der Zeit mensionalen Codes BoRiS für Turbulenz am und dem Plasmaradius Plasmarand, die Berechnung von Stellarator- R aufgetragen. konfigurationen mit niedrigem Verhältnis von großem zu kleinem Plasmaradius sowie die Analyse von Stellaratoren vom allgemeinen Typ der poloidalen Quasisymmetrie, die mög- lichst perfekten stoßfreien Einschluss der Helium-Teilchen zeigen. Diese Untersuchun- gen werden in vielfältigen internationalen Kollaborationen und Projekten betrieben.

Plasmadiagnostik

iele des Bereichs „Experimentelle Plas- Zmaphysik 4“ sind vor allem das Verständ- nis der Randschichtphysik des Plasmas, des Teilchentransports, der Energieabfuhr durch Ultraviolett- oder Röntgenstrahlung aus dem Plasma und der Verunreinigungserzeugung auf chemischem Wege. Zur Lösung dieser Fragen hat der Bereich übergreifende Diagnostikaufgaben übernommen. Hierfür wie sie sowohl in der - vor allem in Augsburg Der zentrale wurden hauptsächlich die Spektroskopie- betriebenen - Plasmatechnologie als auch in Plasmabereich ist blau, gruppen an den Experimenten ASDEX der Fusionsforschung an den Großexperi- der äußere rot gekenn- Upgrade und WENDELSTEIN 7-AS zusam- menten des IPP Verwendung finden. Auch in zeichnet (siehe oben). mengefasst, die das Plasma mit Hilfe des cha- Augsburg werden zur Diagnostik hauptsäch- Das Plasmazentrum rakteristischen Lichts analysieren, das die lich spektroskopische Methoden genutzt, die befindet sich bei Plasmateilchen aussenden. auf dem Eigenleuchten der Plasmen oder auf Ro = 1,72 Metern. Der Leiter des Bereichs hat gleichzeitig den aktiver Anregung mit Laserlicht oder Teil- Lehrstuhl für Experimentelle Plasmaphysik chenstrahlen beruhen. Während die Messun- an der Universität Augsburg inne. Ent- gen dort auf den sichtbaren Spektralbereich sprechend finden die Forschungsarbeiten des und das nahe Vakuum-Ultraviolettlicht be- Lehrstuhls zum Teil in Augsburg, zum größe- schränkt sind, stehen in Garching umfangrei- ren Teil in Garching statt. Gemeinsame che Diagnostiken vom Infrarot- bis zum Themen sind die Diagnostik und das Ver- Röntgengebiet zur Verfügung. Über das enge- ständnis von Nichtgleichgewichtsplasmen, re Forschungsgebiet des Lehrstuhls hinaus

77 werden den Studenten der Universität mikroskopische Plasmaturbulenz verursacht Augsburg in Garching ebenso Arbeitsmög- wird. Der Transport durch Stöße kann unter lichkeiten auf dem ganzen Feld der Fusions- ungünstigen Bedingungen zu einer Anhäu- forschung angeboten. fung von Verunreinigungen im Plasma- Durch spektroskopische Messungen lässt zentrum führen. Die beiden anderen Trans- sich eine Vielzahl von Informationen über das portprozesse hingegen arbeiten dieser An- Plasma gewinnen: Die Messungen haben häufungstendenz entgegen, indem sie die sich einerseits die Bestimmung der Plasmawerte einstellenden Dichteunterschiede wieder

Foto: Ulrich Schwenn zum Ziel, also der verschiedenen Teilchen- abbauen. dichten und Temperaturen, die für Da der stoßbestimmte Transport von der eine rechnerische Modellierung der Ladungszahl der Verunreinigung abhängt, Vorgänge im Plasma unerlässlich müssen die Untersuchungen für verschiedene sind. Andererseits wird die Elemente ausgeführt werden. Dabei werden Wechselwirkung der Plasmen mit die gasförmigen Stoffe durch Ventile einge- den Gefäßwänden studiert, d.h. die bracht. Feste Stoffe werden zunächst auf eine Ablagerung oder Abtragung von Glasplatte aufgetragen, von wo sie im Plasma- Material an der Wand. Insbesondere gefäß mit einem Laserstrahl wieder abge- untersucht werden dabei chemische dampft werden können. Als Beispiel zeigt die Vorgänge wie die Bildung von Abb. auf Seite 77 die Dichteentwicklung von Methan, Borwasserstoff, Kohlenmon- Argon nach einer Injektion von einer Sekunde oxyd und anderen Gasen, über die Dauer. Argon dringt zunächst sehr schnell man aus der Interpretation der zum Rand des zentralen Plasmabereichs vor, gemessenen Molekülspektren Infor- wo jedoch der weitere Transport in Richtung mationen gewinnt. Spektroskopische Zentrum sehr klein ist und schließlich von Messungen dienen auch dem Stu- einer makroskopischen Plasmainstabilität, der dium des noch weitgehend ungeklär- sogenannten Sägezahn-Instabilität, bewerk- ten Teilchentransports sowie der stelligt wird. Im weiteren Verlauf erkennt man Untersuchung lokaler Phänomene, den Beginn einer sich aufbauenden Zuspit- die zu einer theoretischen Erklärung zung der Argondichte auf der Plasmaachse, des Transports führen könnten. die jeweils durch erneut auftretende Säge- Für den Einsatz der Spektroskopie zahn-Instabilitäten periodisch abgebaut wird. müssen zunächst die Spektren als Rechnungen zeigen, dass hierbei der Trans- Vakuumrohre, die an solche bekannt sein oder berechnet werden, port im äußeren Bereich hauptsächlich durch das Plasmagefäß von d.h. die Atom- und Ionenlinien, die Kontinua Turbulenz erfolgt, während der geringe ASDEX Upgrade ange- und die Molekülbanden der entsprechenden Transport im Zentrum nur durch Stoß- baut sind, führen wei- Teilchensorten. Zur Auswertung der gemesse- prozesse verursacht wird. Das Verständnis che Röntgenstrahlung nen Strahlungsintensitäten braucht man spezi- dieser Fragen und die damit einhergehende aus dem Plasma zu elle Anregungsmodelle, für die experimentell Entwicklung theoretischer Transportmodelle verschiedenen gemessene oder theoretisch berechnete atom- dient dazu, den Verunreinigungsgehalt in Spektrometern. physikalische Eigenschaften bekannt sein einem Fusionskraftwerk vorherzusagen. müssen. Dazu gehören Ratenkoeffizienten für Elektronenstoßanregung, Übergangswahr- scheinlichkeiten, Linienverbreiterungsmecha- nismen sowie Querschnitte für Ladungsaus- tausch und andere Stoßprozesse. Auf diesem Bereich Berlin Gebiet wird intensiv mit Atom- und Astro- physikern zusammengearbeitet. Die grundle- genden Atomdaten werden dann in sogenann- ach einer Empfehlung des Wissen- ten Stoß-Strahlungs-Modellen für die Analyse Nschaftsrates, die fusionsorientierten Ar- der gemessenen Spektren aufbereitet. beiten des aufgelösten Zentralinstituts für Ein Beispiel für die Aufgaben der Elektronenphysik der ehemaligen Akademie Spektroskopie ist die Untersuchung des der Wissenschaften der DDR weiterzuführen, Verunreinigungstransports im Plasma. Von gründete die Max-Planck-Gesellschaft zusam- besonderem Interesse ist hier die Frage, men mit dem Land Berlin 1992 den IPP- inwieweit der Teilchentransport durch die Bereich Berlin. Als „Bereich Plasmadia- unvermeidbaren Stöße zwischen den gela- gnostik“ wurde er 1999 organisatorisch dem denen Ionen oder zusätzlich durch makrosko- Teilinstitut Greifswald zugeordnet. Die pische Plasmainstabilitäten bzw. durch Mitarbeiter des Bereiches arbeiten bis Ende

78 Schleusen- Magnetfeldspulen schieber Blenden Anode

Neutralisator- Gaseinlass platte Kathode

Heizer

Schirm Plasmastrahl mit magnetischen Flusslinien Untersuchungs- probe Pumpstutzen

0,5 Meter Targetraum Druckstufe Anoden-Kathoden-Raum

Stromloser Driftbereich

2003 in Berlin; anschließend wird der größte die Infrarot-Thermografie - ein Verfahren, das Schematische Ansicht Teil nach Greifswald umziehen. Forschungs- die Wärmebelastung besonders exponierter des Plasmagenerators schwerpunkt des Berliner Bereichs sind Bauteile bestimmt - wird vom Bereich Plasma- PSI-2. Das zylindersym- Plasmaverunreinigungen, deren Diagnostik diagnostik an WENDELSTEIN 7-AS betreut. metrische Plasma und die Physik der Plasma-Randschicht in Neben dieser Teilnahme an den Garchinger erstreckt sich von der Fusionsanlagen. Projekten ist der Bereich wesentlich an der Kathode bis zur Im Gegensatz zu der im heißen Zentrum Vorbereitung des neuen Stellarators WEN- Neutralisator-Platte. des Plasmas geltenden Hochtemperatur-Plas- DELSTEIN 7-X in Greifswald beteiligt. maphysik, die bis in die Strukturen der Atom- Darüber hinaus hat der Bereich in Berlin kerne eingreift, beschäftigt sich die Physik eigene Aktivitäten auf experimentellem und des kälteren Plasmarandes auch mit Vor- theoretischem Gebiet aufzuweisen. Hierzu gängen, die sich in der Atomhülle abspielen. gehören der Plasmagenerator PSI-2, das Hier kommt es zu vielfältigen Strahlungspro- EBIT-Experiment (Electron Beam Ion Trap) zessen sowie zu Recycling- und Transport- zur Erzeugung und Untersuchung hochge- vorgängen, für die insbesondere die durch ladener Ionen und das Ultrahochvakuum- Erosion freigesetzten Verunreinigungen ver- Labor zur Analyse von Materialien für antwortlich sind. Fusionsanlagen. Auch theoretische Unter- Ein Teil der Forschungskapazität des Be- suchungen des Plasmas im Randbereich von reichs Berlin ist direkt in die Garchinger Fusionsanlagen werden ausgeführt. Forschungsprogramme an den Experimenten Der Plasmagenerator PSI-2 erzeugt sta- ASDEX Upgrade und WENDELSTEIN 7-AS tionäre Plasmen, die dem Randplasma der eingebunden, teilweise in Zusammenarbeit Fusionsanlagen ähnlich sind. Im Gegensatz mit den dort ansässigen Gruppen, teilweise zu Fusionsexperimenten, die jeweils nur für mit eigenen Messapparaturen. So betreibt der wenige Sekunden ein Plasma erzeugen, lässt Bereich an ASDEX Upgrade einen Rand- sich das Plasma im Plasmagenerator unter schichtmanipulator und ein Randschichtspek- definierten Bedingungen für viele Stunden trometer. Mit dem Manipulator werden kurz- aufrechterhalten. Dies erlaubt wichtige experi- zeitig Sonden in die Randschicht hineinge- mentelle Beiträge zur Physik der Plasma- fahren, so dass hier Temperatur und Dichte Wand-Wechselwirkung; zudem wird die mit hoher Ortsauflösung gemessen werden Anlage für die Entwicklung und Erprobung können. Mit dem Randschichtspektrometer neuer Diagnostiken eingesetzt. Wegen der können Verunreinigungen im Plasma nach- vergleichsweise hohen Teilchenflüsse und gewiesen und deren Transport- und Strah- Temperaturen können Materialien bei hoher lungseigenschaften untersucht werden. Auch thermischer Belastung erprobt werden. Die

