SÜDWESTRUNDFUNK SWR2 Wissen – Manuskriptdienst

40 Jahre SAP Ein Software-Konzern verändert eine Region

Autor: Eberhard Reuß Produktion: Eberhard Reuß Redaktion: Martin Gramlich Sendung: Montag, 2. April 2012, 8.30 Uhr, SWR2

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Atmo – O-Ton-Collage: (Einwählen) Welcome to SAP connect ? (Pieps) Hello Bangalore? Hi! Die SAP hat die Arbeitswelt verändert und beschleunigt. Jetzt haben sie noch 27 Minuten Zeit bis zum Ende.

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Ansage: 40 Jahre SAP ? Ein Software-Konzern verändert eine Region. Eine Sendung von Eberhard Reuß.

Atmo: Your passport is confirmed …

Autor: Das deutsche Silicon Valley liegt in Walldorf bei Heidelberg. Eine Kleinstadt mit 15.000 Einwohnern. Fast so viele Menschen wie in der Walldorfer SAP-Konzernzentrale arbeiten. Vor vierzig Jahren, am 1. April 1972 von fünf ehemaligen IBM-Ingenieuren gegründet, ist SAP heute der drittgrößte Softwarekonzern der Welt.

O-Ton – : Ja, ich freue mich, dass die SAP auch in ihrem 40. Jahr erfolgreich war und zwar ganz besonders erfolgreich.?

Autor: SAP-Gründervater Dietmar Hopp im Jubiläumsjahr über die beste Bilanz in der Geschichte seines Unternehmens. Umsatz: 14,2 Milliarden Euro? ein Plus von 15 %. Gewinn: 4,7 Milliarden Euro ? eine Steigerung um 19 %.

Atmo – SAP-Bilanzpressekonferenz: Ich fange auf Deutsch an, aber wie im letzten Jahr werden wir unsere Bilanzpressekonferenz auf Englisch machen, wir machen ja auch unsere Quartalsberichte auf Englisch, weil sowohl Bill als auch Jim ursprünglich nicht aus Deutschland kommen. So with that I also welcome you to the annual press conference of SAP for the year 2011. With me on this morning are our Co-CEOs Bill McDermott and Jim Hagemann-Snabe.

Autor: Mit stolzgeschwellter Brust verkündet Vorstandschef Bill McDermott die Perspektiven:

O-Ton – Bill McDermott: We are very excited about the prospects of SAP.

Autor: Und der gleichberechtigte Vorstandschef Jim Hagemann-Snabe fügt hinzu:

O-Ton – Jim Hagemann-Snabe The strategy is right and we are executing exceptionally well.

Autor: Die Strategie ist richtig, wird außergewöhnlich gut umgesetzt und die Konzernsprache ist Englisch oder wenigstens Denglisch.

O-Ton – Matthias Grimm: I have no problems, no.

Autor: Bekennt Matthias Grimm, seit 15 Jahren bei der SAP und derzeit in der Konzernzentrale Walldorf Facility Management Director. Seit 2010 gibt es bei SAP wieder mal zwei neue Vorstandchefs. Pardon, Chief Executive Officers. 2

O-Ton – Matthias Grimm: They are both no Germans. Jim is Danish and Bill is an American.?

Autor: Ist SAP noch ein deutsches Unternehmen?

O-Ton – Matthias Grimm: SAP ist ein deutsches Unternehmen, was allerdings auch global agiert und auch global erfolgreich ist.?

Autor: Und wenn SAP mal nicht global so erfolgreich ist ? Dann greift Hasso Plattner ein. 68 Jahre jung und als Chef des Aufsichtsrates der Letzte der SAP-Gründerväter, der noch immer handfest die Geschicke seines Unternehmens lenkt.

O-Ton – Hasso Plattner: Also da hab ich einen schlechten Ruf. Mir sind schon ein paar Vorstände in meiner Zeit als Aufsichtsratsvorsitzender abhanden gekommen. Shai Agassi macht jetzt Elektroautos.

Autor: Und 2010 feuerte Hasso Plattner seinen Vorstandschef Léo Apotheker, als der den SAP- Kunden mehr Geld abknöpfen wollte und den SAP-Mitarbeitern ein Sparpaket samt Entlassungen verordnete. Worauf der Betriebsrat bei Hasso Plattner vorstellig wurde.

