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Ludger Kaczmarek Lolita – Vorlage, Bearbeitungen, Motivkomplex 2006 https://doi.org/10.25969/mediarep/12869

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Empfohlene Zitierung / Suggested Citation: Kaczmarek, Ludger: Lolita – Vorlage, Bearbeitungen, Motivkomplex. Hamburg: Universität Hamburg, Institut für Germanistik 2006 (Medienwissenschaft: Berichte und Papiere 63). DOI: https://doi.org/10.25969/mediarep/12869.

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Redaktion und Copyright dieser Ausgabe: Ludger Kaczmarek. Letzte Änderung: 16. März 2006. URL der Hamburger Fassung: http://www1.uni-hamburg.de/Medien/berichte/arbeiten/0063_06.pdf

Lolita – Vorlage, Bearbeitungen, Motivkomplex Zusammengestellt von Ludger Kaczmarek

1. Begriff süchtiger Lebemann und pädophiler Nebenbuhler, letztlich Humberts modernisiertes Alter Ego, ent- Eponyme, aus einem Eigennamen abgeleitete Gat- führt nach einer Verfolgungsfahrt Lolita ohne Wis- tungsbezeichnung für ein kokettes, sexuell frührei- sen Humberts. Wie sich später herausstellt, läßt er fes, minderjähriges Mädchen im Alter von 9 bis 14 sie auf einer Ranch an pornographischen Filmauf- Jahren, das eine verführerische, erotisierende oder nahmen teilnehmen. Nach langem Suchen findet sexuell stimulierende Wirkung auf Männer mittleren Humbert das Objekt seiner Begierde wieder als Alters ausübt. Eigentlich wie Lola eine Kurzform schwangere Mrs. Richard F. Schiller, jetzt 17 und in des span. weiblichen Vornamens Dolores; auch Di- armseligen Verhältnissen lebend, geheiratet aus Mit- minutiv oder Koseform von Lola. leid von einem jungen Mann. Er sieht in der eher schlampigen Dolly immer noch ihre “botticellihafte 2. Romanvorlage Anmut” und will sie zum Mitkommen bewegen, doch sie weigert sich, nimmt aber Geld an und er- Nach dem Titel eines in englischer Sprache geschrie- zählt die Geschichte mit Quilty. Humbert verläßt sie benen Romans (1955) von Vladimir Nabokov. Der und rächt sich an dem zynischen Pornographen und distinguierte französische Visiting Scholar und Gast- Voyeur Quilty, indem er ihn in seinem Haus er- professor für Literatur Dr. Humbert Humbert, 40, schießt. Er läßt sich festnehmen und stirbt in der verliebt sich auf Leben und Tod, aber unerwidert, in Haft an einem Herzanfall. Lolita, so erfahren wir die grauäugige, rußbewimperte, rotbraune & man- noch, ist im Kindbett verstorben. delweiße zwölfjahrige Dolores Haze, die Tochter Literatur: Clegg, Christine (ed.): Valdimir seiner verwitweten amerikanischen Zimmerwirtin. Nabakov, Lolita. Duxford: Icon Books [...] 2000, Dolores – für Humbert Lolita oder Lo – wird einge- 172 S. – Marcucci, Sara: Lolita. Analisi di un’osses- führt als ein uninteressiertes Gör aus einer völlig an- sione. Roma: Bulzoni 1999, 181 S. (Cinema, studio. deren medialen Welt als der seines Europa, nämlich 22.). – Pifer, Ellen (ed.): Vladimir Nabokov’s “Loli- aus der Teen-Welt der 1950er Jahre, doch für Hum- ta”. A casebook. Oxford [...]: Oxford University bert ist sie eine “dämonische Nymphette” (oder Press 2003, viii, 209 S. (Casebooks in Criticism.). “Nymphchen”), ein “frühes Früchtchen”. Um in der Nähe seiner Lolita bleiben zu können, heiratet er die 3. Verfilmungen Mutter Charlotte, versucht aber alles, sie loszuwer- den. Ein tödlicher Autounfall löst das Problem. Verfilmt wurde Lolita in einer letztlich kulturkriti- Humbert und Lolita begeben sich auf eine lange, schen Lesart voller Komik von Stanley Kubrick (Lo- zum Road Movie tauglichen Autofahrt, die sie im lita, USA/Großbritannien 1961 [1962]) mit James Uhrzeigersinn durch die USA führt. Der Stiefvater Mason, Sue Lyon und Shelley Winters in den