79 Grad variiert werden. Am Plasmagenerator wurden auch neue Diagnostikverfahren für die Randschicht von Fusionsexperimenten entwickelt und erprobt. In Zusammenarbeit mit der Physikalisch-Technischen Bundesan- stalt in Berlin wurde ein neuartiges Zwei- Photonen-Spektrometer zur Bestimmung der Wasserstoff-Isotopendichte aufgebaut und erfolgreich getestet. Diese Messungen sind für die Fusionsforschung von großer Bedeu- tung, da in einem brennenden Fusionsplasma die Dichten der Deuteronen und Tritonen möglichst gleich sein sollten, um eine maxi- male Leistungsausbeute zu erhalten. Ein anderes Verfahren, das am Plasmagenerator erprobt wurde, nutzt die Anregung und nach- folgende Emission eines neutralen Helium- strahls, um Dichte und Temperatur des umgebenden Plasmas zu bestimmen. Molybdänprobe im Anlage ist dabei deutlich kleiner als ein Schwerpunkt der künftigen Forschung sind Plasmastrahl des Fusionsexperiment, erfordert weniger Be- Plasma-Target-Experimente, mit denen der Plasmagenerators. triebspersonal und ist auch für die Untersu- Bereich zur Suche nach alternativen Wand- chung neuer Fragestellungen in der Grundla- materialien für Fusionsexperimente beitragen genforschung geeignet. will. Hervorzuheben sind Untersuchungen Die Abbildung auf Seite 79 zeigt schema- zur chemischen Erosion von unterschied- tisch den Aufbau des Plasmagenerators PSI-2. lichen kohlefaser-verstärkten Kohlenstoff- Durch ein Ventil strömt das Arbeitsgas - zum Materialien. Hier hat es sich als sehr vorteil- Beispiel Wasserstoff - in den Entladungs- haft erwiesen, dass Elektronen- und Tar- raum, in den eine geheizte Kathode und eine gettemperatur sowie die Auftreffenergie der ringförmige Anode ragen. Eine Hochstrom- Ionen weitgehend unabhängig voneinander Bogenentladung zwischen Anode und Kathode eingestellt werden können. Weitere Schwer- ionisiert das Arbeitsgas - es entsteht ein Plasma. Mit Hilfe von ringförmig angeord- neten Magnetspulen wird ein axiales Magnetfeld einer Stärke von 0,1 bis 0,2 Tesla erzeugt. Es sorgt - ähnlich wie das Magnet- feld in Fusionsexperimenten - für den radi- Kollektor alen Einschluss der Plasmateilchen. Hinter der Anode schließlich befindet sich ein System von Vakuum-Pumpen, um das durch Wandkontakt entstehende Neutralgas abzu- pumpen. Im sogenannten Target-Raum hat die Plasmasäule einen Durchmesser von etwa Supraleitende acht Zentimetern und kann für Plasma-Wand- Helmholtz-Spulen Wechselwirkungsexperimente auf entspre- chende Proben gerichtet werden. Mit der Inbetriebnahme des Plasmagene- Hochspannungs- rators wurden zunächst verschiedene diagnos- elektroden (Falle) tische Methoden zur Bestimmung der Betriebs- und Plasmaparameter erprobt. Hierzu zählen aktive und passive spektros- Elektronenstrahl kopische Verfahren, elektrische Sonden und die Laserstreuung. Die Ergebnisse zeigten übereinstimmend, dass die mit dem Generator Elektronen- erreichbaren Plasmawerte im fusionsrelevan- kanone ten Bereich liegen. Die Temperatur der Elektronen beispielsweise kann über etwa eine Schematische Anordnung der wesentlichen Größenordnung von 50.000 bis zu 350.000 Bauteile der Ionenfalle EBIT.

80 punkte bilden Untersuchungen zum radialen Atomdaten für die spektroskopische Tempe- und axialen Transport im Plasma und dessen raturdiagnostik. Schließlich wurden auch Beeinflussung durch Fluktuationen und methodische Studien zur Physik der Ionen- Plasmarotation sowie eine direkte Messung falle und zum Einschluss der Ionen ausge- der Leistungsübertragung vom Plasma auf ein führt. Schwerpunkt der künftigen Forschung Target und deren Winkelabhängigkeit. auf diesem Gebiet sollen Experimente mit Mit der Ionenfalle EBIT können durch extrahierten Ionen sein, die auf ein außerhalb

Ionisation von neutralen Atomen hochge- der EBIT-Quelle befindliches Gastarget Foto: Dieter Lange ladene Ionen erzeugt und spektroskopisch geschossen werden. untersucht werden. Hochgeladene Ionen Auf dem Gebiet der kommen unter anderem in Stern- und Fu- Plasmatheorie beschäftigt sich sionsplasmen vor, wo wegen der hohen Tem- der Bereich mit Modellrech- peraturen die Atome sich in ihre Bestandteile nungen mit dem B2/Eirene- - Kerne und Elektronen - zerlegen. Für die Code sowohl für ASDEX Analyse derartiger Ionen bietet die EBIT Upgrade zur Untersuchung einzigartige Möglichkeiten, da mit ihr nahezu des sogenannten „abgelösten“ jedes beliebige Element des Periodensystems Plasmazustandes als auch für in entsprechend hohe Ladungszustände über- den Plasmagenerator PSI-2. führt und unter definierten Bedingungen Mit einem eindimensionalen untersucht werden kann. Modell für die Energie- und Die Abbildung links zeigt die schematische Teilchenbilanz sowie die Anordnung der EBIT-Quelle: Ein Elektronen- Schichtbeschreibung an Ka- strahl wird im Bereich der Hochspannungs- thode und Anode wurden die elektroden, der eigentlichen „Falle“, durch Elektronendichte und -tem- ein Magnetfeld hoher Feldstärke - drei Tesla - peratur des Plasmagenerators auf einen Durchmesser von etwa 70 Mikro- selbstkonsistent bestimmt. meter komprimiert. Die Energie der Strahl- Mit Hilfe dieses einfachen elektronen kann über die an den Elektroden Modells konnten die für ver- anliegende Hochspannung von 500 bis zu schiedene Arbeitsgase gemes- 40.000 Elektronenvolt variiert werden. Der senen Strom-Spannungs- Elektronenstrahl hat mehrere Funktionen zu Kennlinien gut beschrieben erfüllen: Er ionisiert die in die Falle einge- werden. Theoretisch analy- brachten Atome und schließt die so erzeugten, siert wurden weiterhin chaotische Zustände, die Mit der Ionenfalle EBIT positiv geladenen Ionen durch anziehende in einem strahlenden Randplasma auftreten werden hochgeladene Kräfte ein. Durch Stöße zwischen Elektronen können. Durch Lösungen der räumlich eindi- Ionen erzeugt und und Ionen regt der Elektronenstrahl zudem mensionalen und zeitabhängigen Wärmelei- untersucht Strahlungsprozesse an, die dann mit Spektro- tungsgleichung können sie in Form einer peri- metern beobachtet werden können. odisch getriebenen Reaktions-Diffusions- Mit der EBIT werden sowohl fusionsrele- Gleichung beschrieben werden. Die künftigen vante als auch grundlegende plasma- und Untersuchungen werden sich hauptsächlich mit atomphysikalische Fragestellungen bearbei- Fragen befassen, die im Zusammenhang mit tet. So wurden mit Blick auf den möglichen dem Stellarator WENDELSTEIN 7-X in Einsatz von Krypton für die Kühlung des Greifswald stehen. Randschichtplasmas in Fusionskraftwerken Energieverlust-Raten für hochgeladene Kryp- ton-Ionen ermittelt. Hinzu kommen spektros- kopische Untersuchungen an Wolfram-Ionen. Wolfram wird als Wandmaterial für Fusionsanlagen in Betracht gezogen. Bis zu 72fach ionisierte Wolfram-Ionen würden dann im Plasma als Verunreinigung vorkom- men. Mit den an der EBIT gewonnenen Spektren dieser Ionen konnte zum Beispiel die Natur des zuvor in ASDEX Upgrade beobachteten Quasi-Kontinuums der Wolframstrahlung gedeutet werden. Weitere Untersuchungen an hochgeladenen Argon- Ionen dienten zur Überprüfung von

81 Kooperationen des IPP

Mitarbeiter des Institut im Rahmen der „Entwicklungsgemeinschaft für Plasmaforschung Kernfusion“ das Forschungszentrum Karls- der Universität ruhe übernommen hat. Eine ähnlich enge Stuttgart bei der Zusammenarbeit mit dem IPF hat sich auch Entwicklung der am Tokamak ASDEX Upgrade entwickelt. Übertragungsleitungen Foto: Dagmar Schilling Die Mikrowellen-Heizung wurde hier von für die Mikrowellen- 1994 bis 1998 installiert und wird seit 2000 Heizung von weiter ausgebaut, wobei das IPF die Übertra- WENDELSTEIN 7-X. gungsleitungen dimensioniert und sich an den Experimenten beteiligt. Des weiteren laufen an ASDEX Upgrade Arbeiten zur Diagnostik der Plasmarandschicht, insbesondere mittels hochauflösender Spektroskopie und zur Mikrowellendiagnostik. Hinzu kommen Expe- rimente zur magnetohydrodynamischen Stabi- lisierung. Eine enge Kooperation verbindet das IPP mit dem Forschungsschwerpunkt Oberflä- chenphysik der Universität Bayreuth: Zwei der Lehrstuhlinhaber in Bayreuth sind zu- gleich Mitglieder der Wissenschaftlichen Leitung des IPP. Untersucht wird vor allem Zusammenarbeit mit die Wechselwirkung von Wasserstoff und Deuterium mit den Wandmaterialien von Hochschulen Fusionsanlagen. Dabei soll die physikalische Wechselwirkung von langsamen Wasserstoff- as Max-Planck-Institut für Plasmaphysik atomen mit Kohlenstoff, Bor und Beryllium Darbeitet eng mit mehreren deutschen Uni- sowie insbesondere die chemische Zerstäu- versitätsinstituten zusammen. So können bung von Kohlenstoff-Materialien durch Erfahrung und detailliertes Fachwissen der Wasserstoff- und Deuteriumatome aufgeklärt Universitäten genutzt und Kontakt zu quali- werden. Ergänzend zu den Arbeiten im IPP- fiziertem wissenschaftlichen Nachwuchs ge- Bereich Oberflächenphysik untersucht man in wonnen werden. Daneben wird es jungen Bayreuth vorwiegend die grundsätzlichen IPP-Wissenschaftlern möglich, am Vorlesungs- Mechanismen dieser Prozesse. betrieb teilzunehmen und sich zu habilitieren. Mit der Technischen Universität München Wissenschaftler des IPP unterrichten an den kooperiert das IPP auf mehreren Gebieten: Seit Universitäten in Augsburg, Düsseldorf, Ulm, August 1999 besteht ein Rahmenvertrag mit Bayreuth, Bochum, Berlin, Rostock, Greifs- dem Lehrstuhl für Messsystem- und Sensor- wald, Innsbruck, München, Tübingen und technik über die Zusammenarbeit auf dem Stuttgart sowie an der Fachhochschule Stral- Gebiet der Oberflächenphysik. Thema ist die sund.Umgekehrt erhalten die Hochschulinsti- Mehrwellenlängen-Speckle-Interferometrie für tute durch eine finanzielle Förderung die Oberflächenanalysen aus größerem Abstand Möglichkeit, ihre speziellen Kenntnisse am von einigen Metern. Das Verfahren ist beson- IPP anzuwenden und zu erweitern. ders für direkte Erosionsmessungen an Diver- Das Institut für Plasmaforschung (IPF) torplatten und Gefäßstrukturen der Fusions- der Universität Stuttgart leistet wesentliche experimente geeignet, weil die optische Beiträge zur Entwicklung der Elektronen- Methode - anders als mechanische Verfahren Zyklotronresonanzheizung. Nachdem das IPF - die Messdaten zerstörungsfrei und schnell bereits die Mikrowellenheizung am Stella- gewinnt. rator WENDELSTEIN 7-AS aufgebaut hatte, Im Juni 2001 wurde mit dem Physik- liefert es nun die wesentlichen Strahlführungs- Department E16 und dem Zentrum für komponenten der Mikrowellenheizung für Interdisziplinäre Wissenschaftliche Zusam- WENDELSTEIN 7-X, deren Gesamtaufbau menarbeit mit Zentral- und Osteuropa der

