T MPC X T MPC X 03.11.17 15:22 Seite 58 X-FAKTOR AKAI MPC X
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T_MPC X_T_MPC X 03.11.17 15:22 Seite 58 X-FAKTOR AKAI MPC X Bei den Sample-Drumcomputern hat sich einiges getan: Ganz oben in der Nahrungskette will sich jetzt wieder Akai mit der neuen MPC X positionieren. Die Edelversion soll die Tradition von Klassikern wie der MPC60 fortführen und hat den Anspruch, die ultimative Beat-Instanz im Studio und auf der Bühne zu sein. Kann der Bolide den Erwartungen gerecht werden? Text: Bernhard Lösener Fotos: Dieter Stork MPC Live, die deutlich günstiger ist, übernimmt die MPC X, die als Nachfolgerin der MPC5000 gelten kann, jetzt die Führung. Gerade die Hip-Hop-Welt guckt nun gespannt auf das neue MPC-Flaggschiff, Ob Roger Linn heute noch von Akai Tantie- das mit 2.199,− Euro kein Schnäppchen ist, aber al- men für sein geniales Design der MPC60 von 1988 lein schon optisch Gearporn-Fantasien befriedigt. bekommt? Linn ging nach dem Ende seiner eigenen Sexy Hardware: Das Haupt-Feature der neuen Firma in den 80er-Jahren zu Akai und entwickelte, MPC-Generation ist das 10-Zoll-TFT-Touchdisplay, ausgehend von der Linn 9000, die schon mit den ty- das einen ganz neuen Workflow à la iPad ermöglicht. pischen 16 Gummipads ausgestattet ist, das Konzept Seine Leuchtkraft und Schärfe sowie das Berührungs- des Sample-Drumcomputers weiter. Die MPC-Reihe verhalten entsprechen dem eines guten Touch-Pads. schrieb dann als Producer-Tool Pop- und vor allem Der Touchscreen kann geklappt und in sieben Positio- Hip-Hop-Geschichte. Nachdem Akai in den letzten nen arretiert werden, was den Arbeitskomfort deut- Jahren lediglich Controller im MPC-Look gefertigt hat- lich erhöht und die je nach Lichteinfall auftretenden te, die aber den Drang nach einem vom ungeliebten Spiegelungen der glatten Bildschirmoberfläche mil- Laptop unabhängigen Tool nicht befriedigen konnten, dert. In eingeklapptem Zustand ragt er allerdings wurden die Gebete der zahlreichen MPC-Gläubigen viereinhalb Zentimeter über die Gehäuserückseite tatsächlich erhört, und es gibt jetzt wieder Computer- hinaus, so dass beim Transport ein spezielles Case unabhängige Stand-alone-MPCs. Neben der kleineren notwendig wird. 58 KEYBOARDS 5/6.2017 T_MPC X_T_MPC X 03.11.17 15:22 Seite 59 Bedienelemente, die die Ausstattung der Geräte seit Jahrzehnten prägen, an ihrem Platz sind, egal ob es sich um die Pad-Bank-Wahlschalter, den großen Main-Encoder, das Zahlenfeld, die Cursor-Taster oder die Transport-Taster, die seit der MPC60 unverändert geblieben sind, handelt. Alle charakteristischen Fea- tures wie Note Repeat, Full Level, Erase und 16 Level (damit lassen sich Sounds chromatisch oder in abge- stuften Level- oder Filter-Werten auf die Pads legen) Der Großteil der Bedienoberfläche der MPC ist aus sind da, wo man sie braucht. So kann man in den Metall, und müde Produzentenknochen finden an der typischen MPC-Arbeitsfluss eintauchen und ist dank Vorderseite eine weiche Ablagefläche. Unter der Hau- vieler Funktionstaster sofort ohne Menü-Labyrinth be verrichtet ein 1,8-GHz-Quadcore-Prozessor (ARM am Ziel. Cortex A17) seinen Dienst. Mit Anschlüssen ist die MPC X verschwenderisch Gib Gummi! Die zentralen Bedienelemente sind die ausgestattet: Highlights sind hier neben den sechs legendären 16 anschlagsdynamischen und druckemp- Einzelausgängen (bzw. drei Stereoausgängen) die findlichen Gummi-Pads, die nach wie vor die