O-Ton – Hasso Plattner: Wenn sich Mitarbeiter beklagen, ist das eine Sache, jetzt wird ein bisschen härter gearbeitet, bisschen mehr durchgegriffen, mehr Struktur in die Firma rein, kann ja alles richtig sein, aber wenn sich die Kunden beklagen und sich die Bestehenden und die Neuen nicht kaufen, dann entsteht eine Situation, wo der Aufsichtsrat gefordert ist und an vorderster Front der Aufsichtsratsvorsitzende gefordert sind. Und der Aufsichtsrat hat eine Entscheidung gefällt, dass wir den Vertrag für den Léo Apotheker nicht verlängern. Und damit sind zwei weitere Vorstände gegangen, die im engen Umfeld von Léo waren. Das kommt in vielen Firmen so vor.

Autor: Vielleicht ja gerade in einer Firma wie der SAP, die sich auch das Glück ihrer Mitarbeiter als Unternehmensziel gegeben hat. Sagt die SAP-Software-Entwicklerin Xiaoqun Clever:

O-Ton – Xiaoqun Clever: Das steht sogar an erster Stelle, also glücklich motivierte Mitarbeiter ist das erste Ziel. Dadurch, dass die Mitarbeiter motiviert und glücklich sind, kann man auch bessere Produkte entwickeln, weil Software ist vom Menschen entwickelt worden. Das heißt, die Qualität von Software hängt ab von der Qualität der Mitarbeit.

Autor: Xiaoqun Clever sorgt als Software-Entwicklerin dafür, dass sich das Tempo der digitalen Revolution noch mehr beschleunigt. Doch wohin? Die nächste Generation wächst schon heran. So wie Sean und Leon, die Söhne von Xiaoqun Clever. Zusammen mit neunzig anderen Kindern chinesisch-deutscher Eltern besuchen sie die von ihrer Mutter begründete chinesische Schule in Karlsruhe.

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Atmo – Schule Kinder sprechen Chinesisch

O-Ton – Xiaoqun Clever: Für meine Kinder, denk ich, ich möchte auch, dass sie sich nicht nur als deutsch identifizieren, weil sie hier geboren sind, sondern eher als halbe Deutsche und halbe Chinesen identifizieren und vielleicht später sogar noch andere Kulturen adaptieren.

Autor: Identität bewahren in einer globalen Welt. Xiaoqun Clever war 19, als sie in Peking auf dem Platz des Himmlischen Friedens gegen die chinesische Staatsführung demonstrierte.

O-Ton – Xiaoqun Clever: Wir haben die Soldaten gesehen, wir haben die hungernden Studenten gepflegt, geschützt. Wir haben auch viele Zivilisten gesehen, die uns wirklich mit Essen, Wasser unterstützt haben, das war ein sehr bewegter Moment, also wenn ich heute daran denke, alle haben eigentlich nur für eine Sache gekämpft.

Autor: Sie demonstrierten für die Freiheit. Und wurden umgebracht oder verschleppt und eingesperrt. Das war der Moment, in dem sich Xiaoqun Clever entschied, ins Ausland zu gehen. In Deutschland studierte sie Informatik und wurde von SAP entdeckt.

O-Ton – Xiaoqun Clever: Ich bin auch ein Typ, der gerne was Neues aufbaut und meistens gerne die Sache in die Hand nimmt, wo andere sagen, das ist nicht möglich.

Atmo: (Piepsen) Your password is confirmed. Hello! Hi, Xiaoqun.

Autor: Zwei Milliarden Euro investiert SAP derzeit in China, in der letzten Woche ließ das Unternehmen kurz verlauten, man habe sich dort von fünf einheimischen Managern getrennt. Wegen Verstoßes gegen die Compliance-Regeln. Also die selbst verordneten Richtlinien und Standards des Konzerns. Was genau passiert ist, darüber gibt es keine Auskunft. In einem rasant wachsenden, globalen Konzern mit weltweit über 55.000 Mitarbeitern ist es schwer, den Überblick zu behalten.

Atmo: (Piepsen) Hello, Bangalore. Hello.

Autor: 16.00 Uhr in Shanghai. 14.00 Uhr nachmittags in Bangalore. 9.00 Uhr früh in Walldorf. Videokonferenz mit chinesischen und indischen Kollegen aus dem weltweiten Team von Software-Entwicklerin Xiaoqun Clever. Das neue, in Indien entwickelte SAP-Software- Programm CHARITRA soll in China eingeführt werden.