82 Technischen Universität München ein Rah- Plasmatechnologie und Fusionsforschung menvertrag über die Zusammenarbeit auf dem wurde von der Ernst-Moritz-Arndt-Univer- Gebiet der Materialwissenschaften abgeschlos- sität und dem IPP-Teilinstitut Greifswald sen. Die Arbeiten über „Niedertemperatur- gemeinsam aufgebaut. Einbezogen sind auch plasmen für die Oberflächenmodifizierung und das Institut für Niedertemperatur-Plasma- Schichtherstellung“ werden von den IPP- physik in Greifswald und die Universität Bereichen Technologie und Oberflächenphysik Rostock. Der interdisziplinäre Forschungsan- koordiniert. satz der International Research School, die Der Lehrstuhl für Feststoff- und Grenz- seit dem Wintersemester 2000 läuft, umfasst flächenverfahrenstechnik der Technischen sowohl die Plasmaphysik und Fusionsfor- Universität München untersucht zusammen schung als auch die Grenzflächenforschung mit dem IPP-Bereich Materialforschung Plas- und Computer-Physik. mabelastungen von Materialien für zukünf- In einem Rahmenvertrag zwischen der tige Plasmagefäßstrukturen und -wände. Max-Planck-Gesellschaft und dem Land Am Lehrstuhl E15 des Physik-Depart- Berlin wurde 1996 an der Humboldt-Uni- ments der Technischen Universität München versität in Berlin die Einrichtung eines werden seit 1999 Wandmaterialproben von Schwerpunktes Plasmaphysik vereinbart. Der JET und ASDEX Upgrade im Tandem- Leiter des Berliner IPP-Bereichs Plasmadiag- beschleuniger analysiert. Mittels einer hoch- nostik wurde in einem gemeinsamen Beru- empfindlichen Nachweismethode für Spuren- fungsverfahren als Wissenschaftliches Mitglied elemente werden die Tiefenprofile von einge- des IPP und als Professor für Plasmaphysik an lagerten Wasserstoffisotopen gemessen. die Humboldt-Universität berufen. Seine Mit dem Zentrum für Mathematik der Lehrverpflichtungen nimmt er im Fachbereich Technischen Universität München wurden Experimentalphysik wahr. gemeinsame Forschungsarbeiten zur mathe- In Zusammenarbeit mit dem IPP untersucht matischen Modellierung von Hochfrequenz- das Institut für Experimentelle und röhren, sogenannten Gyrotrons, vereinbart. Angewandte Physik der Universität Kiel Der Leiter des Lehrstuhls für Experi- Plasmaturbulenzen an der Torsatron-Anlage mentelle Plasmaphysik an der Universität TJ-K, eine Leihgabe des spanischen Fusions- Augsburg wurde 1994 in einem gemein- forschungsinstituts CIEMAT. Zudem werden samen Verfahren der Max-Planck-Gesell- in Kiel Daten des IPP-Stellarators WENDEL- schaft und der Universität Augsburg sowohl STEIN 7-AS zur Untersuchung interner als Wissenschaftliches Mitglied an das IPP als Transportbarrieren ausgewertet und gemein- auch auf den Lehrstuhl an die Universität same Workshops organisiert. Augsburg berufen. Die Zusammenarbeit be- Mit der Technischen Fachhochschule trifft vor allem die Physik der Plasma- Wildau arbeitet das IPP auf dem Gebiet der Randschicht und die Plasmaspektroskopie, Plasmadiagnostik zusammen: Entwickelt wird also die Analyse der Fusionsplasmen mit ein thermischer Heliumstrahl zur Bestimmung Hilfe des charakteristischen Lichts, das die der Elektronendichte und -temperatur sowie Plasmateilchen aussenden. Weiterhin erstellt eine aktive Laserdiagnostik. Hinzu kommen der Lehrstuhl gemeinsam mit dem Büro für materialkundliche und metallografische Unter- Energie- und Systemstudien des IPP Studien suchungen. zur zukünftigen Energieversorgung. Die Zusammenarbeit mit der Fakultät für In einem Kooperationsvertrag zwischen Ingenieurwissenschaften der Universität dem IPP und der Ernst-Moritz-Arndt- Rostock verfolgt zwei Ziele: Im Auftrag des Universität Greifswald auf dem Gebiet der IPP erstellen die Rostocker Ingenieure eine fusionsorientierten Plasmaphysik wurde die Machbarkeitsstudie zur Energieversorgung in gemeinsame Berufung von drei Professoren Europa bis 2100 unter Einbeziehung neuer auf C4-Lehrstühle der Universität Greifswald Energiequellen wie Kernfusion, Brennstoff- und als Wissenschaftliche Mitglieder des IPP zellen, Wind- und Sonnenenergie. Außerdem vereinbart. Ihre Lehraufgaben erfüllen die untersuchen sie die mögliche Rückwirkung Lehrstuhlinhaber im Fachbereich Physik der des Betriebs von WENDELSTEIN 7-X auf Universität, ihre Forschungsaufgaben im IPP- das vorgelagerte Energieversorgungsnetz. Teilinstitut Greifswald. Über diese vertraglich geregelten Zusam- Im Mai 2000 wurde in Greifswald die menarbeiten hinaus pflegt das IPP zahlreiche International Max Planck Research School wissenschaftliche Kontakte mit vielen ande- „Bounded Plasmas“ gegründet. Das interna- ren deutschen Universitäten. tionale Forschungs- und Lehrzentrum für

83 Unter der Schirmherrschaft der Internatio- nalen Atomenergieorganisation (IAEO) in Wien wurden 1988 gemeinsame Arbeiten der vier Fusionsprogramme in Europa, den Ver- einigten Staaten von Amerika, Japan und der Sowjetunion für einen Internationalen Experi- mentalreaktor ITER vereinbart (siehe Seite 52). Von 1988 bis 1990 arbeitete die europäisch-japanisch-amerikanisch-russische ITER-Studiengruppe im IPP in Garching als Gastlabor am Entwurf des Testreaktors. In der anschließenden detaillierten Planungsphase Internationale von Juli 1992 bis Juli 1998 war das gemein- Zusammenarbeit same Team an drei Fusionszentren beschäftigt: in San Diego in den USA als Integrationszentrum, Naka in Japan und as IPP arbeitet nicht nur mit vielen Garching als europäischer Standort. Mit dem Ddeutschen Hochschulen, sondern auch im Juni 1998 vorgelegten Abschlussbericht mit zahlreichen europäischen und außereu- lagen erstmals detaillierte Baupläne für einen ropäischen Instituten zusammen. Die euro- experimentellen Fusionsreaktor vor - das päische Kooperation geschieht im Rahmen gebündelte physikalische und technologische Foto: Ulrich Schwenn von Assoziationsverträgen mit der Europäi- Wissen der weltweiten Fusionsforschung. schen Atomgemeinschaft Euratom. Obwohl damit aus wissenschaftlich-techni- Gemeinsam betreiben die europäischen scher Sicht aller Beteiligten eine ausreichende Assoziationen in Culham/Großbritannien das Grundlage für den Bau der Anlage vorlag und europäische Fusionsexperiment JET (Joint die Kosten von 13 Milliarden Mark im zuvor European Torus). Dies geschieht seit dem genehmigten Finanzrahmen blieben, konnte Jahr 2000 in einer neuen Organisationsform man dennoch - angesichts der Finanz- im Rahmen des European Fusion Develop- schwierigkeiten in den Partnerländern - nicht ment Agreement (EFDA); seither ist JET zu einer Bauentscheidung kommen. 1998 kein selbständiges Gemeinschaftsprojekt der zogen sich die USA - zumindest vorüberge- Europäischen Fusionslaboratorien mehr. Das hend - aus dem Projekt zurück, beteiligten Vorbereiten, Ausführen und Auswerten der sich aber noch bis Mitte 1999 an den ITER- Experimente übernehmen nun zeitweise von Technologieprojekten. Die verbleibenden den Assoziationen abgeordnete Wissenschaft- Partner beschlossen, den ITER-Entwurf kos- ler und Techniker. Für den technischen tensparend zu überarbeiten. Die Planungsphase Betrieb ist das britische Fusionslabor in wurde daher um drei Jahre verlängert und Culham zuständig, das die Forschungsanlage zugleich mit Vorverhandlungen für den ge- samt der zugehörigen Messgeräte und Plas- meinsamen Bau von ITER begonnen. Im Juli maheizung betriebsbereit zur Verfügung 2001 wurden die Pläne für ITER-FEAT (Fusion stellt. So kann das leistungsfähige JET- Energy Amplifier Tokamak) vorgelegt. Unge- Experiment über das vorgesehene Betriebs- fähr zehn Jahre nach der Baugenehmigung ende im Jahr 1999 hinaus zur Vorbereitung könnte ITER das erste Plasma erzeugen. von ITER genutzt werden. Das IPP, das be- Neben dieser Kooperation bei Großprojekten reits vor der Organisationsänderung durch hat das IPP eine Reihe von bilateralen Zusam- Entwicklung, Bau und Betrieb verschiedener Plasmadiagnostiken sowie die Entsendung von wissenschaftlich-technischem Personal maßgeblich an JET beteiligt war, ist auch nach dem Jahr 2000 ein Hauptteilnehmer des JET-Programms. Zahlreiche IPP-Physiker haben seither zu Experimenten an JET beige- tragen, die alle wichtigen plasmaphysikali- schen Themen abdecken. Da JET vor allem der ITER-Vorbereitung dienen soll, ist der experimentelle Vergleich mit dem Garchinger ASDEX Upgrade - neben JET der einzige ITER-ähnliche Tokamak in Europa - besonders fruchtbar.

84 menarbeitsverträgen abgeschlossen: land sieht den Bau eines Langmuir- In der 1982 von IPP und Forschungs- Sondensystems für ASDEX Upgrade vor. Mit zentrum Karlsruhe (FZK) gegründeten dem portugiesischen Instituto Superior „Entwicklungsgemeinschaft Kernfusion“, der Técnico (IST) in Lissabon ist die Lieferung 2000 auch das Forschungszentrum Jülich und der Einbau eines reflektometrischen (FZJ) beigetreten ist, werden die Forschungs- Diagnostiksystems für ASDEX Upgrade ver- programme der Institute aufeinander abge- einbart sowie die Entwicklung eines Datener- stimmt und arbeitsteilig Plasmaphysik (IPP, fassungssystems für WENDELSTEIN 7-X. FZJ) und Fusionstechnologie (FZK) unter- Die Kooperation mit der Königlich-Tech- sucht. Die drei Institute sind zudem im nischen Hochschule Stockholm in „Programm Kernfusion“ der Helmholtz- Schweden sieht die Entwicklung einer Gemeinschaft organisiert. Neutronendiagnostik für WENDELSTEIN 7- Ein gemeinsam betriebenes „Centre for X vor. Plasmaturbulenzen in Stellaratoren Interdisciplinary Plasma Science“ (CIPS) sind Gegenstand eines Vertrags mit dem hat das IPP mit dem Garchinger Max- Institut Risø in Roskilde, Dänemark. Die Planck-Institut für extraterrestrische Physik im Jahr 2000 gegründet. Ziel des zunächst auf fünf Jahre befristeten Zusam- menschlusses ist es, die in verschiedenen Arbeitsgruppen vorhandenen Kenntnisse, Techniken und Laborausrüstungen zu bün- deln. Rund 40 Mitarbeiter aus den beiden benachbarten Instituten stimmen ihre Arbeit auf den Gebieten „Komplexe Plasmen“, „Theoretische Plasmaphysik“ und „Kom- plexe Systeme“ miteinander ab. Mit dem Commissariat a l´Energie Atomique (CEA) in Grenoble und Saclay ist der Test der Magnetspulen von WENDEL- STEIN 7-X vereinbart. Das Institut der CEA in Cadarache entwickelt gemeinsam mit dem University of Technology Helsinki und das IPP Komponenten für einen Neutralteilchen- Technical Research Center of Finland Injektor mit negativen Ionen für ITER. stellen Berechnungen zum Ionentransport in Untersuchungen zum Stromtrieb mit Elek- ASDEX Upgrade an. Der Kooperations- tronen-Zyklotronwellen sowie die damit er- vertrag mit dem Instituto di Fisica del reichbare Kontrolle von magnetohydrody- Plasma, Mailand, sieht die Entwicklung von namischen Instabilitäten umfasst ein Zusam- physikalischen Modellen für den transienten menarbeitsvertrag mit dem Culham Labora- Teilchentransport vor. Dabei werden Daten tory in Abingdon, Großbritannien. Gemein- der Experimente ASDEX Upgrade und RTP sam mit dem Centre de Recherches en vergleichend analysiert. Das Consorzio di Physique des Plasmas in Lausanne werden Ricerca per l´Energia e le Applicazioni Computerprogramme zur Berechnung von Tecnologiche dell´Elettromagnetismo in Plasmagleichgewichten entwickelt. Das Reggio Calabria beteiligt sich an der University College Cork in Irland beteiligt Entwicklung eines neuronalen Netzwerks zur sich an der Entwicklung der Feedback- Dateninterpretation an ASDEX Upgrade. Steuerung und Plasmadiagnostik für ASDEX Thema des Zusammenarbeitsvertrages mit Upgrade und WENDELSTEIN 7-AS. Das dem National Institute for Laser and IPP leistet technische Unterstützung für die Radiation Physics, Bukarest, ist die Installation des Stellarators TJ-II am Centro Interpretation und die Kontrolle von helikalen de Investigación Energetica Medio- Störungen in Tokamaks. Das Institut für Ambiental Tecnologíca (CIEMAT) in Theoretische Physik an der Technischen Madrid. Außerdem hat CIEMAT dem IPP Universität Graz leistet Beiträge zur kineti- das Torsatron TJ-K als Leihgabe überlassen, schen Theorie der Heizung und des das an der Universität Kiel für plasma- Transports in toroidalen Magnetfeldern. Mit physikalische Untersuchungen sowie zur dem Max-Planck-Institut für Quanten- Nachwuchsausbildung verwendet wird. Der optik in Garching sind seit 1986 Grundlagen- Zusammenarbeitsvertrag mit dem Kernfor- untersuchungen von Plasmen hoher Dichte schungszentrum Democritos in Griechen- vereinbart. Eine ähnliche Vereinbarung be-