Konkur- beiden phantomgespeisten XLR-Inputs (plus zwei renz in den Disziplinen Spielgefühl und Ergonomie zusätzliche Eingänge, die alternativ als Cinch mit weit hinter sich lassen. Seitlich sind die Pads dezent Erdungsklemme ausgeführt sind) und die MIDI-DIN- hintergrundbeleuchtet und glimmen im Betrieb in Buchsen (2 x In, 4 x Out), die das Gerät zur Studio- Farben, die dem Geschehen auf dem Display logisch zentrale prädestinieren. Außer dem USB-Anschluss, zugeordnet sind, ohne dabei Kirmes-Atmosphäre zu mit dem Audio- und MIDI-Daten mit dem Computer verbreiten. getauscht werden sollen, gibt es noch zwei USB-Ports Neben den Pads befinden sich die berührungsemp- für Sticks. Freudentränen vergießen werden Analog- findlichen Q-Link-Endlosdrehregler, denen je nach Freaks angesichts der acht Buchsen, die als CV/Gate- Menü unterschiedliche Parameter (von Filter-Cutoff Ausgänge fungieren. bis zu Loop-Edits) zugeordnet sind und die zu wahren Auch auf der Vorderseite wurde geklotzt: Man fin- Schrauborgien einladen. Die Regler lassen sich schön det einen Card-Slot, Kopfhöreranschlüsse (Klinke cremig fahren; sie verfügen zwar nicht über die Leucht- und Miniklinke) mit Volume-Poti, zwei Fußschalter- drehkränze des MPC Renaissance-Controllers, sind buchsen, zwei Instrumenten-Inputs und einen Regler aber dafür − viel besser − mit 16 OLED-Minidisplays für die Balance zwischen dem rückseitigen Ausgangs- ausgestattet, die trotz ihrer geringen Größe gut lesbar pärchen 1/2 und 3/4. Zusätzlich gibt es noch die Mög- sind und das Editieren und gezielte Live-Tweaken auf lichkeit der drahtlosen Bluetooth-Übertragung; aller- der Bühne sehr erleichtern. dings ist dieses Feature momentan noch nicht funk - Klassischer Workflow: Der MPC-Insider und -Tra- tionsfähig. Auf der Unterseite gibt es einen Einbau- ditionalist wird beglückt feststellen, dass die typischen schacht mit 2,5"-SATA-Anschluss für eine optionale KEYBOARDS 5/6.2017 59 T_MPC X_T_MPC X 03.11.17 15:22 Seite 60 Der große TFT-Touchscreen erlaubt eine komfortable Der intuitiv bedienbare Step-Sequenzer erhöht den Fun-Faktor Sample-Bearbeitung. beim Groove-Design. Festplatte (SSD oder HDD). Die wird der professio- Wireless und LPD8 Wireless können die MPC über nelle User vermutlich bald nutzen, denn der 16-GB- Bluetooth MIDI 4.0 steuern und verwendet werden, Speicher (davon 10 GB von der mitgelieferten Library um MPC-Instrumente und -Kits kabellos zu spielen – belegt) füllt sich sehr schnell. das kann z. B. auf der Bühne für zusätzliche Bewe- Kontrolle ist besser! Die MPC X kann auch als MIDI- gungsfreiheit sorgen. Weitere Verbesserungen wurden Controller für die computergestützte MPC-Software bei der Audio- und Programmbearbeitung, bei der dienen; Produktionen, die man auf der Hardware an- Latenz und beim Time-Stretching vorgenommen. gefangen hat, lassen sich dann auf dem Computer Außerdem lassen sich interne Festplatten jetzt in der weiterbearbeiten und umgekehrt. Die MPC-Computer- MPC formatieren. Software liegt jetzt in der Version 2.0 vor. Sie ist gut Der tighte Sequenzer der MPC X verfügt über alle geeignet für die schnelle Groove-Produktion und lässt typischen Features der Serie und lässt sich dank des sich praktischerweise als VST-Instrument in eine DAW Touchscreens sehr gut bedienen; vor allem das geziel- integrieren. te Editieren in der Piano-Roll-Page macht jetzt Spaß. Zu den Features des letzten Updates gehören ein Features wie der neue Step-Sequenzer