Haupt- unterrichtet an Colleges, Lolita besucht Schulen, rollen und ein zweites Mal nah am Softsexfilm stets begleitet von der rasenden Eifersucht und dem durch Adrian Lyne (Lolita, USA/Frankreich 1997) steten Mißtrauen Humberts. Nach einer langen Kette mit Jeremy Irons, Dominique Swain und Melanie aus Drohungen, Erpressungen und Bezahlungen ge- Griffith. Auf Wunsch Kubricks (1928-1999) entwi- lingt es ihm endlich Lolita zu betäuben, so daß er in ckelte Nabokov selbst ein Drehbuch (1974 veröf- sie eindringen kann. (Sexuelle Handlungen werden fentlicht), das der Regisseur aber (wegen seiner im Roman nur angedeutet, nie geschildert.) Von nun selbstironischen und parodistischen Züge?) so gut an tituliert sie den Stiefvater mit “Du Vieh!” und wie gar nicht verwendete, in den Credits Nabokov versucht sich von ihm zu lösen. Clare Quilty, in aber trotzdem als Drehbuchautor aufführte. Das Schulen gern aufgeführter Dramatiker, rauschgift- Drehbuch für Lynes (*1941) gegen starke öffentliche Lolita // Medienwissenschaft/Hamburg, 63, 2004 /// 2

Widerstände erfolgte Adaption schrieb Stephen zynisch-geile Professor – “Kann schon sein, daß ich Schiff (1996), nachdem die Drehbuchvorlagen von ein Sittenstrolch in mittleren Jahren bin” – das un- James Dearden, Harold Pinter und David Mamet ab- schuldige und desinteressierte Mädchen oder umge- gelehnt worden waren. kehrt die raffinierte Nymphette den hilflosen Ästhe- Literatur: Nabokov, Vladimir: Lolita. Ein ten und Feingeist. Nabokov selbst jedenfalls hat eine Drehbuch. Nach den Originaltyposkripten zsgest. u. Beurteilung seines Werks nach moralischen Kriteri- übers. v. Dieter E. Zimmer. Reinbek b. H.: Rowohlt en stets abgelehnt und einer psychologischen Deu- 1999. – Corliss, Richard: Lolita. London: British tung widersprochen, sich aber auch stets rigoros ge- Film Institute 1994. – Jenkins, Greg: Stanley Ku- gen den Vorwurf verwahrt, er werbe für Pädophilie. brick and the art of adaptation. Three novels, three Nabokovs Lolita ist eine Kindfrau nur in films. Jefferson, NC [...]: McFarland 1997, viii, 173 dem vordergründigen Sinne, daß sie als Kind von ih- S. – Schiff, Stephen: Lolita: the book of the film. rem Stiefvater Humbert Humbert zur Frau gemacht : Applause 1998 (Applause Screenplay wird (wofür sie ihn mehrfach mit “Du Vieh!” titu- Series.). liert), sie ist aber keine Kindfrau in dem Sinne, daß sie sich als Frau eine eigentümlich-anziehende Kind- 4. Andere Adaptionen lichkeit zu bewahren weiß – im Gegenteil: als Mrs. Frederick Schiller hat sie ihren jungmädchenhaft- Edward Albee hat den Stoff dramatisiert (Lolita, verspielten Reiz verloren, wenn auch nicht für Hum- 1979), das Stück nach der Uraufführung mit Donald bert. Weder Kubricks noch Lynes Realisierungen der Sutherland in der Rolle des Humbert (New York Lolita treffen das Wesen der Nymphette im Sinne 1981) aber sperren lassen. Michael West hat 2002 in Nabokovs. Dublin das Nabokovsche Drehbuch für eine Theater- Literatur: Amper, Susan: Lolita and her mo- fassung im Stil der Commedia dell’arte adaptiert vies: the unmaking of Humbert Humbert. In: (West (Regie: Annie Ryan). Eine Musicalfassung stammt Virginia University) Philological Papers (1995), 41- von Alan Jay Lerner (Lolita, My Love, 1971; mit der 55. – Bramberger, Andrea: Die Kindfrau. Lust, Pro- Musik von John Berry). Kim Morrissey hat 1992 vokation, Spiel. München: Matthes & Seitz 2000, einen Gedichtband aus der Perspektive von Dolores 309 S. – De Reus, Lee Ann / Womack, Kenneth: Haze geschrieben und Pia Pera 1995 ein aus Lolitas Misreading ‘Little Limp Lo’ and ‘Humbert the Terri- Sicht verfaßtes Tagebuch vorgelegt. ble’: The obfuscation of child abuse in Adrian Literatur: Morrissey, Kim: Poems for men Lyne’s Lolita. In: Post Script: Essays in Film and who dream of Lolita. Regina: Coteau Books 1992. – the Humanities 19,3 (2000), 58-66. – Hamer, Mary: Pera, Pia: Lolitas Tagebuch. Berlin: Ullstein 1997 Incest: a new perspective. Cambridge: Polity Press / [ital. Orig. 1995]. Malden, MA: Blackwell 2002. – Lavizzari, Alexan- dra: Lolita, Lulu und Alice. Das Leben berühmter 5. Die Problematik Kindsmusen. Berlin: ed. ebersbach 2005. – McGinn, Colin: The meaning and morality of “Lolita”. In: Die vielen relevanten literarischen Anspielungen se- The Philosophical Forum 30,1 (1999), 31-41. – Mc- xueller Obsessionen aus der Literaturgeschichte (Ca- Kinney, Devin: Review of Lolita. In: Film Quarterly tulls ‘Lesbia’-Zyklus, Beaumonts La belle et la bête, 52,3 (1999), 48-52. – Sinclair, Marianne: Hollywood Poes Kindfrau Virginia Clemm, sein Gedicht Anna- Lolitas: the nymphet syndrome in the movies. New bel Lee u.v.m.) sind filmisch kaum zu realisieren, York: Holt 1988. – Watts, Sarah Miles: Lolita: fic- ebenso wie Nabokovs Verspottungen der Theorien tion into films without fantasy. In: Literature Film des “Wiener Schamanen” Siegmund Freud. Quarterly 29,4 (2001), 297-302. – Whiting, Frede- Daß Humbert ein Psychopath und Perverser rick: The strange particularity of the lover’s prefe- ist, ist unbestreitbar – er war bereits in seinem frühe- rence: pedophilia, pornography, and the anatomy of ren Leben in psychiatrischer Behandlung. Und daß monstrosity in Lolita. In: American Literature 70,4 sein Handeln in jedem Fall kriminell ist, wird auch (1998), 833-862. nicht dadurch geändert, daß man (wie bei Lyne) Lo- lita 14 oder (wie anderswo) 15 oder 16 Jahre alt sein 6. Lolita realissima: Die Amy Fisher-Story läßt. Ob, wie geschehen, von einer amour fou ge- sprochen werden darf, ist zu bestreiten, schließlich Im Jahre 1992 bekommt das Lolita-Syndrom durch wird Humberts Liebe von Lolita zu keinem Zeit- einen realen Vorfall in den USA einen neuen Schub. punkt erwidert. Nicht eindeutig beantwortbar ist Auf verliebt sich die 16jährige Schüle- auch die Frage, wer eigentlich wen kontrolliert: der rin Amy Fisher (*1974) in den verheirateten Auto- Lolita // Medienwissenschaft/Hamburg, 63, 2004 /// 3 mechaniker und unterhält eine se- Crush (USA 1993, mit Alicia Silverstone) und Ber- xuelle Beziehung zu ihm. Da seine Frau Mary Jo die nardo Bertoluccis Stealing Beauty (Italien/Frank- Vollendung des Glücks stört, versucht Amy sie zu reich 1996, mit Liv Tyler). erschießen. Der Plan mißlingt, doch Mary Jo bleibt Andere Filme können trotz ihres einschlägig behindert. Eine Mischung aus Geld, Lügen und De- klingenden Titels nicht dem hier gemeinten Lolita- nunziation, Drogenmißbrauch, Prostitutionsvorwurf, Thema zugeordnet werden; vielmehr verarbeiten sie Pornographieverdacht, recovered memory sowie ei- ganz anders gelagerte Liebesbeziehungen. So etwa nem Selbstmordversuch entsteht. Sie gibt einen idea- die anspruchsvolle Komödie um eine Vater-Tochter- len Nährboden ab für die nun einsetzenden TV- Do- Beziehung von Antonio Drove: Tocata y fuga de Lo- kudramatisierungen der Begebenheiten um diese lita (Spanien 1974) oder Philippe Setbons TV-Film wirklich ‘todbringende’ Lolita; Geschichten, die bis Les noces de Lolita (Frankreich 1993) oder auch die heute in der amerikanischen Öffentlichkeit vermark- kolumbianische Telenovela von Luis Alberto Restre- tet werden: 1992 erscheint von Bradford May: Amy po: Me llaman Lolita (1999). Fisher: My Story (ursprünglich: Lethal Lolita – Amy Fisher: My Story, mit Noelle Parker in der Titelrol- le), im Jahr darauf folgen Andy Tennant mit The 8. Erotische Komödie und Sexploitation Amy Fisher Story (mit ) und mit Casualties of Love: The ‘Long Island In der Sexindustrie ist Lolita zu einem regelrecht ko- Lolita’ Story aka Teenage Lolita – Verlockende Un- difizierten Markennamen geworden, der das alte schuld (mit ). Skandalon als einen Lockstoff zu nutzen versteht, Literatur: Fisher, Amy / Weller, Sheila: Mei- bei dem der Betrachter weiß, mit welcher Ikonogra- ne Geschichte. Die schockierende Geschichte der phie er zu rechnen hat. In der Regel sind 12- bis 14- ‘Tödlichen Lolita’. München: Goldmann 1993. – Ef- jährige Mädchen gemeint, die als “blutjung” ange- timiades, Maria: Racheengel Lolita. Die wahre Ge- priesen werden (auch wenn die tatsächlichen Model- schichte einer verhängnisvollen Affäre. München: le aus rechtlichen Gründen bis weit in die 20 sind, Heyne 1994. was den Szenerien oft eine surreale Lächerlichkeit gibt). Sie tragen die Insignien der sog. “Schulmäd- 7. Eponymische Verwertungen chen” (Schuluniform, karierter Rock, weiße Bluse, Krawatte, Doppelzöpfe usw.), sind häufig mit Schul- Lolita ist zu einem Gattungsnamen geworden, der tasche, Lollipop und hochgeschobener Sonnenbrille filmisch in zwei spezifischen Ausrichtungen verwen- ausgestattet und räkeln sich verruchten Blicks in las- det wird: zum einen als literarisch vorgeprägtes Mo- ziven Posen, die eindeutiges sexuelles Interesse sig- tiv (älterer Mann ist wunderschönem, aber leider zu nalisieren sollen. (Besonders in Länder mit Schul- jungem Mädchen verfallen), zum anderen bei der uniformen wird diese Tradition gepflegt; in Japan weitreichenden Sexploitation, in der ein Kontinuum hat man mit enjo kosai sogar einen eigenen Termi- von grundsätzlich pluralfähigen erotischen bis por- nus für diese Art verdeckter Schulmädchen-Prostitu- nographischen Lolita-Evokationen in skin flicks vom tion). Zudem gerieren sich die Mädchen nympho- Typus Erotic Adventures of Lolita anzutreffen ist, man. Die Lolita derartiger Produktionen kommt sehr das thematisch über den Quilty-Komplex (Autostop- häufig ohne den Part des älteren Liebhaber aus, tritt geschichten, Voyeurismus, Pornographieherstellung, doch der Zuschauer als Voyeur an seine Stelle. Prostitution und Drogen) recht lose mit dem Roman Auf das Schulmädchen-Motiv wird bereits verknüpft ist. im Roman mehrfach angespielt, wenn Lolita Schu- Das literarische Lolita-Leitmotiv wird in an- len besucht, während Humbert an Colleges Literatur spruchsvolleren Verfilmungen verwendet, auch ohne lehrt. Auch der Komplex Lolita und Pornographie ist daß – im Original zumindest – der Name fällt, wie – bei Nabokov angelegt. Der eloquent-zynische Dra- um nur einige Beispiele zu nennen – in Catherine matiker Clare Quilty, pädophiler Nebenbuhler Hum- Breillats 36 fillette (Frankreich 1988, Großbritanni- berts, entführt Lolita und läßt sie auf der eigens da- en: Virgin, BRD: Lolita 90, USA: French Lolita) für eingerichteten edelkitschigen “Duk-Duk-Ranch” oder Sam Mendes’ American Beauty (USA 1999; der bei pornographischen Filmaufnahmen mitwirken, an Rollenname der Beauty Angela Hayes spielt natür- denen er sich dann ergötzt. lich auf Lolita Haze an) an. Zu nennen sind in die- sem Kontext auch Bertrand Bliers Beau père (Frank- Lolitas kommen in allen Abstufungen des Sexfilms reich/Großbritannien/Vietnam 1981), Jean-Jacques vor, angefangen bei am Thema vorbeigehenden Annauds L’Amant (1991/2), Alan Shapiros The Harmlosigkeiten wie Axel von Ambessers Lolita (4. Lolita // Medienwissenschaft/Hamburg, 63, 2004 /// 4