85 steht seit 1999 mit der Gesellschaft für ASDEX Upgrade, Doublet III-D (San Diego), Schwerionenforschung in Darmstadt. ALCATOR-CMOD (MIT) und KSTAR (Süd- Mit dem Institut für Angewandte Physik Korea), die unter der Schirmherrschaft der (IAP) in Nizhny Novgorod, Russland, besteht Internationalen Energie-Agentur (IEA) in eine enge Zusammenarbeit auf dem Gebiet Paris geschlossen wurde. Ebenso besteht eine der Elektronenzyklotron-Resonanzheizung, Vereinbarung mit den USA, Japan, in die auch das Kurchatov-Institut in Australien, Russland und der Ukraine auf Moskau einbezogen ist. Die vom IAP gebau- dem Gebiet der Stellarator-Entwicklung. Im ten Hochfrequenzröhren werden an den Rahmen der sozio-ökonomischen IPP- Experimenten ASDEX Upgrade und WEN- Studien zur Fusion erstellt das Institute for DELSTEIN 7-AS zur Plasmaheizung und Management in Ahmedabad, Indien, ein zum Stromtrieb eingesetzt. Weitere gemein- Langzeit-Energieszenario für Indien unter same Studienarbeiten betreffen die kinetische Einbeziehung der Fusion. Stabilitätsanalyse von Verteilungsfunktionen. Das Kurchatov-Institut beteiligt sich an der Theorieentwicklung für optimierte Stellara- toren. Das Joffe-Institut in St. Petersburg Zusammenarbeit baut Neutralteilchen-Analysatoren für AS- DEX Upgrade und die WENDELSTEIN- mit der Industrie Stellaratoren. Mit der Technischen Staats- Universität St. Petersburg wurden gemein- same Arbeiten zur Weiterentwicklung des B2- er Bau eines künftigen Fusionskraft- Codes und numerische Modellierungen der Dwerks kann nur gemeinsam mit der Pelletinjektion vereinbart. Das Physikalisch- Industrie verwirklicht werden. Deshalb ist es Technische Institut in Charkow, Ukraine, erforderlich, bei Konstruktion und Betrieb der untersucht neutrale Alkali-Strahlen für Fusionsexperimente Industriebetriebe im ASDEX Upgrade. Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe so Den Rahmen für die meisten Kooperationen einzubinden, dass ihnen die Erarbeitung des mit den Instituten in Russland und der Ukraine besonderen, über den derzeitigen Stand der liefert das bilaterale Abkommen zur Wissen- Technik hinausgehenden Know-hows ermög- schaftlich-Technischen-Zusammenarbeit. licht wird. Ein effizienter Weg, die im IPP Intensiven wissenschaftlichen Austausch gewonnenen Kenntnisse in die industrielle Der geplante unterstützt eine Vereinbarung zur Zusammen- Anwendung zu übertragen, ist nach bisheri- supraleitende arbeit mit den USA und Süd-Korea bei der gen Erfahrungen die Vergabe von Studien-, Tokamak KSTAR, Erforschung von Tokamaks mit poloidalem Entwicklungs- und Fertigungsaufträgen, zum Süd-Korea. Divertor hauptsächlich in den Experimenten Beispiel von Prototypen. Das Auftragsvolumen des IPP in Garching und Greifswald liegt in der Größenordnung von derzeit 50 Millionen Euro pro Jahr für

Grafik: KBSI Investitionen. Dies betrifft vor allem die Gebiete der Magnetfeldtechnik, Kryotechnik, Vakuumtechnik, Hoch- und Höchstfrequenz- technik, Heizsysteme, Mess- und Steuerungs- technik, Hochtemperatur- und Hochlastwerk- stoffe sowie Datenverarbeitung. Der wechsel- seitige Informationsaustausch während der Auftragsabwicklung geht über den konkreten Vertragsgegenstand meist weit hinaus und gibt befruchtende Impulse für die weitere Zusammenarbeit. Das IPP findet seine Vertragspartner unter Berücksichtigung der öffentlichen Vergabe- richtlinien in Firmen jeder Größe. Aufträge, deren Ausführung eine aufwändige Infra- struktur voraussetzen - wie hochbelastete große Stahlstrukturen, hochgenaue Stromver- sorgungen, Hochfrequenzsender oder Laser- systeme - gehen meist an größere Firmen. Bei

86 Aufträgen aus dem Gebiet der Elektronik, Datenerfassung und kleinerer Spezialgeräte sind dagegen oftmals flexible kleine und mitt- lere Unternehmen im Vorteil. Hier verbleiben die Aufträge häufig in der Region, während große Komponenten eher bei internationalen Unternehmen beschafft werden.

Nachwuchsförderung

as IPP fördert den qualifizierten wis- Dsenschaftlichen Nachwuchs angefangen mit Werkstudentenplätzen und Praktika für Studierende nach dem Vordiplom über die Vergabe und Betreuung von Diplom- und Doktorarbeiten bis hin zum Angebot eines umfassenden Graduiertenstudiums mit Semina- Oben: International ren, Kolloquien und Studienaufenthalten im Max Planck Research Ausland sowie der Unterstützung bei der School „Bounded Plasmas“ in Greifswald Habilitation. Links: Teilnehmer der Die Diplomanden und Doktoranden beteili- „Summer University for gen sich im IPP an interdisziplinärer Team- Plasma Physics 2001“ arbeit und werden in Kooperationen auf im IPP in Garching. nationaler, europäischer und internationaler Ebene einbezogen. Sie arbeiten in verschiede- nen Forschungsbereichen mit; innerhalb jeder Gruppe werden sie von einem Mentor betreut, der auch Kontakte zu auswärtigen Instituten vermittelt. Intensive Betreuung und zeitliche Straffung der Diplom- oder Doktorarbeit Die Kooperation mit Universitäten hat sich gehen damit einher. Neben regelmäßigen auf nun 14 Partneruniversitäten ausgeweitet, Seminaren und Kolloquien wird die Teil- von denen etwa ein Drittel außerhalb nahme an nationalen und internationalen Deutschlands liegen. Mit etwa zwölf Tagungen gefördert. Hinzu kommt die abgeschlossenen Promotionen pro Jahr bildet jährliche, 1986 ins Leben gerufene europäi- das IPP knapp ein Prozent aller bundes- sche „Summer University for Plasma deutschen Graduierten in Physik aus. Physics“. Am Teilinstitut Greifswald wurde Nach der Promotion bietet das Institut dem 2000 die „International Max Planck Research qualifizierten wissenschaftlichen Nachwuchs School Bounded Plasmas“ eingerichtet, die in an, als Postdoktorand für drei Jahre am Zusammenarbeit des IPP mit der Universität Forschungsprogramm des IPP mitzuarbeiten. Greifswald ein integriertes Promotionsstu- Insgesamt wurde die Zahl der Postdoc- dium mit zusätzlichen Vorlesungen und Semi- Positionen in den letzten Jahren auf etwa 50 naren anbietet. nahezu verdoppelt. Bei der Besetzung von Die Doktorandenstellen im IPP haben eine Dauerstellen haben IPP-Postdocs wegen ihrer maximale Laufzeit von drei Jahren und wer- speziellen Erfahrungen günstige Chancen. den in Höhe einer halben BAT 2a-Stelle vergütet. Zusätzlich kann dies ab 2001 durch eine Zulage auf eine Zweidrittel-BAT 2a- Stelle erhöht werden. Die durchschnittliche Promotionsdauer beträgt zur Zeit etwa 40 Monate. Das IPP beschäftigt derzeit 48 Doktoranden bei einem Frauenanteil von etwa 20 Prozent.

87 Wissenschaftliche Infrastruktur

Rechner- und IBM Regatta IBM SP SAP-,DB-, Netzkonfiguration des Vektorsystem AFS-Server Rechenzentrums NEC-SX5/3C Münchner Hochschulnetz (Universitäten, Garching Max-Planck-Institute)

EMASS/GRAU Deutsches Anton Hackl Grafik: LIBRARY 1000 M b 8xTimberline Wissenschaftsnetz 320 TB (G-WiN, Internet) 155 Mb Foundry Cisco (Switch)

800 Mbit/s SGI Öffentlich zugängliche HiPPI Origin 2000 1000 Mb Server Archiv-Server

Xylan 600 TB FDDI

STORAGETEK FDDI Campusnetz (neu) SILO 10/100 Ethernet (ca. 100 IP-Subnetze)

CRAY T3E / 816 PC-,SAP-,WWW-, 104 GB memory DB-, AFS-Server Campusnetz (alt)

Das Rechenzentrum Cray T3E-Systems begann Ende 2001 die Installation eines IBM-Rechensystems, das Garching bis Ende 2002 auf das neue Hochleistungs- system mit einer Peakleistung von 3,8 as Rechenzentrum Garching ist eine Teraflops pro Sekunde und 1,8 TeraByte Dgemeinsame Einrichtung der Max- Hauptspeicher aufgerüstet werden wird. Planck-Gesellschaft und des Max-Planck- Das Archivsystem besteht aus Robotersys- Instituts für Plasmaphysik mit Sitz in temen der Firmen STK und Grau/Adig. Die Garching. Während die theoretischen Grup- Gesamtkapazität der Systeme liegt bei rund pen der Max-Planck-Gesellschaft vor allem einem PetaByte. Neben der Datenarchivie- an den hier installierten Hochleistungsrech- rung für die Großexperimente WENDEL- nern interessiert sind, werden die größeren STEIN 7-AS und ASDEX Upgrade im IPP Experimente der Garchinger Max-Planck- werden Satellitendaten des Max-Planck- Institute mit ihrem hohen Datenaufkommen Instituts für Extraterrestrische Physik gespei- vor allem durch die Bereitstellung von Archiv- chert, Supercomputer-Simulationsdaten so- speichern versorgt. Diese Anforderungen wie Daten von weiteren bundesweit verteilten spiegeln sich in der Konfiguration des Rechen- Max-Planck-Instituten. zentrums wider, das seit Jahrzehnten automa- Bei der Vernetzung der Computersysteme tische Bandroboter und Supercomputer be- des Rechenzentrums dominiert die Netz- treibt. Für die effiziente Nutzung der Super- werktechnik Gigabit-Ethernet. Damit ist der computer wird komplexe Anwendungsunter- Datenaustausch mit einer theoretischen stützung angeboten. Geschwindigkeit von etwa 125 Millionen Neben dem 1996 installierten Hochleis- Zeichen - zum Beispiel Buchstaben - pro tungsparallelrechner Cray T3E mit 816 Sekunde möglich. Mit dieser Technik werden Prozessoren nach dem Endausbau 1998 wird im zentralen Bereich alle Hochleistungs- ein schneller Vektorrechner NEC SX-5 mit server, also AFS-, ADSM-, NT- und Internet- drei Prozessoren betrieben. In Nachfolge des Server, verbunden, um mit maximaler Ge-

88 schwindigkeit von allen Benutzern erreichbar zentralen Switch im Rechenzentrum verbun- zu sein. Als aktive Koppelelemente kommen den und bilden so ein Hochgeschwindig- sogenannte „Switches“ zum Einsatz, die die keitsrückgrat. Die externe Anbindung des Daten blockierungsfrei vermitteln. Damit sich Instituts zur Kommunikation mit anderen die verschiedenen Betriebssysteme - Unix, Max-Planck-Instituten und internationalen WindowsNT, u.s.w. - untereinander verstehen Partnern geschieht über das Internet mit dem und die Daten richtig interpretieren können, Deutschen Wissenschaftsnetz DFN als werden Kommunikationsprotokolle als eine Provider. Die Anschlussgeschwindigkeit über Art „Computer-Esperanto“ eingesetzt. Im einen Cisco-Router liegt bei 155 Megabits Rechenzentrum und im IPP handelt es sich pro Sekunde. dabei fast ausschließlich um die Protokoll- Die Datenverarbeitungsgruppe des Rechen- familie TCP/IP, die auch im Internet verwen- zentrums Garching unterstützt die Groß- det wird. experimente des IPP bei der Datenerfassung, Für die Forschungsabteilungen des IPP mit -archivierung und -verarbeitung. Zur Zeit ihrer Vielzahl von Personal Computern, entwickelt sie das Datenerfassungssystem für Workstations und Netzwerkgeräten ist eine den Stellarator WENDELSTEIN 7-X, der im Netzstruktur mit Einteilung in kleinere selb- Teilinstitut Greifswald aufgebaut wird. Das ständige Einheiten eingerichtet, sogenannte System muss die gesamte Menge der am Subnetze, die auf die unterschiedlichen An- Experiment von den Plasmadiagnostiken forderungen abgestimmt sind. Basis ist ein gewonnenen Daten aufnehmen und archi- Kabelnetz, das jedes Endgerät direkt mit der vieren. Angesichts der in WENDELSTEIN 7- passenden Netzwerktechnik über ein Glas- X geplanten Plasmaentladungen von rund 30 faser- oder Kupferkabel an einen Switch an- Minuten Dauer ist die erzeugte Datenmenge schließt. Diese Bereichs-Switches sind mit- sehr groß, so dass neuartige Verfahren für die tels Glasfaser und Gigabit-Ethernet mit dem Datenerfassung entwickelt werden müssen.