O-Ton – Xiaoqun Clever: Das Dorf ist im Wort Walldorf noch geblieben. Aber ich glaube, wenn wir hier arbeiten, haben wir nicht den Eindruck wir arbeiten in einem Dorf. Wir arbeiten wirklich in einem vernetzten globalen Unternehmen.

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Autor: Weltweit wickeln 60 % aller Konzerne ihre Geschäfte mit Hilfe von SAP-Software ab. Die Arbeitsprozesse haben sich extrem beschleunigt.

O-Ton – Matthias Grimm: Es ist kein acht Stunden Tag, man muss definitiv mehr als acht Stunden investieren, um präsent zu sein für die Mitarbeiter in den einzelnen Regionen.

Autor: Matthias Grimm ist verantwortlich für das Facility Management an den weltweit 120 Standorten. Sein Team von 300 Mitarbeitern ist auf China, Indien, Deutschland und die USA verteilt und plant und betreut von Walldorf aus die SAP-Firmengebäude in aller Welt.

O-Ton – Matthias Grimm: Ich bin 1965 geboren, in Dielheim aufgewachsen, das ist direkt in der Nähe von Walldorf, sechs Kilometer, hab dort 35 Jahre gewohnt, dann die Entscheidung, nach Eichelberg, wiederum aufs Dorf zu ziehen, wohne dort schon seit über zehn Jahren und hätte damals, als ich zur SAP gegangen bin, nicht gedacht, dass ich einmal wirklich durch die Welt reise, dass ich Singapur sehe, dass ich in Argentinien, in den USA bin, dass ich auch viel Zeit in China verbringe. Das hat sich meinem Horizont damals entzogen.

SAP hat für mich persönlich verändert meine Sichtweise auf die Welt, auf andere Kulturen, die Welt ist wirklich ein Dorf geworden, ich hab Kollegen in allen Regionen, auf allen Kontinenten, wir tauschen uns regelmäßig aus. Und wenn man engen Kontakt hat mit Kollegen im Ausland, in verschiedenen Kontinenten, dann merkt man, dass es viel mehr gleiche Denkweisen und Gemeinsamkeiten gibt, als man vermutet.

Atmo: Gespräch auf Englisch

Autor: Vom Tellerwäscher zum Milliardär. Von der Garagenfirma zum Weltkonzern. Der amerikanische Traum im digitalen Zeitalter. Marken wie Microsoft, Apple, Google, Oracle ? irgendwie ein Wunder, dass so etwas auch in Deutschland geglückt ist. Allerdings wurde die SAP nicht in einer Garage gegründet, sondern nahm ihren Anfang in der deutschen IBM-Filiale in Mannheim, Ende der sechziger Jahre. Damals gibt es mit IBM weltweit nur einen Computerkonzern. Die Rechner sind riesige Apparate. Nur etwas für ein paar Spezialisten und wenige Großunternehmen. Deren Daten werden von Hand auf Lochkarten übertragen. Dietmar Hopp, einer der fünf SAP-Gründerväter:

O-Ton – Dietmar Hopp: Wir waren bei der IBM als sogenannte Systemingenieure eingesetzt, die den Kunden geholfen haben, die Anlagen zu nutzen, also zu zeigen, wie man programmiert. Und dabei haben wir festgestellt, dass wir eigentlich überall ähnliches oder gleiches machen und die Idee war dann gewesen, lasst uns versuchen, Standardsoftware zu machen, die wir dann den Firmen verkaufen, die dann natürlich auch so flexibel sein muss, das wussten wir von Anfang an, dass sie anpassungsfähig ist auf unterschiedliche Anforderungen und das ist uns Gottseidank überzeugend gelungen.

Autor: Dietmar Hopp, Hasso Plattner, , Hans-Werner Hector und Claus Wellenreuther machen sich 1972 selbständig, ihr Fünf-Mann-Unternehmen nennen sie 5

„Systemanalyse und Programmentwicklung“, kurz SAP. Es liefert Datenautobahnen für rasche unternehmerische Entscheidungen. Ohne SAP-Software keine Just-in-time- Produktion. Überblick auf Wareneingang und Ausgang in Echtzeit. Straße und Schiene als mobiles Warenlager. SAP wächst zum drittgrößten Softwarekonzern der Welt. Alle Gründerväter werden Milliardäre – bis auf Claus Wellenreuther, der aus gesundheitlichen Gründen bereits 1980 aus dem Unternehmen ausscheidet. Hasso Plattner, 68 Jahre jung, ist als Chef des SAP-Aufsichtsrates der Letzte der Gründerväter, der noch im Unternehmen entscheidet:

O-Ton – Hasso Plattner: Wir haben nie eine richtige Krise gehabt, wir hatten mal eine Anfang der achtziger Jahre, als die Fertigungsbranche in Deutschland einen Streik gehabt hatte und wir ein halbes Jahr nichts verkauft haben. Das war schon mal so ein Stresstest. Aber sonst haben wir immer Glück gehabt, sind immer auf die Beine gefallen, die richtige Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt getroffen, vielleicht war es auch das Verdienst von Dietmar, obwohl wir viel verdient haben, im zweiten Jahr haben wir schon eine Million verdient, das war damals ganz viel Geld, dass wir aufm Teppich bleiben, dass wir nicht zu viel machen, zu viel zeigen, die Kollegen waren mal ganz unruhig, als sie hörten, dass ich mir eine Yacht gekauft habe. Das war 1974 und das war ein Zwei-Mann-Segelboot für 3.800 D-Mark, aber das Gerücht ging um, der Herr Plattner hat eine Yacht. Das war eine ganz Kleine. Ich hab heut eine Größere und mehrere, weil das Segeln meine sportliche Leidenschaft ist. Also wir haben bewusst versucht, auf dem Teppich zu bleiben. Es bringt ja auch nichts, sich mit größeren Attributen zu versehen, also die kann man einmal rumzeigen und dann wird es langweilig. Also wir hatten eine tolle Gelegenheit, zeigen zu können, wir können was bauen. Und das Beste ist eigentlich das positive Feedback von denen, für die man das baut, oder von denen, mit denen man das baut. Also ich war immer der Überzeugung, Arbeit muss Spaß machen. Viel anderes kann ich nicht als Software machen.

O-Ton – Dietmar Hopp: Also der Hasso war die Unruhe in der Uhr, hat sie am Laufen gehalten, ja, richtig, das hat gut zusammengepasst. Und wenn ich mich erinnere an die Anfänge der SAP, da hat man gesagt, naja, die fünf, wenn sie ein halbes Jahr zusammen sind, das wird schief gehen. Diese Konstellation konnten sich nur wenige vorstellen, außer wir selbst, wir waren optimistisch genug, gescheit genug uns zu vertragen und gemeinsam ein großes Ziel anzugehen und das haben wir auch erreicht.

Autor: Und Hasso Plattner ergänzt seinen Freund und SAP-Mitgründer Dietmar Hopp:

O-Ton – Hasso Plattner: Wir sind dabei geblieben und das wir diese Konstanz hatten, das noch mal zu machen, durch diese Mühle zu gehen. Das war einerseits ein Zeichen der Energie und auf der anderen Seite, dass es doch Spaß gemacht hat.

Autor: Aber letztendlich steht bei SAP nach wie vor auch ein schlaues Geschäftsmodell für den Erfolg: Denn die Firma verdient einen Hauptteil ihres Umsatzes nicht mit dem Verkauf, sondern mit Lizenzen und der Wartung der eigenen Software. Für Unternehmen, die Abläufe optimieren wollen, gibt es keine Alternative dazu, regelmäßig ihre Software von SAP Experten warten und erneuern zu lassen.

Atmo: 6

(Piepen) Welcome to SAP connect.

Autor: Die SAP-Gründerväter haben auch die Standards der Arbeitswelt verändert. Das Glück der Mitarbeiter als Unternehmensziel. Die Entscheidung, dass sich alle bei SAP duzen. Dazu andere kleine und große Wohltaten für alle Mitarbeiter: Vom kostenlosen Kantinenessen bis zum vergünstigten Aktienkauf. Vom Dienstwagen bis zum Darlehen für den Hausbau. Fitnessstudios und Sportanlagen, Kindertagesstätten und Betriebskindergärten.

O-Ton – Dietmar Hopp: Ich hab immer die Meinung vertreten, dass in einer Branche wie der unseren der Mitarbeiter immer an erster Stelle stehen muss und nicht der Aktionär, wenn es den Mitarbeitern gut geht, sind sie leistungsfähig, dann Geht‘s auch dem Aktionär gut.