Teil der Episodenkomödie Das Liebeskarussell, lita am Scheideweg (Eugenia – Historia de una per- Österreich 1964/65, nach Schnitzlers Reigen, mit versión, Spanien 1980) des unter zahlreichen Namen Anita Ekberg als ‘Lolita Young’ und Peter Alexander bekannten spanischen Exploitations-Großmeisters im Pyjama als ‘Peter Sommer’) über Teenie-Sex- Jesse Franco; Hardcore-Fetischismus-Schocker übel- komödien und handlungsarmen, herrenmagazinfä- ster Machart sind nicht ausgenommen und locken higen Hochglanzkompilationen zu Softsexfilmen den Interessenten mit alternativen Vorstellungswel- und Sexploitation-Massenware wie den Schulmäd- ten (und häufig auch mit parallelen Schnittfassungen chenreports der 1970er Jahre (die wiederum zur Gat- unterschiedlicher ‘Härtegrade’), wie etwa bei Viel- tungsbezeichnung wurden), wozu auch “Lustspiele” und Allesfilmer Joe d’Amatos Lolita – Jung und wie Géza von Cziffras Josefine – das liebestolle hemmungslos aka Lolita – A Perverted Girl aka Anal Kätzchen aka Lolita 70’ aka Pussycat Josefine Perversions of Lolita (BRD 1997). Viele Nennungen (BRD/Italien 1969) gerechnet werden können. Wei- von Lolita sind wie bei der Sexploitation ganz ter kann man verweisen auf Bert Haids Episodenko- allgemein eher den Verleih- oder Verkaufstiteln ge- mödie Das Französische Frühstück aka Lolita (Ös- schuldet; sie haben an Lolitahaftem mit der Vorlage terreich/Frankreich 1984), Clyde Roccas (d.i. Clau- nicht viel mehr gemein als den Umstand, daß die dio Racca) Lolita 2000 (Italien 1990, nebst dem Se- Modelle (zu) jung sind oder die Illusion von Adoles- quel von Pasquale Fanetti: Lolita Forever, Italien zens hervorrufen sollen. Das gilt etwa für José Anto- 1991) und Anthony Spinellis Videoproduktion Care- nio de la Loma: Lolita al desnudo (aka: L’Afer Loli- less aka Lolita – voll geil (1993). Sogar Blaxploita- ta, Spanien 1991), Henri Sala: Emanuelle et Lolita tion (Black Lolita, aka: Bad Lolita, Stephen Gibson, (USA/Frankreich 1991) und bloßen Sex-Trash wie USA 1975) bedient sich des Topos. Pierre B. Reinhard: French Lolita (Frankreich 1993). Explizit auf das durch Nabokovs Roman be- Auch die Avant Trash-Bewegung (Max An- gründete (literarische) Lolita-Stereotyp beruft sich derssons 18-Minuten-Kurzfilm Lolita Separerar, auch der Photograph Petter Hegre für seinen Bild- 1989, über die Probleme eines jungen Paares in einer band Russian Lolita (München: Edition Reuss schwedischen Vorstadt, in dem ein abgerissener Pe- 2002). nis eine Rolle spielt) und der japanische Under- Literatur: Beauvoir, Simone de: Brigitte ground- und Pink Cinema-Film haben Lolita-Moti- Bardot and the Lolita Syndrome. In: Esquire (Au- vik verwendet. Allein im Werk des umstrittenen, äu- gust 1959), S. 2-38; frz. in: Les écrits de Simone de ßerst produktiven Hisayasu Sato, einer wilden Mi- Beauvoir, ed. Claude Francis, Fernande Gontier. Pa- schung aus spezifisch japanischem großstädtischen ris: Gallimard 1979, S. 363-376. – Marnhac, Anne Nightlife, Fetischismus, Prostitution, Pornographie de: Séducteurs et séductrices: de Casanova à Lolita. und Drogenmilieu finden sich drei mit “Lolita” beti- Paris: Éd. de la Martinière 2002. – Paglia, Camille: telte Filme, die ihr Programm gleich mitbenennen: Lolita unclothed, in: dies., Vamps & tramps: new es- Totsugeki! Lolita mitsuryo (aka: Charge! Lolita says. New York: Vintage Books 1994, S. 146-162. – Poaching, aka: A Funny Tactile Sense, aka: Mad Wood, Bret: Lolita Syndrome. In: Sight and Sound Sensation, 1985), Rorita baibuzeme (aka: Lolita vib- 4,6 (1994), 32-34 [über Graham Greene und Shirley zeme, aka: Lolita: Vibrator Torture, aka: Secret Gar- Temple]. den, 1987) und Lolita chijoku (aka: Radical Hyste- ria Tour, 1988). Eine weitere japanische Produktion 9. Trash-Lolitas ist die des trasherfahrenen Shusuke Kaneko: Itazura Lolita – Ushirokara kara virgin aka Mischievous Lo- Fetischismus und Sadismus bedienende Produktio- lita (1986). nen nutzen ebenfalls das Lolita-Stereotyp, wie in Lo-