Zentrale Technische Einrichtungen

ur Unterstützung der wissenschaftlichen ZBereiche beim Entwurf, Aufbau und Betrieb der Experimente und ihrer zahlrei- chen Diagnostiken sind in den Zentralen Technischen Einrichtungen (ZTE) an den bei- den Standorten Garching und Greifswald etwa 190 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammengefasst. Sie erbringen technische Dienstleistungen von der Entwicklung über die betriebliche Versorgung bis zur handwerk- lichen Ausführung. Hinzu kommen rund 30 Auszubildende in den gewerblichen Fachrich- tungen Feinmechanik und Energieelektronik. Die Fachkräfte der ZTE konzentrieren sich auf Aufgaben, die von der Industrie nicht in der für die Forschung benötigten Weise erbracht werden können, sei es, weil die Wege zu lang, die Verständigung zu aufwändig oder und Mitarbeiter beschäftigt. Die Abteilung ist Hochspannungsschalt- die Termine zu kurzfristig sind. Dabei wird aus der Gruppe Standortentwicklung her- feld der Gleichstrom- versucht, die Arbeit zwischen den Gruppen vorgegangen, die im Jahr 2000 mit der Über- anlage für die Zusatz- am Experiment, den ZTE und der Industrie gabe der Institutsgebäude an das IPP in die heizung in Greifswald, optimal aufzuteilen. Alle von den Projekten ZTE eingegliedert wurde. Die Technischen konstruiert im IPP. und wissenschaftlichen Bereichen bei den Dienste mit den Abteilungen Maschinenbau, ZTE in Auftrag gegebenen Leistungen wer- Elektrotechnik, Elektronik und Haustechnik den abgerechnet. sind personell noch im Aufbau begriffen. In den „Technischen Diensten Greifs- Dabei sind die Betreuung der Liegenschaft wald“ sind zur Zeit etwa 50 Mitarbeiterinnen und die Stromversorgung bereits vollständig

89 WENDELSTEIN 7-X, außerdem für ASDEX Upgrade, die Ionen- und Elektronen-Zyklotronheizung sowie ITER. Wegen der zur Zeit großen Nachfrage nach Konstruk- tionsleistungen sind externe Inge- nieurbüros in die Arbeiten einge- bunden. Schwerpunkte der Be- rechnungen sind Belastungen der Stützstruktur und des Plasmage- fäßes von WENDELSTEIN 7-X. Für ITER werden Gefäßabstützung und thermische Belastung von Di- vertor und erster Wand im Detail untersucht. Die Abteilung „Elektronikentwick- lung“ mit den Gruppen Mess-, Steuer- und Regeltechnik sowie Leistungselektronik und Hoch- Verformungsrechnung arbeitsfähig; die umfangreiche Versorgung spannungstechnik erarbeitet Lösungen für die für die Magnetspulen mit Hochspannungsgleichstrom wird gerade Großexperimente WENDELSTEIN 7-AS, von WENDELSTEIN 7-X, aufgebaut. Auch die Ausbildung mit jährlich WENDELSTEIN 7-X und ASDEX Upgrade. berechnet in den drei Feinmechanikern hat begonnen. Die Durch die langjährige Erfahrung und die Konstruktionsbüros Werkstätten sind inzwischen technisch kom- laufenden Kontakte zu den Mitarbeitern an der ZTE. plett ausgerüstet; Laboratorien für Vakuum- den Experimenten können die Aufgaben mit technik, Kunststofftechnik und Reinigung interdisziplinärem Sachverstand bearbeitet sind im Aufbau. Für die Experimente WEGA werden. Zu den Aufgaben der Gruppe Mess-, und VINETA, die vor allem der Physiker- Steuer- und Regeltechnik gehört die analoge ausbildung und der plasmaphysikalischen und digitale Signalverarbeitung und Regel- Grundlagenforschung dienen, wurden viel- technik, Messverstärker, komplexe program- fältige Arbeiten von der Montage über die mierbare Logik sowie die meist hardware- Stromversorgung und Kühlung bis zur Dia- nahe Softwareentwicklung in Assembler, C, gnostikausrüstung ausgeführt. Ebenso wur- LabView und Pascal. Die Gruppe Leistungs- den erste Arbeiten für WENDELSTEIN 7-X elektronik betreut und entwickelt Hoch- ausgeführt oder bei der Industrie betreut. Die spannungsmodulatoren als Schalt-, Schutz- Vorbereitungen für die Montage der Module und Regeleinrichtungen für die Plasmazu- von WENDELSTEIN 7-X haben begonnen. satzheizungen. Dazu sind Kenntnisse auf den Die Zentralen Technischen Einrichtun- Gebieten der Leistungselektronik, Elektronen- gen in Garching bestehen aus sechs Abtei- röhren, der optoelektronischen Signalwand- lungen: Zwei sorgen für den Betrieb der lung, der Steuerungstechnik sowie der analo- Liegenschaft und die Stromversorgung der gen und digitalen Regelungstechnik vorhan- Experimente, drei Abteilungen befassen sich mit Entwicklungsaufgaben; in der größten Abteilung werden elektrische und mechani- sche Geräte und Bauteile gefertigt. In der Abteilung „Konstruktion und Berech- nung“ arbeiten zur Zeit zehn Konstrukteure, drei Berechnungsingenieure und drei Inge- nieure für die Betreuung der CAD-Hard- und Software. Das Programm CADDS5 dient dem interaktiven dreidimensionalen CAD- Entwurf und ist eine Voraussetzung zum Beispiel für die Konstruktion von Stellarator- experimenten. Zur Berechnung thermome- chanisch hochbelasteter Baugruppen werden die Programme PATRAN, ADINA, ANSYS und MARC benutzt. Die Abteilung arbeitet Die Lehrwerkstatt im IPP-Teilinstitut derzeit überwiegend für den Stellarator Greifswald.

90 den. Die Abteilung betreut und berät die Experi- fertigung ausgestattet, unter anderem mit mentgruppen zudem im Bereich Hochspan- einer numerisch gesteuerten Messmaschine, nungstechnik und Hochspannungsmess- einer Hochdruck-Wasserstrahlschneidanlage technik und entwickelt bzw. testet schnelle sowie mit EDV-vernetzten Maschinen für die Schutzeinrichtungen und Leistungsverstärker. Anfertigung von Platinen und Frästeilen. Bei den hohen Schaltleistungen im Mega- Die „Betriebliche Versorgung“ fasst alle wattbereich mit steilen Anstiegsflanken ist es ingenieurtechnischen und handwerklichen dabei eine besondere Herausforderung für die Leistungen für Planung, Betrieb und Unter- Entwickler, die gewünschte Funktion zu halt der technischen Gebäudeausrüstung erfüllen und die elektromagnetische Verträg- zusammen: allgemeine Stromversorgung auf lichkeit zu garantieren. Mittel- und Niederspannungsebene, Kühlwas- Die Abteilung „Materialtechnologie“ bietet ser, Heizung und Lüftung, Trinkwasser, Dienste auf den Gebieten funktionelle Aufzüge, Krane und Gebäudeautomation Oberflächen, Chemie und Oberflächen- sowie die Dokumentation aller Sparten mit analytik sowie Vakuumtechnik an. Zu einem geographischen Dokumentations- ersteren gehören neben der Galvanotechnik mit Reinigung für vakuumtechnische Zwecke Montage der auch die physikalische und chemische Hochspannungsdurch- Beschichtung. Auftraggeber sind die experi- führung für die mentellen Gruppen für Diagnostik, Plasma- Gleichstromversorgung gefäß-Auskleidung und Plasmaheizung mit im IPP-Teilinstitut ihren Hochfrequenz-Anwendungen. Die Sub- Greifswald. stratfertigung mit den unterschiedlichsten Materialien für Laser-Blow-Off-Experimente und die Belegung von Graphitziegeln mit Metallen für die Plasmagefäßwand sind wichtige technologische Angebote an die Experimente. Hierzu dient auch ein umfang- reiches Instrumentarium an spektroskopi- schen Analysegeräten. Ein Schwerpunkt der Vakuumtechnik sind ultrahochvakuumgerechte Fügearbeiten zum Beispiel mit Mikroplas- maschweißen oder Schutzgaslötung sowie die Ausgasung von Materialien. Ferner werden ein Vakuumpumpenservice und Leckprü- fungen angeboten. Letzteres ist auch Teil der Qualitätssicherung in der mechanischen Fertigung. Zur Abteilung gehört außerdem die Kunststofftechnik; zudem ist sie an der Sondermüllentsorgung des IPP beteiligt. Ein Großteil der ZTE-Mitarbeiter arbeitet in der Abteilung „Mechanische und elek- system. Die Abteilung besteht aus vier trische Fertigung“. Hierzu gehören drei Ingenieuren und zwei Werkstätten für mechanische Werkstätten, eine Schreinerei, Heizungs-, Lüftungs- und Sanitärtechnik bzw. eine Elektro- und eine Elektronikwerkstatt, Elektrotechnik. Zu ihren Aufgaben gehört die Arbeitsvorbereitung, die Lager und die auch die Energiewirtschaft für Wärme und gewerbliche Ausbildung mit derzeit sechs Strom mit Abrechnung der Verbraucher. In Ausbildungsplätzen pro Jahr für Energie- die Wartung teilen sich die Werkstätten und elektroniker. Die Werkstätten übernehmen Fachfirmen. vorzugsweise solche Aufgaben, die engen Die Abteilung „Experimentelle Stromver- Kontakt mit den Experimentatoren vorausset- sorgung“ ist speziell für die Stromversorgung zen und die laufenden Arbeiten flexibel und der Experimente zuständig und besteht aus unkompliziert unterstützen. Die Arbeitsvor- drei Gruppen. Die Generator-Gruppe küm- bereitung koordiniert komplexe mechanische mert sich um drei Schwungradgeneratoren Fertigungsaufträge und bezieht dabei Ge- mit einer Gesamtleistung von 531 Megawatt werbe und Industrie mit ein. Die Werkstätten und einer verfügbaren Energie von 2,6 sind mit einer breiten Palette von Maschinen Gigajoule. Die pulsförmige Energie wird an und Geräten vorzugsweise für Einzelteil- die Gleichrichter-Gruppe mit Stromrichter-

91 exemplare sowie bereichsspezifische Literatur stehen in fünf Bereichs- bibliotheken zur Verfügung. Im IPP- Teilinstitut Greifswald befindet sich die Bibliothek noch im Aufbau mit zur Zeit rund 5000 Monographien Elektronikwerkstatt: und 50 laufenden Zeitschriften. Unter dem Mikroskop Der Bestand ist durch das Biblio- wird ein SMD-Bauteil thekssystem LIBERO erschlossen, (Surface mounted der Katalog über World Wide Web device) auf eine abrufbar. Auf der Webseite der Platine gelötet. Bibliothek im Internet unter der Adresse www.ipp.mpg.de/de/kon- anlagen von insgesamt 485 Megawatt zur takt/bibliothek.html sind die jeweils aktuellen Versorgung der Magnetspulen der Experi- Datenbanken, Online-Zeitschriften und son- mente und an die Gruppe Hochspannungs- stige Informationsquellen aufgelistet. gleichstromanlagen zur Versorgung der ver- Neben dem Kauf neuer Literatur zu Physik, schiedenen Plasma-Heizsysteme weitergelei- Mathematik und Informatik ist die Beschaf- tet. Eine Blindstromkompensation bis zu 120 fung weiterer Informationen weltweit Schwer- Megawatt für einen der Generatoren erhöht punkt der Bibliotheksarbeit. In den ver- die verfügbare Wirkleistung. Studien zur schiedenen Online-Katalogen wird nach Parallelschaltung von zwei Generatoren benötigten Unterlagen gesucht, um sie den sollen prüfen, unter welchen Umständen der Wissenschaftlern im IPP möglichst schnell experimentelle Leistungs- und Energiebedarf zur Verfügung zu stellen. Die enge Zusam- optimiert werden kann. Alle Erweiterungen menarbeit mit anderen Max-Planck-Instituten dienen der mittelfristigen Sicherung des wis- sowie den Bibliotheksvertretern der Helm- senschaftlichen Programms von ASDEX holtz-Gemeinschaft führt zu einem ständigen Upgrade. Erfahrungsaustausch über die neuesten Ent- wicklungen im Bibliothekswesen, wie zum Beispiel den Stand der Verhandlungen mit Verlagen zum Online-Volltext-Zugriff von Zeitschriften oder eines gemeinsamen Zeit- Bibliothek schriftenverzeichnisses der Max-Planck-Ge- sellschaft. Die Bibliothek übernimmt zudem die for- ücher, die aus dem Bestand von Max von male Abwicklung der Veröffentlichungen des BLaue übernommen wurden, bildeten den Instituts. So werden Manuskripte an die ge- Grundstock der IPP-Bibliothek. In Garching wünschten Zeitschriften weitergeleitet, benö- umfasst die Bibliothek heute rund 100.000 tigte Sonderdrucke bestellt und an For- Monographien und Berichte sowie knapp 400 schungseinrichtungen in aller Welt ver- Zeitschriftenabonnements. Davon sind etwa schickt. In einer Reprint-Datenbank werden 40.000 Bände in der Zentralbibliothek als die Veröffentlichungen erfasst und bei der Präsenzbestand aufgestellt, abgeschlossene Zusammenstellung der Literaturlisten für den ältere Zeitschriftenjahrgänge werden in einem IPP-Jahresbericht und das Jahrbuch der Max- Magazin aufbewahrt. Entleihbare Doppel- Planck-Gesellschaft genutzt.