und das Kaoss- optimierter Time-Stretch-Algorithmus, eine überarbei- Pad-artige XY-Menü, mit dem man z. B. wilde Filter- tete Bedienoberfläche mit Audio/MIDI-Drag&Drop- Fahrten und anderes lässig erstellen kann, bringen Fähigkeiten und Audio-Track-Recording. Mitgeliefert Bewegung in die Sequenzen. Schön für den Live- werden auch einige virtuelle Instrumente, die aber Betrieb ist auch der kleine Looper, und Nicht-Key- nicht auf der MPC-Hardware genutzt werden können. boarder werden sich über den Chord-Modus freuen, Die Update-Zyklen sind bei Akai jetzt zum Glück in dem man Akkorde auf die Pads legen kann. Der viel kürzer geworden. Das neue Betriebssystem- Song-Modus könnte mit dem neuen Touchscreen Update 2.05 bringt einige erfreuliche Verbesserungen: noch etwas moderner und übersichtlicher gestaltet Ableton Link via WLAN ist jetzt möglich: Damit werden. Zu Recht gilt die Swing-Quantisierung, die kann man die Stand-alone-MPC mit Ableton-Link- zahllosen Hip-Hop-Tracks Beine gemacht hat, als le- Apps synchronisieren. Die Bluetooth-Unterstützung gendär. Gewünscht hätte ich mir allerdings auch exo- funktioniert jetzt: Controller wie z. B. das Akai LPK25 tischere Quantisierungen (z. B. Quintolen), die man auch bei der Beat-Repeat-Funktion einsetzen könnte. Gesampelt wird im Format 24 Bit/44,1 kHz, die Samples lassen sich mit allen bekannten Touchscreen- Techniken (Zoomen mit zwei Fingern etc.) und den 60 KEYBOARDS 5/6.2017 T_MPC X_T_MPC X 03.11.17 15:22 Seite 61 Vom Korg Kaoss-Pad ist das XYFX-Menü, in dem man die Effekte Im Pad-Mixer lassen sich mit den Q-Link-Reglern schnell Level, intuitiv verrühren kann. Panorama, FX-Sends, Inserts und das Routing einstellen. Q-Link-Encodern wunderbar editieren. Features wie Das Arbeiten mit der luxuriösen MPC-X-Hardware Slicing und Timestretching, Pitch-Shifting etc. sind macht Spaß, und man kommt schnell zu guten Ergeb- natürlich auch an Bord. Mit dem neuen OS-Update nissen. Zum Beat- und Groove-Bauen sowie für Track- (2.05) ist die Qualität der Time-Stretching-Algorithmen orientierte Club-Musik ist die MPC X erste Wahl; bei optimiert worden, und Samples und Loops können komplexeren Arrangements wird man allerdings auf jetzt auf jedem Pad innerhalb eines Drum-Programms eine DAW ausweichen, da hier übersichtlicher gear- individuell manipuliert werden. Bis zu acht Audio- beitet werden kann. Die OS-Software (unser Testgerät tracks lassen sich aufnehmen und abspielen. Geloopte hat die OS-Version 2.05) fährt schnell hoch und läuft Samples kann man zu sogenannten »Clips« konver- stabil, ist aber z. T. noch verbesserungsbedürftig. So tieren, bei denen dann die quantisierten Loops auf die gibt es bisher noch keine echte Kommunikation via Pads verteilt sind. USB und Computer, um unkompliziert Samples oder Die mitgelieferte Library ist mit allem ausgestattet, Sequenzerdaten zwischen Computer und MPC auszu- was man für die Produktion aktueller Hip-Hop- und tauschen (das war schon mit der MPC1000 möglich). Clubmusik braucht. Lücken gibt es hier noch bei klas- Die MPC wird (im Stand-alone-Betrieb) im Computer sischen Brot-und-Butter-Sounds wie Strings, Synths, momentan nicht erkannt. Zu bemängeln ist auch der E-Piano, Orgel und Gitarre. Klanglich ist die MPC X Umstand, dass eine Grundfunktion wie das Loopen über jeden Zweifel erhaben und kommt druckvoll und von Events funktionell unvollständig ausgestattet brillant zur Sache; bei Aufnahmen ist die Latenz er- wurde.