Autor: Solange „Vadder Hopp“ Verantwortung für die SAP trug, gab es nicht einmal einen Betriebsrat. Noch Jahre später hielten 90 % der Beschäftigten eine Arbeitnehmervertretung für unnötig. Als dann per Gesetz ein Betriebsrat eingeführt werden musste, reagierte Dietmar Hopp gekränkt, hat sich aber dann korrigiert. Und Verantwortung tragen die Gründerväter noch immer, und dies nicht allein deshalb, weil sie gut ein Viertel der SAP-Aktien halten. SAP-Betriebsrätin Christiane Kuntz-Mayr:

O-Ton – Christiane Kuntz-Mayr: Sie spielen noch immer eine Rolle und zwar in unterschiedlicher Weise, Hasso Plattner in seiner Rolle als Aufsichtsratsvorsitzender und Chief Technology Advisor hat natürlich noch mehr im Unternehmen zu sagen, er bringt mit seinen Ideen schon ein Stück weit Zukunft in die SAP und das ist sehr wichtig, die Impulse brauchen wir.

Autor: Mit einem jungen Software-Entwicklerteam hat Hasso Plattner 40 Jahre nach Gründung der SAP noch einmal einen völlig neuen Impuls gesetzt. In Potsdam, an dem von ihm finanzierten und nach ihm benannten Hasso Plattner Institut, ist HANA entstanden – das vom Verkaufserfolg am schnellsten wachsende Produkt in der Geschichte der SAP.

O-Ton – Hasso Plattner: Die deutschen Kunden sind zurück, wir haben gezeigt, dass wir innovativ sein können, das heißt nicht, das alles in Ordnung ist, dass wir mal wieder arbeiten müssen, wenn‘s weh tut, das bleibt nicht aus, aber ich glaube die Firma ist in einem sehr guten Zustand heute. Das man da mitgestalten und mitmachen darf, ist auch befriedigend.

Autor: Mit HANA schickt sich SAP an, den Dauerrivalen ORACLE auf dessen Kerngebiet – sogenannte In Memory Datenbanken – zu schlagen.

O-Ton – Bill Mcdermott: The innovations are outstanding, HANA is the best ever SAP product by sales performance.

Autor: Schwärmte SAP-Vorstandschef Bill McDermott bei der diesjährigen Bilanzpressekonferenz – und sein Vorstandskollege Jim Hagemann-Snabe erläuterte die Funktionsweise von 7

HANA:

O-Ton – Jim Hagemann-Snabe: Also wir leben in einer Welt mit sehr sehr vielen Daten. Wir schätzen, dass die Datenmenge sich verdoppelt, alle 18 Monate. Und wir haben einen Weg gefunden, wo wir extreme Mengen von Daten in Echtzeit analysieren können. Das geht nicht auf einer traditionellen Festplatte, weil die ist zu langsam, mit Milliarden von Datensätzen, wir können aber die Daten komprimieren und im Hauptspeicher eines Computers einsortieren und durch diese Technologie können wir enorme Mengen von Daten in Sekunden analysieren, das gibt die Möglichkeit, neue Trends schnell zu finden und schneller zu reagieren als Unternehmen.

Autor: Reagiert hat auch ORACLE auf der eigenen Bilanzpressekonferenz. Und SAP den Kampf angesagt. SAP habe nicht das Zeug, mit ORACLE im Datenbankgeschäft zu konkurrieren. So Vorstandschef Larry Ellison. Man kann das auch als Kompliment verstehen. Wer sich so in Rage redet, scheint seinen Rivalen ernst zu nehmen. Worauf auch hindeutet, das ORACLE den Rechtsstreit gegen SAP wegen „Diebstahl geistigen Eigentums“ weiterführen will. Die US-Justiz hatte ein entsprechendes Schadensersatzurteil in Höhe von 1,3 Milliarden US-Dollar wieder aufgehoben. Der von Mitarbeitern eines von SAP übernommenen Unternehmens verursachte Schaden sei deutlich geringer. Nämlich zwischen höchstens 408 Millionen Dollar oder mindestens 272 Millionen Dollar. Geld, das SAP in seiner Bilanz übrigens längst zurückgestellt hatte. Doch ORACLE klagt weiter. SAP-Vorstandschef Jim Hagemann-Snabe:

O-Ton – Jim Hagemann-Snabe: Das geht voran, Oracle hat jetzt die nächste Aufgabe da, ich würde sagen, für uns war es wichtig in 2011 wieder um Innovation und den Kunden kümmern können und das haben wir auch erfolgreich gemacht.