Die IPP-Bibliothek in Garching

92 Anhang Verwaltung und Allgemeine Dienste

2001 betrug das Durchschnittsalter der wis- Personalabteilung senschaftlichen Mitarbeiter auf Planstellen 47,46 Jahre. Bezieht man die außerhalb des um Jahreswechsel 2001/2002 beschäftigte Stellenplanes mit Dreijahresverträgen ange- Zdas Max-Planck-Institut für Plasmaphysik stellten Nachwuchs-Wissenschaftler mit ein, 1066 Mitarbeiter. Das Planstellen-Soll betrug so ergibt sich ein Durchschnittsalter von 916,77 Stellen einschließlich 16 Annex-Stellen, 45,38 Jahren. die dem Institut zur Unterstützung seiner inter- nationalen Verpflichtungen außerhalb des Stellenplans genehmigt wurden. Rechts- und Ein Wissenschaftler wurde zum EFDA-Team Patentabteilung abgeordnet; 13 Mitarbeiter wurden zur zusätz- lichen Unterstützung des Teams beschäftigt. Die Rechts- und Patentabteilung betreut die Einnahmen-Ausgaben- Vier Mitarbeiter unterstützten das ITER- Gremien und Organe des Instituts und ent- rechnung für die Team sowie 19 Zusatzkräfte, die außerhalb wirft und verhandelt Verträge, zum Beispiel Jahre 1999 bis 2001 des Stellenplans beschäftigt waren. Kooperationsverträge mit deutschen und europäischen Universitäten und Forschungs- Ist 1999 Ist 2000 Ist 2001 einrichtungen. Des weiteren verwaltet sie die Mio Euro Mio Euro Mio Euro gewerblichen Schutzrechte des IPP und unter- sucht sie auf ihre Verwertbarkeit. In den letz- Personalausgaben 48,4 48,5 49,8 ten zehn Jahren wurden insgesamt etwa 1000 Sachausgaben 21,9 23,4 32,6 in- und ausländische Patente betreut. Die Beteiligung am JET-Projekt 1,9 2,2 2,4 Schutzrechte und das Know-how werden in durchlaufende Mittel Zusammenarbeit mit der zur Max-Planck- für fremde Forschungs- und Gesellschaft gehörenden Firma Garching Entwicklungsarbeiten 0,6 0,8 0,8 Innovation GmbH verwertet. Seit 1990 be- Betriebsausgaben 72,8 74,9 85,6 standen jährlich etwa zehn Lizenzverträge über Schutzrechte und technisches Know- laufende Investitionen 16,2 16,5 19,9 how des IPP. Investitionen nach Ausbau- programm 51,8 42,5 39,8 Investitionsausgaben 68,0 59,0 59,7 Bauabteilung

Gesamtausgaben 140,8 133,9 145,3 Die Bauabteilung ist für die Planung und Ausführung aller Neu- und Umbauten, für Die Finanzierung wurde wie folgt Erweiterungsmaßnahmen und den Bauunter- vorgenommen: halt im IPP sowie seinem Greifswalder Teil- institut verantwortlich. Zudem wird der Bau- Eigene Erträge 16,2 17,4 16,6 unterhalt der Nachbarinstitute in Garching - EURATOM-Zuschüsse für IPP 26,1 20,1 41,0 Max-Planck-Institut für extraterrestrische EURATOM-Zuschüsse für Physik, Max-Planck-Institut für Astrophysik fremde Forschungs- und und European Southern Observatory - sowie Entwicklungsarbeiten 0,6 0,8 0,8 des IPP-Bereichs in Berlin betreut. Zuschuss Bund 74,6 78,6 73,6 Zuschuss Bayern 4,7 4,3 4,3 Zuschuss Berlin 0,4 0,4 0,4 Finanzabteilung Zuschuss Mecklenburg- Vorpommern 18,2 12,3 8,5 Im Jahre 2001 stand ein Haushaltsvolumen von 145,2 Millionen Euro zur Verfügung. Die Gesamteinnahmen 140,8 133,9 145,2 Ausgaben setzten sich verglichen mit den Vorjahren wie folgt zusammen:

94 Wissenschaftler Beschaffungsabteilung einschl. Gastforscher 285 Technisches Personal 480 Die Beschaffungsabteilung vergibt im Jahr Direktorium und Betriebsrat 41 etwa 10.000 Aufträge mit einem Gesamtauf- Allgemeine Dienste 21 tragswert von rund 50 Millionen Euro. Verwaltung 78 Summe 905

Auszubildende und Praktikanten 41 Sozialabteilung Doktoranden und Diplomanden, Werkstudenten 69 Zeithilfen 19 Die Sozialabteilung des IPP ist für die Zusatzpersonal EFDA/ITER 32 Institutswohnungen, die Reinigung, das Ver- Summe sonstiges Personal 161 sicherungswesen, die Kantine, die Postorga- nisation, Familienheimdarlehen sowie für die Gesamtpersonal 1066 Fahrbereitschaft zuständig. Personalstand zum Jahreswechsel 01/2002

Stabsstellen der Geschäftsführung

Organisation Revision

eben allgemeinen Organisationsaufgaben Neben routinemäßigen Prüfungen stellte die Nist in der Abteilung die Datenverarbei- Innenrevision verschiedene Ordnungsmäßig- tungsorganisation der Verwaltung angesiedelt. keits- und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen Darunter fällt die hard- und softwaremäßige an, die alle ohne schwerwiegende Beanstan- Betreuung der rund 100 Personal Computer dungen blieben. innerhalb der Verwaltung sowie die Weiter- entwicklung der eingesetzten SAP-Module und die Betreuung der rund 120 SAP-Benutzer. Seit Controlling dem Jahr 2000 ist SAP R/3 mit den Modulen FI, FI-AA, FI-TV, CO und MM im Einsatz. Die Abteilung Controlling beschäftigt sich mit der Einführung eines Budgetierungssystems und richtet darauf aufbauend eine unabhängige Soll-Ist-Überwachung der Projektkosten ein. Wissenschaftlich- Technisches Büro

as Wissenschaftlich-Technische Büro als Wesentliche Aufgaben sind zudem die Projekt- DStabsabteilung des Wissenschaftlichen planung und -kontrolle sowie die Vorbereitung Direktors umfasst neben Abteilungen der zen- der Sitzungen von Wissenschaftlicher Leitung tralen wissenschaftlichen Infrastruktur wie und Direktorium. Auch für die Pflege der Sicherheit, Öffentlichkeitsarbeit und Bibliothek Kontakte mit nationalen und europäischen (siehe Seite 92) auch eine Arbeitsgruppe, die Entscheidungsträgern - unter anderem durch sich mit allgemeinen Fragen der Energie- ein Verbindungsbüro in Brüssel - ist die versorgung und Energieforschung beschäftigt. Abteilung zuständig.

95 Die 1994 gegründete Betriebsorganisation Forschungsplanung und „Sicherheit und Umweltschutz“ des IPP Projektüberwachung nimmt entsprechend einer gesetzlichen Vorgabe Umweltschutzaufgaben wahr. Dazu gehören die Sondermüllentsorgung, Gefahr- n jährlichen Programmbesprechungen erläu- guttransporte sowie der Schutz von Luft und Itern die Projekte und Arbeitsgruppen den Gewässern. Diese Aufgaben sind auf die Stand und die Ergebnisse ihrer Arbeiten und Abteilung „Zentrale Sicherheit“ (Sondermüll- stellen die weitere Planung vor. Auf dieser entsorgung und Gefahrguttransporte) und die Grundlage werden der jährliche Personal- „Zentralen Technischen Einrichtungen“ einsatz und Mittelaufwand ermittelt sowie die (Immissions- und Gewässerschutz) aufgeteilt. mittelfristige Institutsplanung erarbeitet, die mit Euratom sowie den Fusionsforschungs- zentren der Helmholtz-Gemeinschaft abge- stimmt werden. Presse- und Öffentlichkeits- arbeit

Ein für die Gesellschaft bedeutsames Thema Büro für Energie- und wie die Gestaltungsmöglichkeiten für die Systemstudien künftige Energieversorgung sollte Gegen- stand öffentlicher Diskussion sein. Die Das Büro für Energie- und Systemstudien Abteilung Presse- und Öffentlichkeitsarbeit analysiert die langfristige Entwicklung von informiert daher kontinuierlich über Aufga- Energiesystemen und deren Auswirkungen ben und Ziele der Fusionsforschung sowie auf Mensch, Gesellschaft und Umwelt. Dabei über die Arbeiten im Max-Planck-Institut für ist die Untersuchung der Kernfusion, die eine Plasmaphysik an den drei Standorten Gar- der Säulen der zukünftigen Energiever- ching, Greifswald und Berlin. Dazu gehört sorgung werden könnte, von besonderer zum einen der stete Kontakt zu Presse, Funk Bedeutung (siehe Seite 34). Die Arbeiten sind und Fernsehen. Zum anderen bietet die in nationale und internationale Kooperationen Abteilung unterschiedliche Informations- eingebettet; eine enge Zusammenarbeit beste- schriften zur Fusionsforschung an, einen ht insbesondere mit der Universität Augsburg. Newsletter zur Energieforschung, einen Info- und Frageservice im Internet, Institutsfüh- rungen für Schüler, Studenten und die allge- meine Öffentlichkeit, Vorträge vor unter- Sicherheit schiedlichsten Auditorien, Tage der offenen Die Abteilung „Zentrale Sicherheit“ über- Tür, Ausstellungen, Messepräsentationen und nimmt für die drei Institutsteile in Garching, weitere Veranstaltungen, in denen der Kon- Greifswald und Berlin die Fürsorge- und takt und Meinungsaustausch mit der Öffent- Koordinierungsaufgaben bezüglich Arbeits- lichkeit gesucht wird. sicherheit, Strahlenschutz, Laserschutz, Ge- Die Journalistenbetreuung geschieht durch fahrstoffumgang und Sondermüllentsorgung, Auskünfte, die Vermittlung von Hintergrund- Gefahrguttransport, Brandschutz und Objekt- gesprächen, Pressekonferenzen, Interviews sicherung. Sie ist damit für alle Sicherheits- angelegenheiten zuständig, die zentral wahr- genommen werden müssen und nicht an die in den Institutsbereichen für Sicherheit und Strahlenschutz zuständigen Personen delegiert werden können. Darüber hinaus unterstützt die Abtei- lung die nach dem Gesetz verant- wortlichen Vorgesetzten und Strah- lenschutzbeauftragten bei ihren Auf- Der Newsletter gaben und nimmt bei der adminis- „Energie-Perspektiven“ trativen und technischen Be- richtet sich an alle am treuung der wissenschaftlichen Thema „Energie“ Bereiche sicherheitsorganisato- Interessierte. rische Aufgaben wahr.

96 und Informationstexte. Mit etwa einer Der Themenpark auf Pressemitteilung monatlich informiert die dem EXPO-Gelände in Abteilung über aktuelle Themen und Ent- Hannover. In der Aus- wicklungen, was sich in den Jahren 2000 und stellung zum Thema 2001 in einem Presseecho von jeweils rund „Energie“ war das IPP 450 Artikeln über Kernfusion niederschlug mit einem Originalteil mit einer Gesamtauflage der berichtenden der Fusionsanlage Zeitungen und Zeitschriften von 10 bis 20 ASDEX Upgrade Millionen. vertreten. Zur Unterstützung fundierter Berichter- stattung bietet das einwöchige „IPP-Prakti- kum für Wissenschaftsjournalisten“ Journa- listen die Gelegenheit, die Forschungspraxis „von innen“ kennenzulernen. Das Praktikum fand erstmals 1995 statt und wird seither jährlich angeboten. Schnell verfügbare Informationen, einen Frageservice sowie weiterführende Links zu den Fusionslaboratorien in aller Welt bieten unter der Adresse www.ipp.mpg.de die Inter- netseiten des IPP. Architektur und grafischer Auftritt wurden 2001 neu konzipiert und der Inhalt stark erweitert. Um die Bedeutung der Energieforschung im Original aussieht, veranschaulichte den im Allgemeinen zu unterstreichen und die Besuchern ein Plasmagefäß-Teil von ASDEX Fusion in energiewirtschaftlichen Kontext zu Upgrade. Zum Thema „Wissen“ beteiligte stellen, gibt die Abteilung den Newsletter sich das IPP an dem „Wissenschaftstunnel“ „Energieperspektiven - Forschung für die der Max-Planck-Gesellschaft: Ein bunter Energieversorgung von morgen“ heraus. Das Reigen von Bilder und Filmen aus den Max- Informationsblatt, das 2002 im dritten Planck-Instituten auf eine 170 Meter lange Jahrgang erscheint, richtet sich an alle am Tunnelwand projiziert, erläuterte die The- Thema „Energie“ Interessierte und soll auf menvielfalt in der Max-Planck-Gesellschaft. knappe und allgemeinverständliche Weise Ein paar Schritte weiter traf man im „Global über aktuelle Entwicklungen berichten und House“ erneut auf das IPP: Als eines von 25 Hintergrundinformationen bereitstellen. Neben „Weltweiten Projekten“ der EXPO 2000, die der Druckfassung erscheint der Newsletter aus den mehr als 280 in ganz Deutschland ebenso im Internet unter der Adresse verteilten Präsentationen ausgewählt wurden, www.energie-perspektiven.de, wo weiterfüh- präsentiert sich hier das Projekt „Vision rende Artikel zu den gedruckten Kurzbeiträgen Fusion“ des IPP-Teilinstituts Greifswald. zu finden sind. Mit dem Projekt „Vision Fusion“ bestritt Für die interne Kommunikation sorgen die das IPP eines der insgesamt zehn weltweiten Hauszeitschrift „Impulse“, die Mitarbeiter- EXPO-Projekte in Mecklenburg-Vorpommern. broschüre „Wer, Was, Wo“ sowie das Intranet. Der Kultusminister des Landes, Professor Unter den von der Abteilung organisierten Kauffold, sowie der Greifswalder Oberbür- Veranstaltungen ragte im Jahr 2000 die germeister von der Wense eröffneten das Pro- mehrfache Beteiligung des IPP an der jekt am 5. Juni: Unter dem Motto „Ein For- Weltausstellung EXPO 2000 heraus: Zum schungsinstitut entsteht - schauen Sie zu“ einen präsentierte sich das Institut von Juni erwartete die Besucher im IPP-Teilinstitut bis Oktober auf dem EXPO-Gelände in Greifswald eine Ausstellung zur Fusions- Hannover im Themenpark mit seinen thema- forschung - eine erweiterte Fassung der tisch orientierten Einzelausstellungen. In europäischen Wanderausstellung „Fusion zwei dieser Ausstellungen - „Wissen“ und Expo“ - mit Schautafeln, Videos, Originaltei- „Energie“ - war das IPP vertreten. Zum The- len und Experimenten sowie Führungen ma Energie wurde gemeinsam mit dem durch Technikhallen und Werkstätten. Dazu schweizerischen Fusionslaboratorium CRPP gehörte auch ein Modell von WENDEL- eine dreidimensionale Computeranimation STEIN 7-X in Originalgröße mit vollen 15 geboten - ein virtueller Flug durch den geplan- Meter Durchmesser, das mit Unterstützung ten Testreaktor ITER. Wie eine Fusionsanlage der Auszubildenden des BiG-Bildungs-

97 In das gleiche Jahr fiel die Festveran- staltung anlässlich des Umzugs in die neuen, nach dreijähriger Bauzeit termin- und budget- gerecht fertiggestellten Gebäude des Greifs- walder Teilinstituts. Am 7. Juli wurden sie in Anwesenheit von Bundeskanzler Gerhard Schröder, Ministerpräsident Dr. Harald Rings- torff sowie zahlreicher weiterer Ehrengäste feierlich eröffnet. Hauptsächlich an ein Industrie-Publikum gerichtet, präsentierte das IPP im November 2000 seine Forschungsarbeiten im POSCO- Zentrum in Seoul/Südkorea im Rahmen der Europäischen Wanderausstellung „Fusion EXPO“. Anschließend wurde die Ausstellung für zehn Tage im Korean Basic Science Institute in Taejon gezeigt, wo die große Fusionsanlage KSTAR aufgebaut wird. Im Gegensatz hierzu vor allem für Schüler kon- „Erforscht die Welt der zentrums in Greifswald in der Experimen- zipiert war die Abenteuer-Ausstellung Wellen“, ein Physik- tierhalle aufgebaut worden war. Insgesamt „Lebendige Wissenschaft“ der Helmholtz- projekt für Kinder, hier haben während der Weltausstellung mehr als Gemeinschaft im Deutschen Museum im IPP-Teilinstitut 8000 Personen - bis zu zehn Besuchergruppen München im November 2000, auf der das IPP Greifswald pro Tag - das Angebot genutzt. Zu Gästen aus die Fusionsforschung mit einem „Plasma zum der Region kamen in den Sommermonaten Anfassen“ präsentierte sowie anhand eines Urlauber aus ganz Deutschland, aber auch Modells der Forschungsanlage ASDEX Besucher aus Armenien, Finnland, Italien, Upgrade. Mit mehreren Vorträgen beteiligte Kanada, den Niederlanden, Norwegen, Polen, sich das IPP zudem an der Reihe „Quarks, Russland, Schweden, der Ukraine und den Quanten, Quasare“, die im Jahr 2000 von den USA. Münchner Max-Planck-Instituten und der Partner des IPP in der Arbeitsgruppe Universität München anlässlich des „Jahres „Vision Fusion“ war der ITER-Förder- der Physik“ veranstaltet wurde. verband/Region Greifswald. Gemeinsam ver- „Wissenschaft live!“ bot im März 2001 der anstaltete die Arbeitsgruppe im IPP-Teil- „Tag der Offenen Tür“ im IPP in Garching im institut Greifswald im Juli die wissenschafts- Rahmen eines bayernweiten „High-Tech- historische Konferenz „Das Feuer des Tages“ gemeinsam mit den Instituten auf dem Prometheus - Energie gestern, heute und mor- Garchinger Forschungsgelände. Auf dem gen“. Die Bedeutung der Energiefrage wurde Gemeinschaftsstand „Neue Energien“ des durch eine Darstellung der Energieversorgung Landes Mecklenburg-Vorpommern präsen- von der Antike bis in die Gegenwart und tierte sich das IPP-Teilinstitut Greifswald im Zukunft in weitem Bogen historisch umrissen. April 2001 auf der Hannover Messe. Mit einem Modell des Stellarators WENDELSTEIN 7-AS, betreut und erläutert von Mitarbeitern des Stuttgarter Instituts für Plasma- forschung, beteiligte sich das IPP im Juli am Klimatag 2001 der Eröffnung der neuen Universität Stuttgart. Zum „Wis- Gebäude des IPP- Teilinstituts Greifswald senschaftssommer Berlin 2001“ (von links): trug das IPP mit der Präsentation Bundesforschungs- der Europäischen Wanderausstel- ministerin Edelgard lung „Fusionsforschung - Die Bulmahn, MPG- Energie der Sterne“ bei. Sie wur- Präsident Hubert de eine Woche lang im Deutschen Markl, Bundeskanzler Technikmuseum in Berlin gezeigt Gerhard Schröder und und zog dann für weitere drei Ministerpräsident Wochen um in die Urania. Anläss-

Harald Ringstorff. Foto: Ulrich Schwenn lich der Berliner „Langen Nacht

98 der Wissenschaften“, an der zahlreiche stellte das IPP Gerätschaften und Betreuung Forschungseinrichtungen teilnahmen, öffnete für das Thema „Energieeffizienz“. auch der Berliner IPP-Bereich am 15. Sep- An Schüler, Auszubildende und Studenten tember seine Türen und präsentierte seine richtete sich auch die Präsentation des IPP- Forschungsarbeit. Bis zwei Uhr nachts konnte Teilinstituts Greifswald auf dem „Berufsstar- man rund 750 Besucher begrüßen. Schließ- tertag“, einer Ausbildungsmesse für Schulab- lich beteiligte sich das IPP an einer Ausstel- gänger in Greifswald im Januar 2001, das lung für die 3000 Besucher des 18. Welt- Bildungsprogramm „Zukunft & Energie“ in energiekongresses im argentinischen Buenos der Jugendherberge Greifswald, die Präsen- Aires, der alle drei Jahre Entscheidungsträger tation des Teilinstituts auf der Messe „Ausbil- aus Wirtschaft, Forschung und Politik zusam- dung und Arbeit in Vorpommern“ im Sep- menführt, um über Stand und Zukunft der tember 2001 sowie ein Informationsstand auf Energieversorgung zu diskutieren. der Veranstaltung „Arbeit und Ausbildung in Das IPP-Jubiläum „Energie für die Zukunft Mecklenburg-Vorpommern“ in einem Greifs- - 10 Jahre ASDEX Upgrade, 20 Jahre Stella- walder Einkaufszentrum. Für die alljährlich

ratorprinzip, 30 Jahre MPI, 40 Jahre IPP“ von sämtlichen Greifswalder Schulen ausge- Foto: Ulrich Schwenn feierte das IPP in Anwesenheit des Bay- erischen Ministerpräsidenten Dr. Edmund Die IPP-Präsentation Stoiber sowie zahlreicher weiterer Ehren- auf der Abenteuer- gäste. Ausstellung Die Vernissage „Kunst am Bau“ im Juli „Lebendige Wissen- 2000 im Teilinstitut Greifswald, auf der Kunst- schaft“ der Helmholtz- studenten der Universität Greifswald ihre Gemeinschaft im Arbeiten und Entwürfe für das Greifswalder Deutschen Museum Institutsgebäude präsentierten, bildete den München im Auftakt für mittlerweile fest etablierte Kunst- November 2000. ausstellungen: Zahlreiche Institutsmitarbeiter und Bürger der Stadt besuchten im Mai 2001 die Ausstellung „Auf dem Wege sein - elf Künstler aus Mecklenburg-Vorpommern“, besahen im August in der Ausstellung „Triaxialkontakt“ Malereien, Objektinstal- lationen und Multimediales des Greifswalder Künstlers Christian Altvater und durchstreif- ten im September „Interplanetare Räume“ von Hans-Albert Walter. Spezielle Angebote hält das IPP für Schüler bereit: Hierzu gehört das Physikprojekt „Erforscht die Welt der Wellen“, mit dem sich die Abteilung Öffentlichkeitsarbeit im Juli 2001 an der Aktion „Mädchen machen Tech- nik“ der Technischen Universität München tragene Mathematikolympiade stiftete das beteiligte. Die zehn- bis zwölfjährigen Schü- Teilinstitut einen Preis und beteiligt sich an lerinnen stellten Dosentelefone her, leere der Betreuung. Die Zeugnisausgabe der Bierflaschen wurden zu Blasinstrumenten Verbundenen Haupt- und Realschule „Max und Weingläser wurden auf ihre Klangfähig- Planck“ im Juni 2001 fand im IPP-Teilinstitut keit geprüft. Mit Mikrofon und Oszillograph Greifswald statt. wurden die Töne sichtbar gemacht. Hinzu Zahlreiche Besucher, Gruppen von Stu- kamen Lichtversuche mit verschiedenen denten, Schülern, interessierten Bürgern ebenso Linsen, Lampen, Beugungsgittern und Pris- wie Einzelbesucher aus Politik, Wirtschaft und men sowie Experimente mit dem Licht- und Wissenschaft aus dem In- und Ausland nutzten Rasterelektronenmikroskop. Im gleichen die Gelegenheit, durch einen Besuch im IPP Rahmen bot das IPP im August 2001 die Einblick in die Fusionsforschung zu gewinnen Veranstaltung „Die eigene Seite im Internet - im Jahr 2001 rund 2000 Personen in Garching gestalten“ an. An etwas ältere, 17- bis 19- und 5300 im Teilinstitut Greifswald. jährige Jugendliche richtete sich das Schüler- praktikum „Umwelt und Energie“ der Universität Augsburg im Frühjahr 2001. Hier