Autor: Seit Juli 2011 ist HANA weltweit verfügbar:

O-Ton – Hasso Plattner: Und wir haben schon 210 Millionen im letzten Jahr Umsatz gemacht und HANA wird ein großer Umsatzträger im Bereich der SAP werden und – was viel wichtiger ist – der SAP es ermöglichen, ganz neue Anwendungen außerhalb des klassischen betriebswirtschaftlichen Anwendungsspektrums zu entwickeln.

Autor: Die neue HANA In Memory Datenbank von SAP soll dabei auch die medizinische Behandlung revolutionieren. Individuelle Patientenbefunde und Laborwerte können mit aktuellen Forschungsergebnissen aus aller Welt abgeglichen werden. An der Berliner Charité wird eine HANA-Anwendung mit dem Namen Oncolyzer bereits bei der Behandlung von Krebspatienten eingesetzt. Dietmar Hopp:

O-Ton – Dietmar Hopp: Da kann der Computer dann Behandlungsempfehlungen machen, das ist dann personalisierte Medizin, und sowas geht eben nur mit HANA beispielsweise. Es sind Versuche gemacht worden, auf einem großen, leistungsfähigen Computer dauert die Diagnose, die Behandlungsempfehlung für einen Patienten über 50 Stunden, mit HANA geht das dann unter einer Minute. Und das ist ein Riesenerfolg. 8

Autor: Die Botschaft ist auch im Walldorfer Rathaus mit Freude vernommen worden. Die SAP- Rekordbilanz aus dem Jahr 2011 wird der Kommune rund 80 Millionen Euro Gewerbesteuereinnahmen bescheren. Dabei hat Walldorf den niedrigsten Gewerbesteuersatz im Land und überweist trotzdem jährlich auch noch rund 50 Millionen Euro an den Rhein-Neckar-Kreis. Die ganze Region profitiert von der SAP – und Walldorf natürlich ein bisschen mehr.

O-Ton – Dietmar Hopp: Viele sagen „SAP-City“ dazu, viele Menschen arbeiten dort, aber durch den Steuerertrag, den Walldorf aus der SAP gezogen hat, hat sich Walldorf natürlich auch unglaublich gut entwickelt.

Autor: Obendrein wohnt SAP-Gründervater Dietmar Hopp noch immer in Walldorf. Und der prominente Ehrenbürger spendet ebenfalls eifrig, erläutert bei einem Rundgang Altbürgermeister Heinz Merklinger.

O-Ton – Heinz Merklinger: Ein Blick in unser Sport- und Freizeitzentrum, nahezu alle Gebäude, die sie sehen, stehen in Verbindung mit dem Namen Hopp, hier die Tennishalle, maßgeblich finanziert von Dietmar Hopp, unser Schulzentrum, vor uns Umkleide und Sanitärgebäude, sehr großzügig für unseren Oberligaverein FC Astoria, daneben das alte Clubhaus, hier vor uns das neue Clubhaus.

Autor: Nicht zu vergessen das neue Hallenbad und die Astoria Halle. Ein besonderes Schmuckstück für 16 Millionen Euro. Da werden andere Kommunen neidisch – aber immerhin:

O-Ton – Dietmar Hopp: Sie werden in Walldorf keine goldenen Wasserhähne finden, auch keine Fußgängerüberwege aus Marmor.

Autor: Die SAP-Gründerväter Dietmar Hopp, Hasso Plattner, Klaus Tschira und Hans-Werner Hector sind durch ihr Unternehmen Milliardäre geworden. Zählen zu den zehn, zwanzig reichsten Bürgern dieses Landes – und stiften mit ihrem Reichtum Wohlstand und Hilfe für jung und alt. Neben der Bosch-Stiftung und der Stiftung Volkswagenwerk ist die Dietmar- Hopp-Stiftung die größte gemeinnützige Stiftung in Deutschland. Der Heidelberger Medizinnobelpreisträger Harald zur Hausen über den Stifter Dietmar Hopp:

O-Ton – Harald zur Hausen: Ich finde es großartig, dass er nicht nur in der Gegend geblieben ist, sondern dass er sich auch spezifisch für die Förderung in dieser Region verantwortlich fühlt. Ich glaube, das ist wirklich so anerkennenswert, das ist beispielgebend für Deutschland.