99 Organisatorischer Aufbau des IPP

as Institut für Plasmaphysik (IPP) wurde gemäß zu erstattenden Berichte und wirkt im D1960 als gemeinnützige Gesellschaft mit Kuratorium mit. beschränkter Haftung gegründet. Gesell- Finanzierungsträger des Instituts sind schafter waren die Max-Planck-Gesellschaft (Prozentanteile jeweils bezogen auf den und Professor Werner Heisenberg. Ab 1971 Gesamthaushalt des IPP): wurde das IPP als Max-Planck-Institut für Plasmaphysik fortgeführt. Durch einen Asso- - die Bundesrepublik Deutschland, ziationsvertrag mit Euratom von 1961 wurde die 2001 rund 57,2 Prozent der das Institut in das Europäische Fusions- Ausgaben finanzierte, programm integriert. Hauptsitz des Instituts ist - der Freistaat Bayern, der sich mit Garching bei München. 1992 wurde das IPP 3,3 Prozent beteiligte, um eine Außenstelle in Berlin erweitert, 1994 - das Land Berlin mit 0,3 Prozent, wurde das Teilinstitut Greifswald gegründet. - das Land Mecklenburg-Vorpommern Das Institut ist zur Zeit in zwölf wis- mit 6,6 Prozent senschaftliche Bereiche aufgegliedert: In den - die Europäische Union (EURATOM) Garchinger Bereichen Experimentelle Plas- mit 32,5 Prozent. maphysik 1, 2 und 3 werden die Experimente ASDEX Upgrade bzw. WENDELSTEIN 7- Das Kuratorium hat eine unterstützende AS betrieben. Der Bereich Experimentelle und allgemeine Aufsichts- und Entschei- Plasmaphysik 4 bearbeitet die Randschicht- dungsfunktion. Es berät mit dem Direktorium physik des Plasmas und hat dazu über- und der Wissenschaftlichen Leitung das wis- greifende Diagnostikaufgaben übernommen. senschaftliche Programm und die sich daraus Der Bereich Materialforschung entwickelt ergebenden Folgen für den Haushaltsplan. und untersucht Materialien für plasmabelas- Nach Abschluss der Haushaltsverhandlungen tete Komponenten. Der Bereich Oberflä- mit den Finanzierungsträgern stellt das chenphysik betreibt vorwiegend experimen- Kuratorium den Haushaltsplan fest und tritt telle Arbeiten zur Plasma-Wand-Wechsel- insoweit an die Stelle des Senats der Max- wirkung. Für die Plasmaheizung an den Planck-Gesellschaft. Mitglieder des Kuratori- Experimenten verantwortlich ist der Bereich ums sind im Jahr 2002: Technologie. Der Bereich Tokamakphysik Prof. Dr. Peter Gruss, Präsident der Max- befasst sich mit der theoretischen Unterstüt- Planck-Gesellschaft, (Vorsitzender); Minis- zung der Tokamak-Aktivitäten des IPP. Im terialdirigent Hermann Fischer, Ministerium Teilinstitut Greifswald betreut der Bereich für Bildung, Wissenschaft und Kultur des WENDELSTEIN 7-X Aufbau die Errich- Landes Mecklenburg-Vorpommern; Dr.-Ing. tung des Stellarators WENDELSTEIN 7-X. Peter Grassmann, Sprecher des Vorstandes Der Bereich Experimentelle Plasmaphysik 5 Carl Zeiss; Prof. Dr. Herwig Schopper, CERN, beschäftigt sich mit der Plasmarandphysik Genf; Ministerialdirektor Dr. Hermann und Magnetohydrodynamik für WENDEL- Schunck, Bundesministerium für Bildung STEIN 7-X; der Bereich Stellaratortheorie und Forschung; Ministerialdirektor Dr. Wolf- bearbeitet theoretische Fragen des Stella- gang Quint, Bayerisches Staatsministerium rators. Der Bereich Plasmadiagnostik in für Wissenschaft und Kunst; Prof. Dr. Claus Berlin beschäftigt sich vornehmlich mit der Weyrich, Leiter der Zentralabteilung für Verunreinigungsproblematik sowie der Physik Forschung und Entwicklung, Siemens AG; der Plasma-Randschicht und ist an der Vorbe- Prof. Dr. Wolfgang Wild, Staatsminister a.D., reitung von WENDELSTEIN 7-X beteiligt. (Ehrenkurator). Trägerorganisation des IPP ist die Max- Ein Fachbeirat berät das Institut in allen Planck-Gesellschaft. Sie erläßt die Instituts- wissenschaftlichen Fragen. Er erstattet dem satzung, beruft die Wissenschaftlichen Mit- Präsidenten der Max-Planck-Gesellschaft jähr- glieder des Instituts, überprüft die satzungs- lich einen Bericht über die wissenschaftliche

100 Arbeit des Instituts, den es zugleich dem Kura- Auswärtige Wissenschaftliche Mitglieder sind: torium und der Wissenschaftlichen Leitung des Prof. Dr. Allen H. Boozer, Prof. Dr. Folker Instituts zuleitet. Mitglieder sind im Jahr 2002: Engelmann, Prof. Dr. Rudolf Wienecke. Prof. Dr. Ronald Parker (Vorsitzender), Plas- Das Direktorium besorgt die laufenden Ge- ma Science and Fusion Center, Massachu- schäfte, entscheidet über die Verwendung der setts Institute of Technology, Cambridge, USA; Haushaltsmittel, überwacht und regelt den Ab- Dr. Carlos Alejaldre Losilla, Centro de lauf der Forschungsarbeiten, beschließt über Investigaciones Energéticas Medioambientales die Anstellung, Eingruppierung und Entlassung y Technológicas, Madrid, Spanien; Dr. Henrik des Personals und vertritt das Institut nach Bindslev, Optics and Fluid Dynamics Depart- innen und außen. Ihm gehören 2002 an: ment, Risø National Laboratory, Roskilde, Prof. Dr. Alexander M. Bradshaw (Vorsitzen- Dänemark; Prof. Dr. James F. Drake, Institute der), Prof. Dr. Michael Kaufmann, Prof. Dr. for Plasma Research, University of Maryland, , Dr.-Ing. Karl Tichmann. USA; Prof. Dr. Albrecht Goldmann, Fachbe- Der nach dem Assoziationsvertrag mit reich Physik, Universität Kassel; Dr. Kai EURATOM gebildete Lenkungsausschuss, Graßie, Forschungslaboratorien Philips dem Vertreter der Kommission der Europä- GmbH, Aachen; Prof. Dr. Rudolf Gross, ischen Union und des IPP angehören, legt das Physik-Department, Technische Universität gemeinsame Forschungsprogramm fest, leitet München; Prof. Dr. Jürgen Meichsner, Institut dessen Durchführung, überwacht die Arbeiten, für Physik, Universität Greifswald; Dr. Jérôme beschließt über Aufbau und Zusammensetzung Paméla, Culham Science Centre, Abingdon, der Forschungsgruppen und entscheidet über Großbritannien; Dr. Masahiro Seki, Depart- Einzelausgaben ab 200.000,- Euro. Der Len- ment of Fusion Engineering Research, Japan kungsausschuss setzt sich 2002 zusammen sei- Atomic Energy Research Institute, Naka, tens der Kommission der Europäischen Union Japan; Prof. Dr. Karl Heinz Spatschek, Institut in Brüssel: für Theoretische Physik, Universität Düssel- Dr. Umberto Finzi (Vorsitzender), Prof. Dr. dorf; Dr. Ronald D. Stambaugh, DIII-D Hardo Bruhns, Johannes Spoor; Program, General Atomics, San Diego, USA; seitens des Instituts: Prof. Dr. Alexander M. Prof. Dr.-Ing. Erich Tenkhoff, Erlangen. Bradshaw, Prof. Dr. Michael Kaufmann, Prof. Die Wissenschaftliche Leitung des IPP, Dr. Friedrich Wagner, Dr.-Ing. Karl Tich- die aus den ständig im Institut tätigen mann, Dr. jur. Michael Winkler. Wissenschaftlichen Mitgliedern mit Leitungs- Der aus gewählten Vertretern der wissen- funktion besteht, stellt das Forschungs- schaftlichen Mitarbeiter bestehende Wissen- programm auf und beschließt den Zeit-, schaftlerrat berät die Wissenschaftliche Personal- und Finanzrahmen der Forschungs- Leitung insbesondere in Fragen des wissen- aufgaben, die Organisationsstruktur des wis- schaftlichen Programms, bei Struktur- und senschaftlichen Bereiches, die Beauftragung Personalfragen. Ihm gehören 2002 an: von Wissenschaftlern mit Leitungsaufgaben Dr. Albrecht Herrmann (Vorsitzender), Dr. und im Zusammenwirken mit dem Direk- Peter Franzen, Dr. Torsten Bräuer, Dr. Jürgen torium die Anstellung, Eingruppierung und Gafert, Dr. Joachim Geiger, Dr. Ralf Kleiber, Entlassung des wissenschaftlichen Personals. Dr. Michael Laux, Dr. Petra Nieckchen, Dr. Ihr gehören 2002 an: Simon Pinches, Andreas Schott, Dr. Achim Prof. Dr. Alexander M. Bradshaw, (Vorsitzen- von Keudell. der und Wissenschaftlicher Direktor), Prof. Dem Betriebsrat gehören 2002 an: Dr. Kurt Behringer, Prof. Dr. Dr. Harald Bolt, IPP Garching: Günter Hussong (Vorsitzen- Prof. Dr. Dr. h.c. Volker Dose (stellvertreten- der), Roswitha Hiebl, Dr. Reinhard Drube, der Vorsitzender), Prof. Dr. Gerd Fußmann, Dr. Karl Ertl, Jochen Fink, Christine Graßy, Prof. Dr. Sibylle Günter, Prof. Dr. Michael Josef Hausmann, Angelika Hohaus, Manfred Kaufmann, Prof. Dr. Thomas Klinger, Prof. Hunger, Kathrin Marx, Robert Semler, Dr. Jürgen Küppers, Prof. Dr. Karl Lackner Reinhilde Weinfurtner, Wolfgang Weissbart. (beurlaubt), Prof. Dr. Jürgen Nührenberg, Prof. Teilinstitut Greifswald: Dr. Heinz Grote Dr. Friedrich Wagner, Prof. Dr. Rolf Wilhelm, (Vorsitzender), Heike Schürmann, Cornelia Prof. Dr. . Cordes, Alf Hölting, Friedhelm Nankemann, Emeritierte Wissenschaftliche Mitglieder sind: Corina Posselt, Sybille Schirmacher, Horst- Dr. Gerhard von Gierke, Dr. Günter Grieger, mar Schmidt, Detlef Wieseler. Prof. Dr. Friedrich Hertweck, Prof. Dr. Dieter Bereich Plasmadiagnostik, Berlin: Nils Pfirsch, Prof. Dr. Klaus Pinkau, Prof. Dr. Rüter (Vorsitzender), Jürgen Sommer, Hans- Arnulf Schlüter. Joachim Thalhofer.

101 Organigramm des Max-Planck-Instituts für Plasmaphysik (Stand: 7/2002)

102 Literaturhinweise

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103

Wie erreichen Sie das IPP?

B 11 in Garching: B 13 Mit dem PKW: auf der Autobahn Freising BAB Nürnberg BAB Deggendorf München-Nürnberg, Flughafen Ausfahrt Garching-Nord.

Mit Öffentlichen S 8 Verkehrsmitteln: B 388

ab Hauptbahnhof mit der Forschungsgelände S-Bahn bis Marienplatz, Garching U-Bahn U6 bis Garching- Nord B 471 Schlei§heim Süd Hochbrück; dann Bus 291 Garching oder 691 oder: Garching-Hochbrück S8 bis Ismaning, Ismaning dann Bus 230. U 6

Bus BAB Stuttgart S 8 München Feldkirchen B 12

B 471 BAB Salzburg

BAB Garmisch

in Greifswald:

Mit dem Flugzeug:

über Berlin: von Berlin-Tegel Stralsund mit Bus X9 zum Bahnhof B 96 Zoologischer Garten, mit

dem Zug nach Greifswald Hansering über Hamburg: vom Flughafen zum Hauptbahnhof, mit dem Zug Wolgaster Stra §e Lubmin Greifswald Bahnhofstr. Wolgast nach Greifswald. Hauptbahnhof Anklamer Stra Mit dem PKW:

über Berlin, Neubrandenburg §e nach Greifswald oder über äger Landstr. Hamburg, Lübeck, Stralsund Bahn Koitenh Bushaltestelle Greifswald nach Greifswald, im Südbahnhof Haltestelle tr. Stadtgebiet der Schönwalder Lands "Elisenpark" Beschilderung „Max-Planck-

§e Institut“ folgen Wendelstein-stra Berlin B 109 Anklam Mit dem Bus: B 96 A 11 Neubrandenburg Prenzlau Ab Greifswald-Hauptbahnhof (Berlin) (Berlin) mit dem Bus Nr. 2 oder 3 bis Haltestelle „Elisenpark“. Boltzmannstraße 2 D-85748 Garching bei München Telefon 0 89/32 99-01

Teilinstitut Greifswald Wendelsteinstraße 1 D-17489 Greifswald Telefon 0 38 34/88-10 00 [email protected] www.ipp.mpg.de