Autor: Weit über 300 Millionen Euro hat die Dietmar Hopp- Stiftung in den letzten Jahren gespendet.

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O-Ton – Dietmar Hopp: Naja gut, ich bin in dieser Region geboren, ich hab in dieser Region die SAP mitbegründet, bin erfolgreich geworden, durch sehr viel Glück auch extrem wohlhabend und den Wohlstand nun alleine in Anspruch zu nehmen, das hätte ich für unsozial empfunden, ich sehe es als soziale Verpflichtung aller Wohlhabenden in Deutschland, dass sie die Gesellschaft dran teilhaben an dem, was sie verdient haben.

Autor: Als Investor stellt Dietmar Hopp 800 Millionen Euro für Start-Up-Firmen im Bereich der Biotechnologie zur Verfügung. In der Öffentlichkeit fällt meist nur sein besonderes Hobby auf. Denn der Erfolg der SAP hatte auch sportliche Auswirkungen.

Atmo – Fußballreporter: Obasi schießt die TSG Hoffenheim endgültig in die erste Fußballbundesliga.

Autor: Dietmar Hopp, einst selber Fußballer bei der TSG 1899 Hoffenheim, erfüllte sich und der Metropolregion Rhein-Neckar einen Traum. Ein halbes Jahr nach dem Aufstieg in die Fußball-Bundesliga war der Sinsheimer Ortsteil Hoffenheim Herbstmeister und nebenan wurde das neue, von Dietmar Hopp finanzierte Stadion eröffnet.

Atmo: Fangesang: Dietmar Ho-op!

O-Ton – Dietmar Hopp: Unsere Mannschaft hat uns gezeigt, wie schön Fußball sein kann. Sie hat sich in die Herzen der Menschen in der Metropolregion gespielt und hat sie in einen Sturm der Begeisterung versetzt.

Atmo: Applaus plus Musik. darüber:

Autor: Weltstar David Garrett geigte zur Eröffnung auf – wie im Märchen. Ein Dorf erobert die Fußballwelt. Fast schien es, Hoffenheim könnte so wie die SAP ein paar Jahrzehnte zuvor zum Global Player werden. Doch der Profifußball ist unberechenbarer als Software.

O-Ton – Dietmar Hopp: Der Hoffenheimer Fußball wird leider immer noch gemessen an dem Riesenerfolg von 2008, das war ne einmalige Konstellation, das wird sicher nicht mehr so kommen, aber was ich sagen kann, glaube, versprechen zu können: Bessere Zeiten werden kommen, als es die letzten anderthalb Jahre der Fall war.

Autor: Lebenswert macht das Leben nicht nur Arbeit. Das, was die Mitarbeiter weltweit zur SAP nach Walldorf ziehen und dort halten soll, ist der Freizeitwert der Region. Und den haben nicht zuletzt die millionenschweren Steuerzahlungen des Walldorfer Weltkonzerns gesteigert.

O-Ton – Xiaoqun Clever: Diese Firma, also 40 Jahre, so ein Erfolg ist für mich eigentlich ein Weltwunder, das ist eine Sensation. Wenn ich überlege, auf der ganzen Welt, wie viele Firmen gibt es, die mit 10

Null angefangen hat, in der Garage, wie auch immer, und dann bis zu einem zweistelligen Milliarden-Unternehmen gebracht hat – es gibt nicht einmal eine Handvoll!

Autor: Die SAP hat binnen 40 Jahren die Region Rhein-Neckar verändert, hat die Globalisierung beschleunigt und bis heute davon profitiert. Aber auch verstanden, andere an diesem Profit zu beteiligen. Noch halten die Gründerväter rund ein Viertel aller Aktien – und je erfolgreicher SAP bleibt, desto teurer wird deshalb eine feindliche Übernahme für die Konkurrenz.

Am 1. April 1972 wurde SAP gegründet. Der Erfolg des Unternehmens – sicher kein Zufall, aber auch keineswegs absehbar. Nennen wir es vielleicht also am besten – einen Glücksfall. SAP-Gründervater Dietmar Hopp:

O-Ton – Dietmar Hopp: Wir haben das Glück, wir haben die Instrumente geliefert, die die Globalisierung beschleunigt haben, ohne SAP gäbe es s auch die Globalisierung, aber manches wäre vielleicht anders oder andere Player auf diesem Gebiet hätten die Rolle der SAP eingenommen.

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